986. Sitzung des Bundesrates am 13. März 2020
A
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU), der Ausschuss für Arbeit, Integration und Sozialpolitik (AIS), der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz (AV), der Finanzausschuss (Fz), der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (U), der Verkehrsausschuss (Vk), der Wirtschaftsausschuss (Wi) und der Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung (Wo) empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
Grundsätzliches
- 1. Die Kommission hat mit dem Europäischen Grünen Deal einen Fahrplan vorgelegt, um Europa bis 2050 klimaneutral zu machen. Sie setzt damit auch einen Beschluss des Europäischen Rates um, der dieses Ziel im Dezember 2019, mit einer Ausnahme für einen Mitgliedstaat, beschlossen hat.
- 2. Der Bundesrat unterstützt anspruchsvolle Ziele beim Klimaschutz. Die Bewältigung des Klimawandels ist eine der zentralen Herausforderungen der Gegenwart. Der Vorschlag der Kommission ist daher ein wichtiger Beitrag, um diesen entscheidenden Aspekt für eine lebenswerte Zukunft zu sichern. Es gilt, diesen Ansatz mit Inhalten zu füllen und stetig weiterzuentwickeln.
- 3. Der Bundesrat betont, dass es wichtig ist, [mit Vorgaben maßvoll umzugehen und] beim Klimaschutz insbesondere auch auf die aktivierende Wirkung von Anreizen zu setzen. So können die Menschen wie auch die Unternehmen in Deutschland und Europa ihre Verantwortung wahrnehmen und zugleich von den Chancen, die sich durch die Umsetzung der Maßnahmen ergeben, sowohl ökologisch wie ökonomisch profitieren.
- 5. Umwelt- und Klimaschutz ist nicht zuletzt Antrieb für Innovationen und für die Modernisierung des Standorts Europa. So können sich beispielsweise Exportchancen für Unternehmen durch die weltweit steigende Nachfrage nach modernen, energieeffizienten Technologien sowie nach innovativen Produkten und Dienstleistungen für einen effektiven Klimaschutz ergeben. Ein umfassender europäischer Ansatz im Umwelt- und Klimaschutz wird auf diese Weise weitreichende Ausstrahlung in wirtschaftlicher und ökologischer Hinsicht haben.
- 6. Der Bundesrat hebt hervor, dass der von der Kommission angestrebte Übergang zu einer unter ökologischen Gesichtspunkten wirtschaftenden, prosperierenden Gesellschaft in Europa nur dann nachhaltig gelingt, wenn er von den Bürgerinnen und Bürgern unterstützt und mitverantwortet werden kann. Besondere soziale Härten infolge der ökologischen Umgestaltung von Wirtschaft und Arbeitswelt müssen daher berücksichtigt und abgefedert werden. Dies folgt nicht zuletzt auch aus der sozialen Verantwortung des Wirtschaftens im europäischen Binnenmarkt.
- 7. Der Bundesrat verweist auf die zentrale Bedeutung eines abgestimmten Vorgehens aller Mitgliedstaaten, um eine möglichst hohe Wirksamkeit der Maßnahmen gegen den Klimawandel zu erreichen. Der Bundesrat begrüßt, dass in besonders betroffenen Regionen der mit der Dekarbonisierung einhergehende Strukturwandel auch durch europäische Gelder unterstützt werden soll. Der ökologische und sozial gerechte Übergang muss in allen Teilen der EU flankiert werden. Die finanziellen Spielräume, die der Mehrjährige Finanzrahmen für die Jahre 2021 bis 2027 bietet, müssen hierbei mit der geeigneten Prioritätensetzung genutzt werden.
- 8. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung dazu auf, auf ein abgestimmtes Vorgehen möglichst aller Mitgliedstaaten der EU hinzuwirken, um eine hohe Wirksamkeit der Maßnahmen gegen den Klimawandel zu erreichen. Aus Sicht des Bundesrates sind dabei die Spielräume, die der Mehrjährige Finanzrahmen für die Jahre 2021 bis 2027 bieten wird, mit geeigneten Prioritätensetzungen zu nutzen.
- 9. In diesem Zusammenhang begrüßt der Bundesrat Maßnahmen zur wirksamen Bekämpfung von Steuervermeidung und Steuerbetrug in der EU.
- 10. Für den Umbau zu einer klimaneutralen Wirtschaft sind hohe Investitionen und entschiedenes Engagement von öffentlichem und privatem Sektor notwendig. In diesem Zusammenhang müssten Finanzmittel, die im Rahmen des Grünen Deals generiert werden, zu einem angemessenen Teil auch aus dem privaten Sektor kommen. Hierfür müssen die richtigen Rahmenbedingungen für Geschäftsmodelle, effektive Anreize und substantielle Unterstützung geschaffen werden.
- 11. Viele der Ziele und Maßnahmen des Europäischen Grünen Deals müssen auf regionaler und lokaler Ebene umgesetzt werden. Eine enge Zusammenarbeit und Abstimmung mit den europäischen Regionen ist entscheidend für das Gelingen des Grünen Deals.
- 12. Zu den Details des europäischen Grünen Deals legt der Bundesrat seine Haltung auf der Grundlage der konkreten Vorschläge gesondert fest.
Im Einzelnen
Allgemeines
- 13. Der Bundesrat nimmt die Mitteilung zum europäischen Grünen Deal zur Kenntnis.
- 14. Der Bundesrat begrüßt die vorgelegte Mitteilung.
- 15. Der Bundesrat begrüßt die Absicht der Kommission, mit dem europäischen Grünen Deal einen Anstoß für Klimapolitik auf der europäischen Ebene zu geben.
- 16. Er anerkennt, dass dieser als erster Fahrplan eine Antwort zur Bewältigung der aktuellen klima- und umweltbedingten Herausforderungen und zur Erreichung der Ziele des Klimaschutzabkommens von Paris geben will.
- 17. Der Bundesrat begrüßt das Engagement der Kommission, sich mit dem europäischen Grünen Deal der Bewältigung der klima- und umweltbedingten Herausforderungen zu stellen. Die von Menschen verursachte Klimaveränderung und ihre Folgen gefährden weltweit die natürlichen Lebensgrundlagen. Es ist daher erforderlich, die weltweiten Treibhausgasemissionen aus menschlichen Aktivitäten schnellstmöglich und nachhaltig zu verringern. Mit der Annahme des Übereinkommens von Paris am 12. Dezember 2015 hat die 21. Konferenz der Vertragsparteien des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über KlimA Änderungen entschiedene Maßnahmen zur Bekämpfung der Klimaänderung beschlossen. Die Vertragsparteien, zu denen die Bundesrepublik Deutschland gehört, haben sich zu ambitionierteren Maßnahmen verpflichtet, um die Erderwärmung deutlich unter 2 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu halten. Es sollen darüber hinaus Anstrengungen unternommen werden, um den Temperaturanstieg auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Das Übereinkommen formuliert überdies das ehrgeizige Ziel, in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts Treibhausgasneutralität zu erreichen.
- 18. Der Bundesrat begrüßt ferner die Bemühungen der Kommission, die Bewältigung klima- und umweltbedingter Herausforderungen ganzheitlich angehen zu wollen.
- 19. Der Bundesrat sieht einen besonderen Mehrwert des europäischen Grünen Deals in der Integration verschiedener politischer und legislativer Maßnahmen der EU in eine ganzheitliche Vision auf dem Weg zu einem klimaneutralen, prosperierenden und gerechten Europa bis zum Jahr 2050 sowie als Kernbeitrag zur Umsetzung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (Agenda 2030) durch die EU. Alle Politikbereiche einschließlich der Energie-, Verkehrs,- Agrar-, Industrie- und Handelspolitik der EU müssen im Zusammenhang mit dem europäischen Grünen Deal betrachtet und überprüft werden.
- 20. Er unterstreicht, dass effektiver und effizienter Klimaschutz nur mit international abgestimmten Lösungen gelingen kann.
- 21. Ein solch umfangreiches und weitgehendes Vorhaben kann nur dann erfolgreich sein, wenn die Mitgliedstaaten der EU dabei gemeinsam und geschlossen vorgehen.
- 22. Der Bundesrat begrüßt den europäischen Grünen Deal der neugewählten Kommission ausdrücklich, weil er den Schutz des Klimas und den Erhalt natürlicher Ressourcen sowie die Wiederherstellung von Ökosystemen als Grundvoraussetzung für eine faire, nachhaltige, gesunde und wohlhabende Gesellschaft anerkennt. Dafür ist der rasche Übergang zu einer wettbewerbsfähigen, hochgradig ressourceneffizienten und sozial gerechten Wirtschaft überfällig, der das Wirtschaftswachstum von den Treibhausgasemissionen, der Ressourcennutzung und der Abfallerzeugung in der EU entkoppelt. Es ist notwendig, mit dem europäischen Grünen Deal einen gesellschaftlichen Pakt abzuschließen, der die gesamte Gesellschaft in die Verantwortung nimmt, aber auch alle an dem Nutzen des Wandels teilhaben lässt.
- 23. Der Bundesrat erachtet Klimaschutz als eines der wichtigsten politischen Ziele der EU. Aus seiner Sicht sollte jedoch vermieden werden, einem Politikziel einen Vorrang vor allen anderen einzuräumen. Er hält eine umsichtige und abwägende Politik gerade bei großen gesellschaftlichen Herausforderungen wie dem Klimawandel für dringend geboten.
