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JVollzGB - Justizvollzugsgesetzbuch
Gesetzbuch über den Justizvollzug in Baden-Württemberg
- Baden-Württemberg -
Vom 10. November 2009
(GBl. Nr. 19 vom 17.11.2009 S. 545; 25.01.2012 S. 65; 20.11.2012 S. 581 12 Inkrafttreten; 01.12.2015 S. 1047 15; 21.05.2019 S. 189 19; 19a; 19b; 19c; 19d; 17.12.2020 S. 1 21; 21a; 21b; 21c; 21d; 26.07.2022 S. 410 22; 22a; 22b; 22c; 22d)
Buch 1 12 22
Gemeinsame Regelungen und Organisation
(JVollzGB I)
Abschnitt 1
Anwendungsbereich und Aufgaben
§ 1 Anwendungsbereich 12 21 22
(1) Dieses Gesetz regelt den Vollzug
(2) Die Regelungen der Strafprozessordnung (StPO) zur Vollziehung der Untersuchungshaft, namentlich zur Abwehr einer Flucht-, Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr (§ 119 StPO), sowie die Vorschriften über die Kontaktsperre (§§ 31 bis 38a des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz) bleiben unberührt.
(3) Für den Vollzug der Haft oder Unterbringung nach § 127b Absatz 2, § 230 Absatz 2, § 236, § 275a Absatz 6, § 329 Absatz 3, § 412 Satz 1 und § 453c Absatz 1 StPO und bei Haft auf Grund vorläufiger Festnahme, die in einer Justizvollzugsanstalt vollzogen wird, sowie für die einstweilige Unterbringung nach § 126a StPO, soweit diese vorübergehend in einer Justizvollzugsanstalt vollzogen wird, gelten die Vorschriften über den Vollzug der Untersuchungshaft entsprechend, soweit nicht die Eigenart der Unterbringung oder der Haft entgegenstehen. Der Vollzug der einstweiligen Unterbringung in einer Justizvollzugsanstalt ist nur für einen Zeitraum von längstens bis zu 24 Stunden und nur dann zulässig, wenn eine sofortige Überführung in ein psychiatrisches Krankenhaus oder eine Entziehungsanstalt nicht möglich ist; in diesem Fall sind alle Sicherungsmaßnahmen zu treffen, die sich aus dem Zweck der Anordnung der einstweiligen Unterbringung ergeben.
(4) Der Vollzug der Zivilhaft (Ordnungs-, Sicherungs-, Zwangs- und Erzwingungshaft) richtet sich nach den entsprechenden Vorschriften des Strafvollzugsgesetzes.
(5) Der Vollzug der Zurückweisungs- und Abschiebungshaft richtet sich, soweit dieser im Wege der Amtshilfe in einer Justizvollzugsanstalt erfolgt, nach § 422 Absatz 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.
(6) Die Vorschriften über den Vollzug der Aus-, Durch-, und Rücklieferungshaft nach § 27 Absatz 1, § 45 Absatz 6 und § 68 Absatz 4 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen und der Haft nach § 12 Absatz 1 des Überstellungsausführungsgesetzes bleiben unberührt.
(1) Die kriminalpräventive Zielsetzung des Strafvollzugs und des Jugendstrafvollzugs in Baden-Württemberg liegt im Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor weiteren Straftaten. Strafvollzug und Jugendstrafvollzug leisten einen Beitrag für die Eingliederung der Gefangenen in die Gesellschaft, die innere Sicherheit und für den Rechtsfrieden.
(2) Der Vollzug der Untersuchungshaft dient dem Zweck, durch sichere Unterbringung der Untersuchungsgefangenen die Durchführung eines geordneten Strafverfahrens zu gewährleisten und eine spätere Strafvollstreckung sicherzustellen.
(3) Der Vollzug der Sicherungsverwahrung dient dem Ziel, die Gefährlichkeit der Untergebrachten für die Allgemeinheit so zu mindern, dass die Vollstreckung der Unterbringung möglichst bald zur Bewährung ausgesetzt oder für erledigt erklärt werden kann. Im Vollzug der Sicherungsverwahrung sollen die Unter gebrachten fähig werden, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen. Der Vollzug der Sicherungsverwahrung bezweckt zugleich den Schutz der Allgemeinheit vor erheblichen Straftaten.
Abschnitt 2
Grundsätze der Unterbringung
§ 3 Grundsätze zum Vollzug der Haftarten 12
(1) Die Freiheitsstrafe und der Strafarrest werden in Justizvollzugsanstalten des Landes vollzogen.
(2) Die Untersuchungshaft wird in besonderen Justizvollzugsanstalten, in Teilanstalten, Außenstellen oder Abteilungen von Justizvollzugsanstalten vollzogen.
(3) Die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung wird in besonderen Justizvollzugsanstalten, in Teil- anstalten, Außenstellen oder Abteilungen von Justizvollzugsanstalten (Einrichtungen der Sicherungsverwahrung) vollzogen.
(4) Die Jugendstrafe wird in besonderen Justizvollzugsanstalten, in Teilanstalten oder Außenstellen von Justizvollzugsanstalten (Jugendstrafanstalten) oder in besonderen Abteilungen von Justizvollzugsanstalten vollzogen.
(5) Das Justizministerium bestimmt im Einvernehmen mit dem Sozialministerium die für den Jugendstrafvollzug in freier Form zugelassenen Einrichtungen. Während der Unterbringung im Jugendstraf- vollzug in freier Form besteht das Vollzugsverhältnis der Gefangenen zur Justizvollzugsanstalt fort.
(1) Frauen sind getrennt von Männern in besonderen Justizvollzugsanstalten für Frauen oder in getrennten Abteilungen in Justizvollzugsanstalten für Männer unterzubringen. Sie sind auch sonst von den männlichen Gefangenen und männlichen Untergebrachten getrennt zu halten.
(2) Untersuchungsgefangene sollen soweit möglich von anderen Gefangenen, insbesondere Strafgefangenen, getrennt gehalten werden. Mit ihrer Zustimmung darf hiervon abgewichen werden.
(3) Der Vollzug der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung erfolgt vom Strafvollzug getrennt in Einrichtungen nach § 3 Absatz 3. Von einer getrennten Unterbringung nach Satz 1 darf ausnahmsweise abgewichen werden
Die Unterbringungsbedingungen sollen sich im Rahmen der vorhandenen Gegebenheiten von denen der Strafgefangenen unterscheiden, soweit dies mit der Aufgabenerfüllung der aufnehmenden Anstalt vereinbar ist. Im Übrigen bleiben die Rechte der Untergebrachten nach diesem Gesetz unberührt.
(4) Im Jugendstrafvollzug sollen Jugendliche, Heranwachsende und junge Erwachsene (junge Gefangene) getrennt untergebracht und altersgemäß erzogen werden. Die sozialtherapeutische Behandlung junger Gefangener erfolgt in einer Außenstelle einer sozialtherapeutischen Anstalt oder in gesonderten Abteilungen von Jugendstrafanstalten. Die Unterbringung von jungen weiblichen Gefangenen erfolgt in getrennten Abteilungen einer Justizvollzugsanstalt für Frauen oder einer Jugendstrafanstalt für junge männliche Gefangene.
(5) Soweit junge Gefangene, ohne vom Jugendstrafvollzug ausgenommen zu sein, aus besonderen Gründen in Justizvollzugsanstalten gemeinsam mit Erwachsenen untergebracht sind, sollen sie von den anderen Gefangenen getrennt werden. Der Vollzug erfolgt nach den Vorschriften dieses Gesetzes über den Jugendstrafvollzug.
(6) Von der Trennung nach den Absätzen 1 und 3 bis 5 darf abgewichen werden, soweit es erforderlich ist, Gefangenen oder Untergebrachten die Teilnahme an Beschäftigungs-, Behandlungs- und Erziehungsmaßnahmen sowie Freizeitangeboten und Angeboten der Religionsausübung zu ermöglichen. Junge Gefangene sind vor schädlichen Einflüssen zu schützen.
(7) Beim Vollzug der Untersuchungshaft darf von der getrennten Unterbringung nach den Absätzen 1 und 2 abgesehen werden, um es Untersuchungsgefangenen zu ermöglichen, zu arbeiten oder an Bildungsmaßnahmen oder Freizeitangeboten teilzunehmen. Ausnahmen von der getrennten Unterbringung nach Absatz 2 sind darüber hinaus zulässig
(8) Während eines Transports zur Durchführung einer Verlegung, Überstellung, Ausantwortung oder Vorführung von in der Sicherungsverwahrung Untergebrachten darf von der Trennung nach Absatz 3 Satz 1 abgewichen werden.
§ 5 Differenzierung
(1) Für den Vollzug der Freiheitsstrafe und der Jugendstrafe sind Haftplätze in verschiedenen Justizvollzugsanstalten oder Abteilungen vorzusehen, in denen eine auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Gefangenen abgestimmte Behandlung gewährleistet ist.
(2) Justizvollzugsanstalten des geschlossenen Vollzugs sehen eine sichere Unterbringung vor, Einrichtungen des offenen Vollzugs keine oder nur verminderte Vorkehrungen gegen Entweichungen.
§ 6 Gestaltung der Justizvollzugsanstalten 12 15
(1) Justizvollzugsanstalten sind entsprechend ihrem Zweck und den jeweiligen Erkenntnissen der Erfordernisse eines zeitgemäßen Justizvollzugs auszugestalten. Völkerrechtlichen Vorgaben und den internationalen Standards mit Menschenrechtsbezug, wie sie in den von den Vereinten Nationen oder Organen des Europarats beschlossenen einschlägigen Richtlinien und Empfehlungen enthalten sind, ist Rechnung zu tragen.
(2) Justizvollzugsanstalten sollen eine bedarfsgerechte Anzahl und Ausstattung von Plätzen insbesondere für therapeutische Maßnahmen, für Maßnahmen der Beschäftigung, Freizeit, Sport und Seelsorge vorsehen. Sie sollen so gegliedert werden, dass die Gefangenen und Untergebrachten in überschaubaren Betreuungs- und Behandlungsgruppen zusammengefasst werden können. Die Gestaltung von Einrichtungen der Sicherungsverwahrung muss therapeutischen Erfordernissen entsprechen und Wohngruppenvollzug ermöglichen. Die besonderen Belange von Gefangenen und Untergebrachten mit Migrationshintergrund sind zu berücksichtigen. Insbesondere ist soziokulturellen und religiösen Bedürfnissen Rechnung zu tragen.
(3) Um die Entlassung aus dem Strafvollzug oder Jugendstrafvollzug vorzubereiten, sollen den geschlossenen Justizvollzugsanstalten offene Einrichtungen angegliedert oder zugeordnet oder gesonderte offene Justizvollzugsanstalten vorgesehen werden.
§ 7 Festsetzung der Belegungsfähigkeit 12
(1) Die Aufsichtsbehörde setzt die Belegungsfähigkeit der Justizvollzugsanstalten fest. Sie geht dabei von der Grundfläche der Hafträume ohne Einbeziehung der Fläche der Sanitäreinrichtungen (Nettogrundfläche) aus. Die Aufsichtsbehörde berücksichtigt, dass eine ausreichende Anzahl von Plätzen für Arbeit, Ausbildung und Weiterbildung sowie von Räumen für Seelsorge, Freizeit, Sport, therapeutische Maßnahmen und Besuche zur Verfügung steht.
(2) In Justizvollzugsanstalten, mit deren Errichtung vor Inkrafttreten dieses Gesetzes begonnen wurde, haben Gemeinschaftshafträume bei Doppelbelegung eine Nettogrundfläche von mindestens 4,5 Quadratmetern, bei einer höheren Belegung mindestens sechs Quadratmeter je Gefangener oder Gefangenem aufzuweisen. Für An- und Zubauten bei Anstalten nach Satz 1, mit deren Errichtung nach Inkrafttreten dieses Gesetzes begonnen wurde, gilt Absatz 3 entsprechend.
(3) Bei Justizvollzugsanstalten, mit deren Errichtung nach Inkrafttreten dieses Gesetzes begonnen wurde, ist im geschlossenen Vollzug eine Einzelunterbringung der Gefangenen zur Ruhezeit zugrunde zu legen. Einzelhafträume haben eine Nettogrundfläche von mindestens neun Quadratmetern, Gemeinschaftshafträume von mindestens sieben Quadratmetern je Gefangener oder Gefangenem aufzuweisen.
(4) Gemeinschaftshafträume müssen über eine baulich abgetrennte und entlüftete Sanitäreinrichtung verfügen, falls nicht ein ständiger Zugang zu einer Toilette außerhalb des Haftraums besteht.
(5) Im geschlossenen Vollzug ist eine gemeinschaftliche Unterbringung von mehr als sechs Gefangenen nicht zulässig.
(6) In Einrichtungen der Sicherungsverwahrung haben Zimmer der Untergebrachten eine Nettogrundfläche in Höhe der doppelten Quadratmeterzahl der für Gefangene in einem Gemeinschaftshaftraum nach Absatz 3 vorgesehenen Fläche.
§ 8 Belegung der Hafträume
(1) Hafträume dürfen nicht mit mehr Personen als zugelassen belegt werden. Über Ausnahmen entscheidet die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde.
(2) Die Mehrfachunterbringung in einem Haftraum entgegen § 7 Abs. 4 sowie bei Unterschreiten der Mindestfläche je Gefangenem bei vor Inkrafttreten dieser Vorschrift errichteten Justizvollzugsanstalten ist nur mit schriftlicher Zustimmung der Gefangenen zulässig. Die Zustimmung kann jederzeit schriftlich oder zur Niederschrift der Vollzugsgeschäftsstelle widerrufen werden.
§ 9 Ausgestaltung der Räume und Kostenbeteiligung 12
(1) Räume für den Aufenthalt während der Ruhe- und Freizeit sowie Gemeinschafts- und Besuchsräume sind wohnlich oder sonst ihrem Zweck entsprechend auszustatten. Sie müssen hinreichend Luftinhalt haben und für eine gesunde Lebensführung ausreichend mit Heizung und Lüftung sowie Fensterfläche ausgestattet sein.
(2) Die Gefangenen und Untergebrachten können an den Betriebskosten der in ihrem Besitz befindlichen Geräte beteiligt werden.
§ 10 Mutter-Kind-Abteilung
(1) Eine Gefangene kann mit ihrem Kind, das das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet haben soll, in eine Mutter-Kind-Abteilung in einer Justizvollzugsanstalt für weibliche Gefangene aufgenommen werden, wenn beide für die Unterbringung dort geeignet sind, ein Platz für Mutter und Kind zur Verfügung steht, dies dem Wohl des Kindes entspricht und die oder der Aufenthaltsbestimmungsberechtigte zustimmt. Vor der Unterbringung ist das Jugendamt zu hören.
(2) Die Kosten der Unterbringung des Kindes einschließlich der Gesundheitsfürsorge werden vom Justizvollzug regelmäßig nicht übernommen.
§ 11 Ausbildung und Beschäftigung
(1) In den Justizvollzugsanstalten sind Einrichtungen zur schulischen und beruflichen Bildung, zur arbeitstherapeutischen Beschäftigung sowie Arbeitsbetriebe vorzusehen.
(2) Die in Absatz 1 genannten Einrichtungen und Betriebe sind den Verhältnissen außerhalb der Justizvollzugsanstalt anzugleichen. Die Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsvorschriften sind zu beachten.
(3) Die Schule im Jugendstrafvollzug soll als Ganztageseinrichtung betrieben werden.
Abschnitt 3
Organisation der Justizvollzugsanstalten
(1) Die Aufgaben in den Justizvollzugsanstalten werden grundsätzlich von beamteten Bediensteten des Landes wahrgenommen. Sie können anderen Bediensteten sowie nebenamtlich oder vertraglich verpflichteten Personen übertragen werden.
(2) Die Erledigung von nicht hoheitlichen Aufgaben kann freien Trägern und privaten Dienstleistern übertragen werden.
(3) Mit der Erziehung junger Gefangener soll nur betraut werden, wer für die Erziehungsaufgabe des Jugendstrafvollzugs geeignet und ausgebildet ist.
(4) Für jede Justizvollzugsanstalt ist entsprechend ihrer Aufgabe die erforderliche Anzahl von Bediensteten, namentlich des allgemeinen Vollzugsdienstes, des Verwaltungsdienstes und des Werkdienstes sowie von Personen der verschiedenen Berufsgruppen, insbesondere der Seelsorger, Ärzte, Pädagogen, Psychologen und Sozialarbeiter, vorzusehen.
(5) Fortbildungsmaßnahmen für die in den Justizvollzugsanstalten tätigen Personen werden regelmäßig durchgeführt.
(6) Für den Vollzug der Sicherungsverwahrung ist die erforderliche Anzahl von Bediensteten der verschiedenen Fachrichtungen, des allgemeinen Vollzugsdienstes und des Werkdienstes vorzusehen, um eine an den Vollzugszielen orientierte Behandlung und Betreuung der Untergebrachten zu gewährleisten. Die in Einrichtungen der Sicherungsverwahrung tätigen Bediensteten müssen hierfür persönlich geeignet und fachlich qualifiziert sein. Fortbildungen sowie Praxisberatung und Praxisbegleitung werden regelmäßig durchgeführt. Die Bediensteten des allgemeinen Vollzugsdienstes, des psychologischen und des sozialen Dienstes sollen Wohngruppen zugeordnet werden. Eine Betreuung in den Wohngruppen ist auch in der beschäftigungsfreien Zeit der Untergebrachten, insbesondere am Wochenende, in dem erforderlichen Umfang zu gewährleisten. Ent sprechendes gilt für Bedienstete, die mit der Betreuung und Behandlung von Strafgefangenen mit angeordneter oder vorbehaltener Sicherungsverwahrung betraut sind.
(7) Anstaltsseelsorgerinnen und Anstaltsseelsorger werden im Einvernehmen mit der jeweiligen Religionsgemeinschaft haupt- oder nebenamtlich bestellt. Das Nähere regeln Vereinbarungen zwischen dem Land und den Religionsgemeinschaften. Wenn die geringe Zahl der Angehörigen einer Religionsgemeinschaft eine Seelsorge nach Satz 1 nicht rechtfertigt, ist die seelsorgerische Betreuung auf andere Weise zuzulassen. Mit Zustimmung der Anstaltsleiterin oder des Anstaltsleiters dürfen die Anstaltsseelsorger sich freier Seelsorgehelfer bedienen und für Gottesdienste sowie für andere religiöse Veranstaltungen Seelsorgerinnen und Seelsorger von außen zuziehen.
(1) Für jede Justizvollzugsanstalt bestellt die Aufsichtsbehörde eine Beamtin oder einen Beamten des höheren Dienstes zur hauptamtlichen Anstaltsleiterin oder zum hauptamtlichen Anstaltsleiter. Aus besonderen Gründen kann eine Justizvollzugsanstalt auch von einer Beamtin oder einem Beamten des gehobenen Dienstes geleitet werden.
(2) Die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter vertritt die Justizvollzugsanstalt nach außen und trägt die Verantwortung für den gesamten Vollzug.
§ 14 Mitverantwortung
(1) Den Gefangenen und den Untergebrachten ist zu ermöglichen, eine Vertretung zu wählen. Diese kann in Angelegenheiten von gemeinsamem Interesse, die sich ihrer Eigenart und der Aufgabe der Justizvollzugsanstalt nach für eine Mitwirkung eignen, Vorschläge und Anregungen an die Anstaltsleiterin oder den Anstaltsleiter herantragen. Die Vorschläge und Anregungen sollen mit der Vertretung erörtert werden. Die Gefangenen und die Untergebrachten werden zur Mitarbeit ermutigt.
(2) Wird die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung in Teilanstalten, Außenstellen oder Abteilungen von Justizvollzugsanstalten vollzogen, ist der Mitverantwortung der Untergebrachten zu gestatten, an der Gefangenenmitverantwortung mitzuwirken, soweit Interessen und Belange der Untergebrachten berührt sind.
§ 15 Hausordnung
(1) Die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter erlässt mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde eine Hausordnung. Dabei soll die Gefangenenmitverantwortung gehört werden. In die Hausordnung sind insbesondere Regelungen aufzunehmen über
(2) Die Hausordnung ist den Gefangenen in geeigneter Weise zugänglich zu machen.
(3) Die Hausordnung oder zumindest wichtige Auszüge aus ihr sollen in den Muttersprachen der wesentlichen Gefangenengruppen der Justizvollzugsanstalt vorliegen.
§ 16 Zusammenarbeit und Einbeziehung Dritter 12
(1) Alle im Justizvollzug Tätigen arbeiten zusammen und wirken an der Erfüllung der Aufgaben des Vollzugs mit.
(2) Die Justizvollzugsanstalten arbeiten mit anderen Einrichtungen, Organisationen und Personen, die für die Gefangenen und Untergebrachten förderliche soziale Hilfestellungen leisten oder deren Einfluss ihre Eingliederung, Behandlung oder Erziehung fördern können, eng zusammen. Die Unterstützung insbesondere der in Sicherungsverwahrung Untergebrachten durch ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer ist zu fördern.
(3) Im Untersuchungshaftvollzug wirken Justizvollzugsanstalten, Gerichte und Staatsanwaltschaften so zusammen, dass insbesondere Möglichkeiten der Haftvermeidung ergriffen und die Sicherheit sowie die Ordnung der Justizvollzugsanstalt gewahrt werden. Sie unterrichten sich gegenseitig unverzüglich über Umstände, deren Kenntnis für die Erfüllung ihrer jeweiligen Aufgaben erforderlich sind. Bei Erhebung der öffentlichen Klage ist der Justizvollzugsanstalt eine Mehrfertigung der Anklageschrift zu übermitteln.
§ 17 Konferenzen
Zur Aufstellung und Überprüfung des Vollzugs- oder Erziehungsplans sowie zur Vorbereitung wichtiger Entscheidungen im Strafvollzug und im Jugendstrafvollzug führt die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter Konferenzen mit an der Behandlung und Erziehung maßgeblich Beteiligten durch.
§ 18 Anstaltsbeiräte
(1) Bei den Justizvollzugsanstalten sind Beiräte zu bilden. Das Nähere regelt die Aufsichtsbehörde.
(2) Die Mitglieder des Beirats wirken bei der Gestaltung des Vollzugs und bei der Betreuung der Gefangenen mit. Sie unterstützen die Anstaltsleiterin oder den Anstaltsleiter durch Anregungen und Verbesserungsvorschläge und helfen bei der Eingliederung der Gefangenen nach der Entlassung. Im Jugendstrafvollzug sollen die Mitglieder in der Erziehung junger Menschen erfahren oder dazu befähigt sein.
(3) Die Mitglieder des Beirats können namentlich Wünsche, Anregungen und Beanstandungen entgegennehmen. Sie können sich über die Unterbringung, Beschäftigung, berufliche Bildung, Verpflegung, ärztliche Versorgung und Behandlung unterrichten, die Justizvollzugsanstalt und ihre Einrichtungen besichtigen und die Gefangenen in ihren Räumen aufsuchen. Aussprache und Schriftwechsel werden nicht überwacht.
(4) Die Mitglieder des Beirats haben über die ihnen in ihrem Amt bekannt gewordenen Angelegenheiten, soweit sie ihrer Natur nach vertraulich sind, Verschwiegenheit zu wahren. Dies gilt auch nach Beendigung ihres Amts.
(5) Vollzugsbedienstete dürfen nicht Mitglieder des Beirats sein.
Abschnitt 4
Aufsicht über die Justizvollzugsanstalten
§ 19 Aufsichtsbehörde
Das Justizministerium (Aufsichtsbehörde) führt die Aufsicht über die Justizvollzugsanstalten. Die Aufsicht über Einrichtungen im Jugendstrafvollzug in freien Formen wird im Einvernehmen mit dem Sozialministerium geregelt.
§ 20 Vollstreckungsplan
Die Aufsichtsbehörde regelt die örtliche und sachliche Zuständigkeit der Justizvollzugsanstalten nach allgemeinen Merkmalen in einem Vollstreckungsplan. Der Vollstreckungsplan soll im Jugendstrafvollzug dazu beitragen, dass Jugendliche, Heranwachsende und junge Erwachsene getrennt werden.
§ 21 Zuständigkeit für Verlegungen
Die Aufsichtsbehörde kann Entscheidungen über Verlegungen in eine sozialtherapeutische Einrichtung oder in eine Behandlungsabteilung einer Justizvollzugsanstalt einer zentralen Stelle übertragen.
