umwelt-online: JVollzGB - Justizvollzugsgesetzbuch - Baden-Württemberg (2)
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Buch 3 12 22b
Strafvollzug
(JVollzGB III)
Abschnitt 1
Grundsätze
Im Vollzug der Freiheitsstrafe sollen die Gefangenen fähig werden, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen.
(1) Die Gefangenen sind unter Achtung ihrer Grund- und Menschenrechte zu behandeln. Niemand darf unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung unterworfen werden.
(2) Das Leben im Vollzug soll den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit wie möglich angeglichen werden.
(3) Schädlichen Folgen des Freiheitsentzugs ist entgegenzuwirken. Die Gefangenen sind vor Übergriffen zu schützen.
(4) Der Vollzug ist darauf auszurichten, dass er den Gefangenen hilft, sich in das Leben in Freiheit einzugliedern.
(5) Zur Erreichung des Vollzugsziels sollen die Einsicht in die dem Opfer zugefügten Tatfolgen geweckt und geeignete Maßnahmen zum Ausgleich angestrebt werden.
(6) Bei der Gestaltung des Vollzugs und bei allen Einzelmaßnahmen werden die unterschiedlichen Lebenslagen und Bedürfnisse der Gefangenen, insbesondere im Hinblick auf Geschlecht, Alter, Herkunft, Glauben, Behinderung und sexuelle Identität, berücksichtigt.
§ 3 Stellung der Gefangenen
(1) Die Gefangenen wirken an ihrer Behandlung und an der Erreichung des Vollzugsziels mit. Ihre Bereitschaft hierzu ist zu wecken und zu fördern.
(2) Soweit das Gesetz eine besondere Regelung nicht enthält, dürfen den Gefangenen nur Beschränkungen auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der Ordnung der Justizvollzugsanstalt unerlässlich sind.
Abschnitt 2 22b
Aufnahme, Vollzugsplanung und Verlegung
§ 4 Aufnahme und Behandlungsuntersuchung
(1) Bei der Aufnahme werden die Gefangenen über ihre Rechte und Pflichten in einer für sie verständlichen Form unterrichtet. Nach der Aufnahme werden sie alsbald ärztlich untersucht und der Anstaltsleiterin oder dem Anstaltsleiter oder den von diesen beauftragten Bediensteten vorgestellt. Beim Aufnahmeverfahren und bei der ärztlichen Untersuchung dürfen andere Gefangene nicht zugegen sein; Ausnahmen bedürfen der Zustimmung der oder des Gefangenen.
(2) Nach der Aufnahme werden die Umstände erhoben, deren Kenntnis für eine planvolle Behandlung der Gefangenen im Vollzug und für die Eingliederung nach der Entlassung erforderlich sind. Hiervon kann abgesehen werden, wenn dies mit Rücksicht auf die Vollzugsdauer nicht geboten erscheint. Es ist zu prüfen, ob eine Verlegung in eine sozialtherapeutische Einrichtung oder andere therapeutische Maßnahmen angezeigt sind.
§ 5 Vollzugsplan
(1) Auf Grund der Behandlungsuntersuchung wird ein Vollzugsplan erstellt.
(2) Der Vollzugsplan enthält mindestens Angaben über
(3) Die Vollzugsplanung wird mit der oder dem Gefangenen erörtert. Ihnen wird Gelegenheit gegeben, eine Stellungnahme in der Vollzugsplankonferenz abzugeben.
(4) Der Vollzugsplan wird mit der Billigung durch die Anstaltsleiterin oder den Anstaltsleiter wirksam. Die Aufsichtsbehörde kann sich vorbehalten, dass der Vollzugsplan in bestimmten Fällen erst mit ihrer Zustimmung wirksam wird.
(5) Der Vollzugsplan ist in regelmäßigen Abständen auf seine Umsetzung hin zu überprüfen und mit der Entwicklung der oder des Gefangenen sowie weiteren für die Behandlung bedeutsamen Erkenntnissen in Einklang zu halten. Hierfür sind im Vollzugsplan angemessene Fristen vorzusehen. Die Fortschreibung des Vollzugsplans wird mit den Gefangenen erörtert.
§ 6 Verlegung, Überstellung und Ausantwortung 22b
(1) Gefangene können abweichend vom Vollstreckungsplan in eine andere Justizvollzugsanstalt überstellt oder verlegt werden,
§ 8 Absatz 1 und 3 bleibt unberührt.
(2) In begründeten Fällen ist das befristete Überlassen von Gefangenen in den Gewahrsam einer Polizei-, Zoll- oder Finanzbehörde zulässig. Die Justizvollzugsanstalt kann zur Durchführung der Ausantwortung Anordnungen treffen.
§ 7 Offener und geschlossener Vollzug
(1) Gefangene sollen in einer Justizvollzugsanstalt oder Abteilung des offenen Vollzugs untergebracht werden, wenn sie den besonderen Anforderungen des offenen Vollzugs genügen und insbesondere nicht zu befürchten ist, dass sie sich dem Vollzug der Freiheitsstrafe entziehen oder die Möglichkeiten des offenen Vollzugs zu Straftaten missbrauchen werden.
(2) Eignen sich Gefangene nicht für den offenen Vollzug, so werden sie im geschlossenen Vollzug untergebracht. Erweisen sich Gefangene für die Unterbringung im offenen Vollzug während des Aufenthalts dort als nicht geeignet, werden sie in den geschlossenen Vollzug zurückverlegt. Gefangene können auch dann im geschlossenen Vollzug untergebracht oder dorthin zurückverlegt werden, wenn dies zu ihrer Behandlung notwendig ist.
§ 8 Verlegung in eine sozialtherapeutische Einrichtung 22b
(1) Gefangene sollen in eine sozialtherapeutische Einrichtung verlegt werden, wenn deren besondere therapeutischen Mittel und sozialen Hilfen zu ihrer Resozialisierung angezeigt und erfolgversprechend sind, von ihnen ohne Behandlung erhebliche Straftaten zu erwarten sind und die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter der sozialtherapeutischen Einrichtung zustimmt. Ist die Entscheidung über Verlegungen in eine sozialtherapeutische Einrichtung einer zentralen Stelle übertragen, bedarf es der Zustimmung nach Satz 1 nicht.
(2) Vor einer Verlegung ist die Bereitschaft der Gefangenen zur Teilnahme an therapeutischen Maßnahmen zu wecken und zu fördern.
(3) Gefangene sind zurückzuverlegen, wenn der Zweck der Behandlung aus Gründen, die in ihrer Person liegen, nicht erreicht werden kann.
(4) § 6 Abs. 1 Satz 1 bleibt unberührt.
§ 9 Vollzugsöffnende Maßnahmen 22b
(1) Gefangenen können mit ihrer Zustimmung vollzugsöffnende Maßnahmen gewährt werden, wenn sie für die jeweilige Maßnahme geeignet sind, insbesondere ihre Persönlichkeit ausreichend gefestigt und nicht zu befürchten ist, dass sie sich dem Vollzug der Freiheitsstrafe entziehen oder die Maßnahme zur Begehung von Straftaten missbrauchen werden.
(2) Als vollzugsöffnende Maßnahme kann insbesondere angeordnet werden, dass Gefangene
(3) Freistellung aus der Haft soll in der Regel erst gewährt werden, wenn sich Gefangene mindestens sechs Monate im Strafvollzug befunden haben. Zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilte Gefangene können aus der Haft freigestellt werden, wenn sie sich einschließlich einer vorhergehenden Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung zehn Jahre im Vollzug befunden haben oder wenn sie in den offenen Vollzug überwiesen oder hierfür geeignet sind.
(4) Durch vollzugsöffnende Maßnahmen wird die Vollstreckung der Freiheitsstrafe nicht unterbrochen.
§ 10 Verlassen der Justizvollzugsanstalt aus wichtigem Anlass
(1) Aus wichtigem Anlass kann die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter Gefangenen Ausgang gewähren oder sie bis zu sieben Tage von der Haft freistellen; Freistellung aus anderem wichtigen Anlass als wegen einer lebensgefährlichen Erkrankung oder wegen des Todes Angehöriger darf sieben Tage im Vollstreckungsjahr nicht übersteigen. § 9 Abs. 1 und 4 gilt entsprechend.
(2) Eine Freistellung aus wichtigem Anlass wird nicht auf die Freistellung aus der Haft angerechnet.
(3) Kann Ausgang oder Freistellung aus den in § 9 Abs. 1 genannten Gründen nicht gewährt werden, kann die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter Gefangene ausführen lassen. Die Aufwendungen hierfür haben die oder der Gefangene zu tragen, es sei denn, dies würde die Behandlung oder die Eingliederung behindern.
(4) Gefangene dürfen auch ohne ihre Zustimmung ausgeführt werden, wenn dies aus besonderen Gründen notwendig ist.
(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten für die Teilnahme von Gefangenen an gerichtlichen Terminen entsprechend. Auf Ersuchen eines Gerichts lässt die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter Gefangene auch ohne deren Zustimmung vorführen, sofern ein Vorführungsbefehl vorliegt. Die Justizvollzugsanstalt unterrichtet das Gericht über das Veranlasste.
§ 11 Weisungen und Aufhebung vollzugsöffnender Maßnahmen 19b 22b
(1) Die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter kann Gefangenen für vollzugsöffnende Maßnahmen, das Verlassen der Justizvollzugsanstalt aus wichtigem Anlass oder zur Teilnahme an gerichtlichen Terminen Weisungen, insbesondere hinsichtlich ihres Aufenthaltsorts sowie der Freistellungsgestaltung, erteilen.
(1a) Bei Ausführungen ohne angeordnete Fesselung kann die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter Gefangenen die Weisung erteilen, die für eine elektronische Überwachung des Aufenthaltsorts erforderlichen technischen Mittel ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen, wenn dies erforderlich ist, um die Gefangenen davon abzuhalten, sich dem Vollzug der Freiheitsstrafe zu entziehen.
(2) Werden Maßnahmen nach §§ 9 und 10 in schwerwiegender Weise missbraucht, sind diese nach § 91a Absatz 3 Nummer 2 zu widerrufen.
§ 12 Zustimmung der Aufsichtsbehörde
Die Aufsichtsbehörde kann sich vorbehalten, dass in bestimmten Fällen die Entscheidung über die Unterbringung von Gefangenen im offenen Vollzug, die Gewährung vollzugsöffnender Maßnahmen mit Ausnahme der Ausführung sowie die Gewährung von Maßnahmen nach § 10 Abs. 1 dieses Buchs, auch in Verbindung mit Absatz 5 Satz 1, erst mit ihrer Zustimmung wirksam wird.
Abschnitt 3 22b
Unterbringung und Grundversorgung
Gefangene sollen während der Ruhezeit allein in ihren Hafträumen untergebracht werden. Eine gemeinschaftliche Unterbringung der Gefangenen während der Ruhezeit kommt insbesondere in Betracht
§ 14 Einschränkung gemeinschaftlicher Unterbringung während der Arbeit und der Freizeit
Die gemeinschaftliche Unterbringung während der Arbeitszeit und Freizeit kann eingeschränkt werden,
§ 15 Ausstattung des Haftraums 22b
Gefangene dürfen ihren Haftraum in angemessenem Umfang mit eigenen Gegenständen ausstatten. Hierdurch dürfen die Übersichtlichkeit des Haftraums sowie die Sicherheit und Ordnung der Justizvollzugsanstalt nicht beeinträchtigt werden. § 58 Absatz 3 gilt entsprechend.
§ 16 Kleidung
(1) Gefangene tragen Anstaltskleidung. Für die Freizeit erhalten sie besondere Oberbekleidung.
(2) Die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter gestattet den Gefangenen bei einer Ausführung eigene Kleidung zu tragen, wenn zu erwarten ist, dass sie nicht entweichen werden. Die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter kann dies auch sonst gestatten, sofern die Gefangenen für Reinigung, Instandsetzung und regelmäßigen Wechsel auf eigene Kosten sorgen.
§ 17 Verpflegung
(1) Die Verpflegung wird in Übereinstimmung mit den jeweils gültigen Werten für eine ausreichende und ausgewogene Ernährung in Gemeinschaftsverpflegung angeboten.
(2) Den Gefangenen soll ermöglicht werden, religiöse Speisevorschriften zu befolgen.
(1) Gefangene können von ihrem Haus- oder Taschengeld aus einem von der Justizvollzugsanstalt vermittelten Angebot Waren kaufen. Das Warenangebot ist auf die Bedürfnisse der Gefangenen abzustimmen. Gegenstände, die die Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt gefährden, sind vom Einkauf ausgeschlossen. Der Einkauf kann in Form eines Listeneinkaufs durchgeführt werden.
(2) In begründeten Ausnahmefällen, insbesondere wenn ein zugelassener Artikel sonst nicht beschafft werden kann, kann die Justizvollzugsanstalt einen Einkauf über andere sichere Bezugsquellen gestatten.
(3) Verfügen Gefangene weder über Sondergeld nach § 54 Abs. 1 noch ohne eigenes Verschulden über Haus- oder Taschengeld, wird ihnen gestattet, in angemessenem Umfang vom Eigengeld einzukaufen.
Abschnitt 4
Verkehr mit der Außenwelt
§ 19 Pflege sozialer Beziehungen
(1) Gefangene haben das Recht, mit Personen außerhalb der Justizvollzugsanstalt im Rahmen der Vorschriften dieses Gesetzes zu verkehren. Der Kontakt zu Angehörigen und Personen, von denen ein günstiger Einfluss auf die Gefangenen erwartet werden kann, wird gefördert.
(2) Gefangene dürfen regelmäßig Besuch empfangen. Die Gesamtdauer beträgt mindestens eine Stunde im Monat.
(3) Besuche sollen darüber hinaus zugelassen werden, wenn sie die Behandlung oder Eingliederung der Gefangenen fördern oder persönlichen, rechtlichen oder geschäftlichen Angelegenheiten dienen, die von den Gefangenen weder schriftlich erledigt, noch durch Dritte wahrgenommen oder bis zur Entlassung aufgeschoben werden können.
(4) Aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt kann ein Besuch davon abhängig gemacht werden, dass sich die Besucherin oder der Besucher durchsuchen oder mit technischen Mitteln oder sonstigen Hilfsmitteln auf verbotene Gegenstände absuchen lässt. Aus den gleichen Gründen kann die Anzahl der gleichzeitig zu einem Besuch zugelassenen Personen beschränkt werden.
§ 20 Verbot von Besuchen
Die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter kann Besuche untersagen,
§ 21 Überwachung von Besuchen
(1) Besuche dürfen aus Gründen der Behandlung oder der Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt überwacht werden, es sei denn, es liegen im Einzelfall Erkenntnisse dafür vor, dass es der Überwachung nicht bedarf. Die Unterhaltung darf überwacht werden, soweit dies im Einzelfall aus diesen Gründen erforderlich ist.
(2) Die optische Überwachung von Besuchen kann durch technische Hilfsmittel erfolgen. Auf eine Überwachung nach Satz 1 sind die Gefangenen und ihre Besucher vorher hinzuweisen. Zur Verhinderung der Übergabe von Gegenständen können besondere Vorkehrungen, insbesondere durch Tischaufsätze oder Trennscheiben, getroffen werden, wenn bei der oder dem Gefangenen verbotene Gegenstände gefunden wurden oder sonst konkrete Anhaltspunkte vorliegen, dass es zu einer verbotenen Übergabe von Gegenständen kommt.
(3) Gegenstände dürfen beim Besuch nur mit Erlaubnis der Justizvollzugsanstalt übergeben werden. Gefangenen dürfen Nahrungs- und Genussmittel in geringer Menge übergeben werden. Die Justizvollzugsanstalt kann anordnen, dass die Nahrungs- und Genussmittel durch ihre Vermittlung beschafft werden.
(4) Ein Besuch darf abgebrochen werden, wenn Gefangene oder ihre Besucherinnen oder Besucher gegen Vorschriften dieses Gesetzes oder auf Grund dieses Gesetzes getroffene Anordnungen trotz Ermahnung verstoßen. Einer Ermahnung bedarf es nicht, wenn es unerlässlich ist, den Besuch sofort abzubrechen.
§ 22 Besuche bestimmter Personen
(1) Besuche von Verteidigern sowie von Rechtsanwälten und Notaren in einer die Gefangene oder den Gefangenen betreffenden Rechtssache sind zu gestatten. Die Justizvollzugsanstalt kann die Modalitäten der Besuche entsprechend ihren organisatorischen Möglichkeiten regeln. Der Besuch kann davon abhängig gemacht werden, dass sich die Besucher vorher aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt durchsuchen oder mit technischen Mitteln oder sonstigen Hilfsmitteln auf verbotene Gegenstände absuchen lassen. Eine Kenntnisnahme vom gedanklichen Inhalt der von Verteidigern mitgeführten Schriftstücke und sonstigen Unterlagen ist unzulässig.
(2) Besuche von Verteidigern werden nicht überwacht. Zur Übergabe von Schriftstücken und sonstigen Unterlagen bedürfen Verteidiger, Rechtsanwälte und Notare keiner Erlaubnis, sofern diese unmittelbar der Vorbereitung oder Durchführung der Verteidigung oder der Erledigung einer die Gefangene oder den Gefangenen betreffenden Rechtssache dienen. Beim Besuch von Rechtsanwälten und Notaren kann die Übergabe von Schriftstücken oder sonstigen Unterlagen aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt von der Erlaubnis abhängig gemacht werden.
(3) § 24 Abs. 2 Satz 3 und 4 bleibt unberührt.
§ 23 Recht auf Schriftwechsel
(1) Gefangene haben das Recht, unbeschränkt Schreiben abzusenden und zu empfangen.
(2) Die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter kann den Schriftwechsel mit bestimmten Personen untersagen,
(3) Die Kosten des Schriftwechsels tragen die Gefangenen. Sind sie dazu nicht in der Lage, kann die Justizvollzugsanstalt die Kosten in begründeten Fällen in angemessenem Umfang übernehmen.
§ 24 Überwachung des Schriftwechsels 12 21b
(1) Der Schriftwechsel der Gefangenen darf überwacht werden, soweit dies aus Gründen der Behandlung oder aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt erforderlich ist.
(2) Der Schriftwechsel der Gefangenen mit ihren Verteidigern wird nicht überwacht. Die Schreiben dürfen, ohne sie zu öffnen, auf verbotene Gegenstände untersucht werden. Liegt dem Vollzug der Freiheitsstrafe eine Straftat nach § 129a StGB, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1 StGB, zu Grunde, gelten § 148 Abs. 2 und § 148a StPO entsprechend; dies gilt nicht, wenn die Gefangenen sich in einer Einrichtung des offenen Vollzugs befinden, ihnen vollzugsöffnende Maßnahmen oder Freistellung aus der Haft nach § 89 Abs. 3 gewährt worden sind und ein Grund, der die Anstaltsleiterin oder den Anstaltsleiter zum Widerruf oder zur Zurücknahme von vollzugsöffnenden Maßnahmen oder der Freistellung ermächtigt, nicht vorliegt. Satz 3 gilt auch, wenn gegen Gefangene im Anschluss an die dem Vollzug der Freiheitsstrafe zu Grunde liegende Verurteilung eine Freiheitsstrafe wegen einer Straftat nach § 129a StGB, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1 StGB, zu vollstrecken ist.
(3) Absatz 2 gilt entsprechend für Schreiben von Gefangenen an
wenn die Schreiben an die Anschriften dieser Stellen gerichtet sind und den Absender zutreffend angeben. Schreiben der in Satz 1 genannten Stellen, die an Gefangene gerichtet sind, dürfen nicht überwacht werden, wenn die Identität des Absenders zweifelsfrei feststeht.
§ 25 Weiterleitung und Aufbewahrung von Schreiben
(1) Gefangene haben Absendung und Empfang ihrer Schreiben durch die Justizvollzugsanstalt vermitteln zu lassen, soweit nichts anderes gestattet ist.
(2) Eingehende und ausgehende Schreiben sind unverzüglich weiterzuleiten.
(3) Gefangene haben eingehende Schreiben unverschlossen zu verwahren, sofern nichts anderes gestattet wird. Die Schreiben können auch verschlossen zur Habe gegeben werden.
§ 26 Anhalten von Schreiben 22b
(1) Schreiben können angehalten werden, wenn
(2) Eingehende Schreiben können angehalten und durch Fotokopien ersetzt werden, wenn der Verdacht besteht, dass von ihrer Beschaffenheit eine Gesundheitsgefahr ausgeht.
(3) Ausgehenden Schreiben, die unrichtige Darstellungen enthalten, kann ein Begleitschreiben beigefügt werden, wenn die oder der Gefangene auf der Absendung besteht.
(4) Ist ein Schreiben angehalten worden, wird dies der oder dem Gefangenen mitgeteilt. Hiervon kann vorübergehend abgesehen werden, wenn dies die Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt erfordert. Angehaltene Schreiben werden an die Absenderin oder den Absender zurückgegeben oder, sofern dies unmöglich oder aus besonderen Gründen untunlich ist, behördlich verwahrt.
(5) Schreiben, deren Überwachung ausgeschlossen ist, dürfen nicht angehalten werden.
§ 27 Telefongespräche
(1) Gefangenen kann gestattet werden, zu telefonieren.
(2) Im Übrigen gelten für Telefonate die für den Besuch geltenden Vorschriften mit Ausnahme von § 19 Abs. 2 entsprechend. Die Überwachung der Unterhaltung ist den Gesprächspartnern der Gefangenen unmittelbar nach Herstellung der Verbindung von der Justizvollzugsanstalt oder den Gefangenen mitzuteilen. Die Gefangenen sind rechtzeitig vor Beginn des Telefongesprächs über die beabsichtigte Überwachung und die Mitteilungspflicht zu unterrichten.
(3) Die Kosten der Telefongespräche tragen die Gefangenen. Sind sie dazu nicht in der Lage, kann die Justizvollzugsanstalt die Kosten in begründeten Fällen in angemessenem Umfang übernehmen.
§ 27a Andere Formen der Telekommunikation 22b
Die Zulassung anderer Formen der Telekommunikation im Sinne des Telekommunikationsgesetzes in der Anstalt bedarf der Zustimmung der Aufsichtsbehörde. Nach Zulassung kann die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter den Gefangenen gestatten, diese Formen auf ihre Kosten zu nutzen. Eine Gestattung ist ausgeschlossen, wenn hierdurch die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet wäre. Im Übrigen finden die Bestimmungen dieses Abschnitts entsprechende Anwendung, soweit die andere Form der Telekommunikation dem Wesen der dort geregelten Kommunikationsform entspricht.
§ 28 Pakete
(1) Der Empfang von Paketen bedarf der vorherigen Erlaubnis der Justizvollzugsanstalt. Für den Ausschluss von Gegenständen gilt § 18 Abs. 1 Satz 3 entsprechend. Pakete mit Nahrungs- und Genussmitteln sind ausgeschlossen.
(2) Pakete sind in Gegenwart der oder des Gefangenen zu öffnen. Ausgeschlossene Gegenstände können zur Habe der oder des Gefangenen genommen oder an die Absenderin oder den Absender zurückgesandt werden. Nicht ausgehändigte Gegenstände, durch die bei der Aufbewahrung Personen verletzt oder Sachschäden verursacht werden können oder die verderblich sind, dürfen vernichtet werden. Die hiernach getroffenen Maßnahmen werden der oder dem Gefangenen eröffnet.
(3) Gefangenen kann gestattet werden, Pakete zu versenden. Der Inhalt kann aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt überprüft werden.
(4) Die Kosten des Paketverkehrs tragen die Gefangenen. Sind sie dazu nicht in der Lage, kann die Justizvollzugsanstalt die Kosten in begründeten Fällen in angemessenem Umfang übernehmen.
Abschnitt 5
Religionsausübung
§ 29 Seelsorge
(1) Gefangenen darf religiöse Betreuung durch eine Seelsorgerin oder einen Seelsorger ihrer Religionsgemeinschaft nicht versagt werden. Ihnen ist auf Wunsch zu helfen, mit einer Seelsorgerin oder einem Seelsorger ihrer Religionsgemeinschaft in Verbindung zu treten. Das Beicht- und Seelsorgegeheimnis ist unverletzlich.
(2) Gefangene dürfen grundlegende religiöse Schriften besitzen. Diese dürfen ihnen nur bei grobem Missbrauch entzogen werden.
(3) Gefangenen sind Gegenstände des religiösen Gebrauchs in angemessenem Umfang zu belassen.
§ 30 Religiöse Veranstaltungen
(1) Gefangene haben das Recht, am Gottesdienst und an anderen religiösen Veranstaltungen ihres Bekenntnisses teilzunehmen.
(2) Gefangene werden zu dem Gottesdienst oder zu religiösen Veranstaltungen einer anderen Religionsgemeinschaft zugelassen, wenn deren Seelsorgerin oder Seelsorger zustimmt.
(3) Gefangene können von der Teilnahme am Gottesdienst oder anderen religiösen Veranstaltungen ausgeschlossen werden, wenn dies aus überwiegenden Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt geboten ist; die Seelsorgerin oder der Seelsorger soll vorher gehört werden.
§ 31 Weltanschauungsgemeinschaften
Für Angehörige weltanschaulicher Bekenntnisse gelten die §§ 29 und 30 entsprechend.
Abschnitt 6
Gesundheitsfürsorge
§ 32 Gesunde Lebensführung und Aufenthalt im Freien
(1) Den Gefangenen ist die Bedeutung einer gesunden Lebensführung in geeigneter Form zu vermitteln. Sie sind insbesondere über die schädlichen Wirkungen des Suchtmittelkonsums aufzuklären.
(2) Die Justizvollzugsanstalt kann Anordnungen zum Gesundheitsschutz und zur Hygiene treffen.
(3) Den Gefangenen wird täglich mindestens eine Stunde Aufenthalt im Freien ermöglicht, wenn die Witterung dem nicht zwingend entgegensteht.
§ 33 Anspruch auf medizinische Leistung
(1) Gefangene haben einen Anspruch auf notwendige, ausreichende und zweckmäßige medizinische Versorgung unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit. Der Anspruch umfasst Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten und Vorsorgeleistungen. Die Beurteilung der Notwendigkeit orientiert sich an der Versorgung der gesetzlich Versicherten. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen werden erbracht, soweit die Belange des Vollzugs dem nicht entgegenstehen.
(2) Der Anspruch nach Absatz 1 umfasst die Versorgung mit Hilfsmitteln nach § 33 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch, wenn dies nicht mit Rücksicht auf die Kürze des Freiheitsentzugs unangemessen ist.
(3) An den Kosten für medizinische Leistungen können die Gefangenen in angemessenem Umfang beteiligt werden, höchstens jedoch bis zum Umfang der Beteiligung gesetzlich Versicherter.
§ 34 Krankenhausbehandlung außerhalb vollzuglicher Einrichtungen 22b
Soweit eine Verlegung oder Überstellung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 nicht ausreicht, können Gefangene für die notwendige Dauer einer Behandlung oder Versorgung in ein Krankenhaus außerhalb des Justizvollzugs gebracht werden. Ambulante Behandlungen und Untersuchungen in einem Krankenhaus außerhalb des Justizvollzugs, die zur Prüfung der besseren Behandlung einer Erkrankung oder zur besseren Versorgung bei Pflege- oder Hilfebedarf in einem Justizvollzugskrankenhaus erforderlich sind, bleiben unberührt. Eine möglichst rasche Rückverlegung in ein Justizvollzugskrankenhaus oder eine sonstige Justizvollzugsanstalt ist anzustreben.
§ 35 Anspruch auf Krankenbehandlung in besonderen Fällen
(1) Während einer Freistellung oder eines Ausgangs haben Gefangene einen Anspruch auf Krankenbehandlung in der für sie zuständigen Justizvollzugsanstalt.
(2) Der Anspruch auf Leistungen nach § 33 ruht, solange Gefangene aufgrund eines freien Beschäftigungsverhältnisses krankenversichert sind.
§ 36 Medizinische Behandlung zur sozialen Eingliederung
Mit Zustimmung der Gefangenen soll die Justizvollzugsanstalt medizinische Behandlungen, insbesondere Operationen oder prothetische Maßnahmen, durchführen lassen, die die soziale Eingliederung der Gefangenen fördern. Die Kosten tragen die Gefangenen. Sind sie dazu nicht in der Lage, kann die Justizvollzugsanstalt die Kosten in begründeten Fällen in angemessenem Umfang übernehmen.
§ 37 Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft
(1) Auf den gesundheitlichen Zustand einer schwangeren Gefangenen oder einer Gefangenen, die unlängst entbunden hat, ist Rücksicht zu nehmen. Die Vorschriften des Mutterschutzgesetzes über die Gestaltung des Arbeitsplatzes gelten entsprechend.
(2) Die Gefangene hat während der Schwangerschaft sowie bei und nach der Entbindung Anspruch auf ärztliche Betreuung einschließlich der Untersuchungen zur Feststellung der Schwangerschaft und zur Schwangerenvorsorge sowie auf Hebammenhilfe. Die ärztliche Betreuung umfasst die Beratung der Schwangeren zur Bedeutung der Mundgesundheit für Mutter und Kind einschließlich des Zusammenhangs zwischen Ernährung und Krankheitsrisiko sowie die Einschätzung oder Bestimmung des Übertragungsrisikos von Karies.
(3) Bei Schwangerschaftsbeschwerden und im Zusammenhang mit der Entbindung werden Arznei-, Verbands- und Heilmittel geleistet.
§ 38 Entbindung und Geburtsanzeige
(1) Eine schwangere Gefangene ist zur Entbindung in ein Krankenhaus außerhalb des Vollzugs zu bringen. Ist dies aus besonderen Gründen nicht angezeigt, ist die Entbindung in einer Justizvollzugsanstalt mit Entbindungsabteilung vorzunehmen. Bei der Entbindung wird Hilfe durch eine Hebamme und falls erforderlich durch eine Ärztin oder einen Arzt gewährt.
(2) In der Anzeige der Geburt an das Standesamt dürfen die Justizvollzugsanstalt als Geburtsstätte des Kindes, das Verhältnis der anzeigenden Person zur Justizvollzugsanstalt und die Gefangenschaft der Mutter nicht vermerkt sein.
§ 39 Benachrichtigung bei Erkrankung oder Todesfall
(1) Erkranken Gefangene schwer, ist eine Angehörige oder ein Angehöriger, eine Vertrauensperson oder eine gesetzliche Vertreterin oder ein gesetzlicher Vertreter unverzüglich zu benachrichtigen. Hiervon kann auf Wunsch der oder des Gefangenen abgesehen werden. Im Fall des Todes von Gefangenen, ist eine der in Satz 1 genannten Personen unverzüglich zu benachrichtigen.
(2) Dem Wunsch von Gefangenen, auch andere Personen zu benachrichtigen, soll nach Möglichkeit entsprochen werden.
Abschnitt 7
Soziale Hilfe
§ 40 Grundsatz
Die soziale Hilfe der Justizvollzugsanstalt soll darauf gerichtet sein, die Gefangenen in die Lage zu versetzen, ihre persönlichen Angelegenheiten selbst zu regeln.
§ 41 Hilfe während des Vollzugs
(1) Bei der Aufnahme wird den Gefangenen geholfen, die notwendigen Maßnahmen für hilfsbedürftige Angehörige zu veranlassen und ihre Habe außerhalb der Justizvollzugsanstalt sicherzustellen.
(2) Gefangenen ist eine Beratung in für sie bedeutsamen rechtlichen und sozialen Fragestellungen zu ermöglichen. Ihnen ist zu helfen, für Unterhaltsberechtigte zu sorgen, Schulden zu regulieren und den durch die Straftat verursachten Schaden zu regeln. Die Beratung soll hierbei auch die Benennung von Stellen und Einrichtungen außerhalb der Justizvollzugsanstalt umfassen.
(3) Auf Grund der Behandlungsuntersuchung oder auf Wunsch können suchtgefährdete oder süchtige Gefangene Suchtberatung und Vermittlung in Therapieeinrichtungen des Justizvollzugs oder anderer Träger erhalten.
Abschnitt 8 22b
Beschäftigung und Vergütung
(1) Arbeit, arbeitstherapeutische Beschäftigung, schulische Bildung, Ausbildung und Weiterbildung dienen insbesondere dem Ziel, Fähigkeiten für eine Erwerbstätigkeit nach der Entlassung zu vermitteln, zu erhalten oder zu fördern.
(2) Die Justizvollzugsanstalt soll Gefangenen wirtschaftlich ergiebige Arbeit zuweisen und dabei ihre Fähigkeiten und Neigungen nach Möglichkeit berücksichtigen. Zur Abwendung der Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafe kann nach der Verordnung des Justizministeriums über die Abwendung der Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafen durch freie Arbeit vom 30. Juni 2009 (GBl. S. 338), die durch Verordnung vom 30. März 2021 (GBl. S. 383) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung auch im Vollzug gemeinnützige Arbeit geleistet werden.