Wachstumsstrategie
- 24. Der Bundesrat begrüßt das Engagement der Kommission, sich mit dem europäischen Grünen Deal der Bewältigung der klima- und umweltbedingten Herausforderungen zu stellen. Das Besondere dabei ist, dass die Kommission die notwendigen Verbesserungen mit einer Wachstumsstrategie, die das Wirtschaftswachstum ankurbeln, aber gleichzeitig die Emissionen senken soll, erreichen will.
- 25. Der Bundesrat begrüßt den mit dem Erhalt unserer Umwelt verbundenen Ansatz einer Wachstumsstrategie im europäischen Grünen Deal, der eine faire und wohlhabende Gesellschaft mit einer modernen, ressourceneffizienten und wettbewerbsfähigen Wirtschaft in der EU entwickeln möchte. Der Bundesrat unterstützt auch die daraus abgeleiteten Ziele, im Jahr 2050 keine Netto-Treibhausgasemissionen mehr freizusetzen und das Wirtschaftswachstum von der Ressourcennutzung abzukoppeln. Er stellt zustimmend fest, dass die Kommission großen Wert darauf legt, diesen Übergang gerecht und inklusiv zu gestalten, das Naturkapital der EU zu bewahren und zu verbessern sowie die Gesundheit und das Wohlergehen der Menschen vor umweltbedingten Risiken und Auswirkungen zu schützen.
- 26. Er begrüßt die Absicht einer konsequenten Modernisierung der Wirtschaft zu einer "Green Economy". Eine moderne, innovative Umweltwirtschaft steht für eine Steigerung der Energie- und Ressourceneffizienz von Produktion und Produkten, führt Stoffe und Materialien im Kreislauf und vermindert und vermeidet Emissionen. So können sich neue Marktchancen für die Unternehmen der Querschnittsbranche Umweltwirtschaft eröffnen.
- 27. Als besonders hervorgehobene Ziele für das Erreichen einer klimafreundlichen und innovativen Wirtschaft mit sauberen Technologien betrachtet der Bundesrat ein europaweit klimaneutrales Verkehrssystem, den konsequenten Umstieg auf Erneuerbare Energien, ein ambitioniertes Programm zur Energieeinsparung in Gebäuden und eine konsequente Kreislaufwirtschaft aus Wiederverwerten und Recyceln.
- 28. Der Bundesrat betont die wirtschaftlichen Chancen, die sich durch energieeffiziente und klimafreundliche Innovationen für die Unternehmen in Europa bieten. Er weist darauf hin, dass Klimaschutz und Wohlstand nur gemeinsam mit der Wirtschaft erreicht werden können. Zusätzliche Belastungen und Nachteile für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen und europäischen Wirtschaft gilt es zu vermeiden.
- 29. Der Bundesrat unterstreicht das im europäischen Grünen Deal dargelegte ökonomische Potenzial einer ökologischen Wirtschaft in einem klimaneutralen Europa. Einen Durchbruch für den Klimaschutz wird es nur mit modernsten Technologien und sozialer Innovation geben. Hierin stecken neue Wachstumschancen mit neuen Märkten, der Schaffung neuer Arbeitsplätze und Perspektiven für eine nachhaltige regionale Entwicklung. Die Industriestrategie des europäischen Grünen Deals muss klare Anreize für wirtschaftlich tragfähige und klimaneutrale Lösungen schaffen.
- 30. Die größten Potenziale im Hinblick auf eine substantielle Dekarbonisierung der europäischen Wirtschaft in Bezug auf das EU-Klimaziel für das Jahr 2030 sieht der Bundesrat bei den Unternehmen, die auf Erneuerbare Energien setzen - sowohl als Anbieter als auch als Nutzer. Dazu zählt der Einsatz von grünem Wasserstoff in der Stahl-, Zement- und Chemieindustrie, die Sektorkopplung der Bereiche Strom, Gas und Wärme sowie die Fertigung von "grünen" Batterien. Der Bundesrat erwartet von der Kommission im Rahmen ihrer Initiativen zum europäischen Grünen Deal wie der Strategie für eine intelligente Sektorenintegration, der Strategie für Offshore-Windenergie und des Vorschlags zu einer CO₂-freien Stahlerzeugung unterstützende regulatorische und finanzielle Maßnahmen der EU. Bei der Überarbeitung der Richtlinie über Energie aus erneuerbaren Quellen sollten verbindliche nationale Ziele festgelegt werden.
- 31. Vor dem Hintergrund des tiefgreifenden Transformationsprozesses fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, sich für die Entwicklung geeigneter Instrumente wie Förderungen im Bereich Forschung und Entwicklung einzusetzen und bei der Markteinführung neuer Technologien zu unterstützen.
- 32. Der Bundesrat bekräftigt, dass der Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft mit der Umsetzung der Europäischen Säule sozialer Rechte einhergehen muss, und fordert, dass alle im Rahmen des europäischen Grünen Deals ergriffenen Initiativen mit der Europäischen Säule sozialer Rechte in Einklang stehen.
Zu einzelnen Maßnahmen und Politikbereichen
Allgemein zu den Arbeitspaketen
- 33. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission mit dem europäischen Grünen Deal weitreichende und ehrgeizige Vorhaben zum Erhalt Europas natürlicher Umwelt verfolgt. Mit der Ankündigung unter anderem einer neuen EU-Biodiversitätsstrategie, einer Strategie für das Null-Schadstoff-Ziel, einem zweiten Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft und einer neuen Strategie für ein nachhaltiges System der Lebensmittelproduktion umfasst der europäische Grüne Deal vier große Arbeitspakete für die kommenden Jahre. Nach Einschätzung des Bundesrates hat der europäische Grüne Deal damit das Potential, in der EU einen Wandel von Wirtschaft und Gesellschaft in Richtung Nachhaltigkeit einzuleiten, wenn die angekündigten Strategien auch mit konkreten Maßnahmen unterlegt und diese konsequent umgesetzt werden.
Emissionshandelssystem
- 34. Die vorgesehene Ausweitung des Emissionshandelssystems (ETS) auf europäischer Ebene wird vom Bundesrat begrüßt.
- 35. Der Bundesrat hält eine Ausweitung des Emissionshandelssystems für eine geeignete Lösung, den CO₂-Ausstoß zu senken. Die Emissionsabgaben sollen eine ökologische Lenkungswirkung erzeugen und dabei grundsätzlich so ausgestaltet werden, dass Verbraucherinnen und Verbraucher in ihrer Gesamtheit nicht höher belastet werden und die soziale Verträglichkeit gewahrt wird.
- 36. Er sieht positiv, dass durch einen einheitlichen Zertifikatehandel gleiche Bedingungen für alle Unternehmen geschaffen und Verlagerungseffekte (sogenanntes Carbon Leakage) innerhalb Europas ausgeschlossen werden.
- 37. Die Verlagerung von Produktionen und damit CO₂-Emissionen außerhalb Europas muss durch entsprechende Ausgleichsmechanismen verhindert werden.
- 38. Auch soll das Risiko der Verlagerung von CO₂-Emissionen durch geeignete Maßnahmen reduziert werden.
- 39. Der Bundesrat betont die Wichtigkeit einer möglichst einfach umsetzbaren Übertragung bestehender nationaler Systeme in den europäischen Emissionshandel.
Finanzierungsfragen
- 40. Der Bundesrat begrüßt, dass ein Mechanismus für einen gerechten Übergang vorgesehen ist. Die zukünftigen Aufgaben werden erhebliche Auswirkungen auf die Gesellschaft haben und ohne Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger werden diese nicht zu bewältigen sein. Daher wird die Bundesregierung gebeten, die Kommission bei der Gestaltung des Mechanismus für einen gerechten Übergang nach Kräften zu unterstützen und gegebenenfalls auch zusätzliche finanzielle Mittel bereitzustellen.
- 41. Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich die Einrichtung eines Fonds für einen gerechten Übergang, da die geplante Umstellung der Wirtschaft auf Klimaneutralität mit erheblichen sozioökonomischen Herausforderungen einhergeht. Er betont darüber hinaus, dass diese Umstellung nicht alleine den Energiesektor betrifft, sondern auch zahlreiche weitere Industriezweige. Er erachtet daher den von der Kommission angedachten Zuteilungsmechanismus als Schritt in die richtige Richtung.
- 42. Der Bundesrat weist allerdings darauf hin, dass die Finanzierung des Fonds für einen gerechten Übergang nicht zu Lasten der bewährten Instrumente der europäischen Kohäsionspolitik gehen darf. Diese dürfen durch den Fonds für einen gerechten Übergang weder in Volumen noch in ihren Zielen und Einsatzmöglichkeiten beeinträchtigt werden.
- 43. Der Bundesrat fordert rasche Klarheit über die finanziellen und rechtlichen Rahmenbedingungen des Fonds für einen gerechten Übergang. Er weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Planungen zur Programmierung in den Ländern bereits fortgeschritten sind und die Einrichtung eines neuen Fonds eine zeitgerechte Umsetzung nicht gefährden darf.
- 44. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich dafür einzusetzen, dass der Investitionsplan zum Green Deal transparent dargelegt und an die Investitionserfordernisse für die Erreichung von Treibhausgasneutralität angepasst wird.