Abschnitt 5
Verhinderung von Mobilfunkverkehr; Videobeobachtung
§ 22 Feststellung von Mobilfunkendgeräten und Störung des Mobilfunkverkehrs
(1) Gefangenen ist der Besitz und Betrieb von Mobilfunkendgeräten auf dem Gelände der Justizvollzugsanstalten untersagt. Für Einrichtungen, die der Unterbringung von Freigängern dienen, können Ausnahmen zugelassen werden.
(2) Die Justizvollzugsanstalten dürfen auf ihrem Gelände technische Geräte
betreiben. Der Mobilfunkverkehr außerhalb des Geländes der Justizvollzugsanstalten darf hierdurch nicht beeinträchtigt werden.
Die Justizvollzugsanstalten können das Anstaltsgelände sowie das Innere der Anstaltsgebäude offen mittels Videotechnik beobachten. Die Anfertigung von Aufzeichnungen hiervon sowie die Beobachtung und Aufzeichnung der unmittelbaren Anstaltsumgebung sind zulässig, sofern dies zum Zweck der Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt oder zur Verhinderung oder Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, durch welche die Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt gefährdet wird, erforderlich ist.
Abschnitt 6
Nichtraucher- und Gesundheitsschutz
§ 24 Rauchverbot in Justizvollzugsanstalten
In Gebäuden und sonstigen vollständig umschlossenen Räumen von Justizvollzugsanstalten ist das Rauchen nach Maßgabe von § 25 verboten.
§ 25 Ausnahmen vom Rauchverbot
(1) In Hafträumen darf geraucht werden, wenn alle in ihnen untergebrachten Gefangenen damit einverstanden sind.
(2) Die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter kann Ausnahmen vom Rauchverbot bei besonderen Veranstaltungen zulassen. Die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter kann das Rauchen zudem in bestimmten baulich abgeschlossenen Räumen oder in entlüfteten Einrichtungen gestatten, wenn und soweit die Belange des Nichtraucherschutzes dadurch nicht beeinträchtigt werden.
§ 26 Gesundheitsschutz in Jugendstrafanstalten
In Einrichtungen des Jugendstrafvollzugs, in denen überwiegend Jugendliche untergebracht sind, darf aus Gründen des Gesundheitsschutzes nicht geraucht und kein Alkohol getrunken werden; §§ 24 und 25 finden keine Anwendung.
Abschnitt 7 19
Datenschutz
Unterabschnitt 1 19
Allgemeine Bestimmungen
§ 27 Aufgabe und Anwendungsbereich 19
(1) Aufgabe der Vorschriften dieses Abschnitts ist es, bei der Verarbeitung personenbezogener Daten die Persönlichkeitsrechte von Gefangenen und sonstigen betroffenen Personen zu wahren, den Justizvollzugsanstalten die effiziente Erfüllung ihrer Aufgaben zu ermöglichen, die Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalten zu gewährleisten und einen Beitrag für die innere Sicherheit zu leisten. Die Vorschriften dienen auch der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates (ABl. L 119 vom 04.05.2016 S. 89) sowie der Anpassung an die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 04.05.2016 S. 1, ber. ABl. L 314 vom 22.11.2016 S. 72 und ABl. L 127 vom 23.05.2018 S. 2).
(2) Die Vorschriften dieses Abschnitts gelten für den Vollzug von gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehungen in Justizvollzugsanstalten. Sie finden mit Ausnahme der §§ 37 und 52 entsprechende Anwendung auf den Vollzug des Jugendarrests. Soweit dieses Gesetz Vorschriften für Auftragsverarbeiter enthält, gilt es auch für diese.
(3) Beim Vollzug von Freiheitsentziehungen, die nicht wegen des Verdachts oder des Nachweises einer rechtswidrigen Tat angeordnet worden sind, finden § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 sowie §§ 49, 50, 55, 89 und 90 keine Anwendung, wenn unter Berücksichtigung der Art der Daten und der Rechtsstellung der Gefangenen die betroffenen Personen ein schutzwürdiges Interesse am Ausschluss der Übermittlung haben.
§ 28 Behördliche Datenschutzbeauftragte oder behördlicher Datenschutzbeauftragter 19
(1) Die Begriffsbestimmungen in § 3 des Landesdatenschutzgesetzes (LDSG) gelten entsprechend.
(2) Erkennungsdienstliche Unterlagen sind die nach Maßgabe von § 31 Abs. 1 Satz 2 erhobenen Daten mit Bezug auf Gefangene. Sie sind vom Begriff der personenbezogenen Daten im Sinne dieses Gesetzes mit umfasst, sofern das Gesetz ihre Verarbeitung nicht ausdrücklich ausschließt.
§ 29 Zulässigkeit der Datenverarbeitung 19
Die Justizvollzugsanstalt darf personenbezogene Daten verarbeiten, wenn dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift es erlaubt oder die betroffene Person eingewilligt hat.
Unterabschnitt 2 19
Datenverarbeitung zu Zwecken der Richtlinie (EU) 2016/680 Anwendungsbereich, Begriffsbe stimmungen und allgemeine Grundsätze für die Datenverarbeitung
§ 30 Anwendungsbereich und vollzugliche Zwecke 19
(1) Die Vorschriften der Unterabschnitte 2 bis 6 regeln die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Justizvollzugsanstalten zu den Zwecken nach Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie (EU) 2016/680, insbesondere zum Zweck des ihnen aufgegebenen Vollzugs der Freiheitsentziehung.
(2) Vollzugliche Zwecke in diesem Sinne sind
An die Stelle des in Satz 1 Nummer 1 bestimmten Zwecks tritt für den Vollzug der Untersuchungshaft der Zweck, durch die sichere Unterbringung der Gefangenen die Durchführung eines geordneten Strafverfahrens zu gewährleisten.
§ 31 Begriffsbestimmungen 19 22
(1) Im Sinne dieses Gesetzes bezeichnet der Begriff:
(2) § 2 BDSG gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass vom Begriff der öffentlichen Stellen auch Behörden, Organe der Rechtspflege und andere öffentlich-rechtlich organisierte Einrichtungen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union umfasst sind.
(3) Im Sinne dieses Abschnitts bezeichnet der Begriff der Gefangenen Personen, an denen Freiheitsstrafe, Jugendstrafe, Jugendarrest, Untersuchungshaft, Strafarrest oder die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollzogen wird. Gefangene sind auch Personen, die sich in Haft nach § 127b Absatz 2, § 230 Absatz 2, §§ 236, 329 Absatz 3, § 412 Satz 1 oder § 453c StPO befinden, sowie Personen, die nach § 275a Absatz 6 StPO einstweilig untergebracht sind.
§ 32 Datenerhebung durch Videotechnik 19
(1) Die Beobachtung von Hafträumen mittels Videotechnik ist nur auf Anordnung der Anstaltsleiterin oder des Anstaltsleiters und zur Abwehr von erheblichen Gefahren für Leib oder Leben von Gefangenen oder Dritten sowie zur Verhinderung und Verfolgung von erheblichen Straftaten zulässig. Die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter kann allgemein anordnen, dass besonders gesicherte Hafträume mittels Videotechnik zu beobachten sind. Die Anfertigung von Videoaufzeichnungen ist im Einzelfall zulässig. Sofern in Hafträumen eine Beobachtung über einen Zeitraum von aufeinanderfolgend mehr als zwei Wochen erfolgt, bedarf sie der Zustimmung der Aufsichtsbehörde.
(2) In hierfür besonders eingerichteten Hafträumen des Justizvollzugskrankenhauses ist auf ärztliche Anordnung eine optische und akustische Beobachtung von Gefangenen mittels Videotechnik zulässig, sofern zureichende Anhaltspunkte für Fremd- oder Eigengefährdung vorliegen oder dies aus Gründen der therapeutischen Sicherheit angezeigt ist. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Die Überwachung mittels Videotechnik und die Anfertigung von Videoaufzeichnungen nach diesem Gesetz dürfen auch durchgeführt werden, wenn Personen, hinsichtlich derer die Voraussetzungen der Datenerhebung nicht vorliegen, unvermeidbar betroffen werden. Für die Dauer der seelsorgerischen Betreuung ist die Überwachung auf Verlangen der Seelsorgerin oder des Seelsorgers auszusetzen. Die Videoüberwachung und -aufzeichnung ist durch geeignete Hinweise erkennbar zu machen, soweit nicht der Zweck der Maßnahme dadurch vereitelt wird.
(4) Werden die durch Videotechnik erhobenen Daten einer bestimmten Person zugeordnet, so ist diese über eine weitere Verarbeitung zu benachrichtigen, soweit sie nicht auf andere Weise Kenntnis von der weiteren Verarbeitung erlangt oder die Unterrichtung einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert. Die Unterrichtung darf unterbleiben, solange durch sie der Zweck der Maßnahme vereitelt oder soweit die Aufgabenerfüllung der Justizvollzugsanstalt gefährdet würde.
(1) Soweit die Verarbeitung personenbezogener Daten auf der Grundlage einer Einwilligung erfolgt, muss die Justizvollzugsanstalt die Einwilligung der betroffenen Person nachweisen können.
(2) Erfolgt die Einwilligung der betroffenen Person durch eine schriftliche Erklärung, die noch andere Sachverhalte betrifft, muss das Ersuchen um Einwilligung in verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache so erfolgen, dass es von den anderen Sachverhalten klar zu unterscheiden ist.
(3) Die betroffene Person hat das Recht, ihre Einwilligung jederzeit zu widerrufen. Durch den Widerruf der Einwilligung wird die Rechtmäßigkeit der aufgrund der Einwilligung bis zum Widerruf erfolgten Verarbeitung nicht berührt. Die betroffene Person ist vor Abgabe der Einwilligung hiervon in Kenntnis zu setzen.
(4) Die Einwilligung ist nur wirksam, wenn sie auf der freien Entscheidung der betroffenen Person beruht. Bei der Beurteilung, ob die Einwilligung freiwillig erteilt wurde, müssen die Umstände der Erteilung, etwa die besondere Situation der Freiheitsentziehung oder eines gegen die betroffene Person betriebenen Verfahrens, berücksichtigt werden. Freiwilligkeit kann insbesondere vorliegen, wenn für die betroffene Person ein rechtlicher oder tatsächlicher Vorteil erreicht wird oder die verantwortliche Stelle und die betroffene Person gleichgelagerte Interessen verfolgen. Die betroffene Person ist auf den vorgesehenen Zweck der Verarbeitung hinzuweisen. Ist dies nach den Umständen des Einzelfalles erforderlich oder verlangt die betroffene Person dies, ist sie auch über die Folgen der Verweigerung der Einwilligung zu belehren.
(5) Soweit besondere Kategorien personenbezogener Daten verarbeitet werden, muss sich die Einwilligung ausdrücklich auf diese Daten beziehen.
(6) Bei beschränkt geschäftsfähigen Gefangenen bestimmt sich die Einwilligungsfähigkeit nach der tatsächlichen Einsichtsfähigkeit.
Unterabschnitt 3 19
Datenverarbeitung zu Zwecken der Richtlinie (EU) 2016/680 Rechtsgrundlagen der Verarbeitung personenbezogener Daten
(1) Die Justizvollzugsanstalt darf personenbezogene Daten erheben, soweit deren Kenntnis für den ihr aufgegebenen Vollzug der Freiheitsentziehung erforderlich ist. Die Erhebung besonderer Kategorien personenbezogener Daten zu diesem Zweck ist nur zulässig, wenn sie unbedingt erforderlich ist.
(2) Personenbezogene Daten sind vorrangig bei der betroffenen Person zu erheben. Werden sie auf Grund einer Rechtsvorschrift erhoben, die zur Auskunft verpflichtet, oder ist die Erteilung der Auskunft Voraussetzung für die Gewährung von Rechtsvorteilen, so ist die betroffene Person hierauf, sonst auf die Freiwilligkeit ihrer Angaben hinzuweisen.
(3) Sofern es für die Aufgabenerfüllung der Justizvollzugsanstalt erforderlich ist und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt werden, kann die Erhebung bei der betroffenen Person auch ohne deren Kenntnis sowie bei anderen Personen oder Stellen erfolgen. Erfolgt die Erhebung bei einer nichtöffentlichen Stelle, so ist diese auf die Rechtsvorschrift, die zur Auskunft verpflichtet, sonst auf die Freiwilligkeit ihrer Angaben hinzuweisen.
(4) Daten über Personen, die nicht Gefangene sind, dürfen ohne ihre Mitwirkung bei Personen oder Stellen außerhalb der Justizvollzugsanstalt nur erhoben werden, wenn sie für Hilfsmaßnahmen für Angehörige der Gefangenen, die Behandlung von Gefangenen, die Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt oder die Sicherung des Vollzugs der Freiheitsentziehung erforderlich sind und die Art der Erhebung nicht überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt.
(1) Die Beobachtung von Hafträumen mittels Videotechnik ist nur auf Anordnung der Anstaltsleiterin oder des Anstaltsleiters und zur Abwehr von erheb lichen Gefahren für Leib oder Leben von Gefangenen oder Dritten oder zur Verhinderung und Verfolgung von erheblichen Straftaten zulässig. Gleiches gilt für die Beobachtung von Kabinen der Sammeltransportfahrzeuge mittels Videotechnik. Die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter kann allgemein anordnen, dass besonders gesicherte Hafträume mittels Videotechnik zu beobachten sind. Die Anfertigung von Videoaufzeichnungen ist im Einzelfall zulässig. Sofern in Hafträumen eine Beobachtung über einen Zeitraum von aufeinanderfolgend mehr als zwei Wochen erfolgt, bedarf sie der Zustimmung des Justizministeriums als Aufsichtsbehörde.
(2) In hierfür besonders eingerichteten Hafträumen des Justizvollzugskrankenhauses ist auf ärztliche Anordnung eine optische und akustische Beobachtung von Gefangenen mittels Videotechnik zulässig, sofern zureichende Anhaltspunkte für Fremd- oder Eigengefährdung vorliegen oder dies aus Gründen der therapeutischen Sicherheit angezeigt ist. Die Erhebung besonderer Kategorien personenbezogener Daten zu diesem Zweck ist nur zulässig, wenn sie unbedingt erforderlich ist. Absatz 1 Satz 4 und 5 gilt entsprechend.
(3) Die Beobachtung mittels Videotechnik und die Anfertigung von Videoaufzeichnungen nach diesem Gesetz dürfen auch durchgeführt werden, wenn Personen, hinsichtlich derer die Voraussetzungen der Datenerhebung nicht vorliegen, unvermeidbar betroffen werden. Für die Dauer der religiösen Betreuung ist die Überwachung auf Verlangen der Seelsorgerin oder des Seelsorgers auszusetzen. Die Videobeobachtung und -aufzeichnung ist durch geeignete Maßnahmen zum frühestmöglichen Zeitpunkt erkennbar zu machen, soweit nicht der Zweck der Maßnahme dadurch vereitelt wird.
§ 36 Radio-Frequenz-Identifikation (RFID) 19
(1) Aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt oder zur Überwachung des Aufenthaltsorts von Gefangenen auf dem Anstaltsgelände kann die Justizvollzugsanstalt Daten über den Aufenthaltsort und den Zeitpunkt der Datenerhebung mittels RFID-Transponder durch Empfangsgeräte automatisiert erheben.
(2) Mit Zustimmung der oder des Gefangenen kann ein RFID-Transponder zur automatisierten Identifikation und Lokalisierung so mit ihrem oder seinem Körper verbunden werden, dass eine ordnungsgemäße Trennung nur durch die Justizvollzugsanstalt erfolgen kann. Von der Zustimmung können die Rücknahme besonderer Sicherungsmaßnahmen oder die Einteilung der oder des Gefangenen zu einer in bestimmten Bereichen auf dem Anstaltsgelände zu leistenden Arbeit abhängig gemacht werden.
§ 37 Elektronische Aufenthaltsüberwachung durch das Global Positioning System (GPS) 19
(1) Die Justizvollzugsanstalt darf personenbezogene Daten mit Ausnahme der erkennungsdienstlichen Unterlagen nutzen, verändern und speichern sowie an die zuständigen öffentlichen Stellen sowie geeignete nicht-öffentliche Stellen und Personen übermitteln, soweit dies
erforderlich ist.
(2) Die Befugnisse nach Absatz 1 finden auch auf die Vorbereitung und Durchführung von Maßnahmen Anwendung, die erst nach der Haftentlassung zum Tragen kommen und der Eingliederung der Gefangenen in ein soziales und berufliches Umfeld dienen.
§ 38 Auslesen von Datenspeichern 19
(1) Die Übermittlung personenbezogener Daten mit Ausnahme der erkennungsdienstlichen Unterlagen durch die Justizvollzugsanstalt an die zuständigen öffentlichen Stellen ist auch zulässig, soweit dies für
erforderlich ist.
(2) An die zuständige Meldebehörde darf die Justizvollzugsanstalt die Aufnahme sowie die Entlassung von Gefangenen sowie die zur Aufgabenerfüllung der Meldebehörde erforderlichen Daten mitteilen. Die erforderlichen Personalpapiere dürfen übersandt werden.
(3) Eine Übermittlung zu den in Absatz 1 und 2 genannten Zwecken ist auch zulässig, soweit sie der Sicherung von eigenen Mitteilungs- und Meldepflichten der Gefangenen dient. In diesen Fällen können Gefangene die von Amts wegen erfolgende Datenübermittlung durch den Nachweis abwenden, dass sie ihrer Verpflichtung innerhalb von vier Wochen nach Eintritt des mitteilungs- oder meldepflichtigen Ereignisses nachgekommen sind oder eine Verpflichtung aus anderen Gründen nicht oder nicht mehr besteht. Hierüber sind die Gefangenen bei der Aufnahme in eine Justizvollzugsanstalt zu belehren.
Eine Verarbeitung personenbezogener Daten zu einem anderen Zweck als demjenigen, zu dem sie erhoben wurden, ist zulässig, wenn es sich bei dem anderen Zweck um einen der in § 30 genannten Zwecke handelt, die Justizvollzugsanstalt befugt ist, Daten zu diesem Zweck zu verarbeiten, und die Verarbeitung zu diesem Zweck erforderlich und verhältnismäßig ist. Die Verarbeitung personenbezogener Daten zu einem anderen, in § 30 nicht genannten Zweck ist zulässig, wenn sie in einer Rechtsvorschrift vorgesehen ist.
§ 40 Übermittlung, Nutzung, Veränderung und Speicherung von Daten zu Vollzugszwecken 19
(1) Die Justizvollzugsanstalt darf personenbezogene Daten übermitteln, nutzen, verändern und speichern, soweit dies für den ihr aufgegebenen Vollzug der Freiheitsentziehung erforderlich ist. Die Übermittlung, Nutzung, Veränderung und Speicherung besonderer Kategorien personenbezogener Daten ist zu diesem Zweck zulässig, wenn sie unbedingt erforderlich ist.
(2) Zu ihrer Aufgabenerfüllung kann die Justizvollzugsanstalt personenbezogene Daten auch unter Einsatz von elektronischen Kommunikationsdiensten, einschließlich solcher mit Bildübertragung, verarbeiten.
(3) Die erhobenen personenbezogenen Daten können zu den Gefangenenpersonalakten genommen sowie elektronisch in Dateien gespeichert werden. Erkennungsdienstliche Unterlagen können auch in kriminalpolizeilichen Sammlungen verwahrt werden.
(4) Die Justizvollzugsanstalt kann anordnen, dass Gefangene einen Lichtbildausweis mit sich führen.
(5) Sofern es aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt oder zur Überwachung des Aufenthaltsorts von Gefangenen in der Justizvollzugsanstalt erforderlich ist, kann die Justizvollzugsanstalt Ausweise mit einem RFID-Transponder ausstatten und anordnen, dass diese offen zu tragen sind.
§ 41 Übermittlung, Nutzung, Veränderung und Speicherung von Daten zu vollzugsbegleitenden Zwecken 19
(1) Eine Übermittlung, Nutzung, Veränderung und Speicherung personenbezogener Daten zu vollzugsbegleitenden Zwecken ist der Verarbeitung zu Vollzugszwecken gleichgestellt, soweit sie gerichtlichen Verfahren sowie deren außergerichtlicher Bearbeitung, der Wahrnehmung von Aufsichts- und Kontrollbefugnissen, der Rechnungsprüfung oder der Durchführung von Organisationsuntersuchungen für die verantwortliche Stelle dient.
(2) Das gilt auch für die Übermittlung, Nutzung, Veränderung und Speicherung zu Ausbildungs- und Prüfungszwecken durch die verantwortliche Justizvollzugsanstalt und das Bildungszentrum Justizvollzug Baden-Württemberg, soweit nicht überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person entgegenstehen. Sofern der Ausbildungs-, Prüfungs- oder Forschungszweck es erlaubt und der Aufwand in einem angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck steht, sind die personenbezogenen Daten zu anonymisieren.
(3) Die Justizvollzugsanstalt darf die Religionszugehörigkeit sowie sonstige personenbezogene Daten der Gefangenen, insbesondere Name, Geburtsdatum und Aufnahmedatum, zu Zwecken der Seelsorge im Justizvollzug verarbeiten und an die oder den Seelsorger übermitteln, soweit dies erforderlich ist, um die Seelsorge aufnehmen zu können. Dies setzt voraus, dass die oder der Gefangene deutlich darauf hingewiesen wurde, dass die Angabe über die Religionszugehörigkeit freiwillig erfolgt und Zwecken der Seel sorge dient. Eine Übermittlung ist unzulässig, wenn die oder der Gefangene dieser ausdrücklich widerspricht.
(4) Die Justizvollzugsanstalt darf personenbezogene Daten von Gefangenen an Mitglieder des Anstaltsbeirats übermitteln, soweit dies für die Wahrnehmung der gesetzlichen Aufgaben der Beiräte erforderlich ist. Besondere Kategorien personenbezogener Daten dürfen zu diesem Zweck übermittelt werden, soweit dies unbedingt erforderlich ist; die Übermittlung erkennungsdienstlicher Unterlagen ist unzulässig. Anstelle der Übermittlung kann die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter die Einsichtnahme von Akten durch Mitglieder des Anstaltsbeirats zulassen, soweit eine solche zur Aufgabenerfüllung unerlässlich ist; Gesundheitsakten und Krankenblätter dürfen nur mit Zustimmung der oder des Gefangenen eingesehen werden. Die Regelung über das Datengeheimnis nach § 73 Absatz 1 gilt entsprechend.
§ 42 Übermittlung, Nutzung, Veränderung und Speicherung von Daten zum Schutz der Allgemeinheit 19
(1) Die Übermittlung, Nutzung, Veränderung und Speicherung personenbezogener Daten durch die Justizvollzugsanstalt ist auch zulässig, soweit dies
erforderlich ist. Die Übermittlung, Nutzung, Veränderung und Speicherung besonderer Kategorien personenbezogener Daten ist zu den Zwecken nach Satz 1 zulässig, wenn sie unbedingt erforderlich ist.
(2) Die Justizvollzugsanstalt darf den für die Eingabe von Daten in das polizeiliche Informations- und Auskunftssystem zuständigen Polizeidienststellen den Beginn, die Unterbrechung und die Beendigung von Freiheitsentziehungen, die wegen des Verdachts oder des Nachweises einer rechtswidrigen Tat richterlich angeordnet worden sind, Verlegungen in eine andere Justizvollzugsanstalt, die Gewährung von vollzugsöffnenden Maßnahmen einschließlich des Verlassens der Justizvollzugsanstalt aus wichtigem Anlass, die Entlassungsadresse sowie die zur Identifizierung der Gefangenen erforderlichen personenbezogenen Daten auch anlassunabhängig übermitteln.
§ 43 Identitätsfeststellung 19
(1) Bestehen Zweifel an der Identität von Gefangenen, übermittelt die Justizvollzugsanstalt die von ihr ge mäß § 34 erhobenen personenbezogenen Daten unverzüglich dem Landeskriminalamt, soweit dies zur Identitätsfeststellung erforderlich ist. Das Landeskriminalamt veranlasst den Abgleich der übermittelten Daten zum Zwecke der Identifizierung der Gefangenen und teilt das Ergebnis der Justizvollzugsanstalt mit.
(2) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 dürfen die Justizvollzugsanstalten auch das Bundeskriminalamt sowie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge um einen Abgleich der erkennungsdienstlichen Daten und Identitätsdaten ersuchen.
§ 44 Überprüfung Gefangener 19
(1) Zum Zwecke der Aufrechterhaltung der Sicherheit der Anstalt prüft die Justizvollzugsanstalt, ob sicherheitsrelevante Erkenntnisse über Gefangene vorliegen. Sicherheitsrelevant sind Erkenntnisse insbesondere über extremistische, gewaltorientierte Einstellungen oder Kontakte zu derartigen Organisationen, Gruppierungen oder Personen oder Kontakte zur organisierten Kriminalität.