(3) Sind Gefangene zu wirtschaftlich ergiebiger Arbeit nicht fähig, sollen sie arbeitstherapeutisch beschäftigt werden.
(4) Geeigneten Gefangenen soll Gelegenheit zur schulischen oder beruflichen Bildung, Weiterbildung, Umschulung oder Teilnahme an anderen ausbildenden oder weiterbildenden Maßnahmen gegeben werden.
(1) Für geeignete Gefangene soll Unterricht in den zum Hauptschulabschluss führenden Fächern, ein der Förderschule entsprechender Unterricht oder nach Möglichkeit Unterricht zur Erlangung anderer staatlich anerkannter Schulabschlüsse vorgesehen werden. Bei der beruflichen Ausbildung ist berufsbildender Unterricht vorzusehen; dies gilt auch für die berufliche Weiterbildung, soweit die Art der Maßnahme es erfordert.
(2) Unterricht soll während der Arbeitszeit stattfinden.
§ 44 Zeugnisse über Bildungsmaßnahmen
Aus dem Zeugnis über eine Bildungsmaßnahme darf die Inhaftierung einer Teilnehmerin oder eines Teilnehmers nicht erkennbar sein.
§ 45 Freies Beschäftigungsverhältnis und Selbstbeschäftigung
(1) Gefangenen soll gestattet werden, einer Arbeit, Berufsausbildung oder beruflichen Weiterbildung auf der Grundlage eines freien Beschäftigungsverhältnisses außerhalb der Justizvollzugsanstalt nachzugehen, wenn dies im Rahmen des Vollzugsplans dem Ziel dient, Fähigkeiten für eine Erwerbstätigkeit nach der Entlassung zu vermitteln, zu erhalten oder zu fördern und nicht überwiegende Gründe des Vollzugs entgegenstehen. § 9 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 sowie die §§ 11 und 12 bleiben unberührt.
(2) Gefangenen kann gestattet werden, sich selbst zu beschäftigen.
(3) Das Entgelt ist der Justizvollzugsanstalt zur Gutschrift für die Gefangenen zu überweisen.
§ 46 Sprachkompetenz
Aus Gründen der Integration und zur Förderung der Sprachkompetenz sollen Gefangenen, soweit erforderlich, Deutschkurse angeboten werden.
(1) Gefangene sind verpflichtet, eine ihnen zugewiesene, ihren Fähigkeiten angemessene Arbeit oder arbeitstherapeutische Beschäftigung auszuüben, soweit sie dazu körperlich in der Lage sind. Soweit gemeinnützige Arbeit nach § 42 Absatz 2 Satz 2 geleistet wird, steht dies der Erfüllung der Arbeitspflicht gleich. Sie können jährlich bis zu drei Monaten zu Hilfstätigkeiten in der Justizvollzugsanstalt verpflichtet werden, mit ihrer Zustimmung auch darüber hinaus. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Gefangene, die die Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung erreicht haben, und nicht für werdende und stillende Mütter, soweit gesetzliche Beschäftigungsverbote zum Schutz erwerbstätiger Mütter bestehen.
(2) Die Teilnahme an einer Maßnahme nach § 42 Abs. 4 bedarf der Zustimmung der oder des Gefangenen. Die Zustimmung darf nicht zur Unzeit widerrufen werden.
§ 48 Freistellung von der Arbeitspflicht
(1) Haben Gefangene ein Jahr lang eine Beschäftigung nach § 42 oder Hilfstätigkeiten nach § 47 Abs. 1 Satz 2 ausgeübt, so können sie beanspruchen, 18 Werktage von der Arbeitspflicht freigestellt zu werden. Zeiten, in denen Gefangene infolge Krankheit an ihrer Arbeitsleistung verhindert waren, werden auf das Jahr bis zu sechs Wochen jährlich angerechnet.
(2) Auf die Zeit der Freistellung von der Arbeitspflicht wird Freistellung aus der Haft angerechnet, soweit sie in die Arbeitszeit fällt und nicht wegen einer lebensgefährlichen Erkrankung oder des Todes einer oder eines Angehörigen erteilt worden ist.
(3) Die Gefangenen erhalten für die Zeit der Freistellung ihre zuletzt gezahlten Bezüge weiter.
(4) Urlaubsregelungen der Beschäftigungsverhältnisse außerhalb des Strafvollzugs bleiben unberührt.
§ 49 Arbeitsentgelt, Freistellung von der Arbeit und Anrechnung der Freistellung auf den Entlassungszeitpunkt
(1) Die Arbeit der Gefangenen wird anerkannt durch Arbeitsentgelt und Freistellung von der Arbeit, die auch als Freistellung aus der Haft genutzt oder auf den Entlassungszeitpunkt angerechnet werden kann.
(2) Üben Gefangene eine zugewiesene Arbeit oder eine Hilfstätigkeit aus, so erhalten sie ein Arbeitsentgelt. Der Bemessung des Arbeitsentgelts sind neun Prozent der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch zu Grunde zu legen (Eckvergütung). Ein Tagessatz ist der zweihundertfünfzigste Teil der Eckvergütung; das Arbeitsentgelt kann nach einem Stundensatz bemessen werden.
(3) Das Arbeitsentgelt kann je nach Leistung der Gefangenen und der Art der Arbeit gestuft werden. 75 Prozent der Eckvergütung dürfen nur dann unterschritten werden, wenn die Arbeitsleistung Gefangener den Mindestanforderungen nicht genügt.
(4) Üben Gefangene eine zugewiesene arbeitstherapeutische Beschäftigung aus, erhalten sie ein Arbeitsentgelt, soweit dies der Art ihrer Beschäftigung und ihrer Arbeitsleistung entspricht.
(5) Die Höhe des Arbeitsentgelts ist den Gefangenen schriftlich bekannt zu geben.
(6) Haben Gefangene zwei Monate lang zusammenhängend eine zugewiesene Tätigkeit oder eine Hilfstätigkeit ausgeübt, so werden sie auf ihren Antrag hin einen Werktag von der Arbeit freigestellt. Die Regelung des § 48 bleibt unberührt. Durch Zeiten, in denen Gefangene ohne Verschulden durch Krankheit, Ausführung, Ausgang, Freistellung aus der Haft, Freistellung von der Arbeitspflicht oder sonstige nicht von ihnen zu vertretende Gründe an der Arbeitsleistung gehindert sind, wird die Frist nach Satz 1 gehemmt. Beschäftigungszeiträume von weniger als zwei Monaten bleiben unberücksichtigt.
(7) Gefangene können beantragen, dass die Freistellung nach Absatz 6 Satz 1 in Form von Freistellung aus der Haft (Arbeitsfreistellung) gewährt wird. § 9 Abs. 1, 3 und 4 sowie die §§ 11 und 12 gelten entsprechend.
(8) § 48 Abs. 3 gilt entsprechend.
(9) Stellt die oder der Gefangene keinen Antrag nach Absatz 6 Satz 1 oder Absatz 7 Satz 1 oder kann die Freistellung nach Maßgabe der Regelung des Absatzes 7 Satz 2 nicht gewährt werden, so wird die Freistellung nach Absatz 6 Satz 1 von der Justizvollzugsanstalt auf den Entlassungszeitpunkt der oder des Gefangenen angerechnet.
(10) Eine Anrechnung nach Absatz 9 ist ausgeschlossen,
(11) Soweit eine Anrechnung nach Absatz 10 ausgeschlossen ist, erhalten die Gefangenen bei der Entlassung für ihre Tätigkeit nach Absatz 2 als Ausgleichsentschädigung zusätzlich 15 Prozent des ihnen nach Absatz 2 und 3 gewährten Entgelts oder der Ausbildungsbeihilfe. Der Anspruch entsteht erst mit der Entlassung; vor der Entlassung ist der Anspruch nicht verzinslich, nicht abtretbar und nicht vererblich. Gefangenen, bei denen eine Anrechnung nach Absatz 10 Nr. 1 ausgeschlossen ist, wird die Ausgleichszahlung bereits nach Verbüßung von jeweils zehn Jahren der lebenslangen Freiheitsstrafe oder der Sicherungsverwahrung zum Eigengeld gutgeschrieben, soweit sie nicht vor diesem Zeitpunkt entlassen werden; § 57 Abs. 4 StGB gilt entsprechend.
§ 50 Ausbildungsbeihilfe
(1) Nehmen Gefangene an einer Berufsausbildung, beruflichen Weiterbildung oder an einem Unterricht teil und sind sie zu diesem Zweck von der Arbeitspflicht freigestellt, so erhalten sie eine Ausbildungsbeihilfe, soweit ihnen keine Leistungen zum Lebensunterhalt zustehen, die freien Personen aus solchem Anlass gewährt werden. Der Nachrang der Sozialhilfe nach § 2 Abs. 2 des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch wird nicht berührt.
(2) Für die Bemessung der Ausbildungsbeihilfe gilt § 49 Abs. 2 und 3 entsprechend.
(3) Werden Maßnahmen nach Absatz 1 stunden- oder tageweise durchgeführt, erhalten die Gefangenen eine Ausbildungsbeihilfe in Höhe des ihnen dadurch entgehenden Arbeitsentgelts.
Abschnitt 9 22b
Gelder, Haftkosten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge
§ 51 Haftkostenbeitrag
(1) Als Teil der Kosten der Vollstreckung der Rechtsfolgen einer Tat (§ 464a Abs. 1 Satz 2 StPO) erhebt die Justizvollzugsanstalt einen Haftkostenbeitrag, wenn Gefangene
Der oder dem Gefangenen muss ein Betrag verbleiben, der dem mittleren Arbeitsentgelt in den Justizvollzugsanstalten des Landes entspricht, es sei denn, sie oder er arbeitet im Fall des Satzes 1 Nr. 3 entgegen einer bestehenden Pflicht schuldhaft nicht. Von der Geltendmachung des Anspruchs ist abzusehen, soweit dies notwendig ist, um die Wiedereingliederung der oder des Gefangenen in die Gemeinschaft nicht zu gefährden.
(2) Der Haftkostenbeitrag wird in Höhe des Betrags erhoben, der nach § 17 Abs. 1 Nr. 4 des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch durchschnittlich zum 1. Oktober des vorhergehenden Jahres zur Bewertung der Sachbezüge festgesetzt ist. Bei Selbstverpflegung entfallen die für die Verpflegung vorgesehenen Beträge. Für den Wert der Unterkunft ist die festgesetzte Belegungsfähigkeit maßgebend. Der Haftkostenbeitrag darf auch von dem unpfändbaren Teil der Bezüge, nicht aber zu Lasten des Hausgelds und der Ansprüche unterhaltsberechtigter Angehöriger angesetzt werden.
(3) Die Gefangenen haben über ihre Einkünfte Auskunft zu erteilen, soweit dies zur Ermittlung des Haftkostenbeitrags erforderlich ist. Die Angaben der Gefangenen dürfen abweichend von §§ 34 bis 45 des Ersten Buchs nur zur Ermittlung des Haftkostenbeitrags verarbeitet werden.
(4) Die Selbstbeschäftigung kann davon abhängig gemacht werden, dass Gefangene einen Haftkostenbeitrag bis zur Höhe des in Absatz 2 genannten Satzes monatlich im Voraus entrichten.
(1) Aus den in diesem Gesetz geregelten Bezügen und aus den Bezügen der Gefangenen, die in einem freien Beschäftigungsverhältnis stehen oder denen gestattet ist, sich selbst zu beschäftigen, ist ein Überbrückungsgeld zu bilden, das den notwendigen Lebensunterhalt der Gefangenen und ihrer Unterhaltsberechtigten in den ersten vier Wochen nach der Entlassung sichern soll.
(2) Das Überbrückungsgeld wird den Gefangenen bei der Entlassung in die Freiheit ausbezahlt. Die Justizvollzugsanstalt kann es ganz oder zum Teil der Bewährungshilfe oder einer mit der Entlassenenbetreuung befassten Stelle überweisen, die darüber entscheiden, wie das Geld innerhalb der ersten vier Wochen nach der Entlassung an die Entlassenen ausbezahlt wird. Die Bewährungshilfe und die mit der Entlassenenbetreuung befasste Stelle sind verpflichtet, das Überbrückungsgeld von ihrem Vermögen gesondert zu halten. Mit Zustimmung der Gefangenen kann das Überbrückungsgeld auch an Unterhaltsberechtigte überwiesen werden.
(3) Das Überbrückungsgeld kann für Ausgaben in Anspruch genommen werden, die der Eingliederung der Gefangenen dienen. Die Anstaltsleitung kann Gefangenen die Inanspruchnahme von Überbrückungsgeld darüber hinaus zur Vermeidung der Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafe oder zur Entschädigung von Opfern der Straftaten der Gefangenen gestatten, soweit der Zweck nach Absatz 1 dadurch nicht gefährdet wird.
(4) Der Anspruch auf Auszahlung des Überbrückungsgelds ist unpfändbar. Erreicht es nicht die in Absatz 1 bestimmte Höhe, so ist in Höhe des Unterschiedsbetrags auch der Anspruch auf Auszahlung des Eigengelds unpfändbar. Bargeld entlassener Gefangener, an die wegen der nach Satz 1 oder Satz 2 unpfändbaren Ansprüche Geld ausgezahlt worden ist, ist für die Dauer von vier Wochen seit der Entlassung insoweit der Pfändung nicht unterworfen, als es dem Teil der Ansprüche für die Zeit von der Pfändung bis zum Ablauf der vier Wochen entspricht.
(5) Absatz 4 gilt nicht bei einer Pfändung wegen der in § 850d Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) bezeichneten Unterhaltsansprüche. Entlassenen Gefangenen ist jedoch so viel zu belassen, als sie für ihren notwendigen Unterhalt und zur Erfüllung ihrer sonstigen gesetzlichen Unterhaltspflichten für die Zeit von der Pfändung bis zum Ablauf von vier Wochen seit der Entlassung bedürfen.
§ 53 Taschen-, Haus- und Eigengeld
(1) Gefangene, die ohne Verschulden kein Arbeitsentgelt und keine Ausbildungsbeihilfe erhalten, wird ein angemessenes Taschengeld gewährt, falls sie bedürftig sind. Nicht verbrauchtes Taschengeld ist bei der Bedürftigkeitsprüfung nicht zu berücksichtigen,
(2) Gefangene dürfen monatlich drei Siebtel von ihren in diesem Gesetz geregelten Bezügen (Hausgeld) und das Taschengeld nach Absatz 1 für den Einkauf oder anderweitig verwenden.
(3) Bezüge Gefangener, die nicht als Hausgeld, Haftkostenbeitrag oder Überbrückungsgeld in Anspruch genommen werden, sind dem Eigengeld gutzuschreiben.
(4) Für Gefangene, die in einem freien Beschäftigungsverhältnis stehen oder denen gestattet ist, sich selbst zu beschäftigen, wird aus ihren Bezügen ein angemessenes Hausgeld festgesetzt.
§ 54 Sondergeld
(1) Für Gefangene kann monatlich ein Betrag in angemessener Höhe einbezahlt werden, der als Sondergeld gutzuschreiben ist und wie Hausgeld genutzt werden kann.
(2) Über Absatz 1 hinaus kann Sondergeld in angemessener Höhe für folgende Zwecke eingezahlt werden:
(3) Soweit das Guthaben des Sondergelds nach Absatz 1 die Summe von drei Monatseinzahlungen übersteigt, ist es dem Überbrückungsgeld zuzuführen. Ist bereits ein Überbrückungsgeld in angemessener Höhe gebildet, ist das Guthaben dem Eigengeld zuzuschreiben. Sondergeld im Sinne von Absatz 2 ist dem Eigengeld zuzuschreiben, wenn es zum bezeichneten Zweck nicht eingesetzt werden kann und eine Rückerstattung an die Einzahler nicht möglich ist.
(4) Der Anspruch auf Auszahlung des Sondergelds nach Absatz 1 und 2 ist unpfändbar.
Das Justizministerium wird ermächtigt, zur Durchführung der §§ 49 und 50 im Einvernehmen mit dem Finanzministerium Vergütungsstufen und die Höhe der Vergütung in den einzelnen Vergütungsstufen einschließlich der Gewährung von Zulagen durch Rechtsverordnung zu bestimmen.
§ 56 Einbehaltung von Beitragsteilen
Soweit die Justizvollzugsanstalt Beiträge zur Bundesagentur für Arbeit zu entrichten hat, kann sie von dem Arbeitsentgelt einen Betrag einbehalten, der dem Anteil der oder des Gefangenen am Beitrag entsprechen würde, wenn sie oder er diese Bezüge als Arbeitnehmer erhielte.
Abschnitt 10 22b
Freizeit
§ 57 Allgemeines
Die Gefangenen sind zur Teilnahme und Mitwirkung an Angeboten der Freizeitgestaltung zu motivieren und anzuleiten. Gefangene sollen insbesondere an Unterricht einschließlich Fernunterricht, Lehrgängen und sonstigen Veranstaltungen der Weiterbildung, Freizeitgruppen und Gruppengesprächen teilnehmen und ermutigt werden, den verantwortungsvollen Umgang mit neuen Medien zu erlernen und zu praktizieren sowie eine Bücherei zu benutzen. Angebote zur sportlichen Betätigung, insbesondere während des Aufenthalts im Freien sind vorzuhalten.
§ 58 Besitz von Gegenständen zur Freizeitbeschäftigung 12
(1) Gefangene dürfen in angemessenem Umfang Bücher und andere Gegenstände zur Freizeitbeschäftigung besitzen. Die Angemessenheit des Umfangs kann auch an der in der Justizvollzugsanstalt verfügbaren Kapazität für Haftraumkontrollen und am Wert eines Gegenstands ausgerichtet werden.
(2) Absatz 1 Satz 1 gilt nicht, wenn der Besitz, die Überlassung oder die Benutzung eines Gegenstands
(3) Die Zulassung von bestimmten Gerätetypen, insbesondere der elektronischen Unterhaltungsmedien, durch die Justizvollzugsanstalt kann der Zustimmung der Aufsichtsbehörde vorbehalten sein. Die Aufsichtsbehörde kann allgemeine Richtlinien für die Gerätebeschaffenheit erlassen. Eine ohne Zustimmung nach Satz 1 erfolgte Zulassung kann zurückgenommen werden.
(4) Die Erlaubnis kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 widerrufen werden.
§ 59 Hörfunk und Fernsehen
(1) Der Besitz von Hörfunk- und Fernsehgeräten ist nach Maßgabe von § 58 zulässig.
(2) Die Justizvollzugsanstalt kann den Betrieb von Empfangsanlagen und die Ausgabe von Hörfunk- und Fernsehgeräten einem Dritten übertragen. Sofern sie hiervon Gebrauch macht, können Gefangene nicht den Besitz eigener Geräte verlangen.
(3) Die Justizvollzugsanstalt entscheidet über die Einspeisung einzelner Rundfunk- und Fernsehprogramme in die Empfangsanlage. Vor der Entscheidung soll die Gefangenenmitverantwortung gehört werden.
(4) Der Empfang von Bezahlfernsehen und der Einsatz von zusätzlichen Empfangseinrichtungen im Haftraum sind nicht statthaft.
§ 60 Zeitungen und Zeitschriften
Gefangene dürfen Zeitungen und Zeitschriften in angemessenem Umfang durch Vermittlung der Justizvollzugsanstalt beziehen. § 58 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 4 gilt entsprechend.
Abschnitt 11 22b
Sicherheit und Ordnung
§ 61 Grundsatz
(1) Das Verantwortungsbewusstsein der Gefangenen für ein geordnetes Zusammenleben in der Justizvollzugsanstalt ist zu wecken und zu fördern.
(2) Die Pflichten und Beschränkungen, die Gefangenen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt auferlegt werden, sind so zu wählen, dass sie in einem angemessenen Verhältnis zu ihrem Zweck stehen und die Gefangenen nicht mehr und nicht länger als notwendig beeinträchtigen.
§ 62 Verhaltensvorschriften
(1) Die Gefangenen haben sich nach der Tageseinteilung der Justizvollzugsanstalt (Arbeitszeit, Freizeit, Ruhezeit) zu richten. Sie dürfen durch ihr Verhalten gegenüber Vollzugsbediensteten, Mitgefangenen und anderen Personen das geordnete Zusammenleben nicht stören.
(2) Die Gefangenen haben die Anordnungen der Vollzugsbediensteten zu befolgen, auch wenn sie sich durch sie beschwert fühlen. Einen ihnen zugewiesenen Bereich dürfen sie nicht ohne Erlaubnis verlassen.
(3) Die Gefangenen haben ihren Haftraum und die ihnen von der Justizvollzugsanstalt überlassenen Sachen in Ordnung zu halten und schonend zu behandeln.
(4) Die Gefangenen haben Umstände, die eine Gefahr für das Leben oder eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit einer Person bedeuten, unverzüglich zu melden.
§ 63 Persönlicher Gewahrsam und Eigengeld 22b
(1) Die Gefangenen dürfen nur Sachen in Gewahrsam haben oder annehmen, die ihnen von der Justizvollzugsanstalt, in der sie untergebracht sind, oder mit deren Zustimmung überlassen werden. Ohne Zustimmung dürfen sie Sachen weder abgeben noch annehmen, außer solche von geringem Wert. Die Justizvollzugsanstalt kann die Abgabe, Annahme und den Gewahrsam auch dieser Sachen von ihrer Zustimmung abhängig machen.
(2) Eingebrachte Sachen, die die Gefangenen nicht in Gewahrsam haben dürfen, sind für sie aufzubewahren, sofern dies nach Art und Umfang möglich ist. Eingebrachtes Geld wird als Eigengeld gutgeschrieben. Den Gefangenen wird Gelegenheit gegeben, ihre Sachen, die sie während des Vollzugs und für die Entlassung nicht benötigen, abzusenden oder über das Eigengeld zu verfügen, soweit dieses nicht als Überbrückungsgeld notwendig ist.
(3) Weigern sich Gefangene, eingebrachte Gegenstände, deren Aufbewahrung nach Art oder Umfang nicht möglich ist, aus der Justizvollzugsanstalt zu verbringen, so ist die Justizvollzugsanstalt berechtigt, diese auf Kosten der oder des Gefangenen entfernen zu lassen.
(4) Aufzeichnungen und andere Gegenstände, die Kenntnisse über Sicherungsvorkehrungen einer Justizvollzugsanstalt vermitteln, dürfen vernichtet oder unbrauchbar gemacht werden.
§ 64 Durchsuchung und Kontrollen auf Suchtmittelmissbrauch 22b
(1) Gefangene, ihre Sachen und die Hafträume dürfen durchsucht werden. Die Durchsuchung männlicher Gefangener darf nur von Männern, die Durchsuchung weiblicher Gefangener darf nur von Frauen vorgenommen werden; dies gilt nicht für das Absuchen der Gefangenen mit technischen Mitteln oder mit sonstigen Hilfsmitteln. Das Schamgefühl ist zu schonen.
(2) Nur auf Anordnung der Anstaltsleiterin oder des Anstaltsleiters oder bei Gefahr im Verzug ist es im Einzelfall zulässig, eine mit einer Entkleidung verbundene körperliche Durchsuchung vorzunehmen. Sie darf bei männlichen Gefangenen nur in Gegenwart von Männern, bei weiblichen Gefangenen nur in Gegenwart von Frauen erfolgen. Sie ist in einem geschlossenen Raum durchzuführen. Andere Gefangene dürfen nicht anwesend sein.
(3) Die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter kann allgemein anordnen, dass Gefangene bei der Aufnahme, nach Kontakten mit Besuchern und nach jeder Abwesenheit von der Justizvollzugsanstalt nach Absatz 2 durchsucht werden können.
(4) Gefangene können Suchtmittelkontrollen unterzogen werden, wenn der Verdacht besteht, dass sie Suchtmittel besitzen oder konsumieren. Eine Suchtmittelkontrolle kann auch allgemein angeordnet werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt, zur Erfüllung des Eingliederungsauftrags oder zur Gesundheitsvorsorge geboten ist. Die ergriffenen Maßnahmen dürfen nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sein. Bei Gefangenen, die die Mitwirkung an der Durchführung der Kontrolle verweigern, ist in der Regel davon auszugehen, dass Suchtmittelfreiheit nicht gegeben ist.
§ 66 Festnahmerecht
Gefangene, die entwichen sind oder sich sonst ohne Erlaubnis außerhalb der Justizvollzugsanstalt aufhalten, können durch die Justizvollzugsanstalt oder auf ihre Veranlassung hin festgenommen und in die Justizvollzugsanstalt zurückgebracht werden, solange ein unmittelbarer Bezug zum Strafvollzug besteht.
§ 67 Besondere Sicherungsmaßnahmen 19b 22b
(1) Gegen Gefangene können besondere Sicherungsmaßnahmen angeordnet werden, wenn nach ihrem Verhalten oder auf Grund ihres seelischen Zustands in erhöhtem Maß die Gefahr der Flucht, von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen, der Selbsttötung oder der Selbstverletzung besteht.
(2) Als besondere Sicherungsmaßnahmen sind zulässig
(3) Maßnahmen nach Absatz 2 Nr. 1, 3 bis 5 sind auch zulässig, wenn die Gefahr einer Befreiung oder eine erhebliche Störung der Anstaltsordnung anders nicht vermieden oder behoben werden kann.
(4) Bei einer Ausführung, Vorführung oder beim Transport ist die Fesselung auch dann zulässig, wenn aus anderen Gründen als denen des Absatzes 1 Fluchtgefahr besteht.
(5) Besondere Sicherungsmaßnahmen dürfen nur soweit aufrechterhalten werden, wie es ihr Zweck erfordert.
§ 68 Einzelhaft
(1) Die unausgesetzte Absonderung Gefangener ist nur zulässig, wenn dies aus Gründen, die in der Person der oder des Gefangenen liegen, unerlässlich ist.
(2) Einzelhaft von mehr als drei Monaten Gesamtdauer in einem Jahr bedarf der Zustimmung der Aufsichtsbehörde. Diese Frist wird nicht dadurch unterbrochen, dass Gefangene am Gottesdienst oder am gemeinschaftlichen Aufenthalt im Freien teilnehmen.
§ 69 Fesselung und Fixierung 19b 22b
(1) In der Regel dürfen Fesseln nur an den Händen, an den Füßen oder an den Händen und den Füßen angelegt werden. Im Interesse der oder des Gefangenen kann eine andere Art der Fesselung angeordnet werden. Die Fesselung wird zeit weise ge lockert oder aufgehoben, soweit dies notwendig ist.
(2) Eine Fesselung, durch die die Bewegungsfreiheit der oder des Gefangenen weitgehend oder vollständig aufgehoben wird (Fixierung), ist nur zulässig, wenn und solange eine gegenwärtige erhebliche Gefahr von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen, der Selbsttötung oder der Selbstverletzung besteht und die Fixierung zur Abwehr dieser Gefahr unerlässlich ist. Bei Fixierungen ist insbesondere eine ständige und unmittelbare Überwachung sicherzustellen. Anordnung, Gründe, Dauer und Art der Überwachung sowie Beendigung der Fixierung sind zu dokumentieren. Nach Beendigung der Fixierung ist, sobald es der Zustand der oder des Gefangenen zulässt, eine zu dokumentierende Nachbesprechung durchzuführen, in der insbesondere die Gründe für die Fixierung zu nennen sind. Nach Beendigung der Fixierung sind die Gefangenen darüber zu belehren, dass sie die Zulässigkeit der durchgeführten Fixierung gerichtlich überprüfen lassen können. Für die verfahrensrechtliche Ausgestaltung der Fixierung insbesondere der richterlichen Entscheidung gilt § 80 Absatz 3 entsprechend.
§ 70 Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen
(1) Besondere Sicherungsmaßnahmen ordnet die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter an. Bei Gefahr im Verzug können auch andere Bedienstete der Justizvollzugsanstalt diese Maßnahmen vorläufig anordnen. Die Entscheidung der Anstaltsleiterin oder des Anstaltsleiters ist unverzüglich einzuholen.
(2) Werden Gefangene ärztlich behandelt oder beobachtet oder bildet ihr seelischer Zustand den Anlass der Maßnahme, ist vor der Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen die Ärztin oder der Arzt zu hören. Ist dies wegen Gefahr im Verzug nicht möglich, wird die Stellungnahme unverzüglich eingeholt.
§ 71 Ärztliche Überwachung 19b
(1) Sind Gefangene in einem besonders gesicherten Haftraum untergebracht, gefesselt oder fixiert, sucht sie die Ärztin oder der Arzt alsbald und in der Folge möglichst täglich auf. Dies gilt nicht bei einer Fesselung während einer Ausführung, Vorführung oder eines Transports.
(2) Solange Gefangenen der tägliche Aufenthalt im Freien entzogen wird, ist in regelmäßigen Abständen eine ärztliche Stellungnahme einzuholen.
§ 72 Ersatz von Aufwendungen
(1) Gefangene sind verpflichtet, der Justizvollzugsanstalt Aufwendungen zu ersetzen, die sie durch eine vorsätzlich oder grob fahrlässig begangene Selbstverletzung oder Verletzung anderer Gefangener verursacht haben. Ansprüche aus sonstigen Rechtsvorschriften bleiben unberührt.
(2) Die Justizvollzugsanstalt kann bei der Geltendmachung von Forderungen nach Absatz 1 oder wegen einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verletzung fremden Eigentums durch Gefangene auch einen den dreifachen Tagessatz der Eckvergütung nach § 49 Abs. 2 übersteigenden Teil des Hausgelds in Anspruch nehmen.
(3) Für die in Absatz 1 genannten Forderungen ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.
(4) Von der Aufrechnung oder Vollstreckung wegen der in Absatz 1 und 2 genannten Forderungen ist abzusehen, wenn hierdurch die Behandlung der oder des Gefangenen oder ihre Eingliederung behindert würde.
Abschnitt 12 22b
Unmittelbarer Zwang
§ 73 Allgemeine Voraussetzungen 22b
(1) Bedienstete der Justizvollzugsanstalten dürfen unmittelbaren Zwang anwenden, wenn sie Vollzugs- und Sicherungsmaßnahmen rechtmäßig durchführen und der damit verfolgte Zweck auf keine andere Weise erreicht werden kann.
(2) Gegen andere Personen als Gefangene darf unmittelbarer Zwang angewendet werden, wenn sie es, auch mittels technischer Geräte, unternehmen, Gefangene zu befreien, in den Anstaltsbereich widerrechtlich einzudringen, unbefugt Gegenstände in den Anstaltsbereich einzubringen, oder wenn sie sich unbefugt im Anstaltsbereich aufhalten; das Recht zur Anwendung unmittelbaren Zwangs gegen Sachen wird hierdurch nicht eingeschränkt.
(3) Das Recht zur Anwendung unmittelbaren Zwangs auf Grund anderer Regelungen bleibt unberührt.
§ 74 Begriffsbestimmungen
(1) Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch körperliche Gewalt, ihre Hilfsmittel und durch Waffen.
(2) Körperliche Gewalt ist jede unmittelbare körperliche Einwirkung auf Personen oder Sachen.
(3) Hilfsmittel der körperlichen Gewalt sind namentlich Fesseln.
(4) Waffen sind die dienstlich zugelassenen Hieb- und Schusswaffen sowie Reizstoffe.
§ 75 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
(1) Unter mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs sind diejenigen zu wählen, die den Einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigen.
(2) Unmittelbarer Zwang unterbleibt, wenn ein durch ihn zu erwartender Schaden erkennbar außer Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg steht.
§ 76 Handeln auf Anordnung
(1) Wird unmittelbarer Zwang von Vorgesetzten oder sonst befugten Personen angeordnet, sind Vollzugsbedienstete verpflichtet, ihn anzuwenden, es sei denn, die Anordnung verletzt die Menschenwürde oder ist nicht zu dienstlichen Zwecken erteilt worden.
(2) Die Anordnung darf nicht befolgt werden, wenn dadurch eine Straftat begangen würde. Befolgen Vollzugsbedienstete sie trotzdem, trifft sie eine Schuld nur, wenn sie erkennen oder wenn es nach den ihnen bekannten Umständen offensichtlich ist, dass dadurch eine Straftat begangen wird.
(3) Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Anordnung haben die Vollzugsbediensteten der anordnenden Person gegenüber vorzubringen, soweit das nach den Umständen möglich ist. Abweichende Vorschriften des allgemeinen Beamtenrechts über die Mitteilung solcher Bedenken an Vorgesetzte sind nicht anzuwenden.