- 45. Der Bundesrat erwartet gleichzeitig, dass sich der europäische Grüne Deal in der kommenden EU-Förderperiode widerspiegelt, damit Klimaschutz auch konsequent umgesetzt werden kann.
- 46. Der Bundesrat begrüßt das Ziel, mindestens 25 Prozent der Ausgaben im Rahmen aller EU-Programme für die Verwirklichung der Klimaziele einzusetzen. Er ist der Ansicht, dass ein Umschwung erforderlich ist, der gezielt nachhaltige Wirtschafts- und Gesellschaftsziele fördert.
- 47. Der Bundesrat sieht in der Erhöhung der Steuern auf klimaschädlichen Ressourcenverbrauch unter Berücksichtigung der damit verbundenen ökologischen externen Effekte einen möglichen Weg, um Anreize für ein stärker an Nachhaltigkeit ausgerichtetes Handeln der wirtschaftlichen Akteure zu setzen. In diesem Zusammenhang sollte auch der Abbau finanzieller Fehlanreize - wie etwa ökologisch schädlicher Subventionen - geprüft werden. Aus Sicht des Bundesrates ist ebenfalls zwingend zu prüfen, welche sozial- und steuerpolitischen Instrumente nötig und geeignet sind, um den Weg zu einem nachhaltigeren Wirtschaftssystem sozial gerecht zu gestalten und unzumutbare Mehrbelastungen einzelner Bevölkerungsgruppen auszuschließen.
- 48. Der Bundesrat teilt die Auffassung der Kommission, dass Maßnahmen erforderlich sind, die auf die spezifischen Herausforderungen für bestimmte Regionen eingehen, die besonders von diesem Wandel betroffen sein werden.
- 49. Er stellt fest, dass die Kommission Vorschläge vorgelegt hat, um die Finanzierung der erforderlichen Maßnahmen zu gewährleisten. Der Bundesrat weist allerdings schon jetzt darauf hin, dass die Länder bereits durch die weiteren auf nationaler Ebene in die Wege geleiteten Maßnahmen im Rahmen des Klimapakets der Bundesregierung finanziell belastet werden und dass eine [erhebliche] weitere Belastung der Länderhaushalte zu vermeiden ist.
Nachhaltigkeit
- 51. Der Bundesrat begrüßt, dass der europäische Grüne Deal in weiten Teilen auf dem Reflexionspapier der Kommission "Auf dem Weg zu einem nachhaltigen Europa bis 2030" (BR-Drucksache 063/19 (PDF) ) aufbaut.
- 52. Er erkennt an, dass die Kommission den europäischen Grünen Deal als integralen Bestandteil zur Umsetzung der Ziele der Agenda 2030 bzw. der globalen Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals, SDGs) ansieht und dass die Nachhaltigkeitsziele zum Hauptthema der Politikgestaltung und des politischen Handelns in der EU werden sollen.
- 53. Allerdings bedauert er, dass die Kommission trotz des Anspruchs, die nachhaltige Entwicklung in allen Politikbereichen zu verankern, und trotz mehrfacher Aufforderungen durch das Europäische Parlament, den Rat, den Ausschuss der Regionen und den Europäischen Rat mehr als vier Jahre nach Verabschiedung der Agenda 2030 durch den UN-Gipfel immer noch keine Gesamtstrategie zur Umsetzung der Agenda 2030 auf EU-Ebene vorgelegt hat.
- 54. Der Bundesrat hält nach wie vor die zeitnahe Festlegung einer umfassenden und kohärenten Umsetzungsstrategie zur Agenda 2030 für dringend erforderlich.
Zu beachten sind dabei die ökologische, die soziale und die wirtschaftliche Dimension der Nachhaltigkeit gleichermaßen, vergleiche Stellungnahme des Bundesrates vom 12. April 2019 (BR-Drucksache 063/19(B) ). Aus Sicht des Bundesrates sollte der europäische Grüne Deal in diese Umsetzungsstrategie entsprechend eingebettet werden. Der Bundesrat sieht andernfalls die Gefahr, dass sich der Eindruck einer unterschiedlichen Gewichtung der einzelnen SDGs ergibt und auf Dauer verfestigt.
- 55. Der europäische Grüne Deal kann zwar einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung der Agenda 2030 leisten, stellt aber dennoch keinen kohärenten Gesamtansatz dar, da insbesondere die Themen der sozialen Nachhaltigkeit im europäischen Grünen Deal nur teilweise adressiert werden.
- 56. Der Bundesrat bezweifelt, dass der europäische Grüne Deal der geeignete Rahmen ist, um alle SDGs der Agenda 2030 gleichermaßen zu verwirklichen. Zweifellos muss der europäische Grüne Deal allen Dimensionen der Nachhaltigkeit weitestmöglich Rechnung tragen. Da er aber in erster Linie auf das Ziel der Klimaneutralität ausgerichtet ist, beschränkt er sich darüber hinaus auf einzelne Maßnahmen zur Gestaltung des Übergangs. Für den Bereich der sozialen SDGs werden keinerlei weitere Strategien, Aktionspläne oder sonstige Maßnahmen im Anhang angekündigt.
- 57. Der Bundesrat betont, dass es neben den unterstützenswerten Initiativen zur Stärkung der Nachhaltigkeit im Rahmen des europäischen Grünen Deals weiterhin auch eines europäischen Nachhaltigkeitsrahmens bedarf, in dem ambitionierte strategische Ziele zur Umsetzung der globalen Nachhaltigkeitsziele bis zum Jahr 2030, ein Indikatorensystem und ein wirksamer Umsetzungsmechanismus festgelegt werden (siehe Stellungnahmen des Bundesrates vom 10. Februar 2017 (BR-Drucksache 701/16(B) ), 12. Mai 2017 (BR-Drucksache 015/17(B) ) und 12. April 2019 (BR-Drucksache 063/19(B) ).
- 58. Im Einklang mit seiner Stellungnahme vom 12. April 2019 (vergleiche BR-Drucksache 063/19(B) ) bittet der Bundesrat die Kommission, zusammen mit dem Rat und dem Europäischen Parlament den notwendigen strategischen Gesamtrahmen für die Umsetzung der globalen Nachhaltigkeitsziele auf EU-Ebene zeitnah in Angriff zu nehmen und dabei das Szenario 1 des Reflexionspapiers "Auf dem Weg zu einem nachhaltigen Europa bis 2030" vom Januar 2019 (BR-Drucksache 063/19 (PDF) ) zu Grunde zu legen. Ein solcher neuer strategischer Ansatz muss mit dem zukünftigen Mehrjährigen Finanzrahmen und den Mehrjahresprogrammen für die Zeit ab 2021 verbunden werden.
- 59. Eine europäische Gesamtstrategie für Nachhaltige Entwicklung kann zusammen mit dem europäischen Grünen Deal auch ein wichtiger Beitrag in der Debatte um die Zukunft Europas sein, da ein Herunterbrechen der in der Agenda 2030 enthaltenen positiven Zukunftsvision auf die EU-Ebene gut geeignet erscheint, das Vertrauen der Unionsbürgerinnen und -bürger in die Zukunft der EU zu festigen.
- 60. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission die Bedeutung von Schulen, Berufsbildungseinrichtungen und Hochschulen als geeignete Orte zur Diskussion über den nachhaltigen Wandel der europäischen Gesellschaften anerkennt und sowohl in die Bildungsinfrastruktur als auch in die Weiterbildung investieren möchte. Er betont jedoch ergänzend, dass die Verankerung von Bildung für nachhaltige Entwicklung im gesamten Bildungswesen eine wichtige Voraussetzung für die Erreichung der globalen Nachhaltigkeitsziele darstellt, wie es auch im neuen Weltaktionsprogramm "Education for Sustainable Development: Towards achieving the Sustainable Delevelopment Goals" (ESD for 2030) der UNESCO formuliert wird . Daher sieht es der Bundesrat als erforderlich an, dass sich unter anderem der geplante europäische Kompetenzrahmen an den Grundsätzen der Bildung für nachhaltige Entwicklung orientiert.
- 61. Der Bundesrat stellt fest, dass die Ziele für nachhaltige Entwicklung in das Europäische Semester eingebunden werden sollen. Er weist darauf hin, dass es hierfür einer kohärenten Umsetzungsstrategie einschließlich entsprechender konkreter Zielvorgaben und Meilensteine zur Messung der Zielerreichung für die einzelnen SDGs bedarf.
- 62. Aus Sicht des Bundesrates ist es für die Umsetzung der SDGs nicht ausreichend, die Fortschritte im Rahmen des Europäischen Semesters zu überwachen und eine enge Koordinierung der politischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten sicherzustellen. Der Bundesrat hält darüber hinaus eigene Maßnahmen auf EU-Ebene für erforderlich, insbesondere die Entwicklung eines europäischen Rahmens für den nationalen Gegebenheiten entsprechende Sozialschutzsysteme einschließlich eines Basisschutzes und eines Zugangs zu grundlegenden Gütern und Dienstleistungen für alle (SDG 1.3 und 1.4). Im Hinblick auf die damit eng verknüpfte Umsetzung der Säule sozialer Rechte und zur Förderung der Kohäsion können gemeinsame ambitionierte soziale Mindeststandards auf EU-Ebene ein geeignetes Instrument sein, ohne in die Grundprinzipien der nationalen Sicherungssysteme einzugreifen. Der Bundesrat betont, dass die EU auch weiterhin insbesondere denjenigen gerecht werden muss, die vom Übergang allein deshalb weniger spüren, weil sie bereits bislang von sozialer Ausgrenzung und Deprivation betroffen sind.
