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7.3.8 Reinigung
7.3.8.1 Prüfen und Neutralisieren von Chlorkohlenwasserstoffen
Durch die laufende Beanspruchung der CKW, vor allem bei der Destillation und Rückgewinnung über Aktivkohleanlagen, tritt allmählich eine Stabilisatorverarmung und Zersetzung der CKW ein (siehe auch Abschnitte 2.1.4.1 und 2.1.4.2), wobei meistens der pH-Wert absinkt. Daher wird empfohlen, die Stabilität der CKW durch Messen des pH-Wertes im wässrigen Auszug zu kontrollieren. Dazu eignen sich z.B. pH- Messgeräte oder Farbindikatoren.
Bei den meisten sonderstabilisierten CKW empfiehlt es sich zusätzlich, die Säureaufnahmefähigkeit (SAF) mit einem Testkit des Herstellers bzw. Lieferanten zu prüfen. Wenn der Test eine Versäuerung der Anlage anzeigt, ist diese zu entleeren und zu reinigen. Zur Neutralisation eignet sich z.B. eine 5%ige wässrige Sodalösung.
7.3.8.2 Reinigen spanabhebend bearbeiteter Leichtmetalle
Zum Reinigen spanabhebend bearbeiteter Werkstücke aus Leichtmetallen und deren Legierungen (siehe Abschnitt 2.1.4.2) dürfen nur Tetrachlorethen (Perchlorethylen) und sonderstabilisiertes Trichlorethen und Dichlormethan verwendet werden.
7.3.9 Wiederaufbereitung und Entsorgung
Da die Stabilisierung von Tetrachlorethen sowie der anderen sonderstabilisierten CKW durch Reaktion mit eingeschleppten Verunreinigungen sowie durch Destillation und Abluftreinigung (Adsorption und nachfolgende Desorption) verloren gehen kann, dürfen derart behandelte CKW ohne sachkundige Kontrollen nicht mehr für die Behandlung von Metallen, insbesondere von Leichtmetallen und deren Legierungen, eingesetzt werden (siehe Abschnitt 2.1.4.2). Gegebenenfalls ist der Hersteller oder Lieferant zu Rate zu ziehen.
Abfälle, Rückstände und verunreinigte Leergebinde, die CKW enthalten können, müssen sachgemäß als besonders überwachungsbedürftiger Abfall entsorgt werden. Dies kann durch Rückgabe an den Lieferanten oder Beauftragung eines Entsorgungsbetriebes geschehen. Dem Einsatz von Mehrwegsystemen ist der Vorzug zu geben, da nach dem "Gesetz zur Vermeidung, Verwertung und Beseitigung von Abfällen" die Verwertung gegenüber der Beseitigung vorzuziehen ist. (35) Die Bestimmungen der "Verordnung über die Entsorgung gebrauchter halogenierter Lösemittel" sind zu beachten (32).
Zur Kennzeichnung siehe Abschnitt 7.4.5.
Ein Verzeichnis der für die Abfallbeseitigung zuständigen Landesbehörden, Auskunftstellen und Abfallverwertungs- bzw. Beseitigungsanlagen, enthält die "Informationsschrift Abfallarten". Verwertungs- und Beseitigungsanlagen sind auch im "Handbuch der Verwerterbetriebe für industrielle Rückstände" zusammengestellt (93, 94).
7.3.10 Abluft, Abwasser
Der Abgabe von CKW in Oberflächengewässer und in die Umgebungsluft sind gesetzlich enge Grenzen gesetzt. Hierfür gibt es Grenzwerte aus gesetzlichen Regelungen und Auflagen wie z.B. dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG) (37) einschließlich der "Verwaltungsvorschrift wassergefährdende Stoffe" (VAwS) (29), dem "Katalog wassergefährdender Stoffe" sowie der 4. BImSchV und der TA-Luft (31). Hinweise enthalten die Sicherheitsdatenblätter.
