Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 13. Juni 2006 angenommen.
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu den Beratungen des Petitionsausschusses,
- - unter Hinweis auf die Interinstitutionelle Vereinbarung vom April 1989 über die Stärkung des Petitionsrechts1,
- - gestützt auf die Artikel 21 und 194 des EG-Vertrags,
- - gestützt auf Artikel 45 und Artikel 192 Absatz 6 seiner Geschäftsordnung,
- - in Kenntnis des Berichts des Petitionsausschusses (A6-0178/2006),
A. in der Erwägung, dass das Petitionsrecht ein Grundrecht darstellt, das unlösbar mit der Unionsbürgerschaft verbunden ist,
B. in der Erwägung, dass das Petitionsrecht seit 1992 im EG-Vertrag verankert ist und in Artikel 44 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sowie in Artikel 191 der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments bekräftigt wird,
C. in der Erwägung, dass das Parlament, der Rat und die Kommission das Petitionsrecht formell bestätigt und eine Garantie für die interinstitutionelle Zusammenarbeit bei der Bearbeitung von Petitionen geschaffen haben,
D. in der Erwägung, dass die Ausübung dieses Rechts zwar insbesondere für die europäischen Bürger von Bedeutung ist, aber auch für die europäischen Institutionen, weil sie auf diese Weise unmittelbar über Anliegen und Probleme der Bürger im Zusammenhang mit der Anwendung der EU-Rechtsvorschriften informiert werden,
E. in der Erwägung, dass das Parlament in den Petitionen ein Instrument sieht, mit dessen Hilfe es eine bessere politische Übersicht und Kontrolle über die Tätigkeit der Europäischen Union sowie über die Umsetzung und Durchführung der politischen Maßnahmen der Europäischen Union durch die Behörden auf europäischer, nationaler, regionaler und lokaler Ebene erlangen kann,
F. in der Erwägung, dass mit der Erweiterung der Europäischen Union im Mai 2004 Bürger aus zehn neuen Mitgliedstaaten das Recht erhalten haben, Petitionen in ihrer jeweiligen Landessprache an das Parlament zu richten, und dass ein erheblicher logistischer Aufwand erforderlich war, um ihnen die Wahrnehmung dieses Rechts zu ermöglichen,
G. in der Erwägung, dass ständig gewährleistet sein muss, dass die Unionsbürger über ihr legitimes Recht angemessen unterrichtet werden, in Angelegenheiten, die in den Tätigkeitsbereich der Europäischen Union fallen, Petitionen an das Parlament zu richten;
H. in der Erwägung, dass die beim Parlament eingehenden Petitionen zu fast einem Drittel für unzulässig erklärt werden, was zum Teil auf ungenügende Kenntnisse über die jeweiligen Zuständigkeiten des Parlaments, des Europäischen Bürgerbeauftragten und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sowie über die verschiedenen zur Verfügung stehenden nationalen Rechtsbehelfe zurückzuführen ist,
I. in der Erwägung, dass das Parlament das Verfahren für die Prüfung von Petitionen verbessert hat, um eine effektivere und transparentere Bearbeitung von Petitionen zu ermöglichen, dass aber seiner Ansicht nach weitere Schritte zur Integration und Stärkung der Verwaltungsstrukturen, die für das Petitionsverfahren zuständig sind, unternommen werden könnten, um insbesondere eine ausgewogene und gerechte Behandlung der Petenten wie auch die Vertraulichkeit des Verfahrens, wenn die Petenten dies wünschen, weiterhin zu gewährleisten,
J. in der Erwägung, dass die Zusammenarbeit zwischen Parlament, Bürgerbeauftragtem und Kommission auch künftig eine wichtige Voraussetzung für die Lösung der Fragen ist, die die Bürger in ihren Petitionen und ihren Beschwerden ansprechen, und dass sich möglicherweise durch eine gewisse Rationalisierung der Verfahren zwischen den drei Institutionen größere Effizienz erzielen ließe, so beispielsweise durch die Bündelung von Untersuchungen zu Beschwerden und Petitionen mit gleichem Thema im Rahmen des Petitionsverfahrens,
K. in der Erwägung, dass das Parlament nach Artikel 230 des EG-Vertrags das Recht hat, unter den gleichen Voraussetzungen wie der Rat und die Kommission Klage vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zu erheben, und dass es damit über das erforderliche rechtliche wie auch politische Instrumentarium verfügt, um effektiver auf die berechtigten Anliegen der Bürger zu reagieren,
L. in der Erwägung, dass das Parlament dennoch kontinuierlich eine loyale Zusammenarbeit insbesondere mit der Kommission als Hüterin der Verträge gepflegt hat, da es darin ein wirksames Instrument zur Lösung der Probleme sieht, die die Bürger veranlassen, es um Unterstützung zu ersuchen,
M. in der Erwägung, dass gemäß der Rahmenvereinbarung über die Beziehungen zwischen dem Europäischen Parlament und der Kommission vom 26. Mai 20052, "die Kommission ... keine gesetzgeberische oder bedeutende Initiative bzw. keinen bedeutenden Beschluss [veröffentlicht], ehe sie das Parlament schriftlich darüber unterrichtet hat",
N. in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten und der Rat gegenüber den Unionsbürgern eine besondere Verpflichtung haben, für die Einhaltung und ordnungsgemäße Anwendung der europäischen Rechtsvorschriften durch die nationalen, regionalen und lokalen Verwaltungen einschließlich der ihnen unterstellten Einrichtungen zu sorgen,
O. in der Erwägung, dass natürlich nicht alle zulässigen Petitionen, die eingehen und zu denen Untersuchungen durchgeführt werden, für die Unionsbürger ein befriedigendes Ergebnis zur Folge haben, dass sie jedoch in einem angemessenen Prozentsatz der Fälle zur Lösung eines konkreten Problems oder zur Hervorhebung eines bestimmten Anliegens führen, auf das sich das Parlament später bei der Aushandlung neuer gemeinschaftlicher Rechtsvorschriften berufen kann,
- 1. bekräftigt den maßgeblichen Beitrag des Petitionsausschusses zur Gewährleistung der Bürgernähe der Europäischen Union sowie zu einer für die europäische Öffentlichkeit sichtbaren Stärkung der demokratischen Legitimität und Rechenschaftspflicht des Entscheidungsprozesses der Europäischen Union;
- 2. erinnert daran, dass die europäischen Institutionen durch Petitionen auch darauf aufmerksam gemacht werden, was die einzelnen Bürger von der EU-Politik erwarten und in welchem Maße diese Erwartungen erfüllt werden;
- 3. vertritt die Auffassung, dass der Petitionsausschuss für die Bürger ein wichtiges Forum für Meinungsäußerungen zu Recht und Politik in Europa darstellt und dadurch zur Stärkung der demokratischen Kontrolle des Gemeinschaftsrechts und seiner Umsetzung auf Unionsebene sowie auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene beiträgt;
- 4. unterstreicht die Tatsache, dass das Petitionsverfahren dem Parlament Gelegenheit gibt, mögliche Unklarheiten im Hinblick auf die politischen Zielsetzungen der Europäischen Union sowie Schlupflöcher im Gemeinschaftsrecht oder Fehler bei dessen Anwendung durch die Mitgliedstaaten zu beurteilen und erforderlichenfalls zu beseitigen;
- 5. bekräftigt die Ansicht, dass das Petitionsverfahren grundsätzlich ein Recht derjenigen EU-Bürger sein sollte, die über keine anderen Mittel verfügen, das Europäische Parlament zum Handeln zu bewegen; ruft in Erinnerung, dass seine Mitglieder dieses Recht im Rahmen seiner Verfahren ausüben können; erinnert seine Mitglieder daran, dass ihnen andere parlamentarische Verfahren zur Verfügung stehen;
- 6. hebt hervor, dass die Kommission durch ihre vorläufigen Prüfungen zu Petitionen entscheidend dazu beiträgt, dass der Ausschuss zweckmäßige Lösungen für die Anliegen und Probleme erarbeiten kann, mit denen sich die Bürger im Alltag konfrontiert sehen;
- 7. hebt hervor, dass die weitere Zusammenarbeit zwischen Parlament, Bürgerbeauftragtem und Kommission alle Seiten bei der Verwirklichung ihres gemeinsamen Ziels voranbringt, die europäische Verwaltung sowie die Qualität und Bürgerorientierung der Rechtsvorschriften zu verbessern; betont, dass gemeinsame Verhaltensregeln für alle Gemeinschaftsinstitutionen im Sinne des vom Europäischen Bürgerbeauftragten ausgearbeiteten und vom Parlament unterstützten Kodexes für gute Verwaltungspraxis eingeführt werden müssen;
- 8. bringt in diesem Zusammenhang seine Besorgnis und Verwunderung darüber zum Ausdruck, dass die Kommission in ihrem 22. Jahresbericht über die Kontrolle der Anwendung des Gemeinschaftsrechts (2004) (KOM (2005) 0570) nicht auf den wichtigen Beitrag des Petitionsverfahrens zur Feststellung von Vertragsverletzungen eingeht, da der Hauptteil des Berichts keinerlei Bezugnahme auf Petitionen enthält, die lediglich in einer Tabelle in Anhang 1 erwähnt werden;
- 9. ist der Auffassung, dass die Kommission Entscheidungen über die Einleitung von Vertragsverletzungsverfahren vor der Übermittlung eines Aufforderungsschreibens bekannt geben sollte, insbesondere wenn beim Parlament zu dem betreffenden Thema eine Petition eingegangen ist;
- 10. empfiehlt, dass in allen Fällen, in denen Bürger zum gleichen Thema sowohl eine Petition beim Parlament als auch eine Beschwerde bei der Kommission einreichen, beide Verfahren bei der Klärung der aufgeworfenen Fragen angemessen koordiniert werden sollten, da das Petitionsrecht ein durch den Vertrag geschütztes Grundrecht ist und da das Parlament einen transparenten Rahmen für Debatten bietet, was eine Voraussetzung für mehr Offenheit und eine verstärkte öffentliche Rechenschaftspflicht ist;
- 11. äußert seine wachsende Besorgnis über die unverhältnismäßig und übermäßig lange Zeit (oftmals mehrere Jahre), die die Kommission für die Durchführung und den Abschluss eines letztendlich eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahrens benötigt; missbilligt die zahlreichen Beispiele der Nichtbefolgung von Entscheidungen des Gerichtshofs durch die Mitgliedstaaten; ist der Auffassung, dass dies ein fragwürdiges Licht auf die Erarbeitung und einheitliche Anwendung des Gemeinschaftsrechts wirft und die Zielsetzungen der Europäischen Union unglaubwürdig erscheinen lässt;