§ 77 Androhung
Unmittelbarer Zwang ist vorher anzudrohen. Die Androhung darf nur dann unterbleiben, wenn die Umstände sie nicht zulassen oder unmittelbarer Zwang sofort angewendet werden muss, um eine rechtswidrige Tat, die den Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllt, zu verhindern oder eine gegenwärtige Gefahr abzuwenden.
§ 78 Allgemeine Vorschriften für den Schusswaffengebrauch 22b
(1) Schusswaffen dürfen nur gebraucht werden, wenn andere Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs bereits erfolglos waren oder keinen Erfolg versprechen. Gegen Personen ist ihr Gebrauch nur zulässig, wenn der Zweck nicht durch Waffenwirkung gegen Sachen erreicht wird.
(2) Schusswaffen dürfen nur die dazu bestimmten Vollzugsbediensteten gebrauchen. Ihr Gebrauch unterbleibt, wenn dadurch erkennbar Unbeteiligte mit hoher Wahrscheinlichkeit gefährdet würden.
(3) Gegen Personen dürfen Schusswaffen nur gebraucht werden, um sie angriffs- oder fluchtunfähig zu machen. Der Gebrauch ist vorher anzudrohen. Als Androhung gilt auch ein Warnschuss. Ohne Androhung dürfen Schusswaffen nur dann gebraucht werden, wenn dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.
§ 79 Besondere Vorschriften für den Schusswaffengebrauch
(1) Gegen Gefangene dürfen Schusswaffen gebraucht werden,
Um die Flucht aus einer Einrichtung des offenen Vollzugs zu vereiteln, dürfen keine Schusswaffen gebraucht werden.
(2) Gegen andere Personen dürfen Schusswaffen gebraucht werden, wenn sie es unternehmen, Gefangene gewaltsam zu befreien oder gewaltsam in eine Justizvollzugsanstalt einzudringen.
§ 80 Zwangsmaßnahmen in der Gesundheitsfürsorge 19b 21b
(1) Medizinische Untersuchung, Behandlung und Ernährung sowie eine in diesem Zusammenhang erforderliche Fixierung sind gegen den natürlichen Willen der Gefangenen nur zulässig, soweit sie dazu dienen, eine Lebensgefahr oder eine gegenwärtige erhebliche Gefahr für die Gesundheit
abzuwenden. Maßnahmen nach Satz 1 dürfen nur angeordnet werden, wenn
Maßnahmen nach Satz 1 Nummer 1 sind darüber hinaus nur zulässig, wenn die oder der Gefangene zur Einsicht in die Notwendigkeit der Maßnahme oder zum Handeln nach dieser Einsicht krankheitsbedingt nicht in der Lage ist.
(2) Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 1 dürfen nur auf ärztliche Anordnung und unter ärztlicher Überwachung durchgeführt werden. Bei Fixierungen ist insbeson dere eine ständige und unmittelbare Überwachung sicherzustellen. Die Maßnahmen sind zu dokumentieren, einschließlich ihres Zwangscharakters, ihrer Durchsetzungsweise, ihrer maßgeblichen Gründe, der Dauer und Art der Überwachung sowie der Wirkungsüberwachung. Die Maßnahmen sind unverzüglich aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für ihre Anordnung weggefallen sind. Eine zu dokumentierende Nachbesprechung durch die behandelnde Ärztin oder den behandelnden Arzt, in der insbesondere die Gründe für die Maßnahme zu nennen sind, muss erfolgen, sobald es der Gesundheitszustand zulässt. Nach Beendigung der Maßnahmen nach Absatz 1 sind die Gefangenen darüber zu belehren, dass sie die Zulässigkeit der durchgeführten Maßnahmen gerichtlich überprüfen lassen können.
(3) Eine Maßnahme nach Absatz 1 ist auf Antrag der Justizvollzugsanstalt nur mit vorheriger richterlicher Entscheidung zulässig. Dies gilt nicht, wenn hierdurch die Behandlung verzögert würde und sich hieraus Nachteile für das Leben oder die Gesundheit der gefährdeten Person ergeben würden (Gefahr im Verzug). Die richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachträglich einzuholen. Eine nachträgliche richterliche Entscheidung ist nicht erforderlich, wenn bereits zu Beginn der Maßnahme abzusehen ist, dass die Entscheidung erst nach Wegfall des Grundes der Maßnahme ergehen wird, oder die Maßnahme vor Herbeiführung der Entscheidung tatsächlich beendet und auch keine Wiederholung zu erwarten ist. Handelt es sich um eine lediglich kurzfristige Fixierung, die absehbar die Dauer von einer halben Stunde unterschreitet, ist eine richterliche Entscheidung nicht erforderlich. §§ 121a, 121b des Strafvollzugsgesetzes (StVollzG) gelten entsprechend.
(4) Zur Gewährleistung des Gesundheitsschutzes und der Hygiene ist die zwangsweise körperliche Untersuchung der Gefangenen über Absatz 1 hinaus zulässig, wenn sie nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden ist. Duldungspflichten der Gefangenen nach Vorschriften anderer Gesetze bleiben unberührt.
Abschnitt 13 22b
Disziplinarmaßnahmen
§ 81 Voraussetzungen
(1) Verstoßen Gefangene schuldhaft gegen Pflichten, die ihnen durch dieses Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes auferlegt sind, können gegen sie möglichst in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Pflichtverletzung Disziplinarmaßnahmen angeordnet werden.
(2) Von einer Disziplinarmaßnahme wird abgesehen, wenn es genügt, Gefangene zu verwarnen.
(3) Eine Disziplinarmaßnahme ist auch zulässig, wenn wegen derselben Verfehlung ein Straf- oder Bußgeldverfahren eingeleitet wird.
§ 82 Arten der Disziplinarmaßnahmen 22b
(1) Die zulässigen Disziplinarmaßnahmen sind:
(2) Arrest darf nur wegen schwerer oder mehrfach wiederholter Verfehlungen verhängt werden.
(3) Mehrere Disziplinarmaßnahmen können miteinander verbunden werden.
§ 83 Vollstreckung und Vollzug der Disziplinarmaßnahmen 22b
(1) Disziplinarmaßnahmen werden in der Regel sofort vollstreckt.
(2) Eine Disziplinarmaßnahme kann ganz oder teilweise bis zu sechs Monaten zur Bewährung ausgesetzt werden.
(3) Wird die Verfügung über das Haus- oder Sondergeld beschränkt oder entzogen, ist das in dieser Zeit anfallende Geld dem Überbrückungsgeld hinzuzurechnen.
(4) Arrest wird in Einzelhaft vollzogen. Die Gefangenen können in einem besonderen Arrestraum untergebracht werden, der den Anforderungen entsprechen muss, die an einen zum Aufenthalt bei Tag und Nacht bestimmten Haftraum gestellt werden. Soweit nichts anderes angeordnet wird, ruhen die Befugnisse der Gefangenen aus §§ 15 und 16 Abs. 2 sowie den §§ 18, 42, 43 und 57 bis 60.
§ 84 Disziplinarbefugnis
(1) Disziplinarmaßnahmen ordnet die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter an. Bei einer Verfehlung auf dem Weg in eine andere Justizvollzugsanstalt zum Zweck der Verlegung ist die Leiterin oder der Leiter der Bestimmungsanstalt zuständig. Die Befugnis, Disziplinarmaßnahmen nach § 82 anzuordnen, kann nur auf Mitglieder der Anstalts- oder Vollzugsabteilungsleitung übertragen werden.
(2) Die Aufsichtsbehörde entscheidet, wenn sich Verfehlungen von Gefangenen gegen die Anstaltsleiterin oder den Anstaltsleiter richten.
(3) Disziplinarmaßnahmen, die gegen Gefangene in einer anderen Justizvollzugsanstalt oder während einer Untersuchungshaft angeordnet worden sind, werden auf Ersuchen vollstreckt, soweit sie nicht zur Bewährung ausgesetzt sind. § 83 Abs. 2 bleibt unberührt.
(1) Der Sachverhalt ist zu klären. Die oder der Gefangene wird gehört. Die Erhebungen werden in einer Niederschrift festgelegt; die Einlassung der oder des Gefangenen wird vermerkt.
(2) Bei schweren Verstößen soll sich die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter vor der Entscheidung mit Personen besprechen, die bei der Behandlung der oder des Gefangenen mitwirken. Vor der Anordnung einer Disziplinarmaßnahme gegen Gefangene ist eine Stellungnahme des ärztlichen oder psychologischen Dienstes einzuholen, wenn hierzu begründeter Anlass besteht.
(3) Die Entscheidung wird der oder dem Gefangenen von der Anstaltsleiterin oder dem Anstaltsleiter oder im Falle einer Übertragung der Disziplinarbefugnis nach § 84 Abs. 1 Satz 3 von der beauftragten Person mündlich eröffnet und mit einer kurzen Begründung schriftlich abgefasst.
§ 86 Ärztliche Mitwirkung
(1) Bevor der Arrest vollzogen wird, ist eine ärztliche Stellungnahme einzuholen. Während des Arrests steht die oder der Gefangene unter ärztlicher Aufsicht.
(2) Der Vollzug des Arrests unterbleibt oder wird unterbrochen, wenn die Gesundheit der oder des Gefangenen gefährdet würde.
Abschnitt 14 22b
Entlassungsvorbereitung, Entlassung und Nachsorge
§ 87 Zusammenarbeit mit Dritten
Die Justizvollzugsanstalt arbeitet frühzeitig vor der voraussichtlichen Entlassung einer oder eines Gefangenen mit Institutionen und Personen, namentlich der Bewährungshilfe, zusammen, um ihr oder ihm insbesondere Arbeit, eine Wohnung und ein soziales Umfeld für die Zeit nach der Entlassung zu vermitteln und um es zu ermöglichen, eine im Vollzug begonnene Behandlung fortzuführen.
§ 88 Freistellung aus der Haft für Freigänger
Gefangenen, die einer regelmäßigen Beschäftigung im Rahmen des Freigangs nachgehen, kann innerhalb von neun Monaten vor der Entlassung Freistellung aus der Haft von bis zu sechs Tagen im Monat gewährt werden. § 9 Abs. 1 und 4 sowie die §§ 11 und 12 gelten entsprechend. § 89 Abs. 3 Satz 1 findet keine Anwendung.
§ 89 Entlassungsvorbereitung 22b
(1) Um die Entlassung vorzubereiten, sollen Gefangenen vollzugsöffnende Maßnahmen gewährt werden.
(2) Gefangene können in eine Einrichtung des offenen Vollzugs verlegt werden, wenn dies der Vorbereitung der Entlassung dient.
(3) Innerhalb von drei Monaten vor der Entlassung kann zu deren Vorbereitung Freistellung aus der Haft bis zu einer Woche gewährt werden. § 9 Abs. 1 und 4 sowie die §§ 11 und 12 gelten entsprechend.
(4) Die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter kann Gefangenen in einer sozialtherapeutischen Einrichtung oder Gefangenen, die während des laufenden Freiheitsentzugs in einer sozialtherapeutischen Einrichtung behandelt worden sind, zur Vorbereitung der Entlassung Freistellung aus der Haft von bis zu sechs Monaten gewähren. Bei Vorliegen besonderer Gründe kann die Freistellung durch die Anstaltsleiterin oder den Anstaltsleiter um weitere bis zu sechs Monate verlängert werden. § 9 Abs. 1 und 4 sowie die §§ 11 und 12 gelten entsprechend; Absatz 3 Satz 1 und § 88 finden keine Anwendung. Gefangene können insbesondere angewiesen werden, sich einer von der Justizvollzugsanstalt bestimmten Betreuungsperson zu unterstellen und jeweils für kurze Zeit in die Justizvollzugsanstalt zurückzukehren. Die Freistellung aus der Haft wird widerrufen, wenn dies für die Behandlung der oder des Gefangenen notwendig ist.
§ 90 Entlassungsbeihilfe
(1) Gefangene erhalten, soweit ihre eigenen Mittel nicht ausreichen, bei ihrer Entlassung aus der Haft von der Justizvollzugsanstalt eine Beihilfe zu den Reisekosten sowie erforderlichenfalls ausreichende Kleidung. Bedürftige Gefangene erhalten darüber hinaus eine Beihilfe, die sie in die Lage versetzt, ohne Inanspruchnahme fremder Hilfe ihren notwendigen Lebensunterhalt zu bestreiten, bis sie ihn voraussichtlich anderweitig decken können. Die Justizvollzugsanstalt kann die Überbrückungsbeihilfe ganz oder teilweise der Bewährungshilfe oder einer mit der Entlassenenbetreuung befassten Stelle überweisen, die darüber entscheidet, wie das Geld nach der Entlassung an die Gefangenen ausbezahlt wird. Die Bewährungshilfe und die mit der Entlassenenbetreuung befasste Stelle sind verpflichtet, die Überbrückungsbeihilfe von ihrem Vermögen gesondert zu halten.
(2) Der Anspruch auf Beihilfe zu den Reisekosten und die ausgezahlte Reisebeihilfe sind unpfändbar. Für den Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe und für Bargeld nach Auszahlung einer Überbrückungsbeihilfe an Gefangene gilt § 52 Abs. 4 Satz 1 und 3 und Abs. 5 entsprechend.
§ 91 Entlassungszeitpunkt
(1) Gefangene sind am letzten Tag der Strafzeit möglichst frühzeitig zu entlassen.
(2) Der Entlassungszeitpunkt kann bis zu fünf Tage vorverlegt werden, wenn dringende Gründe dafür vorliegen, dass die oder der Gefangene zu ihrer oder seiner Eingliederung hierauf angewiesen ist. Dies ist regelmäßig anzunehmen, wenn der Entlassungszeitpunkt auf ein Wochenende oder auf einen gesetzlichen Feiertag fällt. Die Vorverlegung des Entlassungszeitpunkts muss im Hinblick auf die Länge der Strafzeit vertretbar sein.
Abschnitt 15 22b 22b
Aufhebung von Maßnahmen, Beschwerderecht und Rechtsbehelfe
§ 91a Aufhebung von Maßnahmen 22b
(1) Die Aufhebung von Maßnahmen zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiet des Vollzugs der Freiheitsstrafe richtet sich nach den nachfolgenden Absätzen, soweit dieses Gesetz keine abweichende Bestimmung enthält.
(2) Rechtswidrige Maßnahmen können ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(3) Rechtmäßige Maßnahmen können ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit widerrufen werden, wenn
(4) Begünstigende Maßnahmen dürfen nach Absatz 2 oder 3 nur zurückgenommen oder widerrufen werden, wenn die vollzuglichen Interessen an der Aufhebung in Abwägung mit dem schutzwürdigen Vertrauen der Betroffenen auf den Bestand der Maßnahmen überwiegen. Belastende rechtswidrige Maßnahmen sind aufzuheben, soweit hierdurch das Leben oder die Gesundheit einer Person oder die Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt nicht gefährdet wird.
§ 92 Beschwerderecht
(1) Die Gefangenen haben das Recht, sich mit Wünschen, Anregungen und Beschwerden in Angelegenheiten, die sie selbst betreffen, an die Anstaltsleiterin oder den Anstaltsleiter zu wenden. Regelmäßige Sprechstunden sind einzurichten.
(2) Besichtigen Vertreter der Aufsichtsbehörde die Justizvollzugsanstalt, so ist zu gewährleisten, dass die Gefangenen sich in sie selbst betreffenden Angelegenheiten an diese wenden können.
(3) Die Möglichkeit der Dienstaufsichtsbeschwerde bleibt unberührt. Eingaben, Beschwerden und Dienstaufsichtsbeschwerden, die nach Form oder Inhalt nicht den im Verkehr mit Behörden üblichen Anforderungen entsprechen oder bloße Wiederholungen enthalten, brauchen nicht beschieden zu werden. Die Gefangenen sind entsprechend zu unterrichten. Eine Überprüfung des Vorbringens von Amts wegen bleibt unberührt.
Die §§ 109 bis 121b StVollzG, auch in Verbindung mit § 130 StVollzG über das gerichtliche Verfahren, bleiben unberührt.
Abschnitt 16 22b
Sozialtherapeutische Einrichtungen
§ 94 Sozialtherapeutische Einrichtungen
Für den Vollzug nach § 8 sind sozialtherapeutische Anstalten oder Abteilungen (sozialtherapeutische Einrichtungen) vorzusehen.
§ 95 Nachgehende Betreuung 22b
Die Justizvollzugsanstalten können entlassenen und während des Freiheitsentzugs sozialtherapeutisch behandelten Gefangenen auf Antrag Hilfestellung gewähren und die im Vollzug begonnene Betreuung vorübergehend fortführen, soweit diese nicht anderweitig sichergestellt werden kann und der Erfolg der Behandlung gefährdet erscheint.
§ 96 Verbleib und Aufnahme auf freiwilliger Grundlage 22b
(1) Frühere Gefangene der sozialtherapeutischen Einrichtungen können auf ihren Antrag vorübergehend in der sozialtherapeutischen Einrichtung verbleiben oder in der sozialtherapeutischen Einrichtung oder in einer sonstigen Justizvollzugsanstalt wiederaufgenommen werden, wenn die Eingliederung gefährdet ist. Der Verbleib und die Aufnahme sind jederzeit widerruflich.
(2) Gegen verbliebene oder aufgenommene Personen dürfen Maßnahmen des Vollzugs nicht mit unmittelbarem Zwang durchgesetzt werden; § 73 Abs. 2 und 3 bleibt unberührt.
(3) Auf ihren Antrag sind die verbliebenen oder aufgenommenen Personen unverzüglich zu entlassen.
(4) § 51 gilt entsprechend.
Abschnitt 17 22b 22b
Besondere Vorschriften bei angeordneter oder vorbehaltener Sicherungsverwahrung
Unterabschnitt 1 12 22b
(aufgehoben)
§ 97 Ziele und Gestaltung des Vollzugs
(1) Bei Gefangenen mit angeordneter oder vorbehaltener Sicherungsverwahrung gelten die Vorschriften über den Vollzug der Freiheitsstrafe nach Maßgabe der Vorschriften dieses Unterabschnitts.
(2) Bei angeordneter oder vorbehaltener Sicherungsverwahrung dient der Vollzug der Freiheitsstrafe auch dem Ziel, die Gefährlichkeit der Gefangenen für die Allgemeinheit so zu mindern, dass die Vollstreckung der Unterbringung oder deren Anordnung möglichst entbehrlich wird.
(3) Ist Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten, ist bereits der Vollzug der Freiheitsstrafe therapiegerichtet auszugestalten.
(4) Die Erreichung der Vollzugsziele erfordert die Mitwirkung der Gefangenen. Ihre Bereitschaft hierzu ist fortwährend zu wecken und zu fördern. Die Motivationsmaßnahmen sind zu dokumentieren.
§ 98 Behandlungsuntersuchung
(1) An das Aufnahmeverfahren schließt sich zur Vorbereitung der Vollzugsplanung unverzüglich eine umfassende Behandlungsuntersuchung unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Erkenntnisse an.
(2) Die Behandlungsuntersuchung erstreckt sich auf alle Umstände, deren Kenntnis für eine planvolle Behandlung der Gefangenen und für die Beurteilung ihrer Gefährlichkeit maßgeblich sind. Im Rahmen der Behandlungsuntersuchung sind insbesondere die Ursachen der Straftaten, die individuellen Risikofaktoren sowie der Behandlungsbedarf, die Behandlungsfähigkeit und die Behandlungsmotivation der Gefangenen festzustellen. Gleichzeitig sollen die Fähigkeiten der Gefangenen ermittelt werden, deren Stärkung ihrer Gefährlichkeit entgegenwirken kann. Erkenntnisse aus vorangegangenen Freiheitsentziehungen sind einzubeziehen.
(3) Bei der Behandlungsuntersuchung wirken Bediens tete verschiedener Fachrichtungen in enger Abstimmung zusammen. Soweit dies erforderlich ist, sind externe Fachkräfte einzubeziehen. Die Gefangenen wirken an der Behandlungsuntersuchung mit.
§ 99 Vollzugsplan
(1) Aufgrund der Behandlungsuntersuchung wird unverzüglich ein Vollzugsplan erstellt, der die individuellen Behandlungsziele festlegt und die zu ihrer Erreichung geeigneten und erforderlichen Maßnahmen benennt. Der Vollzugsplan enthält mindestens An gaben über
(2) Der Vollzugsplan ist fortlaufend auf seine Umsetzung hin zu überprüfen und mit der Entwicklung der Gefangenen sowie mit weiteren für die Behandlung bedeutsamen Erkenntnissen in Einklang zu halten. Hierfür sind im Vollzugsplan angemessene Fristen vorzusehen, die sechs Monate nicht übersteigen sollen.
(3) Zur Vorbereitung der Aufstellung und Fortschreibung des Vollzugsplans werden Konferenzen mit den an der Vollzugsgestaltung maßgeblich Beteiligten durchgeführt. An der Behandlung mitwirkende Personen außerhalb des Vollzugs sollen in die Planung einbezogen werden; sie können mit Zustimmung der Gefangenen auch an den Konferenzen beteiligt werden.
(4) Der Vollzugsplan wird mit der Billigung durch die Anstaltsleiterin oder den Anstaltsleiter wirksam. Die Aufsichtsbehörde kann sich vorbehalten, dass der Vollzugsplan in bestimmten Fällen erst mit ihrer Zustimmung wirksam wird.
(5) Die Vollzugsplanung wird mit den Gefangenen erörtert. Ihnen wird Gelegenheit gegeben, eine Stellungnahme in der Vollzugsplankonferenz abzugeben. Der Vollzugsplan ist ihnen auszuhändigen.
§ 100 Behandlung und Verlegung in eine sozialtherapeutische Einrichtung
(1) Den Gefangenen sind die zur Erreichung der Vollzugsziele erforderlichen Behandlungsmaßnahmen anzubieten. Diese haben wissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen. Soweit standardisierte Angebote nicht ausreichen oder keinen Erfolg versprechen, sind individuelle Behandlungsangebote zu entwickeln.
(2) Bei der Behandlung wirken Bedienstete verschiedener Fachrichtungen in enger Abstimmung zusammen. Soweit dies erforderlich ist, sind externe Fachkräfte einzubeziehen. Die Gefangenen wirken an ihrer Behandlung mit. Den Gefangenen sollen Bedienstete als feste Ansprechpartner zur Verfügung stehen.
(3) Ist Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten, sind Gefangene bereits während des Vollzugs der Freiheitsstrafe in eine sozialtherapeutische Abteilung oder Anstalt zu verlegen, wenn dies aus behandlerischen Gründen angezeigt ist. Die Verlegung soll zu einem Zeitpunkt erfolgen, der den Abschluss der Behandlung während des Vollzugs der Freiheitsstrafe erwarten lässt.
§ 101 Freistellung aus der Haft zur Vorbereitung der Entlassung
(1) Abweichend von § 89 Absatz 3 Satz 1 kann die Justizvollzugsanstalt den Gefangenen nach Anhörung der Vollstreckungsbehörde zur Vorbereitung der Entlassung Freistellung aus der Haft bis zu sechs Monaten gewähren. § 9 Absatz 1 und 4 sowie § 12 gelten entsprechend. § 88 findet keine Anwendung.
(2) Den Gefangenen sollen für die Freistellung nach Absatz 1 Weisungen erteilt werden. Sie können insbesondere angewiesen werden, sich einer von der Justizvollzugsanstalt bestimmten Betreuungsperson zu unterstellen, sich an bestimmten Orten oder in bestimmten Einrichtungen außerhalb des Vollzugs aufzuhalten und jeweils für kurze Zeit in die Justizvollzugsanstalt zurückzukehren. Die Freistellung nach Absatz 1 wird widerrufen, wenn dies die Behandlung erfordert.
§ 102 Nachgehende Betreuung 22b
Die Justizvollzugsanstalten können früheren Gefangenen auf Antrag Hilfestellung gewähren und die im Vollzug begonnene Betreuung vorübergehend fortführen, soweit diese nicht anderweitig sichergestellt werden kann und der Erfolg der Behandlung gefährdet erscheint.
§ 103 Verbleib und Aufnahme auf freiwilliger Grundlage
(1) Frühere Gefangene können auf ihren Antrag vorübergehend in einer Justizvollzugsanstalt verbleiben oder wieder aufgenommen werden, wenn die Eingliederung gefährdet ist. Der Verbleib und die Aufnahme sind jederzeit widerruflich.
(2) Gegen verbliebene oder aufgenommene Personen dürfen Maßnahmen des Vollzugs nicht mit unmittelbarem Zwang durchgesetzt werden. § 73 Absatz 2 und 3 bleibt unberührt.
(3) Auf ihren Antrag sind die verbliebenen oder aufgenommenen Personen unverzüglich zu entlassen.
(4) § 51 gilt entsprechend.
Unterabschnitt 2 22b
(aufgehoben)
Abschnitt 18 22b 22b
Vollzugsentwicklung und kriminologische Forschung
§ 107 Fortentwicklung des Vollzugs und kriminologische Forschung
(1) Der Strafvollzug ist fortzuentwickeln. Maßnahmen zur Behandlung der Gefangenen sind auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse zu konzipieren, zu standardisieren und auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen.
(2) Der Strafvollzug, insbesondere seine Aufgabenerfüllung und Gestaltung, die Umsetzung seiner Leitlinien und die Behandlungsmaßnahmen sowie deren Wirkungen auf das Vollzugsziel, wird regelmäßig durch den kriminologischen Dienst in Zusammenarbeit mit Hochschulen oder anderen Stellen wissenschaftlich begleitet und erforscht.
(3) In die Untersuchung ist einzubeziehen, ob die Gefangenen nach der Entlassung in der Lage sind, in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen.
(4) Die Leitung der kriminologischen Forschung obliegt der Aufsichtsbehörde.
Abschnitt 19 22b 22b
Vollzug des Strafarrests
Unterabschnitt 1 22b
(aufgehoben)
§ 108 Grundsatz
Für den Vollzug des Strafarrests in Justizvollzugsanstalten gelten die Vorschriften über den Vollzug der Freiheitsstrafe entsprechend, soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt ist. § 51 findet nur in den Fällen einer in § 45 erwähnten Beschäftigung Anwendung.
§ 109 Unterbringung, Besuche und Schriftwechsel
(1) Eine gemeinsame Unterbringung während der Arbeit, Freizeit und Ruhezeit ist nur mit Einwilligung der Gefangenen zulässig. Dies gilt nicht, wenn Strafarrest in Unterbrechung einer Strafhaft oder einer Unterbringung im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung vollzogen wird.
(2) Den Gefangenen soll gestattet werden, einmal wöchentlich Besuch zu empfangen.
(3) Besuche und Schriftwechsel dürfen nur untersagt oder überwacht werden, wenn dies aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt notwendig ist.
§ 110 Kleidung, Wäsche und Bettzeug
Gefangene dürfen eigene Kleidung, Wäsche und eigenes Bettzeug benutzen, wenn Gründe der Sicherheit nicht entgegenstehen und die Gefangenen für Reinigung, Instandsetzung und regelmäßigen Wechsel auf eigene Kosten sorgen.
§ 111 Einkauf
Die Gefangenen dürfen Waren in angemessenem Umfang durch Vermittlung der Justizvollzugsanstalt auf eigene Kosten erwerben.
§ 112 Unmittelbarer Zwang
Beim Vollzug des Strafarrests dürfen zur Vereitelung einer Flucht oder zur Wiederergreifung keine Schusswaffen gebraucht werden. Dies gilt nicht, wenn Strafarrest in Unterbrechung einer Untersuchungshaft, einer Strafhaft oder einer Unterbringung im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung vollzogen wird.
Unterabschnitt 2 22b
(aufgehoben)
Buch 4 12 22c
Jugendstrafvollzug
(JVollzGB IV)
Abschnitt 1
Grundsätze
Im Vollzug der Jugendstrafe sollen die jungen Gefangenen dazu erzogen werden, in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen.
§ 2 Behandlungs- und Erziehungsgrundsätze 22c
(1) Die jungen Gefangenen sind unter Achtung ihrer Grund- und Menschenrechte zu behandeln. Niemand darf unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung unterworfen werden.
(2) Die jungen Gefangenen sind in der Ehrfurcht vor Gott, im Geiste der christlichen Nächstenliebe, zur Brüderlichkeit aller Menschen und zur Friedensliebe, in der Liebe zu Volk und Heimat, zu sittlicher und politischer Verantwortlichkeit, zu beruflicher und sozialer Bewährung und zu freiheitlicher demokratischer Gesinnung zu erziehen.
(3) Das Leben im Jugendstrafvollzug soll den allgemeinen Lebensverhältnissen junger Menschen in Freiheit soweit wie möglich angeglichen werden.
(4) Schädlichen Folgen des Jugendstrafvollzugs ist entgegenzuwirken. Die jungen Gefangenen sind vor Übergriffen zu schützen.
(5) Zur Erreichung des Erziehungsziels sollen die Einsicht in die dem Opfer zugefügten Tatfolgen geweckt und geeignete Maßnahmen zum Ausgleich angestrebt werden.
(6) Den jungen Gefangenen soll ermöglicht werden, von und mit Gleichaltrigen zu lernen und Verantwortung für Angelegenheiten von gemeinsamem Interesse zu übernehmen, die sich nach ihrer Eigenart und nach der Aufgabe der Jugendstrafanstalt für ihre Mitwirkung eignen.
(7) Bereitschaft, Mitwirkung und Fortschritte der jungen Gefangenen sollen im Leistungsbereich, bei der Freizeitgestaltung, in den Kontaktmöglichkeiten, durch Öffnung des Vollzugs und andere geeignete Maßnahmen anerkannt und belohnt werden, soweit die gesetzlichen und tatsächlichen Voraussetzungen dies zulassen.
(8) Bei der Gestaltung des Vollzugs und bei allen Einzelmaßnahmen werden der Entwicklungsstand von Jugendlichen, Heranwachsenden und jungen Erwachsenen sowie deren Lebensverhältnisse und unterschiedliche Bedürfnisse, insbesondere im Hinblick auf Geschlecht, Alter, Reifegrad, Herkunft, Glauben, Behinderung und sexuelle Identität, berücksichtigt.
(9) Die Personensorgeberechtigten von Jugendlichen und die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sind so weit wie möglich in die Planung und Gestaltung der Erziehung im Vollzug einzubeziehen.
§ 3 Mitwirkung und Stellung der jungen Gefangenen
(1) Die jungen Gefangenen sind berechtigt und verpflichtet, an den Maßnahmen zur Erfüllung des Erziehungsauftrags mitzuwirken.
(2) Soweit das Gesetz eine besondere Regelung nicht enthält, dürfen den jungen Gefangenen nur Beschränkungen auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwendung einer Störung der Ordnung der Jugendstrafanstalt unerlässlich sind.
Abschnitt 2 22c
Aufnahme, Vollzugsplanung und Verlegung
§ 4 Aufnahme und Diagnoseverfahren
(1) Bei der Aufnahme werden die jungen Gefangenen über ihre Rechte und Pflichten in einer für sie verständlichen Form unterrichtet. Nach der Aufnahme werden sie alsbald ärztlich untersucht und der Anstaltsleiterin oder dem Anstaltsleiter oder den von diesen beauftragten Bediensteten vorgestellt. Beim Aufnahmeverfahren dürfen andere Gefangene nicht zugegen sein.
(2) Nach der Aufnahme erhebt die Zugangskommission die Umstände, deren Kenntnis für die Erfüllung des Erziehungsauftrags und die Eingliederung nach der Entlassung erforderlich sind. Die Zugangskommission entscheidet über die Zuweisung und Verlegung zum weiteren Vollzug.
(3) Erkenntnisse der Jugendgerichtshilfe und der Bewährungshilfe sind einzubeziehen.
§ 5 Erziehungsplan
(1) Auf Grund des Diagnoseverfahrens wird ein Erziehungsplan erstellt.
(2) Der Erziehungsplan enthält mindestens Angaben über
(3) Die Erziehungsplanung wird mit der oder dem jungen Gefangenen erörtert. Ihnen wird Gelegenheit gegeben, eine Stellungnahme in der Erziehungsplankonferenz abzugeben.
(4) Der Erziehungsplan wird mit der Billigung durch die Anstaltsleiterin oder den Anstaltsleiter wirksam. Die Aufsichtsbehörde kann sich vorbehalten, dass der Erziehungsplan in bestimmten Fällen erst mit ihrer Zustimmung wirksam wird.
(5) Der Erziehungsplan ist in regelmäßigen Abständen auf seine Umsetzung hin zu überprüfen und mit der Entwicklung der oder des jungen Gefangenen sowie weiteren für den Erziehungsbedarf bedeutsamen Erkenntnissen in Einklang zu halten. Die Fortschreibung des Erziehungsplans wird mit den jungen Gefangenen erörtert.