Für Oberflächenbehandlungsanlagen, Chemischreinigungs- und Textilausrüstungsanlagen sowie Extraktionsanlagen legt die "Verordnung zur Emissionsbegrenzung von leichtflüchtigen Halogenkohlenwasserstoffen" (2. BImSchV) fest (28), dass die Abluft einem Abscheider zugeleitet wird, der die Einhaltung des Emissionsgrenzwertes sicherstellt.
Abblase-, Entlüftungs- und Entspannungsleitungen dürfen weder in Räume noch an Stellen münden, an denen Personen durch austretende Gase, Aerosole oder Flüssigkeiten gefährdet werden können.
7.3.11 Brandschutz und Brandbekämpfung (67, 74)
CKW, die einen Flammpunkt aufweisen, sind brennbare Flüssigkeiten (21). Für sie gelten beim Lagern die Bestimmungen der Verordnung über brennbare Flüssigkeiten sowie die dazugehörigen Technischen Regeln (26). Beim Verarbeiten ist ein feuergefährdeter Bereich von 5 m einzuhalten.
Bei der Brandbekämpfung ist zu beachten, dass bei der Zersetzung von CKW ätzende und toxische Zersetzungsprodukte freigesetzt werden (siehe auch Abschnitt 2.1.4.4).
Folgende Schutzmaßnahmen können bei Bränden erforderlich sein:
CKW-Behälter mit viel Wasser kühlen und, wenn möglich, aus der Brandzone bringen.
Nach dem Einsatz ist die Ausrüstung zu reinigen.
7.3.12 Explosionsschutz
CKW, die einen Explosionsbereich aufweisen, bilden Dampf-Luft-Gemische, die bei Anwesenheit von hinreichend starken Zündquellen zur Explosion gebracht werden können. Da in der betrieblichen Praxis im allgemeinen nicht beurteilt werden kann, ob eine Zündquelle wirksam sein kann, ist gemäß Ex- RL folgendes Vorgehen zum Explosionsschutz erforderlich (47):
Sind Schutzmaßnahmen nach Punkt 2 erforderlich, müssen die verbleibenden Bereiche je nach Häufigkeit und Dauer des Auftretens von gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre in Zonen unterteilt werden. In diesen Zonen dürfen nur Geräte und Schutzsysteme verwendet werden, die für die entsprechenden Zonen geeignet * sind.
Bei Arbeiten in Zone 1 müssen neben der erforderlichen Erdung von Apparaten, Geräten und Leitungen auch Kleidung und persönliche Schutzausrüstung sowie der Fußboden ausreichend ableitfähig sein. Einzelheiten hierzu siehe Richtlinie "Statische Elektrizität" (BGR 132) (49).
Bei CKW, die einen Explosionsbereich, jedoch keinen Flammpunkt aufweisen (siehe auch Abschnitt 2.1.2), dürfen auch Geräte und Schutzsysteme verwendet werden, die für die jeweils um eine Stufe weniger gefährdeten Zonen geeignet sind, sofern nicht besondere Umstände des Einzelfalls dies verbieten.
Explosionsgefährdeter Bereich / Zone | Gerätegruppe II Kategorie | |
Nach Ex-RL zulässig | Bei CKW mit Ex- bereich, aber ohne Flammpunkt ebenfalls zulässig ** | |
0 | 1 | 2 |
1 | 1,2 | 3 |
2 | 1,2,3 | (feuergefährdeter Bereich) |
** Falls nicht besondere Gründe im Einzelfall dagegen sprechen
7.3.13 Verhalten bei Freiwerden von Chlorkohlenwasserstoffen
7.3.13.1 Allgemeines
Der Arbeitgeber hat Betriebsstörungen, bei denen Beschäftigte gefährdet werden können, zu verhindern und bei Unfällen und Betriebsstörungen die Gefahren für die Beschäftigten zu begrenzen (4). Dafür hat er Vorkehrungen nach dem Stand der Technik zu treffen.
Es muss ein auf die örtlichen Verhältnisse abgestimmter Alarm- und Gefahrenabwehrplan aufgestellt sein (40). Zur Aufstellung eines Alarm- und Gefahrenabwehrplans siehe Abschnitt 7.4.2.