- 12. weist ferner auf die Bedeutung einer raschen Umsetzung von Urteilen des Gerichtshofs in Vertragsverletzungsverfahren durch die Mitgliedstaaten hin; begrüßt die von der Kommission im Dezember 2005 beschlossene strengere Politik, gegen Mitgliedstaaten vor dem Gerichtshof Klage zu erheben, damit sie zur Zahlung von Pauschalbeträgen und Zwangsgeldern verurteilt werden; ist der Auffassung, dass diese Politik mit Nachdruck verfolgt werden muss, um die Autorität der Europäischen Union zu gewährleisten und den berechtigten Erwartungen der europäischen Bürger zu entsprechen;
- 13. ist der Auffassung, dass diese untragbare Situation von den zuständigen Ausschüssen des Parlaments eingehender untersucht werden sollte, damit Empfehlungen für eine konkretere Einbeziehung des Parlaments in Vertragsverletzungsverfahren und für wirksamere Rechtsbehelfe der Bürger gegeben werden können;
- 14. unterstreicht die Bedeutung einzelstaatlicher Informationskampagnen zur besseren Aufklärung der Bürger über den Inhalt der Rechtsvorschriften, politischen Maßnahmen und Zielsetzungen der Gemeinschaft, die auch dazu beitragen könnten, die Zahl der unbegründeten Petitionen und Beschwerden zu senken, und die zugleich das Parlament und die Kommission besser in die Lage versetzen könnten, die ordnungsgemäße Anwendung von EU-Recht und EU-Politik in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten zu gewährleisten;
- 15. weist auf die maßgebliche Rolle der Mitgliedstaaten bei der korrekten Durchführung der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften und bei der Stärkung der Bürgernähe der Europäischen Union hin; betont die Notwendigkeit einer besser koordinierten Teilnahme von Vertretern der Mitgliedstaaten und ihrer Parlamente an den Debatten des Petitionsausschusses;
- 16. fördert Informationsreisen gemäß Artikel 192 seiner Geschäftsordnung mit klaren Ziel- und Aufgabenstellungen, die gelegentlich in verschiedenen Mitgliedstaaten der Europäischen Union durchgeführt werden, um den von Petenten aufgeworfenen Fragen nachzugehen, und wird solche Reisen in gerechtfertigten Fällen weiter unterstützen, da sie einen besseren Einblick in die oftmals vielschichtigen Probleme vor Ort ermöglichen und die zuständigen Behörden stärker auf bestimmte Probleme aufmerksam machen, womit gleichzeitig der Druck erhöht wird, wirksame und pragmatische Lösungen im Interesse der Bürger zu finden;
- 17. ruft dazu auf, die bestätigten Ergebnisberichte dieser Informationsreisen an das Präsidium des Parlaments und erforderlichenfalls an andere Ausschüsse, die an den jeweiligen Themen interessiert sind, zur Information weiterzuleiten;
- 18. hebt hervor, dass in vielen Fällen eine stärkere Einbeziehung des Rates als Institution in die Tätigkeit des Ausschusses erforderlich ist, und ermuntert ihn, auf einer geeigneten Ebene an den Sitzungen des Ausschusses teilzunehmen, wie es die Interinstitutionelle Vereinbarung "Bessere Rechtsetzung" vorsieht, die der Rat, das Parlament und die Kommission am 16. Dezember 2003 angenommen haben3;
- 19. schlägt erneut vor, dass der Rat einen ranghohen Beamten zur Koordinierung der sich aus Petitionen ergebenden Fragen benennt, da viele Petitionen politisch brisante Fragen im Zusammenhang mit der Umsetzung der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften und der Verwirklichung der Ziele der Europäischen Union durch die Mitgliedstaaten berühren;
- 20. weist darauf hin, dass die Zahl der beim Parlament eingegangenen Petitionen im ersten Jahr nach der EU-Erweiterung auf 25 Mitgliedstaaten entgegen den anfänglichen Erwartungen relativ konstant geblieben ist; hält es allerdings für unvermeidlich, dass die Bürger der neuen Mitgliedstaaten mit zunehmender Kenntnis des Petitionsverfahrens auch häufiger von ihrem Petitionsrecht Gebrauch machen werden;
- 21. fordert, die Unionsbürger durch entsprechende Maßnahmen des Parlaments auf europäischer und nationaler Ebene umfassender über ihr in Artikel 194 des Vertrags verankertes Recht aufzuklären, in Angelegenheiten, die in die Tätigkeitsbereiche der Europäischen Union fallen und die sie unmittelbar betreffen, eine Petition an das Parlament zu richten, und sie überdies auf die Tatsache hinzuweisen, dass der Bürgerbeauftragte gemäß Artikel 195 des Vertrags nur Beschwerden über Missstände bei der Tätigkeit der Organe oder Institutionen der Europäischen Union entgegennimmt;
- 22. erkennt an und begrüßt, dass Maßnahmen zum weiteren Ausbau des Ausschusssekretariats getroffen wurden, um seine sprachlichen, juristischen und politischen Fachkenntnisse zu erweitern, und hebt hervor, dass dieser Prozess fortgesetzt werden sollte, um kürzere Bearbeitungszeiten, noch effektivere Untersuchungen und ein einheitliches Niveau seiner Dienstleistungen für alle Unionsbürger zu ermöglichen; bedauert jedoch angesichts der steigenden Zahl von Petitionen aus den neuen Mitgliedstaaten den ständigen Personalmangel im Ausschusssekretariat;
- 23. fordert die Konferenz der Präsidenten auf, zum geeigneten Zeitpunkt eine erhebliche Aufstockung der Mitgliederzahl des Petitionsausschusses auf 50 ordentliche Mitglieder in Betracht zu ziehen, um zu gewährleisten, dass die europäischen Bürger ein noch besseres Verständnis ihres Falles im Ausschuss erreichen können, und somit dem Parlament zu ermöglichen, den Erwartungen der Petenten besser gerecht zu werden;
- 24. begrüßt es, dass im Juli 2005 ein neues Softwaresystem für Petitionen eingeführt wurde, das als Datenbank wie auch als Steuerungsinstrument fungiert und Informationen über den Bearbeitungsverlauf liefert; weist auch darauf hin, dass die e-Petition-Software von den Ausschussmitgliedern, ihren Assistenten sowie den Fraktionsmitarbeitern genutzt werden kann und zur weiteren Erhöhung der Transparenz und Effizienz der Tätigkeit des Ausschusses beitragen soll;
- 25. weist darauf hin, dass Artikel 230 des Vertrags das Parlament berechtigt, im Falle einer Verletzung des Vertrags oder einer bei seiner Durchführung anzuwendenden Rechtsnorm Klage vor dem Gerichtshof zu erheben;
- 26. betont die legitime Berechtigung des Parlaments, von seinen Befugnissen Gebrauch zu machen, wenn dies zur Beendigung eines schwer wiegenden Verstoßes gegen das Gemeinschaftsrecht erforderlich ist, der im Zuge der Prüfung einer Petition aufgedeckt wurde;
- 27. erinnert daran, dass das Parlament seit 1998 eine Überprüfung der Interinstitutionellen Vereinbarung von 1989 gefordert hat; wiederholt seine dringenden Aufforderungen an den Rat und die Kommission, diese Überprüfung vorzunehmen, um wirksamere Mittel zur Rechtsdurchsetzung sowie einen eindeutigen und einheitlichen Rahmen für die unerlässliche Zusammenarbeit der Institutionen auf dem betreffenden Gebiet festzulegen;
- 28. fordert den zuständigen Ausschuss auf, in enger Zusammenarbeit mit dem Petitionsausschuss die geltenden Verfahrensregeln für das Petitionsverfahren zu überarbeiten, um sie stärker an die derzeitigen bewährten Verfahren anzupassen und Verfahren im Zusammenhang mit Datenschutz und Vertraulichkeit einen höheren Stellenwert einzuräumen, ohne dass dadurch die erforderliche Transparenz des Petitionsverfahrens an sich beeinträchtigt wird;
- 29. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung und den Bericht des Petitionsausschusses dem Rat, der Kommission, dem Europäischen Bürgerbeauftragten, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie ihren Petitionsausschüssen und den nationalen Bürgerbeauftragten oder ähnlichen zuständigen Einrichtungen zu übermitteln.
1 ABl. C 120 vom 12.4.1989, S. 90.
2 ABl. C 117 E vom 18.5.2006, S. 123.
3 ABl. C 321 vom 31.12.2003, S. 1.
2004 .. Europäisches Parlament .. 2009
Plenarsitzungsdokument
Endgültig A6-0178/2006 10.5.2006
10.5.2006Bericht über die Beratungen des Petitionsausschusses in der Sitzungsperiode März 2004 - Dezember 2005 (2005/2135(INI))
Petitionsausschuss
Berichterstatter: Michael Cashman
Entwurf einer Entschliessung des Europäischen Parlaments zu den Beratungen des Petitionsausschusses in der Sitzungsperiode März 2004 Dezember 2005
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu den Beratungen des Petitionsausschusses,
- - unter Hinweis auf die Interinstitutionelle Vereinbarung vom April 1989 über die Stärkung des Petitionsrechts1,
- - gestützt auf Artikel 21 und 194 des EG-Vertrags,
- - gestützt auf Artikel 45 und Artikel 192 Absatz 6 seiner Geschäftsordnung,
- - in Kenntnis des Berichts des Petitionsausschusses (A6-0178/2006),
A. in der Erwägung, dass das Petitionsrecht ein Grundrecht darstellt, das unlösbar mit der Unionsbürgerschaft verbunden ist,
B. in der Erwägung, dass das Petitionsrecht seit 1992 im EG-Vertrag verankert ist und in Artikel 44 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sowie Artikel 191 der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments bekräftigt wird,
C. in der Erwägung, dass das Parlament, der Rat und die Kommission das Petitionsrecht formell bestätigt und eine Garantie für die interinstitutionelle Zusammenarbeit bei der Bearbeitung von Petitionen geschaffen haben,
D. in der Erwägung, dass die Ausübung dieses Rechts zwar insbesondere für die europäischen Bürger von Bedeutung ist, aber auch für die europäischen Institutionen, weil sie auf diese Weise unmittelbar über Sorgen und Probleme der Bürger im Zusammenhang mit der Anwendung der EU-Rechtsvorschriften informiert werden,
E. in der Erwägung, dass das Parlament in den Petitionen ein Instrument sieht, mit dessen Hilfe es eine bessere politische Übersicht und Kontrolle über die Tätigkeit der EU sowie über die Umsetzung und Durchführung der politischen Maßnahmen der EU durch die Behörden auf europäischer, nationaler, regionaler und lokaler Ebene erlangen kann,
F. in der Erwägung, dass mit der Erweiterung der EU im Mai 2004 Bürger aus zehn neuen Mitgliedstaaten das Recht erhalten haben, Petitionen in ihrer jeweiligen Landessprache an das Parlament zu richten, und dass ein erheblicher logistischer Aufwand erforderlich war, um ihnen die Wahrnehmung dieses Rechts zu ermöglichen,
G. in der Erwägung, dass ständig gewährleistet sein muss, dass die Unionsbürger über ihr legitimes Recht angemessen unterrichtet werden, in Angelegenheiten, die in den Tätigkeitsbereich der Europäischen Union fallen, Petitionen an das Parlament zu richten;