(6) Die Personensorgeberechtigten erhalten Gelegenheit, Anregungen und Vorschläge einzubringen. Diese sollen, soweit mit der Aufgabe des Jugendstrafvollzuges und mit dem Erziehungsauftrag vereinbar, berücksichtigt werden.
(7) Der Erziehungsplan und seine Fortschreibung werden den Personensorgeberechtigten und dem Vollstreckungsleiter bekannt gegeben. Mit den Personensorgeberechtigten werden sie auf deren Wunsch erörtert.
§ 6 Verlegung, Überstellung und Ausantwortung 22c
(1) Junge Gefangene können abweichend vom Vollstreckungsplan in eine andere Justizvollzugsanstalt überstellt oder verlegt werden,
§ 8 Absatz 1 und 3 bleibt unberührt.
(2) In begründeten Fällen ist das befristete Überlassen junger Gefangener in den Gewahrsam einer Polizei-, Zoll- oder Finanzbehörde zulässig.
§ 7 Formen des Jugendstrafvollzugs
(1) Bei Eignung können junge Gefangene in einer Einrichtung des Jugendstrafvollzugs in freier Form untergebracht werden. Hierzu gestattet die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter der oder dem jungen Gefangenen, die Jugendstrafe in einer dazu zugelassenen Einrichtung der Jugendhilfe zu verbüßen. Die Eignung ist stets zu prüfen.
(2) Junge Gefangene sollen in einer Jugendstrafanstalt oder einem Teil einer Jugendstrafanstalt ohne oder mit verminderten Vorkehrungen gegen Entweichung untergebracht werden, wenn sie ihre Mitwirkungspflicht erfüllen und nicht zu befürchten ist, dass sie sich dem Vollzug der Jugendstrafe entziehen oder die Möglichkeiten des offenen Vollzugs zu Straftaten missbrauchen werden.
(3) Für den Jugendstrafvollzug in freier Form oder den offenen Vollzug nicht geeignete junge Gefangene werden in einer geschlossenen Jugendstrafanstalt oder einer Abteilung mit Vorkehrungen gegen Entweichung untergebracht.
(4) Erweisen sich junge Gefangene für die Unterbringung in freier Form oder im offenen Vollzug während des Aufenthaltes dort als nicht geeignet, werden sie in den geschlossenen Jugendstrafvollzug verlegt.
(5) Die Aufsichtsbehörde kann sich vorbehalten, dass in bestimmten Fällen die Entscheidung über die Unterbringung junger Gefangener im offenen Vollzug oder im Jugendstrafvollzug in freier Form erst mit ihrer Zustimmung wirksam wird.
(1) Junge Gefangene können in einer sozialtherapeutischen Abteilung untergebracht oder in eine sozialtherapeutische Einrichtung verlegt werden, soweit deren besondere therapeutische Mittel und soziale Hilfen zum Erreichen des Erziehungsziels angezeigt sind. In Betracht kommen insbesondere junge Gefangene, bei denen erhebliche Entwicklungs-, Persönlichkeits- oder Verhaltensstörungen vorliegen, die in der Tat hervorgetreten sind.
(2) Ist eine Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Abteilung aus Gründen, die nicht in der Person der oder des Gefangenen liegen, nicht möglich, sind anderweitige therapeutische Behandlungsmaßnahmen zu treffen.
(3) Wenn der Zweck der Sozialtherapie aus Gründen, die in der Person der oder des Gefangenen liegen, nicht erreicht werden kann, werden die jungen Gefangenen wieder im Regelvollzug untergebracht oder dorthin zurückverlegt.
(4) § 6 Absatz 1 Satz 1 bleibt unberührt.
§ 9 Vollzugsöffnende Maßnahmen 12 22c
(1) Vollzugsöffnende Maßnahmen können gewährt werden, wenn die jungen Gefangenen für die jeweilige Maßnahme geeignet sind, insbesondere ihre Persönlichkeit ausreichend gefestigt und nicht zu befürchten ist, dass sie sich dem Vollzug der Jugendstrafe entziehen oder die Maßnahmen zur Begehung von Straftaten oder auf andere Weise missbrauchen.
(2) Als vollzugsöffnende Maßnahme kann insbesondere angeordnet werden, dass junge Gefangene
(3) Durch vollzugsöffnende Maßnahmen wird die Vollstreckung der Jugendstrafe nicht unterbrochen.
(4) Die Aufsichtsbehörde kann sich vorbehalten, dass in bestimmten Fällen die Gewährung von vollzugsöffnenden Maßnahmen mit Ausnahme der Ausführung erst mit ihrer Zustimmung wirksam wird.
§ 10 Verlassen der Jugendstrafanstalt aus wichtigem Anlass
(1) Aus wichtigem Anlass kann die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter jungen Gefangenen Ausgang gewähren oder sie bis zu sieben Tage aus der Haft freistellen; Freistellung aus anderem wichtigen Anlass als wegen einer lebensgefährlichen Erkrankung oder wegen des Todes einer oder eines Angehörigen darf sieben Tage im Vollstreckungsjahr nicht übersteigen.
(2) Freistellung aus der Haft, Ausgang und Ausführung aus wichtigem Anlass dürfen nur gewährt werden, wenn nicht zu befürchten ist, dass sich die jungen Gefangenen dem Vollzug der Jugendstrafe entziehen oder die vollzugsöffnenden Maßnahmen zu Straftaten missbrauchen.
(3) Eine Freistellung nach Absatz 1 wird nicht auf die Freistellung nach § 9 Abs. 2 Nr. 3 angerechnet.
(4) Kann Ausgang oder Freistellung wegen Flucht- oder Missbrauchsgefahr nicht gewährt werden, kann die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter junge Gefangene ausführen lassen. Die Aufwendungen hierfür haben die oder der junge Gefangene zu tragen. Der Anspruch ist nicht geltend zu machen, wenn dies die Erziehung oder die Eingliederung behindern würde.
(5) Entsprechendes gilt für die Teilnahme junger Gefangener an gerichtlichen Terminen. Auf Ersuchen eines Gerichts lässt die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter junge Gefangene vorführen, sofern ein Vorführungsbefehl vorliegt. Die Jugendstrafanstalt unterrichtet das Gericht über das Veranlasste.
(6) Die Aufsichtsbehörde kann sich vorbehalten, dass in bestimmten Fällen die Gewährung von Maßnahmen nach Absatz 1, auch in Verbindung mit Absatz 5 Satz 1, erst mit ihrer Zustimmung wirksam wird.
§ 11 Weisungen und Aufhebung vollzugsöffnender Maßnahmen 22c
(1) Die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter kann jungen Gefangenen für vollzugsöffnende Maßnahmen, das Verlassen der Jugendstrafanstalt aus wichtigem Anlass oder zur Teilnahme an gerichtlichen Terminen Weisungen, insbesondere hinsichtlich ihres Aufenthaltsorts sowie der Freistellungsgestaltung, erteilen.
(2) Werden Maßnahmen nach §§ 9 und 10 in schwerwiegender Weise missbraucht, sind diese nach § 85a Absatz 3 Nummer 2 zu widerrufen
Abschnitt 3 22c
Unterbringung und Grundversorgung
(1) Die jungen Gefangenen werden regelmäßig in Wohngruppen untergebracht, die entsprechend dem individuellen Entwicklungsstand und Erziehungsbedarf zu bilden sind.
(2) Junge Gefangene, die auf Grund ihres Verhaltens nicht gruppenfähig sind, eine Gefahr für die Sicherheit oder Ordnung der Jugendstrafanstalt oder für die jungen Mitgefangenen darstellen oder die Freiräume der Wohngruppe wiederholt missbraucht haben, können aus der Wohngruppe ausgeschlossen werden. Eine Wiederaufnahme erfolgt, wenn die Gruppenfähigkeit wiederhergestellt ist.
(3) In der Wohngruppe sollen insbesondere Werte, die ein sozialverträgliches Zusammenleben ermöglichen, gewaltfreie Konfliktlösungen, gegenseitige Toleranz und Verantwortung für den eigenen Lebensbereich vermittelt und eingeübt werden.
(4) Während der Ruhezeit werden junge Gefangene allein in ihren Hafträumen untergebracht.
(5) Mit ihrer Zustimmung können junge Gefangene auch während der Ruhezeit gemeinsam untergebracht werden, wenn eine schädliche Beeinflussung nicht zu befürchten ist. Auch ohne ihre Zustimmung ist eine gemeinsame Unterbringung ausnahmsweise zulässig, wenn
§ 13 Ausstattung des Haftraums 22c
Junge Gefangene dürfen ihren Haftraum in angemessenem Umfang mit eigenen Gegenständen ausstatten. Hierdurch dürfen die Übersichtlichkeit des Haftraums, die Sicherheit und Ordnung der Jugendstrafanstalt sowie die Erreichung des Erziehungsauftrags nicht beeinträchtigt werden. § 54 Absatz 3 gilt entsprechend.
§ 14 Kleidung
(1) Jungen Gefangenen ist gestattet, angemessene eigene Kleidung zu tragen.
(2) Die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter kann aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Jugendstrafanstalt für bestimmte Bereiche der Anstalt, einzelne Gruppen von jungen Gefangenen oder im Einzelfall das Tragen von Anstaltskleidung anordnen.
§ 15 Verpflegung
(1) Die Verpflegung wird in Übereinstimmung mit den jeweils gültigen Werten für eine ausreichende und ausgewogene Ernährung in Gemeinschaftsverpflegung angeboten.
(2) Den jungen Gefangenen soll ermöglicht werden, religiöse Speisevorschriften zu befolgen.
§ 16 Einkauf
(1) Junge Gefangene können von ihrem Haus- oder Taschengeld aus einem von der Jugendstrafanstalt vermittelten Angebot Waren kaufen. Das Warenangebot ist auf die Bedürfnisse der jungen Gefangenen abzustimmen. Gegenstände, welche die Sicherheit oder Ordnung der Jugendstrafanstalt gefährden, sind vom Verkauf ausgeschlossen. Der Jugendschutz ist zu beachten. Der Einkauf kann in Form eines Listeneinkaufs durchgeführt werden.
(2) In begründeten Ausnahmefällen, insbesondere wenn ein zugelassener Artikel sonst nicht beschafft werden kann, kann die Jugendstrafanstalt einen Einkauf über andere sichere Bezugsquellen gestatten.
(3) Verfügen junge Gefangene weder über Sondergeld nach § 49 Abs. 1 noch ohne eigenes Verschulden über Haus- oder Taschengeld, wird ihnen gestattet, in angemessenem Umfang vom Eigengeld einzukaufen.
Abschnitt 4
Verkehr mit der Außenwelt
§ 17 Pflege sozialer Beziehungen
(1) Junge Gefangene haben das Recht, mit Personen außerhalb der Jugendstrafanstalt im Rahmen der Vorschriften dieses Gesetzes zu verkehren. Der Kontakt zu Angehörigen und Personen, von denen ein günstiger Einfluss auf die jungen Gefangenen erwartet werden kann, wird gefördert.
(2) Junge Gefangene dürfen regelmäßig Besuch empfangen. Die Gesamtdauer beträgt mindestens vier Stunden im Monat.
(3) Besuche sollen darüber hinaus zugelassen werden, wenn sie die Erziehung oder Eingliederung junger Gefangener fördern oder persönlichen, rechtlichen oder geschäftlichen Angelegenheiten dienen, die von den jungen Gefangenen weder schriftlich erledigt, noch durch Dritte wahrgenommen oder bis zur Entlassung aufgeschoben werden können.
(4) Aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Jugendstrafanstalt kann ein Besuch davon abhängig gemacht werden, dass sich die Besucherin oder der Besucher durchsuchen oder mit technischen Mitteln oder sonstigen Hilfsmitteln auf verbotene Gegenstände absuchen lässt. Aus den gleichen Gründen kann die Anzahl der gleichzeitig zu einem Besuch zugelassenen Personen beschränkt werden.
(5) Für Kinder junger Gefangener werden Langzeitbesuche vorgesehen, die auf die Regelbesuchszeiten nicht angerechnet werden. Der Langzeitbesuch muss nach Auffassung des Jugendamts dem Kindeswohl entsprechen.
Die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter kann Besuche untersagen,
§ 19 Überwachung von Besuchen
(1) Besuche dürfen aus erzieherischen Gründen oder aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Jugendstrafanstalt überwacht werden, es sei denn, es liegen im Einzelfall Erkenntnisse dafür vor, dass es der Überwachung nicht bedarf. Die Unterhaltung darf überwacht werden, soweit dies im Einzelfall aus diesen Gründen erforderlich ist.
(2) Die optische Überwachung eines Besuches kann auch durch technische Hilfsmittel erfolgen. Auf eine Überwachung nach Satz 1 sind die jungen Gefangenen und ihre Besucher vorher hinzuweisen. Zur Verhinderung der Übergabe von Gegenständen können besondere Vorkehrungen, insbesondere durch Tischaufsätze oder Trennscheiben getroffen werden, wenn bei der oder dem jungen Gefangenen verbotene Gegenstände gefunden wurden oder konkrete Anhaltspunkte vorliegen, dass es zu einer verbotenen Übergabe von Gegenständen kommt.
(3) Gegenstände dürfen beim Besuch nur mit Erlaubnis der Jugendstrafanstalt übergeben werden. Jungen Gefangenen dürfen Nahrungs- und Genussmittel in geringer Menge übergeben werden. Die Jugendstrafanstalt kann anordnen, dass die Nahrungs- und Genussmittel durch ihre Vermittlung beschafft werden.
(4) Ein Besuch darf abgebrochen werden, wenn junge Gefangene oder ihre Besucherinnen oder Besucher gegen die Vorschriften dieses Gesetzes oder auf Grund dieses Gesetzes getroffene Anordnungen trotz Ermahnung verstoßen. Dies gilt auch, wenn Verhaltensweisen von Besuchern geeignet sind, einen schädlichen Einfluss auf die jungen Gefangenen auszuüben. Einer Ermahnung bedarf es nicht, wenn es unerlässlich ist, den Besuch sofort abzubrechen.
§ 20 Besuche bestimmter Personen
(1) Besuche von Verteidigern sowie von Rechtsanwälten und Notaren in einer die junge Gefangene oder den jungen Gefangenen betreffenden Rechtssache sind zu gestatten. Die Jugendstrafanstalt kann die Modalitäten der Besuche entsprechend ihren organisatorischen Möglichkeiten regeln. Der Besuch kann davon abhängig gemacht werden, dass sich die Besucher vorher aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Jugendstrafanstalt durchsuchen oder mit technischen Mitteln oder sonstigen Hilfsmitteln auf verbotene Gegenstände absuchen lassen. Eine Kenntnisnahme vom gedanklichen Inhalt der von Verteidigern mitgeführten Schriftstücke und sonstigen Unterlagen ist unzulässig.
(2) Besuche von Verteidigern werden nicht überwacht. Zur Übergabe von Schriftstücken und sonstigen Unterlagen bedürfen Verteidiger, Rechtsanwälte und Notare keiner Erlaubnis, sofern diese unmittelbar der Vorbereitung oder Durchführung der Verteidigung oder der Erledigung einer die junge Gefangene oder den jungen Gefangenen betreffenden Rechtssache dienen. Beim Besuch von Rechtsanwälten und Notaren kann die Übergabe aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Jugendstrafanstalt von der Erlaubnis abhängig gemacht werden.
(3) § 22 Abs. 2 Satz 3 und 4 bleibt unberührt.
§ 21 Recht auf Schriftwechsel
(1) Junge Gefangene haben das Recht, unbeschränkt Schreiben abzusenden und zu empfangen.
(2) Die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter kann den Schriftwechsel mit bestimmten Personen untersagen,
(3) Die Kosten des Schriftwechsels tragen die jungen Gefangenen. Sind sie dazu nicht in der Lage, kann die Jugendstrafanstalt die Kosten in begründeten Fällen in angemessenem Umfang übernehmen.
§ 22 Überwachung des Schriftwechsels 12 21c
(1) Der Schriftwechsel der jungen Gefangenen darf überwacht werden, soweit dies zur Erfüllung des Erziehungsauftrags oder aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Jugendstrafanstalt erforderlich ist.
(2) Der Schriftwechsel der jungen Gefangenen mit ihren Verteidigern wird nicht überwacht. Die Schreiben dürfen, ohne sie zu öffnen, auf verbotene Gegenstände untersucht werden. Liegt dem Vollzug der Jugendstrafe eine Straftat nach § 129a StGB, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1 StGB, zu Grunde, gelten § 148 Abs. 2 und § 148a StPO entsprechend; dies gilt nicht, wenn junge Gefangene sich in einer Einrichtung des offenen Vollzugs oder Jugendstrafvollzugs in freier Form befinden, wenn ihnen vollzugsöffnende Maßnahmen oder Freistellung aus der Haft nach § 83 Abs. 2 gewährt worden sind und ein Grund, der die Anstaltsleiterin oder den Anstaltsleiter zum Widerruf oder zur Zurücknahme von vollzugsöffnenden Maßnahmen ermächtigt, nicht vorliegt. Satz 3 gilt auch, wenn gegen junge Gefangene im Anschluss an die dem Vollzug der Jugendstrafe zu Grunde liegende Verurteilung eine Jugend- oder Freiheitsstrafe wegen einer Straftat nach § 129a StGB, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1 StGB, zu vollstrecken ist.
(3) Absatz 2 gilt entsprechend für Schreiben von jungen Gefangenen an
wenn die Schreiben an die Anschriften dieser Stellen gerichtet sind und den Absender zutreffend angeben. Schreiben der in Satz 1 genannten Stellen, die an junge Gefangene gerichtet sind, dürfen nicht überwacht werden, wenn die Identität des Absenders zweifelsfrei feststeht.
§ 23 Weiterleitung und Aufbewahrung von Schreiben
(1) Junge Gefangene haben Absendung und Empfang ihrer Schreiben durch die Jugendstrafanstalt vermitteln zu lassen, soweit nichts anderes gestattet ist.
(2) Eingehende und ausgehende Schreiben sind unverzüglich weiterzuleiten.
(3) Die jungen Gefangenen haben eingehende Schreiben unverschlossen zu verwahren, sofern nichts anderes gestattet wird. Die Schreiben können auch verschlossen zur Habe gegeben werden.
§ 24 Anhalten von Schreiben 22c
(1) Schreiben können angehalten werden, wenn
(2) Eingehende Schreiben können angehalten und durch Fotokopien ersetzt werden, wenn der Verdacht besteht, dass von ihrer Beschaffenheit eine Gesundheitsgefahr ausgeht.
(3) Ausgehenden Schreiben, die unrichtige Darstellungen enthalten, kann ein Begleitschreiben beigefügt werden, wenn die oder der junge Gefangene auf der Absendung besteht.
(4) Ist ein Schreiben angehalten worden, wird dies der oder dem jungen Gefangenen mitgeteilt. Hiervon kann vorübergehend abgesehen werden, wenn dies die Sicherheit oder Ordnung der Jugendstrafanstalt erfordert. Angehaltene Schreiben werden an die Absenderin oder den Absender zurückgegeben oder, sofern dies unmöglich oder aus besonderen Gründen untunlich ist, behördlich verwahrt.
(5) Schreiben, deren Überwachung ausgeschlossen ist, dürfen nicht angehalten werden.
§ 25 Telefongespräche
(1) Jungen Gefangenen kann gestattet werden, zu telefonieren.
(2) Im Übrigen gelten für Telefonate die für den Besuch geltenden Vorschriften mit Ausnahme von § 17 Abs. 2 entsprechend. Die Überwachung der Unterhaltung ist den Gesprächspartnern der jungen Gefangenen unmittelbar nach Herstellung der Verbindung von der Justizvollzugsanstalt oder den jungen Gefangenen mitzuteilen. Die jungen Gefangenen sind rechtzeitig vor Beginn des Telefongesprächs über die beabsichtigte Überwachung und die Mitteilungspflicht zu unterrichten.
(3) Die Kosten der Telefongespräche tragen die jungen Gefangenen. Sind sie dazu nicht in der Lage, kann die Jugendstrafanstalt die Kosten in begründeten Fällen in angemessenem Umfang übernehmen.
§ 25a Andere Formen der Telekommunikation 22c
Die Zulassung anderer Formen der Telekommunikation im Sinne des Telekommunikationsgesetzes in der Anstalt bedarf der Zustimmung der Aufsichtsbehörde. Nach Zulassung kann die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter den jungen Gefangenen gestatten, diese Formen auf ihre Kosten zu nutzen. Eine Gestattung ist ausgeschlossen, wenn hierdurch die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet wäre. Im Übrigen finden die Bestimmungen dieses Abschnitts entsprechende Anwendung, soweit die andere Form der Telekommunikation dem Wesen der dort geregelten Kommunikationsform entspricht.
§ 26 Pakete
(1) Der Empfang von Paketen bedarf der vorherigen Erlaubnis der Jugendstrafanstalt. Für den Ausschluss von Gegenständen gilt § 16 Abs. 1 Satz 3 entsprechend. Pakete mit Nahrungs- und Genussmitteln sind ausgeschlossen.
(2) Pakete sind in Gegenwart der oder des jungen Gefangenen zu öffnen. Ausgeschlossene Gegenstände können zur Habe der oder des jungen Gefangenen genommen oder an die Absenderin oder den Absender zurückgesandt werden. Nicht ausgehändigte Gegenstände, durch die bei der Aufbewahrung Personen verletzt oder Sachschäden verursacht werden können oder die verderblich sind, dürfen vernichtet werden. Die hiernach getroffenen Maßnahmen werden der oder dem jungen Gefangenen eröffnet.
(3) Jungen Gefangenen kann gestattet werden, Pakete zu versenden. Der Inhalt kann aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Jugendstrafanstalt überprüft werden.
(4) Die Kosten des Paketverkehrs tragen die jungen Gefangenen. Sind sie dazu nicht in der Lage, kann die Jugendstrafanstalt die Kosten in begründeten Fällen in angemessenem Umfang übernehmen.
Abschnitt 5
Religionsausübung
(1) Jungen Gefangenen darf religiöse Betreuung durch eine Seelsorgerin oder einen Seelsorger ihrer Religionsgemeinschaft nicht versagt werden. Ihnen ist auf Wunsch zu helfen, mit einer Seelsorgerin oder einem Seelsorger ihrer Religionsgemeinschaft in Verbindung zu treten. Das Beicht- und Seelsorgegeheimnis ist unverletzlich.
(2) Junge Gefangene dürfen grundlegende religiöse Schriften besitzen. Diese dürfen ihnen nur bei grobem Missbrauch entzogen werden.
(3) Jungen Gefangenen sind Gegenstände des religiösen Gebrauchs in angemessenem Umfang zu belassen.
§ 28 Religiöse Veranstaltungen
(1) Junge Gefangene haben das Recht, am Gottesdienst und an anderen religiösen Veranstaltungen ihres Bekenntnisses teilzunehmen.
(2) Junge Gefangene werden zu dem Gottesdienst oder zu religiösen Veranstaltungen einer anderen Religionsgemeinschaft zugelassen, wenn deren Seelsorgerin oder Seelsorger zustimmt.
(3) Junge Gefangene können von der Teilnahme am Gottesdienst oder anderen religiösen Veranstaltungen ausgeschlossen werden, wenn dies aus überwiegenden Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Jugendstrafanstalt geboten ist; die Seelsorgerin oder der Seelsorger soll vorher gehört werden.
§ 29 Weltanschauungsgemeinschaften
Für Angehörige weltanschaulicher Bekenntnisse gelten die §§ 27 und 28 entsprechend.
Abschnitt 6
Gesundheitsfürsorge
§ 30 Gesunde Lebensführung, Aufenthalt im Freien
(1) Die Bedeutung einer gesunden Lebensführung ist den jungen Gefangenen in geeigneter Form zu vermitteln. Sie sind insbesondere über die schädlichen Wirkungen des Suchtmittelkonsums aufzuklären.
(2) Die Jugendstrafanstalt kann Anordnungen zum Gesundheitsschutz und zur Hygiene treffen.
(3) Den jungen Gefangenen wird an Werktagen ein Aufenthalt im Freien von mindestens einer Stunde, an arbeitsfreien Tagen von mindestens zwei Stunden ermöglicht, wenn die Witterung dem nicht zwingend entgegensteht.
§ 31 Anspruch auf medizinische Leistungen
(1) Junge Gefangene haben einen Anspruch auf notwendige, ausreichende und zweckmäßige medizinische Versorgung unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit. Der Anspruch umfasst auch Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten und Vorsorgeleistungen. Die Beurteilung der Notwendigkeit orientiert sich an der Versorgung der gesetzlich Versicherten. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen werden erbracht, soweit die Belange des Vollzugs dem nicht entgegenstehen.
(2) Der Anspruch nach Absatz 1 umfasst die Versorgung mit Hilfsmitteln nach § 33 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch, sofern dies nicht mit Rücksicht auf die Kürze des Freiheitsentzugs unangemessen ist.
(3) An den Kosten für medizinische Leistungen können junge Gefangene in angemessenem Umfang beteiligt werden, höchstens jedoch bis zum Umfang der Beteiligung gesetzlich Versicherter.
§ 32 Krankenhausbehandlung außerhalb vollzuglicher Einrichtungen 22c
Soweit eine Verlegung oder Überstellung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 nicht ausreicht, können junge Gefangene für die notwendige Dauer einer Behandlung oder Versorgung in ein Krankenhaus außerhalb des Justizvollzugs gebracht werden. Ambulante Behandlungen und Untersuchungen in einem Krankenhaus außerhalb des Justizvollzugs, die zur Prüfung der besseren Behandlung einer Erkrankung oder zur besseren Versorgung bei Pflege- oder Hilfebedarf in einem Justizvollzugskrankenhaus erforderlich sind, bleiben unberührt. Eine möglichst rasche Rückverlegung in ein Justizvollzugskrankenhaus oder eine sonstige Justizvollzugsanstalt ist anzustreben.
§ 33 Anspruch auf Krankenbehandlung in besonderen Fällen
(1) Während einer Freistellung oder eines Ausgangs haben junge Gefangene einen Anspruch auf Krankenbehandlung in der für sie zuständigen Jugendstrafanstalt.
(2) Der Anspruch auf Leistungen nach § 31 ruht, solange junge Gefangene auf Grund eines freien Beschäftigungsverhältnisses krankenversichert sind.
§ 34 Medizinische Behandlung zur sozialen Eingliederung
Mit Zustimmung der jungen Gefangenen soll die Jugendstrafanstalt medizinische Behandlungen, insbesondere Operationen oder prothetische Maßnahmen, durchführen lassen, die die soziale Eingliederung junger Gefangener fördern. Die Kosten tragen die jungen Gefangenen. Sind sie dazu nicht in der Lage, kann die Jugendstrafanstalt die Kosten in begründeten Fällen in angemessenem Umfang übernehmen.
§ 35 Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft
(1) Auf den gesundheitlichen Zustand einer schwangeren jungen Gefangenen oder einer jungen Gefangenen, die unlängst entbunden hat, ist Rücksicht zu nehmen. Die Vorschriften des Mutterschutzgesetzes über die Gestaltung des Arbeitsplatzes gelten entsprechend.
(2) Die junge Gefangene hat während der Schwangerschaft sowie bei und nach der Entbindung Anspruch auf ärztliche Betreuung einschließlich der Untersuchungen zur Feststellung der Schwangerschaft und zur Schwangerenvorsorge sowie auf Hebammenhilfe. Die ärztliche Betreuung umfasst die Beratung der Schwangeren zur Bedeutung der Mundgesundheit für Mutter und Kind einschließlich des Zusammenhangs zwischen Ernährung und Krankheitsrisiko sowie die Einschätzung oder Bestimmung des Übertragungsrisikos von Karies.
(3) Bei Schwangerschaftsbeschwerden und im Zusammenhang mit der Entbindung werden Arznei-, Verbands- und Heilmittel geleistet.
§ 36 Entbindung und Geburtsanzeige
(1) Eine schwangere junge Gefangene ist zur Entbindung in ein Krankenhaus außerhalb des Vollzugs zu bringen. Ist dies aus besonderen Gründen nicht angezeigt, so ist die Entbindung in einer Justizvollzugsanstalt mit Entbindungsabteilung vorzunehmen. Bei der Entbindung wird Hilfe durch eine Hebamme und falls erforderlich durch eine Ärztin oder einen Arzt gewährt.
(2) In der Anzeige der Geburt an das Standesamt dürfen die Justizvollzugsanstalt als Geburtsstätte des Kindes, das Verhältnis der anzeigenden Person zur Jugendstrafanstalt und die Gefangenschaft der Mutter nicht vermerkt sein.
§ 37 Benachrichtigung bei Erkrankung oder Todesfall
(1) Erkranken junge Gefangene schwer, so sind die Eltern, die Personensorgeberechtigten, eine Angehörige oder ein Angehöriger oder eine Vertrauensperson unverzüglich zu benachrichtigen. Hiervon kann auf Wunsch der oder des jungen Gefangenen abgesehen werden. Im Fall des Todes von jungen Gefangenen ist eine der in Satz 1 genannten Personen unverzüglich zu benachrichtigen.
(2) Dem Wunsch von jungen Gefangenen, auch andere Personen zu benachrichtigen, soll nach Möglichkeit entsprochen werden.
Abschnitt 7
Soziale Hilfe
§ 38 Grundsatz und Bezugsperson
(1) Junge Gefangene sollen in die Lage versetzt und angehalten werden, ihre persönlichen Angelegenheiten selbst zu regeln.
(2) Die oder der junge Gefangene soll eine für sie oder ihn zuständige Bezugsperson aus dem Kreis der Bediensteten, der ehrenamtlichen Mitarbeiter, der Personensorgeberechtigten oder der dafür geeigneten übrigen jungen Gefangenen erhalten. Die Bezugsperson bemüht sich darum, dass etwaige persönliche Defizite und Ressourcen erkannt werden und die oder der junge Gefangene unterstützt wird.
§ 39 Hilfe während des Vollzugs
(1) Bei der Aufnahme wird den jungen Gefangenen geholfen, die notwendigen Maßnahmen für hilfsbedürftige Angehörige zu veranlassen und ihre Habe außerhalb der Jugendstrafanstalt sicherzustellen.
(2) Jungen Gefangenen ist eine Beratung in für sie bedeutsamen rechtlichen und sozialen Fragestellungen zu ermöglichen. Ihnen ist zu helfen, für Unterhaltsberechtigte zu sorgen, Schulden zu regulieren und den durch die Straftat verursachten Schaden zu regeln. Die Beratung soll hierbei auch die Benennung von Stellen und Einrichtungen außerhalb der Jugendstrafanstalt umfassen.
(3) Auf Grund des Diagnoseverfahrens oder auf Wunsch können suchtgefährdete oder süchtige junge Gefangene Suchtberatung und Vermittlung in Therapieeinrichtungen des Justizvollzugs oder anderer Träger erhalten.
Abschnitt 8 22c
Erziehung im Leistungsbereich und Vergütung
(1) Junge Gefangene haben ein Recht auf schulische und berufliche Bildung, sinnstiftende Arbeit und Training sozialer Kompetenzen.
(2) Junge Gefangene sind verpflichtet, im Erziehungsplan vorgesehene schulische oder berufliche Bildungsmaßnahmen, eine zugewiesene Arbeit, arbeitstherapeutische oder sonstige Beschäftigung auszuüben, soweit sie hierzu körperlich in der Lage sind.
(3) Die Jugendstrafanstalt soll jungen Gefangenen wirtschaftlich ergiebige Arbeit zuweisen und dabei ihre Fähigkeiten und Neigungen nach Möglichkeit berücksichtigen. Zur Abwendung der Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafe kann nach der Verordnung des Justizministeriums über die Abwendung der Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafen durch freie Arbeit vom 30. Juni 2009 (GBl. S. 338), die durch Verordnung vom 30. März 2021 (GBl. S. 383) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung auch im Vollzug gemeinnützige Arbeit geleistet werden.
(4) Junge Gefangene, die zu wirtschaftlich ergiebiger Arbeit nicht in der Lage sind oder im Leistungsbereich besonderer Erziehung bedürfen, sollen arbeitstherapeutisch beschäftigt werden oder ihre sozialen Kompetenzen trainieren.
§ 41 Unterricht und Weiterbildung
(1) Junge Gefangene erhalten Hauptschul-, Förderschul- und Berufsschulunterricht in Anlehnung an die für öffentliche Schulen geltenden Vorschriften. An dem Unterricht können auch nicht schulpflichtige junge Gefangene teilnehmen.
(2) Daneben soll nach Möglichkeit Unterricht zur Erlangung anderer staatlich anerkannter Schulabschlüsse sowie lebenskundlicher Unterricht, Religionsunterricht oder Ethik und berufsbildender Unterricht auf Einzelgebieten erteilt werden.