- 63. Bei der Entwicklung einer Strategie für ein nachhaltiges Finanzwesen müssen aus Sicht des Bundesrates unbedingt die Auswirkungen auf die Banken und deren mittelständische Kunden beachtet werden. Negative Folgen für die Mittelstandsfinanzierung, die sehr stark auf dem Bankkredit als Finanzierungsform beruht, beispielsweise durch übermäßige Bürokratie erzeugende Offenlegungs- und Berichtspflichten, sind zu vermeiden. Instrumente, die eine Gefahr für die Finanzstabilität darstellen, sind entschieden abzulehnen.
- 64. Der Bundesrat begrüßt, dass alle Projekte im Rahmen des Fonds "InvestEU" einer Nachhaltigkeitsprüfung unterzogen werden, um ihren Beitrag zu klima-, umwelt- und sozialpolitischen Zielen zu bestätigen, und würde die Durchführung einer solchen Prüfung bei allen von der EU geförderten Projekten und Programmen begrüßen.
Klimagesetzgebung
- 65. Der Bundesrat unterstreicht den dringenden Bedarf für ehrgeizige Maßnahmen zur Bewältigung des Klimawandels, um das Ziel des Pariser Übereinkommens, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, zu erreichen.
- 66. Der Bundesrat begrüßt die Entscheidung, eine neue, ehrgeizige Strategie zur Anpassung an den Klimawandel zu verabschieden und damit die nationalen Anstrengungen in den Bereichen Sicherung der Klimaverträglichkeit, Resilienzaufbau, Prävention und Vorsorge im Hinblick auf die Folgen des Klimawandels auf europäischer Ebene zu stärken. Er hält darüber hinaus die rechtliche Verankerung der Anpassung an den Klimawandel in der EU-Klimagesetzgebung für geboten, um die EU-weiten Anstrengungen auf ein gemeinsames Fundament zu stellen. Zudem hält es der Bundesrat für erforderlich, dass für die Umsetzung einer Strategie zur Anpassung an den Klimawandel auch eine angemessene Finanzierung auf EU-Ebene sichergestellt wird.
- 67. Der Bundesrat unterstützt deshalb das Vorhaben für ein ehrgeiziges Klimagesetz, welches rechtsverbindlich das Ziel für die EU festsetzt, bis zum Jahr 2050 keine Netto-Treibhausgasemissionen mehr freizusetzen. Er fordert, dass das Klimagesetz mit einem soliden Governance-Rahmen versehen wird.
- 68. Der Bundesrat sieht das Erfordernis, die europäische Klimapolitik an einem ambitionierten Zielhorizont auszurichten. Er hält es darüber hinaus für wichtig, dass Zielvorgaben realistisch und erreichbar sind. Vor diesem Hintergrund bittet er, die vorgesehene Anhebung des Klimaziels der EU bis 2030 auf 50 bis 55 Prozent kritisch zu überprüfen. Letztlich wird die EU die Verantwortung für die Erreichung der Ziele im Rahmen der EU-Lastenteilung auf die Mitgliedstaaten übertragen. Es sollten keine Ziele festgelegt werden, die trotz großer Anstrengungen nicht erreicht werden können.
- 69. Der Bundesrat fordert in diesem Rahmen die Kommission auf, rechtzeitig einen Vorschlag für eine Anhebung des EU-Ziels der Treibhausgasminderung für 2030 auf 55 Prozent gegenüber dem Niveau von 1990 vorzulegen, als aktualisierten nationalen festgelegten Beitrag der EU zur UN-Klimakonferenz COP26. Zusätzlich sollte ein Zwischenziel für 2040 festgelegt werden, um sicherzustellen, dass die EU auf dem Weg zur Klimaneutralität im Jahr 2050 ist.
- 70. Der Bundesrat unterstützt die Vorlage eines Klimaplans durch die Kommission zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen bis 2030 auf mindestens 55 Prozent gegenüber 1990, um so einen realistischen Weg zur Erreichung des Ziels der Treibhausgasneutralität bis 2050 vorzugeben. Eine weitere Anhebung sollte anhand wissenschaftlicher Erkenntnisse zu gegebener Zeit geprüft werden, um das erklärte Ziel der Klimaneutralität erreichen zu können. Der Bundesrat begrüßt die in diesem Zusammenhang geplante Überprüfung und mögliche Überarbeitung aller klimabezogenen Politikinstrumente, wie zum Beispiel Emissionshandelssystem, Ausweitung und Vorgaben für die übrigen Sektoren sowie Überarbeitung der Energiebesteuerungsrichtlinie, um eine effektive CO₂(Bepreisung der gesamten Wirtschaft zu gewährleisten.
- 71. Der Bundesrat begrüßt die Vorhaben der Kommission, - neben dem europäischen Klimagesetz mit dem Ziel eines klimaneutralen Kontinents - die Biodiversitätsstrategie, die neue Industriestrategie und den neuen Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft, die Strategie "Vom Hof auf den Tisch" für nachhaltige Lebensmittel sowie die Vorschläge für ein schadstofffreies Europa vorzulegen.
Gemeinsame Agrarpolitik
- 72. Die aktuellen Entwicklungen und die öffentliche Diskussion über die Landwirtschaft zeigen, dass eine neue Bewusstseinsbildung über die soziale, wirtschaftliche und ökologische Nachhaltigkeit der gesamten Lebensmittelwertschöpfungskette, vom Anbau bis zu den Lebensmittelabfällen, notwendig ist. Der Bundesrat erwartet daher mit besonderem Interesse die Veröffentlichung der Strategie der Kommission "Vom Hof auf den Tisch", die für das Frühjahr 2020 angekündigt wurde. 73. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass auch die Agrarpolitik der EU verstärkt auf die Ziele des europäischen Grünen Deals ausgerichtet werden muss. Er bittet die Bundesregierung, sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass die Auswirkungen des derzeitigen Vorschlags für die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) zum Schutz von Umwelt, Klima und biologischer Vielfalt analysiert werden, um ihn vollständig an die im europäischen Grünen Deal festgelegten Ziele anzupassen.
- 74. Der Bundesrat sieht für die Land- und Forstwirtschaft im europäischen Grünen Deal große Chancen, dass ihrem herausragenden Stellenwert, unter anderem als Rohstofflieferant für die Bioökonomie, als Erbringer öffentlicher Leistungen im Bereich des Klima- und Umweltschutzes und als wichtiger Partner in der Lebensmittelwertschöpfungskette, eine angemessene ökonomische und gesellschaftliche Anerkennung zukommt.
- 75. Der Bundesrat begrüßt, dass die Erhaltung der Biodiversität künftig bei allen politischen Maßnahmen der EU berücksichtigt werden soll. Aus Sicht des Bundesrates besteht die Gefahr der Unterfinanzierung, wenn die Finanzierung zentraler Naturschutzanliegen wie Natura 2000 im bisherigen Rahmen über nicht speziell naturschutzbezogene Fonds - insbesondere der Landwirtschaft - erfolgen soll. Der Bundesrat fordert die Bunderegierung auf, sich für ein "Earmarking" für die Umsetzungsmaßnahmen von Natura 2000 in der zukünftigen europäischen Agrarpolitik einzusetzen, welches sich am erforderlichen Bedarf orientiert. Damit erhalten besonders naturverträglich wirtschaftende Landwirtinnen und Landwirte eine klare Perspektive. Entsprechend sind die von der Kommission vorgeschlagenen massiven Kürzungen in der 2. Säule abzulehnen, da sonst ein dringend erforderlicher Ausbau der Honorierung der Naturschutzleistungen der Landwirte und Waldbesitzer weitgehend ausgeschlossen wird.
- 76. Der Bundesrat sieht es vor dem Hintergrund der von der Kommission vorgelegten Vorschläge zur GAP mit Sorge, dass durch überzogene technische Vorgaben - wie beispielsweise die für flächenbezogene Zahlungen geforderten "Einheitsbeiträge" - effiziente naturschutzfachliche Förderungen im Vertragsnaturschutz blockiert werden. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung daher auf, sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass bei der Ausgestaltung der zukünftigen GAP bewährte und differenzierte Programme wie der Vertragsnaturschutz über technische Vorgaben nicht behindert werden.
Biodiversität
- 77. Die Ankündigung einer Biodiversitätsstrategie nimmt der Bundesrat zur Kenntnis. Er weist darauf hin, dass die Ausführungen in der Vorlage der Konkretisierung bedürfen. Zum Schutz und Erhalt der Artenvielfalt und der europäischen Ökosysteme sind effektive und zeitnahe Initiativen erforderlich. Hierzu zählen nachhaltige und überprüfbare Maßnahmen zum Schutz bedrohter Arten, der verschiedenen Lebensräume, Gewässer und Böden. Dazu bedarf es auch einer entsprechenden Finanzierung von Naturschutzmaßnahmen.