1 ABl. C 120 vom 12.4.1989, S. 90.
H. in der Erwägung, dass die beim Parlament eingehenden Petitionen zu fast einem Drittel für unzulässig erklärt werden, was zum Teil auf ungenügende Kenntnisse über die jeweiligen Zuständigkeiten des Parlaments, des Europäischen Bürgerbeauftragten und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sowie über die verschiedenen nationalen Rechtsbehelfe zurückzuführen ist,
I. in der Erwägung, dass das Parlament das Verfahren für die Prüfung von Petitionen verbessert hat, um eine effektivere und transparentere Bearbeitung zu ermöglichen, dass aber seiner Ansicht nach dennoch weitere Schritte zur Integration und Stärkung der zuständigen Stellen unternommen werden könnten, um insbesondere eine ausgewogene und gerechte Behandlung der Petenten wie auch die Vertraulichkeit des Verfahrens weiterhin zu gewährleisten, wenn die Petenten dies wünschen,
J. in der Erwägung, dass die Zusammenarbeit zwischen Parlament, Bürgerbeauftragten und Kommission auch künftig eine wichtige Voraussetzung für die Lösung der Fragen ist, die die Bürger in ihren Petitionen und ihren Beschwerden ansprechen, und dass sich möglicherweise durch eine gewisse Rationalisierung der Verfahren bei den drei Institutionen größere Effizienz erzielen ließe, so beispielsweise durch die Bündelung von Untersuchungen zu Beschwerden und Petitionen mit gleichem Thema im Rahmen des Petitionsverfahrens,
K. in der Erwägung, dass das Parlament nach Artikel 230 des EG-Vertrags das Recht hat, unter den gleichen Voraussetzungen wie der Rat und die Kommission Klage vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zu erheben, und dass es damit über das erforderliche rechtliche wie auch politische Instrumentarium verfügt, um effektiver auf die berechtigten Anliegen der Bürger zu reagieren,
L. in der Erwägung, dass das Parlament dennoch kontinuierlich eine loyale Zusammenarbeit insbesondere mit der Kommission als Hüterin der Verträge gepflegt hat, da es darin ein wirksames Instrument zur Lösung der Probleme sieht, die die Bürger veranlassen, es um Unterstützung zu ersuchen,
M. in der Erwägung, dass laut Rahmenvereinbarung über die Beziehungen zwischen dem Europäischen Parlament und der Kommission vom 5. Juli 2000, "die Kommission keine legislative oder bedeutende Initiative bzw. keinen bedeutenden Beschluss veröffentlicht, ehe sie das Europäische Parlament schriftlich darüber unterrichtet hat",
N. in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten und der Rat gegenüber den Unionsbürgern besonders verpflichtet sind, für die Einhaltung und ordnungsgemäße Anwendung der europäischen Rechtsvorschriften durch die nationalen, regionalen und lokalen Verwaltungen einschließlich der ihnen unterstellten Einrichtungen zu sorgen,
O. in der Erwägung, dass natürlich nicht alle zulässigen Petitionen, zu denen Untersuchungen durchgeführt werden, für die EU-Bürger ein befriedigendes Ergebnis zur Folge haben, dass sie jedoch in einem angemessenen Prozentsatz der Fälle zur Lösung eines konkreten Problems oder zur Hervorhebung eines bestimmten Anliegens führen, auf das sich das Parlament später bei der Aushandlung neuer gemeinschaftlicher Rechtsvorschriften berufen kann,
- 1. bekräftigt den maßgeblichen Beitrag des Petitionsausschusses zur Gewährleistung der Bürgernähe der EU sowie zu einer für die Öffentlichkeit sichtbaren Stärkung der demokratischen Legitimität und Rechenschaftspflicht des Entscheidungsprozesses der EU;
- 2. erinnert daran, dass die europäischen Institutionen durch Petitionen auch darauf aufmerksam gemacht werden, was die einzelnen Bürger von der EU-Politik erwarten und in welchem Maße diese Erwartungen erfüllt werden;
- 3. vertritt die Auffassung, dass der Petitionsausschuss für die Bürger ein wichtiges Forum für Meinungsäußerungen zu Recht und Politik in Europa darstellt und dadurch zur Stärkung der demokratischen Kontrolle des Gemeinschaftsrechts und seiner Umsetzung auf Unionsebene sowie auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene beiträgt;
- 4. unterstreicht die Tatsache, dass das Petitionsverfahren dem Parlament Gelegenheit gibt, mögliche Unklarheiten im Hinblick auf die politischen Zielsetzungen der EU sowie Schlupflöcher im Gemeinschaftsrecht oder Fehler bei dessen Anwendung durch die Mitgliedstaaten zu beurteilen und gegebenenfalls zu beseitigen;
- 5. hebt hervor, dass die Kommission durch ihre vorläufigen Prüfungen zu Petitionen entscheidend dazu beiträgt, dass der Ausschuss zweckmäßige Lösungen für die Fragen und Probleme erarbeiten kann, mit denen sich die Bürger im Alltag konfrontiert sehen;
- 6. hebt hervor, dass die weitere Zusammenarbeit zwischen Parlament, Bürgerbeauftragten und Kommission beide Seiten bei der Verwirklichung ihres gemeinsamen Ziels voranbringt, die europäische Verwaltung sowie die Qualität und Bürgerorientierung der Rechtsvorschriften zu verbessern; betont die Tatsache, dass gemeinsame Verhaltensregeln für alle Gemeinschaftsinstitutionen im Sinne des vom Europäischen Bürgerbeauftragten ausgearbeiteten und vom Europäischen Parlament unterstützten Kodexes für gute Verwaltungspraxis eingeführt werden müssen;
- 7. bringt in diesem Zusammenhang seine Besorgnis und Verwunderung darüber zum Ausdruck, dass die Kommission in ihrem 22. Jahresbericht über die Kontrolle der Anwendung des Gemeinschaftsrechts (2004) (KOM (2005) 0570) nicht auf den wichtigen Beitrag des Petitionsverfahrens zur Feststellung von Vertragsverletzungen eingeht, da der Hauptteil des Berichts keinerlei Bezugnahme auf Petitionen enthält, die lediglich in einer Tabelle in Anhang 1 erwähnt werden;
- 8. ist der Auffassung, dass die Kommission Entscheidungen über die Einleitung von, Vertragsverletzungsverfahren vor der Übermittlung eines Aufforderungsschreibens bekannt geben sollte, insbesondere, wenn beim Parlament zu dem betreffenden Thema eine Petition eingegangen ist;
- 9. empfiehlt, dass in allen Fällen, in denen Bürger zum gleichen Thema sowohl eine Petition beim Parlament als auch eine Beschwerde bei der Kommission einreichen, beide Verfahren bei der Klärung der aufgeworfenen Fragen angemessen koordiniert werden sollten, da das Petitionsrecht ein durch den Vertrag geschütztes Grundrecht ist und da das Parlament einen transparenten Rahmen für Debatten bietet, was eine Voraussetzung für mehr Offenheit und eine verstärkte öffentliche Rechenschaftspflicht ist;
- 10. äußert seine wachsende Besorgnis über die unverhältnismäßig und unzumutbar lange Zeit (oftmals mehrere Jahre), die die Kommission für die Durchführung und den Abschluss eines letztendlich eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahrens benötigt; missbilligt die Nichtbefolgung von Entscheidungen des Gerichtshofs durch die Mitgliedstaaten; ist der Auffassung, dass dies ein fragwürdiges Licht auf die Erarbeitung und einheitliche Anwendung des Gemeinschaftsrechts wirft und die Zielsetzungen der EU unglaubwürdig erscheinen lässt;
- 11. weist ferner auf die Bedeutung einer raschen Umsetzung von Urteilen des Gerichtshofs bei Vertragsverletzungsverfahren durch die Mitgliedstaaten hin; begrüßt die von der Kommission im Dezember 2005 beschlossene strengere Politik, Mitgliedstaaten vor den Gerichtshof zu zitieren, damit sie zur Zahlung von Pauschalbeträgen und Zwangsgeldern verurteilt werden; ist der Auffassung, dass diese Politik mit Nachdruck verfolgt werden muss, um die Autorität der EU zu gewährleisten und den berechtigten Erwartungen der europäischen Bürger zu entsprechen;
- 12. ist der Auffassung, dass diese untragbare Situation von den zuständigen Ausschüssen des Parlaments eingehender untersucht werden sollte, damit Empfehlungen für eine konkretere Einbeziehung des Parlaments in Vertragsverletzungsverfahren und für wirksamere Rechtsbehelfe der Bürger gegeben werden können;
- 13. unterstreicht die Bedeutung einzelstaatlicher Informationskampagnen zur besseren Aufklärung der Bürger über die Rechtsvorschriften, politischen Maßnahmen und Zielsetzungen der Gemeinschaft, die auch dazu beitragen könnten, die Zahl der unbegründeten Petitionen und Beschwerden zu senken, und die zugleich das Parlament und die Kommission besser in die Lage versetzen könnten, die ordnungsgemäße Anwendung von EU-Recht und EU-Politik in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten zu gewährleisten;
- 14. weist auf die maßgebliche Rolle der Mitgliedstaaten bei der korrekten Durchführung der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften und bei der Stärkung der Bürgernähe der EU hin; betont die Notwendigkeit einer besser koordinierten Teilnahme von Vertretern der Mitgliedstaaten und ihrer Parlamente an den Debatten des Petitionsausschusses;
- 15. fördert die Durchführung von Informationsreisen gemäß Artikel 192 seiner Geschäftsordnung mit klaren Ziel- und Aufgabenstellungen in verschiedene Mitgliedstaaten der EU, um den von Petenten aufgeworfenen Fragen nachzugehen, und wird solche Besuche in gerechtfertigten Fällen weiter unterstützen, da sie einen besseren Einblick in die oftmals vielschichtigen Probleme vor Ort ermöglichen und die zuständigen Behörden stärker auf bestimmte Probleme aufmerksam machen, womit gleichzeitig der Druck erhöht wird, wirksame und pragmatische Lösungen im Interesse der Bürger zu finden;