(3) Geeigneten jungen Gefangenen soll Gelegenheit zur Berufsausbildung, beruflichen Weiterbildung oder Teilnahme an anderen ausbildenden oder weiterbildenden Maßnahmen gegeben werden.
§ 42 Freies Beschäftigungsverhältnis
(1) Jungen Gefangenen kann gestattet werden, einer Arbeit, Berufsausbildung oder beruflichen Weiterbildung auf der Grundlage eines freien Beschäftigungsverhältnisses außerhalb der Jugendstrafanstalt nachzugehen. Es soll vor allem der sozial erfolgreichen Eingliederung junger Gefangener dienen.
(2) Das freie Beschäftigungsverhältnis darf nur angeordnet werden, wenn nicht zu befürchten ist, dass sich junge Gefangene dem Vollzug der Jugendstrafe entziehen oder das freie Beschäftigungsverhältnis zu Straftaten missbrauchen.
(3) Jungen Gefangenen können für das freie Beschäftigungsverhältnis Weisungen erteilt werden.
(4) Das freie Beschäftigungsverhältnis ist zu widerrufen, wenn junge Gefangene es missbrauchen oder Weisungen nicht nachkommen.
(5) Das freie Beschäftigungsverhältnis kann vor Antritt widerrufen werden, wenn Umstände bekannt werden, die gegen die Durchführung sprechen.
(6) Das Entgelt ist der Jugendstrafanstalt zur Gutschrift für die jungen Gefangenen zu überweisen.
§ 43 Soziales Training und Sprachkompetenz
(1) Soziales Training kann förmliche Bildungsmaßnahmen, Arbeit oder Beschäftigung ergänzen, wenn dies für die Erreichung des Erziehungsauftrags erforderlich ist.
(2) Aus Gründen der Integration und zur Förderung der Sprachkompetenz sollen jungen Gefangenen, soweit erforderlich, Deutschkurse angeboten werden.
§ 44 Arbeitsentgelt, Freistellung von der Arbeit und Anrechnung der Freistellung auf den Entlassungszeitpunkt
(1) Die Arbeit wird anerkannt durch Arbeitsentgelt und Freistellung von der Arbeit, die auch als Freistellung aus der Haft genutzt oder auf den Entlassungszeitpunkt angerechnet werden kann.
(2) Üben junge Gefangene eine zugewiesene Arbeit, sonstige Beschäftigungen oder eine Hilfstätigkeit aus, so erhalten sie ein Arbeitsentgelt. Der Bemessung des Arbeitsentgelts sind neun Prozent der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch zu Grunde zu legen. Ein Tagessatz ist der zweihundertfünfzigste Teil der Eckvergütung; das Arbeitsentgelt kann nach einem Stundensatz bemessen werden.
(3) Das Arbeitsentgelt kann je nach Leistung der jungen Gefangenen und der Art der Arbeit gestuft werden. 75 Prozent der Eckvergütung dürfen nur dann unterschritten werden, wenn die Arbeitsleistung junger Gefangener den Mindestanforderungen nicht genügt.
(4) Üben junge Gefangene zugewiesene arbeitstherapeutische Beschäftigung aus, erhalten sie ein Arbeitsentgelt, soweit dies der Art ihrer Beschäftigung und Arbeitsleistung entspricht.
(5) Die Höhe des Arbeitsentgelts ist den jungen Gefangenen schriftlich bekannt zu geben.
(6) Haben junge Gefangene zwei Monate lang zusammenhängend eine zugewiesene Tätigkeit oder eine Hilfstätigkeit ausgeübt, so werden sie auf ihren Antrag hin einen Werktag von der Arbeit freigestellt. Die Regelung des § 50 bleibt unberührt. Durch Zeiten, in denen junge Gefangene ohne Verschulden durch Krankheit, Ausführung, Ausgang, Freistellung aus der Haft, Freistellung von der Arbeitspflicht oder sonstige nicht von ihnen zu vertretende Gründe an der Arbeitsleistung gehindert sind, wird die Frist nach Satz 1 gehemmt. Beschäftigungszeiträume von weniger als zwei Monaten bleiben unberücksichtigt.
(7) Junge Gefangene können beantragen, dass die Freistellung nach Absatz 6 Satz 1 in Form von Freistellung aus der Haft gewährt wird. Die Arbeitsfreistellung darf nur angeordnet werden, wenn nicht zu befürchten ist, dass sich junge Gefangene dem Vollzug der Jugendstrafe entziehen oder die Arbeitsfreistellung zu Straftaten missbrauchen.
(8) § 50 Abs. 3 gilt entsprechend.
(9) Stellt die oder der junge Gefangene keinen Antrag nach Absatz 6 Satz 1 oder Absatz 7 Satz 1 oder kann die Freistellung nach Maßgabe der Regelung des Absatzes 7 Satz 2 nicht gewährt werden, so wird die Freistellung nach Absatz 6 Satz 1 von der Jugendstrafanstalt auf den Entlassungszeitpunkt der oder des jungen Gefangenen angerechnet.
(10) Eine Anrechnung nach Absatz 9 ist ausgeschlossen
(11) Soweit eine Anrechnung nach Absatz 10 ausgeschlossen ist, erhalten junge Gefangene bei der Entlassung für ihre Tätigkeit nach Absatz 2 als Ausgleichsentschädigung zusätzlich 15 Prozent des nach den Absätzen 2 und 3 gewährten Entgelts oder der Ausbildungsbeihilfe. Der Anspruch entsteht erst mit der Entlassung; vor der Entlassung ist der Anspruch nicht verzinslich, nicht abtretbar und nicht vererblich.
§ 45 Ausbildungsbeihilfe
(1) Nehmen junge Gefangene an einer Berufsausbildung, beruflichen Weiterbildung, am Unterricht, am sozialen Training, an Deutschkursen oder an anderen vergleichbaren Maßnahmen teil und sind sie zu diesem Zweck von der Arbeitspflicht freigestellt, so erhalten sie eine Ausbildungsbeihilfe, soweit ihnen keine Leistungen zum Lebensunterhalt zustehen, die freien Personen aus solchem Anlass gewährt werden. Der Nachrang der Sozialhilfe nach § 2 Abs. 2 des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch wird nicht berührt.
(2) Für die Bemessung der Ausbildungsbeihilfe gilt § 44 Abs. 2 und 3 entsprechend.
(3) Werden die Maßnahmen nach Absatz 1 stunden- oder tageweise durchgeführt, erhalten die jungen Gefangenen eine Ausbildungsbeihilfe in Höhe des ihnen dadurch entgehenden Arbeitsentgelts.
Abschnitt 9 22c
Gelder, Haftkosten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge
§ 46 Haftkostenbeitrag
(1) Von in einem freien Beschäftigungsverhältnis stehenden jungen Gefangenen wird ein Haftkostenbeitrag erhoben.
(2) Der oder dem jungen Gefangenen muss ein Betrag verbleiben, der dem mittleren Arbeitsentgelt in den Jugendstrafanstalten des Landes entspricht. Von der Geltendmachung des Anspruchs ist abzusehen, soweit dies notwendig ist, um die Wiedereingliederung der oder des jungen Gefangenen in die Gemeinschaft nicht zu gefährden.
(3) Der Haftkostenbeitrag wird in Höhe des Betrages erhoben, der nach § 17 Abs. 1 Nr. 4 des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch durchschnittlich zum 1. Oktober des vorhergehenden Jahres zur Bewertung der Sachbezüge festgesetzt ist. Bei Selbstverpflegung entfallen die für die Verpflegung vorgesehenen Beträge. Für den Wert der Unterkunft ist die festgesetzte Belegungsfähigkeit maßgebend. Der Haftkostenbeitrag darf auch von dem unpfändbaren Teil der Bezüge, nicht aber zu Lasten des Hausgelds und der Ansprüche unterhaltsberechtigter Angehöriger angesetzt werden.
(1) Aus den in diesem Gesetz geregelten Bezügen und aus den Bezügen aus einem freien Beschäftigungsverhältnis ist ein Überbrückungsgeld zu bilden, das den notwendigen Lebensunterhalt der jungen Gefangenen und ihrer Unterhaltsberechtigten in den ersten vier Wochen nach der Entlassung sichern soll.
(2) Das Überbrückungsgeld wird den jungen Gefangenen bei der Entlassung in die Freiheit ausgezahlt oder auf ihr Bankkonto überwiesen. Die Jugendstrafanstalt kann es ganz oder zum Teil den Personensorgeberechtigten, der Bewährungshilfe oder einer mit der Entlassenenbetreuung befassten Stelle überweisen, die darüber entscheiden, wie das Geld innerhalb der ersten vier Wochen nach der Entlassung an die Entlassenen ausgezahlt wird. Die Bewährungshilfe und die mit der Entlassenenbetreuung befasste Stelle sind verpflichtet, das Überbrückungsgeld von ihrem Vermögen gesondert zu halten. Mit Zustimmung der jungen Gefangenen kann das Überbrückungsgeld auch an Unterhaltsberechtigte überwiesen werden.
(3) Das Überbrückungsgeld kann für Ausgaben in Anspruch genommen werden, die der Eingliederung der jungen Gefangenen dienen. Die Anstaltsleitung kann jungen Gefangenen die Inanspruchnahme von Überbrückungsgeld darüber hinaus zur Vermeidung der Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafe oder zur Entschädigung von Opfern der Straftaten der jungen Gefangenen gestatten, soweit der Zweck nach Absatz 1 dadurch nicht gefährdet wird.
(4) Der Anspruch auf Auszahlung des Überbrückungsgelds ist unpfändbar. Erreicht es nicht die in Absatz 1 bestimmte Höhe, so ist in Höhe des Unterschiedsbetrags auch der Anspruch auf Auszahlung des Eigengelds unpfändbar. Bargeld entlassener junger Gefangener, an die wegen der nach Satz 1 oder Satz 2 unpfändbaren Ansprüche Geld ausgezahlt worden ist, ist für die Dauer von vier Wochen seit der Entlassung insoweit der Pfändung nicht unterworfen, als es dem Teil der Ansprüche für die Zeit von der Pfändung bis zum Ablauf der vier Wochen entspricht.
(5) Absatz 4 gilt nicht bei einer Pfändung wegen der in § 850d Abs. 1 Satz 1 ZPO bezeichneten Unterhaltsansprüche. Den entlassenen jungen Gefangenen ist jedoch so viel zu belassen, als sie für ihren notwendigen Unterhalt und zur Erfüllung ihrer sonstigen gesetzlichen Unterhaltspflichten für die Zeit von der Pfändung bis zum Ablauf von vier Wochen seit der Entlassung bedürfen.
§ 48 Taschen-, Haus- und Eigengeld
(1) Jungen Gefangenen, die ohne Verschulden kein Arbeitsentgelt und keine Ausbildungsbeihilfe erhalten, wird ein angemessenes Taschengeld gewährt, falls sie bedürftig sind. Nicht verbrauchtes Taschengeld ist bei der Bedürftigkeitsprüfung nicht zu berücksichtigen.
(2) Junge Gefangene dürfen monatlich drei Siebtel von ihren in diesem Gesetz geregelten Bezügen und das Taschengeld nach Absatz 1 für den Einkauf oder anderweitig verwenden.
(3) Bezüge junger Gefangener, die nicht als Hausgeld, Haftkostenbeitrag oder Überbrückungsgeld in Anspruch genommen werden, sind dem Eigengeld gutzuschreiben.
(4) Für junge Gefangene, die in einem freien Beschäftigungsverhältnis stehen, wird aus ihren Bezügen ein angemessenes Hausgeld festgesetzt.
§ 49 Sondergeld
(1) Für junge Gefangene kann monatlich ein Betrag in angemessener Höhe einbezahlt werden, der als Sondergeld gutzuschreiben ist und wie Hausgeld genutzt werden kann.
(2) Über Absatz 1 hinaus kann Sondergeld in angemessener Höhe für folgende Zwecke eingezahlt werden:
(3) Soweit das Guthaben des Sondergelds nach Absatz 1 die Summe von drei Monatseinzahlungen übersteigt, ist es dem Überbrückungsgeld zuzuführen. Ist bereits ein Überbrückungsgeld in angemessener Höhe gebildet, ist das Guthaben dem Eigengeld zuzuschreiben. Sondergeld im Sinne von Absatz 2 ist dem Eigengeld zuzuschreiben, wenn es zum bezeichneten Zweck nicht eingesetzt werden kann und eine Rückerstattung an die Einzahler nicht möglich ist.
(4) Der Anspruch auf Auszahlung des Sondergelds nach Absatz 1 und 2 ist unpfändbar.
§ 50 Freistellung von der Arbeitspflicht
(1) Haben junge Gefangene ein Jahr lang eine zugewiesene Tätigkeit oder Hilfstätigkeiten ausgeübt, so können sie beanspruchen, 18 Werktage von der Arbeitspflicht freigestellt zu werden. Zeiten, in denen junge Gefangene infolge Krankheit an ihrer Arbeitsleistung verhindert waren, werden auf das Jahr bis zu sechs Wochen jährlich angerechnet.
(2) Auf die Zeit der Freistellung von der Arbeit wird die Freistellung aus der Haft angerechnet, soweit sie in die Arbeitszeit fällt und nicht wegen einer lebensgefährlichen Erkrankung oder des Todes einer oder eines Angehörigen erteilt worden ist.
(3) Die jungen Gefangenen erhalten für die Zeit der Freistellung ihre zuletzt gezahlten Bezüge weiter.
(4) Urlaubsregelungen der Beschäftigungsverhältnisse außerhalb des Jugendstrafvollzugs bleiben unberührt.
Das Justizministerium wird ermächtigt, zur Durchführung der §§ 44 und 45 im Einvernehmen mit dem Finanzministerium die Vergütungsstufen und die Höhe der Vergütung in den einzelnen Vergütungsstufen einschließlich der Gewährung von Zulagen durch Rechtsverordnung zu regeln.
§ 52 Einbehaltung von Beitragsteilen
Soweit die Jugendstrafanstalt Beiträge zur Bundesagentur für Arbeit zu entrichten hat, kann sie von dem Arbeitsentgelt einen Betrag einbehalten, der dem Anteil der oder des jungen Gefangenen am Beitrag entsprechen würde, wenn sie diese Bezüge als Arbeitnehmer erhielten.
Abschnitt 10 22c
Freizeit
§ 53 Allgemeines
(1) Die jungen Gefangenen sind zur Teilnahme und Mitwirkung an Angeboten der Freizeitgestaltung zu motivieren und anzuleiten.
(2) Sie sollen insbesondere an Unterricht, einschließlich Fernunterricht, Lehrgängen und sonstigen Veranstaltungen der Weiterbildung, Freizeitgruppen und Gruppengesprächen teilnehmen und ermutigt werden, den verantwortungsvollen Umgang mit neuen Medien zu erlernen und zu praktizieren sowie eine Bücherei zu benutzen.
(3) Jugendgemäße Angebote zur sportlichen Betätigung, insbesondere während des Aufenthalts im Freien sind vorzuhalten, um den jungen Gefangenen eine sportliche Betätigung von mindestens zwei Stunden wöchentlich zu ermöglichen. Die jungen Gefangenen sind zur Teilnahme am Sport zu motivieren und sportpädagogisch anzuleiten.
§ 54 Besitz von Gegenständen zur Freizeitbeschäftigung 12
(1) Junge Gefangene dürfen in angemessenem Umfang Bücher und andere Gegenstände zur Freizeitbeschäftigung besitzen. Die Angemessenheit des Umfangs kann auch an der in der Jugendstrafanstalt verfügbaren Kapazität für Haftraumkontrollen und am Wert eines Gegenstands ausgerichtet werden.
(2) Absatz 1 Satz 1 gilt nicht, wenn der Besitz, die Überlassung oder die Benutzung des Gegenstands
(3) Die Zulassung von bestimmten Gerätetypen, insbesondere der elektronischen Unterhaltungsmedien, durch die Jugendstrafanstalt kann der Zustimmung der Aufsichtsbehörde vorbehalten sein. Die Aufsichtsbehörde kann allgemeine Richtlinien für die Gerätebeschaffenheit erlassen. Eine ohne Zustimmung nach Satz 1 erfolgte Zulassung kann zurückgenommen werden.
(4) Die Erlaubnis kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 widerrufen werden.
§ 55 Hörfunk und Fernsehen
(1) Der Besitz von Hörfunk- und Fernsehgeräten ist nach Maßgabe des § 54 zulässig.
(2) Die Jugendstrafanstalt kann den Betrieb von Empfangsanlagen und die Ausgabe von Hörfunk- und Fernsehgeräten einem Dritten übertragen. Sofern sie hiervon Gebrauch macht, können junge Gefangene nicht den Besitz von eigenen Geräten verlangen.
(3) Die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter entscheidet über die Einspeisung der Programme in die Empfangsanlage der Jugendstrafanstalt. Vor der Entscheidung soll die Gefangenenmitverantwortung gehört werden.
(4) Der Empfang von Bezahlfernsehen und der Einsatz von zusätzlichen Empfangseinrichtungen im Haftraum sind nicht statthaft.
§ 56 Zeitungen und Zeitschriften
Junge Gefangene dürfen Zeitungen und Zeitschriften in angemessenem Umfang durch Vermittlung der Jugendstrafanstalt beziehen. § 54 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 4 gilt entsprechend.
Abschnitt 11 22c
Sicherheit und Ordnung
§ 57 Grundsatz
(1) Das Verantwortungsbewusstsein der jungen Gefangenen für ein geordnetes Zusammenleben in der Jugendstrafanstalt ist zu wecken und zu fördern.
(2) Die Pflichten und Beschränkungen, die jungen Gefangenen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Jugendstrafanstalt auferlegt werden, sind so zu wählen, dass sie in einem angemessenen Verhältnis zu ihrem Zweck stehen und die jungen Gefangenen nicht mehr und nicht länger als notwendig beeinträchtigen.
§ 58 Verhaltensvorschriften
(1) Die jungen Gefangenen haben sich nach der Tageseinteilung der Jugendstrafanstalt (Arbeitszeit, Freizeit, Ruhezeit) zu richten. Sie dürfen durch ihr Verhalten gegenüber Vollzugsbediensteten, Mitgefangenen und anderen Personen das geordnete Zusammenleben nicht stören.
(2) Die jungen Gefangenen haben die Anordnungen der Vollzugsbediensteten zu befolgen, auch wenn sie sich durch sie beschwert fühlen. Einen ihnen zugewiesenen Bereich dürfen sie nicht ohne Erlaubnis verlassen.
(3) Die jungen Gefangenen haben ihren Haftraum und die ihnen von der Jugendstrafanstalt überlassenen Sachen in Ordnung zu halten und schonend zu behandeln.
(4) Die jungen Gefangenen haben Umstände, die eine Gefahr für das Leben oder eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit einer Person bedeuten, unverzüglich zu melden.
§ 59 Persönlicher Gewahrsam und Umgang mit Geld 22c
(1) Die jungen Gefangenen dürfen nur Sachen in Gewahrsam haben oder annehmen, die ihnen von der Justizvollzugsanstalt, in der sie untergebracht sind, oder mit deren Zustimmung überlassen werden. Ohne Zustimmung dürfen sie Sachen weder abgeben noch annehmen, außer solche von geringem Wert. Die Jugendstrafanstalt kann die Abgabe, Annahme und den Gewahrsam auch dieser Sachen von ihrer Zustimmung abhängig machen.
(2) Eingebrachte Sachen, die die jungen Gefangenen nicht in Gewahrsam haben dürfen, sind für sie aufzubewahren, sofern dies nach Art und Umfang möglich ist. Eingebrachtes Geld wird als Eigengeld gutgeschrieben. Den jungen Gefangenen wird Gelegenheit gegeben, ihre Sachen, die sie während des Vollzugs und für die Entlassung nicht benötigen, abzusenden oder über das Eigengeld zu verfügen, soweit dieses nicht als Überbrückungsgeld notwendig ist.
(3) Weigern sich junge Gefangene, eingebrachte Gegenstände, deren Aufbewahrung nach Art oder Umfang nicht möglich ist, aus der Jugendstrafanstalt zu verbringen, so ist die Anstalt berechtigt, diese auf Kosten der oder des jungen Gefangenen aus der Jugendstrafanstalt entfernen zu lassen.
(4) Aufzeichnungen und andere Gegenstände, die Kenntnisse über Sicherungsvorkehrungen einer Justizvollzugsanstalt vermitteln, dürfen vernichtet oder unbrauchbar gemacht werden.
(5) Die jungen Gefangenen haben grundsätzlich kein Bargeld zur Verfügung. Die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter kann für die Jugendstrafanstalt, für bestimmte Bereiche der Anstalt, einzelne Gruppen von jungen Gefangenen oder im Einzelfall anordnen, dass Geld bar ausbezahlt und selbständig verwaltet wird, wenn dadurch die Sicherheit oder Ordnung der Jugendstrafanstalt nicht beeinträchtigt wird.
§ 60 Durchsuchung und Kontrollen auf Suchtmittelmissbrauch 22c
(1) Junge Gefangene, ihre Sachen und die Hafträume dürfen durchsucht werden. Die Durchsuchung männlicher junger Gefangener darf nur von Männern, die Durchsuchung weiblicher junger Gefangener darf nur von Frauen vorgenommen werden; dies gilt nicht für das Absuchen der Gefangenen mit technischen Mitteln oder mit sonstigen Hilfsmitteln. Das Schamgefühl ist zu schonen.
(2) Nur auf Anordnung der Anstaltsleiterin oder des Anstaltsleiters oder bei Gefahr im Verzug ist es im Einzelfall zulässig, eine mit einer Entkleidung verbundene körperliche Durchsuchung vorzunehmen. Sie darf bei männlichen jungen Gefangenen nur in Gegenwart von Männern, bei weiblichen jungen Gefangenen nur in Gegenwart von Frauen erfolgen. Sie ist in einem geschlossenen Raum durchzuführen. Andere Gefangene dürfen nicht anwesend sein.
(3) Die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter kann allgemein anordnen, dass junge Gefangene bei der Aufnahme, nach Kontakten mit Besuchern und nach jeder Abwesenheit von der Jugendstrafanstalt nach Absatz 2 durchsucht werden können.
(4) Junge Gefangene können Suchtmittelkontrollen unterzogen werden, wenn der Verdacht besteht, dass sie Suchtmittel besitzen oder konsumieren. Eine Suchtmittelkontrolle kann auch allgemein angeordnet werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt, zum Erreichen des Erziehungsziels oder zur Gesundheitsvorsorge geboten ist. Die ergriffenen Maßnahmen dürfen nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sein. Bei jungen Gefangenen, die die Mitwirkung an der Durchführung der Kontrolle verweigern, ist in der Regel davon auszugehen, dass Suchtmittelfreiheit nicht gegeben ist.
§ 62 Festnahmerecht
Junge Gefangene, die entwichen sind oder sich sonst ohne Erlaubnis außerhalb der Jugendstrafanstalt aufhalten, können durch die Jugendstrafanstalt oder auf ihre Veranlassung hin festgenommen und in die Jugendstrafanstalt oder die Einrichtung zurückgebracht werden, solange ein unmittelbarer Bezug zum Vollzug der Jugendstrafe besteht.
§ 63 Besondere Sicherungsmaßnahmen 19c 22c
(1) Gegen junge Gefangene können besondere Sicherungsmaßnahmen angeordnet werden, wenn nach ihrem Verhalten oder auf Grund ihres seelischen Zustands in erhöhtem Maß die Gefahr der Flucht, von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen, der Selbsttötung oder der Selbstverletzung besteht.
(2) Als besondere Sicherungsmaßnahmen sind zulässig
(3) Maßnahmen nach Absatz 2 Nr. 1, 3 bis 5 sind auch zulässig, wenn die Gefahr einer Befreiung oder eine erhebliche Störung der Anstaltsordnung anders nicht vermieden oder behoben werden kann.
(4) Bei einer Ausführung, Vorführung oder beim Transport ist die Fesselung auch dann zulässig, wenn aus anderen Gründen als denen des Absatzes 1 Fluchtgefahr besteht.
(5) Besondere Sicherungsmaßnahmen dürfen nur soweit aufrechterhalten werden, wie es ihr Zweck erfordert.
§ 64 Einzelhaft
(1) Die unausgesetzte Absonderung junger Gefangener ist nur zulässig, wenn dies aus Gründen, die in der Person der oder des jungen Gefangenen liegen, unerlässlich ist.
(2) Einzelhaft von mehr als einer Woche Gesamtdauer in einem Jahr bedarf der Zustimmung der Aufsichtsbehörde. Diese Frist wird nicht dadurch unterbrochen, dass die oder der junge Gefangene am Gottesdienst oder am gemeinschaftlichen Aufenthalt im Freien teilnimmt.
§ 65 Fesselung und Fixierung 19c 22c
(1) In der Regel dürfen Fesseln nur an den Händen, an den Füßen oder an den Händen und den Füßen angelegt werden. Im Interesse der oder des jungen Gefangenen kann eine andere Art der Fesselung angeordnet werden. Die Fesselung wird zeitweise gelockert oder aufgehoben, soweit dies notwendig ist.
(2) Eine Fesselung, durch die die Bewegungsfreiheit der oder des jungen Gefangenen weitgehend oder vollständig aufgehoben wird (Fixierung), ist nur zulässig, wenn und solange eine gegenwärtige erhebliche Gefahr von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen, der Selbsttötung oder der Selbstverletzung besteht und die Fixierung zur Abwehr dieser Gefahr unerlässlich ist. Bei Fixierungen ist insbesondere eine ständige und unmittelbare Überwachung sicherzustellen. Anordnung, Gründe, Dauer und Art der Überwachung sowie Beendigung der Fixierung sind zu dokumentieren. Nach Beendigung der Fixierung ist, sobald es der Zustand der oder des jungen Gefangenen zulässt, eine zu dokumentierende Nachbesprechung durchzuführen, in der insbesondere die Gründe für die Fixierung zu nennen sind. Nach Beendigung der Fixierung sind die jungen Gefangenen darüber zu belehren, dass sie die Zulässigkeit der durchgeführten Fixierung gerichtlich überprüfen lassen können. Für die verfahrensrechtliche Ausgestaltung der Fixierung insbesondere der richterlichen Entscheidung gilt § 76 Absatz 3 entsprechend.
§ 66 Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen
(1) Besondere Sicherungsmaßnahmen ordnet die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter an. Bei Gefahr im Verzug können auch andere Bedienstete der Jugendstrafanstalt diese Maßnahmen vorläufig anordnen. Die Entscheidung der Anstaltsleiterin oder des Anstaltsleiters ist unverzüglich einzuholen.
(2) Werden junge Gefangene ärztlich behandelt oder beobachtet oder bildet ihr seelischer Zustand den Anlass der Maßnahme, ist vorher die Ärztin oder der Arzt zu hören. Ist dies wegen Gefahr im Verzug nicht möglich, wird die Stellungnahme unverzüglich eingeholt.
§ 67 Ärztliche Überwachung 19c
(1) Sind junge Gefangene in einem besonders gesicherten Haftraum untergebracht oder gefesselt, sucht sie die Ärztin oder der Arzt alsbald und in der Folge möglichst täglich auf. Dies gilt nicht bei einer Fesselung während einer Ausführung, Vorführung oder eines Transports.
(2) Solange jungen Gefangenen der tägliche Aufenthalt im Freien entzogen wird, ist regelmäßig eine ärztliche Stellungnahme einzuholen.
§ 68 Ersatz von Aufwendungen
(1) Junge Gefangene sind verpflichtet, der Jugendstrafanstalt Aufwendungen zu ersetzen, die sie durch eine vorsätzlich oder grob fahrlässig begangene Selbstverletzung oder Verletzung anderer Gefangener verursacht haben. Ansprüche aus sonstigen Rechtsvorschriften bleiben unberührt.
(2) Die Jugendstrafanstalt kann bei der Geltendmachung von Forderungen nach Absatz 1 oder wegen einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verletzung fremden Eigentums durch junge Gefangene auch einen den dreifachen Tagessatz der Eckvergütung nach § 44 Abs. 2 übersteigenden Teil des Hausgelds in Anspruch nehmen.
(3) Für die in Absatz 1 genannten Forderungen ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.
(4) Von der Aufrechnung oder Vollstreckung wegen der in den Absätzen 1 und 2 genannten Forderungen ist abzusehen, wenn hierdurch die Erziehung der oder des jungen Gefangenen oder ihre Eingliederung behindert würde.
Abschnitt 12 22c
Unmittelbarer Zwang
§ 69 Allgemeine Voraussetzungen 22c
(1) Bedienstete der Jugendstrafanstalten dürfen unmittelbaren Zwang anwenden, wenn sie Vollzugs- und Sicherungsmaßnahmen rechtmäßig durchführen und der damit verfolgte Zweck auf keine andere Weise erreicht werden kann.
(2) Gegen andere Personen als junge Gefangene darf unmittelbarer Zwang angewendet werden, wenn sie es, auch mittels technischer Geräte, unternehmen, junge Gefangene zu befreien, in den Anstaltsbereich widerrechtlich einzudringen, unbefugt Gegenstände in den Anstaltsbereich einzubringen, oder wenn sie sich unbefugt im Anstaltsbereich aufhalten; das Recht zur Anwendung unmittelbaren Zwangs gegen Sachen wird hierdurch nicht eingeschränkt.
(3) Das Recht zur Anwendung unmittelbaren Zwangs auf Grund anderer Regelungen bleibt unberührt.
§ 70 Begriffsbestimmungen
(1) Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch körperliche Gewalt, ihre Hilfsmittel und durch Waffen.
(2) Körperliche Gewalt ist jede unmittelbare körperliche Einwirkung auf Personen oder Sachen.
(3) Hilfsmittel der körperlichen Gewalt sind namentlich Fesseln.
(4) Waffen sind die dienstlich zugelassenen Hieb- und Schusswaffen sowie Reizstoffe.
§ 71 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
(1) Unter mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs sind diejenigen zu wählen, die den Einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigen.
(2) Unmittelbarer Zwang unterbleibt, wenn ein durch ihn zu erwartender Schaden erkennbar außer Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg steht.
§ 72 Handeln auf Anordnung
(1) Wird unmittelbarer Zwang von Vorgesetzten oder sonst befugten Personen angeordnet, sind Vollzugsbedienstete verpflichtet, ihn anzuwenden, es sei denn, die Anordnung verletzt die Menschenwürde oder ist nicht zu dienstlichen Zwecken erteilt worden.
(2) Die Anordnung darf nicht befolgt werden, wenn dadurch eine Straftat begangen würde. Befolgen Vollzugsbedienstete sie trotzdem, trifft sie eine Schuld nur, wenn sie erkennen oder wenn es nach den ihnen bekannten Umständen offensichtlich ist, dass dadurch eine Straftat begangen wird.
(3) Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Anordnung haben die Vollzugsbediensteten der anordnenden Person gegenüber vorzubringen, soweit das nach den Umständen möglich ist. Abweichende Vorschriften des allgemeinen Beamtenrechts über die Mitteilung solcher Bedenken an Vorgesetzte sind nicht anzuwenden.
§ 73 Androhung
Unmittelbarer Zwang ist vorher anzudrohen. Die Androhung darf nur dann unterbleiben, wenn die Umstände sie nicht zulassen oder unmittelbarer Zwang sofort angewendet werden muss, um eine rechtswidrige Tat, die den Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllt, zu verhindern oder eine gegenwärtige Gefahr abzuwenden.
§ 74 Allgemeine Vorschriften für den Schusswaffengebrauch 22c
(1) Schusswaffen dürfen nur gebraucht werden, wenn andere Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs bereits erfolglos waren oder keinen Erfolg versprechen. Gegen Personen ist ihr Gebrauch nur zulässig, wenn der Zweck nicht durch Waffenwirkung gegen Sachen erreicht wird.
(2) Schusswaffen dürfen nur die dazu bestimmten Vollzugsbediensteten gebrauchen. Ihr Gebrauch unterbleibt, wenn dadurch erkennbar Unbeteiligte mit hoher Wahrscheinlichkeit gefährdet würden.
(3) Gegen Personen dürfen Schusswaffen nur gebraucht werden, um sie angriffs- oder fluchtunfähig zu machen. Der Gebrauch ist vorher anzudrohen. Als Androhung gilt auch ein Warnschuss. Ohne Androhung dürfen Schusswaffen nur dann gebraucht werden, wenn dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.
§ 75 Besondere Vorschriften für den Schusswaffengebrauch
(1) Gegen junge Gefangene dürfen Schusswaffen gebraucht werden,
(2) Um die Flucht aus einer Einrichtung, in der überwiegend Jugendliche untergebracht sind, aus einer offenen Jugendstrafanstalt oder aus dem Jugendstrafvollzug in freier Form zu vereiteln, dürfen keine Schusswaffen gebraucht werden.