7.3.13.2 Maßnahmen
Treten CKW-Dämpfe oder Aerosole unerwartet und in möglicherweise gefährlicher Konzentration oder Menge aus, sind der gefährdete Bereich zu räumen und Personen in der betroffenen Umgebung zu warnen. Die Beseitigung des gefährlichen Zustandes darf nur unter geeigneten Schutzmaßnahmen erfolgen.
Die Ausbreitung von flüssigen CKW sowie das Eindringen in Boden, Kanalisation und Oberflächenwasser ist zu verhindern. Verschüttete und ausgelaufene
CKW sind unverzüglich mit geeigneten Bindemitteln (z.B. Blähglimmer, Kieselgur usw.) gefahrlos aufzunehmen und anschließend zu entsorgen.
Für alle Unfälle gilt:
7.4 Organisatorische Schutzmaßnahmen
7.4.1 Allgemeines
Der Arbeitgeber hat für die Arbeitsstätte einen Flucht- und Rettungsplan aufzustellen (19, 102), wenn Lage, Ausdehnung und Art der Nutzung der Arbeitsstätte dies erfordern. Der Flucht- und Rettungsplan ist an geeigneter Stelle in der Arbeitsstätte bekannt zu machen. In angemessenen Zeitabständen ist nach diesem Plan zu üben, wie sich die Beschäftigten im Gefahr- oder Katastrophenfall in Sicherheit bringen oder gerettet werden können.
Vergibt der Unternehmer Arbeiten an andere Unternehmer (Fremdunternehmen), muss er die Fremdunternehmer über mögliche Gefahren informieren, mit ihnen die erforderlichen Schutzmaßnahmen vereinbaren und im einzelnen schriftlich festlegen (1, 38). Er hat darüber hinaus in Abstimmung mit den Fremdunternehmern schriftlich einen Koordinator zu bestellen, der Weisungsbefugnis gegenüber allen beteiligten Arbeitsgruppen hat (59).
7.4.2 Informationspflichten
CKW sind Gefahrstoffe und als solche in das Gefahrstoffverzeichnis nach Gefahrstoffverordnung aufzunehmen. An Angaben müssen darin enthalten sein (4):
Das Verzeichnis ist auf aktuellem Stand zu halten.
Nach § 20 Gefahrstoffverordnung ist eine arbeitsbereichs- und stoffbezogene Betriebsanweisung zu erstellen (4, 14). Sie muss genaue Angaben über die im Einzelfall für Mensch und Umwelt möglichen Gefahren sowie die zu deren Abwehr erforderlichen Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln enthalten. Auf die sachgerechte Entsorgung gefährlicher Abfälle, das Verhalten im Gefahrenfall und Erste-Hilfe-Maßnahmen ist ebenfalls einzugehen. Die Betriebsanweisung ist in verständlicher Form abzufassen und an geeigneter Stelle in der Arbeitsstätte bekanntzumachen. Die Betriebsanweisung muss jederzeit von den Beschäftigten eingesehen werden können.
Hinweise zur Gestaltung von Betriebsanweisungen gibt das Merkblatt A 010 "Betriebsanweisungen für den Umgang mit Gefahrstoffen" (60). Eine Musterbetriebsanweisung für das Beschicken einer Chemischreinigungsanlage mit Tetrachlorethen ist in Anhang 2 wiedergegeben.
Die Betriebsanweisung ist Grundlage für die Unterweisung (4), bei der die Beschäftigten auf mögliche Gefährdungen beim Umgang mit CKW aufmerksam gemacht und über die zu treffenden Schutzmaßnahmen eingehend unterrichtet werden müssen (14, 75). Die Unterweisungen müssen vor der Beschäftigung und danach mindestens einmal jährlich mündlich und arbeitsplatzbezogen erfolgen. Inhalt und Zeitpunkt sind schriftlich festzuhalten und von den Unterwiesenen durch Unterschrift zu bestätigen. Der Nachweis der Unterweisung ist 2 Jahre aufzubewahren.