(2) Die Justizvollzugsanstalt darf Justiz- und Sicherheitsbehörden hierzu um Auskunft ersuchen. Insbesondere
Hiervon soll nur abgesehen werden, wenn im Einzelfall aufgrund einer Gesamtwürdigung eine Gefährdung der Sicherheit der Anstalt ausgeschlossen werden kann.
(3) Die Abfrage bei den Polizeibehörden erstreckt sich nur auf die personengebundenen Hinweise und die Erkenntnisse des polizeilichen Staatsschutzes. Bei der Anfrage bei dem Landesamt für Verfassungsschutz erfolgt die Abfrage des nachrichtendienstlichen Informationssystems durch das Landesamt.
(4) Die Justizvollzugsanstalt übermittelt den angefragten Behörden soweit möglich den Nachnamen, Geburtsnamen, die Vornamen, das Geburtsdatum, das Geschlecht, den Geburtsort, das Geburtsland und die Staatsangehörigkeit der Gefangenen. Über Satz 1 hinaus sollen bekannt gewordene Aliaspersonalien, die voraussichtliche Vollzugsdauer sowie das Aktenzeichen der der Vollstreckung zugrundeliegenden Entscheidung mitgeteilt werden.
(5) Die gemäß Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 angefragten Behörden teilen den Justizvollzugsbehörden die sicherheitsrelevanten Erkenntnisse über die Gefangenen mit. Die mitgeteilten Erkenntnisse werden in gesonderten Akten oder Dateien geführt.
(6) Die Verarbeitungs- und Übermittlungsbefugnis zur Aufrechterhaltung der Sicherheit der Anstalt schließt die Verarbeitungsbefugnis zum Zwecke der Vollzugs- und Eingliederungsplanung der Gefangenen ein.
§ 45 Überprüfung von Besuchspersonen 19
(1) Bei Personen, die die Zulassung zum Besuch von besonders gefährlichen Gefangenen, zu denen sicherheitsrelevante Erkenntnisse nach § 44 Absatz 1 Satz 2 vorliegen, begehren, dürfen die Justizvollzugsanstalten mit deren Einwilligung eine Zuverlässigkeitsüberprüfung vornehmen. Gleiches gilt für die Zulassung zum Besuch von Gefangenen oder zum Besuch der Anstalt bei tatsächlichen Anhaltspunkten einer drohenden Gefahr für die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt. § 44 Absatz 1 bis 3 und 4 Satz 1 und Absatz 5 Satz 1 gilt entsprechend. In den Fällen des § 44 Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 teilen die Justizvollzugsanstalten auch mit, ob und für welche Gefangenen die Zulassung zum Besuch begehrt wird. Sicherheitsrelevant können hierbei auch Erkenntnisse über erhebliche strafrechtliche Verurteilungen, eine bestehende Suchtproblematik oder andere für die Beurteilung der Zuverlässigkeit erhebliche Umstände sein.
(2) Absatz 1 gilt nicht für Besuche von Verteidigerinnen und Verteidigern und Beiständen sowie für Rechtsanwältinnen, Rechtsanwälte sowie Notarinnen und Notare in einer die Gefangenen betreffenden Rechtssache sowie für die in § 24 Absatz 3 des Dritten Buchs genannten Personen und Stellen.
(3) Werden den Justizvollzugsbehörden sicherheitsrelevante Erkenntnisse bekannt, wird die betroffene Person nicht oder nur unter Beschränkungen zum Besuch zugelassen. Gleiches gilt, wenn die betroffene Person die Einwilligung in eine Zuverlässigkeitsüberprüfung verweigert.
(4) Eine erneute Zuverlässigkeitsüberprüfung soll erfolgen, wenn neue sicherheitsrelevante Erkenntnisse vorliegen, spätestens jedoch nach Ablauf von fünf Jahren, sofern ihre Erforderlichkeit und die Voraussetzungen nach Absatz 1 fortbestehen.
§ 46 Überprüfung sonstiger anstaltsfremder Personen 19
(1) Personen, die in Justizvollzugsanstalten oder an deren Einrichtungen tätig werden und in keinem Dienst- oder Arbeitsverhältnis zum Land stehen, dürfen zu diesen Tätigkeiten nur zugelassen werden, wenn keine Sicherheitsbedenken bestehen. Die Justizvollzugsanstalten sollen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt mit Einwilligung der betroffenen Person eine Zuverlässigkeitsüberprüfung vornehmen. § 44 Absatz 1 bis 3 und 4 Satz 1 und Absatz 5 Satz 1 sowie § 45 Absatz 1 Satz 5, Absatz 3 und 4 gelten entsprechend.
(2) Ist eine Überprüfung in Eilfällen nicht möglich, soll eine Beaufsichtigung der Person bei der Tätigkeit in der Anstalt erfolgen.
(3) Die Justizvollzugsbehörden sollen von einer Abfrage nach Absatz 1 Satz 3 absehen, wenn aufgrund des Anlasses, der Art, des Umfangs oder der Dauer des Aufenthalts oder der Tätigkeit in der Anstalt eine Gefährdung der Sicherheit der Anstalt fernliegt.
(1) Im Rahmen von Fallkonferenzen dürfen die Justizvollzugsbehörden personenbezogene Daten, einschließlich solcher besonderer Kategorien, die sie zulässig erhoben haben, insbesondere den voraussicht lichen Entlassungszeitpunkt, die voraussichtliche Entlassungsadresse sowie die Vollzugs- und Eingliederungspläne, den Polizeibehörden des Bundes und der Länder übermitteln, sofern
Fallkonferenzen dürfen auch zur Vorbereitung von Ausführungen, Vorführungen, Ausantwortungen, Über stellungen und Verlegungen bei tatsächlichen Anhaltspunkten für eine Gefahr der Entweichung, von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen von bedeutendem Wert, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten ist, und der Selbstverletzung oder Selbsttötung von Gefangenen stattfinden. An den Fallkonferenzen nach Satz 1 sollen die Bewährungshilfe und die Führungsaufsichtsstellen beteiligt werden. Im Rahmen der Fallkonferenzen dürfen personenbezogene Daten, einschließlich solcher besonderer Kategorien, durch die Justizvollzugsbehörden bei den Polizeibehörden abgefragt und erhoben werden.
(2) Im Rahmen von Fallkonferenzen dürfen die Justizvollzugsbehörden personenbezogene Daten, ein schließlich solcher besonderer Kategorien, die sie zulässig erhoben haben, insbesondere den voraussichtlichen Entlassungszeitpunkt, die voraussichtliche Entlassungsadresse sowie die Vollzugs- und Eingliederungspläne den Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder übermitteln, sofern
An den Fallkonferenzen sollen die Bewährungshilfe und die Führungsaufsichtsstellen beteiligt werden, sofern die Entlassung der Gefangenen in voraussichtlich nicht mehr als einem Jahr bevorsteht. Im Rahmen der Fallkonferenzen dürfen personenbezogene Daten, einschließlich solcher besonderer Kategorien, durch die Justizvollzugsbehörden bei den Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder abgefragt und erhoben werden.
(3) Fallkonferenzen dürfen zwischen den Justizvollzugsbehörden, den Polizeibehörden des Bundes und der Länder und den Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder stattfinden, sofern
Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Im Rahmen der vorgenannten Fallkonferenzen dürfen personenbezogene Daten, einschließlich solcher besonderer Kategorien, durch die Justizvollzugsbehörden bei den Polizeibehörden des Bundes und der Länder sowie den Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder auch abgefragt und erhoben werden.
(4) An den Fallkonferenzen können die Strafvollstreckungsbehörden, die Strafvollstreckungskammer und der Jugendrichter als Vollstreckungsleiter beteiligt werden.
(5) Die wesentlichen Ergebnisse der stattgefundenen Fallkonferenzen sind zu dokumentieren.
(6) Die Vollzugs- und Eingliederungsplanung bleibt den Justizvollzugsbehörden vorbehalten.
§ 48 Übermittlung, Nutzung, Veränderung und Speicherung von Daten zu vollzugsunterstützenden Zwecken 19
(1) Die Justizvollzugsanstalt darf personenbezogene Da ten mit Ausnahme der erkennungsdienstlichen Unterlagen nutzen, verändern und speichern sowie an die zuständigen öffentlichen Stellen sowie geeignete nichtöffentliche Stellen und Personen übermitteln, soweit dies
erforderlich ist. Die Übermittlung, Nutzung, Veränderung und Speicherung besonderer Kategorien personenbezogener Daten mit Ausnahme der erkennungsdienstlichen Unterlagen ist zu den Zwecken nach Satz 1 zulässig, wenn sie unbedingt erforderlich ist.
(2) Die Befugnisse nach Absatz 1 finden auch auf die Vorbereitung und Durchführung von Maßnahmen Anwendung, die erst nach der Haftentlassung zum Tragen kommen und der Eingliederung der Gefangenen in ein soziales und berufliches Umfeld dienen.
§ 49 Datenübermittlung zu vollzugsfremden Zwecken 19
Die Übermittlung personenbezogener Daten mit Ausnahme der erkennungsdienstlichen Unterlagen durch die Justizvollzugsanstalt an die zuständigen öffentlichen Stellen ist auch zulässig, soweit dies für
Die Übermittlung, Nutzung, Veränderung und Speicherung besonderer Kategorien personenbezogener Daten mit Ausnahme der erkennungsdienstlichen Unterlagen ist zu den Zwecken nach Satz 1 zulässig, wenn sie unbedingt erforderlich ist.
§ 50 Datenübermittlung zum Zweck des Opferschutzes 19
Die Justizvollzugsanstalt darf den nach § 406d Absatz 2 StPO auskunftspflichtigen Stellen die für die Erteilung von Auskünften an die Verletzte oder den Verletzten erforderlichen Daten über die Vollziehung freiheitsentziehender Maßnahmen sowie die Gewährung von vollzugsöffnenden Maßnahmen einschließlich des Verlassens der Justizvollzugsanstalt aus wichtigem Anlass übermitteln.
§ 51 Schutz besonderer Kategorien personenbezogener Daten 19
(1) Personenbezogene Daten besonderer Kategorien dürfen in der Justizvollzugsanstalt nicht allgemein kenntlich gemacht werden. Die an der Verarbeitung dieser Daten Beteiligten sind auf die besondere Schutzwürdigkeit der Daten hinzuweisen. Gesundheitsakten und Krankenblätter sind, auch wenn sie in Dateien gespeichert sind, von anderen Unterlagen oder Dateien getrennt zu führen und besonders zu sichern. Durch organisatorische Maßnahmen ist sicherzustellen, dass nur die in der Anstalt tätigen Personen Zugang zu den Akten oder Dateien nach Satz 3 erhalten, für deren Aufgabenerfüllung die Kenntnis dieser Daten unbedingt erforderlich ist. Andere personenbezogene Daten über Gefangene dürfen innerhalb der Justizvollzugsanstalt allgemein kenntlich gemacht werden, soweit dies für ein geordnetes Zusammenleben in der Justizvollzugsanstalt erforderlich ist; § 61 Absatz 1 und 2 sowie § 62 Absatz 2 bleiben unberührt.
(2) Personenbezogene Daten, die durch die in § 203 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 6 des Strafgesetzbuchs (StGB) genannten Personen oder den seelsorgerlichen Dienst erhoben oder diesen sonst bekannt geworden sind, unterliegen auch gegenüber der Justizvollzugsanstalt der Schweigepflicht. Die in § 203 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 6 StGB genannten Personen haben sich gegenüber der Anstaltsleiterin oder dem Anstaltsleiter zu offenbaren, soweit dies zur Abwehr von Gefahren für die Sicherheit der Justizvollzugsanstalt oder für Leib oder Leben von Gefangenen oder Dritten erforderlich ist oder die Tatsachen sonst für die Aufgabenerfüllung der Justizvollzugsanstalt erforderlich sind. Handelt es sich bei den zu offenbarenden Daten um personenbezogene Daten besonderer Kategorien, haben sich die genannten Personen zu offenbaren, soweit dies zur Erreichung der in Satz 2 genannten Zwecke unbedingt erforderlich ist. Auch die Angehörigen der anderen Fachdienste im Justizvollzug mit Ausnahme des seelsorgerlichen Dienstes sowie alle anderen Vollzugsbediensteten haben sich gegen über der Anstaltsleiterin oder dem Anstaltsleiter zu offenbaren, sofern dies für den Vollzug der Freiheitsentziehung erforderlich ist. Sonstige Offenbarungspflichten und -befugnisse bleiben unberührt. Die Gefangenen sind bei Eintritt in die Justizvollzugsanstalt über die nach Satz 2 bis 4 bestehenden Offenbarungspflichten zu unterrichten.
(3) Die nach Absatz 2 Satz 2 und 3 offenbarten Daten dürfen nur für den Zweck, für den sie offenbart wurden oder für den eine Offenbarung zulässig gewesen wäre, und nur unter denselben Voraussetzungen verarbeitet werden, unter denen die in § 203 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 6 StGB genannten Personen selbst hierzu befugt wären. Die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter kann unter diesen Voraussetzungen die unmittelbare Offenbarung gegenüber bestimmten Anstaltsbediensteten oder der Vollzugskonferenz allgemein zulassen. Medizinische Warnhinweise, die keinen Rückschluss auf konkrete Erkrankungen zulassen, sind in Akten und Dateien zulässig, soweit dies zur Abwehr von Gefahren für Leib oder Leben von Gefangenen oder Dritten erforderlich ist.
(4) Sofern Angehörige von Fachdiensten außerhalb des Vollzugs mit der Untersuchung, Behandlung oder Betreuung einer oder eines Gefangenen beauftragt werden, gilt Absatz 2 mit der Maßgabe entsprechend, dass die beauftragte Person auch zur Unterrichtung des entsprechenden Fachdienstes in der Justizvollzugsanstalt befugt ist.
§ 52 Besondere Übermittlungsbefugnisse bei Untersuchungsgefangenen 12 19
(1) Wird Untersuchungshaft vollzogen oder ist Untersuchungshaft als Überhaft notiert, darf die Justizvollzugsanstalt personenbezogene Daten an das zuständige Gericht übermitteln, soweit dies für die vom Gericht anzuordnenden Maßnahmen sowie für die sonstigen die Untersuchungshaft betreffenden gerichtlichen Entscheidungen erforderlich ist. Soweit Aufgaben oder Befugnisse auf die Staatsanwaltschaft oder deren Ermittlungspersonen übertragen sind, ist auch eine Übermittlung an diese Stelle zulässig. Besondere Kategorien personenbezogener Daten dürfen nur übermittelt werden, soweit dies unbedingt erforderlich ist.
(2) Die nach § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 sowie §§ 49, 50 und 55 zulässigen Übermittlungen unterbleiben, wenn unter Berücksichtigung der Art der Information und der Rechtsstellung von Untersuchungsgefangenen die Betroffenen ein überwiegendes schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Übermittlung haben. Durch die Übermittlung darf nicht der Eindruck entstehen, dass an der oder dem Untersuchungsgefangenen eine Strafe vollzogen wird.
§ 53 Besondere Übermittlungsbefugnisse bei jungen Gefangenen 19
(1) Über die §§ 40 bis 50, 52 und 55 hinaus darf die Justizvollzugsanstalt personenbezogene Daten mit Ausnahme der erkennungsdienstlichen Unterlagen an die in § 16 Absatz 2 dieses Buchs und § 2 Absatz 9 des Vierten Buchs genannten Stellen und Personen übermitteln, soweit eine Einwilligung nach § 33 erteilt wurde oder im Diagnoseverfahren die Erforderlichkeit der der Datenübermittlung zu Grunde liegenden Maßnahme festgestellt worden ist. Die Übermittlung besonderer Kategorien personenbezogener Daten mit Ausnahme erkennungsdienstlicher Unterlagen ist zulässig, soweit sie für die Planung oder Durchführung der Maßnahme unbedingt erforderlich ist oder eine Einwilligung erteilt wurde.
(2) Bei minderjährigen Gefangenen ist die Übermittlung personenbezogener Daten mit Ausnahme der erkennungsdienstlichen Unterlagen an die Personensorgeberechtigten zulässig, sofern sie das Kindeswohl nicht gefährdet.
(3) Die sonstigen Befugnisse der Justizvollzugsanstalt zur Datenverarbeitung bleiben unberührt.
(1) Akten mit personenbezogenen Daten dürfen von der Justizvollzugsanstalt nur
überlassen werden, sofern dies für die Aufgabenerfüllung der genannten Stellen erforderlich ist. Die Überlassung an andere öffentliche Stellen ist zulässig, soweit die Erteilung einer Auskunft einen unvertretbaren Aufwand erfordert oder nach Darlegung der Akteneinsicht begehrenden Stellen für die Erfüllung der Aufgabe nicht ausreicht. Entsprechendes gilt für die Überlassung an die für Maßnahmen der Gerichtshilfe, Jugendgerichtshilfe, Bewährungshilfe und Führungsaufsicht zuständigen Stellen, an die forensischen Ambulanzen sowie für die in die Entlassungsvorbereitung oder Nachsorge eingebundenen Stellen. Sind in den Akten besondere Kategorien personenbezogener Daten enthalten, muss die Überlassung zu diesem Zweck unbedingt erforderlich sein.
(2) Sind mit personenbezogenen Daten, die nach §§ 40 bis 49, 52, 53 und 55 übermittelt werden dürfen, weitere personenbezogene Daten der betroffenen Person oder Dritter in Akten so verbunden, dass eine Trennung nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand möglich ist, ist die Übermittlung auch dieser Daten zulässig, soweit nicht berechtigte Interessen der betroffenen Person oder Dritter an deren Geheimhaltung offensichtlich überwiegen; eine Verarbeitung dieser Daten durch den Empfänger ist unzulässig. Soweit es
sich um personenbezogene Daten besonderer Kategorien handelt, ist regelmäßig von einem überwiegenden berechtigten Interesse der betroffenen Person oder Dritter an der Geheimhaltung auszugehen.
(3) Für die elektronische Versendung einer Gesamtheit von Dateien über eine Gefangene oder einen Gefangenen (elektronische Akte) gelten Absatz 1 und 2 entsprechend. Die Art der Versendung wird durch Verwaltungsvorschrift geregelt.
§ 55 Auskunft und Akteneinsicht für wissenschaftliche Zwecke 19
(1) Für die Auskunft und Akteneinsicht für wissenschaftliche Zwecke gilt § 476 StPO entsprechend.
(2) Die Befugnisse des Kriminologischen Dienstes Baden-Württemberg nach § 41 Absatz 2 und § 59 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 bleiben unberührt.
§ 56 Einsichtnahme in Gefangenenpersonalakten, Gesundheitsakten und Krankenblätter durch internationale Organisationen 19 19
Die Mitglieder einer Delegation des Europäischen Ausschusses zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe erhalten während des Besuchs in der Justizvollzugsanstalt Einsicht in die Gefangenenpersonalakten, Gesundheitsakten und Krankenblätter im Justizvollzugskrankenhaus, soweit dies zur Wahrnehmung der Aufgaben des Ausschusses erforderlich ist.
§ 57 Elektronische Aktenführung 19 19
Die Justizvollzugsanstalten können die Akten auch elektronisch führen. Das Justizministerium wird ermächtigt, Regelungen für die elektronische Führung von Akten durch Rechtsverordnung zu treffen.
§ 58 Anstaltsübergreifende Datenverarbeitung 19
(1) Bei Verlegungen und Überstellungen von Gefangenen oder in Verwaltungsvorgängen, an denen mehrere Justizvollzugsanstalten beteiligt sind, darf die Jus tizvollzugsanstalt anderen Justizvollzugsanstalten personenbezogene Daten übermitteln, soweit diese für die Erfüllung der Aufgaben der die Daten empfangenden Justizvollzugsanstalt erforderlich sind. Sollen personenbezogene Daten besonderer Kategorien übermittelt werden, muss dies zur Aufgabenerfüllung der empfangenden Justizvollzugsanstalt unbedingt erforderlich sein. Satz 1 und 2 gelten entsprechend für die Übermittlung von personenbezogenen Daten aus früher vollzogenen Inhaftierungen (Vorinhaftierungen) an andere Justizvollzugsanstalten. Satz 1 bis 3 gelten entsprechend bei Verlegungen, Überstellungen und der Übermittlung von personenbezogenen Daten von Gefangenen aus Vorinhaftierungen an die Vollzugsbehörden anderer Bundesländer.
(2) Die Justizvollzugsanstalt darf personenbezogene Daten von in anderen Justizvollzugsanstalten des Landes inhaftierten Gefangenen verarbeiten, soweit diese
erforderlich sind. Die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten ist zulässig, wenn sie für die in Satz 1 genannten Zwecke unbedingt erforderlich ist.
(3) Die Befugnisse zur anstaltsübergreifenden Datenverarbeitung bestehen auch, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass die Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt durch anstaltsübergreifende Kontakte oder Strukturen dieser Gefangenen in besonderem Maße gefährdet ist. Aus diesen Gründen darf die Justizvollzugsanstalt auch personenbezogene Daten mit Ausnahme erkennungsdienstlicher Unterlagen von Dritten verarbeiten, soweit zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese in Kommunikationsstrukturen der Gefangenen eingebunden sind.
(4) Sofern das Justizministerium als Aufsichtsbehörde Aufgaben der Justizvollzugsanstalten selbst wahrnimmt oder Stellen innerhalb des Justizvollzugs des Landes mit der Wahrnehmung anstaltsübergreifender vollzuglicher Aufgaben beauftragt, stehen dem Justizministerium sowie den von ihm beauftragten Stellen die Befugnisse zur Verarbeitung personenbezogener Daten nach diesem Gesetz zu.
(5) Bestehen auf Grund einer entsprechenden Vereinbarung Vollzugsgemeinschaften mit anderen Ländern, ist die Übermittlung personenbezogener Daten direkt an die beteiligten Justizvollzugsanstalten sowie deren Justizministerien als Aufsichtsbehörde zulässig, soweit dies für die vereinbarte länderübergreifende Aufgabenerfüllung erforderlich ist. Die Übermittlung besonderer Kategorien personenbezogener Daten ist zulässig, wenn sie für die in Satz 1 genannten Zwecke unbedingt erforderlich ist. Näheres regelt eine Verwaltungsvorschrift.
§ 59 Automatisierte Übermittlungs- und Abrufverfahren 19
(1) Für die Übermittlung und den Abruf personenbezogener Daten dürfen automatisierte Verfahren eingerichtet werden, soweit dies unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen der betroffenen Person und der Aufgaben der beteiligten Stellen angemessen ist. Die Übermittlung und der Abruf besonderer Kategorien personenbezogener Daten ist nur zulässig, wenn sie unbedingt erforderlich sind.
(2) Am automatisierten Abrufverfahren können neben bestimmten Bediensteten der Justizvollzugsanstalten sowie des Justizministeriums als Aufsichtsbehörde beteiligt werden:
Darüber hinaus kann die Übermittlung personenbezogener Daten nach § 42 Absatz 2, § 44 Absatz 4 und § 58 Absatz 1 automatisiert erfolgen. Das Justizministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung weitere Beteiligte an automatisierten Übermittlungs- und Abrufverfahren zu benennen, soweit dies erforderlich ist.
(3) Die beteiligten Stellen haben zu gewährleisten, dass die Zulässigkeit des Übermittlungs- oder Abrufverfahrens kontrolliert werden kann. Hierzu haben sie schriftlich festzulegen:
Die verantwortliche Stelle hat insbesondere durch Zuweisung von beschränkten Abrufrechten sicherzustellen, dass nur die zur Aufgabenerfüllung des Empfängers erforderlichen Daten übermittelt werden können. Die erforderlichen Festlegungen können auch durch das Justizministerium als Aufsichtsbehörde mit Wirkung für die ihrer Aufsicht unterliegenden Stellen des Landes getroffen werden.
(4) Die Zulässigkeit einzelner Übermittlungen und Abrufe beurteilt sich nach den für die Erhebung und Übermittlung geltenden Vorschriften. Die Verantwortung für die Zulässigkeit des einzelnen Abrufs trägt der Empfänger. Die verantwortliche Stelle prüft die Zulässigkeit des Abrufs nur, wenn dazu ein beson derer Anlass besteht. Die verantwortliche Stelle hat zu gewährleisten, dass der Abruf personenbezogener Daten durch geeignete Stichprobenverfahren festgestellt und überprüft werden kann.