- 78. Der Bundesrat stellt zustimmend fest, dass die Kommission die Umsetzung der Umwelt- und Naturschutzvorhaben des europäischen Grünen Deals durchweg bereichsübergreifend anlegen will und hierzu auch in der organisatorischen Aufstellung der Kommission neue Ansätze verfolgt. So sollen die Zuordnung der in der Kommission für die Bereiche Energie, Gesundheit (partiell), Landwirtschaft, Umwelt und Verkehr zuständigen Mitglieder des Kollegiums zum Team des Exekutiv-Vizepräsidenten für den europäischen Grünen Deal und eine enge Verzahnung zwischen den Aufgabenbereichen der relevanten Kommissionsmitglieder dazu beitragen, dass Sektoren wie die Landwirtschaft oder der Verkehr verstärkt Beiträge zur Erreichung von Umwelt- und Naturschutzzielen leisten.
- 79. Der Bundesrat stellt fest, dass die Ziele der Strategie "Lebensversicherung und Naturkapital: Eine Biodiversitätsstrategie der EU für das Jahr 2020" (BR-Drucksache 309/11 (PDF) ) verfehlt werden. Es wird begrüßt, dass mit der angekündigten neuen EU-Biodiversitätsstrategie 2030 die Erhaltung der biologischen Vielfalt gestärkt wird und diesbezügliche neue Standards in der Handels-, Industrie-, Landwirtschafts- und Wirtschaftspolitik sowie der Erhalt und die Wiederherstellung unserer Ökosysteme als Richtschnur für das gesamte politische Handeln in der EU festgelegt werden sollen.
- 80. Die GAP bleibt ein zentrales Instrument, um eine Kehrtwende im Biodiversitätsverlust zu erreichen. Da sich die Einführung der überarbeiteten GAP voraussichtlich bis Anfang 2023 verzögern wird, die Kommission aber bereits bis März 2020 eine Biodiversitätsstrategie vorlegen wird, auf die 2021 spezifische Maßnahmen folgen sollen, bittet der Bundesrat die Kommission, dafür Sorge zu tragen, dass mit der künftigen GAP die Ziele und Maßnahmen der neuen EU-Biodiversitätsstrategie erreicht und umgesetzt werden können.
- 81. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass im Rahmen der zu begrüßenden Überarbeitung der einschlägigen Leitlinien für staatliche Beihilfen auch eine möglichst weitreichende Überarbeitung und Erweiterung der beihilferechtlichen Gruppenfreistellungsverordnungen erfolgen sollte, um Investitionshemmnisse abzubauen. Ziel muss die Vermeidung unnötigen Arbeits-, Zeit- und Bürokratieaufwands im Rahmen der Feststellung der Vereinbarkeit von Beihilfen mit dem Binnenmarkt sein. Überall dort, wo eindeutige Voraussetzungen für die Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt festgelegt werden können, müssen für diese Gruppen die operativen Freistellungskriterien für eine Vorabprüfung ihrer Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt ausgearbeitet werden. Die Kommission kann sodann den Geltungsbereich der Freistellungsverordnungen hinsichtlich dieser Gruppen erweitern und so die Durchsetzung der Ziele des europäischen Grünen Deals im Wege der Ermöglichung einer schnelleren, leichteren und effizienteren Förderung unterstützen.
Forstwirtschaft
- 82. Der Bundesrat begrüßt, dass die Mitteilung auch die Bedeutung der Wälder hervorhebt. Wälder, Waldbesitzer und Holz spielen einerseits eine äußerst wichtige Rolle beim Klimaschutz und sind andererseits besonders stark vom Klimawandel betroffen. Der Bundesrat unterstützt die in der Vorlage getroffene Bewertung, dass die Waldökosysteme infolge des Klimawandels zunehmend unter Druck stehen.
- 83. Der Bundesrat merkt an, dass die von der Kommission geplante Waldstrategie nicht ausreichen wird, um die fortschreitende Klima- und Artenschutzkrise aufzuhalten. Ziel sollte es sein, den Umbau der vorhandenen Wälder hin zu klimawandelresilienten, gemischten Wäldern vorzunehmen, die Kohlenstoff und Wasser speichern.
- 84. Der Bundesrat hält es für notwendig, bei der EU-Waldstrategie nach 2020 alle drei Säulen Ökonomie, Ökologie und soziale Aspekte der forstlichen Nachhaltigkeit im Hinblick auf eine nachhaltige und multifunktionale Waldbewirtschaftung gleichwertig zu beachten. Sie soll unter Wahrung der grundsätzlichen Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten und der Länder gleichrangig zu den anderen Strategien der EU aufgestellt sein und die grundsätzlichen Ziele der EU zu Klimawandel, Biodiversität sowie Erhalt und Wiederherstellung der Wälder weltweit berücksichtigen. Ein alleiniger Aufbau auf der Biodiversitätsstrategie für 2030 wäre zu einseitig und daher abzulehnen.
- 85. Angesichts des Klimawandels sind gerade auch die ökonomischen und sozialen Belange der Waldbesitzenden zu beachten, um diesen die Bewirtschaftung und den Umbau ihrer Wälder zu klimatoleranteren und artenreichen Wäldern zu ermöglichen sowie die nachhaltige Erzeugung des klimafreundlichen Rohstoffes Holz zu gewährleisten. Der Bundesrat weist darauf hin, dass zusätzliche Belastungen für die ohnehin stark belasteten und geschädigten Waldbesitzer vermieden werden müssen.
- 86. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, die vielfältigen Möglichkeiten und Vorteile der Holzverwendung für den Klimaschutz bei den Beratungen auf EU-Ebene weiterhin einzubringen und die Erforschung "neuer Technologien, nachhaltiger Lösungen und bahnbrechender Innovationen für die Verwirklichung der Ziele des europäischen Grünen Deals" auch im Bereich der Holzverwendung zu forcieren.
Meere und Ozeane
- 87. Der Bundesrat stellt fest, dass die in der Vorlage getroffenen Aussagen für die Meere und Ozeane problematisch sind. Ihnen wird lediglich eine besondere Bedeutung für die "blaue Wirtschaft" als Orte für den Ausbau der Aquakultur und Rohstoffabbau zugesprochen. Es bedürfte aber neben dem Bekenntnis zur Ausweisung von Meeresschutzgebieten eines kohärenten Planes für den Schutz der Meere und den Erhalt der Artenvielfalt unter Wasser. Die Antwort auf die Frage, wie wirtschaftliche Interessen unter konsequenter Wahrung dieses sensiblen Ökosystems berücksichtigt werden können, ist bislang ungeklärt.
Wasser- und Bodenschutz
- 88. Der Bundesrat stellt fest, dass die wirtschaftliche Bedeutung einer ressourcenschonenden und -erhaltenden Wirtschaftsweise beispielhaft vor allem an den wasserabhängigen Sektoren gezeigt werden kann. Mit rund 44 Millionen Beschäftigten entfallen auf diese 3,4 Billionen Euro bzw. 26 Prozent der jährlichen Bruttowertschöpfung innerhalb der EU. Daher müssen die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie unter anderem auch in die Gestaltung von Landwirtschaft, Wirtschaft, Gesundheit und Finanzierung eingehen. Dies erfordert ein Umdenken, das mit dem europäischen Grünen Deal einen Rahmen erhält.
- 89. Der Bundesrat weist darauf hin, dass auch dem Bodenschutz auf europäischer Ebene im Sinne des Ansatzes des europäischen Grünen Deals eine besondere Bedeutung zur Entwicklung eines fairen, gesunden und umweltfreundlichen Lebensmittelsystems sowie zum Erhalt und der Wiederherstellung von Ökosystemen und Biodiversität zufällt. Das von der Kommission angekündigte neue Umweltaktionsprogramm (UAP) sollte diesbezüglich eine deutliche Positionierung enthalten. Vor diesem Hintergrund wird die Bundesregierung gebeten, sich bei der inhaltlichen Gestaltung eines 8. UAP eindringlich für die Weiterführung der Beratungen zu einem Richtlinienvorschlag zum Schutz der Böden einzusetzen.
Bioökonomie
- 90. Der Bundesrat unterstützt die Kommission in der Strategie, dass die Bioökonomie eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung der Umwelt- und Klimaneutralitätsziele der EU spielen soll. Er betont, dass die Maßnahmen zur Unterstützung der nachhaltigen Bioökonomie einen breiten Ansatz in Forschung, Entwicklung und Anwendung verfolgen müssen.
Kreislaufwirtschaft und Verbraucherbelange
- 91. Der Bundesrat unterstützt die Kommission in der Zielsetzung, die Industrie für eine saubere und kreislauforientierte Wirtschaft zu mobilisieren. Er begrüßt das angekündigte Maßnahmenpaket, das unter anderem eine Strategie für nachhaltige Produkte beinhaltet sowie die Fortführung der Kunststoffstrategie 2018 vorsieht. Der Vorschlag zur Einführung verbindlicher Recyclatanteile in Produkten ist zu begrüßen. Es werden jedoch Maßnahmenvorschläge vermisst, die den wirtschaftlichen Anreiz zum Einsatz von Recyclaten gegenüber oftmals günstigeren Primärrohstoffen erhöhen. Der Bundesrat bekräftigt in diesem Zusammenhang seine Forderung nach einem Mindestanteil an Recyclaten, der nicht nur auf Verpackungen beschränkt sein sollte, vergleiche Stellungnahme des Bundesrates zum 20. Dezember 2019 zum Gesetzentwurf zur Änderung des Verpackungsgesetzes (BR-Drucksache 578/19(B) ). Ferner erscheint die Kontrolle für Produkte, die außerhalb der EU hergestellt wurden, im Rahmen der Marktüberwachung durch stichprobenhafte Analysen nicht überprüfbar. Um die Wettbewerbsfähigkeit der in der EU hergestellten Produkte nicht zu gefährden, sollten zollrechtliche Regelungen und gegebenenfalls Ausnahmen zur Wahrung eines fairen globalen Wettbewerbs geschaffen werden.