Es kann erforderlich sein, die Unterweisung durch praktische Vorführung einzelner Maßnahmen vor Ort und durch Einüben seitens der Beschäftigten unter sachkundiger Anleitung zu ergänzen, z.B. durch Anlegen von Schutzanzügen, von Atemschutzgeräten, durch Übungen für den Schadensfall und Feuerlöschübungen. Weiterhin kann eine eingehende Arbeits- und Sicherheitsabsprache vor Ort erforderlich sein. Wesentlich ist auch die Erfolgskontrolle, z.B. im Rahmen eines Sicherheitsgespräches.
Für genehmigungspflichtige Anlagen, die der Störfall-Verordnung unterliegen (30), sind die nach Art und Ausmaß der möglichen Gefahren erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um Störfälle zu verhindern und Auswirkungen von Störfällen so gering wie möglich zu halten. In Abhängigkeit von der Anlagenart sind zusätzliche Bestimmungen, wie z.B. Erstellung eines betrieblichen Alarm- und Gefahrenabwehrplans, Erstellung und Fortschreibung einer Sicherheitsanalyse, Benennung eines Beauftragten für die Begrenzung der Auswirkungen von Störfällen, zu beachten.
7.4.3 Instandhaltung
Verschiedene Wartungs-, Inspektions-, Instandsetzungs- und Abbrucharbeiten in oder an Anlageteilen, Apparaturen oder Einrichtungen, in denen CKW vorkommen können, bedürfen einer schriftlichen Erlaubnis. Instandsetzungs- und Abbrucharbeiten dürfen nur von Fachbetrieben durchgeführt werden (36).
Arbeiten, die der schriftlichen Erlaubnis bedürfen, sind z.B. :
In der Erlaubnis sind die notwendigen Schutzmaßnahmen festzulegen, z.B. vollständige Entleerung der Apparatur, sichere Unterbrechung der zuführenden Leitungen, Prüfung auf mögliche Produktreste, persönliche Schutzmaßnahmen beim Öffnen, Reinigen mit geeigneten Mitteln, Konzentrationsmessungen.
Sicherheitseinrichtungen sind von Fachleuten in Intervallen zu warten, die den betrieblichen Verhältnissen angepasst sind. Die Funktionsfähigkeit dieser Einrichtungen ist nach Bedarf zu prüfen, mindestens jedoch jährlich (38), bei Feuerlöschern und lüftungstechnischen Einrichtungen mindestens alle zwei Jahre (19).
7.4.4 Arbeiten in Behältern und engen Räumen
Arbeiten in Behältern, Tanks und engen Räumen dürfen nur mit schriftlicher Erlaubnis, nach Festlegung der entsprechenden Schutzmaßnahmen und nach mündlicher Unterweisung der Beschäftigten ausgeführt werden. Mit den Arbeiten darf erst begonnen werden, nachdem der Aufsichtführende festgestellt hat, dass die schriftlich festgelegten Maßnahmen getroffen sind.
Einzelheiten sind festgelegt in den "Richtlinien für Arbeiten in Behältern und engen Räumen" (48).
7.4.5 Kennzeichnung
CKW gehören zu den nach der Gefahrstoffverordnung kennzeichnungspflichtigen Stoffen. (4)
Werden CKW und deren Zubereitungen in den Verkehr gebracht, ist die Verpackung nach der Gefahrstoffverordnung zu kennzeichnen (siehe auch Anhang 1B). (4)
Detaillierte Hinweise enthalten die TRGS 200 und die vom Hersteller mitzuliefernden Sicherheitsdatenblätter. (6)
Arbeits- und Lagerräume sind mit dem Schild P 02 "Feuer, offenes Licht und Rauchen verboten" zu kennzeichnen (43). Beim Umgang mit brennbaren CKW ist zusätzlich das Warnzeichen W 01 "Warnung vor feuergefährlichen Stoffen" im Eingangsbereich zu installieren.