(3) Gegen andere Personen dürfen Schusswaffen gebraucht werden, wenn sie es unternehmen, Gefangene gewaltsam zu befreien oder gewaltsam in eine Jugendstrafanstalt einzudringen.
§ 76 Zwangsmaßnahmen in der Gesundheitsfürsorge 19c 21c 22c
(1) Medizinische Untersuchung, Behandlung und Ernährung sowie eine in diesem Zusammenhang erforderliche Fixierung sind gegen den natürlichen Willen der jungen Gefangenen nur zulässig, soweit sie dazu dienen, eine Lebensgefahr oder eine gegenwärtige erhebliche Gefahr für die Gesundheit
abzuwenden. Maßnahmen nach Satz 1 dürfen nur angeordnet werden, wenn
Maßnahmen nach Satz 1 Nummer 1 sind darüber hinaus nur zulässig, wenn die oder der junge Gefangene zur Einsicht in die Notwendigkeit der Maßnahme oder zum Handeln nach dieser Einsicht krankheitsbedingt nicht in der Lage ist.
(2) Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 1 dürfen nur auf ärztliche Anordnung und unter ärztlicher Überwachung durchgeführt werden. Bei Fixierungen ist insbeson dere eine ständige und unmittelbare Überwachung sicherzustellen. Die Maßnahmen sind zu dokumen tieren, einschließlich ihres Zwangscharakters, ihrer Durch setzungsweise, ihrer maßgeblichen Gründe, der Dauer und Art der Überwachung sowie der Wirkungsüberwachung. Die Maßnahmen sind unverzüglich aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für ihre Anordnung weggefallen sind. Eine zu dokumentierende Nachbesprechung durch die behandelnde Ärztin oder den behandelnden Arzt, in der insbesondere die Gründe für die Maßnahme zu nennen sind, muss erfolgen, sobald es der Gesundheitszustand zulässt. Nach Beendigung der Maßnahmen nach Absatz 1 sind die jungen Gefangenen darüber zu belehren, dass sie die Zu lässigkeit der durchgeführten Maßnahmen gerichtlich überprüfen lassen können.
(3) Eine Maßnahme nach Absatz 1 ist auf Antrag der Justizvollzugsanstalt nur mit vorheriger richterlicher Entscheidung zulässig. Dies gilt nicht, wenn hierdurch die Behandlung verzögert würde und sich hieraus Nachteile für das Leben oder die Gesundheit der gefährdeten Person ergeben würden (Gefahr im Verzug); in diesem Fall sind Personensorgeberechtigte minderjähriger Gefangener unverzüglich zu unterrichten. Die richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachträglich einzuholen. Eine nachträgliche richterliche Entscheidung ist nicht erforderlich, wenn bereits zu Beginn der Maßnahme abzusehen ist, dass die Entscheidung erst nach Wegfall des Grundes der Maßnahme ergehen wird, oder die Maßnahme vor Herbeiführung der Entscheidung tatsächlich beendet und auch keine Wiederholung zu erwarten ist. Handelt es sich um eine lediglich kurzfristige Fixierung, die absehbar die Dauer von einer halben Stunde unterschreitet, ist eine richterliche Entscheidung nicht erforderlich. § 93 des Jugendgerichtsgesetzes (JGG) gilt entsprechend.
(4) Zur Gewährleistung des Gesundheitsschutzes und der Hygiene ist die zwangsweise körperliche Untersuchung der jungen Gefangenen über Absatz 1 hinaus zulässig, wenn sie nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden ist. Duldungspflichten der jungen Gefangenen nach Vorschriften anderer Gesetze bleiben unberührt.
Abschnitt 13 22c
Erzieherische Maßnahmen und Disziplinarmaßnahmen
§ 77 Voraussetzungen
(1) Verstoßen junge Gefangene schuldhaft gegen Pflichten, die ihnen durch dieses Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes auferlegt sind, können gegen sie möglichst in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Pflichtverletzung Maßnahmen angeordnet werden, die geeignet sind, ihnen ihr Fehlverhalten bewusst zu machen. Als erzieherische Maßnahmen kommen namentlich in Betracht das erzieherische Gespräch, die Konfliktschlichtung, die Verwarnung, die Erteilung von Weisungen und Auflagen sowie beschränkende Anordnungen in Bezug auf die Freizeitgestaltung bis zur Dauer von einer Woche. Erzieherische Maßnahmen sollen möglichst nur angeordnet werden, wenn die Verfehlung mit den zu beschränkenden oder zu entziehenden Befugnissen im Zusammenhang steht.
(2) Reichen erzieherische Maßnahmen nicht aus, können gegen junge Gefangene Disziplinarmaßnahmen angeordnet werden.
(3) Eine Disziplinarmaßnahme ist auch zulässig, wenn wegen derselben Verfehlung ein Straf- oder Bußgeldverfahren eingeleitet wird.
§ 78 Arten der Disziplinarmaßnahmen 22c
(1) Die zulässigen Disziplinarmaßnahmen sind:
(2) Arrest darf nur wegen schwerer oder mehrfach wiederholter Verfehlungen verhängt werden.
(3) Mehrere Disziplinarmaßnahmen können miteinander verbunden werden.
§ 79 Vollstreckung und Vollzug der Disziplinarmaßnahmen 22c
(1) Disziplinarmaßnahmen werden in der Regel sofort vollstreckt.
(2) Eine Disziplinarmaßnahme kann ganz oder teilweise bis zu sechs Monaten zur Bewährung ausgesetzt werden.
(3) Wird die Verfügung über das Haus- oder Sondergeld beschränkt oder entzogen, ist das in dieser Zeit anfallende Geld dem Überbrückungsgeld hinzuzurechnen.
(4) Arrest wird in Einzelhaft vollzogen. Die jungen Gefangenen können in einem besonderen Arrestraum untergebracht werden, der den Anforderungen entsprechen muss, die an einen zum Aufenthalt bei Tag und Nacht bestimmten Haftraum gestellt werden. Soweit nichts anderes angeordnet wird, ruhen die Befugnisse der jungen Gefangenen aus den §§ 13 und 14 Abs. 1 sowie den §§ 16, 40, 41 und 53 bis 56.
§ 80 Disziplinarbefugnis
(1) Disziplinarmaßnahmen ordnet die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter an. Bei einer Verfehlung auf dem Weg in eine andere Justizvollzugsanstalt zum Zweck der Verlegung ist die Leiterin oder der Leiter der Bestimmungsanstalt zuständig. Die Befugnis, Disziplinarmaßnahmen nach § 78 anzuordnen, kann nur auf Mitglieder der Anstalts- oder Vollzugsabteilungsleitung übertragen werden.
(2) Die Aufsichtsbehörde entscheidet, wenn sich die Verfehlung junger Gefangener gegen die Anstaltsleiterin oder den Anstaltsleiter richtet.
(3) Disziplinarmaßnahmen, die gegen junge Gefangene in einer anderen Justizvollzugsanstalt oder während einer Untersuchungshaft angeordnet worden sind, werden auf Ersuchen vollstreckt, soweit sie nicht auf Bewährung ausgesetzt sind. § 79 Abs. 2 bleibt unberührt.
(1) Der Sachverhalt ist zu klären. Die jungen Gefangenen werden gehört. Die Erhebungen werden in einer Niederschrift festgelegt; die Einlassung der oder des jungen Gefangenen wird vermerkt.
(2) Bei schweren Verstößen soll sich die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter vor der Entscheidung mit Personen besprechen, die bei der Erziehung der oder des jungen Gefangenen mitwirken. Vor der Anordnung einer Disziplinarmaßnahme gegen junge Gefangene ist eine Stellungnahme des ärztlichen oder psychologischen Dienstes einzuholen, wenn hierzu begründeter Anlass besteht.
(3) Die Entscheidung wird der oder dem jungen Gefangenen von der Anstaltsleiterin oder dem Anstaltsleiter oder im Fall einer Übertragung der Disziplinarbefugnis nach § 80 Abs. 1 Satz 3 von der beauftragten Person mündlich eröffnet und mit einer kurzen Begründung schriftlich abgefasst.
§ 82 Ärztliche Mitwirkung
(1) Bevor der Arrest vollzogen wird, ist eine ärztliche Stellungnahme einzuholen. Während des Arrests steht die oder der junge Gefangene unter ärztlicher Aufsicht.
(2) Der Vollzug des Arrests unterbleibt oder wird unterbrochen, wenn die Gesundheit der oder des jungen Gefangenen gefährdet würde.
Abschnitt 14 22c
Entlassungsvorbereitung, Entlassung und Nachsorge
§ 83 Entlassungsvorbereitung und Nachsorge
(1) Die Jugendstrafanstalt arbeitet frühzeitig, möglichst sechs Monate vor der voraussichtlichen Entlassung von jungen Gefangenen, mit Institutionen und Personen, namentlich der Bewährungshilfe, zusammen, insbesondere um den jungen Gefangenen Arbeit, eine Wohnung und ein soziales Umfeld für die Zeit nach der Entlassung zu vermitteln und um es zu ermöglichen, eine im Vollzug begonnene Behandlung fortzuführen.
(2) Hierzu können junge Gefangene nach Anhörung des Vollstreckungsleiters bis zu vier Monate freigestellt werden. Die Entlassungsfreistellung darf nur angeordnet werden, wenn junge Gefangene ihre Mitwirkungspflicht erfüllen und nicht zu befürchten ist, dass sie sich dem Vollzug der Jugendstrafe entziehen oder die Entlassungsfreistellung zu Straftaten missbrauchen werden. Für den Aufenthalt können ihnen Weisungen erteilt werden.
§ 84 Entlassungsbeihilfe
(1) Junge Gefangene erhalten, soweit ihre eigenen Mittel nicht ausreichen, bei ihrer Entlassung aus der Haft von der Jugendstrafanstalt eine Beihilfe zu den Reisekosten sowie erforderlichenfalls ausreichende Kleidung. Bedürftige junge Gefangene erhalten darüber hinaus eine Beihilfe, die sie in die Lage versetzt, ohne Inanspruchnahme fremder Hilfe ihren notwendigen Lebensunterhalt zu bestreiten, bis sie ihn voraussichtlich anderweitig decken können. Die Jugendstrafanstalt kann die Überbrückungsbeihilfe ganz oder teilweise der Bewährungshilfe oder einer mit der Entlassenenbetreuung befassten Stelle überweisen, die darüber entscheidet, wie das Geld nach der Entlassung an die jungen Gefangenen ausbezahlt wird. Die Bewährungshilfe und die mit der Entlassenenbetreuung befasste Stelle sind verpflichtet, die Überbrückungsbeihilfe von ihrem Vermögen gesondert zu halten.
(2) Der Anspruch auf Beihilfe zu den Reisekosten und die ausgezahlte Reisebeihilfe sind unpfändbar. Für den Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe und für Bargeld nach Auszahlung einer Überbrückungsbeihilfe an junge Gefangene gilt § 47 Abs. 4 Satz 1 und 3 und Abs. 5 entsprechend.
(1) Junge Gefangene sind am letzten Tag der Strafzeit möglichst frühzeitig zu entlassen.
(2) Der Entlassungszeitpunkt kann bis zu fünf Tage vorverlegt werden, wenn dringende Gründe dafür vorliegen, dass die oder der junge Gefangene zu ihrer oder seiner Eingliederung hierauf angewiesen ist. Dies ist regelmäßig anzunehmen, wenn der Entlassungszeitpunkt auf ein Wochenende oder auf einen gesetzlichen Feiertag fällt. Die Vorverlegung des Entlassungszeitpunkts muss im Hinblick auf die Länge der Strafzeit vertretbar sein.
(3) Jungen Gefangenen kann auf Antrag und mit Zustimmung der Personensorgeberechtigten nach der Entlassung vorübergehend und aus wichtigem Grund gestattet werden, eine in der Jugendstrafanstalt begonnene Ausbildungs- oder Behandlungsmaßnahme abzuschließen. Hierzu oder aus sozialen Gründen können junge Gefangene über den Entlassungszeitpunkt hinaus in der Jugendstrafanstalt verbleiben. Das gilt auch, wenn eine Wiederaufnahme nach der Entlassung vorübergehend gerechtfertigt erscheint, um das Erreichen des Erziehungsauftrags nicht erneut zu gefährden. Der Antrag, die Zustimmung der Personensorgeberechtigten und die Gestattung sind jederzeit widerruflich.
(4) Nach dem Entlassungszeitpunkt oder der Wiederaufnahme sind die Vorschriften dieses Gesetzes mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass vollzugliche Maßnahmen nicht mit unmittelbarem Zwang durchgesetzt werden dürfen.
Abschnitt 15 22c 22c
Aufhebung von Maßnahmen, Beschwerderecht und Rechtsbehelfe
§ 85a Aufhebung von Maßnahmen 22c
(1) Die Aufhebung von Maßnahmen zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiet des Vollzugs der Jugendstrafe richtet sich nach den nachfolgenden Absätzen, soweit dieses Gesetz keine abweichende Bestimmung enthält.
(2) Rechtswidrige Maßnahmen können ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(3) Rechtmäßige Maßnahmen können ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit widerrufen werden, wenn
(4) Begünstigende Maßnahmen dürfen nach Absatz 2 oder 3 nur zurückgenommen oder widerrufen werden, wenn die vollzuglichen Interessen an der Aufhebung in Abwägung mit dem schutzwürdigen Vertrauen der Betroffenen auf den Bestand der Maßnahmen überwiegen. Belastende rechtswidrige Maßnahmen sind aufzuheben, soweit hierdurch das Leben oder die Gesundheit einer Person oder die Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt nicht gefährdet wird.
§ 86 Beschwerderecht und Rechtsbehelfe
(1) Die jungen Gefangenen haben das Recht, sich mit Wünschen, Anregungen und Beschwerden in Angelegenheiten, die sie selbst betreffen, an die Anstaltsleiterin oder den Anstaltsleiter zu wenden. Regelmäßige Sprechstunden sind einzurichten.
(2) Besichtigen Vertreter der Aufsichtsbehörde die Jugendstrafanstalt, so ist zu gewährleisten, dass die jungen Gefangenen sich in sie selbst betreffenden Angelegenheiten an diese wenden können.
(3) Die Möglichkeit der Dienstaufsichtsbeschwerde bleibt unberührt. Eingaben, Beschwerden und Dienstaufsichtsbeschwerden, die nach Form oder Inhalt nicht den im Verkehr mit Behörden üblichen Anforderungen entsprechen oder bloße Wiederholungen enthalten, brauchen nicht beschieden zu werden. Die jungen Gefangenen sind entsprechend zu unterrichten. Eine Überprüfung des Vorbringens von Amts wegen bleibt unberührt.
(4) § 92 des Jugendgerichtsgesetzes über das gerichtliche Verfahren bleibt unberührt.
Abschnitt 16 22c 22c
Vollzugsentwicklung und kriminologische Forschung
§ 87 Fortentwicklung, Jugendkriminologische Forschung
(1) Der Jugendstrafvollzug ist fortzuentwickeln. Maßnahmen zur Erziehung der jungen Gefangenen sind auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse zu konzipieren, zu standardisieren und auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen.
(2) Der Jugendstrafvollzug, insbesondere seine Aufgabenerfüllung und Gestaltung, die Umsetzung seiner Leitlinien und die Erziehungsmaßnahmen sowie deren Wirkungen auf das Erziehungsziel, wird regelmäßig durch den kriminologischen Dienst in Zusammenarbeit mit Hochschulen oder anderen Stellen wissenschaftlich begleitet und erforscht.
(3) In die Untersuchung ist einzubeziehen, ob die jungen Gefangenen nach der Entlassung in der Lage sind, in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen.
(4) Die Leitung der jugendkriminologischen Forschung obliegt der Aufsichtsbehörde.
Abschnitt 17 12 22c
Vorbehaltene Sicherungsverwahrung
§ 88 Vorbehaltene Sicherungsverwahrung
(1) Ist bei Gefangenen im Vollzug der Jugendstrafe die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten, gelten die Vorschriften bei angeordneter oder vorbehaltener Sicherungsverwahrung im Vollzug der Freiheitsstrafe (§§ 97 bis 103 JVollzGB III) ent sprechend.
(2) § 7 Absatz 3 JGG bleibt unberührt.
Buch 5 12 22d
Vollzug der Sicherungsverwahrung
(JVollzGB V)
Abschnitt 1
Grundsätze
§ 1 Ziele des Vollzugs
Der Vollzug der Sicherungsverwahrung dient dem Ziel, die Gefährlichkeit der Untergebrachten für die Allgemeinheit so zu mindern, dass die Vollstreckung der Unterbringung möglichst bald zur Bewährung ausgesetzt oder für erledigt erklärt werden kann. Im Vollzug der Sicherungsverwahrung sollen die Untergebrachten fähig werden, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen.
§ 2 Gestaltung des Vollzugs 22d
(1) Die Untergebrachten sind unter Achtung ihrer Grund- und Menschenrechte zu behandeln. Niemand darf unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung unterworfen werden.
(2) Der Vollzug der Sicherungsverwahrung ist freiheitsorientiert und therapiegerichtet auszugestalten. Den Untergebrachten sind die zur Erreichung der Vollzugsziele erforderlichen Behandlungs- und Betreuungsmaßnahmen anzubieten.
(3) Das Leben im Vollzug ist den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit wie möglich anzugleichen. Es soll den Bezug zum Leben außerhalb des Vollzugs erhalten, die Untergebrachten in ihrer Eigenverantwortung stärken und ihnen helfen, sich in das Leben in Freiheit einzugliedern. Schädlichen Folgen des Freiheitsentzugs ist entgegenzuwirken. Die Untergebrachten sind vor Übergriffen zu schützen.
(4) Bei der Gestaltung des Vollzugs und bei allen Einzelmaßnahmen werden die unterschiedlichen Lebenslagen und Bedürfnisse der Untergebrachten, insbesondere im Hinblick auf Geschlecht, Alter, Herkunft, Glauben, Behinderung und sexuelle Identität, berücksichtigt.
§ 3 Mitwirkung und Motivierung
(1) Die Erreichung der Vollzugsziele erfordert die Mitwirkung der Untergebrachten. Ihre Bereitschaft hierzu ist fortwährend zu wecken und zu fördern. Die Motivationsmaßnahmen sind zu dokumentieren.
(2) Zur Motivierung können auch besondere Ver günstigungen gewährt oder bereits gewährte besondere Vergünstigungen wieder entzogen werden. Die Ansprüche der Untergebrachten nach diesem Gesetz bleiben unberührt.
§ 4 Stellung der Untergebrachten
(1) Die Untergebrachten unterliegen den in diesem Gesetz vorgesehenen Beschränkungen ihrer Freiheit. Soweit das Gesetz eine besondere Regelung nicht enthält, dürfen ihnen nur solche Beschränkungen auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der Ordnung der Justizvollzugsanstalt oder zum Schutz der Allgemeinheit vor erheblichen Straftaten unerlässlich sind.
(2) Von mehreren geeigneten Maßnahmen ist diejenige zu wählen, die die Untergebrachten voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. Eine Maß- nahme darf nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem angestrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht. Sie ist nur so lange zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist oder nicht mehr erreicht werden kann.
Abschnitt 2 22d
Aufnahme, Vollzugsplanung und Verlegung
§ 5 Aufnahmeverfahren
(1) Bei der Aufnahme werden die Untergebrachten über ihre Rechte und Pflichten in einer für sie verständlichen Form unterrichtet. Mit den Untergebrachten ist unverzüglich ein Zugangsgespräch zu führen, in dem sie auch über die Ausgestaltung der Unterbringung informiert werden.
(2) Nach der Aufnahme werden die Untergebrachten alsbald ärztlich untersucht und der Anstaltsleiterin oder dem Anstaltsleiter oder den von diesen beauftragten Bediensteten vorgestellt. Beim Aufnahmeverfahren und bei der ärztlichen Untersuchung dürfen andere Untergebrachte oder Gefangene nicht zugegen sein; Ausnahmen bedürfen der Zustimmung der oder des Untergebrachten.
§ 6 Behandlungsuntersuchung
(1) An das Aufnahmeverfahren schließt sich zur Vorbereitung der Vollzugsplanung unverzüglich eine umfassende Behandlungsuntersuchung unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Erkenntnisse an.
(2) Die Behandlungsuntersuchung erstreckt sich auf alle Umstände, deren Kenntnis für eine planvolle Behandlung der Untergebrachten und für die Beurteilung ihrer Gefährlichkeit maßgeblich sind. Im Rahmen der Behandlungsuntersuchung sind insbeson dere die Ursachen der Straftaten, die individuellen Risikofaktoren sowie der Behandlungsbedarf, die Behandlungsfähigkeit und die Behandlungsmotiva tion der Untergebrachten festzustellen. Gleichzeitig sollen die Fähigkeiten der Untergebrachten ermittelt werden, deren Stärkung ihrer Gefährlichkeit entgegenwirken kann. Erkenntnisse aus vorangegangenen Freiheitsentziehungen sind einzubeziehen.
(3) Bei der Behandlungsuntersuchung wirken Bedienstete verschiedener Fachrichtungen in enger Abstimmung zusammen. Soweit dies erforderlich ist, sind externe Fachkräfte einzubeziehen. Die Untergebrachten wirken an der Behandlungsuntersuchung mit.
§ 7 Vollzugsplan
(1) Aufgrund der Behandlungsuntersuchung wird unverzüglich ein Vollzugsplan erstellt, der die individuellen Behandlungsziele festlegt und die zu ihrer Erreichung geeigneten und erforderlichen Maßnahmen benennt. Der Vollzugsplan enthält mindestens Angaben über
(2) Der Vollzugsplan ist fortlaufend auf seine Umsetzung hin zu überprüfen und mit der Entwicklung der Untergebrachten sowie mit weiteren für die Behandlung bedeutsamen Erkenntnissen in Einklang zu halten. Hierfür sind im Vollzugsplan angemessene Fris ten vorzusehen, die sechs Monate nicht übersteigen sollen.
(3) Zur Vorbereitung der Aufstellung und Fortschreibung des Vollzugsplans werden Konferenzen mit den an der Vollzugsgestaltung maßgeblich Beteiligten durchgeführt. An der Behandlung mitwirkende Personen außerhalb des Vollzugs sollen in die Planung einbezogen werden; sie können mit Zustimmung der Untergebrachten auch an den Konferenzen beteiligt werden.
(4) Der Vollzugsplan wird mit der Billigung durch die Anstaltsleiterin oder den Anstaltsleiter wirksam. Die Aufsichtsbehörde kann sich vorbehalten, dass der Vollzugsplan in bestimmten Fällen erst mit ihrer Zustimmung wirksam wird.
(5) Die Vollzugsplanung wird mit den Untergebrachten erörtert. Ihnen wird Gelegenheit gegeben, eine Stellungnahme in der Vollzugsplankonferenz abzugeben. Der Vollzugsplan ist ihnen auszuhändigen.
§ 8 Behandlung
(1) Den Untergebrachten sind die zur Erreichung der Vollzugsziele erforderlichen Behandlungsmaßnahmen anzubieten. Diese haben wissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen. Soweit standardisierte Angebote nicht ausreichen oder keinen Erfolg versprechen, sind individuelle Behandlungsangebote zu entwickeln.
(2) Bei der Behandlung wirken Bedienstete verschiedener Fachrichtungen in enger Abstimmung zusammen. Soweit dies erforderlich ist, sind externe Fachkräfte einzubeziehen. Die Untergebrachten wirken an ihrer Behandlung mit.
(3) Den Untergebrachten sollen Bedienstete als feste Ansprechpartner zur Verfügung stehen.
§ 9 Sozialtherapeutische Behandlung
Den Untergebrachten sind sozialtherapeutische Behandlungsmaßnahmen anzubieten, wenn dies aus behandlerischen Gründen angezeigt ist. Die Behandlung soll in einer für den Vollzug der Sicherungsverwahrung zuständigen Justizvollzugsanstalt erfolgen.
§ 10 Verlegung, Überstellung und Ausantwortung 22d
(1) Untergebrachte können abweichend vom Vollstreckungsplan in eine andere für den Vollzug der Sicherungsverwahrung zuständige Justizvollzugsanstalt verlegt oder überstellt werden, wenn
(2) Untergebrachte dürfen ausnahmsweise in eine für den Vollzug anderer Freiheitsentziehungen zustän dige Justizvollzugsanstalt, Teilanstalt, Außenstelle oder Abteilung verlegt oder überstellt werden
Die Unterbringungsbedingungen sollen sich im Rahmen der vorhandenen Gegebenheiten von denen der Strafgefangenen unterscheiden, soweit dies mit der Aufgabenerfüllung der aufnehmenden Anstalt vereinbar ist. Im Übrigen bleiben die Rechte der Untergebrachten nach diesem Gesetz unberührt.
(3) Untergebrachte können mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde in ein anderes Land verlegt werden, wenn die Voraussetzungen der Absätze 1 oder 2 vorliegen und die zuständige Behörde des anderen Landes zustimmt.
(4) In begründeten Fällen ist das befristete Überlassen von Untergebrachten in den Gewahrsam einer Polizei-, Zoll- oder Finanzbehörde zulässig. Die Jus tizvoll zugsanstalt kann zur Durchführung der Ausantwortung Anordnungen treffen.
§ 11 Vollzugsöffnende Maßnahmen 22d
(1) Vollzugsöffnende Maßnahmen sind insbesondere
(2) Vollzugsöffnende Maßnahmen nach Absatz 1 werden zur Erreichung der Vollzugsziele mit Zustimmung der Untergebrachten gewährt, sobald und soweit zwingende Gründe nicht entgegenstehen, insbesondere konkrete Anhaltspunkte die Gefahr begründen, dass die Untergebrachten sich dem Vollzug der Sicherungsverwahrung entziehen oder die vollzugsöffnenden Maßnahmen zur Begehung erheb licher Straftaten missbrauchen werden.
(3) Werden vollzugsöffnende Maßnahmen nach Absatz 1 nicht gewährt, ist den Untergebrachten das Verlassen der Justizvollzugsanstalt für eine bestimmte Tageszeit unter ständiger und unmittelbarer Aufsicht durch Vollzugsbedienstete (Ausführung) zu gestatten. Ausführungen erfolgen mindestens vier Mal im Jahr. Sie dienen der Erhaltung der Lebenstüchtigkeit, der Förderung der Mitwirkung an der Behandlung oder der Vorbereitung weiterer vollzugsöffnender Maßnahmen und dürfen nur versagt werden, wenn konkrete Anhaltspunkte die Gefahr begründen, dass die Untergebrachten sich trotz besonderer Vorkehrungen dem Vollzug der Sicherungsverwahrung entziehen oder die Ausführung zu erheblichen Straftaten missbrauchen werden. Die Ausführungen unterbleiben auch dann, wenn die zur Sicherung erforderlichen Maßnahmen den Zweck der Ausführung gefährden.
(4) Durch vollzugsöffnende Maßnahmen wird die Vollstreckung der Sicherungsverwahrung nicht unterbrochen.
§ 12 Vollzugsöffnende Maßnahmen aus wichtigem Anlass
(1) Vollzugsöffnende Maßnahmen können auch aus wichtigem Anlass gewährt werden. Wichtige An lässe sind insbesondere die Teilnahme an gericht lichen Terminen, die medizinische Behandlung der Untergebrachten sowie der Tod oder die lebensgefährliche Erkrankung naher Angehöriger der Untergebrachten.
(2) § 11 Absatz 2 und 3 gilt entsprechend.
(3) Ausführungen aus wichtigem Anlass sind auch ohne Zustimmung der Untergebrachten zulässig, wenn dies aus besonderen Gründen notwendig ist.
§ 13 Freistellung aus der Unterbringung und Verlegung in den offenen Vollzug zur Vorbereitung der Entlassung 22d
(1) Die Justizvollzugsanstalt kann den Untergebrachten nach Anhörung der Vollstreckungsbehörde zur Vorbereitung der Entlassung Freistellung aus der Unterbringung bis zu sechs Monaten gewähren. Bei Vorliegen besonderer Gründe kann die Freistellung durch die Justizvollzugsanstalt um weitere bis zu sechs Monate verlängert werden. § 11 Absatz 2 und 4 gilt entsprechend.
(2) Den Untergebrachten sollen für die Freistellung nach Absatz 1 Weisungen erteilt werden. Sie können insbesondere angewiesen werden, sich einer von der Justizvollzugsanstalt bestimmten Betreuungsperson zu unterstellen, sich an bestimmten Orten oder in bestimmten Einrichtungen außerhalb des Vollzugs aufzuhalten und jeweils für kurze Zeit in die Justizvollzugsanstalt zurückzukehren. Die Freistellung nach Absatz 1 wird widerrufen, wenn dies die Behandlung erfordert.
(3) Zur Entlassungsvorbereitung können Untergebrachte mit ihrer Zustimmung in Anstalten oder Abteilungen des offenen Vollzugs untergebracht werden, wenn sie dessen besonderen Anforderungen genügen, insbesondere nicht zu befürchten ist, dass sie sich dem Vollzug der Sicherungsverwahrung entziehen oder die Unterbringung im offenen Vollzug zu erheblichen Straftaten missbrauchen werden.
(1) Die Justizvollzugsanstalt kann für die vollzugsöffnenden Maßnahmen Weisungen erteilen.
(1a) Bei Ausführungen ohne angeordnete Fesselung kann die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter Untergebrachten die Weisung erteilen, die für eine elektronische Überwachung des Aufenthaltsorts erforder lichen technischen Mittel ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen, wenn dies erforderlich ist, um die Untergebrachten davon abzuhalten, sich dem Vollzug der Sicherungsverwahrung zu entziehen.
(2) Bei der Ausgestaltung der vollzugsöffnenden Maßnahmen ist den Belangen des Opfers Rechnung zu tragen.
§ 15 Zustimmung der Aufsichtsbehörde
Die Aufsichtsbehörde kann sich vorbehalten, dass in bestimmten Fällen die Entscheidung über die Verlegung in den offenen Vollzug, die Gewährung vollzugsöffnender Maßnahmen mit Ausnahme der Ausführung sowie die Gewährung von vollzugsöffnenden Maßnahmen aus wichtigem Anlass und zur Vorbereitung der Entlassung erst mit ihrer Zustimmung wirksam wird.
Abschnitt 3 22d 22d
Unterbringung und Grundversorgung
§ 16 Unterbringung
(1) Untergebrachte werden im geschlossenen Vollzug untergebracht.
(2) Die Untergebrachten erhalten ein Zimmer zur alleinigen Nutzung. Die Zimmer sind so zu gestalten, dass den Untergebrachten ausreichender Raum zum Wohnen und Schlafen zur Verfügung steht. Ein baulich abgetrennter Sanitärbereich ist vorzusehen.
(3) Sofern Untergebrachte hilfsbedürftig sind oder für sie eine Gefahr für Leben oder Gesundheit besteht, können sie mit anderen gemeinsam untergebracht werden, wenn diese zustimmen. Bei Hilfsbedürftigkeit bedarf es der Zustimmung beider Untergebrachter.
§ 17 Ausstattung des Zimmers, persönlicher Besitz 22d
Die Untergebrachten dürfen ihr Zimmer in angemessenem Umfang mit eigenen Gegenständen ausstatten. Hierdurch dürfen die Übersichtlichkeit des Zimmers sowie die Sicherheit und Ordnung der Justizvollzugsanstalt nicht beeinträchtigt werden. § 54 Absatz 3 gilt entsprechend.
Die Untergebrachten dürfen eigene Kleidung tragen und eigene Bettwäsche benutzen, soweit sie für Reinigung und Instandsetzung auf eigene Kosten sowie für regelmäßigen Wechsel sorgen. Für die Arbeitszeit kann das Tragen von Anstaltskleidung angeordnet werden. Bei weiterem Bedarf oder auf Antrag der Untergebrachten stellt die Justizvollzugsanstalt Kleidung und Bettwäsche zur Verfügung und ordnet diese persönlich zu.
§ 19 Verpflegung
(1) Die Untergebrachten nehmen an der Gemeinschaftsverpflegung der Justizvollzugsanstalt teil. Sie sind gesund zu ernähren. Auf ärztliche Anordnung wird ihnen eine besondere Verpflegung gewährt. Ihnen wird ermöglicht, Speisevorschriften ihrer Religionsgemeinschaft zu befolgen.
(2) Den Untergebrachten kann gestattet werden, sich selbst zu verpflegen, soweit nicht die Sicherheit oder schwerwiegende Gründe der Ordnung der Justizvollzugsanstalt entgegenstehen. Die Untergebrachten sollen angeleitet werden, sich gesund zu ernähren.