- 92. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission mit dem vorgeschlagenen europäischen Grünen Deal die aktuellen klima- und umweltbedingten Herausforderungen stärker adressiert und dabei auch die Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher im Blick hat.
- 93. Er begrüßt die im europäischen Grünen Deal angekündigte Strategie für "nachhaltige Produkte" im Rahmen des geplanten Aktionsplans für die Kreislaufwirtschaft. Diese kann einen wichtigen Beitrag zur Unterstützung von kreislauforientiertem und recyclinggerechtem Design leisten. In der Vergangenheit ist das recyclinggerechte Design für ressourcenintensive Stoffströme wie Fahrzeuge und Elektro- und Elektronikgeräte immer wieder gefordert und auch in den entsprechenden Richtlinien (Altfahrzeug-Richtlinie, Elektro- und Elektronikgeräte-Abfall-Richtlinie) verankert worden. Bei der Festschreibung von neuen Standards für ein recyclinggerechtes Design sollten die bisher weiterhin bestehenden Hindernisse, wie der Einbau von nicht zerstörungsfrei zu entnehmenden Bauteilen oder verschleißanfälligen Kleinteilen, die das gesamte Produkt unbrauchbar und eine Reparatur unwirtschaftlich machen, beseitigt werden.
- 94. Aus Sicht des Bundesrates ist es nicht ausreichend, Unternehmen nur zu ermutigen, wiederverwendbare, langlebige und reparierbare Produkte anzubieten. Mit dem Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft sollten vielmehr konkrete Maßnahmen ergriffen werden, mit denen die Herstellung und Nutzbarkeit von Produkten, die Verbraucherinnen und Verbraucher regelmäßig für eine längere Dauer nutzen können, von den Unternehmen der Wertschöpfungs- und Lieferkette tatsächlich nachhaltiger ausgestaltet wird. Dazu gehört die verpflichtende Verwendung von langlebigen und nachhaltigen Produktkomponenten, die Reparierbarkeit und Verfügbarkeit von Ersatzteilen sowie die Ermöglichung einer Nutzung von gebrauchten Produkten. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass klare gesetzliche Regelungen auf EU-Ebene dieses Ziel eher unterstützen.
- 95. Der Bundesrat begrüßt die Absicht der Kommission, für verlässliche, vergleichbare und überprüfbare Informationen zu sorgen, die Verbraucherinnen und Verbraucher für nachhaltigere Entscheidungen benötigen. Dabei sollte berücksichtigt werden, dass verfügbare Informationen für alle Verbraucherinnen und Verbraucher immer verständlich, erfassbar und einfach nachvollziehbar sein sollten, egal ob sie analog oder digital zur Verfügung gestellt werden.
Begründung zu Ziffern 92, 94 und 95 (nur gegenüber dem Plenum):
In der Mitteilung der Kommission werden Verbraucherinnen und Verbraucher mehrfach adressiert. Mit dem Vorschlag sollen einzelne wichtige Aspekte aufgegriffen werden. Nachhaltiger Konsum kann nicht allein durch Verbraucherinnen und Verbraucher gefördert werden, sondern bedarf sowohl einer nachhaltigen Produktion und Lieferkette als auch der Ermöglichung einer nachhaltigen Nutzung. Anreize von Herstellern oder Händlern bei einem Neukauf die alten noch verwendbaren Produkte zu entsorgen, sollten verhindert werden.
Verbraucherinnen und Verbraucher müssen sich darauf verlassen können, dass sie Nachhaltigkeit mit ihrem Einkauf unterstützen können und nicht nur auf leere Werbeversprechen hereinfallen. Freiwillige Absichtserklärungen und Maßnahmen von Unternehmen haben bisher nicht zu einer signifikanten Stärkung des nachhaltigen Konsums beigetragen. Versprechungen von Unternehmen können von Verbraucherinnen und Verbrauchern auch kaum überprüft werden. Daher sind gesetzliche Regelungen auf EU-Ebene zielführender.
Die Verbraucherschutzminister und -ministerinnen hatten sich bereits mehrfach mit dem Thema nachhaltiger Konsum und geplante Obsoleszenz befasst (unter anderem TOP 46 der 14. VSMK).
Zudem hatte das Umweltbundesamt in dem im November 2017 veröffentlichten Positionspapier "Strategien gegen Obsoleszenz: Sicherung einer Produktmindestlebensdauer sowie Verbesserung der Produktnutzungsdauer und der Verbraucherinformation" Kernempfehlungen entwickelt, unter anderem die Festlegung von Produktstandards zur Mindestlebensdauer (als ersten Schritt gegebenenfalls zunächst für Produktkomponenten), Einführung einer Informationspflicht zur Verfügbarkeit von Ersatzteilen und Reparaturservice sowie Einführung einer Pflicht zur Angabe der garantierten Lebensdauer (Herstellergarantieaussagepflicht). Die Bundesregierung hat diesbezüglich noch keine Maßnahmen ergriffen, sondern befindet sich weiterhin im Prüfprozess.
- 96. Der Vorschlag eines EU-Modells für die getrennte Abfallsammlung ist zu begrüßen. Ebenso sollte der Vorschlag eines EU-Modells für die getrennte Abfallsammlung in Einzelfällen auch Pfandsysteme vorsehen, da trotz flächendeckender Sammelstrukturen die Sammelmengen bei einigen relevanten Abfallarten, wie Batterien oder Elektro- und Elektronikgeräten, wegen fehlender Anreize deutlich unter der in Verkehr gebrachten Menge liegen und ein nicht unerheblicher Teil dieser Abfälle andere Entsorgungswege geht bzw. in die Umwelt gelangt. Die Pfandsysteme sollten in den jeweiligen Richtlinien verankert werden. Dies könnte auch weitere positive Effekte wie die Eindämmung von illegalen Elektroschrottsammlungen haben.
- 97. Der Bundesrat begrüßt die in der Mitteilung enthaltene Ankündigung der Kommission, einen Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft vorzulegen. Hierin sind aus Sicht des Bundesrates auch folgende Aspekte zu berücksichtigen:
- a) Abfallvermeidungsziele für ausgewählte, gut evaluierbare Warengruppen, die in das europäische Kreislaufwirtschaftsrecht aufgenommen werden sollten.
- b) Verpflichtende Rahmenvorgaben zur Stärkung der Vermeidung und Vorbereitung zur Wiederverwendung. Hierzu sollte die Entsorgungssicherheit um den Begriff der Sicherheit für die Vorbereitung zur Wiederverwendung erweitert werden.
- c) Die Festlegung EU-weiter Einsatzquoten für Recyclate bei bestimmten Stoffströmen und Produkten.
- d) Weiterentwicklung des Vergaberechts und damit im Zusammenhang stehender Rechtsvorschriften der EU mit Blick auf Klimaneutralität und Kreislaufwirtschaft. Bei der Bewertung von Produkten und Leistungen sind die Lebenszykluskosten sowie externe Umweltkosten gebührend zu berücksichtigen.
- e Rechtlich verbindliche Design-Vorgaben für Langlebigkeit, Reparierbarkeit oder Recyclingfähigkeit von Produkten sowie Einführung einer Obhutspflicht der Hersteller für noch gebrauchsfähige Produkte bei Warenrückgaben.
- 98. Aus Sicht des Bundesrates wird das Thema Nachhaltigkeit im Bereich der Digitalisierung nicht genügend berücksichtigt. Derzeit verstärkt die Digitalisierung bestehende Trends zu weiter steigendem Stromverbrauch und Emissionen als auch Ressourcenverbrauch und führt zur Produktion von immer mehr Elektroschrott. Zur Steigerung des Umweltbewusstseins und von nachhaltigem Konsum könnte eine Lösung in digitalen Informationspflichten zu externen Effekten von Produkten und Dienstleistungen liegen. Zudem sollten für Elektronik-, aber auch für Elektrogeräte die Instrumente der Öko-Design-Richtlinie differenziert für die ressourcenrelevanten Produktgruppen stärker genutzt werden.
- 99. Es ist anzuerkennen, dass der europäische Binnenmarkt für außereuropäische Wirtschaftsakteure von großer Bedeutung ist. Der stetig ansteigende Anteil des Onlinehandels aus Drittstaaten wird derzeit als größte Herausforderung bei der Durchsetzung EU-rechtlicher Harmonisierungsvorschriften angesehen. Um gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Wirtschaftsakteure zu schaffen, muss das Konzept der erweiterten Herstellerverantwortung durch weitergehende Maßnahmen ausgebaut werden. Ein wichtiger Faktor für eine funktionierende erweiterte Herstellerverantwortung ist eine ausreichende Informationsbereitstellung für Verbraucherinnen und Verbraucher, Marktüberwachungsbehörden sowie weitere am Markt beteiligte Akteure, zum Beispiel durch zentral geführte Online-Register. Für Hersteller, die Produkte auf den EU-Binnenmarkt bringen wollen, sollte grundsätzlich eine Registerpflicht eingeführt werden. Die Ausgestaltung bestehender Register für Hersteller sollte geprüft und es sollten Maßnahmen erarbeitet werden, um die Daten-Qualität bestehender Register zu verbessern. Zur Verbesserung der Herstellerregister sollte der Einsatz künstlicher Intelligenz geprüft werden. Die elektronische Verfügbarkeit von Daten könnte sowohl einer besseren Verbraucherinformation dienen und somit den Verbraucherschutz stärken als auch den Marktüberwachungsbehörden die Kontrolle erleichtern.