Behälter sind eindeutig, deutlich erkennbar und dauerhaft zu kennzeichnen. Sichtbar verlegte Rohrleitungen sind in ausreichender Häufigkeit und gut sichtbar in unmittelbarer Nähe der gefahrträchtigen Stellen (4), z.B. Schieber, Anschlussstellen, zu kennzeichnen (86). Dies gilt auch für die Anschluss- und Entnahmestellen, um Verwechslungen zu vermeiden.
Zusätzliche Anforderungen an die Kennzeichnung von Druckbehältern und Druckgasbehältern sind in der Druckbehälterverordnung und den zugehörigen Technischen Regeln enthalten (25).
Tetrachlormethan (Tetrachlorkohlenstoff) EWG-Nummer: 200-262-8 Verwendung nur für Analytik, |
| ||||
Hinweise auf die besonderen Gefahren:
| |||||
Sicherheitsratschläge:
| |||||
Füllmenge des Inhalts: 1 l | |||||
Name, Anschrift und Telefonnummer des Herstellers |
Die Kennzeichnung von Abfällen beim Umgang regelt die TRGS 201 (7).
Die Kennzeichnung von CKW bei Transporten auf öffentlichen Verkehrs-wegen wird in einer Reihe nationaler und internationaler verkehrsrechtlicher Vorschriften geregelt.
Erläuterungen enthält das Merkblatt A 013 "Beförderung gefährlicher Güter" (61).
7.4.6 Hygiene
Hygienemaßnahmen sollen technische, organisatorische und persönliche Schutzmaßnahmen unterstützen, indem sie eine Aufnahme von CKW z.B. durch mangelhafte Sauberkeit am Arbeitsplatz oder die unsachgemäße Handhabung verschmutzter Arbeitskleidung und persönlicher Schutzausrüstungen verhindern.
Dazu sind vor Pausen und nach der Arbeit angemessene Hautreinigungs- und Hautschutzmaßnahmen durchzuführen (55, 73). Ein umfassender Hautschutz erfordert gegebenenfalls vor, während und nach Beendigung von Arbeiten mit CKW die Verwendung geeigneter Hautschutz-, Hautreinigungs- und Hautpflegemittel. Das Merkblatt M 042 "Hautschutz" enthält ausführliche Angaben zum Schutz und zur Pflege der Haut (55). Empfehlungen dazu gibt der Bundesverband Handschutz e.V., Brunnenweg 1, 27404 Elsdorf.
Arbeitskleidung, Schutzkleidung und persönliche Schutzausrüstungen, die durch CKW verunreinigt sind, müssen umgehend gewechselt und gründlich gereinigt oder erforderlichenfalls vernichtet werden.
CKW dürfen nicht zur Hautreinigung verwendet werden!
Rauchen ist bei Arbeiten mit CKW verboten.
CKW dürfen nicht zusammen mit Nahrungs- und Genussmitteln aufbewahrt werden (4). Beschäftigte müssen zum Essen und Trinken die hierfür vorgesehenen Räumlichkeiten oder Bereiche benutzen (12).
7.4.7 Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen
Trotz technischer, organisatorischer und persönlicher Schutzmaßnahmen können Gesundheitsschäden durch Chlorkohlenwasserstoffe (CKW) nicht in allen Fällen mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden. Um Beeinträchtigungen der Gesundheit rechtzeitig zu erkennen und ihnen vorbeugen zu können, sind daher arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen erforderlich.
Wird der Luftgrenzwert für CKW nicht eingehalten oder sind andere Auswahlkriterien erfüllt, so müssen die am betreffenden Arbeitsplatz beschäftigten Arbeitnehmer nach
arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen unter Beachtung der Berufsgenossenschaftlichen Grundsätze G 13 "Tetrachlormethan" (Tetrachlorkohlenstoff) (78), G 14 "Trichlorethen" (Trichlorethylen) (79), G 17 "Tetrachlorethen" (Perchlorethylen) (80, 81) und G 28 "Monochlormethan" (Methylchlorid) (83) unterzogen werden.