- 16. ruft dazu auf, die bestätigten Ergebnisberichte dieser Informationsreisen an das Präsidium des Parlaments und gegebenenfalls an andere Ausschüsse weiterzuleiten, die an den jeweiligen Themen interessiert sind;
- 17. hebt hervor, dass in vielen Fällen eine stärkere Einbeziehung des Rates als Institution in die Tätigkeit des Ausschusses erforderlich ist, und ermuntert ihn, auf einer geeigneten Ebene an den Sitzungen des Ausschusses teilzunehmen, wie es die Interinstitutionelle Vereinbarung "Bessere Rechtsetzung" vorsieht, die der Rat, das Parlament und die Kommission am 16. Dezember 2003 angenommen haben;
- 18. schlägt erneut vor, dass der Rat einen ranghohen Beamten zur Koordinierung der sich aus Petitionen ergebenden Fragen benennt, da viele Petitionen politisch brisante Fragen im Zusammenhang mit der Umsetzung der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften und der Verwirklichung der Ziele der EU durch die Mitgliedstaaten berühren;
- 19. weist darauf hin, dass die Zahl der beim Parlament eingegangenen Petitionen im ersten Jahr nach der EU-Erweiterung auf 25 Mitgliedstaaten entgegen den anfänglichen Erwartungen relativ konstant geblieben ist; hält es allerdings für unvermeidlich, dass die Bürger der neuen Mitgliedstaaten mit zunehmender Kenntnis des Petitionsverfahrens auch häufiger von ihrem Petitionsrecht Gebrauch machen werden;
- 20. fordert das Parlament auf, die EU-Bürger durch entsprechende Maßnahmen auf europäischer und nationaler Ebene umfassender über ihr in Artikel 194 des Vertrags verankertes Recht aufzuklären, in Angelegenheiten, die in die Tätigkeitsbereiche der EU fallen und die sie unmittelbar betreffen, eine Petition an das Europäische Parlament zu richten, und sie überdies auf die Tatsache hinzuweisen, dass der Bürgerbeauftragte gemäß Artikel 195 des Vertrages nur Beschwerden über Missstände bei der Tätigkeit der Organe oder Institutionen der Gemeinschaft entgegennimmt;
- 21. begrüßt es, dass Maßnahmen zum weiteren Ausbau des Ausschusssekretariats getroffen wurden, um seine sprachlichen, juristischen und politischen Fachkenntnisse zu erweitern, und hebt hervor, dass dieser Prozess fortgesetzt werden sollte, um kürzere Bearbeitungszeiten, noch effektivere Untersuchungen und ein einheitliches Niveau seiner Dienstleistungen für alle EU-Bürger zu ermöglichen; bedauert jedoch angesichts der steigenden Zahl von Petitionen aus den neuen Mitgliedstaaten den ständigen Personalmangel im Ausschusssekretariat;
- 22. fordert die Konferenz der Präsidenten auf, zum geeigneten Zeitpunkt eine erhebliche Aufstockung der Mitgliederzahl des Petitionsausschusses auf 50 ordentliche Mitglieder in Betracht zu ziehen, um zu gewährleisten, dass die europäischen Bürger ein noch besseres Verständnis ihres Falls im Ausschuss erreichen können, und somit dem Parlament zu ermöglichen, den Erwartungen der Petenten besser gerecht zu werden;
- 23. begrüßt es, dass im Juli 2005 ein neues Softwaresystem für Petitionen eingeführt wurde, das als Datenbank wie auch als Steuerungsinstrument fungiert und Informationen über den Bearbeitungsverlauf liefert; und weist darauf hin, dass die e-Petition-Software von den Ausschussmitgliedern, ihren Assistenten sowie den Fraktionsmitarbeitern genutzt werden kann und zur weiteren Erhöhung der Transparenz und Effizienz der Tätigkeit des Ausschusses beitragen soll;
- 24. weist darauf hin, dass Artikel 230 des Vertrages das Parlament berechtigt, im Falle einer Verletzung des Vertrags oder einer bei seiner Durchführung anzuwendenden Rechtsnorm Klage vor dem Gerichtshof zu erheben;
- 25. betont die legitime Berechtigung des Parlament, von seinen Befugnissen Gebrauch zu machen, wenn dies zur Beendigung eines schwer wiegenden Verstoßes gegen das Gemeinschaftsrecht erforderlich ist, der im Zuge der Untersuchung zu einer Petition aufgedeckt wurde;
- 26. erinnert daran, dass das Europäische Parlament seit 1998 eine Überprüfung der Interinstitutionellen Vereinbarung von 1989 gefordert hat; wiederholt seine dringenden Aufforderungen an den Rat und die Kommission, diese Überprüfung vorzunehmen, um wirksamere Mittel zur Rechtsdurchsetzung sowie einen eindeutigen und einheitlichen Rahmen für die unerlässliche Zusammenarbeit der Institutionen auf dem betreffenden Gebiet festzulegen;
- 27. fordert den zuständigen Ausschuss auf, in enger Zusammenarbeit mit dem Petitionsausschuss die geltenden Verfahrensregeln für das Petitionsverfahren zu überarbeiten, um sie stärker an die derzeitigen optimalen Verfahren anzupassen und Verfahren im Zusammenhang mit Datenschutz und Vertraulichkeit einen höheren Stellenwert einzuräumen, ohne dass dadurch die erforderliche Transparenz des Petitionsverfahrens an sich beeinträchtigt wird;
- 28. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung und den Bericht des Petitionsausschusses dem Rat, der Kommission, dem Europäischen Bürgerbeauftragten, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie ihren Petitionsausschüssen und den nationalen Bürgerbeauftragten oder ähnlichen zuständigen Einrichtungen zu übermitteln.
Begründung
Einleitung
Der vorliegende Bericht bezieht sich auf den Zeitraum vom März 2004 bis Dezember 2005 und wurde gemäß Artikel 192 der Geschäftsordnung erstellt, wonach der Petitionsausschuss das Parlament über das Ergebnis seiner Beratungen unterrichtet.
Der übliche Berichtszeitraum wurde ausnahmsweise überschritten, um dem Ausschuss Gelegenheit zu geben, ein umfassenderes Bild seiner Tätigkeit in den anderthalb Jahren seit der EU-Erweiterung und seit den letzten Wahlen zum Europäischen Parlament zu zeichnen. Darüber hinaus ermöglicht uns diese Maßnahme die Korrektur einer Anomalie bei der Berichterstattung über die Petitionsbearbeitung, indem als Bezugszeitraum künftig nicht mehr die "Sitzungsperiode", sondern das Kalenderjahr dient, wodurch eine genaue Übereinstimmung mit der Nummerierung der eingegangenen Petitionen erzielt wird.
Die Tätigkeit des Petitionsausschusses in diesem Zeitraum stand im Zeichen der Stärkung seiner Funktion als direktes Bindeglied zwischen den Bürgern Europas und ihren Vertretern; sie war geprägt durch verstärkte Bemühungen um die Klärung der unmittelbaren Belange und Probleme der Bürger, insbesondere im Zusammenhang mit der Anwendung von EU-Recht und -Politiken.
Ferner wurden Anstrengungen zur Verbesserung der Verfahren und zur Verkürzung der Bearbeitungszeiten unternommen. Die Weitergabe von Informationen innerhalb des Europäischen Parlaments wurde durch die Installation der e-Petitions-Software Mitte Juli 2005 erheblich erleichtert. Diese Softwareanwendung gestattet es den Ausschussmitgliedern, ihren Assistenten und den Mitarbeitern des Sekretariats, jederzeit auf einzelne Petitionen zuzugreifen und ihren Status zu prüfen. Die Dateneingabe, die erforderlich war, um das System voll betriebsfähig zu machen, und die ständige Aktualisierung der Daten waren für das Sekretariat des Ausschusses und die anderen betroffenen Dienststellen mit einem hohen Aufwand verbunden. Momentan befindet sich das System in einer neuen Entwicklungsphase, in der weitere Funktionen hinzukommen sollen, während das Workflow-Element ausgehend von den mit dem System bereits gewonnenen Erfahrungen vereinfacht wird.
Andererseits hat der Ausschuss im Rahmen seiner Möglichkeiten seine traditionelle Rolle - d.h. die Unterrichtung der Europäischen Kommission über angebliche Vertragsverletzungen - ausgebaut, indem er den weiteren Verlauf der Bearbeitung eingehender mitverfolgte. Dabei spielt die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Kommission und dem Europäischen Parlament nach wie vor eine wichtige Rolle, könnte jedoch weiter verbessert werden, indem die Kommission vor allem in ihrem Jahresbericht deutlicher darauf hinweist, wie sehr Petitionen dazu beitragen, dass Verstöße gegen EU-Rechtsvorschriften überhaupt ans Tageslicht kommen.
Ein solcher Hinweis würde den Bürgern auch deutlicher zeigen, dass sich die zuständigen Behörden auf europäischer Ebene ihrer Belange annehmen und entsprechende Maßnahmen ergreifen und dass sich das Europäische Parlament eingehend mit ihren Beschwerden über mangelhafte EU-Rechtsvorschriften oder die fehlerhafte Anwendung von Rechtsvorschriften durch die Mitgliedstaaten befasst.
Die Schaffung eines eindeutigen Verfahrens, durch das dem Parlament eine Rolle bei der Einleitung von Vertragsverletzungsverfahren gegen Mitgliedstaaten zugewiesen wird, wäre ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, ja vielleicht sogar eine unerlässliche Voraussetzung dafür, dass die Bürger Vertrauen in die parlamentarische Arbeit auf europäischer Ebene setzen.
Der Ausschuss ist überzeugt, dass Vertragsverletzungsverfahren, deren Einleitung im willkürlichen Ermessen der Kommission liegt, für die überwiegende Mehrheit - wenn nicht gar die Gesamtheit - der Petenten keinesfalls den angemessenen Rechtsbehelf darstellen, den sie in vielen Fällen eindeutig verdient hätten. Außerdem werden konkretere außergerichtliche Rechtsbehelfe für die europäischen Bürger benötigt, und der Petitionsausschuss hat vor, diesbezügliche Vorschläge zu erarbeiten.