- 100. Der Bundesrat nimmt zur Kenntnis, dass die Kommission die mögliche Rolle innovativer Verfahren bei der Verbesserung der Nachhaltigkeit des Lebensmittelsystems prüfen will. Der Bundesrat lehnt es in diesem Zusammenhang ab, dass eine Neubewertung der neuen Züchtungstechniken und eine Änderung der Richtlinie 2001/18/EG in Betracht gezogen werden. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, sich auf EU-Ebene für die Stärkung des Vorsorgeprinzips einzusetzen, indem sie konsequent dafür eintritt, dass auch neue gentechnische Methoden unter dem Rechtsrahmen geltenden EU-Rechts reguliert bleiben.
Verkehrssektor
- 101. Der Bundesrat sieht den vorgezogenen Review für die CO₂-Flottenregulierung von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen kritisch, insbesondere eine Verschärfung der CO₂-Regulierung. Er unterstützt den Vorschlag, die Ladeinfrastruktur in Europa auszubauen und alternative Kraftstoffe voranzubringen. Gleichzeitig hält der Bundesrat eine Erweiterung des ETS-Systems um den Straßenverkehr für sinnvoll.
- 102. Der Bundesrat begrüßt die Absicht der Kommission, die Luftqualitätsrichtlinie zu überarbeiten. Dabei sieht er vor allem die Notwendigkeit, die Vorgaben für die Überwachung und Modellierung der Luftqualität klarer und konkreter zu formulieren, um somit bessere Informations- und Datengrundlagen für die städtische Luftreinhalteplanung zu schaffen.
- 103. Der Bundesrat unterstützt darüber hinaus die Bestrebungen der Kommission, die Luftqualitätsgrenzwerte stärker an die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation anzunähern. Er sieht den größten Handlungsbedarf bei den Grenzwerten für die feinen Partikel (Partikel unter 2,5 µm - PM2,5), da die derzeitigen Grenzwerte den wissenschaftlichen Kenntnisstand über die gesundheitlichen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit nicht mehr ausreichend abbilden.
- 104. Mit Blick auf die überregional hohe Hintergrundkonzentration an Feinstaub auch für die Partikelgröße PM10 hält der Bundesrat es für geboten, bei der Neufassung der Luftqualitätsrichtlinie einen ausreichenden nationalen Beitrag zur Senkung dieser Hintergrundbelastung in Form verpflichtender großräumiger, auf Ebene der Mitgliedstaaten zu ergreifender Maßnahmen zu verankern, um die Luftreinhalteplanung auf kommunaler Ebene zu unterstützen und die Einhaltung der Feinstaubgrenzwerte sicherzustellen.
- 105. Der Bundesrat stellt fest, dass bereits bezogen auf die aktuell geltenden Immissionsgrenzwerte im Jahr 2019 in 20 von seinerzeit 28 Mitgliedstaaten teils deutliche Überschreitungen hinsichtlich mindestens eines in der Richtlinie regulierten Schadstoffs zu verzeichnen sind.
- 106. Auf der Basis der Erfahrung, dass die bei der Verabschiedung der letzten Luftqualitätsrichtlinie prognostizierte Emissionsminderung in der Realität nicht ausreichend wirksam wurde, fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf,
- a) das aus Sicht der Bundesregierung in Deutschland bis Ende 2025 und 2030 flächendeckend erreichbare Immissionsniveau bezogen auf die Stoffe PM10 und PM2,5 untersuchen zu lassen,
- b) die hierzu erforderlichen Maßnahmen für die einzelnen Sektoren in Deutschland und ihre räumlich aufgelöste Minderungswirkung untersuchen zu lassen,
- c) darzulegen, wie die jeweilige theoretisch berechnete Minderungswirkung der Maßnahmen auch in der Praxis sichergestellt wird,
- d) die für die Maßnahmen anfallenden Kosten und den durch die daraus resultierende Verbesserung der Luftqualität erzeugten Nutzen abschätzen zu lassen, und
- e die Länder über die Ergebnisse der Untersuchung in Kenntnis zu setzen.
- 107. Der Bundesrat stellt fest, dass für die gesundheitliche Wirkung der Feinstaubbelastung nicht nur die Immissionskonzentration an lokalen Hot-Spots, sondern auch die durchschnittliche Exposition der Bevölkerung maßgeblich ist. Er bittet die Bundesregierung, sich bei einer Überarbeitung der Luftqualitätsrichtlinien auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass anstelle der lokalen Immissionskonzentration an Hot-Spots der durchschnittlichen Exposition der Bevölkerung, die bereits in der bestehenden Richtlinie angelegt ist, ein stärkeres Gewicht beigemessen wird, um die derzeit zu beobachtende, von der Richtlinie getriebene einseitige Fokussierung auf teils ineffiziente Maßnahmen zur rein lokalen Reduzierung der Immissionsbelastung zukünftig zu vermeiden.
Wohnen und Bauen
- 108. Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich die Ankündigung der Kommission, im Jahr 2020 Leitlinien zur Bekämpfung der Energiearmut vorzulegen. Etwa elf Prozent der EU-Bevölkerung sind von Energiearmut betroffen, häufig hat dies Wohnungslosigkeit zur Folge. Eine angemessene Energieversorgung für Heizung, Kühlung und Beleuchtung sowie den Betrieb von Haushaltsgeräten ist für einen auskömmlichen Mindestlebensstandard und für die Gesundheit unabdingbar und muss für alle gewährleistet sein. Hierfür ist ein kohärentes System von Investitionen sowohl in die Energieeffizienz zur Renovierung des Gebäudebestands in Europa als auch in wirksame, integrierte Sozialschutz- und Grundsicherungssysteme ebenso erforderlich wie ein funktionierender und wettbewerbsfähiger Binnenmarkt, der den Verbraucherinnen und Verbrauchern bezahlbare Energiepreise bietet.
- 109. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, dafür Sorge zu tragen, dass bei den Beratungen des Rates zu den angekündigten Maßnahmen zum energie- und ressourcenschonenden Bauen und Renovieren der Grundsatz Berücksichtigung findet, dass eine hohe Klimaschutzwirkung mit niedrigen Bau- und Bewirtschaftungskosten vereinbar ist.
Überarbeitung der Århus-Verordnung und Planungs- und Genehmigungsverfahren von Verkehrsinfrastrukturprojekten
- 110. Der Bundesrat stellt fest, dass der EU-Gesetzgeber bei der Überarbeitung der Århus-Verordnung unbedingt berücksichtigen muss, dass eine Überdehnung von Rechtsschutzmöglichkeiten nachteilige Folgen für die Umsetzung der für den Klimaschutz dringend erforderlichen Verkehrsinfrastrukturprojekte, vor allem im Bereich der Schienennetze, haben kann. Zügige und schnelle Planungs- und Genehmigungsverfahren, die die Öffentlichkeit frühzeitig und angemessen beteiligen, sind im Interesse der gesamten europäischen Gesellschaft.
- 111. Die Bundesregierung wird gebeten, sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass die Århus-Verordnung mit dem Ziel überarbeitet wird, dass es möglich wird, den Vorgaben der Århus-Konvention nachzukommen und gleichzeitig zügige und rechtssichere Planungs- und Genehmigungsverfahren sicherzustellen.
- 112. Die Bundesregierung wird weiter gebeten, der Kommission vorzuschlagen, im Rahmen ihrer unter Abschnitt 4 der Vorlage in Aussicht gestellten Überarbeitung der Århus-Verordnung korrespondierende effektive Anpassungsmöglichkeiten für die nationalen Gerichtsverfahren vorzusehen, damit auch nach Anpassung der Århus-Verordnung zügige und rechtssichere Planungs- und Genehmigungsverfahren sichergestellt sind.
- 113. Der Bundesrat stellt fest, dass vor dem Hintergrund der Erweiterung des EU-Umweltrechtsschutzes eine europarechtskonforme Anpassung der gerichtlichen Kontrolldichte notwendig ist, vor allem, um die für den Klimaschutz dringend erforderlichen Verkehrsinfrastrukturprojekte im Bereich der Schiene verwirklichen zu können. Hierfür kommt insbesondere in Betracht:
- - dass bei der Anwendung umweltrechtlicher Vorschriften behördliche Prognosen und Bewertungen, die technischen oder naturwissenschaftlichen Sachverstand voraussetzen, nur daraufhin vom Gericht zu überprüfen sind, ob das für die Prognose und Bewertung vorgeschriebene Verfahren eingehalten wurde und die behördliche Prognose oder Bewertung nachvollziehbar ist, insbesondere weil die Sachverhaltsermittlung und -darstellung zutreffend ist, die einschlägigen technischen und wissenschaftlichen Erkenntnisse in Betracht gezogen worden sind und die angelegten Bewertungsmaßstäbe der Sache angemessen sind;
- - dass Infrastrukturvorhaben, deren Notwendigkeit vom Gesetzgeber selbst festgestellt wurde (zum Beispiel in den Bedarfsfeststellungsgesetzen), auch dann verwirklicht werden dürfen, wenn der Planfeststellungsbeschluss lediglich wegen eines behebbaren Verfahrensfehlers rechtswidrig ist. Zur Durchsetzung des Rechts genügt es, wenn in diesen Fällen die Heilung der vom Gericht festgestellten Fehler vor Inbetriebnahme der Anlage vom Gericht angeordnet wird;
- - dass die in dem Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetz (MgvG) angelegte Planung durch den Gesetzgeber selbst für weitere geeignete Sachverhalte, insbesondere bei wichtigen Vorhaben von vordringlicher nationaler Bedeutung, weiterentwickelt wird, indem etwa die Vorzugsvariante auf der Grundlage einer geeigneten Strategischen Umweltprüfung durch Bundesgesetz festgelegt wird.