Nachuntersuchungen sind nach folgenden Fristen durchzuführen:
Erste Nachuntersuchung * | Weitere Nachuntersuchungen * | |
Tetrachlormethan G 13 | 3 - 6 Monate (12 - 24 Monate) | 6 Monate (12 - 24 Monate) |
Trichlorethen G 14 | 12 - 18 Monate (12 - 24 Monate) | 12 - 24 Monate |
Tetrachlorethen G 17 | 12 - 18 Monate (12 - 24 Monate) | 12 - 24 Monate |
Monochlormethan G 28 | 3 - 6 Monate (12 - 24 Monate) | 12 - 18 Monate (12 - 24 Monate) |
* Die in den älteren Rechtsvorschriften stehenden Nachuntersuchungsfristen sind wegen der zwischenzeitlich verbesserten Arbeitsplatzverhältnisse häufig zu kurz.
In Klammern werden die Nachuntersuchungsfristen genannt, die aus arbeitsmedizinischer Sicht heute angemessen sind.
Für Dichlormethan, Trichlormethan, Chlorethan und 1,1,1-Trichlorethan gibt es keine Berufsgenossenschaftlichen Grundsätze für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen. Hier sind allgemeine arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen erforderlich (78).
Eine Hilfestellung bei der Beantwortung der Frage, ob arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen erforderlich sind, geben die Auswahlkriterien BGI 504 (100).
Die Untersuchungen sind von einem nach § 30 Gefahrstoffverordnung (4) bzw. § 8 UVV "Arbeitsmedizinische Vorsorge" (41) ermächtigten Arzt durchzuführen.
Das Benutzen von Atemschutzgeräten befreit nicht von der Durchführung der Vorsorgeuntersuchungen (siehe auch § 3 Abs. 3 UVV "Arbeitsmedizinische Vorsorge") (41). Beschäftigte, die Atemschutzgeräte benutzen, sind zusätzlich unter Beachtung des Grundsatzes G 26 "Atemschutzgeräte" zu untersuchen. (82)
7.5 Persönliche Schutzmaßnahmen
Wenn eine Gefährdung der Beschäftigten beim Umgang mit CKW durch technische Maßnahmen allein nicht ausgeschlossen werden kann (4), müssen geeignete persönliche Schutzausrüstungen zur Verfügung gestellt, in gebrauchsfertigem, hygienisch einwandfreiem Zustand gehalten und bei Bedarf benutzt werden. Die persönliche Schutzausrüstung muss baumustergeprüft sein und das CE -Kennzeichen tragen. (110)
7.5.1 Atemschutz
Besteht die Gefahr des Einatmens von CKW, z.B. bei Reparaturarbeiten, bei Arbeiten in Behältern und engen Räumen oder unkontrollierten Betriebszuständen, sind geeignete Atemschutzgeräte bereitzustellen und zu benutzen (4, 81). Die Bereitstellung und Benutzung muss erfolgen, wenn der Luftgrenzwert nicht eingehalten wird (66, 17).
Das Tragen von Atemschutz und Vollschutzanzügen darf keine ständige Maßnahme sein. (4)
Die "Regeln für den Einsatz von Atemschutzgeräten" sind zu beachten. (69)
Die Schutzausrüstung ist außerhalb der gefährdeten Bereiche, jedoch für die Beschäftigten schnell erreichbar, aufzubewahren.
Für Benutzer von Atemschutzgeräten, die arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen nach dem Grundsatz G 26 "Atemschutzgeräte" zu unterziehen sind (78, 82), müssen Tragezeitbegrenzungen gemäß Abschnitt 6.3 der "Regeln für den Einsatz von Atemschutzgeräten" (69) eingehalten werden.
Folgende Atemschutzgeräte sind für den Umgang mit CKW geeignet:
1. Filtergeräte (abhängig von der Umgebungsatmosphäre wirkend)
Geeignete Filtergeräte für Tetrachlormethan, 1,1,1-Trichlorethan, Trichlorethen und Tetrachlorethen sind Filtergeräte mit Gasfilter, Filtertyp A, Kennfarbe braun.