Die Erweiterung der EU um zehn neue Mitgliedstaaten hatte erhebliche Auswirkungen auf die Arbeit des Ausschusses im Berichtszeitraum und auf das Europäische Parlament insgesamt. Es wurden personelle und logistische Anpassungen vorgenommen, um den Bürgern der neuen Mitgliedstaaten die umfassende und gleichberechtigte Ausübung ihres Rechts auf Einreichung von Petitionen beim Europäischen Parlament zu ermöglichen. Dabei ist allerdings anzumerken, dass es in der Zeit seit der Erweiterung keinen entsprechenden Anstieg in der Zahl der eingegangenen Petitionen gab.
Den Statistiken zufolge zählten die Polen, die Ungarn und die Tschechen zu den aktivsten Petenten aus den neuen Mitgliedstaaten, doch die Zahl der Petitionen war bislang recht niedrig, was darauf hindeutet, dass die Bürger dieser Länder umfassender über ihr Petitionsrecht aufgeklärt werden müssen und dass in dieser Hinsicht zusätzliche Bemühungen auf europäischer wie auch auf nationaler Ebene unternommen werden sollten.
Zugleich ist darauf hinzuweisen, dass die Zahl der Petitionen aus den "alten" Mitgliedstaaten in keinem Verhältnis zur Bevölkerungsgröße steht. Offenbar liegt es in allgemeinen politischen und kulturellen Traditionen begründet, dass Bürger und zunehmend auch Bürgerinitiativen in einigen Mitgliedstaaten besonders aktiv sind. So gehen beispielsweise aus Ländern, in denen eine entsprechende nationale Tradition besteht - wie z.B. Spanien (durch den Defensor del Pueblo und die regionalen Bürgerbeauftragten), Deutschland (durch die Petitionsausschüsse des Bundestags und der Landtage) oder Griechenland - detailliertere Petitionen ein als aus Frankreich oder dem Vereinigten Königreich.
Das Petitionsrecht
Aufgrund des Petitionsrechts, das in den Artikeln 21 und 194 des EG-Vertrags verankert ist, kann jeder Bürger der Europäischen Union sowie jede natürliche und juristische Person mit Wohnort oder satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat in Angelegenheiten, die in die Tätigkeitsbereiche der Gemeinschaft fallen, eine Petition an das Europäische Parlament richten. Petitionen können in schriftlicher Form kostenlos eingereicht und in jeder Amtssprache der EU abgefasst werden.
In der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments wird dieses Recht weiter ausgestaltet, da es als Mittel zur Stärkung der Beziehungen zwischen den Bürgern und ihren Vertretern auf EU-Ebene sowie als Garantie für die Teilhabe und Mitsprache beim politischen Entscheidungsprozess gilt. Inhaltlich wird diese Garantie in der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments sehr großzügig gehandhabt; es heißt darin ausdrücklich, dass Petitionen alle Angelegenheiten in sämtlichen Tätigkeitsbereichen der Union betreffen können und nicht auf Angelegenheiten beschränkt sind, die in die Tätigkeitsbereiche der Gemeinschaft fallen.
Von Ende Juni 2004 bis Ende Dezember 2005 gingen beim Parlament 1609 Petitionen ein. In ca. einem Drittel aller Fälle wurden die Petitionen für unzulässig erklärt, weil sie Angelegenheiten betrafen, die nicht in den Tätigkeitsbereich der EU fielen, und nicht etwa, weil der Ausschuss ihnen "nicht zustimmte"! Nützlich ist vielleicht auch der Hinweis, dass eine Petition für zulässig erklärt wird, wenn sie den Bestimmungen von Artikel 191 Absatz 1 entspricht - und nicht, weil der Ausschuss ihr zustimmt.
Es liegt auf der Hand, dass Petitionen wichtige Aufschlüsse über die Anwendung der europäischen Rechtsvorschriften geben und oftmals auf Mängel und Probleme bei der Umsetzung bzw. Durchführung hindeuten, wie sie sich für den europäischen Durchschnittsbürger darstellen. Als optimales Instrument für die Beobachtung der Durchführung der EU-Rechtsvorschriften auf nationaler Ebene lassen Petitionen in der Regel auch Aussagen darüber zu, wie es wirklich um die Erreichung der Zielsetzungen der EU bestellt ist. Darüber hinaus geben sie oftmals Hinweise auf Bereiche, in denen Maßnahmen der EU erforderlich sind, um die Bemühungen der nationalen Behörden zur Beseitigung rechtsfreier Räume zu unterstützen oder zu koordinieren (z.B. Biotechnologie).
In vielen Petitionen, die während des Berichtszeitraums eingingen, brachten die Bürger ihre Meinungen oder Ansichten über Tätigkeiten der EU zum Ausdruck. Es ist nicht verwunderlich, dass etliche Petitionen die mögliche Erweiterung der EU in Richtung Türkei und Balkan oder die Lage im Nahen Osten zum Gegenstand haben. Im Allgemeinen werden solche Petitionen nicht im Petitionsausschuss erörtert, sondern an die zuständigen außenpolitischen Ausschüsse des Parlaments oder an bestimmte Delegationen für die Beziehungen zu Drittländern weitergeleitet.
Ein bedeutender Prozentsatz der Petitionen betrifft Schwierigkeiten bei der Durchführung vorhandener EG-Richtlinien insbesondere in den Bereichen Umweltschutz, soziale Sicherheit und Anerkennung von Berufsabschlüssen sowie andere Aspekte der Funktionsweise des Binnenmarktes. In der Regel geben sie Hinweise auf Probleme der Unionsbürger, die sich aus der Art und Weise der nationalen Umsetzung von EU-Rechtsvorschriften ergeben, doch zuweilen liegt ihnen auch eine Fehlinterpretation der Verantwortlichkeiten der EU zugrunde. In Anbetracht dessen begrüßt es der Petitionsausschuss, dass die Kommission die Mitgliedstaaten durch Seminare, Leitlinien und Auslegungstexte bei der Umsetzung besonders komplizierter Richtlinien unterstützt. Dennoch sollten alle zuständigen europäischen Institutionen und insbesondere die Kommission noch stärkere Bemühungen unternehmen und insbesondere bei neuen Rechtsvorschriften eine bürgerfreundlichere Sprache verwenden, damit die Öffentlichkeit die Ziele und Vorhaben der EU besser versteht. Die Statistiken, darunter auch die Angaben im Anhang zu diesem Bericht, weisen darauf hin, dass die europäischen Bürger noch umfassender und besser über die Rechtsvorschriften und politischen Maßnahmen der EU sowie über ihr legitimes Recht auf Einreichung von Petitionen beim Europäischen Parlament aufgeklärt werden müssen. Dazu sind abgestimmte Bemühungen auf europäischer wie auch nationaler Ebene erforderlich.
Der Petitionsausschuss und der Europäische Bürgerbeauftragte
Der Petitionsausschuss übt die parlamentarische Kontrolle über die Tätigkeit des Europäischen Bürgerbeauftragten aus und arbeitet weiter an der Entwicklung konstruktiver Arbeitsbeziehungen zu dessen Dienststelle, um zu gewährleisten, dass die Rechte der europäischen Bürger von den Behörden geachtet werden und dass die Organe und Einrichtungen der EU den höchsten Verwaltungsstandards entsprechen.
Eine sehr wichtige Aufgabe für den Ausschuss und auch den Bürgerbeauftragten besteht darin, die Bürger besser über die unterschiedlichen Kompetenzen dieser beiden Einrichtungen zu informieren. Der Bürgerbeauftragte hat eingeräumt, dass die bei ihm eingehenden Beschwerden zum größten Teil Angelegenheiten betreffen, für die er nicht zuständig ist, so dass er sie an andere - oft nationale - Gremien oder an den Petitionsausschuss weiterleiten muss.
Im Jahr 2005 trat der derzeitige Bürgerbeauftragte Nikiforos Diamandouros nach seiner Wiederwahl (unter Federführung des Petitionsausschusses) seine zweite Amtszeit an, und zugleich jährte sich zum zehnten Mal der Tag der Gründung dieser Einrichtung. Der Bericht über die Tätigkeit des Europäischen Bürgerbeauftragten wurde dem Europäischen Parlament vom Petitionsausschuss am 10. Mai 2005 in Straßburg vorgelegt.
Im Berichtszeitraum legte der Europäische Bürgerbeauftragte dem Petitionsausschuss mehrere Sonderberichte vor, die ein Ergebnis seiner eigenen Untersuchungen waren und gegenwärtig noch in Bearbeitung sind, weil zu dreien davon dem Plenum ein Bericht unterbreitet werden soll. Sie betreffen folgende Themen:
- - Beschwerde 1857/2003/GG eines Presse- und Informationsreferenten - in diesem Falle beschloss der Ausschuss, keinen Bericht auszuarbeiten, sondern im Jahresbericht über die Tätigkeit des Bürgerbeauftragten dazu Stellung zu nehmen;
- - Beschwerde 2485/2004/GG betreffend Empfehlungen an das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) - in diesem Falle erteilte die Konferenz der Präsidenten keine Genehmigung für einen Bericht, da noch eine "Anhörung" mit dem Generaldirektor des OLAF und dem Bürgerbeauftragten ausstand;
- - Beschwerde 1391/2002/JMA betreffend den Vorwurf, dass die Europaschulen den sonderpädagogischen Bedürfnissen der Tochter der Beschwerdeführerin nicht gerecht werden (Berichterstatter: Proinsias de Rossa)
- - Beschwerde 2395/2003/GG betreffend die Frage, ob der Rat in seiner Eigenschaft als Gesetzgeber öffentlich tagen sollte (Berichterstatter: David Hammerstein).
Beziehungen zur Kommission
Der Petitionsausschuss stützte sich weiterhin auf die Dienststellen der Kommission, indem er sie um vorläufige Prüfungen zu einer großen Zahl zulässiger Petitionen ersuchte. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen werden vom Ausschuss in Form von Mitteilungen an die Mitglieder veröffentlicht, in denen insbesondere auf die Frage eingegangen wird, ob die betreffende Petition tatsächlich Hinweise auf einen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht enthält oder nicht. Da die Petenten häufig den Vorwurf einer nicht ordnungsgemäßen Umsetzung und Durchführung von EU-Recht durch nationale Behörden erheben, sind die Beziehungen zwischen dem Ausschuss und der Europäischen Kommission entscheidend für die Lösungssuche.