(3) Soweit Untergebrachte sich selbst verpflegen, tragen sie die Kosten und werden von der Gemeinschaftsverpflegung ausgenommen. Die Justizvollzugsanstalt unterstützt die Untergebrachten durch einen zweckgebundenen Zuschuss mindestens in Höhe der ersparten Sachaufwendungen. Die Justizvollzugsanstalt kann stattdessen Lebensmittel zur Verfügung stellen.
§ 20 Einkauf
(1) Die Untergebrachten erhalten die Möglichkeit, unter Vermittlung der Justizvollzugsanstalt in angemessenem Umfang einzukaufen. Die Justizvollzugsanstalt wirkt auf ein Angebot hin, das auf die Wünsche und Bedürfnisse der Untergebrachten Rücksicht nimmt. Der Einkauf kann in Form eines Listeneinkaufs durchgeführt werden.
(2) Gegenstände, die die Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt gefährden, sind vom Einkauf ausgeschlossen.
(3) Für den Einkauf dürfen die Untergebrachten ihr Hausgeld nach § 49 Absatz 2, ihr Taschengeld nach § 49 Absatz 1 und ihr Sondergeld nach § 50 Absatz 1 sowie ihr Eigengeld, soweit dieses nicht als Überbrückungsgeld notwendig ist (§ 48), verwenden.
§ 21 Tageseinteilung und Bewegungsfreiheit
(1) Die Untergebrachten sollen durch die Tageseinteilung an eine eigenverantwortliche Lebensführung herangeführt werden. Die Tageseinteilung umfasst insbesondere Zeiten der Behandlung, Beschäftigung und Freizeit sowie der Nachtruhe.
(2) Außerhalb der Nachtruhe dürfen sich die Untergebrachten in den für sie vorgesehenen Bereichen der Justizvollzugsanstalt einschließlich des Außenbereichs frei bewegen. Einschränkungen sind zulässig, soweit es die Sicherheit oder schwerwiegende Gründe der Ordnung der Justizvollzugsanstalt erfordern oder ein schädlicher Einfluss auf andere Untergebrachte zu befürchten ist.
Abschnitt 4 22d
Verkehr mit der Außenwelt
§ 22 Pflege sozialer Beziehungen, Besuche
(1) Die Untergebrachten haben das Recht, Kontakte mit Personen außerhalb der Justizvollzugsanstalt im Rahmen der Bestimmungen dieses Gesetzes zu pflegen. Der Kontakt zu Angehörigen und Personen, von denen ein günstiger Einfluss auf die Untergebrachten erwartet werden kann, wird gefördert.
(2) Die Untergebrachten dürfen regelmäßig Besuch empfangen. Die Gesamtdauer des Besuchs beträgt mindestens zehn Stunden im Monat.
(3) Besuche sollen darüber hinaus zugelassen werden, wenn sie die Behandlung oder Eingliederung der Untergebrachten fördern oder persönlichen, rechtlichen oder geschäftlichen Angelegenheiten dienen, die von den Untergebrachten weder schriftlich erledigt, noch durch Dritte wahrgenommen oder bis zur Entlassung aufgeschoben werden können.
(4) Den Untergebrachten sollen über Absatz 2 hinausgehende mehrstündige unbeaufsichtigte Besuche (Langzeitbesuche) ermöglicht werden, wenn dies zur Förderung familiärer, partnerschaftlicher oder ihnen gleichzusetzender Kontakte der Untergebrachten geboten erscheint und die Untergebrachten hierfür geeignet sind.
(5) Aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt kann ein Besuch davon ab hängig gemacht werden, dass sich die Besucherin oder der Besucher durchsuchen oder mit technischen Mitteln oder sonstigen Hilfsmitteln auf verbotene Gegenstände absuchen lässt. Aus den gleichen Gründen kann die Anzahl der gleichzeitig zu einem Besuch zugelassenen Personen beschränkt werden.
§ 23 Verbot von Besuchen
Die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter kann Besuche untersagen,
§ 24 Überwachung von Besuchen
(1) Besuche dürfen aus Gründen der Behandlung oder der Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt überwacht werden, es sei denn, es liegen im Einzelfall Erkenntnisse dafür vor, dass es der Überwachung nicht bedarf. Die Unterhaltung darf überwacht werden, soweit dies im Einzelfall aus den in Satz 1 genannten Gründen erforderlich ist.
(2) Die optische Überwachung von Besuchen kann durch technische Hilfsmittel erfolgen. Auf eine Überwachung nach Satz 1 sind die Untergebrachten und ihre Besucher vorher hinzuweisen. Zur Verhinderung der Übergabe von Gegenständen können besondere Vorkehrungen, insbesondere durch Tischaufsätze oder Trennscheiben, getroffen werden, wenn bei der oder dem Untergebrachten verbotene Gegenstände gefunden wurden oder sonst konkrete Anhaltspunkte vorliegen, dass es zu einer verbotenen Übergabe von Gegenständen kommt.
(3) Gegenstände dürfen beim Besuch nur mit Erlaubnis der Justizvollzugsanstalt übergeben werden. Untergebrachten dürfen Nahrungs- und Genussmittel in geringer Menge übergeben werden. Die Justizvollzugsanstalt kann anordnen, dass die Nahrungs- und Genussmittel durch ihre Vermittlung beschafft werden.
(4) Ein Besuch darf abgebrochen werden, wenn Untergebrachte oder ihre Besucherinnen oder Besucher gegen Vorschriften dieses Gesetzes oder aufgrund dieses Gesetzes getroffene Anordnungen trotz Ermahnung verstoßen. Einer Ermahnung bedarf es nicht, wenn es unerlässlich ist, den Besuch sofort abzubrechen.
§ 25 Besuche bestimmter Personen
(1) Besuche von Verteidigern sowie von Rechtsanwälten und Notaren in einer die Untergebrachte oder den Untergebrachten betreffenden Rechtssache sind zu gestatten. Die Justizvollzugsanstalt kann die Modalitäten der Besuche entsprechend ihren organisatorischen Möglichkeiten regeln. Der Besuch kann davon abhängig gemacht werden, dass sich die Be sucher vorher aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt durchsuchen oder mit technischen Mitteln oder sonstigen Hilfsmitteln auf verbotene Gegenstände absuchen lassen. Eine Kenntnisnahme vom gedanklichen Inhalt der von Verteidigern mitgeführten Schriftstücke und sonstigen Unterlagen ist unzulässig.
(2) Besuche von Verteidigern werden nicht überwacht. Zur Übergabe von Schriftstücken und sons tigen Unterlagen bedürfen Verteidiger, Rechtsanwälte und Notare keiner Erlaubnis, sofern dies unmittelbar der Vorbereitung oder Durchführung der Verteidigung oder der Erledigung einer die Untergebrachte oder den Untergebrachten betreffenden Rechtssache dient. Beim Besuch von Rechtsanwälten und Notaren kann die Übergabe von Schriftstücken oder sonstigen Unterlagen aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt von der Erlaubnis abhängig gemacht werden.
(3) § 27 Absatz 2 Satz 3 bleibt unberührt.
§ 26 Recht auf Schriftwechsel
(1) Untergebrachte haben das Recht, unbeschränkt Schreiben abzusenden und zu empfangen.
(2) Die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter kann den Schriftwechsel mit bestimmten Personen untersagen,
(3) Die Kosten des Schriftwechsels tragen die Untergebrachten. Sind sie dazu nicht in der Lage, kann die Justizvollzugsanstalt die Kosten in begründeten Fällen in angemessenem Umfang übernehmen.
§ 27 Überwachung des Schriftwechsels 21d
(1) Der Schriftwechsel der Untergebrachten darf überwacht werden, soweit dies aus Gründen der Behandlung oder aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt erforderlich ist.
(2) Der Schriftwechsel der Untergebrachten mit ihren Verteidigern wird nicht überwacht. Die Schreiben dürfen, ohne sie zu öffnen, auf verbotene Gegenstände untersucht werden. Liegt dem Vollzug der Sicherungsverwahrung eine Straftat nach § 129a StGB, auch in Verbindung mit § 129a Absatz 1 StGB, zugrunde, gelten § 148 Absatz 2 und § 148a StPO entsprechend; dies gilt nicht, wenn die Untergebrachten sich in einer Einrichtung des offenen Vollzugs befinden, ihnen vollzugsöffnende Maßnahmen oder Freistellung aus der Unterbringung nach § 13 Absatz 1 gewährt worden sind und ein Grund, der die Anstaltsleiterin oder den Anstaltsleiter zum Widerruf oder zur Rücknahme von vollzugsöffnenden Maßnahmen oder der Freistellung ermächtigt, nicht vorliegt.
(3) Absatz 2 gilt entsprechend für Schreiben von Untergebrachten an
wenn die Schreiben an die Anschriften dieser Stellen gerichtet sind und den Absender zutreffend angeben. Schreiben der in Satz 1 genannten Stellen, die an Untergebrachte gerichtet sind, dürfen nicht überwacht werden, wenn die Identität des Absenders zweifelsfrei feststeht.
§ 28 Weiterleitung und Aufbewahrung von Schreiben
(1) Die Untergebrachten haben Absendung und Empfang ihrer Schreiben durch die Justizvollzugsanstalt vermitteln zu lassen, soweit nichts anderes gestattet ist.
(2) Eingehende und ausgehende Schreiben sind unverzüglich weiterzuleiten.
(3) Die Untergebrachten haben eingehende Schreiben unverschlossen zu verwahren, sofern nichts anderes gestattet wird. Die Schreiben können auch verschlossen zur Habe gegeben werden.
§ 29 Anhalten von Schreiben 22d
(1) Schreiben können angehalten werden, wenn
(2) Eingehende Schreiben können angehalten und durch Fotokopien ersetzt werden, wenn der Verdacht besteht, dass von ihrer Beschaffenheit eine Gesundheitsgefahr ausgeht.
(3) Ausgehenden Schreiben, die unrichtige Darstellungen enthalten, kann ein Begleitschreiben beigefügt werden, wenn die oder der Untergebrachte auf die Absendung besteht.
(4) Ist ein Schreiben angehalten worden, wird dies der oder dem Untergebrachten mitgeteilt. Hiervon kann vorübergehend abgesehen werden, wenn dies die Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt erfordert. Angehaltene Schreiben werden an die Absenderin oder den Absender zurückgegeben oder, sofern dies unmöglich oder aus besonderen Gründen untunlich ist, behördlich verwahrt.
(5) Schreiben, deren Überwachung ausgeschlossen ist, dürfen nicht angehalten werden.
§ 30 Telefongespräche
(1) Den Untergebrachten ist zu gestatten, Telefongespräche unter Vermittlung der Justizvollzugsanstalt zu führen. Beschränkungen zu Zeiten der Nachtruhe sind zulässig. Die Vorschriften über die Über wachung, Untersagung und den Abbruch des Besuchs gelten entsprechend. Eine beabsichtigte Überwachung teilt die Justizvollzugsanstalt den Untergebrachten rechtzeitig vor Beginn des Telefongesprächs und den Gesprächspartnern der Untergebrachten unmittelbar nach Herstellung der Verbindung mit.
(2) Die Kosten der Telefongespräche tragen die Untergebrachten. Sind sie dazu nicht in der Lage, kann die Justizvollzugsanstalt die Kosten in begründeten Fällen in angemessenem Umfang übernehmen.
§ 30a Andere Formen der Telekommunikation 22d
Die Zulassung anderer Formen der Telekommunikation im Sinne des Telekommunikationsgesetzes in der Anstalt bedarf der Zustimmung der Aufsichtsbehörde. Nach Zulassung kann die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter den Untergebrachten gestatten, diese Formen auf ihre Kosten zu nutzen. Eine Gestattung ist ausgeschlossen, wenn hierdurch die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet wäre. Im Übrigen finden die Bestimmungen dieses Abschnitts entsprechende Anwendung, soweit die andere Form der Telekommunikation dem Wesen der dort geregelten Kommunikationsform entspricht.
§ 31 Pakete
(1) Den Untergebrachten ist zu gestatten, Pakete zu empfangen. Die Justizvollzugsanstalt kann Anzahl, Gewicht und Größe von Sendungen festsetzen und einzelne Gegenstände vom Paketempfang ausnehmen, soweit die Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt oder die Erreichung der Vollzugsziele gefährdet wäre.
(2) Pakete sind in Gegenwart der oder des Untergebrachten zu öffnen. Ausgeschlossene Gegenstände können zur Habe genommen oder an die Absenderin oder den Absender zurückgesandt werden. Nicht ausgehändigte Gegenstände, durch die bei der Aufbewahrung Personen verletzt oder Sachschäden verursacht werden können oder die verderblich sind, dürfen vernichtet werden. Die hiernach getroffenen Maßnahmen werden der oder dem Untergebrachten eröffnet.
(3) Den Untergebrachten ist zu gestatten, Pakete zu versenden. Der Versand kann aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt untersagt werden. Zu diesem Zweck kann der Inhalt überprüft werden.
(4) Die Kosten des Paketverkehrs tragen die Untergebrachten. Sind sie dazu nicht in der Lage, kann die Justizvollzugsanstalt die Kosten in begründeten Fällen in angemessenem Umfang übernehmen.
Abschnitt 5 22d
Religionsausübung
§ 32 Seelsorge
(1) Den Untergebrachten darf religiöse Betreuung durch eine Seelsorgerin oder einen Seelsorger ihrer Religionsgemeinschaft nicht versagt werden. Ihnen ist auf Wunsch zu helfen, mit einer Seelsorgerin oder einem Seelsorger ihrer Religionsgemeinschaft in Verbindung zu treten. Das Beicht- und Seelsorgegeheimnis ist unverletzlich.
(2) Die Untergebrachten dürfen grundlegende religiöse Schriften besitzen. Diese dürfen ihnen nur bei grobem Missbrauch entzogen werden.
(3) Den Untergebrachten sind Gegenstände des religiösen Gebrauchs in angemessenem Umfang zu belassen.
§ 33 Religiöse Veranstaltungen
(1) Die Untergebrachten haben das Recht, am Gottesdienst und an anderen religiösen Veranstaltungen ihres Bekenntnisses teilzunehmen.
(2) Die Untergebrachten werden zu dem Gottesdienst oder zu religiösen Veranstaltungen einer anderen Religionsgemeinschaft zugelassen, wenn deren Seelsorgerin oder Seelsorger zustimmt.
(3) Die Untergebrachten können von der Teilnahme am Gottesdienst oder anderen religiösen Veranstaltungen ausgeschlossen werden, wenn dies aus überwiegenden Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt geboten ist; die Seelsorgerin oder der Seelsorger soll vorher gehört werden.
§ 34 Weltanschauungsgemeinschaften
Für Angehörige weltanschaulicher Bekenntnisse gelten die §§ 32 und 33 entsprechend.
Abschnitt 6 22d 22d
Gesundheitsfürsorge
§ 35 Gesunde Lebensführung
(1) Den Untergebrachten ist die Bedeutung einer gesunden Lebensführung in geeigneter Form zu vermitteln. Sie sind insbesondere über die schädlichen Wirkungen des Suchtmittelkonsums aufzuklären.
(2) Die Justizvollzugsanstalt kann Anordnungen zum Gesundheitsschutz und zur Hygiene treffen.
§ 36 Anspruch auf medizinische Leistung
(1) Die Untergebrachten haben einen Anspruch auf notwendige, ausreichende und zweckmäßige medizinische Versorgung unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit. Der Anspruch umfasst Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten und Vorsorgeleistungen. Die Beurteilung der Notwendigkeit orientiert sich an der Versorgung der gesetzlich Versicherten. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen werden erbracht, soweit die Belange des Vollzugs dem nicht entgegenstehen.
(2) Der Anspruch nach Absatz 1 umfasst die Versorgung mit Hilfsmitteln nach § 33 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, wenn dies nicht mit Rücksicht auf die Kürze des Freiheitsentzugs unangemessen ist.
(3) An den Kosten für medizinische Leistungen können die Untergebrachten in angemessenem Umfang beteiligt werden, höchstens jedoch bis zum Umfang der Beteiligung gesetzlich Versicherter.
§ 37 Krankenhausbehandlung außerhalb vollzuglicher Einrichtungen 22d
Soweit eine Verlegung oder Überstellung nach § 10 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 nicht ausreicht, können Untergebrachte für die notwendige Dauer einer Behandlung oder Versorgung in ein Krankenhaus außerhalb des Justizvollzugs gebracht werden. Ambulante Behandlungen und Untersuchungen in einem Krankenhaus außerhalb des Justizvollzugs, die zur Prüfung der besseren Behandlung einer Erkrankung oder zur besseren Versorgung bei Pflege- oder Hilfebedarf in einem Justizvollzugskrankenhaus erforderlich sind, bleiben unberührt. Eine möglichst rasche Rückverlegung in ein Justizvollzugskrankenhaus oder eine sonstige Justizvollzugsanstalt ist anzustreben.
§ 38 Anspruch auf Krankenbehandlung in besonderen Fällen
(1) Während einer Freistellung oder eines Ausgangs haben Untergebrachte einen Anspruch auf Krankenbehandlung in der für sie zuständigen Justizvollzugsanstalt.
(2) Der Anspruch auf Leistungen nach § 36 ruht, solange Untergebrachte aufgrund eines freien Beschäftigungsverhältnisses krankenversichert sind.
§ 39 Medizinische Behandlung zur sozialen Eingliederung
Mit Zustimmung der Untergebrachten soll die Justizvollzugsanstalt medizinische Behandlungen, insbesondere Operationen oder prothetische Maßnahmen, durchführen lassen, die die soziale Eingliederung der Untergebrachten fördern. Die Kosten tragen die Untergebrachten. Sind sie dazu nicht in der Lage, kann die Justizvollzugsanstalt die Kosten in begründeten Fällen in angemessenem Umfang übernehmen.
§ 40 Benachrichtigung bei Krankheit oder Todesfall
(1) Erkranken Untergebrachte schwer, ist eine Angehörige oder ein Angehöriger, eine Vertrauensperson oder eine gesetzliche Vertreterin oder ein gesetzlicher Vertreter unverzüglich zu benachrichtigen. Hier von kann auf Wunsch der oder des Untergebrachten abgesehen werden. Im Falle des Todes von Untergebrachten ist eine der in Satz 1 genannten Personen unverzüglich zu benachrichtigen.
(2) Dem Wunsch von Untergebrachten, auch andere Personen zu benachrichtigen, soll nach Möglichkeit entsprochen werden.
Abschnitt 7 22d
Soziale Hilfe
§ 41 Soziale Hilfe
(1) Die soziale Hilfe der Justizvollzugsanstalt soll darauf gerichtet sein, die Untergebrachten in die Lage zu versetzen, ihre persönlichen Angelegenheiten selbst zu regeln.
(2) Bei der Aufnahme wird den Untergebrachten geholfen, die notwendigen Maßnahmen für hilfsbedürftige Angehörige zu veranlassen und ihre Habe außerhalb der Justizvollzugsanstalt sicherzustellen.
(3) Den Untergebrachten ist eine Beratung in für sie bedeutsamen rechtlichen und sozialen Fragestellungen zu ermöglichen. Ihnen ist zu helfen, für Unterhaltsberechtigte zu sorgen, Schulden zu regulieren und den durch die Straftat verursachten Schaden zu regeln. Die Beratung soll hierbei auch die Benennung von Stellen und Einrichtungen außerhalb der Justizvollzugsanstalt umfassen.
(4) Aufgrund der Behandlungsuntersuchung oder auf Wunsch können suchtgefährdete oder süchtige Untergebrachte Suchtberatung und Vermittlung in Therapieeinrichtungen des Justizvollzugs oder anderer Träger erhalten.
Abschnitt 8
Beschäftigung und Vergütung
§ 42 Beschäftigung
(1) Die Untergebrachten sind nicht zur Arbeit verpflichtet.
(2) Den Untergebrachten sollen Arbeit, arbeitstherapeutische Maßnahmen sowie schulische und berufliche Bildung (Beschäftigung) angeboten werden, die ihre Fähigkeiten, Fertigkeiten und Neigungen berücksichtigen.
(3) Die Beschäftigung soll insbesondere dazu dienen, die Fähigkeiten und Fertigkeiten für eine regelmäßige Erwerbstätigkeit zur Sicherung des Lebensunterhalts nach der Entlassung und eine geordnete Tagesstruktur zu vermitteln, zu fördern und zu erhalten.
(4) Den Untergebrachten ist zu gestatten, sich selbst zu beschäftigen, soweit nicht die Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt oder die Er reichung der Vollzugsziele gefährdet werden.
(5) Den Untergebrachten kann gestattet werden, einem freien Beschäftigungsverhältnis außerhalb der Justizvollzugsanstalt nachzugehen. § 11 Absatz 1 Nummer 3 und Absatz 2 gilt entsprechend.
§ 43 Unterricht, Zeugnisse
(1) Für geeignete Untergebrachte soll Unterricht in den zum Hauptschulabschluss führenden Fächern, ein der Förderschule entsprechender Unterricht oder nach Möglichkeit Unterricht zur Erlangung anderer staatlich anerkannter Schulabschlüsse vorgesehen werden. Bei der beruflichen Ausbildung ist berufsbildender Unterricht vorzusehen; dies gilt auch für die berufliche Weiterbildung, soweit die Art der Maßnahme es erfordert.
(2) Aus Gründen der Integration und zur Förderung der Sprachkompetenz sollen Untergebrachten, soweit erforderlich, Deutschkurse angeboten werden.
(3) Bildungsmaßnahmen sollen während der Beschäftigungszeit stattfinden.
(4) Aus dem Zeugnis über eine Bildungsmaßnahme darf der Vollzug der Sicherungsverwahrung nicht erkennbar sein.
§ 44 Freistellung von der Beschäftigung
(1) Haben Untergebrachte ein halbes Jahr lang eine Beschäftigung nach § 42 Absatz 2 ausgeübt, so können sie beanspruchen, zwölf Werktage von der Beschäftigung freigestellt zu werden. Zeiten, in denen Untergebrachte infolge Krankheit an der Beschäftigung verhindert waren, werden auf das Halbjahr mit bis zu drei Wochen angerechnet. Zeiten, in denen Untergebrachte die angebotene Beschäftigung aus anderen Gründen nicht ausgeübt haben, können in angemessenem Umfang angerechnet werden.
(2) Auf die Zeit der Freistellung von der Beschäftigung wird Freistellung aus der Unterbringung angerechnet, soweit sie in die Beschäftigungszeit fällt und nicht wegen einer lebensgefährlichen Erkrankung oder des Todes einer oder eines Angehörigen erteilt worden ist.
(3) Die Untergebrachten erhalten für die Zeit der Freistellung ihre zuletzt gezahlte Vergütung weiter.
(4) Urlaubsregelungen aus freien Beschäftigungsverhältnissen außerhalb des Vollzugs bleiben unberührt.
§ 45 Vergütung
(1) Untergebrachte, die eine angebotene Arbeit oder arbeitstherapeutische Beschäftigung ausüben, erhalten ein Arbeitsentgelt. Der Bemessung des Arbeits entgelts sind 16 Prozent der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch zugrunde zu legen (Eckvergütung). Ein Tagessatz ist der zweihundertfünfzigste Teil der Eckvergütung; das Arbeits entgelt kann nach einem Stundensatz bemessen werden.
(2) Das Arbeitsentgelt kann je nach Leistung der Untergebrachten und der Art der Arbeit gestuft werden. 75 Prozent der Eckvergütung dürfen nicht unterschritten werden. Die Höhe des Arbeitsentgelts ist den Untergebrachten schriftlich bekannt zu geben.
(3) Das Justizministerium wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Ministerium für Finanzen und Wirtschaft Vergütungsstufen und die Höhe der Vergütung in den einzelnen Vergütungsstufen, ein schließlich der Gewährung von Zulagen, durch Rechtsverordnung zu bestimmen.
§ 46 Ausbildungsbeihilfe
(1) Nehmen Untergebrachte während der Beschäftigungszeit an einer schulischen oder beruflichen Bildungsmaßnahme teil, so erhalten sie eine Ausbildungsbeihilfe, soweit ihnen keine Leistungen zum Lebensunterhalt zustehen, die freien Personen aus solchem Anlass gewährt werden. Der Nachrang der Sozialhilfe nach § 2 Absatz 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch wird nicht berührt.
(2) Für die Bemessung der Ausbildungsbeihilfe gilt § 45 entsprechend.
(3) Werden Maßnahmen nach Absatz 1 stunden- oder tageweise durchgeführt, erhalten die Untergebrachten eine Ausbildungsbeihilfe in Höhe des ihnen dadurch entgehenden Arbeitsentgelts.
§ 47 Entschädigung bei Teilnahme an Behandlungsmaßnahmen
Nehmen Untergebrachte während der Beschäftigungszeit an einer Behandlungsmaßnahme nach § 7 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder Nummer 2 teil, so erhalten sie eine Entschädigung in Höhe des ihnen dadurch entgehenden Arbeitsentgelts oder der ihnen dadurch entgehenden Ausbildungsbeihilfe.
Abschnitt 9 22d
Gelder, Kosten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge
§ 48 Überbrückungsgeld
(1) Aus den in diesem Gesetz geregelten Bezügen und aus den Bezügen der Untergebrachten, die in einem freien Beschäftigungsverhältnis stehen oder sich selbst beschäftigen, ist ein Überbrückungsgeld zu bilden, das den notwendigen Lebensunterhalt der Untergebrachten und ihrer Unterhaltsberechtigten in den ersten vier Wochen nach der Entlassung sichern soll.
(2) Das Überbrückungsgeld wird den Untergebrachten bei der Entlassung in die Freiheit ausbezahlt. Die Justizvollzugsanstalt kann es ganz oder zum Teil der Bewährungshilfe oder einer mit der Entlassenenbetreuung befassten Stelle überweisen, die darüber entscheiden, wie das Geld innerhalb der ersten vier Wochen nach der Entlassung an die Entlassenen ausbezahlt wird. Die Bewährungshilfe und die mit der Entlassenenbetreuung befasste Stelle sind verpflichtet, das Überbrückungsgeld von ihrem Vermögen gesondert zu halten. Mit Zustimmung der Untergebrachten kann das Überbrückungsgeld auch an Unterhaltsberechtigte überwiesen werden.
(3) Das Überbrückungsgeld kann für Ausgaben in Anspruch genommen werden, die der Eingliederung der Untergebrachten dienen.
(4) Der Anspruch auf Auszahlung des Überbrückungsgelds ist unpfändbar. Erreicht es nicht die in Absatz 1 bestimmte Höhe, so ist in Höhe des Unterschiedsbetrags auch der Anspruch auf Auszahlung des Eigengelds unpfändbar. Bargeld entlassener Untergebrachter, an die wegen der nach Satz 1 oder Satz 2 unpfändbaren Ansprüche Geld ausgezahlt worden ist, ist für die Dauer von vier Wochen seit der Entlassung insoweit der Pfändung nicht unterworfen, als es dem Teil der Ansprüche für die Zeit von der Pfändung bis zum Ablauf der vier Wochen entspricht.
(5) Absatz 4 gilt nicht bei einer Pfändung wegen der in § 850 d Absatz 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) bezeichneten Unterhaltsansprüche. Entlassenen Untergebrachten ist jedoch so viel zu belassen, als sie für ihren notwendigen Unterhalt und zur Erfüllung ihrer sonstigen gesetzlichen Unterhaltspflichten für die Zeit von der Pfändung bis zum Ablauf von vier Wochen seit der Entlassung bedürfen.
§ 49 Taschengeld, Haus- und Eigengeld
(1) Untergebrachten, die die Regelaltersgrenze erreicht haben oder denen keine Beschäftigung angeboten werden kann oder die aufgrund Krankheit keiner Beschäftigung nachgehen können, wird auf Antrag Taschengeld gewährt, soweit sie bedürftig sind. Die Höhe wird mit 24 Prozent der Eckvergütung nach § 45 Absatz 1 bemessen. Bedürftig sind Untergebrachte, soweit ihnen im laufenden Monat aus sonstigen Einkünften nicht ein Betrag bis zur Höhe des Taschengeldes zur Verfügung steht. Nicht verbrauchtes Taschengeld ist bei der Bedürftigkeitsprüfung nicht zu be rücksich tigen.
(2) Untergebrachte dürfen monatlich drei Siebtel von ihren in diesem Gesetz geregelten Bezügen (Hausgeld) und das Taschengeld nach Absatz 1 für den Einkauf oder anderweitig verwenden. § 20 Absatz 3 bleibt unberührt.
(3) Bezüge Untergebrachter, die nicht als Hausgeld oder Überbrückungsgeld in Anspruch genommen werden, sind dem Eigengeld gutzuschreiben.
(4) Für Untergebrachte, die in einem freien Beschäftigungsverhältnis stehen oder die sich selbst beschäftigen, wird aus ihren Bezügen ein angemessenes Hausgeld festgesetzt.
§ 50 Sondergeld
(1) Für Untergebrachte kann monatlich ein Betrag in angemessener Höhe einbezahlt werden, der als Sondergeld gutzuschreiben ist und wie Hausgeld genutzt werden kann.
(2) Über Absatz 1 hinaus kann Sondergeld in angemessener Höhe für folgende Zwecke eingezahlt werden:
(3) Soweit das Guthaben des Sondergelds nach Absatz 1 die Summe von drei Monatseinzahlungen übersteigt, ist es dem Überbrückungsgeld zuzuführen. Ist bereits ein Überbrückungsgeld in an gemessener Höhe gebildet, ist das Guthaben dem Eigengeld zuzuschreiben. Sondergeld im Sinne von Absatz 2 ist dem Eigengeld gutzuschreiben, wenn es zum bezeichneten Zweck nicht eingesetzt werden kann und eine Rückerstattung an den Einzahler nicht möglich ist.
(4) Der Anspruch auf Auszahlung des Sondergelds nach Absatz 1 und 2 ist unpfändbar.
§ 51 Einbehaltung von Beitragsteilen
Soweit die Justizvollzugsanstalt Beiträge zur Bundesagentur für Arbeit zu entrichten hat, kann sie von dem Arbeitsentgelt einen Betrag einbehalten, der dem Anteil der oder des Untergebrachten am Beitrag entsprechen würde, wenn sie oder er diese Bezüge als Arbeitnehmer erhielte.
§ 52 Kostenbeteiligung
(1) An den Kosten für Unterbringung und Verpflegung werden die Untergebrachten nicht beteiligt.
(2) An den Kosten für sonstige Leistungen können die Untergebrachten durch Erhebung von Kostenbeiträgen in angemessener Höhe beteiligt werden. Dies gilt insbesondere für
(3) Von der Erhebung von Kostenbeiträgen ist abzusehen, soweit dies notwendig ist, um die Erreichung der Vollzugsziele nicht zu gefährden. Für Zeiten, in denen Untergebrachte bedürftig sind, soll von der Erhebung von Kostenbeiträgen abgesehen werden.
Abschnitt 10
Freizeit
§ 53 Freizeit
(1) Die Untergebrachten erhalten Gelegenheit und Anregung, ihre Freizeit sinnvoll zu gestalten. Die Jus tizvollzugsanstalt hat insbesondere Angebote zur sportlichen und kulturellen Betätigung sowie Bildungsangebote vorzuhalten. Die Benutzung einer Bücherei ist zu ermöglichen.
(2) Die Untergebrachten sind zur Teilnahme und Mitwirkung an Angeboten der Freizeitgestaltung zu motivieren und anzuleiten. Die Gestaltung der Freizeit kann auch dazu dienen, die Untergebrachten an die Behandlung heranzuführen.
§ 54 Besitz von Gegenständen zur Freizeitbeschäftigung
(1) Die Untergebrachten dürfen in angemessenem Umfang Bücher und andere Gegenstände zur Freizeitbeschäftigung besitzen. Die Angemessenheit des Umfangs kann auch an der in der Justizvollzugsanstalt verfügbaren Kapazität für Zimmerkontrollen und am Wert eines Gegenstands ausgerichtet werden.
(2) Absatz 1 Satz 1 gilt nicht, wenn der Besitz, die Überlassung oder die Benutzung eines Gegenstands
(3) Die Zulassung von bestimmten Gerätetypen, insbesondere der elektronischen Unterhaltungsmedien, durch die Einrichtung kann der Zustimmung der Aufsichtsbehörde vorbehalten sein. Die Aufsichtsbehörde kann allgemeine Richtlinien für die Gerätebeschaffenheit erlassen. Eine ohne Zustimmung nach Satz 1 erteilte Zulassung kann zurückgenommen werden.
(4) Die Erlaubnis kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 widerrufen werden.
§ 55 Hörfunk und Fernsehen
(1) Der Besitz von Hörfunk- und Fernsehgeräten ist nach Maßgabe von § 54 zulässig.