§ 60 Datenverarbeitung bei Übertragung von Vollzugsaufgaben 19
(1) Werden Aufgaben des Vollzugs ganz oder teil weise an öffentliche oder nichtöffentliche Stellen oder Personen zur Erledigung übertragen, dürfen die für die Auf gabenwahrnehmung erforderlichen personenbezogenen Daten an diese übermittelt werden. Soweit erforderlich, dürfen ihnen Dateien und Akten zur Aufgabenerfüllung überlassen werden.
(2) Die Aufgaben sind von der Justizvollzugsanstalt oder dem Justizministerium als Aufsichtsbehörde mit Wirkung für die Justizvollzugsanstalt an einen sorgfältig auszuwählenden Dritten als verantwortliche Stelle oder Person zu übertragen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob die verantwortliche Stelle oder Person ausreichend Gewähr dafür bietet, dass er oder sie die für eine datenschutzgerechte Datenverarbeitung erforderlichen tech nischen und organisatorischen Maßnahmen zu treffen in der Lage ist. Der Auftrag ist schriftlich zu erteilen und muss Angaben zu Gegenstand und Umfang der erforderlichen Datenüberlassung sowie das Erfordernis der Verpflichtung des einzusetzenden Personals nach dem Verpflichtungsgesetz enthalten. Die Justizvollzugsanstalt oder das Justizministerium als Auftraggeber haben sich das Recht vorzubehalten, die Einhaltung datenschutzrechtlicher Maßnahmen zu überprüfen.
(3) Soweit die übertragenen Vollzugsaufgaben innerhalb von Justizvollzugsanstalten geleistet werden, finden die nach § 27 Absatz 2 Satz 1 für die Verarbeitung personenbezogener Daten geltenden Vorschriften dieses Abschnitts entsprechende Anwendung.
§ 61 Einschränkungen der Verarbeitung, Übermittlungsverantwortung und Verfahren 19
(1) Bei der Überwachung der Besuche, des Schriftwechsels, der Telekommunikation sowie des Paketverkehrs bekannt gewordene personenbezogene Daten dürfen nur für die in § 41 Absatz 1, § 42 Absatz 1, § 48 Absatz 1 und § 49 Satz 1 Nummer 1 und 2 aufgeführten Zwecke, zur Wahrung der Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt oder nach Anhörung der Gefangenen für Zwecke der Behandlung verarbeitet werden. Die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten ist nur zulässig, wenn sie zu den in Satz 1 genannten Zwecken unbedingt erforderlich ist.
(2) Die Übermittlung von personenbezogenen Daten unterbleibt, soweit die in § 51 Absatz 2 sowie in § 81 Absatz 1 bis 3 und 6 geregelten Einschränkungen oder besondere gesetzliche Verwendungsregelungen entgegenstehen.
(3) Die Verantwortung für die Zulässigkeit der Übermittlung personenbezogener Daten trägt die Justizvollzugsanstalt. Erfolgt die Übermittlung an eine öffentliche Stelle im Geltungsbereich des Grundgesetzes auf deren Ersuchen, trägt diese die Verantwortung und erteilt erforderlichenfalls die Informationen nach Artikel 14 der Verordnung (EU) 2016/679. Die Justizvollzugsanstalt hat im Falle des Satz 2 lediglich zu prüfen, ob das Übermittlungsersuchen im Rahmen der Aufgaben der ersuchenden öffentlichen Stelle liegt. Die Rechtmäßigkeit des Ersuchens prüft sie nur, wenn im Einzelfall hierzu Anlass besteht.
(1) Von der Justizvollzugsanstalt übermittelte personenbezogene Daten dürfen nur zu dem Zweck verarbeitet werden, zu dessen Erfüllung sie übermittelt worden sind. Der Empfänger darf die Daten für an dere Zwecke nur verarbeiten, soweit sie ihm auch für diese Zwecke hätten übermittelt werden dürfen und wenn im Falle einer Übermittlung an nichtöffentliche Stellen die übermittelnde Justizvollzugsanstalt zugestimmt hat. Die Justizvollzugsanstalt hat nichtöffentliche Empfänger auf die Zweckbindung nach Satz 1 und die Geltung des Datengeheimnisses nach § 73 Absatz 1 hinzuweisen.
(2) Personenbezogene Daten, die nach § 34 Absatz 4 über Personen, die nicht Gefangene sind, erhoben worden sind, dürfen nur zur Erfüllung des Erhebungszweckes sowie für die in § 42 Absatz 1 Nummer 1 bis 4 und § 48 Absatz 1 geregelten Zwecke verarbeitet werden.
§ 63 Datenübermittlung an Drittstaaten und internationale Organisationen 19
Für die Übermittlung von personenbezogenen Daten an Stellen in Drittstaaten oder an internationale Organisationen gelten §§ 78 bis 81 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) entsprechend.
Unterabschnitt 4 19
Datenverarbeitung zu Zwecken der Richtlinie (EU) 2016/680 Rechte der betroffenen Personen
§ 64 Allgemeine Informationen zu Datenverarbeitungen 19
Die Justizvollzugsanstalt stellt in allgemeiner Form und für die Gefangenen und andere betroffenen Personen zugänglich Informationen zur Verfügung über
§ 65 Benachrichtigung betroffener Personen 19
(1) Über eine ohne ihre Kenntnis vorgenommene Erhebung personenbezogener Daten werden die betroffenen Personen unter Angabe dieser Daten benachrichtigt, sofern sie nicht bereits auf andere Weise Kenntnis erlangt haben. Die Benachrichtigung hat zumindest die folgenden Angaben zu enthalten:
(2) Werden die durch Videotechnik erhobenen Daten einer bestimmten Person zugeordnet, so ist diese über eine weitere Verarbeitung zu benachrichtigen, sofern sie nicht bereits auf andere Weise Kenntnis von der weiteren Verarbeitung erlangt hat. Die Benachrichtigung hat zumindest die in Absatz 1 Satz 2 genannten Angaben zu enthalten.
(3) In den Fällen von Absatz 1 und 2 kann die Justizvollzugsanstalt die Benachrichtigung aufschieben, einschränken oder unterlassen, soweit und solange andernfalls
(4) Bezieht sich die Benachrichtigung auf die Übermittlung personenbezogener Daten an Behörden der Staatsanwaltschaft, an Polizeidienststellen, Verfassungsschutzbehörden oder, soweit sie in Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben im Anwendungsbereich der Abgabenordnung zur Überwachung und Prüfung personenbezogene Daten speichern, an Behörden der Finanzverwaltung, ist diesen Behörden vorab Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Satz 1 findet auch Anwendung auf die Übermittlung personenbezogener Daten an den Bundesnachrichtendienst, den Militärischen Abschirmdienst und, soweit die Sicherheit des Bundes berührt wird, an andere Behörden des Bundesministeriums der Verteidigung. Satz 1 und 2 gelten entsprechend für die Herkunft der Daten von den genannten Behörden.
(5) Im Fall der Einschränkung nach Absatz 3 gilt § 66 Absatz 8 und 9 entsprechend.
§ 66 Auskunftsrecht, Akteneinsicht 19
(1) Die Justizvollzugsanstalt erteilt betroffenen Personen auf Antrag Auskunft darüber, ob sie diese Personen betreffende Daten verarbeitet. Betroffene Personen haben darüber hinaus das Recht, Informationen zu erhalten über
Soweit eine Auskunft für die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen der betroffenen Person nicht ausreicht und sie auf die Einsichtnahme angewiesen ist, erhält sie Akteneinsicht. Auf einen entsprechenden Antrag ist Gefangenen in ihre Gesundheitsakten in der Regel Akteneinsicht zu gewähren.
(2) Absatz 1 gilt nicht für personenbezogene Daten, die nur deshalb verarbeitet werden, weil sie aufgrund gesetzlicher Aufbewahrungsvorschriften nicht gelöscht werden dürfen oder die ausschließlich Zwecken der Datensicherung oder der Datenschutzkontrolle dienen, wenn die Auskunftserteilung einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde und eine Verarbeitung zu anderen Zwecken durch geeignete technische und organisatorische Maßnahmen ausgeschlossen ist.
(3) Von der Auskunftserteilung ist abzusehen, wenn die betroffene Person keine Angaben macht, die das Auffinden der Daten ermöglichen, und deshalb der für die Erteilung der Auskunft erforderliche Aufwand außer Verhältnis zu dem von der betroffenen Person geltend gemachten Informationsinteresse steht.
(4) Die Justizvollzugsanstalt kann unter den Voraussetzungen des § 65 Absatz 3 von der Auskunft nach Absatz 1 absehen oder die Auskunftserteilung einschränken. Dies gilt für die Akteneinsicht entsprechend. Ein Recht auf Akteneinsicht besteht zudem nicht, wenn die Daten der betroffenen Person mit Daten Dritter oder geheimhaltungsbedürftigen nicht personenbezogenen Daten derart verbunden sind, dass ihre Trennung nicht oder nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand möglich ist; in diesem Fall ist der betroffenen Person Auskunft zu erteilen.
(5) Die Auskunft und die Gewährung von Akteneinsicht können versagt werden, wenn sie den Zweck der Untersuchungshaft gefährden.
(6) § 65 Absatz 4 gilt entsprechend.
(7) Die Justizvollzugsanstalt hat die betroffene Person über das Absehen von oder die Einschränkung einer Auskunft unverzüglich schriftlich zu unterrichten. Dies gilt nicht, wenn bereits die Erteilung dieser Informationen eine Gefährdung oder ein Nachteil im Sinne des § 65 Absatz 3 mit sich bringen würde. Die Unterrichtung nach Satz 1 ist zu begründen, es sei denn, dass die Mitteilung der Gründe den mit dem Absehen von oder der Einschränkung der Auskunft verfolgten Zweck gefährden würde.
(8) Wird die betroffene Person nach Absatz 7 über das Absehen von oder die Einschränkung der Auskunft unterrichtet, kann sie ihr Auskunftsrecht auch über die Landesbeauftragte oder den Landesbeauftragten für den Datenschutz ausüben. Die Justizvollzugsanstalt hat die betroffene Person über diese Möglichkeit sowie darüber zu unterrichten, dass sie die Landesbeauftragte oder den Landesbeauftragten für den Datenschutz anrufen oder gerichtlichen Rechtsschutz suchen kann. Macht die betroffene Person von ihrem Recht nach Satz 1 Gebrauch, ist die Auskunft auf ihr Verlangen der oder dem Landesbeauftragten für den Datenschutz zu erteilen, soweit nicht das Justizministerium im Einzelfall feststellt, dass dadurch die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gefährdet würde. Die oder der Landesbeauftragte für den Datenschutz hat die betroffene Person zumindest darüber zu unterrichten, dass alle erforderlichen Prüfungen erfolgt sind oder eine Überprüfung durch sie stattgefunden hat. Diese Mitteilung kann die Information enthalten, ob datenschutzrechtliche Verstöße festgestellt wurden. Die Mitteilung der oder des Landesbeauftragten für den Datenschutz an die betroffene Person darf keine Rückschlüsse auf den Erkenntnisstand der Justizvollzugsanstalt zulassen, sofern diese keiner weitergehenden Auskunft zustimmt. Die Justizvollzugsanstalt darf die Zustimmung nur insoweit und solange verweigern, wie sie nach Absatz 4 Satz 1 von einer Auskunft ab sehen oder sie einschränken könnte. Die oder der Landesbeauftragte für den Datenschutz hat zudem die betroffene Person über ihr Recht auf gerichtlichen Rechtsschutz zu unterrichten.
(9) Die Justizvollzugsanstalt hat die sachlichen oder rechtlichen Gründe für die Entscheidung zu dokumentieren.
(10) Weitergehende Auskunftsrechte nach allgemeinen Grundsätzen finden für den Bereich des Justizvollzugs keine Anwendung.
§ 67 Rechte auf Berichtigung und Löschung sowie Einschränkung der Verarbeitung 19
(1) Die betroffene Person hat das Recht, von der Justizvollzugsanstalt unverzüglich die Berichtigung sie betreffender unrichtiger Daten zu verlangen. Insbesondere im Fall von Aussagen oder Beurteilungen betrifft die Frage der Richtigkeit nicht den Inhalt der Aussage oder Beurteilung. Wenn die Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Daten nicht festgestellt werden kann, tritt an die Stelle der Berichtigung eine Einschränkung der Verarbeitung. In diesem Fall hat die Justizvollzugsanstalt die betroffene Person zu unterrichten, bevor sie die Einschränkung wieder aufhebt. Die betroffene Person kann zudem die Vervollständigung unvollständiger personenbezogener Daten verlangen, wenn dies unter Berücksichtigung der Verarbeitungszwecke angemessen ist.
(2) Die betroffene Person hat das Recht, von der Justizvollzugsanstalt unverzüglich die Löschung sie betreffender Daten zu verlangen, wenn deren Verarbeitung unzulässig ist, deren Kenntnis für die Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich ist oder diese zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung gelöscht werden müssen.
(3) Anstatt die personenbezogenen Daten zu löschen, kann die Justizvollzugsanstalt deren Verarbeitung einschränken, wenn
In ihrer Verarbeitung nach Satz 1 eingeschränkte Daten dürfen nur zu dem Zweck verarbeitet werden, der ihrer Löschung entgegenstand.
(4) Bei automatisierten Dateisystemen ist technisch sicherzustellen, dass eine Einschränkung der Verarbeitung eindeutig erkennbar ist und eine Verarbeitung für andere Zwecke nicht ohne weitere Prüfung möglich ist.
(5) Hat die Justizvollzugsanstalt eine Berichtigung vorgenommen, hat sie einer Stelle, die ihr die personenbezogenen Daten zuvor übermittelt hat, die Berichtigung mitzuteilen. In Fällen der Berichtigung, Löschung oder Einschränkung der Verarbeitung nach Absatz 1 bis 3 hat die Justizvollzugsanstalt Empfängern, denen die Daten übermittelt wurden, diese Maßnahmen mitzuteilen. Der Empfänger hat die Daten zu berichtigen, zu löschen oder ihre Verarbeitung einzuschränken.
(6) Die Justizvollzugsanstalt hat die betroffene Person über ein Absehen von der Berichtigung oder Löschung personenbezogener Daten oder über die an deren Stelle tretende Einschränkung der Verarbeitung schriftlich zu unterrichten. Dies gilt nicht, wenn bereits die Erteilung dieser Informationen eine Gefährdung im Sinne des § 65 Absatz 3 mit sich bringen würde. Die Unterrichtung nach Satz 1 ist zu begründen, es sei denn, dass die Mitteilung der Gründe den mit dem Absehen von der Unterrichtung verfolgten Zweck gefährden würde.
(7) § 66 Absatz 8 und 9 findet entsprechende Anwendung.
§ 68 Verfahren für die Ausübung der Rechte der betroffenen Person 19
(1) Die Justizvollzugsanstalt hat mit betroffenen Personen unter Verwendung einer klaren und einfachen Sprache in präziser, verständlicher und leicht zugänglicher Form zu kommunizieren. Unbeschadet besonderer Formvorschriften soll sie bei der Beantwortung von Anträgen grundsätzlich die für den Antrag gewählte Form verwenden.
(2) Bei Anträgen hat die Justizvollzugsanstalt die betroffene Person unbeschadet des § 66 Absatz 7 und des § 67 Absatz 6 unverzüglich schriftlich darüber in Kenntnis zu setzen, wie verfahren wurde.
(3) Die Erteilung von Informationen nach § 64, die Benachrichtigungen nach den §§ 65 und 76 und die Bearbeitung von Anträgen nach den §§ 66 und 67 erfolgen unentgeltlich. Bei offenkundig unbegründeten oder exzessiven Anträgen nach den §§ 66 und 67 kann die Justizvollzugsanstalt entweder eine angemessene Gebühr auf der Grundlage der Verwaltungskosten verlangen oder sich weigern, aufgrund des Antrags tätig zu werden. In diesem Fall muss die Justizvollzugsanstalt den offenkundig unbegründeten oder exzessiven Charakter des Antrags belegen können.
(4) Hat die Justizvollzugsanstalt begründete Zweifel an der Identität einer betroffenen Person, die einen Antrag nach den §§ 66 oder 67 gestellt hat, kann sie von ihr zusätzliche Informationen anfordern, die zur Bestätigung ihrer Identität erforderlich sind.
§ 69 Anrufung der oder des Landesbeauftragten für den Datenschutz 19
(1) Jede betroffene Person kann sich unbeschadet anderweitiger Rechtsbehelfe mit einer Beschwerde an die Landesbeauftragte oder den Landesbeauftragten für den Datenschutz wenden, wenn sie der Auffassung ist, bei der Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten durch die verantwortlichen Stellen in ihren Rechten verletzt worden zu sein.
(2) Die oder der Landesbeauftragte für den Datenschutz unterrichtet die betroffene Person über den Stand und das Ergebnis der Prüfung und weist sie hierbei auf die Möglichkeit, gerichtlichen Rechtsschutz nach § 70 in Anspruch zu nehmen, hin.
(3) Werden bei der oder dem Landesbeauftragten für den Datenschutz Beschwerden eingelegt, die eine Verarbeitung betreffen, die in die Zuständigkeit der oder des Bundesbeauftragten für den Datenschutz oder einer datenschutzrechtlichen Aufsichtsbehörde in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union fällt, leitet sie oder er diese Beschwerde unverzüglich an die zuständige Behörde weiter. Die oder der Landesbeauftragte unterrichtet die betroffene Person über die Weiterleitung nach Satz 1.
§ 70 Rechtsschutz gegen Entscheidungen der oder des Landesbeauftragten für den Datenschutz oder bei deren oder dessen Untätigkeit 19
(1) Jede natürliche oder juristische Person kann unbeschadet anderer Rechtsbehelfe gerichtlich gegen eine verbindliche Entscheidung der oder des Landesbeauftragten für den Datenschutz vorgehen.
(2) Absatz 1 gilt entsprechend zugunsten betroffener Personen, wenn sich die oder der Landesbeauftragte für den Datenschutz mit einer Beschwerde nach § 69 nicht befasst oder die betroffene Person nicht innerhalb von drei Monaten nach Einlegung der Beschwerde über den Stand oder das Ergebnis der Beschwerde in Kenntnis gesetzt hat.
Unterabschnitt 5 19
Datenverarbeitung zu Zwecken der Richtlinie (EU) 2016/680 Pflichten der Justizvollzugsanstalten und der Auftragsverarbeiter
§ 71 Datenverarbeitung im Auftrag 19
(1) Die Justizvollzugsanstalten dürfen personenbezogene Daten durch andere Personen oder Stellen im Auftrag verarbeiten lassen. Dies gilt auch für Prüfungs- oder Wartungsarbeiten und vergleichbare Hilfstätig keiten einschließlich der Fernwartung, über deren Durchführung neben der verantwortlichen Stelle auch das Justizministerium als Aufsichtsbehörde mit Wirkung für die ihrer Aufsicht unterliegenden Stellen entscheiden kann.
(2) Werden personenbezogene Daten im Auftrag einer Justizvollzugsanstalt durch andere Personen oder Stellen verarbeitet, bleibt die Justizvollzugsanstalt für die Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes und anderer Vorschriften über den Datenschutz verantwortlich. Die Rechte der betroffenen Personen auf Auskunft, Berichtigung, Löschung, Einschränkung der Verarbeitung und Schadensersatz sind in diesem Fall gegenüber der Justizvollzugsanstalt geltend zu machen.
(3) Eine Justizvollzugsanstalt darf nur solche Auftragsverarbeiter mit der Verarbeitung personenbezogener Daten beauftragen, die mit geeigneten technischen und organisatorischen Maßnahmen sicherstellen, dass die Verarbeitung im Einklang mit den gesetzlichen Anforderungen erfolgt und der Schutz der Rechte der betroffenen Personen gewährleistet wird.
(4) Auftragsverarbeiter dürfen ohne vorherige schriftliche Genehmigung der Justizvollzugsanstalt keine weiteren Auftragsverarbeiter hinzuziehen. Hat die Justizvollzugsanstalt dem Auftragsverarbeiter eine allgemeine Genehmigung zur Hinzuziehung weiterer Auftragsverarbeiter erteilt, hat der Auftragsverarbeiter die Justizvollzugsanstalt über jede beabsichtigte Hinzuziehung oder Ersetzung zu informieren. Die Justizvollzugsanstalt kann in diesem Fall die Hinzuziehung oder Ersetzung untersagen.
(5) Zieht ein Auftragsverarbeiter einen weiteren Auftragsverarbeiter hinzu, so hat er diesem dieselben Verpflichtungen aus seinem Vertrag mit der Justizvollzugsanstalt nach Absatz 6 aufzuerlegen, die auch für ihn gelten, soweit diese Pflichten für den weiteren Auftragsverarbeiter nicht schon aufgrund anderer Vorschriften verbindlich sind. Erfüllt ein weiterer Auftragsverarbeiter diese Verpflichtungen nicht, so haftet der ihn beauftragende Auftragsverarbeiter gegenüber der Justizvollzugsanstalt für die Einhaltung der Pflichten des weiteren Auftragsverarbeiters.
(6) Die Verarbeitung durch einen Auftragsverarbeiter hat auf der Grundlage eines Vertrags oder eines anderen Rechtsinstruments zu erfolgen, der oder das den Auftragsverarbeiter an die Justizvollzugsanstalt bindet und der oder das den Gegenstand, die Dauer, die Art und den Zweck der Verarbeitung, die Art der personenbezogenen Daten, die Kategorien betroffener Personen und die Rechte und Pflichten der Justizvollzugsanstalt festlegt. Der Vertrag oder das andere Rechtsinstrument haben insbesondere vorzusehen, dass der Auftragsverarbeiter
(7) Der Vertrag im Sinne des Absatzes 6 ist in schriftlicher oder elektronischer Form abzufassen.
(8) Ein Auftragsverarbeiter, der die Zwecke und Mittel der Verarbeitung unter Verstoß gegen diese Vorschrift bestimmt, gilt in Bezug auf diese Verarbeitung als Verantwortlicher anstelle der Justizvollzugsanstalt.
§ 72 Gemeinsam Verantwortliche 19
Legen zwei oder mehr Verantwortliche gemeinsam die Zwecke und die Mittel der Verarbeitung fest, gelten sie als gemeinsam Verantwortliche. Gemeinsam Verantwortliche haben ihre jeweiligen Aufgaben und datenschutzrechtlichen Verantwortlichkeiten in transparenter Form in einer Vereinbarung festzulegen, soweit diese nicht bereits in Rechtsvorschriften fest gelegt sind. Aus der Vereinbarung muss insbesondere hervorgehen, wer welchen Informationspflichten nachzukommen hat und wie und gegenüber wem betroffene Personen ihre Rechte wahrnehmen können. Fehlt eine Regelung nach Satz 3, kann die betroffene Person ihre Rechte gegenüber jedem der gemeinsam Verantwortlichen geltend machen.
(1) Den bei Justizvollzugsanstalten beschäftigten Personen ist es untersagt, personenbezogene Daten unbefugt zu verarbeiten oder sonst zu verwenden (Datengeheimnis). Personen, die keine Amtsträger sind, sind bei der Aufnahme ihrer Tätigkeit nach dem Verpflichtungsgesetz vom 2. März 1974 (BGBl. I S. 469, 547), das durch § 1 Nummer 4 des Gesetzes vom 15. August 1974 (BGBl. I S. 1942) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung auf das Datengeheimnis zu verpflichten. Das Datengeheimnis besteht auch nach Beendigung der Tätigkeit fort.
(2) Alle im Justizvollzug Tätigen dürfen sich von personenbezogenen Daten Kenntnis verschaffen, soweit dies zur Erfüllung der ihnen obliegenden Aufgaben oder für die zur gemeinsamen Aufgabenerfüllung gebotene Zusammenarbeit aller Vollzugsbediensteten erforderlich ist. Von personenbezogenen Daten besonderer Kategorien dürfen sie sich nur Kenntnis verschaffen, soweit dies zur Erfüllung der in Satz 1 genannten Zwecke unbedingt erforderlich ist.
§ 74 Anforderungen an die Sicherheit der Datenverarbeitung 19
(1) § 64 BDSG gilt entsprechend.
(2) Das Justizministerium wird ermächtigt, die erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen durch Rechtsverordnung näher zu bestimmen.
§ 75 Meldung von Verletzungen 19
(1) Im Falle einer Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten hat die Justizvollzugsanstalt unverzüglich und möglichst innerhalb von 72 Stunden nach Bekanntwerden der Verletzung diese der oder dem Landesbeauftragten für den Datenschutz zu melden. Erfolgt die Meldung nicht innerhalb von 72 Stunden, ist der späteren Meldung eine Begründung für die Verzögerung beizufügen.