Die von der Kommission übermittelten Informationen werden in vielen Fällen durch eigene Untersuchungsergebnisse des Ausschusses und durch Aussagen der Petenten und anderer interessierter Parteien bei den Ausschusssitzungen ergänzt. Dies gilt vor allem dann, wenn der Ausschuss dem betreffenden Thema einen höheren Stellenwert beimisst.
Da sich die Bewertungen der Kommission oftmals überwiegend auf Informationen der nationalen Behörden stützen, haben sich die eigenen Untersuchungen des Ausschusses - so beispielsweise die Informationsbesuche gemäß Artikel 192 Absatz 3 - als besonders zweckmäßig erwiesen, weil durch sie ergänzende Angaben gewonnen werden, die oftmals auf potenzielle Verstöße gegen EG-Recht hinweisen, die die Kommission nicht aufgedeckt hatte (siehe unten). Deshalb hat der Ausschuss die Europäische Kommission auch angehalten, unabhängige Untersuchungen zu fordern, da sie zu weiteren Erkenntnissen führen können, die ein ausgewogeneres Herangehen an bestimmte Fragen ermöglichen.
Ungeachtet dessen und trotz der Tatsache, dass die Kommission gelegentlich recht routinemäßige und allgemein gehaltene Antworten gibt, in denen sie ihre Kompetenzen und Handlungsmöglichkeiten sehr eng auslegt, wird doch ihr Beitrag von allen Mitgliedern des Ausschusses hoch geschätzt.
Im neuen Rahmenabkommen über die Beziehungen zwischen dem Europäischen Parlament und der Kommission wird die Notwendigkeit eines verstärkten Dialogs zwischen den beiden Organen hervorgehoben, und dies gilt ganz besonders für die Arbeit des Petitionsausschusses, da es in den meisten Fällen um Politikbereiche geht, die unmittelbare Auswirkungen auf den Alltag der EU-Bürger haben.
Die Bedeutung von Petitionen für die Tätigkeit der Kommission im Bereich der Kontrolle der Anwendung des EU-Rechts wird noch nicht ausreichend anerkannt. (Siehe Stellungnahme und Arbeitsdokument von Diana Wallis im Namen des Ausschusses.) So hat es die Kommission in ihrem Jahresbericht über die Anwendung des Gemeinschaftsrechts wiederum unterlassen, die Rolle der Petitionen bei der Aufdeckung von Verstößen angemessen zu würdigen. Die in den Jahresberichten enthaltenen Daten erwecken den Eindruck, dass die Petitionen an das Europäische Parlament verglichen mit den Beschwerden an die Europäische Kommission von geringerer Bedeutung sind. In den mitgelieferten Statistiken werden Vertragsverletzungsverfahren, die aufgrund von parlamentarischen Anfragen und Petitionen eingeleitet wurden, ständig den Initiativverfahren der Kommission zugerechnet, wodurch der Beitrag der Petitionen zur Kontrolle der Anwendung des EG-Rechts abgewertet wird.
Das Nebeneinanderbestehen eines Beschwerde- und eines Petitionsverfahrens wirft eine Reihe weiterer Fragen auf, die im Entschließungsentwurf direkt angesprochen werden. Wie in der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. Juni 2003 (T5-0274/2003) herausgestellt wurde, wird die Situation problematisch, wenn ein Bürger zu ein und demselben Beschwerdegrund gleichzeitig eine Beschwerde bei der Kommission und eine Petition beim Parlament einreicht. Bei der Bearbeitung solcher Fälle ist mehr Kohärenz erforderlich. Ferner erscheint es dringend geboten, dass die Kommission ihre Entscheidungen zu Vertragsverletzungsfällen auf transparentere Weise trifft und Beschwerdeführer sowie Petenten (über den Petitionsausschuss) besser informiert. Die Verfahrensrechte von Beschwerdeführern und Petenten sind gegenwärtig nicht ausreichend, denn die Kommission verweigert systematisch die Offenlegung von Aufforderungsschreiben, mit Gründen versehenen Stellungnahmen, Antworten der betreffenden Mitgliedstaaten und sonstigen Schreiben, die im Vorverfahren ausgetauscht wurden, obwohl aufgrund der Rahmenabkommen theoretisch Verfahren für den Zugang von Mitgliedern zu heiklen Dokumenten vorhanden sind.
Häufig weiß der Ausschuss nicht, auf welcher Grundlage z.B. die Entscheidung getroffen wurde, ein Vertragsverletzungsverfahren einzustellen, während das diesbezügliche Petitionsverfahren noch anhängig ist. Die Kommission bleibt dabei, dass diese Entscheidungen keiner Prüfung unterzogen werden können. Dieser Mangel an Offenheit kann zu Spekulationen darüber führen, ob Verfahren möglicherweise mitunter auf der Grundlage von faulen Kompromissen und von Verhandlungen eingestellt werden und ob die Kommission vielleicht nicht konsequent auf der vollständigen Einhaltung des Buchstabens des Gesetzes beharrt. Da dadurch das Vertrauen der Öffentlichkeit in die EU-Organe untergraben wird, sollte der betreffende Rechtsrahmen2 gestärkt werden, und das Parlament hat die Pflicht, die Tätigkeit der Kommission zu kontrollieren.
Weiter verschlimmert wird diese Situation durch die steigende Zahl der so genannten "horizontalen Vertragsverletzungsverfahren", bei denen die Kommission ein ganzes Bündel ähnlicher Fälle nach Belieben zusammen behandelt. Beispielsweise gingen 1998 und 2000 Petitionen aus Irland über ganz spezifische Verstöße gegen EU-Rechtsvorschriften ein, die die Trinkwasserqualität in Kilkenny und Galway betrafen, und diese Petitionsverfahren sind immer noch anhängig, obwohl der Europäische Gerichtshof Irland wegen Verstoßes gegen die EU-Trinkwasserrichtlinie verurteilt hat. Den Petenten können keine klaren Auskünfte erteilt werden, und es gibt keine Anzeichen für Maßnahmen der zuständigen lokalen Behörden. Die Petenten liefern ständig aktualisierte Angaben über die schlechte Qualität des Trinkwassers, jedoch ohne Erfolg. Dies führt dazu, dass die betroffenen Bürger das Petitionsverfahren, die Kommission und die irischen Behörden mit Misstrauen betrachten, und das ganz zu Recht. Beziehungen zum Rat und zu den Mitgliedstaaten Vielleicht kann man sagen, dass Konflikte in den Beziehungen zwischen dem Ausschuss und den Mitgliedstaaten allein schon aufgrund des Charakters der Vorwürfe auftreten können, die in den eingehenden Petitionen erhoben werden. Das zeigt sich am obigen Beispiel. Daher muss deutlich herausgestellt werden, dass das oberste Ziel des Ausschusses darin besteht, die Probleme der betroffenen Bürger zu lösen, wenn sich ihre Beschwerden als berechtigt herausgestellt haben, und dass es ihm nicht darum geht, nationale oder regionale Verwaltungen anzuprangern oder vor Gericht zu bringen. Sollte dies dennoch eintreten, dann nur deshalb, weil alle anderen Bemühungen fehlgeschlagen sind.
Zwar nehmen Vertreter von Rat und Mitgliedstaaten (von einigen Mitgliedstaaten mehr als von anderen) an Sitzungen des Ausschusses teil, doch kann und muss die Zusammenarbeit prinzipiell weiter verstärkt werden. Wie wir gesehen haben, betreffen die Petitionen oftmals heikle politische Fragen im Zusammenhang mit der Durchführung der EU-Rechtsvorschriften, und der Rat kann einen entscheidenden Beitrag zur Gewährleistung von Unterstützung für die vorgeschlagenen Lösungen in den verschiedenen betroffenen Tätigkeitsbereichen der EU leisten. Man sollte meinen, dass das in seinem Interesse liegt.
Ein Abkommen, das den nationalen Behörden striktere Fristen für die Beantwortung individueller Unterstützungsersuchen des Petitionsausschusses setzt, würde eine tatsächliche Lösung wesentlich erleichtern. Die entsprechenden Fristvorgaben müssten natürlich in einem angemessenen Verhältnis zur Komplexität des angesprochenen Problems stehen.
Ebenso wichtig ist eine stärkere Zusammenarbeit der beiden Organe mit dem Ziel, die volle Beachtung der Rechte der Bürger in der täglichen Arbeit der öffentlichen Verwaltungen auf europäischer, nationaler, regionaler und lokaler Ebene durchzusetzen. Da die Durchführung der EU-Rechtsvorschriften zum großen Teil den Verwaltungen in den Mitgliedstaaten obliegt, ist es weiterhin dringend geboten, dass der Rat politische Impulse für eine wirksame und rasche Umsetzung gibt.
Jedoch stehen dem Europäischen Parlament und seinem Petitionsausschuss augenscheinlich nur begrenzte Mittel für die Kontrolle der Leistung der Exekutive zur Verfügung. Die jüngste Interinstitutionelle Vereinbarung gibt dem Parlament in dieser Hinsicht kein verbessertes Instrumentarium an die Hand. Es sind weitere Bemühungen erforderlich, um eine angemessene Lösung für diese Situation herbeizuführen.
Neuerungen bei der Arbeit des Petitionsausschusses Der Petitionsausschuss ist der Ansicht, dass er seine Funktion als Schnittstelle zwischen den Bürgern und den europäischen Institutionen weiter gefestigt hat. Er hat die Mitgliedstaaten in einer wachsenden Zahl von Fällen auf die Belange der europäischen Bürger aufmerksam gemacht. Hinzuzufügen ist, dass die Medien der Arbeit des Ausschusses im Berichtszeitraum zunehmende Aufmerksamkeit entgegengebracht haben, was belegt, dass die nationale und lokale Presse, der Rundfunk und das Fernsehen interessiert sind, wenn sich das Parlament deutlich sichtbar mit den Sorgen der Bürger befasst.
Aufgrund der Art seiner Tätigkeit kommt dem Petitionsausschuss eine spezielle (mitunter missverstandene) Rolle gegenüber den anderen Ausschüssen des Europäischen Parlaments zu. Er bemüht sich, umfassende Antworten auf die konkreten Fragen der Petenten zu geben, wobei er sich oftmals nicht auf die rein rechtliche Beurteilung beschränkt, die die Kommission vorlegt. Um seiner Rolle gerecht werden zu können, muss er häufig andere zuständige Ausschüsse des Parlaments hinzuziehen oder informieren. Dabei geht es ihm niemals darum, die Kompetenzen der anderen Ausschüsse in Frage zu stellen oder an sich zu reißen, sondern lediglich um die Zusammenarbeit.