Sie dürfen nur dann verwendet werden, wenn die gesamte Schadstoffkonzentration einschließlich dieser Stoffe in der Raumluft bei
Filterklasse 1: max. 0,1 Vol. -%, Filterklasse 2: max. 0,5 Vol. -%, Filterklasse 3: max. 1 Vol. -% und der Sauerstoffgehalt der Luft mehr als 17 Vol.-% beträgt.
Bei Dichlormethan, Trichlormethan und Chlorethan sind Gasfilter, Filtertyp AX gemäß DIN EN 371 zu verwenden.
Dabei gelten die folgenden maximalen Einsatzkonzentrationen und -zeiten (88):
Max. Einsatzkonzentration (ml/m3) | Max. Einsatzzeit (min) | |
Dichlormethan | 100 | 40 |
500 | 20 | |
Trichlormethan | 100 | 40 |
500 | 20 | |
Chlorethan | 1000 | 60 |
Zusätzlich ist zu beachten:
Es dürfen nur AX-Filter im Anlieferungszustand (fabrikfrisch) verwendet werden. Innerhalb einer Arbeitsschicht (max. 8 Stunden) ist die wiederholte Benutzung im Rahmen der jeweiligen maximalen Einsatzzeit zulässig. Eine Wiederverwendung darüber hinaus ist unzulässig.
Die Verwendung von AX-Filtern gegen
ist unzulässig. Für diese Stoffe sind Isoliergeräte zu verwenden, da diese Stoffe als Niedrigsieder nicht ausreichend auf dem Filter absorbiert werden und Desorptionsvorgänge möglich sind.
2. Isoliergeräte (unabhängig von der Umgebungsatmosphäre wirkend)
Isoliergeräte, z.B. Schlauchgeräte und Pressluftatmer, müssen verwendet werden
Beim Umgang mit CKW muss ausreichender Augenschutz benutzt werden. Das sind z.B.
Schutzschirme sollten nur zusammen mit Gestellbrillen mit Seitenschutz oder Korbbrillen (vor allem bei Arbeiten über Kopf) benutzt werden.
Einzelheiten enthält das Merkblatt A 008 "Persönliche Schutzausrüstungen". (58)
7.5.3 Handschutz
CKW haben eine stark entfettende Wirkung auf die Haut.
Die Hände müssen gegen den Kontakt mit CKW durch geeignete Chemikalienschutzhandschuhe geschützt werden. Ungeeignet sind z.B. Schutzhandschuhe aus Leder oder Textilfasern.
Geeignet für einen achtstündigen Einsatz (Durchbruchzeit > 8 Stunden) sind in den meisten Fällen Handschuhe aus Fluorkautschuk (FKM) mit einer Materialstärke von mindestens 0,4 mm (für Dichlormethan nur als Spritzschutz (kurzzeitiger Kontakt!)) (107).
Für den Umgang mit flüssigem Chlorethan werden Kältehandschuhe empfohlen, beim Umgang mit Chlormethan (Gas) sind keine Handschuhe erforderlich (107).
Für CKW ungeeignet sind Handschuhe aus Naturkautschuk/ Naturlatex (NR), Polychloropren (CPR), Nitrilkautschuk/Nitrillatex (NBR), Butylkautschuk (Butyl) oder Polyvinylchlorid (PVC). Es dürfen keine Einmalhandschuhe verwendet werden (107).
Für die Auswahl und Benutzung von Schutzhandschuhen sind die Angaben der Hersteller von CKW und Schutzhandschuhen und die "Regeln für den Einsatz von Schutzhandschuhen" zu beachten (71). Eine Liste von Herstellern baumustergeprüfter Schutzkleidung (Chemikalienschutzhandschuhe) enthält die "Betriebswacht" (104).
Der Informationsbroschüre des Herstellers sind die Durchbruchzeiten in Minuten zu entnehmen, die der Hersteller für die jeweiligen CKW und deren Zubereitungen ermittelt hat. Die Durchbruchzeiten sind ein Maß für die Verwendungsdauer.