(2) Die Meldung nach Absatz 1 kann unterbleiben, wenn die Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten voraussichtlich nicht zu einem Risiko für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen führt.
(3) Die Meldung nach Absatz 1 muss zumindest folgende Informationen enthalten:
Können zum Zeitpunkt der Meldung nach Absatz 1 nicht alle Informationen nach Absatz 3 bereitgestellt werden, kann die Justizvollzugsanstalt diese Informationen ohne unangemessene weitere Verzögerung schrittweise zur Verfügung stellen.
(4) Ein Auftragsverarbeiter hat eine Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten nach Bekanntwerden unverzüglich der Justizvollzugsanstalt zu melden.
(5) Die Justizvollzugsanstalt dokumentiert Verletzungen des Schutzes personenbezogener Daten nach Absatz 1 einschließlich aller im Zusammenhang mit der Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten stehenden Umstände, deren Auswirkungen und die ergriffenen Abhilfemaßnahmen in einer Weise, die es der oder dem Landesbeauftragten für den Datenschutz ermöglicht, die Einhaltung der Voraussetzungen nach dieser Vorschrift zu überprüfen.
(6) Soweit von einer Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten personenbezogene Daten betroffen sind, die von einem oder an einen Verantwortlichen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union übermittelt wurden, sind die in Absatz 3 genannten Informationen dem dortigen Verantwortlichen unverzüglich zu übermitteln.
(7) Die Justizvollzugsanstalt hat es zu ermöglichen, dass ihr vertrauliche Meldungen über in ihrem Verantwortungsbereich erfolgende Verstöße gegen Datenschutzvorschriften zugeleitet werden können.
(8) Weitere Pflichten der Justizvollzugsanstalt zu Benachrichtigungen über Verletzungen des Schutzes personenbezogener Daten bleiben unberührt.
§ 76 Benachrichtigung betroffener Personen 19
(1) Geht mit der Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten nach § 75 Absatz 1 voraussichtlich ein hohes Risiko für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen einher, benachrichtigt die Justizvollzugsanstalt die betroffenen Personen unverzüglich. Die Benachrichtigung beschreibt in klarer und einfacher Sprache die Art der Verletzung und enthält zumindest die Angaben nach § 75 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 bis 4.
(2) Von einer Benachrichtigung nach Absatz 1 kann abgesehen werden, wenn
In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 hat anstelle der persönlichen Benachrichtigung eine öffentliche Bekanntmachung oder eine ähnliche Maßnahme zu erfolgen, durch die die betroffenen Personen in vergleichbar wirksamer Weise informiert werden.
(3) Unterlässt die Justizvollzugsanstalt die Benachrichtigung nach Absatz 1, kann die oder der Landesbeauftragte für den Datenschutz das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 2 prüfen und dies feststellen. Ergibt die Prüfung nach Satz 1, dass die Voraussetzungen nach Absatz 2 nicht vorlagen, kann die oder der Landesbeauftragte für den Datenschutz unter Berücksichtigung der Wahrscheinlichkeit, mit der die Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten zu einem hohen Risiko führt, von der Justizvollzugsanstalt die Nachholung der Benachrichtigung verlangen.
(4) Die Benachrichtigung der betroffenen Personen nach Absatz 1 kann unter den in § 65 Absatz 3 genannten Voraussetzungen aufgeschoben, eingeschränkt oder ganz unterlassen werden.
§ 77 Datenschutz-Folgenabschätzung 19
(1) Hat eine Form der Verarbeitung, insbesondere bei Verwendung neuer Technologien, aufgrund der Art, des Umfangs, der Umstände und der Zwecke der Verarbeitung voraussichtlich ein hohes Risiko für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen zur Folge, führt die Justizvollzugsanstalt vorab eine Abschätzung der Folgen der vorgesehenen Verarbeitungsvorgänge für den Schutz personenbezogener Daten durch.
(2) Für die Untersuchung mehrerer ähnlicher Verarbeitungsvorgänge mit ähnlich hohem Gefahrenpotential kann eine gemeinsame Datenschutz-Folgenabschätzung vorgenommen werden.
(3) Der Verantwortliche hat die Datenschutzbeauftragte oder den Datenschutzbeauftragten an der Durchführung der Folgenabschätzung zu beteiligen.
(4) Die Folgenabschätzung gemäß Absatz 1 hat den Rechten der von der Verarbeitung betroffenen Personen und sonstiger Betroffener Rechnung zu tragen und zumindest Folgendes zu enthalten:
(5) Soweit erforderlich, hat der Verantwortliche eine Überprüfung durchzuführen, ob die Verarbeitung den Maßgaben folgt, die sich aus der Folgenabschätzung ergeben haben.
§ 78 Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten 19
(1) Die Justizvollzugsanstalt hat ein Verzeichnis aller Kategorien von Verarbeitungstätigkeiten zu führen, die in ihre Zuständigkeit fallen. Dieses Verzeichnis hat die folgenden Angaben zu enthalten:
(2) Jeder Auftragsverarbeiter führt ein Verzeichnis zu allen Kategorien von Verarbeitungen, die er im Auftrag einer Justizvollzugsanstalt durchführt, das Folgendes enthält:
(3) Die in Absatz 1 und 2 genannten Verzeichnisse sind in schriftlicher oder in elektronischer Form zu führen.
(4) Justizvollzugsanstalt und Auftragsverarbeiter stellen auf Anforderung ihre Verzeichnisse der oder dem Landesbeauftragten für den Datenschutz zur Verfügung.
§ 79 Datenschutz durch Technikgestaltung und datenschutzfreundliche Voreinstellung 19
(1) Die Justizvollzugsanstalt trifft sowohl zum Zeitpunkt der Festlegung der Mittel für die Verarbeitung als auch zum Zeitpunkt der Verarbeitung selbst angemessene Vorkehrungen, die geeignet sind, die Datenschutzgrundsätze wie etwa die Datensparsamkeit wirk sam umzusetzen und die sicherstellen, dass die gesetzlichen Anforderungen eingehalten und die Rechte der betroffenen Personen geschützt werden. Sie hat hierbei den Stand der Technik, die Implementierungskosten und die Art, den Umfang, die Umstände und die Zwecke der Verarbeitung sowie die unterschiedliche Eintrittswahrscheinlichkeit und Schwere der mit der Verarbeitung verbundenen Gefahren für die Rechtsgüter der betroffenen Personen zu berücksichtigen. Insbesondere ist bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und der Auswahl und Gestaltung von Datenverarbeitungssystemen § 32 Absatz 2 zu beachten.
(2) Die Justizvollzugsanstalt trifft geeignete technische und organisatorische Maßnahmen, die sicherstellen, dass durch Voreinstellungen grundsätzlich nur solche personenbezogenen Daten verarbeitet werden, deren Verarbeitung für den jeweiligen bestimmten Verarbeitungszweck erforderlich ist. Dies betrifft die Menge der erhobenen Daten, den Umfang ihrer Verarbeitung, ihre Speicherfrist und ihre Zugänglichkeit. Die Maßnahmen müssen insbesondere gewährleisten, dass die Daten durch Voreinstellungen nicht automatisiert einer unbestimmten Anzahl von Personen zugänglich gemacht werden können.
§ 80 Verfahren bei Übermittlungen 19
(1) Die Justizvollzugsanstalt ergreift angemessene Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass personenbezogene Daten, die unrichtig, unvollständig oder nicht mehr ak tuell sind, nicht übermittelt oder sonst zur Verfügung gestellt werden. Zu diesem Zweck überprüft sie, soweit dies mit angemessenem Aufwand möglich ist, die Qualität der Daten vor ihrer Übermittlung oder Bereitstellung. Bei jeder Übermittlung personenbezogener Daten fügt sie zudem, soweit dies möglich und angemessen ist, Informationen bei, die es dem Empfänger gestatten, die Richtigkeit, die Vollständigkeit und die Zuverlässigkeit der Daten sowie deren Aktualität zu beurteilen.
(2) Gelten für die Verarbeitung von personenbezogenen Daten besondere Bedingungen, weist bei Datenübermittlungen die übermittelnde Stelle den Empfänger auf diese Bedingungen und die Pflicht zu ihrer Beachtung hin. Die Hinweispflicht kann dadurch erfüllt werden, dass die Daten entsprechend markiert werden.
(3) Die übermittelnde Stelle darf auf Empfänger in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und auf Einrichtungen und sonstige Stellen, die nach Kapitel 4 und 5 des Titels V des Dritten Teils des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union errichtet wurden, keine Bedingungen nach Absatz 2 anwenden, die nicht auch für entsprechende innerstaatliche Datenübermittlungen gelten.
§ 81 Berichtigung, Löschung und Einschränkung der Verarbeitung 19
(1) Die Justizvollzugsanstalt berichtigt personenbezogene Daten, wenn sie unrichtig sind. Eine Berichtigung teilt sie einer Stelle, die die Daten zuvor an sie übermittelt hat, mit.
(2) Die Justizvollzugsanstalt löscht personenbezogene Daten unverzüglich, wenn ihre Verarbeitung unzulässig ist, sie zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung gelöscht werden müssen oder ihre Kenntnis für ihre Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich ist.
(3) § 67 Absatz 3 bis 5 ist entsprechend anzuwenden. Sind unrichtige personenbezogene Daten oder personenbezogene Daten unrechtmäßig übermittelt worden, ist dies dem Empfänger mitzuteilen.
(4) Die in Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten von Gefangenen und ihnen zuordenbaren Dritten sind fünf Jahre nach der Entlassung oder Verlegung der Gefangenen in eine andere Justizvollzugsanstalt zu löschen oder so zu anonymisieren, dass die Daten nicht mehr einer bestimmten oder bestimmbaren Person zugeordnet werden können. Hiervon ausgenommen sind in Dateien gespeicherte personenbezogene Gesundheitsdaten; für sie gilt die Aufbewahrungsfrist für Gesundheitsakten und Krankenblätter. Auch können bis zum Ablauf der Aufbewahrungsfrist für die Gefangenenpersonalakte Angaben über Familienname, Vorname, Geburtsname, Geburtstag, Geburtsort, Eintritts- und Austrittsdatum, die nach Ver legung zuständige Justizvollzugsanstalt sowie aktenbezogene Vermerke ausgenommen werden, die für das Auffinden und die weitere Verwendung der Gefan genenpersonalakte erforderlich sind. In Dateien gespeicherte personenbezogene Daten von Drit- ten ohne Bezug zu Gefangenen sind drei Jahre nach ihrer Erhebung zu löschen oder nach Satz 1 zu anonymisieren.
(5) Video-Aufzeichnungen und mittels RFID-Technik erhobene personenbezogene Daten sind vier Wochen nach ihrer Erhebung zu löschen, sofern und solange nicht ihre fortdauernde Speicherung oder Aufbewahrung im Einzelfall zur Aufklärung oder Verfolgung der dokumentierten Vorkommnisse erforderlich ist. Sie sind unverzüglich zu löschen, wenn überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person einer weiteren Speicherung entgegenstehen.
(6) Personenbezogene Daten in Akten dürfen nach Ablauf von fünf Jahren seit der Entlassung der Gefangenen nur übermittelt oder genutzt werden, soweit dies
erforderlich ist. Diese Verwendungsbeschränkungen enden, wenn die oder der Gefangene erneut in den Vollzug aufgenommen wird oder die betroffene Person eingewilligt hat.
(7) Bei der Aufbewahrung von Akten mit nach Absatz 6 in der Verarbeitung eingeschränkten Daten dürfen folgende Fristen nicht überschritten werden:
Dies gilt nicht, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass die Aufbewahrung für die in Absatz 6 Satz 1 genannten Zwecke weiterhin erforderlich ist. Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem auf das Jahr der aktenmäßigen Weglegung folgenden Kalenderjahr.
(8) Vor einer Löschung von Daten oder einer Ver nichtung von Akten sind diese nach § 3 des Landesarchivgesetzes dem Landesarchiv zur Übernahme anzubieten.
(9) Die Einhaltung der vorgenannten Maßnahmen ist durch geeignete verfahrensrechtliche Vorkehrungen sicherzustellen.
(1) Werden automatisierte Verarbeitungssysteme verwendet, haben Justizvollzugsanstalt und Auftragsverarbeiter zumindest die folgenden Vorgänge zu protokollieren:
von personenbezogenen Daten. Die Protokolle über Abfragen und Offenlegungen müssen es ermöglichen, die Begründung, das Datum und die Uhrzeit dieser Vorgänge und so weit wie möglich die Identität der Person, die die personenbezogenen Daten abgefragt oder offengelegt hat, und die Identität des Empfängers der Daten festzustellen. Es genügt dabei, wenn sich die Begründung aus der Identifizierung der abfragenden oder offenlegenden Person ableiten lässt.
(2) Die Protokolle werden ausschließlich zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung, der Eigenüberwachung, der Sicherstellung der Integrität und Sicherheit der personenbezogenen Daten sowie für Straf- und Disziplinarverfahren verwendet. Sie sind am Ende des zweiten auf deren Generierung folgenden Jahres zu löschen.
(3) Die Protokolle sind auf Verlangen der oder dem Landesbeauftragten für den Datenschutz zur Verfügung zu stellen.
Unterabschnitt 6 19
Datenverarbeitung zu Zwecken der Richtlinie (EU) 2016/680 Datenschutzaufsicht, Haftung und Sanktion
§ 83 Aufsicht der oder des Landesbeauftragten für den Datenschutz 19
Die Vorschriften der §§ 8 und 9 Absatz 1 bis 3 und 5 des Landesdatenschutzgesetzes für Justiz- und Bußgeldbehörden in der jeweils geltenden Fassung gelten entsprechend für die datenschutzrechtliche Aufsicht über die Justizvollzugsanstalten durch die Landesbeauftragte oder den Landesbeauftragten für den Datenschutz.
§ 84 Zusammenarbeit mit der oder dem Landesbeauftragten für den Datenschutz 19
(1) Die verantwortlichen Stellen sind verpflichtet, die Landesbeauftragte oder den Landesbeauftragten für den Datenschutz sowie ihre oder seine Beauftragten bei der Erfüllung ihrer oder seiner Aufgaben zu unterstützen.
(2) Das Justizministerium beteiligt die Landesbeauftragte oder den Landesbeauftragten für den Datenschutz rechtzeitig bei der Ausarbeitung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften, welche die Verarbeitung personenbezogener Daten betreffen.
(3) Die verantwortliche Stelle hat vor der Inbetriebnahme von neu anzulegenden Dateisystemen die Landesbeauftragte oder den Landesbeauftragten für den Datenschutz anzuhören, wenn
Die oder der Landesbeauftragte kann eine Liste der Verarbeitungsvorgänge erstellen, die der Pflicht zur Anhörung nach Satz 1 unterliegen.
(4) Der oder dem Landesbeauftragten sind im Fall des Absatzes 3 vorzulegen:
Auf Anforderung sind ihr oder ihm zudem alle sonstigen Informationen zu übermitteln, die sie oder er benötigt, um die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung sowie insbesondere die in Bezug auf den Schutz der personenbezogenen Daten der betroffenen Personen bestehenden Gefahren und die diesbezüglichen Ga ran tien bewerten zu können.
(5) Falls die oder der Landesbeauftragte für den Datenschutz der Auffassung ist, dass die geplante Verarbeitung gegen datenschutzrechtliche Vorgaben verstoßen würde, insbesondere, weil die verantwortliche Stelle das Risiko nicht ausreichend ermittelt oder keine ausreichenden Abhilfemaßnahmen getroffen hat, kann sie oder er der verantwortlichen Stelle und gegebenenfalls dem Auftragsverarbeiter innerhalb eines Zeitraums von sechs Wochen nach Einleitung der Anhörung schriftliche Empfehlungen unterbreiten, welche Maßnahmen noch ergriffen werden sollten. Die oder der Landesbeauftragte für den Datenschutz kann diese Frist um einen Monat verlängern, wenn die geplante Verarbeitung besonders komplex ist. Sie oder er hat in diesem Fall innerhalb eines Monats nach Einleitung der Anhörung der verantwortlichen Stelle und gegebenenfalls den Auftragsverarbeiter über die Fristverlängerung zu informieren.
(6) Hat die beabsichtigte Verarbeitung erhebliche Bedeutung für die Aufgabenerfüllung der verantwortlichen Stelle und ist sie daher besonders dringlich, kann sie mit der Verarbeitung nach Beginn der Anhörung, aber vor Ablauf der in Absatz 5 Satz 1 genannten Frist beginnen. In diesem Fall sind die Empfehlungen der oder des Landesbeauftragten für den Datenschutz im Nachhinein zu berücksichtigen und sind die Art und Weise der Verarbeitung daraufhin gegebenenfalls anzupassen.
§ 85 Schadensersatz und Entschädigung 19
Für den Anspruch auf Schadensersatz und Entschädigung gilt § 83 des Bundesdatenschutzgesetzes entsprechend.
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
und hierbei gegen Entgelt oder in der Absicht handelt, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen.
(2) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt. Antragsberechtigt sind die betroffene Person, die verantwortliche Stelle, der Auftragsverarbeiter, die oder der Landesbeauftragte für den Datenschutz und das Justizministerium.
Unterabschnitt 7 19
Datenverarbeitung zu anderen Zwecken
Die Vorschriften dieses Unterabschnitts regeln die Datenverarbeitung der Justizvollzugsanstalten zu anderen Zwecken als denen nach Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie (EU) 680/2016.
§ 88 Anwendbare Vorschriften 19
Für Datenverarbeitungen der Justizvollzugsanstalten zu anderen Zwecken als denen nach Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie (EU) 680/2016 gelten die Verordnung (EU) 679/2016 und das Landesdatenschutzgesetz (LDSG), soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.
§ 89 Datenverarbeitung zu vollzugsfremden Zwecken 19
(1) Die Übermittlung personenbezogener Daten mit Ausnahme der erkennungsdienstlichen Unterlagen durch die Justizvollzugsanstalt an die zuständigen öffentlichen Stellen ist zulässig, soweit dies für
erforderlich ist.
(2) Die Übermittlung, Nutzung, Veränderung und Speicherung personenbezogener Daten durch die Justizvollzugsanstalt ist auch zulässig, soweit dies für ausländerrechtliche Maßnahmen erforderlich ist.
(3) An die zuständige Meldebehörde darf die Justizvollzugsanstalt die Aufnahme sowie die Entlassung von Gefangenen sowie die zur Aufgabenerfüllung der Meldebehörde erforderlichen Daten mitteilen. Die erforderlichen Personalpapiere dürfen übersandt werden.
(4) Eine Übermittlung zu den in Absatz 1 und 3 genannten Zwecken ist auch zulässig, soweit sie der Sicherung von eigenen Mitteilungs- und Meldepflichten der Gefangenen dient. In diesen Fällen können Gefangene die von Amts wegen erfolgende Datenübermittlung durch den Nachweis abwenden, dass sie ihrer Verpflichtung innerhalb von vier Wochen nach Eintritt des mitteilungs- oder meldepflichtigen Ereignisses nachgekommen sind oder eine Verpflichtung aus anderen Gründen nicht oder nicht mehr besteht. Hierüber sind die Gefangenen bei der Aufnahme in eine Justizvollzugsanstalt zu belehren.
(5) Die nach Absatz 1, 3 und 4 zulässigen Übermittlungen unterbleiben, wenn unter Berücksichtigung der Art der Information und der Rechtsstellung von Untersuchungsgefangenen die Betroffenen ein überwiegendes schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Übermittlung haben. Durch die Übermittlung darf nicht der Eindruck entstehen, dass an der oder dem Untersuchungsgefangenen eine Strafe vollzogen wird.
§ 90 Datenverarbeitung zum Zweck des Gläubigerschutzes 19
(1) Öffentlichen und nichtöffentlichen Stellen darf die Justizvollzugsanstalt auf schriftlichen Antrag mitteilen, ob sich eine Person in Haft befindet sowie ob und wann ihre Entlassung voraussichtlich innerhalb eines Jahres bevorsteht, soweit
Bei Untersuchungsgefangenen besteht die Mitteilung in der Angabe, ob sich eine Person in der Justizvollzugsanstalt in Untersuchungshaft befindet.
(2) Öffentlichen Stellen können darüber hinaus in der Vergangenheit liegende Inhaftierungen und die Entlassungsadresse von Gefangenen mitgeteilt werden, soweit die Mitteilung zur Erfüllung der in der Zuständigkeit der öffentlichen Stelle liegenden Aufgaben erforderlich ist.
(3) Der oder dem Verletzten sowie sonst aus einer Straftat Anspruchsberechtigten können über Absatz 1 hinaus auf schriftlichen Antrag Auskünfte über die Entlassungsadresse und die Vermögensverhältnisse von rechtskräftig verurteilten Gefangenen erteilt werden, wenn die Erteilung zur Feststellung oder Durchsetzung von Rechtsansprüchen im Zusammenhang mit der Straftat erforderlich ist.
(4) In Haft befindliche Gefangene werden vor der Mitteilung gehört, sofern nicht zu besorgen ist, dass dadurch die Verfolgung des Interesses der Antragstellerin oder des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde, und eine Abwägung ergibt, dass dieses Interesse das Interesse der oder des Gefangenen an einer vorherigen Anhörung überwiegt. Ist eine Anhörung unterblieben, wird die oder der Gefangene über die Mitteilung der Justizvollzugsanstalt nachträglich unterrichtet.
(5) Die nach Absatz 1 bis 3 zulässigen Übermittlungen unterbleiben, wenn unter Berücksichtigung der Art der Information und der Rechtsstellung von Untersuchungsgefangenen die Betroffenen ein überwiegendes schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Übermittlung haben. Durch die Übermittlung darf nicht der Eindruck entstehen, dass an der oder dem Untersuchungsgefangenen eine Strafe vollzogen wird.
§ 91 Strafvorschrift und Ordnungswidrigkeiten 19 21
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
und hierbei gegen Entgelt oder in der Absicht handelt, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen.
(2) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt. Antragsberechtigt sind die betroffene Person, die verantwortliche Stelle, der Auftragsverarbeiter, die oder der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Aufsichtsbehörden.
(3) Die Regelung des § 28 LDSG in seiner jeweils geltenden Fassung gilt für Ordnungswidrigkeiten entsprechend.
Unterabschnitt 8 19
Übergangsvorschrift
§ 92 Übergangsvorschrift für die Anpassung automatisierter Verarbeitungssysteme 19
(1) Automatisierte Verarbeitungssysteme, die vor dem 6. Mai 2016 eingerichtet worden sind und deren Anpassung an die Anforderungen dieses Gesetzes mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden ist, werden bis zum 6. Mai 2023 mit den Vorgaben dieses Gesetzes in Einklang gebracht.
(2) Die Frist des Absatzes 1 kann bei Eintreten oder Vorliegen außergewöhnlicher Umstände verlängert werden, wenn hierdurch sonst schwerwiegende Schwierigkeiten für den Betrieb dieses automatisierten Verarbeitungssystems entstehen würden. Die verlängerte Frist muss vor dem 6. Mai 2026 enden. Die Verlängerung der Frist nach Satz 2 sowie die Gründe hierfür sind der Europäischen Kommission mitzuteilen.
(3) Bis zu diesem Zeitpunkt gelten § 46 Absatz 3 Satz 4 des Ersten Buchs (5. Juni 2019) in Verbindung mit § 9 Absatz 3 Nummer 7 des Landesdatenschutzgesetzes in der am 20. Juni 2018 geltenden Fassung weiter.
Abschnitt 8
Strafvollzugsbeauftragte
§ 93 Strafvollzugsbeauftragte 19
(1) Je einem von dem Präsidenten des Landtags von Baden-Württemberg der Aufsichtsbehörde benannten Mitglied der im Landtag vertretenen Fraktionen (Strafvollzugsbeauftragte) ist der Zutritt zu den Justizvollzugsanstalten des Landes ohne Anmeldung gestattet,
(2) Bei ihren Besuchen in den Justizvollzugsanstalten können sich die Strafvollzugsbeauftragten über die Unterbringungs- und sonstigen Lebensverhältnisse der Gefangenen, die Arbeitsbedingungen der Vollzugsbediensteten sowie den baulichen Zustand der Anstalten unterrichten. Gespräche mit Gefangenen werden nicht überwacht. § 119 StPO bleibt unberührt.