Eine weitere Aufgabe des Ausschusses ist die Suche nach optimalen Verfahren, durch die die Prüfung von Petitionen beschleunigt und die Transparenz sowie das Tempo der Bearbeitung gesteigert werden können. Momentan enthält die Website des Europäischen Parlaments einen schnellen Link, über den man zum Verfahren für die Einreichung einer Petition per E-Mail sowie zu den Tagesordnungen und Dokumenten der Ausschusssitzungen gelangt. Der Ausschuss verfügt über eine eigene Intranet-Seite, die ebenfalls im Interesse aller Mitglieder aktualisiert wurde.
Die Weitergabe von Informationen innerhalb des Europäischen Parlaments wurde durch die Installation der e-Petition-Software erheblich erleichtert. Das e-Petition-System ist das erste workflowgestützte System im Europäischen Parlament, das auf der neuen (und übermäßig komplizierten) Documentum-Software beruht. Es speichert die Petitionsakten, die die wichtigsten Daten zu den einzelnen Fällen enthalten, und legt sie zusammen mit allen relevanten Dokumenten ab, die während der Prüfung der Petition durch den Ausschuss anfallen. Außerdem verwaltet es die Akten und Dokumente zu den Petitionen, unterstützt die Vorgangsbearbeitung und enthält ein Suchwerkzeug, das speziell für die Mitglieder des Ausschusses bestimmt ist und ein rasches Auffinden von Akten und Dokumenten anhand verschiedener Parameter ermöglicht. Somit schafft das System weit mehr Transparenz und bietet einen wesentlich besseren Zugriff auf die Informationen, die die Mitglieder für ihre Arbeit im Petitionsausschuss benötigen.
Alle grundlegenden Daten aus dem zuvor verwendeten System Repere, das aus dem Jahre 1989 stammte, wurden nach e-Petition transferiert, obwohl sie vom Format und Inhalt her weniger umfangreich sind als die neuen Daten. Somit kann jetzt über e-Petition auf grundlegende Informationen zu sämtlichen früheren Petitionen zugegriffen werden. Priorität wurde den Tagesordnungspunkten bevorstehender Sitzungen eingeräumt, damit die Mitglieder problemlos an die Vorgeschichte und an alle Daten zum jeweiligen Fall herankommen. Nach und nach werden alle neuen Petitionen eingescannt und zusammen mit weiteren Informationen wie Name des Petenten, Datum der Registrierung, zulässig/unzulässig, offen/abgeschlossen, betroffenes Land sowie ergänzende Unterlagen in das System eingegeben. Zusammenfassungen, Empfehlungen und Mitteilungen an die Mitglieder sind über e-Petition zugänglich, sobald sie fertig vorliegen und übersetzt sind.
Informationsbesuche:3
Der Petitionsausschuss ist - wie auch alle anderen Ausschüsse - befugt, Delegationsbesuche außerhalb der normalen Arbeitsorte des Europäischen Parlaments durchzuführen. Artikel 192 enthält jedoch eine spezifische Bestimmung, die es ihm ermöglicht, Untersuchungen zu Petitionen "an Ort und Stelle" durchzuführen. Daher werden im Rahmen der jährlich vom Präsidium genehmigten Parameter gelegentlich Informationsbesuche durchgeführt, bei denen maximal drei Mitglieder die von den Petenten angesprochenen Probleme vor Ort untersuchen. Diesen Besuchen geht stets eine eingehende Erörterung der Problematik im Ausschuss und eine konkrete Festlegung der Zielsetzungen voraus.
Sie machen es dem Ausschuss wesentlich leichter, in Zusammenarbeit mit allen interessierten Parteien Lösungen für komplexe Probleme zu erarbeiten.
Der Ausschuss ist der Auffassung, dass den Delegationen bei diesen Besuchen keine MdEP aus den besuchten Ländern angehören sollten, obwohl "nationale" MdEP von Amts wegen an den meisten Sitzungen teilnehmen können. Dadurch soll so weit wie möglich verhindert werden, dass lokale Interessen die Problemlösung beeinflussen. Für die Berichte über diese Besuche sind die offiziellen Mitglieder der jeweiligen Delegationen zuständig. In der Regel werden diese Berichte, die auch Empfehlungen enthalten, nach einer Aussprache vom gesamten Ausschuss bestätigt.
Das bedeutendste vom Ausschuss untersuchte Problem, dem auch die beiden Informationsbesuche galten, war die schwer wiegende Missachtung der Rechte privater Grundstücksbesitzer infolge der ungezügelten Urbanisierung in der spanischen Autonomen Region Valencia, die von Bürgermeistern und skrupellosen Bauunternehmern vorangetrieben wird. Nach dem ersten Informationsbesuch in Spanien (25.-29. Mai 2004) lautete die Schlussfolgerung des Berichts (vom Ausschuss im Juli 2004 angenommen), dass die elementarsten Rechte Tausender europäischer Bürger im Zuge der Anwendung eines Gesetzes missachtet worden waren. Dieses Gesetz, unter der Abkürzung LRAU bekannt, begründet die - von den Behörden nicht einheitlich durchgesetzte - Pflicht zur Erschließung sämtlicher Grundstücke, die von den kommunalen Behörden als "Bauland" ausgewiesen werden, wobei die Behörden mit eigennützigen Bauunternehmern zusammenarbeiten (um es höflich auszudrücken). Die Grundstückseigentümer sind gezwungen, 10% ihres Landes entschädigungslos als Beitrag zur Schaffung von Infrastrukturen oder unbenutzter Flächen im Rahmen eines Entwicklungsprojekts abzutreten. Sie sind ferner verpflichtet, entweder in Form von Land oder Bargeld bis zu 65% des Wertes zuzuschießen, der aufgrund von Bewertungen voraussichtlich für die Baukosten der gesamten Infrastruktur der Bauerschließungsregion anfallen wird.
Im Dezember 2005 nahm das Europäische Parlament mit überwältigender Mehrheit den Bericht des Ausschusses zu diesem Thema an, in dem diese Situation scharf kritisiert wurde.
Die Arbeit des Ausschusses trug dazu bei, dass die Kommission gegen Spanien ein Vertragsverletzungsverfahren wegen Nichtanwendung der EU-Richtlinie über die öffentliche Auftragsvergabe einleitete. Weitere wichtige Fragen, die der Ausschuss zur Sprache brachte, waren die allgemeinen Umweltauswirkungen derartiger Erschließungsprojekte auf ein fragiles Ökosystem und die ohnehin problematische Wasserversorgung. Im Endeffekt schlossen sich mehr als 15 000 europäische Bürger den ursprünglichen Petitionen zu diesem Thema an. Die heftige Kritik des Parlaments wurde von großen Teilen der europäischen Presse kommentiert. Dennoch ist das Problem für die vielen Betroffenen, die ihrer Grundstücke und ihrer Rechte beraubt wurden, noch nicht gelöst, und es wird weiter darauf hingearbeitet, dass sie Wiedergutmachung erhalten. Zwar wurde ein neues Gesetz (LUV) erlassen, doch entspricht es nicht den berechtigten Erwartungen der Bürger und lässt eine Reihe maßgeblicher Faktoren außer Acht, die zu dieser massiven Missachtung von Rechten geführt haben.
Eine weitere Frage, die durch eine Informationsreise in der vergangenen Wahlperiode geklärt werden sollte, betraf den Bau des finnischen Hafens Vuosaari (873/2002). Es war festgestellt worden, dass die finnischen Behörden wichtige Bestimmungen der Habitat-Richtlinie und der Vogelschutz-Richtlinie missachtet hatten. Die Kommission gab dem Ausschuss nicht nur eine unzureichende Begründung für ihre Entscheidung, ihre Untersuchung zu der diesbezüglichen Beschwerde abzuschließen, sondern ignorierte auch überzeugende Beweise für Verstöße gegen die Habitat-Richtlinie, die der Ausschuss bei einer Informationsreise vor Ort gesammelt hatte.
In einer Stellungnahme des Umweltausschusses, die der Ausschuss beantragt hatte, wurden die im Bericht dargelegten Ergebnisse des Informationsbesuchs bestätigt und überdies gewichtige Argumente für eine intensive Bearbeitung des Falles vorgebracht, der noch immer nicht abgeschlossen ist.
Als höchst konstruktiv erwiesen sich auch zwei Informationsbesuche in Italien, die im vergangenen Jahr stattfanden. Dabei ist besonders der zweite Besuch in der Region Turin und Val i Susa hervorzuheben, bei dem die Vorwürfe der Petenten hinsichtlich der Auswirkungen der Eisenbahnverbindung Lyon-Turin auf ihre Gemeinde untersucht wurden. Er ermöglichte es den Mitgliedern, Einfluss auf die Situation zu nehmen, und - wie sie hoffen - die italienischen Behörden zu einer eingehenderen Umweltverträglichkeitsprüfung anzuhalten. Dennoch ist dieses Problem keinesfalls geklärt und soll in Zusammenarbeit mit Kollegen im Verkehrs- und im Umweltausschuss einer Lösung zugeführt werden.
Weitere bedeutende Fälle
Die Tätigkeit des Petitionsausschusses ist darauf gerichtet, optimale Wege zu einer zufrieden stellenden Lösung der Probleme zu finden, die die Bürger an ihn herantragen. Bei seinen Bemühungen, den Anliegen der Bürger gerecht zu werden, darf er keine falschen Erwartungen wecken und muss zugleich den politischen Gesamtkontext berücksichtigen. Eine konstruktive Zusammenarbeit mit den nationalen/lokalen Behörden führt oft zu produktiven Ergebnissen, was vor allem dann zutrifft, wenn auf beiden Seiten der Wunsch besteht, Unregelmäßigkeiten bei der Tätigkeit der EU und bei der Wahrnehmung der Pflichten der Mitgliedstaaten zu beseitigen. Es muss jedoch gesagt werden, dass die Mitgliedstaaten und die lokalen Behörden nur allzu oft nicht bereit sind, auf die begründeten Forderungen des Parlaments einzugehen; daher müssen spezifischere Verfahren ins Auge gefasst werden, damit das Problem ohne Anrufung des Europäischen Gerichtshofs gelöst werden kann. Es folgen einige Beispiele.
Erwähnenswert ist eine weitere Petition, die die nicht ordnungsgemäße Anwendung von EG-Umweltrichtlinien betrifft, und zwar Petition 127/98 von Frau Andrea Atzori (Italienerin).