(2) Die Justizvollzugsanstalt kann den Betrieb von Empfangsanlagen und die Ausgabe von Hörfunk- und Fernsehgeräten einem Dritten übertragen. Sofern sie hiervon Gebrauch macht, können die Untergebrachten nicht den Besitz eigener Geräte verlangen.
(3) Die Justizvollzugsanstalt entscheidet über die Einspeisung einzelner Rundfunk- und Fernsehprogramme in die Empfangsanlage. Vor der Entscheidung soll die Interessenvertretung der Untergebrachten gehört werden.
(4) Der Empfang von Bezahlfernsehen und der Einsatz von zusätzlichen Empfangseinrichtungen im Zimmer sind nicht statthaft.
§ 56 Zeitungen und Zeitschriften
Untergebrachte dürfen Zeitungen und Zeitschriften in angemessenem Umfang durch Vermittlung der Justizvollzugsanstalt beziehen. § 54 Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 und 4 gilt entsprechend.
Abschnitt 11
Sicherheit und Ordnung
§ 57 Grundsatz
(1) Das Verantwortungsbewusstsein der Untergebrachten für ein geordnetes und gewaltfreies Zusammenleben in der Justizvollzugsanstalt ist zu wecken und zu fördern. Die Untergebrachten sind zu einvernehmlicher Streitbeilegung zu befähigen.
(2) Die Pflichten und Beschränkungen, die Untergebrachten zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt auferlegt werden, sind so zu wählen, dass sie in einem angemessenen Verhältnis zu ihrem Zweck stehen und die Untergebrachten nicht mehr und nicht länger als notwendig beeinträchtigen.
§ 58 Verhaltensvorschriften und Zusammenleben
(1) Die Untergebrachten dürfen durch ihr Verhalten gegenüber Bediensteten, anderen Untergebrachten und Dritten das geordnete Zusammenleben in der Justizvollzugsanstalt nicht stören.
(2) Die Untergebrachten haben die Anordnungen der Bediensteten zu befolgen, auch wenn sie sich durch diese beschwert fühlen. Einen ihnen zugewiesenen Bereich dürfen sie nicht ohne Erlaubnis verlassen.
(3) Die Untergebrachten haben die ihnen von der Justizvollzugsanstalt überlassenen Sachen, ihre Zimmer sowie gemeinschaftlich genutzte Räume in Ordnung zu halten und zu reinigen.
(4) Die Untergebrachten haben Umstände, die eine Gefahr für das Leben oder eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit einer Person bedeuten, unverzüglich zu melden.
§ 59 Persönlicher Gewahrsam und Eigengeld 22d
(1) Die Untergebrachten dürfen nur Sachen in Gewahrsam haben oder annehmen, die ihnen von der Justizvollzugsanstalt, in der sie untergebracht sind, oder mit deren Zustimmung überlassen werden. Ohne Zustimmung dürfen sie Sachen weder abgeben noch annehmen, außer solche von geringem Wert. Die Justizvollzugsanstalt kann die Abgabe, die Annahme und den Gewahrsam auch dieser Sachen von ihrer Zustimmung abhängig machen.
(2) Eingebrachte Sachen, die die Untergebrachten nicht in Gewahrsam haben dürfen, sind für sie aufzubewahren, sofern dies nach Art und Umfang möglich ist. Eingebrachtes Geld wird als Eigengeld gutgeschrieben. Den Untergebrachten wird Gelegenheit gegeben, ihre Sachen, die sie während des Vollzugs und für die Entlassung nicht benötigen, abzusenden oder über das Eigengeld zu verfügen, soweit dieses nicht als Überbrückungsgeld notwendig ist.
(3) Weigern sich Untergebrachte, eingebrachte Gegenstände, deren Aufbewahrung nach Art oder Umfang nicht möglich ist, aus der Justizvollzugsanstalt zu verbringen, so ist die Justizvollzugsanstalt berechtigt, diese auf Kosten der oder des Untergebrachten entfernen zu lassen.
(4) Aufzeichnungen und andere Gegenstände, die Kenntnisse über Sicherungsvorkehrungen einer Justizvollzugsanstalt vermitteln, dürfen vernichtet oder unbrauchbar gemacht werden.
§ 60 Durchsuchung und Kontrollen auf Suchtmittelmissbrauch 22d
(1) Untergebrachte, ihre Sachen und ihre Zimmer dürfen durchsucht werden. Die Durchsuchung männ licher Untergebrachter darf nur von Männern, die Durchsuchung weiblicher Untergebrachter darf nur von Frauen vorgenommen werden; dies gilt nicht für das Absuchen der Untergebrachten mit technischen Mitteln oder mit sonstigen Hilfsmitteln. Das Schamgefühl ist zu schonen.
(2) Nur auf Anordnung der Anstaltsleiterin oder des Anstaltsleiters oder bei Gefahr im Verzug ist es im Einzelfall zulässig, eine mit einer Entkleidung verbundene körperliche Durchsuchung vorzunehmen. Sie darf bei männlichen Untergebrachten nur in Gegenwart von Männern, bei weiblichen Untergebrachten nur in Gegenwart von Frauen erfolgen. Sie ist in einem geschlossenen Raum durchzuführen. Andere Untergebrachte oder Gefangene dürfen nicht anwesend sein.
(3) Die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter kann allgemein anordnen, dass Untergebrachte bei der Aufnahme, nach Kontakten mit Besuchern und nach jeder Abwesenheit von der Justizvollzugsanstalt nach Absatz 2 durchsucht werden können.
(4) Untergebrachte können Suchtmittelkontrollen unterzogen werden, wenn der Verdacht besteht, dass sie Suchtmittel besitzen oder konsumieren. Eine Suchtmittelkontrolle kann auch allgemein angeordnet werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt oder zur Gesundheitsvorsorge geboten ist. Die ergriffenen Maßnahmen dürfen nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sein. Bei Untergebrachten, die die Mitwirkung an der Durchführung der Kontrolle verweigern, ist in der Regel davon auszugehen, dass Suchtmittelfreiheit nicht gegeben ist.
§ 61 Festnahmerecht
Untergebrachte, die entwichen sind oder sich sonst ohne Erlaubnis außerhalb der Justizvollzugsanstalt aufhalten, können durch die Justizvollzugsanstalt oder auf ihre Veranlassung hin festgenommen und in die Justizvollzugsanstalt zurückgebracht werden, solange ein unmittelbarer Bezug zum Vollzug der Sicherungsverwahrung besteht.
§ 62 Besondere Sicherungsmaßnahmen 19d 22d
(1) Gegen Untergebrachte können besondere Sicherungsmaßnahmen angeordnet werden, wenn nach ihrem Verhalten oder aufgrund ihres seelischen Zustandes in erhöhtem Maße die Gefahr der Flucht, von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen, der Selbsttötung oder der Selbstverletzung besteht.
(2) Als besondere Sicherungsmaßnahmen sind zulässig
(3) Maßnahmen nach Absatz 2 Nummer 1 und 3 bis 5 sind auch zulässig, wenn die Gefahr einer Befreiung oder eine erhebliche Störung der Anstaltsordnung anders nicht vermieden oder behoben werden kann.
(4) Eine Absonderung von mehr als vierundzwanzig Stunden Dauer ist nur zulässig, wenn sie zur Abwehr einer in der Person der oder des Untergebrachten liegenden Gefahr unerlässlich ist.
(5) In der Regel dürfen Fesseln nur an den Händen, an den Füßen oder an den Händen und den Füßen angelegt werden. Im Interesse der Untergebrachten kann eine andere Art der Fesselung angeordnet werden. Die Fesselung wird zeitweise gelockert oder aufgehoben, soweit dies notwendig ist.
(6) Bei einer Ausführung, Vorführung oder beim Transport ist die Fesselung auch dann zulässig, wenn aus anderen Gründen als denen des Absatzes 1 Fluchtgefahr besteht.
(7) Eine Fesselung, durch die die Bewegungsfreiheit der oder des Untergebrachten weitgehend oder vollständig aufgehoben wird (Fixierung), ist nur zulässig, wenn und solange eine gegenwärtige erhebliche Gefahr von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen, der Selbsttötung oder der Selbstverletzung besteht und die Fixierung zur Abwehr dieser Gefahr unerlässlich ist. Bei Fixierungen ist insbesondere eine ständige und unmittelbare Überwachung sicherzustellen. Anordnung, Gründe, Dauer und Art der Überwachung sowie Beendigung der Fixierung sind zu dokumentieren. Nach Beendigung der Fixierung ist, sobald es der Zustand der oder des Untergebrachten zulässt, eine zu dokumentierende Nachbesprechung durchzuführen, in der insbesondere die Gründe für die Fixierung zu nennen sind. Nach Beendigung der Fixierung sind die Untergebrachten darüber zu belehren, dass sie die Zulässigkeit der durchgeführten Fixierung gerichtlich überprüfen lassen können. Für die verfahrensrechtliche Ausgestaltung der Fixierung insbesondere der richterlichen Entscheidung gilt § 72a Absatz 3 entsprechend.
§ 63 Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen und Verfahren
(1) Besondere Sicherungsmaßnahmen ordnet die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter an. Bei Gefahr im Verzug können auch andere Bedienstete der Justizvollzugsanstalt diese Maßnahmen vorläufig anordnen. Die Entscheidung der Anstaltsleiterin oder des Anstaltsleiters ist unverzüglich einzuholen.
(2) Die an der Behandlung maßgeblich beteiligten Personen sind alsbald über die Anordnung zu unterrichten.
(3) Werden Untergebrachte ärztlich behandelt oder beobachtet oder bildet ihr seelischer Zustand den Anlass der Maßnahme, ist vor der Anordnung beson derer Sicherungsmaßnahmen die Ärztin oder der Arzt zu hören. Ist dies wegen Gefahr im Verzug nicht möglich, wird die Stellungnahme unverzüglich eingeholt.
(4) Besondere Sicherungsmaßnahmen dürfen nur soweit aufrecht erhalten werden, wie es ihr Zweck erfordert. Sie sind in angemessenen Abständen daraufhin zu überprüfen, ob und in welchem Umfang sie noch erforderlich sind.
(5) Besondere Sicherungsmaßnahmen sollen den Untergebrachten erläutert werden. Die Anordnung, Entscheidungen zur Fortdauer und die Durchführung der Maßnahmen einschließlich der Beteiligung nach Absatz 3 sind zu dokumentieren.
(6) Besondere Sicherungsmaßnahmen nach § 62 Absatz 2 Nummer 5 und 6 sind der Aufsichtsbehörde unverzüglich mitzuteilen, wenn sie länger als drei Tage aufrechterhalten werden. Absonderung und Unterbringung in einem besonders gesicherten Raum von mehr als 30 Tagen Gesamtdauer innerhalb von zwölf Monaten bedürfen der Zustimmung der Aufsichtsbehörde. Diese Frist wird nicht dadurch unterbrochen, dass Untergebrachte am Gottesdienst oder am gemeinschaftlichen Aufenthalt im Freien teilnehmen.
(7) Während der Absonderung oder Unterbringung in einem besonders gesicherten Raum sind die Untergebrachten in besonderem Maße zu betreuen. Sind die Untergebrachten darüber hinaus gefesselt, sind sie ständig und in unmittelbarem Sichtkontakt zu beobachten.
§ 64 Ärztliche Überwachung 19d
(1) Sind Untergebrachte in einem besonders gesicherten Raum untergebracht, gefesselt oder fixiert, sucht sie die Ärztin oder der Arzt alsbald und in der Folge möglichst täglich auf. Dies gilt nicht bei einer Fesselung während einer Ausführung, Vorführung oder eines Transports.
(2) Solange Untergebrachten der tägliche Aufenthalt im Freien entzogen wird, ist in regelmäßigen Abständen eine ärztliche Stellungnahme einzuholen.
§ 65 Ersatz von Aufwendungen
(1) Untergebrachte sind verpflichtet, der Justizvollzugsanstalt Aufwendungen zu ersetzen, die sie durch eine vorsätzlich oder grob fahrlässig begangene Selbstverletzung oder Verletzung anderer Untergebrachter oder Gefangener verursacht haben. Ansprüche aus sonstigen Rechtsvorschriften bleiben unberührt.
(2) Die Justizvollzugsanstalt kann bei der Geltendmachung von Forderungen nach Absatz 1 oder wegen einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verletzung fremden Eigentums durch Untergebrachte auch einen den dreifachen Tagessatz der Eckver gütung nach § 45 Absatz 1 übersteigenden Teil des Hausgelds in Anspruch nehmen.
(3) Für die in Absatz 1 genannten Forderungen ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.
(4) Von der Aufrechnung oder Vollstreckung wegen der in Absatz 1 und 2 genannten Forderungen ist abzusehen, wenn hierdurch die Behandlung der oder des Untergebrachten oder ihre oder seine Eingliederung behindert würde.
Abschnitt 12
Unmittelbarer Zwang
§ 66 Allgemeine Voraussetzungen 22d
(1) Bedienstete der Justizvollzugsanstalt dürfen unmittelbaren Zwang anwenden, wenn sie Vollzugs- und Sicherungsmaßnahmen rechtmäßig durchführen und der damit verfolgte Zweck auf keine andere Weise erreicht werden kann.
(2) Gegen andere Personen als Untergebrachte darf unmittelbarer Zwang angewendet werden, wenn sie es, auch mittels technischer Geräte, unternehmen, Untergebrachte zu befreien, in den Anstaltsbereich widerrechtlich einzudringen, unbefugt Gegenstände in den Anstaltsbereich einzubringen, oder wenn sie sich unbefugt im Anstaltsbereich aufhalten; das Recht zur Anwendung unmittelbaren Zwangs gegen Sachen wird hierdurch nicht eingeschränkt.
(3) Das Recht zur Anwendung unmittelbaren Zwangs auf Grund anderer Regelungen bleibt unberührt.
§ 67 Begriffsbestimmungen
(1) Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch körperliche Gewalt, ihre Hilfsmittel und durch Waffen.
(2) Körperliche Gewalt ist jede unmittelbare körperliche Einwirkung auf Personen oder Sachen.
(3) Hilfsmittel der körperlichen Gewalt sind namentlich Fesseln.
(4) Waffen sind die dienstlich zugelassenen Hieb- und Schusswaffen sowie Reizstoffe.
§ 68 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
(1) Unter mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs sind diejenigen zu wählen, die den Einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigen.
(2) Unmittelbarer Zwang unterbleibt, wenn ein durch ihn zu erwartender Schaden erkennbar außer Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg steht.
§ 69 Handeln auf Anordnung
(1) Wird unmittelbarer Zwang von Vorgesetzten oder sonst befugten Personen angeordnet, sind Vollzugsbedienstete verpflichtet, ihn anzuwenden, es sei denn, die Anordnung verletzt die Menschenwürde oder ist nicht zu dienstlichen Zwecken erteilt worden.
(2) Die Anordnung darf nicht befolgt werden, wenn dadurch eine Straftat begangen würde. Befolgen Vollzugsbedienstete sie trotzdem, trifft sie eine Schuld nur, wenn sie erkennen oder wenn es nach den ihnen bekannten Umständen offensichtlich ist, dass dadurch eine Straftat begangen wird.
(3) Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Anordnung haben die Vollzugsbediensteten der anordnenden Person gegenüber vorzubringen, soweit das nach den Umständen möglich ist. Abweichende Vorschriften des allgemeinen Beamtenrechts über die Mitteilung solcher Bedenken an Vorgesetzte sind nicht anzuwenden.
§ 70 Androhung
Unmittelbarer Zwang ist vorher anzudrohen. Die Androhung darf nur dann unterbleiben, wenn die Umstände sie nicht zulassen oder unmittelbarer Zwang sofort angewendet werden muss, um eine rechtswidrige Tat, die den Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllt, zu verhindern oder eine gegenwärtige Gefahr abzuwenden.
§ 71 Allgemeine Vorschriften für den Schusswaffengebrauch 22d
(1) Schusswaffen dürfen nur gebraucht werden, wenn andere Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs bereits erfolglos waren oder keinen Erfolg ver sprechen. Gegen Personen ist ihr Gebrauch nur zulässig, wenn der Zweck nicht durch Waffen wirkung gegen Sachen erreicht wird.
(2) Schusswaffen dürfen nur die dazu bestimmten Vollzugsbediensteten gebrauchen. Ihr Gebrauch unterbleibt, wenn dadurch erkennbar Unbeteiligte mit hoher Wahrscheinlichkeit gefährdet würden.
(3) Gegen Personen dürfen Schusswaffen nur gebraucht werden, um sie angriffs- oder fluchtunfähig zu machen. Der Gebrauch ist vorher anzudrohen. Als Androhung gilt auch ein Warnschuss. Ohne Androhung dürfen Schusswaffen nur dann gebraucht werden, wenn dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.
§ 72 Besondere Vorschriften für den Schusswaffengebrauch
(1) Gegen Untergebrachte dürfen Schusswaffen nur gebraucht werden,
Um die Flucht aus einer Einrichtung des offenen Vollzugs zu vereiteln, dürfen keine Schusswaffen gebraucht werden.
(2) Gegen andere Personen dürfen Schusswaffen nur gebraucht werden, wenn sie es unternehmen, Untergebrachte gewaltsam zu befreien oder gewaltsam in eine Justizvollzugsanstalt einzudringen.
§ 72a Zwangsmaßnahmen in der Gesundheitsfürsorge 19d 21d
(1) Medizinische Untersuchung, Behandlung und Ernährung sowie eine in diesem Zusammenhang erforderliche Fixierung sind gegen den natürlichen Willen der Untergebrachten nur zulässig, soweit sie dazu dienen, eine Lebensgefahr oder eine gegenwärtige erhebliche Gefahr für die Gesundheit
abzuwenden. Maßnahmen nach Satz 1 dürfen nur angeordnet werden, wenn
Maßnahmen nach Satz 1 Nummer 1 sind darüber hinaus nur zulässig, wenn die oder der Untergebrachte zur Einsicht in die Notwendigkeit der Maßnahme oder zum Handeln nach dieser Einsicht krankheitsbedingt nicht in der Lage ist.
(2) Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 1 dürfen nur auf ärztliche Anordnung und unter ärztlicher Überwachung durchgeführt werden. Bei Fixierungen ist insbesondere eine ständige und unmittelbare Überwachung sicherzustellen. Die Maßnahmen sind zu dokumentieren, einschließlich ihres Zwangscharakters, ihrer Durchsetzungsweise, ihrer maßgeblichen Gründe, der Dauer und Art der Überwachung sowie der Wirkungsüberwachung. Die Maßnahmen sind unverzüglich aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für ihre Anordnung weggefallen sind. Eine zu dokumentierende Nachbesprechung durch die behandelnde Ärztin oder den behandelnden Arzt, in der insbesondere die Gründe für die Maßnahme zu nennen sind, muss erfolgen, sobald es der Gesundheitszustand zulässt. Nach Beendigung der Maßnahmen nach Absatz 1 sind die Untergebrachten darüber zu belehren, dass sie die Zulässigkeit der durchgeführten Maßnahmen gerichtlich überprüfen lassen können.
(3) Eine Maßnahme nach Absatz 1 ist auf Antrag der Justizvollzugsanstalt nur mit vorheriger richterlicher Entscheidung zulässig. Dies gilt nicht, wenn hierdurch die Behandlung verzögert würde und sich hieraus Nachteile für das Leben oder die Gesundheit der gefährdeten Person ergeben würden (Gefahr im Verzug). Die richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachträglich einzuholen. Eine nachträgliche richterliche Entscheidung ist nicht erforderlich, wenn bereits zu Beginn der Maßnahme abzusehen ist, dass die Entscheidung erst nach Wegfall des Grundes der Maßnahme ergehen wird, oder die Maßnahme vor Herbeiführung der Entscheidung tatsächlich beendet und auch keine Wiederholung zu erwarten ist. Handelt es sich um eine lediglich kurzfristige Fixierung, die absehbar die Dauer von einer halben Stunde unterschreitet, ist eine richterliche Entscheidung nicht erforderlich. §§ 121a, 121b StVollzG gelten entsprechend.
(4) Zur Gewährleistung des Gesundheitsschutzes und der Hygiene ist die zwangsweise körperliche Untersuchung der Untergebrachten über Absatz 1 hinaus zulässig, wenn sie nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden ist. Duldungspflichten der Untergebrachten nach Vorschriften anderer Gesetze bleiben unberührt.
Abschnitt 13
Disziplinarmaßnahmen
(1) Disziplinarmaßnahmen können angeordnet werden, wenn Untergebrachte rechtswidrig und schuldhaft
(2) Von einer Disziplinarmaßnahme wird abge sehen, wenn es genügt, die Untergebrachten zu verwarnen.
(3) Zulässige Disziplinarmaßnahmen sind
(4) Mehrere Disziplinarmaßnahmen können miteinander verbunden werden.
(5) Zur Abwendung oder Milderung von Disziplinarmaßnahmen können im Wege einvernehmlicher Streitbeilegung Vereinbarungen getroffen werden, insbesondere die Wiedergutmachung des Schadens, die Entschuldigung bei Geschädigten oder die Erbringung von Leistungen für die Gemeinschaft.
(6) Von einer Beschränkung des Einkaufs soll abgesehen werden, wenn die in Absatz 3 Nummer 1 bis 5 genannten Maßnahmen genügen. Arrest darf nur wegen schwerer oder mehrfach wiederholter Verfehlungen verhängt werden.
(7) Disziplinarmaßnahmen sind auch zulässig, wenn wegen derselben Verfehlung ein Straf- oder Bußgeldverfahren eingeleitet wird.
(8) Unabhängig von einer disziplinarischen Ahndung sollen Pflichtverstöße nach Absatz 1 im Rahmen der Behandlung aufgearbeitet werden.
§ 74 Vollstreckung und Aussetzung zur Bewährung
(1) Disziplinarmaßnahmen werden in der Regel sofort vollstreckt.
(2) Disziplinarmaßnahmen können ganz oder teilweise bis zu sechs Monaten zur Bewährung ausgesetzt werden. Die Aussetzung zur Bewährung kann ganz oder teilweise widerrufen werden, wenn die Untergebrachten erneut gegen Pflichten verstoßen.
(3) Die Vollstreckung unterbleibt, wird verschoben oder unterbrochen, wenn der Erfolg der Behandlung nachhaltig gefährdet wäre.
(4) Für die Dauer des Arrests werden die Untergebrachten abgesondert. Sie können in einem besonderen Raum untergebracht werden, der den Anforderungen entsprechen muss, die an ein zum Aufenthalt bei Tag und Nacht bestimmtes Zimmer gestellt werden. Soweit nichts anderes angeordnet wird, ruhen die Befugnisse der Untergebrachten zur Teilnahme an Maßnahmen außerhalb des Raumes, in dem Arrest vollzogen wird, sowie die Befugnisse zur Ausstattung des Zimmers mit eigenen Gegenständen, zum Fernsehempfang und zum Einkauf. Gegenstände für die Freizeitbeschäftigung mit Ausnahme des Lesestoffs sind nicht zugelassen. Die Rechte zur Teilnahme an unaufschiebbaren Behandlungsmaßnahmen, am Gottesdienst und anderen religiösen Veranstaltungen sowie auf einen täglichen mindes tens einstündigen Aufenthalt im Freien bleiben unberührt.
§ 75 Disziplinarbefugnis
(1) Disziplinarmaßnahmen ordnet die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter an. Bei einer Verfehlung auf dem Weg in eine andere Justizvollzugsanstalt zum Zweck der Verlegung ist die Leiterin oder der Leiter der Bestimmungsanstalt zuständig. Die Befugnis, Disziplinarmaßnahmen anzuordnen, kann nur auf Mitglieder der Anstalts- oder Vollzugsabteilungsleitung übertragen werden.
(2) Die Aufsichtsbehörde entscheidet, wenn sich Verfehlungen von Untergebrachten gegen die Anstaltsleiterin oder den Anstaltsleiter richten.
(3) Disziplinarmaßnahmen, die gegen Untergebrachte in einer anderen Justizvollzugsanstalt oder wäh rend des Strafvollzugs angeordnet worden sind, werden auf Ersuchen vollstreckt, soweit sie nicht zur Bewährung ausgesetzt sind. § 74 Absatz 2 bleibt unberührt.
(1) Der Sachverhalt ist zu klären. Die oder der Untergebrachte wird gehört. Sie oder er wird darüber unterrichtet, welche Verfehlung ihr oder ihm zur Last gelegt wird, und darauf hingewiesen, dass es ihr oder ihm freisteht, sich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Es sind sowohl belastende als auch entlastende Umstände zu ermitteln. Die Erhebungen werden in einer Niederschrift festgelegt; die Einlassung der oder des Untergebrachten wird vermerkt.
(2) Mehrere Verfehlungen, die gleichzeitig zu beurteilen sind, werden durch eine Entscheidung geahndet.
(3) Bei schweren Verstößen soll sich die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter vor der Entscheidung mit Personen besprechen, die bei der Behandlung der oder des Untergebrachten mitwirken. Vor der Anordnung einer Disziplinarmaßnahme gegen Untergebrachte ist eine Stellungnahme des ärztlichen oder psychologischen Dienstes einzuholen, wenn hierzu begründeter Anlass besteht.
(4) Die Entscheidung wird der oder dem Untergebrachten von der Anstaltsleiterin oder dem Anstaltsleiter oder im Falle einer Übertragung der Disziplinarbefugnis nach § 75 Absatz 1 Satz 3 von der beauftragten Person mündlich eröffnet und mit einer kurzen Begründung schriftlich abgefasst.
(5) Bevor der Arrest vollzogen wird, ist eine ärzt liche Stellungnahme einzuholen. Während des Arrests stehen die oder der Untergebrachte unter ärzt licher Aufsicht. Der Vollzug des Arrests unterbleibt oder wird unterbrochen, wenn ansonsten die Gesundheit der oder des Untergebrachten gefährdet würde.
Abschnitt 14
Entlassungsvorbereitung, Entlassung und nachgehende Betreuung
§ 77 Vorbereitung der Entlassung
Die Justizvollzugsanstalt wirkt frühzeitig vor der voraussichtlichen Entlassung darauf hin, dass die Untergebrachten nach ihrer Entlassung insbesondere über eine geeignete Unterkunft und eine Arbeits- oder Ausbildungsstelle verfügen sowie bei Bedarf in therapeutische oder andere nachsorgende Maßnahmen vermittelt werden. Hierbei arbeitet die Justizvollzugsanstalt frühzeitig mit öffentlichen Stellen sowie freien Trägern und Personen, die die Eingliederung der Untergebrachten fördern, zusammen.
§ 78 Entlassung
(1) Die Untergebrachten sollen am Tag ihrer Entlassung möglichst frühzeitig, jedenfalls noch am Vormittag entlassen werden. Bei Bedarf soll die Justizvollzugsanstalt den Transport zur Unterkunft sicherstellen.
(2) Der Entlassungszeitpunkt kann bis zu fünf Tage vorverlegt werden, wenn dringende Gründe dafür vorliegen, dass die oder der Untergebrachte zu ihrer oder seiner Eingliederung hierauf angewiesen ist. Dies ist regelmäßig anzunehmen, wenn der Entlassungszeitpunkt auf ein Wochenende oder auf einen gesetzlichen Feiertag fällt.
(3) Untergebrachte erhalten, soweit ihre eigenen Mittel nicht ausreichen, bei ihrer Entlassung aus der Unterbringung von der Justizvollzugsanstalt eine Beihilfe zu den Reisekosten sowie erforderlichenfalls ausreichende Kleidung. Bedürftige Untergebrachte erhalten darüber hinaus eine Beihilfe, die sie in die Lage versetzt, ohne Inanspruchnahme fremder Hilfe ihren notwendigen Lebensunterhalt zu bestreiten, bis sie ihn voraussichtlich anderweitig decken können. Die Justizvollzugsanstalt kann die Überbrückungsbeihilfe ganz oder teilweise der Bewährungshilfe oder einer mit der Entlassenenbetreuung befassten Stelle überweisen, die darüber entscheidet, wie das Geld nach der Entlassung an die Untergebrachten ausbezahlt wird. Die Bewährungshilfe und die mit der Entlassenenbetreuung befasste Stelle sind verpflichtet, die Überbrückungsbeihilfe von ihrem Vermögen gesondert zu halten.
(4) Der Anspruch auf Beihilfe zu den Reisekosten und die ausgezahlte Reisebeihilfe sind unpfändbar. Für den Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe und für Bargeld nach Auszahlung einer Überbrückungsbei hilfe an Untergebrachte gilt § 48 Absatz 4 Satz 1 und 3 sowie Absatz 5 entsprechend.
§ 79 Nachgehende Betreuung 22d
Die Justizvollzugsanstalten können früheren Untergebrachten auf Antrag Hilfestellung gewähren und die im Vollzug begonnene Betreuung vorübergehend fortführen, soweit diese nicht anderweitig sichergestellt werden kann und der Erfolg der Behandlung gefährdet erscheint.
§ 80 Verbleib und Aufnahme auf freiwilliger Grundlage 22d
(1) Frühere Untergebrachte können auf ihren Antrag vorübergehend in einer Justizvollzugsanstalt verbleiben oder wiederaufgenommen werden, wenn die Eingliederung gefährdet ist. Der Verbleib und die Aufnahme sind jederzeit widerruflich.
(2) Gegen verbliebene oder aufgenommene Personen dürfen Maßnahmen des Vollzugs nicht mit unmittelbarem Zwang durchgesetzt werden. § 66 Absatz 2 und 3 bleibt unberührt.
(3) Auf ihren Antrag sind die verbliebenen oder aufgenommenen Personen unverzüglich zu entlassen.
(4) § 51 JVollzGB III gilt entsprechend.
Abschnitt 15 22d
Aufhebung von Maßnahmen, Beschwerderecht und Rechtsbehelfe
§ 81 Aufhebung von Maßnahmen
(1) Die Aufhebung von Maßnahmen zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiet des Vollzugs der Sicherungsverwahrung richtet sich nach den nachfolgenden Absätzen, soweit dieses Gesetz keine abweichende Bestimmung enthält.
(2) Rechtswidrige Maßnahmen können ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(3) Rechtmäßige Maßnahmen können ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit widerrufen werden, wenn
(4) Begünstigende Maßnahmen dürfen nach den Absätzen 2 oder 3 nur zurückgenommen oder widerrufen werden, wenn die vollzuglichen Interessen an der Aufhebung in Abwägung mit dem schutzwürdigen Vertrauen der Betroffenen auf den Bestand der Maßnahmen überwiegen. Belastende rechtswidrige Maßnahmen sind aufzuheben, soweit hierdurch das Leben oder die Gesundheit einer Person oder die Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt nicht gefährdet wird.
§ 82 Beschwerderecht
(1) Die Untergebrachten haben das Recht, sich mit Wünschen, Anregungen und Beschwerden in Angelegenheiten, die sie selbst betreffen, an die Anstaltsleiterin oder den Anstaltsleiter zu wenden. Regelmäßige Sprechstunden sind einzurichten.
(2) Besichtigen Vertreter der Aufsichtsbehörde die Justizvollzugsanstalt, so ist zu gewährleisten, dass die Untergebrachten sich in sie selbst betreffenden Angelegenheiten an diese wenden können.
(3) Die Möglichkeit der Dienstaufsichtsbeschwerde bleibt unberührt. Eingaben, Beschwerden und Dienstaufsichtsbeschwerden, die nach Form und Inhalt nicht den im Verkehr mit Behörden üblichen Anforderungen entsprechen oder bloße Wiederholungen enthalten, brauchen nicht beschieden zu werden. Die Untergebrachten sind entsprechend zu unterrichten. Eine Überprüfung des Vorbringens von Amts wegen bleibt unberührt.
Die §§ 109 bis 121b des Strafvollzugsgesetzes (StVollzG) über das gerichtliche Verfahren bleiben unberührt.
Abschnitt 16 22d
Vollzugsentwicklung und kriminologische Forschung
§ 84 Fortentwicklung des Vollzugs und kriminologische Forschung
(1) Der Vollzug der Sicherungsverwahrung ist fortzuentwickeln. Maßnahmen zur Behandlung der Untergebrachten sind auf der Grundlage wissenschaft licher Erkenntnisse zu konzipieren, zu standardisieren und auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen.
(2) Der Vollzug der Sicherungsverwahrung, insbesondere seine Aufgabenerfüllung und Gestaltung, die Umsetzung seiner Leitlinien und die Behandlungsmaßnahmen sowie deren Wirkungen auf die Vollzugsziele, wird regelmäßig durch den Kriminologischen Dienst in Zusammenarbeit mit Hochschulen oder anderen Stellen wissenschaftlich begleitet und erforscht.
(3) In die Untersuchung ist einzubeziehen, ob die Untergebrachten nach der Entlassung in der Lage sind, in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen.
(4) Die Leitung der kriminologischen Forschung obliegt der Aufsichtsbehörde.
ENDE |