Abschnitt 9
Einschränkung von Grundrechten
§ 94 Einschränkung von Grundrechten 19
Die Grundrechte auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Artikel 2 Abs. 1 des Grundgesetzes), körperliche Unversehrtheit (Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes) und der Freiheit der Person (Artikel 2 Abs. 2 Satz 2 und Artikel 104 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes) sowie das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis (Artikel 10 Abs. 1 des Grundgesetzes) werden durch dieses Gesetzbuch eingeschränkt.
Buch 2 12 22
Untersuchungshaftvollzug
(JVollzGB II)
Abschnitt 1
Grundsätze
§ 1 Gestaltung des Vollzugs 22a
(1) Die Untersuchungsgefangenen sind unter Achtung ihrer Grund- und Menschenrechte zu behandeln. Niemand darf unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung unterworfen werden.
(2) Das Leben im Untersuchungshaftvollzug soll den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit wie möglich angeglichen werden.
(3) Schädlichen Folgen des Freiheitsentzugs ist entgegenzuwirken. Die Untersuchungsgefangenen sind vor Übergriffen zu schützen. Die Justizvollzugsanstalten bieten den Untersuchungsgefangenen Hilfen zur Verbesserung ihrer sozialen Situation an, soweit dies die besonderen Bedingungen der Untersuchungshaft zulassen.
(4) Bei der Gestaltung des Vollzugs und bei allen Einzelmaßnahmen werden die unterschiedlichen Lebenslagen und Bedürfnisse der Untersuchungsgefangenen, insbesondere im Hinblick auf Geschlecht, Alter, Herkunft, Glauben, Behinderung und sexuelle Identität, berücksichtigt.
§ 2 Stellung der Untersuchungsgefangenen
(1) Untersuchungsgefangene gelten als unschuldig.
(2) Soweit das Gesetz eine besondere Regelung nicht enthält, dürfen den Untersuchungsgefangenen nur Beschränkungen auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der Ordnung der Justizvollzugsanstalt unerlässlich sind.
§ 3 Zuständigkeit
Die nach diesem Gesetz notwendigen Entscheidungen trifft die Justizvollzugsanstalt unter Beachtung der Belange des Strafverfahrens.
Abschnitt 2 22a
Aufnahme, Vollzugsverlauf und Verlegung
§ 4 Aufnahme in die Justizvollzugsanstalt
Bei der Aufnahme werden die Untersuchungsgefangenen über ihre Rechte und Pflichten in einer für sie verständlichen Form unterrichtet. Nach der Aufnahme werden sie alsbald ärztlich untersucht und der Anstaltsleiterin oder dem Anstaltsleiter oder den von diesen beauftragten Bediensteten vorgestellt. Beim Aufnahmeverfahren und bei der ärztlichen Untersuchung dürfen andere Gefangene nicht zugegen sein; Ausnahmen bedürfen der Zustimmung der oder des Untersuchungsgefangenen.
§ 5 Verlegung, Überstellung und Ausantwortung 22a
(1) Untersuchungsgefangene können abweichend vom Vollstreckungsplan in eine andere Justizvollzugsanstalt überstellt oder verlegt werden
(2) Die Überstellung oder Verlegung nach Absatz 1 Nummer 1, 3 und 4 bedarf der vorherigen Zustimmung des Gerichts. Vor einer Überstellung oder Verlegung nach Absatz 1 Nummer 2 sind nach Möglichkeit die Staatsanwaltschaft und das Gericht zu unterrichten.
(3) In begründeten Fällen ist das befristete Überlassen von Untersuchungsgefangenen in den Gewahrsam einer Polizei-, Zoll- oder Finanzbehörde (Ausantwortung) zulässig. Die Justizvollzugsanstalt kann zur Durchführung der Ausantwortung Anordnungen treffen. Die Staatsanwaltschaft und das Gericht sind über Ausantwortungsersuchen unverzüglich zu unterrichten.
§ 6 Vorführung und Ausführung
(1) Vorführungen erfolgen auf Grund gerichtlicher oder staatsanwaltschaftlicher Anordnung. Über Vorführungsersuchen in anderen Verfahren als dem der Inhaftierung zu Grunde liegenden, hat die Justizvollzugsanstalt die Staatsanwaltschaft und das Gericht unverzüglich zu unterrichten.
(2) Aus wichtigem Anlass können Untersuchungsgefangene auf ihren Antrag hin auf eigene Kosten ausgeführt werden. Die Justizvollzugsanstalt kann in begründeten Fällen die Kosten der Ausführung in angemessenem Umfang übernehmen.
(3) Untersuchungsgefangene dürfen auch ohne ihren Antrag ausgeführt werden, wenn dies aus besonderen Gründen notwendig ist.
(4) Vor der Ausführung von Untersuchungsgefangenen sind die Staatsanwaltschaft und das Gericht zu unterrichten.
§ 7 Beendigung der Untersuchungshaft
(1) Untersuchungsgefangene sind ausschließlich auf gerichtliche oder staatsanwaltschaftliche Anordnung hin unverzüglich aus der Haft zu entlassen, es sei denn, es ist in anderer Sache eine richterlich angeordnete Freiheitsentziehung zu vollstrecken. Die schriftliche Anordnung ist mit einem Dienstsiegel zu versehen. Im Fall einer fernmündlichen, durch Telefax oder elektronisch übermittelten Anordnung ist deren Echtheit vor der Entlassung zu prüfen.
(2) Aus fürsorgerischen Gründen kann Untersuchungsgefangenen auf Kosten der Justizvollzugsanstalt der freiwillige Verbleib in der Anstalt bis zum Vormittag des zweiten auf den Eingang der Entlassungsanordnung folgenden Werktags gestattet werden. Die oder der Untersuchungsgefangene ist darauf hinzuweisen, dass in diesen Fällen kein Anspruch auf eine Entlassung in der Zeit zwischen 18.00 Uhr und 8.00 Uhr besteht.
(3) Bei Verurteilung zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe, deren Vollstreckung nicht zur Bewährung ausgesetzt wird und die nicht durch Anrechnung der Untersuchungshaft bereits erledigt ist, sind Untersuchungsgefangene mit Rechtskraft des Urteils als Strafgefangene zu behandeln, soweit sich dies schon vor der Aufnahme zum Strafvollzug durchführen lässt. Die Justizvollzugsanstalt ist von dem für die Erteilung der Rechtskraftbescheinigung zuständigen Gericht über den Eintritt der Rechtskraft unverzüglich zu unterrichten. Satz 1 gilt nicht, wenn auf Grund eines anderen Haftbefehls weiterhin Untersuchungshaft zu vollziehen ist.
(4) Absatz 3 gilt bei rechtskräftiger Anordnung einer mit Freiheitsentziehung verbundenen Maßregel der Besserung und Sicherung entsprechend.
Abschnitt 3 22a
Unterbringung und Grundversorgung
(1) Während der Ruhezeit werden Untersuchungsgefangene allein in ihren Hafträumen untergebracht.
(2) Mit ihrer Zustimmung können Untersuchungsgefangene auch während der Ruhezeit gemeinsam untergebracht werden. Auch ohne ihre Zustimmung ist eine gemeinsame Unterbringung ausnahmsweise zulässig, wenn
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 Nummer 1 ist auch eine gemeinsame Unterbringung mit Strafgefangenen zulässig, bis auf andere Weise die Gefahr abgewendet oder der Hilfsbedürftigkeit begegnet werden kann
(3) Untersuchungsgefangenen soll Gelegenheit gegeben werden, sich außerhalb der Ruhezeit in Gemeinschaft mit anderen Untersuchungsgefangenen aufzuhalten, soweit es die räumlichen, personellen und organisatorischen Verhältnisse der Justizvollzugsanstalt gestatten.
(4) Soweit es die Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt erfordert, kann
angeordnet werden.
§ 9 Ausstattung des Haftraums 22a
Untersuchungsgefangene dürfen ihren Haftraum in angemessenem Umfang mit eigenen Gegenständen ausstatten. Hierdurch dürfen die Übersichtlichkeit des Haftraums sowie die Sicherheit und Ordnung der Justizvollzugsanstalt nicht beeinträchtigt werden. § 40 Absatz 3 gilt entsprechend.
§ 10 Wäsche
(1) Untersuchungsgefangene dürfen eigene Kleidung tragen und eigene Bettwäsche benutzen, sofern sie für Reinigung, Instandhaltung und regelmäßigen Wechsel sorgen. Hierzu dürfen für Untersuchungsgefangene Kleidungsstücke und Bettwäsche in der Justizvollzugsanstalt abgegeben und von dort abgeholt oder von den Gefangenen versandt werden. Die Justizvollzugsanstalt kann anordnen, dass abweichend von Satz 2 Reinigung und Instandhaltung der Wäsche durch ihre Vermittlung auf Kosten der Untersuchungsgefangenen erfolgen.
(2) Untersuchungsgefangene, die keine geeignete eigene Kleidung oder Bettwäsche besitzen, erhalten diese von der Justizvollzugsanstalt.
§ 11 Verpflegung, Einkauf und Fernsehen
(1) Die Verpflegung wird in Übereinstimmung mit den jeweils gültigen Werten für eine ausreichende und ausgewogene Ernährung in Gemeinschaftsverpflegung angeboten. Den Untersuchungsgefangenen soll ermöglicht werden, religiöse Speisevorschriften zu befolgen.
(2) Untersuchungsgefangene können aus einem von der Justizvollzugsanstalt vermittelten Angebot Waren kaufen sowie auf eigene Kosten fernsehen. Hierzu können sie monatlich einen Betrag verwenden, der im Regelfall den 20-fachen Tagessatz der Eckvergütung nicht übersteigen soll. Erhalten Untersuchungsgefangene Bezüge nach diesem Gesetz, soll der Betrag nach Satz 2 den 30-fachen Tagessatz der Eckvergütung nicht übersteigen. Das Warenangebot ist auf die Bedürfnisse der Untersuchungsgefangenen abzustimmen. Gegenstände, die die Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt gefährden, sind vom Verkauf ausgeschlossen. Der Einkauf kann in Form eines Listeneinkaufs durchgeführt werden.
(3) In begründeten Ausnahmefällen, insbesondere wenn ein zugelassener Artikel sonst nicht beschafft werden kann, kann die Justizvollzugsanstalt einen Einkauf über andere sichere Bezugsquellen gestatten.
Abschnitt 4
Verkehr mit der Außenwelt
§ 12 Pflege sozialer Beziehungen
(1) Untersuchungsgefangene haben das Recht, mit Personen außerhalb der Justizvollzugsanstalt im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften zu verkehren. Der Kontakt zu Angehörigen und Personen, von denen ein günstiger Einfluss auf die Untersuchungsgefangenen erwartet werden kann, wird gefördert.
(2) Untersuchungsgefangene dürfen regelmäßig Besuch empfangen. Die Gesamtdauer beträgt mindestens eine Stunde im Monat.
(3) Besuche sollen darüber hinaus zugelassen werden, wenn sie persönlichen, rechtlichen oder geschäftlichen Angelegenheiten dienen, die von den Untersuchungsgefangenen weder schriftlich erledigt, noch durch Dritte wahrgenommen oder bis zur Entlassung aufgeschoben werden können.
(4) Aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt kann ein Besuch davon abhängig gemacht werden, dass sich die Besucherin oder der Besucher durchsuchen oder mit technischen Mitteln oder sonstigen Hilfsmitteln auf verbotene Gegenstände absuchen lässt. Aus den gleichen Gründen kann die Anzahl der gleichzeitig zu einem Besuch zugelassenen Personen beschränkt werden.
§ 13 Verbot von Besuchen
Die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter kann Besuche untersagen, wenn die Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt gefährdet würde.
§ 14 Überwachung von Besuchen
(1) Besuche dürfen aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt überwacht werden, es sei denn, es liegen im Einzelfall Erkenntnisse dafür vor, dass es der Überwachung nicht bedarf. Die Unterhaltung darf überwacht werden, soweit dies im Einzelfall aus diesen Gründen erforderlich ist.
(2) Die optische Überwachung von Besuchen kann durch technische Hilfsmittel erfolgen. Auf eine Überwachung nach Satz 1 sind die Untersuchungsgefangenen und ihre Besucher vorher hinzuweisen. Zur Verhinderung der Übergabe von Gegenständen können besondere Vorkehrungen, insbesondere durch Tischaufsätze oder Trennscheiben, getroffen werden, wenn bei der oder dem Untersuchungsgefangenen verbotene Gegenstände gefunden wurden oder sonst konkrete Anhaltspunkte vorliegen, dass es zu einer verbotenen Übergabe von Gegenständen kommt.
(3) Gegenstände dürfen beim Besuch nur mit Zustimmung der Justizvollzugsanstalt übergeben werden. Untersuchungsgefangenen dürfen Nahrungs- und Genussmittel in geringer Menge übergeben werden. Die Justizvollzugsanstalt kann anordnen, dass die Nahrungs- und Genussmittel durch ihre Vermittlung beschafft werden.
(4) Ein Besuch darf abgebrochen werden, wenn Untersuchungsgefangene oder ihre Besucherinnen oder Besucher gegen Vorschriften dieses Gesetzes oder aufgrund dieses Gesetzes getroffene Anordnungen trotz Ermahnung verstoßen. Einer Ermahnung bedarf es nicht, wenn es unerlässlich ist, den Besuch sofort abzubrechen.
§ 15 Besuche bestimmter Personen
(1) Besuche von Verteidigern sowie von Rechtsanwälten und Notaren in einer die Untersuchungsgefangene oder den Untersuchungsgefangenen betreffenden Rechtssache sind zu gestatten. Die Justizvollzugsanstalt kann die Modalitäten der Besuche entsprechend ihren organisatorischen Möglichkeiten regeln. Der Besuch kann davon abhängig gemacht werden, dass sich die Besucher vorher aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt durchsuchen oder mit technischen Mitteln oder sonstigen Hilfsmitteln auf verbotene Gegenstände absuchen lassen. Eine Kenntnisnahme von dem gedanklichen Inhalt der von Verteidigern mitgeführten Schriftstücke und sonstigen Unterlagen ist unzulässig.
(2) Besuche von Verteidigern werden nicht überwacht. Zur Übergabe von Schriftstücken und sonstigen Unterlagen bedürfen Verteidiger, Rechtsanwälte oder Notare keiner Erlaubnis, sofern diese unmittelbar der Vorbereitung oder Durchführung der Verteidigung oder der Erledigung einer die Untersuchungsgefangene oder den Untersuchungsgefangenen betreffenden Rechtssache dienen. Beim Besuch von Rechtsanwälten und Notaren kann die Übergabe von Schriftstücken oder sonstigen Unterlagen aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt von der Erlaubnis abhängig gemacht werden.
(3) § 148 Abs. 2 und § 148a StPO bleiben unberührt.
§ 16 Recht auf Schriftwechsel
(1) Untersuchungsgefangene haben das Recht, unbeschränkt Schreiben abzusenden und zu empfangen.
(2) Die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter kann den Schriftwechsel mit bestimmten Personen untersagen, wenn die Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt gefährdet würde.
(3) Die Kosten des Schriftwechsels tragen die Untersuchungsgefangenen. Sind sie dazu nicht in der Lage, kann die Justizvollzugsanstalt die Kosten in begründeten Fällen in angemessenem Umfang übernehmen.
§ 17 Überwachung des Schriftwechsels 12 21a
(1) Der Schriftwechsel der Untersuchungsgefangenen darf überwacht werden, soweit dies aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt erforderlich ist.
(2) Der Schriftwechsel der Untersuchungsgefangenen mit ihren Verteidigern wird nicht überwacht. Die Schreiben dürfen, ohne sie zu öffnen, auf verbotene Gegenstände untersucht werden. § 148 Abs. 2 und § 148a StPO bleiben unberührt.
(3) Absatz 2 gilt entsprechend für Schreiben von Untersuchungsgefangenen an
wenn die Schreiben an die Anschriften dieser Stellen gerichtet sind und den Absender zutreffend angeben. Schreiben der in Satz 1 genannten Stellen, die an Untersuchungsgefangene gerichtet sind, dürfen nicht überwacht werden, wenn die Identität des Absenders zweifelsfrei feststeht.
§ 18 Weiterleitung und Aufbewahrung von Schreiben
(1) Untersuchungsgefangene haben Absendung und Empfang ihrer Schreiben durch die Justizvollzugsanstalt vermitteln zu lassen, soweit nichts anderes gestattet ist.
(2) Eingehende und ausgehende Schreiben sind unverzüglich weiterzuleiten.
(3) Untersuchungsgefangene haben eingehende Schreiben unverschlossen zu verwahren, sofern nichts anderes gestattet wird. Die Schreiben können auch verschlossen zur Habe gegeben werden.
§ 19 Anhalten von Schreiben 22a
(1) Schreiben können angehalten werden, wenn
(2) Eingehende Schreiben können angehalten und durch Fotokopien ersetzt werden, wenn der Verdacht besteht, dass von ihrer Beschaffenheit eine Gesundheitsgefahr ausgeht.
(3) Ausgehenden Schreiben, die unrichtige Darstellungen enthalten, kann ein Begleitschreiben beigefügt werden, wenn die oder der Untersuchungsgefangene auf der Absendung besteht.
(4) Ist ein Schreiben angehalten worden, wird dies der oder dem Untersuchungsgefangenen mitgeteilt. Hiervon kann vorübergehend abgesehen werden, wenn dies die Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt erfordert. Angehaltene Schreiben werden an die Absenderin oder den Absender zurückgegeben oder, sofern dies unmöglich oder aus besonderen Gründen untunlich ist, behördlich verwahrt.
(5) Schreiben, deren Überwachung ausgeschlossen ist, dürfen nicht angehalten werden.
§ 20 Telefongespräche
(1) Untersuchungsgefangenen kann gestattet werden, zu telefonieren.
(2) Im Übrigen gelten für Telefonate die für den Besuch geltenden Vorschriften mit Ausnahme von § 12 Abs. 2 entsprechend. Die Überwachung der Unterhaltung ist den Gesprächspartnern der Untersuchungsgefangenen unmittelbar nach Herstellung der Verbindung von der Justizvollzugsanstalt oder den Untersuchungsgefangenen mitzuteilen. Die Untersuchungsgefangenen sind rechtzeitig vor Beginn des Telefongesprächs über die beabsichtigte Überwachung und die Mitteilungspflicht zu unterrichten.
(3) Die Kosten der Telefongespräche tragen die Untersuchungsgefangenen. Sind sie dazu nicht in der Lage, kann die Justizvollzugsanstalt die Kosten in begründeten Fällen in angemessenem Umfang übernehmen.
§ 20a Andere Formen der Telekommunikation 22a
Die Zulassung anderer Formen der Telekommunikation im Sinne des Telekommunikationsgesetzes in der Anstalt bedarf der Zustimmung der Aufsichtsbehörde. Nach Zulassung kann die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter den Untersuchungsgefangenen gestatten, diese Formen auf ihre Kosten zu nutzen. Eine Gestattung ist ausgeschlossen, wenn hierdurch die Sicherheit,oder Ordnung der Anstalt gefährdet wäre. Im Übrigen finden die Bestimmungen dieses Abschnitts entsprechende Anwendung, soweit die andere Form der Telekommunikation dem Wesen der dort geregelten Kommunikationsform entspricht.
§ 21 Pakete
(1) Der Empfang von Paketen bedarf der vorherigen Erlaubnis der Justizvollzugsanstalt. Für den Ausschluss von Gegenständen gilt § 11 Abs. 2 Satz 5 entsprechend. Pakete mit Nahrungs- und Genussmitteln sind ausgeschlossen.
(2) Pakete sind in Gegenwart der oder des Untersuchungsgefangenen zu öffnen. Ausgeschlossene Gegenstände können zur Habe der oder des Untersuchungsgefangenen genommen oder an die Absenderin oder den Absender zurückgesandt werden. Nicht ausgehändigte Gegenstände, durch die bei der Aufbewahrung Personen verletzt oder Sachschäden verursacht werden können oder die verderblich sind, dürfen vernichtet werden. Die hiernach getroffenen Maßnahmen werden der oder dem Untersuchungsgefangenen eröffnet.
(3) Untersuchungsgefangenen kann gestattet werden, Pakete zu versenden. Der Inhalt kann aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt überprüft werden.
(4) Die Kosten des Paketverkehrs tragen die Untersuchungsgefangenen. Die Justizvollzugsanstalt kann die Kosten in begründeten Fällen in angemessenem Umfang übernehmen.
Abschnitt 5
Religionsausübung
§ 22 Seelsorge
(1) Untersuchungsgefangenen darf religiöse Betreuung durch eine Seelsorgerin oder einen Seelsorger ihrer Religionsgemeinschaft nicht versagt werden. Ihnen ist auf Wunsch zu helfen, mit einer Seelsorgerin oder einem Seelsorger in Verbindung zu treten. Das Beicht- und Seelsorgegeheimnis ist unverletzlich.
(2) Untersuchungsgefangene dürfen grundlegende religiöse Schriften besitzen. Diese dürfen ihnen nur bei grobem Missbrauch entzogen werden.
(3) Untersuchungsgefangenen sind Gegenstände des religiösen Gebrauchs in angemessenem Umfang zu belassen.
§ 23 Religiöse Veranstaltungen
(1) Untersuchungsgefangene haben das Recht, am Gottesdienst und an anderen religiösen Veranstaltungen ihres Bekenntnisses teilzunehmen.
(2) Untersuchungsgefangene werden zu dem Gottesdienst oder zu religiösen Veranstaltungen einer anderen Religionsgemeinschaft zugelassen, wenn deren Seelsorgerin oder Seelsorger zustimmt.
(3) Untersuchungsgefangene können von der Teilnahme am Gottesdienst oder anderen religiösen Veranstaltungen ausgeschlossen werden, wenn dies aus überwiegenden Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt geboten ist; die Seelsorgerin oder der Seelsorger soll vorher gehört werden.
§ 24 Weltanschauungsgemeinschaften
Für Angehörige weltanschaulicher Bekenntnisse gelten die §§ 22 und 23 entsprechend.
Abschnitt 6
Gesundheitsfürsorge
§ 25 Gesundheitsschutz und Aufenthalt im Freien
(1) Die Justizvollzugsanstalt kann Anordnungen zum Gesundheitsschutz und zur Hygiene treffen.
(2) Untersuchungsgefangenen wird täglich mindestens eine Stunde Aufenthalt im Freien ermöglicht, wenn die Witterung dem nicht zwingend entgegensteht.
§ 26 Anspruch auf medizinische Leistung
(1) Untersuchungsgefangene haben einen Anspruch auf notwendige, ausreichende und zweckmäßige medizinische Versorgung unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit. Der Anspruch umfasst Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten und Vorsorgeleistungen. Die Beurteilung der Notwendigkeit orientiert sich an der Versorgung der gesetzlich Versicherten. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen werden erbracht, soweit die Belange des Vollzugs dem nicht entgegenstehen.
(2) Der Anspruch nach Absatz 1 umfasst nicht die Versorgung mit Hilfsmitteln (§ 33 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch).
(3) An den Kosten für medizinische Leistungen können die Untersuchungsgefangenen in angemessenem Umfang beteiligt werden, höchstens jedoch bis zum Umfang der Beteiligung gesetzlich Versicherter. Kosten für Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen werden nicht übernommen.
(4) Über Ausnahmen von Absatz 2 und Absatz 3 Satz 2 in besonderen Fällen entscheidet die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde und nach Anhörung der Ärztin oder des Arztes.
§ 27 Krankenhausbehandlung außerhalb vollzuglicher Einrichtungen 22a
(1) Soweit eine Verlegung oder Überstellung nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 nicht ausreicht, können Untersuchungsgefangene für die notwendige Dauer einer Behandlung oder Versorgung in ein Krankenhaus außerhalb des Justizvollzugs gebracht werden. Ambulante Behandlungen und Untersuchungen in einem Krankenhaus außerhalb des Justizvollzugs, die zur Prüfung der besseren Behandlung einer Erkrankung oder zur besseren Versorgung bei Pflege- oder Hilfebedarf in einem Justizvollzugskrankenhaus erforderlich sind, bleiben unberührt. Eine möglichst rasche Rückverlegung in ein Justizvollzugskrankenhaus oder eine sonstige Justizvollzugsanstalt ist anzustreben.
(2) Vor der Verbringung sind nach Möglichkeit die Staatsanwaltschaft und das Gericht zu unterrichten.
§ 28 Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft
(1) Auf den gesundheitlichen Zustand einer schwangeren Untersuchungsgefangenen oder einer Untersuchungsgefangenen, die unlängst entbunden hat, ist Rücksicht zu nehmen. Die Vorschriften des Mutterschutzgesetzes über die Gestaltung des Arbeitsplatzes und über das Bestehen von Beschäftigungsverboten gelten entsprechend.