Sie wies auf mögliche Verstöße gegen gemeinschaftliche Umweltvorschriften im Zusammenhang mit einem Bauvorhaben im Gebiet "Is Arenas" hin, einem geschützten Küstenstreifen auf Sardinien, der von Italien als Gebiet von gemeinschaftlichem Interesse für die Aufnahme in das Natura-2000-Netz gemäß Richtlinie 92/43/EWG über die natürlichen Lebensräume vorgeschlagen wurde. Außerdem ist das Gebiet auch als Feuchtgebiet im Rahmen des Ramsar-Übereinkommens ausgewiesen. Die Regionalbehörden erteilten die Genehmigung für einen Golfplatz mit neun Löchern, ohne eine Umweltverträglichkeitsprüfung gemäß Richtlinie 85/337/EWG vorgenommen zu haben.
Nachdem die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitete hatte, beantragte Italien zuerst die völlige und später die teilweise Streichung von "Is Arenas" aus der Liste der vorgeschlagenen Natura-2000-Gebiete. Am 19. April 2005 beauftragte die Kommission einen unabhängigen Sachverständigen mit der Prüfung des von Italien gestellten Antrags auf Verkleinerung der in das Natura-2000-Netz aufzunehmenden Fläche. Ausgehend von seinen Empfehlungen zog sie den Schluss, dass eine Änderung der Grenzverläufe nicht akzeptabel sei.
Im Zusammenhang mit diesem Fall, der an sich schon von Bedeutung ist (und dessen Bearbeitung schon viel zu lange dauert), möchte der Petitionsausschuss darauf hinweisen, dass die Kommission öfter solche unabhängigen Vor-Ort-Untersuchungen in Auftrag geben sollte.
Was Italien anbetrifft, so gingen außerdem seit den neunziger Jahren mehrere Petitionen von dort lebenden Bürgern anderer Mitgliedstaaten ein, die an italienischen Universitäten tätig sind - so genannte "lettori". Infolge eines diesbezüglichen Gerichtshofsurteils sollen jetzt finanzielle Sanktionen gegen Italien verhängt werden; aber auch in diesem Fall hat es viel zu lange gedauert, bis dieser Stand der Dinge erreicht wurde.
Vor kurzem hat das Parlament den Bericht des Ausschusses über die Beschlagnahme von Fahrzeugen durch die griechischen Behörden angenommen. Dieses Thema war auch in dem gesamten Zeitraum, den dieser Bericht abdeckt, ausführlich erörtert worden, und zwar unter Hinzuziehung der Petenten und der griechischen Behörden. Da die Behörden das den Petenten geschehene Unrecht nicht wiedergutmachten, übte das Parlament in seiner Entschließung institutionelle Kritik und forderte erneut eine Entschädigung der Betroffenen.
Die Petitionen zum Niedergang der "Equitable Life" (611/2004 und 029/2005) deuteten auf weitere komplexe Probleme bei der Funktionsweise des europäischen Finanzdienstleistungssektors hin. Die Verstöße gegen EU-Rechtsvorschriften, die der britischen Regierung vorgeworfen werden, hatten finanzielle Verluste für mehr als eine Million Versicherungsnehmer in ganz Europa zur Folge, von denen viele für ihre Altersvorsorge in das Unternehmen investiert hatten. Die Kommission erklärte hierzu, dass sie in solchen Fällen keine Erklärung zum Inhalt und zur Anwendung des früheren Regulierungssystems abgeben könne, da es das Ziel von Vertragsverletzungsverfahren sei, die Vereinbarkeit von nationalem Recht mit Gemeinschaftsrecht herzustellen oder wiederherzustellen und nicht, über die mögliche frühere Unvereinbarkeit eines einzelstaatlichen Gesetzes zu richten, das seither verändert oder ersetzt worden ist. Der Ausschuss war jedoch mit dieser Antwort nicht zufrieden. Seiner Ansicht nach hindert die Kommission nichts daran, in der Vergangenheit liegende Vertragsverletzungen zu untersuchen, insbesondere wenn Bürger durch diese erhebliche Schäden erlitten haben. Er empfahl die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses.
Ein weitere Dauerbrenner aus dem Finanzdienstleistungssektor sind die Lloyd"s-Petitionen, von denen die erste bereits 1997 einging. Wie bei den obigen Fällen sah sich die Kommission nicht in der Lage, sich zu früheren Vorkommnissen zu äußern, aber das Parlament konnte trotzdem eine beachtliche Menge an Informationen beschaffen, die zum Teil im Zuge der 2001 eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren ans Tageslicht kamen. Sie wurden den Petenten zur Verfügung gestellt, die ihre Forderungen noch vor den britischen Gerichten durchsetzen wollen.
Bei der Prüfung der Lloyd"s-Petitionen zeigte sich, wie kompliziert und umstritten das Petitionsverfahren sein kann. Dieser Fall gab auch Anlass zu weit ernsteren Überlegungen über den Umgang der Institution mit vertraulichen Petitionen. Infolgedessen überprüft der Ausschuss derzeit seine Verfahren, um ordnungsgemäße Garantien für Petenten zu gewährleisten, die um anonyme Behandlung ihrer Petition bitten. Es ist von größter Wichtigkeit, dass die Petenten über angemessene rechtliche Garantien gegen eine nicht genehmigte Offenlegung verfügen.
Schlussfolgerungen:
Dieser Bericht kann lediglich einen allgemeinen Überblick über die Arbeit des Ausschusses geben, wobei einige Beispiele für die Art und die Behandlung der aufgeworfenen Fragen angeführt werden. Die Petitionen weisen im Hinblick auf Form, Umfang und Komplexität eine große Vielfalt auf. Viele können auch ohne eingehende Diskussion im Ausschuss ordnungsgemäß bearbeitet werden, andere, denen der Ausschuss größeres Gewicht beimisst, werden im Ausschuss und oftmals im Beisein der Petenten erörtert. Interessierte Mitglieder können gern auf der Website des Ausschusses nach weiteren Beispielen und Informationen suchen oder die Listen der Sitzungsdokumente zu Rate ziehen, die für alle Sitzungen vorbereitet werden.
Als Berichterstatter halte ich es für wichtig, auf Folgendes hinzuweisen:
Mit nur 25 Mitgliedern ist der Ausschuss angesichts der an ihn gerichteten immer zahlreicheren Anfragen zur Zeit zu klein. Nicht alle Mitgliedstaaten sind im Ausschuss vertreten, was dazu führt, dass Petitionen von Bürgern aus Mitgliedstaaten, aus denen kein Mitglied anwesend ist, gelegentlich weniger gut behandelt werden können. Deshalb ist es erforderlich, den Ausschuss erheblich zu vergrößern. Ziel des Vorschlags ist es, eine besser begründete Lösung für die Anliegen der Bürger zu gewährleisten. Ebenso wichtig ist es, dass die Fraktionen in der Lage sind, ihre eigene Wahlfreiheit in Bezug auf ihre Mitglieder im Ausschuss zu behalten, und dass ein ausreichender Grad an Flexibilität gewahrt bleibt. Deshalb ist es unseres Erachtens am besten, diesen Änderungsvorschlag in die Form einer Empfehlung zu kleiden. Eine Änderung bei den Mitgliedern könnte Ende 2006 beschlossen werden, wenn die Fraktionen die Zusammensetzung jedes parlamentarischen Ausschusses für die zweite Hälfte der Wahlperiode überdenken.
Der Ausschuss tut sein Bestes, um mit den ihm zur Verfügung stehenden politischen Mitteln für Bürgernähe zu sorgen und eine Lösung oder Klärung der vielen in die Tätigkeitsbereiche der Europäischen Union fallenden Fragen herbeizuführen, die ihm zur Kenntnis gebracht werden. Mitunter ist vielleicht sein Bestes nicht gut genug, um allen wahrgenommenen Mängeln abzuhelfen, doch als Vertragsorgan - und Organ jeder künftigen Verfassung - ist er ein grundlegendes und äußerst bedeutsames demokratisches Instrument, das gefördert, geschützt und bewahrt werden muss.
2 Verordnung 1049/2001 über den Zugang zu Dokumenten.
3 Im Berichtszeitraum wurden Delegationen nach Spanien (Valencia 25.-29.5.2004, Valencia und Madrid 30.53.6.2005), nach Italien (Pistoia 14.-16.2.2005, Turin, Val Susa 27.-29.11.2005) und ins Vereinigte Königreich (Edinburgh und London 7.-10.11.2005) entsandt.
Anlage I
Zahl der jedes Jahr beim Europäischen Parlament eingegangenen Petitionen
Jahr | Gesamtzahl | Zulässig | Unzulässig |
2000 | 908 | 578 | 330 |
2001 | 1132 | 812 | 320 |
2002 | 1601 | 1186 | 415 |
2003 | 1315 | 858 | 457 |
2004 | 1002 | 623 | 379 |
2005 | 1032 | 628 | 318 |
Anlage II
Tätigkeit des Petitionsausschusses in der laufenden Sitzungsperiode (1. JULI 2004 - 31. DEZEMBER 2005):
Anmerkungen (Angaben nur in einer Sprache verfügbar) | ||
I. | Zahl der eingegangenen Petitionen: | 1609 |
II. | Zahl der Punkte auf der Tagesordnung des Ausschusses: | 778 |
III. | A-Punkte | 481 |
IV. | B-Punkte | 297 |
Verfahren
Titel | Beratungen des Petitionsausschusses in der Sitzungsperiode März 2004 - Dezember 2005 |
Verfahrensnummer | 2005/2135(INI) |
Federführender Ausschuss | PETI |
Datum der ?? im Plenum | 04.07.2005 |
Mitberatender Ausschuss | |
Datum der Bekanntgabe im Plenum | |
Verstärkte Zusammenarbeit | |
Datum der Bekanntgabe im Plenum | |
Berichterstatter | Michael Cashman |
Datum der Benennung | 24.1.2006 |
Ersetzte(r) Berichterstatter(in/innen) | |
Prüfung im Ausschuss | 21.3.2006 25.4.2006 3.5.2006 |
Datum der Annahme | 3.5.2006 |
Ergebnis der Schlussabstimmung | +: 15 |
-: 0 | |
0: 0 | |
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder | Marcin Libicki, Marie Panayotopoulos-Cassiotou, Robert Atkins, Carlos Joséé Iturgaiz Angulo, Mairead McGuinness, Manolis Mavrommatis, Marie-Hélène Descamps, Michael Cashman, Inées Ayala Sender, Manuel Medina Ortega, Luciana Sbarbati, Ignasi Guardans Cambó, Graham Watson, David Hammerstein Mintz, Roger Helmer, |
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende(r) Stellvertreter(in/innen) | |
Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende(r) Stellv. (Art. 178 Abs. 2) | |
Datum der Einreichung | 10.5.2006 |
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