Begründung zu Ziffern 110 bis 113 (nur gegenüber dem Plenum):
Die Kommission beabsichtigt die Überarbeitung der Århus-Verordnung (VO (EG) Nr. 1367/2006
), um nach eigenem Bekunden Bürgerinnen und Bürgern sowie nichtstaatlichen Organisationen, die Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit von Entscheidungen mit Auswirkungen auf die Umwelt haben, den Zugang zur administrativen und gerichtlichen Überprüfung auf EU-Ebene zu erleichtern. Darüber hinaus will die Kommission Maßnahmen ergreifen, um deren Zugang zur Justiz vor nationalen Gerichten in allen Mitgliedstaaten zu verbessern.
Ziel des der Verordnung zugrundeliegenden Århus-Übereinkommens ist es, den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten sicherzustellen.
Hintergrund ist, dass der Rat die Kommission im Jahr 2018 um eine Untersuchung und erforderlichenfalls um eine Änderung der sogenannten Århus-Verordnung ersucht hatte, nachdem der Ausschuss zur Überwachung des Übereinkommens von Århus die mangelhafte Einhaltung des Århus-Übereinkommens durch die EU-Rechtsprechung - zu der auch die nationalen Gerichte zählen, soweit sie EU-Rechtsakte anwenden - bemängelt hatte. Die Untersuchung schlägt als mögliche Maßnahmen insbesondere vor, den Anwendungsbereich der mit Rechtsmitteln anzugreifenden Maßnahmen zu erweitern und Fristen zu verlängern.
Begründung zu Ziffern 110 und 111 (nur gegenüber dem Plenum):
Ein unnötig weiter Anwendungsbereich kann sich jedoch nachteilig auf die Dauer und Zahl von Gerichtsverfahren auswirken und damit gesamtgesellschaftlich wichtige Verkehrsinfrastrukturprojekte - etwa Schienenausbauprojekte im Interesse der Verlagerung von Verkehr auf die Schiene und des Klimaschutzes - gefährden. Die Kommission sollte daher mit Augenmaß vorgehen.
Begründung zu Ziffern 112 und 113 (nur gegenüber dem Plenum):
Jede Ausdehnung des europäischen Umweltrechtschutzes führt aber kehrseitig bei unverändertem nationalen Gerichtsverfahrensrecht zu einer Erschwerung und Verlängerung der gerichtlichen Auseinandersetzungen, insbesondere beim Ausbau staatlicher Infrastrukturen, und vor allem zu Nachteilen bei der Umsetzung der für den Klimaschutz dringend erforderlichen Schieneninfrastrukturprojekte.
Erforderlich ist deshalb eine europarechtskonforme Anpassung der gerichtlichen Kontrolldichte. Dazu zählen die oben genannten Regelungen, die zum Teil schon vom Innovationsforum Planungsbeschleunigung erarbeitet wurden, und die auch aus anderen EU-Mitgliedstaaten bekannt sind.
Bürgerbeteiligung/Partizipationsverfahren
- 114. Der Bundesrat begrüßt die von der Kommission angekündigte Initiative eines Europäischen Klimapaktes. Er betont, dass der Klimapakt auch die Regionen als Akteure beim Übergang zur Klimaneutralität im Rahmen eines Dialogs und partizipativer Verfahren mit der Wirtschaft, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, nichtstaatlichen Organisationen sowie Hochschulen einbeziehen muss, um gemeinsam erfolgreich die Transformation zur klimaneutralen Gesellschaft zu gestalten.
- 115. Der Bundesrat vermisst eindeutige Aussagen und Appelle dazu, dass es auch entscheidend an der Mitwirkung und am konkreten Beitrag aller Bürgerinnen und Bürger liegt, ob die Klimaziele der EU erreicht werden können. Auf allen Ebenen sollte verstärkt an die Verantwortung jeder und jedes Einzelnen zum Umdenken - etwa im Hinblick auf Mobilität, Konsum, Ressourceneffizienz bzw. -neutralität und Müllvermeidung - appelliert und entsprechende Verhaltensänderungen, die zunächst auch mit Einschränkungen in Lebensstil und Komfort verbunden sein können, durch geeignete Maßnahmen unterstützt und befördert werden. Der Bundesrat hält lebenslanges Lernen auch insofern für unabdingbar. Gleichzeitig ist sozial und ökologisch verantwortliches Handeln schwer mit ökonomischer Unsicherheit vereinbar.
- 116. Um die Umsetzung des europäischen Grünen Deals in Deutschland in Abstimmung mit den Bürgerinnen und Bürgern durchzuführen, wird die Bundesregierung aufgefordert, Gruppen aus Gesellschaft und Wirtschaft rechtzeitig in eine breite Diskussion über den Grünen Deal und seine Umsetzung einzubinden.
Begründung zu Ziffer 116 (nur gegenüber dem Plenum):
Der europäische Grüne Deal muss, angesichts des aktuell hohen gesellschaftlichen Drucks und des wachsenden Unverständnisses zwischen Politik sowie Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland, in einem breiten Diskussionsprozess erläutert und bearbeitet werden, damit eine zügige, effiziente und faire Umsetzung gelingen kann.
Das Ziel einer fairen und wohlhabenden Gesellschaft mit einer modernen, ressourceneffizienten und wettbewerbsfähigen Wirtschaft ist nur dann zu erreichen, wenn alle Gruppen der Gesellschaft und der Wirtschaft in den Umsetzungsprozess eingebunden und deren Bedürfnisse wahrgenommen werden.
Weiteres
- 117. Der Bundesrat stellt fest, dass bisher nur die allgemein gehaltenen und einleitenden Erläuterungen und Ziele der Kommission zum europäischen Grünen Deal vorliegen und zurzeit weitere detaillierteren Strategien erarbeitet werden. Er fordert daher die Bundesregierung auf, sich auf EU-Ebene in diesen Prozess aktiv einzubringen, um der eigenen Verantwortung im Bereich des Klima- und Umweltschutzes gerecht zu werden.
Sonstiges
- 118. Der Bundesrat verweist auf die nach wie vor hohe und weiter zunehmende Anzahl der von Erwerbsarmut Betroffenen in der EU. Er unterstützt ausdrücklich die Maßgabe der politischen Leitlinien für die Kommission 2019 bis 2024, wonach jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer in der EU einen gerechten Mindestlohn erhalten muss und spricht sich für einen europäischen Rahmen für nationale Mindestlohnregelungen aus. Er verbindet dies mit einem Appell an die europäischen Sozialpartner, ihre Anstrengungen für eine Rahmenvereinbarung zur Festlegung von Mindestbedingungen für Mindestlöhne in Europa und zur Ausweitung der Tarifbindung zu verstärken. Gleichzeitig muss die Tarifautonomie gesichert werden.
- 119. Der Bundesrat hält eine proaktive Umschulung und Weiterqualifizierung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für notwendig, damit diese von schrumpfenden Sektoren in Wachstumssektoren wechseln und sich an neue Anforderungen anpassen können. Dem vorgeschlagenen ESF+ fällt hierbei eine wesentliche Unterstützungsfunktion zu. Der Bundesrat hält für die Förderperiode 2021 bis 2027 eine Kohäsionspolitik für alle Regionen und eine angemessene und auskömmliche Finanzausstattung dieses Politikbereichs, einschließlich Kofinanzierungssätzen, welche die Mittelabrufquote EU-weit steigern, weiterhin für unabdingbar, vergleiche Stellungnahme des Bundesrates vom 12. April 2019 (BR-Drucksache 063/19(B) ). Er bezweifelt, dass der vorgeschlagene ESF+ den erhöhten Anforderungen mit der bislang vorgesehenen Finanzausstattung gerecht werden kann, insbesondere dann, wenn die Mitgliedstaaten für den vorgeschlagenen Fonds für einen gerechten Übergang auch ESF+-Mittel mobilisieren sollen.
- 120. Der Bundesrat begrüßt ausdrücklich die beschriebenen Vorhaben der EU im internationalen Bereich. Jedoch fehlen aus seiner Sicht deutliche Aussagen zur sozialen Dimension des globalen Engagements. Der Bundesrat hält Maßnahmen auf europäischer Ebene für erforderlich, um die gesellschaftliche Verantwortung europäischer Unternehmen zu stärken und Menschenrechte und gute Arbeitsbedingungen entlang der gesamten Lieferkette sicherzustellen.
Direktzuleitung an die Kommission
- 121. Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahme direkt an die Kommission.
B
- 122. Der Gesundheitsausschuss und der Ausschuss für Kulturfragen empfehlen dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.