(2) Die Untersuchungsgefangene hat während der Schwangerschaft sowie bei und nach der Entbindung Anspruch auf ärztliche Betreuung einschließlich der Untersuchungen zur Feststellung der Schwangerschaft und zur Schwangerenvorsorge sowie auf Hebammenhilfe. Die ärztliche Betreuung umfasst die Beratung der Schwangeren zur Bedeutung der Mundgesundheit für Mutter und Kind einschließlich des Zusammenhangs zwischen Ernährung und Krankheitsrisiko sowie die Einschätzung oder Bestimmung des Übertragungsrisikos von Karies.
(3) Bei Schwangerschaftsbeschwerden und im Zusammenhang mit der Entbindung werden Arznei-, Verbands- und Heilmittel geleistet.
§ 29 Entbindung und Geburtsanzeige
(1) Eine schwangere Untersuchungsgefangene ist zur Entbindung in ein Krankenhaus außerhalb des Vollzugs zu bringen. Ist dies aus besonderen Gründen nicht angezeigt, ist die Entbindung in einer Justizvollzugsanstalt mit Entbindungsabteilung vorzunehmen. Bei der Entbindung wird Hilfe durch eine Hebamme und falls erforderlich durch eine Ärztin oder einen Arzt gewährt.
(2) In der Anzeige der Geburt an das Standesamt dürfen die Justizvollzugsanstalt als Geburtsstätte des Kindes, das Verhältnis der anzeigenden Person zur Justizvollzugsanstalt und die Gefangenschaft der Mutter nicht vermerkt sein.
§ 30 Wahlärztliche Behandlung
(1) Die Justizvollzugsanstalt soll nach Anhörung der Anstaltsärztin oder des Anstaltsarztes Untersuchungsgefangenen auf ihren Antrag hin gestatten, sich nach eigener Wahl und auf eigene Kosten ärztlich behandeln zu lassen. Die Behandlung soll in der Justizvollzugsanstalt stattfinden.
(2) Die Erlaubnis kann versagt werden, wenn Untersuchungsgefangene die gewählte Ärztin oder den gewählten Arzt sowie den ärztlichen Dienst der Justizvollzugsanstalt nicht wechselseitig von der Schweigepflicht entbinden oder wenn es die Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt erfordert.
§ 31 Benachrichtigung bei Erkrankung oder Todesfall
(1) Erkranken Untersuchungsgefangene schwer, ist eine Angehörige oder ein Angehöriger, eine Vertrauensperson oder eine gesetzliche Vertreterin oder ein gesetzlicher Vertreter unverzüglich zu benachrichtigen. Hiervon kann auf Wunsch der oder des Untersuchungsgefangenen abgesehen werden. Im Fall des Todes von Untersuchungsgefangenen, ist eine der in Satz 1 genannten Personen unverzüglich zu benachrichtigen.
(2) Dem Wunsch von Untersuchungsgefangenen, auch andere Personen zu benachrichtigen, soll nach Möglichkeit entsprochen werden.
Abschnitt 7
Soziale Hilfe
§ 32 Soziale Hilfe
(1) Untersuchungsgefangenen wird die soziale Hilfe der Justizvollzugsanstalt angeboten, um ihre persönlichen Schwierigkeiten zu lösen und sie in die Lage zu versetzen, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln. Bei der Aufnahme wird ihnen geholfen, die notwendigen Maßnahmen für hilfsbedürftige Angehörige zu veranlassen und ihre Habe außerhalb der Justizvollzugsanstalt sicherzustellen. Ihnen soll während des Vollzugs geholfen werden, soziale Beziehungen aufrechtzuerhalten, Arbeitsplatz und Wohnung zu erhalten und für Unterhaltsberechtigte zu sorgen. Angebote zur Vermeidung oder Bewältigung persönlicher Krisen sind vorzusehen.
(2) Die Beratung soll die Benennung von Stellen und Einrichtungen außerhalb der Justizvollzugsanstalt umfassen, die sich um eine Vermeidung der weiteren Untersuchungshaft bemühen oder Hilfen in besonderen sozialen oder gesundheitlichen Problemlagen anbieten. Auf Wunsch sind Untersuchungsgefangenen Einrichtungen und Organisationen zu benennen, die sie in ihrem Bemühen unterstützen können, einen Ausgleich mit dem Tatopfer zu erreichen.
§ 33 Entlassungsbeihilfe
(1) Untersuchungsgefangene erhalten, soweit ihre eigenen Mittel nicht ausreichen, bei ihrer Entlassung aus der Haft von der Justizvollzugsanstalt eine Beihilfe zu den Reisekosten sowie erforderlichenfalls ausreichende Kleidung. Bedürftige Untersuchungsgefangene erhalten darüber hinaus eine Beihilfe, die sie in die Lage versetzt, ohne Inanspruchnahme fremder Hilfe ihren notwendigen Lebensunterhalt zu bestreiten, bis sie ihn voraussichtlich anderweitig decken können (Überbrückungsbeihilfe). Die Justizvollzugsanstalt kann die Überbrückungsbeihilfe ganz oder teilweise der Bewährungshilfe oder einer mit der Entlassenenbetreuung befassten Stelle überweisen, die darüber entscheidet, wie das Geld nach der Entlassung an die Untersuchungsgefangenen ausbezahlt wird. Die Bewährungshilfe und die mit der Entlassenenbetreuung befasste Stelle sind verpflichtet, die Überbrückungsbeihilfe von ihrem Vermögen gesondert zu halten.
(2) Der Anspruch auf Beihilfe zu den Reisekosten und die ausgezahlte Reisebeihilfe sind unpfändbar. Für den Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe und für Bargeld nach Auszahlung einer Überbrückungsbeihilfe an Untersuchungsgefangene gilt § 52 Abs. 4 Satz 1 und 3, Abs. 5 des Dritten Buchs entsprechend.
Abschnitt 8 22a
Beschäftigung und Vergütung
§ 34 Arbeit, Bildungsmaßnahmen und Selbstbeschäftigung
(1) Untersuchungsgefangene sind nicht zur Arbeit verpflichtet.
(2) Die Justizvollzugsanstalt soll Untersuchungsgefangenen nach Möglichkeit wirtschaftlich ergiebige Arbeit anbieten und dabei ihre Fähigkeiten und Neigungen nach Möglichkeit berücksichtigen. Untersuchungsgefangene können auch zu Hilfstätigkeiten in der Justizvollzugsanstalt herangezogen werden.
(3) Gehen Untersuchungsgefangene einer Arbeit oder Hilfstätigkeit nach, dürfen sie diese nicht zur Unzeit niederlegen.
(4) Geeigneten Untersuchungsgefangenen soll nach Möglichkeit Gelegenheit zum Erwerb oder zur Verbesserung schulischer oder beruflicher Kenntnisse gegeben werden, soweit es die besonderen Bedingungen der Untersuchungshaft zulassen. Aus dem Zeugnis über eine Bildungsmaßnahme darf die Inhaftierung einer Teilnehmerin oder eines Teilnehmers nicht erkennbar sein.
(5) Untersuchungsgefangenen kann gestattet werden, sich selbst zu beschäftigen.
(1) Üben Untersuchungsgefangene eine angebotene Arbeit oder Hilfstätigkeit aus, so erhalten sie ein Arbeitsentgelt. Der Bemessung des Arbeitsentgelts sind fünf Prozent der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch zu Grunde zu legen (Eckvergütung). Ein Tagessatz ist der zweihundertfünfzigste Teil der Eckvergütung; das Arbeitsentgelt kann nach einem Stundensatz bemessen werden.
(2) Das Arbeitsentgelt kann je nach Leistung der Untersuchungsgefangenen und der Art der Arbeit gestuft werden. 75 Prozent der Eckvergütung dürfen nur dann unterschritten werden, wenn die Arbeitsleistung der oder des Untersuchungsgefangenen den Mindestanforderungen nicht genügt.
(3) Die Höhe des Arbeitsentgelts ist den Untersuchungsgefangenen schriftlich bekannt zu geben.
(4) Das Justizministerium wird ermächtigt, zur Durchführung von Absatz 1 und 2 sowie § 75 Abs. 4, im Einvernehmen mit dem Finanzministerium, die Vergütungsstufen und die Höhe der Vergütung in den einzelnen Vergütungsstufen einschließlich der Gewährung von Zulagen durch Rechtsverordnung zu regeln.
Abschnitt 9 22a
Gelder, Haftkosten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge
§ 36 Haftkostenbeitrag
Nach rechtskräftiger Verurteilung von Untersuchungsgefangenen sind die nach den gleichen Grundsätzen wie die Haftkostenbeiträge von Strafgefangenen zu ermittelnden Kosten der Untersuchungshaft umgehend an die Vollstreckungsbehörde mitzuteilen. Die Kostenermittlung unterbleibt, wenn auf eine Rechtsfolge nach dem Jugendgerichtsgesetz erkannt ist. Sind zu Jugendstrafe verurteilte Untersuchungsgefangene vom Jugendstrafvollzug ausgenommen, findet Satz 1 Anwendung.
Untersuchungsgefangenen, die ohne Verschulden kein Arbeitsentgelt und keine Ausbildungsbeihilfe erhalten, wird im ersten Monat des Vollzugs ein angemessenes Taschengeld zur Verwendung für den Einkauf gewährt, falls sie bedürftig sind. Gehen den Untersuchungsgefangenen im Lauf des ersten Monats des Vollzugs Gelder zu, wird hiervon zum Ausgleich ein Betrag bis zur Höhe des gewährten Taschengeldes einbehalten.
§ 37 Sondergeld
(1) Für Untersuchungsgefangene kann monatlich ein Betrag in angemessener Höhe einbezahlt werden, der als Sondergeld gutzuschreiben ist und für den Einkauf oder anderweitig verwendet werden kann.
(2) Über Absatz 1 hinaus kann Sondergeld in angemessener Höhe für folgende Zwecke eingezahlt werden:
(3) Soweit das Guthaben des Sondergelds nach Absatz 1 die Summe von drei Monatseinzahlungen übersteigt, ist es dem Eigengeld zuzuschreiben. Sondergeld im Sinne von Absatz 2 ist dem Eigengeld zuzuschreiben, wenn es zum bezeichneten Zweck nicht eingesetzt werden kann und eine Rückerstattung an die Einzahler nicht möglich ist.
(4) Der Anspruch auf Auszahlung des Sondergelds nach Absatz 1 und 2 ist unpfändbar.
§ 38 Einbehaltung von Beitragsteilen
Soweit die Justizvollzugsanstalt Beiträge zur Bundesagentur für Arbeit zu entrichten hat, kann sie von dem Arbeitsentgelt einen Betrag einbehalten, der dem Anteil der oder des Untersuchungsgefangenen am Beitrag entsprechen würde, wenn sie oder er diese Bezüge als Arbeitnehmer erhielte.
Abschnitt 10 22a
Freizeit
§ 39 Allgemeines
Untersuchungsgefangenen ist Gelegenheit zu geben, sich in ihrer Freizeit zu beschäftigen. Insbesondere sollen Sportmöglichkeiten, Freizeitgruppen, Gemeinschaftsveranstaltungen, Veranstaltungen zur Weiterbildung und die Benutzung einer Anstaltsbücherei angeboten werden.
§ 40 Besitz von Gegenständen zur Freizeitbeschäftigung
(1) Untersuchungsgefangene dürfen in angemessenem Umfang Gegenstände zur Freizeitbeschäftigung besitzen. Die Angemessenheit des Umfangs kann auch an der in der Justizvollzugsanstalt verfügbaren Kapazität für Haftraumkontrollen und am Wert eines Gegenstands ausgerichtet werden.
(2) Absatz 1 Satz 1 gilt nicht, wenn der Besitz, die Überlassung oder die Benutzung eines Gegenstands
(3) Die Zulassung von bestimmten Gerätetypen, insbesondere der elektronischen Unterhaltungsmedien, durch die Justizvollzugsanstalt kann der Zustimmung der Aufsichtsbehörde vorbehalten sein. Die Aufsichtsbehörde kann allgemeine Richtlinien für die Gerätebeschaffenheit erlassen. Eine ohne Zustimmung nach Satz 1 erfolgte Zulassung kann zurückgenommen werden.
(4) Die Erlaubnis kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 widerrufen werden.
§ 41 Hörfunk und Fernsehen
(1) Der Besitz von Hörfunk- und Fernsehgeräten ist nach Maßgabe von § 40 zulässig.
(2) Die Justizvollzugsanstalt kann den Betrieb von Empfangsanlagen und die Ausgabe von Hörfunk- und Fernsehgeräten einem Dritten übertragen. Sofern sie hiervon Gebrauch macht, können Untersuchungsgefangene nicht den Besitz eigener Geräte verlangen.
(3) Die Justizvollzugsanstalt entscheidet über die Einspeisung einzelner Rundfunk- und Fernsehprogramme in die Empfangsanlage. Vor der Entscheidung soll die Gefangenenmitverantwortung gehört werden.
(4) Der Empfang von Bezahlfernsehen und der Einsatz von zusätzlichen Empfangseinrichtungen im Haftraum sind nicht statthaft.
§ 42 Zeitungen und Zeitschriften
Untersuchungsgefangene dürfen Zeitungen und Zeitschriften in angemessenem Umfang durch Vermittlung der Justizvollzugsanstalt beziehen. § 40 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 und 4 gilt entsprechend.
Abschnitt 11 22a
Sicherheit und Ordnung
§ 43 Grundsatz
(1) Das Verantwortungsbewusstsein der Untersuchungsgefangenen für ein geordnetes Zusammenleben in der Justizvollzugsanstalt ist zu wecken und zu fördern.
(2) Die Pflichten und Beschränkungen, die Untersuchungsgefangenen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt auferlegt werden, sind so zu wählen, dass sie in einem angemessenen Verhältnis zu ihrem Zweck stehen und die Untersuchungsgefangenen nicht mehr und nicht länger als notwendig beeinträchtigen.
§ 44 Verhaltensvorschriften
(1) Die Untersuchungsgefangenen haben sich nach der Tageseinteilung der Justizvollzugsanstalt (Arbeitszeit, Freizeit, Ruhezeit) zu richten. Sie dürfen durch ihr Verhalten gegenüber Vollzugsbediensteten, Mitgefangenen und anderen Personen das geordnete Zusammenleben nicht stören.
(2) Die Untersuchungsgefangenen haben die Anordnungen der Vollzugsbediensteten zu befolgen, auch wenn sie sich durch sie beschwert fühlen. Einen ihnen zugewiesenen Bereich dürfen sie nicht ohne Erlaubnis verlassen.
(3) Die Untersuchungsgefangenen haben ihren Haftraum und die ihnen von der Justizvollzugsanstalt überlassenen Sachen in Ordnung zu halten und schonend zu behandeln.
(4) Die Untersuchungsgefangenen haben Umstände, die eine Gefahr für das Leben oder eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit einer Person bedeuten, unverzüglich zu melden.
§ 45 Persönlicher Gewahrsam und Eigengeld 22a
(1) Die Untersuchungsgefangenen dürfen nur Sachen in Gewahrsam haben oder annehmen, die ihnen von der Justizvollzugsanstalt, in der sie untergebracht sind, oder mit deren Zustimmung überlassen werden. Ohne Zustimmung dürfen sie Sachen weder abgeben noch annehmen, außer solche von geringem Wert. Die Justizvollzugsanstalt kann Abgabe, Annahme und den Gewahrsam auch dieser Sachen von ihrer Zustimmung abhängig machen.
(2) Eingebrachte Sachen, die die Untersuchungsgefangenen nicht in Gewahrsam haben dürfen, sind für sie aufzubewahren, sofern dies nach Art und Umfang möglich ist. Eingebrachtes Geld wird als Eigengeld gutgeschrieben. Untersuchungsgefangenen wird Gelegenheit gegeben, ihre Sachen, die sie während des Vollzugs und für die Entlassung nicht benötigen, abzusenden oder über das Eigengeld zu verfügen.
(3) Weigern sich Untersuchungsgefangene, eingebrachte Gegenstände, deren Aufbewahrung nach Art oder Umfang nicht möglich ist, aus der Justizvollzugsanstalt zu verbringen, so ist die Justizvollzugsanstalt berechtigt, diese auf Kosten der oder des Untersuchungsgefangenen entfernen zu lassen.
(4) Aufzeichnungen und andere Gegenstände, die Kenntnisse über Sicherungsvorkehrungen einer Justizvollzugsanstalt vermitteln, dürfen vernichtet oder unbrauchbar gemacht werden.
§ 46 Durchsuchung und Kontrollen auf Suchtmittelmissbrauch 22a
(1) Untersuchungsgefangene, ihre Sachen und die Hafträume dürfen durchsucht werden. Die Durchsuchung männlicher Untersuchungsgefangener darf nur von Männern, die Durchsuchung weiblicher Untersuchungsgefangener nur von Frauen vorgenommen werden; dies gilt nicht für das Absuchen der Untersuchungsgefangenen mit technischen Mitteln oder mit sonstigen Hilfsmitteln. Das Schamgefühl ist zu schonen.
(2) Nur auf Anordnung der Anstaltsleiterin oder des Anstaltsleiters oder bei Gefahr im Verzug ist es im Einzelfall zulässig, eine mit einer Entkleidung verbundene körperliche Durchsuchung vorzunehmen. Sie darf bei männlichen Untersuchungsgefangenen nur in Gegenwart von Männern, bei weiblichen Untersuchungsgefangenen nur in Gegenwart von Frauen erfolgen. Sie ist in einem geschlossenen Raum durchzuführen. Andere Gefangene dürfen nicht anwesend sein.
(3) Die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter kann allgemein anordnen, dass Untersuchungsgefangene bei der Aufnahme, nach Besuchen und nach jeder Abwesenheit von der Justizvollzugsanstalt nach Absatz 2 durchsucht werden können.
(4) Untersuchungsgefangene können Suchtmittelkontrollen unterzogen werden, wenn der Verdacht besteht, dass sie Suchtmittel besitzen oder konsumieren. Eine Suchtmittelkontrolle kann auch allgemein angeordnet werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt oder zur Gesundheitsvorsorge geboten ist. Die ergriffenen Maßnahmen dürfen nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sein. Bei Untersuchungsgefangenen, die die Mitwirkung an der Durchführung der Kontrolle verweigern, ist in der Regel davon auszugehen, dass Suchtmittelfreiheit nicht gegeben ist.
§ 47 Besondere Sicherungsmaßnahmen 19a 22a
(1) Gegen Untersuchungsgefangene können besondere Sicherungsmaßnahmen angeordnet werden, wenn nach ihrem Verhalten oder auf Grund ihres seelischen Zustands in erhöhtem Maß die Gefahr der Entweichung, von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen, der Selbsttötung oder der Selbstverletzung besteht.
(2) Besondere Sicherungsmaßnahmen sind:
(3) Maßnahmen nach Absatz 2 Nr. 1, 3 bis 5 sind auch zulässig, wenn die Gefahr einer Befreiung oder einer erheblichen Störung der Anstaltsordnung anders nicht vermieden oder behoben werden kann.
(4) Bei einer Ausführung, Vorführung oder beim Transport ist die Fesselung auch dann zulässig, wenn aus anderen Gründen als denen des Absatzes 1 die Gefahr der Entweichung besteht.
(5) Besondere Sicherungsmaßnahmen dürfen nur soweit aufrechterhalten werden, wie es ihr Zweck erfordert.
§ 48 Einzelhaft
(1) Die unausgesetzte Absonderung Untersuchungsgefangener (Einzelhaft) ist nur zulässig, wenn dies aus Gründen, die in der Person der oder des Untersuchungsgefangenen liegen, unerlässlich ist.
(2) Einzelhaft von mehr als drei Monaten Gesamtdauer in einem Jahr bedarf der Zustimmung der Aufsichtsbehörde. Diese Frist wird nicht dadurch unterbrochen, dass Untersuchungsgefangene am Gottesdienst oder am gemeinschaftlichen Aufenthalt im Freien teilnehmen.
§ 49 Fesselung und Fixierung 19a 22a
(1) In der Regel dürfen Fesseln nur an den Händen, an den Füßen oder an den Händen und den Füßen angelegt werden. Im Interesse der oder des Untersuchungsgefangenen kann eine andere Art der Fesselung angeordnet werden. Die Fesselung wird zeitweise gelockert oder aufgehoben, soweit dies notwendig ist.
(2) Eine Fesselung, durch die die Bewegungsfreiheit der oder des Untersuchungsgefangenen weitgehend oder vollständig aufgehoben wird (Fixierung), ist nur zulässig, wenn und solange eine gegenwärtige erhebliche Gefahr von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen, der Selbsttötung oder der Selbstverletzung besteht und die Fixierung zur Abwehr dieser Gefahr unerlässlich ist. Bei Fixierungen ist insbesondere eine ständige und unmittelbare Überwachung sicherzustellen. Anordnung, Gründe, Dauer und Art der Überwachung sowie Beendigung der Fixierung sind zu dokumentieren. Nach Beendigung der Fixierung ist, sobald es der Zustand der oder des Untersuchungsgefangenen zulässt, eine zu dokumentierende Nachbesprechung durchzuführen, in der insbesondere die Gründe für die Fixierung zu nennen sind. Nach Beendigung der Fixierung sind die Untersuchungsgefangenen darüber zu belehren, dass sie die Zulässigkeit der durchgeführten Fixierung gerichtlich überprüfen lassen können. Für die verfahrensrechtliche Ausgestaltung der Fixierung insbesondere der richterlichen Entscheidung gilt § 61 Absatz 3 entsprechend.
§ 50 Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen
(1) Besondere Sicherungsmaßnahmen ordnet die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter an. Bei Gefahr im Verzug können auch andere Bedienstete der Justizvollzugsanstalt die Maßnahmen vorläufig anordnen. Die Entscheidung der Anstaltsleiterin oder des Anstaltsleiters ist unverzüglich einzuholen.
(2) Werden Untersuchungsgefangene ärztlich behandelt oder beobachtet oder bildet ihr seelischer Zustand den Anlass der Maßnahme, ist vor der Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen die Ärztin oder der Arzt zu hören. Ist dies wegen Gefahr im Verzug nicht möglich, wird die Stellungnahme unverzüglich eingeholt.
§ 51 Festnahmerecht
Untersuchungsgefangene, die entwichen sind oder sich sonst ohne Erlaubnis außerhalb der Justizvollzugsanstalt aufhalten, können durch die Justizvollzugsanstalt oder auf ihre Veranlassung hin festgenommen und in die Justizvollzugsanstalt zurückgebracht werden, solange ein unmittelbarer Bezug zum Untersuchungshaftvollzug besteht.
§ 52 Ärztliche Überwachung 19a
(1) Sind Untersuchungsgefangene in einem besonders gesicherten Haftraum untergebracht, gefesselt oder fixiert, sucht sie die Ärztin oder der Arzt alsbald und in der Folge möglichst täglich auf. Dies gilt nicht bei einer Fesselung während einer Ausführung, Vorführung oder eines Transports.
(2) Solange Untersuchungsgefangenen der tägliche Aufenthalt im Freien entzogen wird, ist in regelmäßigen Abständen eine ärztliche Stellungnahme einzuholen.
§ 53 Ersatz von Aufwendungen
(1) Untersuchungsgefangene sind verpflichtet, der Justizvollzugsanstalt Aufwendungen zu ersetzen, die sie durch eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Selbstverletzung oder Verletzung anderer Gefangener verursacht haben. Ansprüche aus sonstigen Rechtsvorschriften bleiben unberührt.
(2) Von der Aufrechnung oder Vollstreckung wegen der in Absatz 1 genannten Forderungen ist abzusehen, wenn hierdurch die Wiedereingliederung der oder des Untersuchungsgefangenen behindert würde. Für die in Absatz 1 genannten Forderungen ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.
Abschnitt 12 22a
Unmittelbarer Zwang
§ 54 Allgemeine Voraussetzungen 22a
(1) Bedienstete der Justizvollzugsanstalten dürfen unmittelbaren Zwang anwenden, wenn sie Vollzugs- und Sicherungsmaßnahmen rechtmäßig durchführen und der damit verfolgte Zweck auf keine andere Weise erreicht werden kann.
(2) Gegen andere Personen als Untersuchungsgefangene darf unmittelbarer Zwang angewendet werden, wenn sie es, auch mittels technischer Geräte, unternehmen, Untersuchungsgefangene zu befreien, in den Anstaltsbereich widerrechtlich einzudringen, unbefugt Gegenstände in den Anstaltsbereich einzubringen, oder wenn sie sich unbefugt im Anstaltsbereich aufhalten; das Recht zur Anwendung unmittelbaren Zwangs gegen Sachen wird hierdurch nicht eingeschränkt.
(3) Das Recht zur Anwendung unmittelbaren Zwangs auf Grund anderer Regelungen bleibt unberührt.
§ 55 Begriffsbestimmungen
(1) Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch körperliche Gewalt, ihre Hilfsmittel und durch Waffen.
(2) Körperliche Gewalt ist jede unmittelbare körperliche Einwirkung auf Personen oder Sachen.
(3) Hilfsmittel der körperlichen Gewalt sind namentlich Fesseln.
(4) Waffen sind die dienstlich zugelassenen Hieb- und Schusswaffen sowie Reizstoffe.
§ 56 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
(1) Unter mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs sind diejenigen zu wählen, die den Einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigen.
(2) Unmittelbarer Zwang unterbleibt, wenn ein durch ihn zu erwartender Schaden erkennbar außer Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg steht.
§ 57 Handeln auf Anordnung
(1) Wird unmittelbarer Zwang von Vorgesetzten oder sonst befugten Personen angeordnet, sind Vollzugsbedienstete verpflichtet, ihn anzuwenden, es sei denn, die Anordnung verletzt die Menschenwürde oder ist nicht zu dienstlichen Zwecken erteilt worden.
(2) Die Anordnung darf nicht befolgt werden, wenn dadurch eine Straftat begangen würde. Befolgen Vollzugsbedienstete sie trotzdem, trifft sie eine Schuld nur, wenn sie erkennen oder wenn es nach den ihnen bekannten Umständen offensichtlich ist, dass dadurch eine Straftat begangen wird.
(3) Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Anordnung haben die Vollzugsbediensteten der anordnenden Person gegenüber vorzubringen, soweit das nach den Umständen möglich ist. Abweichende Vorschriften des allgemeinen Beamtenrechts über die Mitteilung solcher Bedenken an Vorgesetzte sind nicht anzuwenden.
§ 58 Androhung
Unmittelbarer Zwang ist vorher anzudrohen. Die Androhung darf nur dann unterbleiben, wenn die Umstände sie nicht zulassen oder unmittelbarer Zwang sofort angewendet werden muss, um eine rechtswidrige Tat, die den Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllt, zu verhindern oder eine gegenwärtige Gefahr abzuwenden.
§ 59 Allgemeine Vorschriften für den Schusswaffengebrauch 22a
(1) Schusswaffen dürfen nur gebraucht werden, wenn andere Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs bereits erfolglos waren oder keinen Erfolg versprechen. Gegen Personen ist ihr Gebrauch nur zulässig, wenn der Zweck nicht durch Waffenwirkung gegen Sachen erreicht wird.
(2) Schusswaffen dürfen nur die dazu bestimmten Vollzugsbediensteten gebrauchen. Ihr Gebrauch unterbleibt, wenn dadurch erkennbar Unbeteiligte mit hoher Wahrscheinlichkeit gefährdet würden.
(3) Gegen Personen dürfen Schusswaffen nur gebraucht werden, um sie angriffs- oder fluchtunfähig zu machen. Der Gebrauch ist vorher anzudrohen. Als Androhung gilt auch ein Warnschuss. Ohne Androhung dürfen Schusswaffen nur dann gebraucht werden, wenn dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.
§ 60 Besondere Vorschriften für den Schusswaffengebrauch
(1) Gegen Untersuchungsgefangene dürfen Schusswaffen gebraucht werden,
(2) Gegen andere Personen dürfen Schusswaffen gebraucht werden, wenn sie es unternehmen, Untersuchungsgefangene gewaltsam zu befreien oder gewaltsam in eine Justizvollzugsanstalt einzudringen.
§ 61 Zwangsmaßnahmen in der Gesundheitsfürsorge 19a 21a
(1) Medizinische Untersuchung, Behandlung und Ernährung sowie eine in diesem Zusammenhang erforderliche Fixierung sind gegen den natürlichen Willen der Untersuchungsgefangenen nur zulässig, soweit sie dazu dienen, eine Lebensgefahr oder eine gegenwärtige erhebliche Gefahr für die Gesundheit
abzuwenden. Maßnahmen nach Satz 1 dürfen nur angeordnet werden, wenn
Maßnahmen nach Satz 1 Nummer 1 sind darüber hinaus nur zulässig, wenn die oder der Untersuchungsgefangene zur Einsicht in die Notwendigkeit der Maßnahme oder zum Handeln nach dieser Einsicht krankheitsbedingt nicht in der Lage ist.
(2) Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 1 dürfen nur auf ärztliche Anordnung und unter ärztlicher Überwachung durchgeführt werden. Bei Fixierungen ist insbeson dere eine ständige und unmittelbare Überwachung sicherzustellen. Die Maßnahmen sind zu dokumentieren, einschließlich ihres Zwangscharakters, ihrer Durchsetzungsweise, ihrer maßgeblichen Gründe, der Dauer und Art der Überwachung sowie der Wirkungsüberwachung. Die Maßnahmen sind unverzüglich aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für ihre Anordnung weggefallen sind. Eine zu dokumentierende Nachbesprechung durch die behandelnde Ärztin oder den behandelnden Arzt, in der insbesondere die Gründe für die Maßnahme zu nennen sind, muss erfolgen, sobald es der Gesundheitszustand zulässt. Nach Beendigung der Maßnahmen nach Absatz 1 sind die Untersuchungsgefangenen darüber zu belehren, dass sie die Zulässigkeit der durchgeführten Maßnahmen gerichtlich überprüfen lassen können.
(3) Eine Maßnahme nach Absatz 1 ist auf Antrag der Justizvollzugsanstalt nur mit vorheriger richterlicher Entscheidung zulässig. Dies gilt nicht, wenn hierdurch die Behandlung verzögert würde und sich hieraus Nachteile für das Leben oder die Gesundheit der gefährdeten Person ergeben würden (Gefahr im Verzug). Die richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachträglich einzuholen. Eine nachträgliche richterliche Entscheidung ist nicht erforderlich, wenn bereits zu Beginn der Maßnahme abzusehen ist, dass die Entscheidung erst nach Wegfall des Grundes der Maßnahme ergehen wird, oder die Maßnahme vor Herbeiführung der Entscheidung tatsächlich beendet und auch keine Wiederholung zu erwarten ist. Handelt es sich um eine lediglich kurzfristige Fixierung, die absehbar die Dauer von einer halben Stunde unterschreitet, ist eine richterliche Entscheidung nicht erforderlich. § 126 Absatz 5 StPO gilt entsprechend.
(4) Zur Gewährleistung des Gesundheitsschutzes und der Hygiene ist die zwangsweise körperliche Untersuchung der Untersuchungsgefangenen über Absatz 1 hinaus zulässig, wenn sie nicht mit einem körper lichen Eingriff verbunden ist. Duldungspflichten der Untersuchungsgefangenen nach Vorschriften anderer Gesetze bleiben unberührt.
Abschnitt 13 22a
Disziplinarmaßnahmen
§ 62 Voraussetzungen
(1) Verstoßen Untersuchungsgefangene schuldhaft gegen Pflichten, die ihnen durch dieses Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes oder durch § 119 StPO oder auf Grund dieser Vorschrift auferlegt sind, können gegen sie, möglichst in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Pflichtverletzung, Disziplinarmaßnahmen angeordnet werden.
(2) Von einer Disziplinarmaßnahme wird abgesehen, wenn es genügt, Untersuchungsgefangene zu verwarnen.
(3) Eine Disziplinarmaßnahme ist auch zulässig, wenn wegen derselben Verfehlung ein Straf- oder Bußgeldverfahren eingeleitet wird.
(4) Durch die Anordnung und den Vollzug einer Disziplinarmaßnahme darf die Verteidigung und die Verhandlungsfähigkeit von Untersuchungsgefangenen nicht beeinträchtigt werden. Eine Disziplinarmaßnahme kann ganz oder zum Teil auch während einer der Untersuchungshaft unmittelbar nachfolgenden Untersuchungshaft in anderer Sache oder Strafhaft vollzogen werden.
§ 63 Arten der Disziplinarmaßnahmen 22a
(1) Die zulässigen Disziplinarmaßnahmen sind:
(2) Arrest darf nur wegen schwerer oder mehrfach wiederholter Verfehlungen verhängt werden.
(3) Mehrere Disziplinarmaßnahmen können miteinander verbunden werden.
§ 64 Vollstreckung und Vollzug der Disziplinarmaßnahmen 22a
(1) Disziplinarmaßnahmen werden in der Regel sofort vollstreckt.
(2) Eine Disziplinarmaßnahme kann ganz oder teilweise bis zu sechs Monaten zur Bewährung ausgesetzt werden.
(3) Wird die Verfügung über das Sondergeld beschränkt oder entzogen, ist das in dieser Zeit anfallende Geld dem Eigengeld hinzuzurechnen.
(4) Arrest wird in Einzelhaft vollzogen. Die Untersuchungsgefangenen können in einem besonderen Arrestraum untergebracht werden, der den Anforderungen entsprechen muss, die an einen zum Aufenthalt bei Tag und Nacht bestimmten Haftraum gestellt werden. Soweit nichts anderes angeordnet wird, ruhen die Befugnisse der Untersuchungsgefangenen aus § 9 Satz 1, § 10 Abs. 1, § 11 Abs. 2 und 3, § 34 Abs. 2, 4 und 5 und §§ 39 bis 42.
§ 65 Disziplinarbefugnis
(1) Disziplinarmaßnahmen ordnet die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter an. Bei einer Verfehlung auf dem Weg in eine andere Justizvollzugsanstalt zum Zweck der Verlegung ist die Leiterin oder der Leiter der Bestimmungsanstalt zuständig. Die Befugnis, Disziplinarmaßnahmen nach § 63 anzuordnen, kann nur auf Mitglieder der Anstalts- oder Vollzugsabteilungsleitung übertragen werden.
(2) Die Aufsichtsbehörde entscheidet, wenn sich Verfehlungen von Untersuchungsgefangenen gegen die Anstaltsleiterin oder den Anstaltsleiter richten.
(3) Disziplinarmaßnahmen, die gegen Untersuchungsgefangene in einer anderen Justizvollzugsanstalt oder während einer anderen Haft angeordnet worden sind, werden auf Ersuchen vollstreckt, soweit sie nicht zur Bewährung ausgesetzt sind. § 64 Abs. 2 bleibt unberührt.
(1) Der Sachverhalt ist zu klären. Die oder der Untersuchungsgefangene wird gehört. Die Erhebungen werden in einer Niederschrift festgelegt; die Einlassung der oder des Untersuchungsgefangenen wird vermerkt.
(2) Bei schweren Verstößen soll sich die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter vor der Entscheidung mit Personen besprechen, die an der Betreuung der oder des Untersuchungsgefangenen mitwirken. Vor der Anordnung einer Disziplinarmaßnahme gegen Untersuchungsgefangene ist eine Stellungnahme des ärztlichen oder psychologischen Dienstes einzuholen, wenn hierzu begründeter Anlass besteht.
(3) Die Entscheidung wird der oder dem Untersuchungsgefangenen von der Anstaltsleiterin oder von dem Anstaltsleiter oder im Falle einer Übertragung der Disziplinarbefugnis nach § 65 Abs. 1 Satz 3 von der beauftragten Person mündlich eröffnet und mit einer kurzen Begründung schriftlich abgefasst.
§ 67 Ärztliche Mitwirkung
(1) Bevor der Arrest vollzogen wird, ist eine ärztliche Stellungnahme einzuholen. Während des Arrests steht die oder der Untersuchungsgefangene unter ärztlicher Aufsicht.
(2) Der Vollzug des Arrests unterbleibt oder wird unterbrochen, wenn die Gesundheit der oder des Untersuchungsgefangenen gefährdet würde.
Abschnitt 14 22a 22a
Aufhebung von Maßnahmen, Beschwerderecht und Rechtsbehelfe
§ 67a Aufhebung von Maßnahmen 22a
(1) Die Aufhebung von Maßnahmen zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiet des Vollzugs der Untersuchungshaft richtet sich nach den nachfolgenden Absätzen, soweit dieses Gesetz keine abweichende Bestimmung enthält.
(2) Rechtswidrige Maßnahmen können ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(3) Rechtmäßige Maßnahmen können ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit widerrufen werden, wenn
(4) Begünstigende Maßnahmen dürfen nach Absatz 2 oder 3 nur zurückgenommen oder widerrufen werden, wenn die vollzuglichen Interessen an der Aufhebung in Abwägung mit dem schutzwürdigen Vertrauen der Betroffenen auf den Bestand der Maßnahmen überwiegen. Belastende rechtswidrige Maßnahmen sind aufzuheben, soweit hierdurch das Leben oder die Gesundheit einer Person oder die Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt nicht gefährdet wird.
§ 68 Beschwerderecht und Rechtsbehelfe
(1) Die Untersuchungsgefangenen haben das Recht, sich mit Wünschen, Anregungen und Beschwerden in Angelegenheiten, die sie selbst betreffen, an die Anstaltsleiterin oder den Anstaltsleiter zu wenden. Regelmäßige Sprechstunden sind einzurichten.
(2) Besichtigen Vertreter der Aufsichtsbehörde die Justizvollzugsanstalt, so ist zu gewährleisten, dass die Untersuchungsgefangenen sich in sie selbst betreffenden Angelegenheiten an diese wenden können.
(3) Die Möglichkeit der Dienstaufsichtsbeschwerde bleibt unberührt. Eingaben, Beschwerden und Dienstaufsichtsbeschwerden, die nach Form oder Inhalt nicht den im Verkehr mit Behörden üblichen Anforderungen entsprechen oder bloße Wiederholungen enthalten, brauchen nicht beschieden zu werden. Die Untersuchungsgefangenen sind entsprechend zu unterrichten. Eine Überprüfung von Amts wegen bleibt unberührt.
(4) Die bundesrechtlichen Vorschriften über den gerichtlichen Rechtsschutz bleiben unberührt.
Abschnitt 15 22a 22a
Junge Untersuchungsgefangene
(1) Auf Untersuchungsgefangene, die zur Tatzeit noch nicht 21 Jahre alt waren und die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (junge Untersuchungsgefangene) finden die Vorschriften dieses Abschnitts ergänzende Anwendung.
(2) Von einer Anwendung der Vorschriften dieses Abschnitts auf volljährige junge Untersuchungsgefangene kann abgesehen werden, wenn eine Vollzugsgestaltung nach § 72 Abs. 2 nicht oder nicht mehr angezeigt ist.
(1) Bei jungen Untersuchungsgefangenen erfolgt der Vollzug der Untersuchungshaft nach Möglichkeit in besonderen Justizvollzugsanstalten, anderenfalls in Außenstellen oder in getrennten Abteilungen von Jugendstrafanstalten oder anderen Justizvollzugsanstalten. Sie sind soweit möglich von anderen Gefangenen getrennt zu halten.
(2) Von Absatz 1 darf aus den in § 4 Abs. 7 des Ersten Buchs genannten Gründen abgewichen werden, wenn eine Vollzugsgestaltung nach § 72 Abs. 2 gewährleistet bleibt und die jungen Untersuchungsgefangenen vor schädlichen Einflüssen geschützt sind.
(3) Untersuchungsgefangene, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben (jugendliche Untersuchungsgefangene), dürfen mit jungen Untersuchungsgefangenen, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, untergebracht werden, wenn eine gemeinsame Unterbringung dem Wohl der jugendlichen Untersuchungsgefangenen nicht widerspricht. Mit Untersuchungsgefangenen, die das vierundzwanzigste Lebensjahr vollendet haben, dürfen jugendliche Untersuchungsgefangene nur ausnahmsweise untergebracht werden, wenn dies ihrem Wohl dient.
§ 71 Aufgabenwahrnehmung
Mit dem Vollzug der Untersuchungshaft an jungen Untersuchungsgefangenen soll nur betraut werden, wer hierfür geeignet und ausgebildet ist.
§ 72 Gestaltung des Vollzugs
(1) Die Justizvollzugsanstalt soll sich mit der Erforschung der Persönlichkeit junger Untersuchungsgefangener befassen. Die Persönlichkeitserforschung dient der Gestaltung des Untersuchungshaftvollzugs. Sie soll in Zusammenarbeit mit der Jugendgerichtshilfe durchgeführt werden.
(2) Während des Vollzugs der Untersuchungshaft sind die jungen Untersuchungsgefangenen in der Entwicklung ihrer Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie in ihrer Bereitschaft zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Lebensführung zu fördern. Hierzu sollen den jungen Untersuchungsgefangenen neben altersgemäßen Bildungs-, Beschäftigungs- und Freizeitmöglichkeiten auch sonstige entwicklungsfördernde Hilfestellungen angeboten werden. Die Bereitschaft zur Annahme der Angebote ist zu wecken und zu fördern. Auf die körperliche, geistige und seelische Entwicklung der jungen Untersuchungsgefangenen ist Rücksicht zu nehmen.
(3) In diesem Buch vorgesehene Beschränkungen können jugendlichen Untersuchungsgefangenen auch auferlegt werden, soweit dies dringend geboten ist, um sie vor einer Gefährdung ihrer Entwicklung zu bewahren.
(4) Die Personensorgeberechtigten sind von der Inhaftierung und dem jeweiligen Aufenthaltsort jugendlicher Untersuchungsgefangener zu unterrichten, sofern sie noch keine Kenntnis darüber haben. Die Personensorgeberechtigten erhalten Gelegenheit, Anregungen und Vorschläge zur Gestaltung des Vollzugs der Untersuchungshaft anzubringen. Diese sollen, soweit sie mit dem Zweck der Untersuchungshaft und der Vollzugsgestaltung nach Absatz 2 vereinbar sind, berücksichtigt werden.
§ 73 Betreuung und Unterbringung
(1) Jungen Untersuchungsgefangenen soll eine ständige Betreuungsperson oder Betreuungsgruppe aus dem Kreis der Vollzugsbediensteten zugeordnet werden.
(2) Junge Untersuchungsgefangene sollen nach Möglichkeit in Wohngruppen untergebracht werden, zu denen neben den Hafträumen zur Unterbringung während der Nachtzeit die für die gemeinsame Benutzung notwendigen weiteren Räume und Einrichtungen gehören.
(3) Junge Untersuchungsgefangene können aus der Wohngruppe ausgeschlossen werden, wenn dies die Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt erfordert, sie auf Grund ihres Verhaltens nicht gruppenfähig sind oder sie die Freiräume der Wohngruppe wiederholt missbraucht haben. Eine Wiederaufnahme kann erfolgen, wenn die Gruppenfähigkeit wieder hergestellt ist.
(4) In der Wohngruppe sollen insbesondere Werte, die ein sozialverträgliches Zusammenleben ermöglichen, gewaltfreie Konfliktlösungen, gegenseitige Toleranz und Verantwortung für den eigenen Lebensbereich vermittelt und eingeübt werden.
(5) Während der Ruhezeit werden die jungen Untersuchungsgefangenen einzeln in ihren Hafträumen untergebracht; § 8 bleibt unberührt.
§ 74 Verkehr mit der Außenwelt
(1) Junge Untersuchungsgefangene dürfen im Rahmen der Vorschriften dieses Gesetzes mindestens vier Stunden Besuch im Monat empfangen.
(2) Besuche bei jugendlichen Untersuchungsgefangenen und ihr Schriftwechsel mit einzelnen Personen können außer unter den Voraussetzungen von §§ 13 und 19 Abs. 1 auch unterbunden werden, wenn die Personensorgeberechtigten nicht einverstanden sind.
(3) Der Jugendgerichtshilfe ist der Verkehr mit jungen Untersuchungsgefangenen in demselben Umfang wie einem Verteidiger oder einer Verteidigerin gestattet. Dasselbe gilt in den Fällen, in denen junge Untersuchungsgefangene der Betreuung und Aufsicht von Betreuungshelfern unterstehen, für diese oder, wenn für sie ein Erziehungsbeistand bestellt ist, für die Erziehungsbeistände.
§ 75 Bildung und Arbeit
(1) Schulpflichtige junge Untersuchungsgefangene nehmen in der Justizvollzugsanstalt an Unterricht teil.
(2) Jungen Untersuchungsgefangenen soll die Teilnahme an schulischen und beruflichen Orientierungs-, Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen, speziellen Fördermaßnahmen, insbesondere sozialem Training, Arbeit, arbeitspädagogischer oder sonstiger ihren Fähigkeiten entsprechender Beschäftigung oder Hilfstätigkeiten, angeboten werden.
(3) Jugendliche Untersuchungsgefangene können zur Teilnahme an den in Absatz 2 genannten Maßnahmen verpflichtet werden, soweit dies nach ihrem Entwicklungsstand angezeigt ist und ihre Personensorgeberechtigten nicht widersprechen.
(4) Üben junge Untersuchungsgefangene eine Arbeit, sonstige Beschäftigung oder eine Hilfstätigkeit aus, sind der Bemessung des Arbeitsentgelts neun Prozent der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch zu Grunde zu legen. Üben sie eine arbeitstherapeutische Beschäftigung aus, erhalten sie ein Arbeitsentgelt, soweit dies der Art ihrer Beschäftigung und Arbeitsleistung entspricht.
(5) Nehmen junge Untersuchungsgefangene während der Arbeitszeit an einer Berufsausbildung, beruflichen Weiterbildung, an Unterricht, am sozialen Training, an Deutschkursen oder an vergleichbaren Maßnahmen teil, erhalten sie eine Ausbildungsbeihilfe, soweit ihnen keine Leistungen zum Lebensunterhalt zustehen, die freien Personen aus solchem Anlass gewährt werden. Der Nachrang der Sozialhilfe nach § 2 Abs. 2 des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch wird nicht berührt. Für die Bemessung der Ausbildungsbeihilfe gelten § 35 sowie für die Einbehaltung von Beitragsteilen § 38 entsprechend. Nehmen junge Untersuchungsgefangene während der Arbeitszeit stunden- oder tageweise an Maßnahmen nach Satz 1 teil, so erhalten sie in Höhe des ihnen dadurch entgehenden Arbeitsentgelts eine Ausbildungsbeihilfe.
§ 76 Freizeit
Junge Untersuchungsgefangene sind zur Teilnahme und Mitwirkung an Angeboten der Freizeitgestaltung zu motivieren und dabei anzuleiten. Jugendgemäße Angebote zur sportlichen Betätigung, insbesondere während des Aufenthalts im Freien, sind vorzuhalten, um jungen Untersuchungsgefangenen eine sportliche Betätigung von mindestens zwei Stunden wöchentlich zu ermöglichen.
§ 77 Aufenthalt im Freien
Jungen Untersuchungsgefangenen wird an Werktagen ein Aufenthalt im Freien von mindestens einer Stunde, an arbeitsfreien Tagen von mindestens zwei Stunden ermöglicht, wenn die Witterung dem nicht zwingend entgegensteht.
§ 78 Einzelhaft
Einzelhaft von mehr als einer Woche Gesamtdauer in einem Jahr bedarf der Zustimmung der Aufsichtsbehörde. Diese Frist wird nicht dadurch unterbrochen, dass junge Untersuchungsgefangene am Gottesdienst oder am gemeinschaftlichen Aufenthalt im Freien teilnehmen.
§ 79 Schusswaffengebrauch
Um die Flucht oder Entweichung junger Untersuchungsgefangener aus einer Justizvollzugsanstalt, in der überwiegend Jugendliche untergebracht sind, zu vereiteln, dürfen keine Schusswaffen gebraucht werden.
§ 80 Erzieherische Maßnahmen und Disziplinarmaßnahmen
(1) Bei schuldhaften Verstößen junger Untersuchungsgefangener gegen Pflichten, die ihnen durch dieses Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes oder durch § 119 StPO oder auf Grund dieser Vorschrift auferlegt sind, können anstelle von Disziplinarmaßnahmen in möglichst engem zeitlichen Zusammenhang zu der Pflichtverletzung erzieherische Maßnahmen angeordnet werden, die geeignet sind, den jungen Untersuchungsgefangenen ihr Fehlverhalten bewusst zu machen. Es kommen namentlich in Betracht das erzieherische Gespräch, die Konfliktschlichtung, die Verwarnung, die Erteilung von Weisungen und Auflagen sowie beschränkende Anordnungen in Bezug auf die Freizeitgestaltung bis zur Dauer von einer Woche.
(2) Die zulässigen Disziplinarmaßnahmen gegen junge Untersuchungsgefangene sind:
Abschintt 16 22a 22a
(aufgehoben)
weiter . |