Unter Berücksichtigung der Informationen des Schutzhandschuh-Herstellers hat der Unternehmer eine Betriebsanweisung zu erstellen. Das Faltblatt "Gewusst wie!" - "Chemikalienschutzhandschuhe" kann den Beschäftigten darüber hinaus zur zusätzlichen Information dienen (77).
7.5.4 Schutzkleidung und Fußschutz
In Abhängigkeit von dem Ausmaß der möglichen Gefährdung sind zusätzlich zu den Chemikalien-Schutzhandschuhen (siehe Abschnitt 7.5.3), Fußschutz und Chemikalien-Schutzanzüge oder Chemikalien-Teilkörperschutz (z.B. Schutzschürze bei einer möglichen Chemikalienwirkung auf die Körpervorderseite) aus geeigneten Materialien zu benutzen (72, 68). Geeignete Materialien sind bei den Herstellern von Schutzausrüstungen bzw. CKW und deren Zubereitungen zu erfragen. In der Benutzerinformation des Herstellers hat dieser zu bestätigen, dass die Materialbeständigkeit der Schutzkleidung gegenüber den genannten Stoffen normgeprüft wurde.
Der Unternehmer hat unter Berücksichtigung der Informationen des Schutzkleidungs-Herstellers eine Betriebsanweisung zu erstellen. Hinweise geben die "Regeln für den Einsatz von Schutzkleidung" (68).
Es ist darauf zu achten, dass keine Schadstoffe von oben in den Fußschutz gelangen können. Das ist z.B. durch Verwenden einer ausreichend langen Chemikalienschutzschürze sicherzustellen.
Schutzanzüge sind nach jeder Verwendung zu prüfen, besonderes Augen-merk ist dabei auf Materialveränderungen zu richten.
8 Erste Hilfe
8.1 Allgemeines
Alle Personen, die mit Chlorkohlenwasserstoffen umgehen, müssen über die Erste-Hilfe-Maßnahmen unterrichtet sein und über das Verhalten bei Arbeitsunfällen unterwiesen werden (42).
Die von den Berufsgenossenschaften anerkannten Anleitungen zur Ersten Hilfe sind entsprechend dem jeweiligen Gefährdungsgrad an geeigneten Stellen auszuhängen (42).
Über jede Erste-Hilfe-Leistung sind Aufzeichnungen zu führen, z.B. in einem Verbandbuch, und 5 Jahre lang aufzubewahren (42).
Bei Verdacht auf eine Gesundheitsschädigung durch Chlorkohlenwasserstoffe muss der Betroffene den Gefahrenbereich verlassen bzw. aus dem Gefahrenbereich gebracht werden. Die Helfer haben sich dabei vor Kontakt mit Chlorkohlenwasserstoffen zu schützen (Atemschutz, Schutzhandschuhe usw.).
Ärztliche Hilfe ist unverzüglich in Anspruch zu nehmen. Dem Arzt sind der chemische Stoff und die bereits durchgeführten Erste-Hilfe-Maßnahmen anzugeben.
Um wirksame Hilfe leisten zu können, kann eine Absprache zwischen Betrieb, Betriebsarzt, Krankenhaus oder Notdienst erforderlich sein.
Grundsätzliche Fragen, die Gegenstand der Erste-Hilfe-Ausbildung sind, wie "Stabile Seitenlage", "Herz-Lungen-Wiederbelebung", "Schockbekämpfung" werden in diesem Merkblatt nicht angesprochen.
8.2 Augen
8.3 Atmungsorgane
8.4 Haut
8.5 Verschlucken
8.6 Hinweise für den Arzt
Kenndaten von Chlorkohlenwasserstoffen | Anhang 1 |
A: Physikalische und chemische Kenndaten
Chlormethan (Methylchlorid) | Dichlormethan (Metylenchlorid) | Trichlormethan (Chloroform) | Tetrachlormethan (Tetrachlorkohlenstoff) | |
CAS- Nr. Chemische Formel | 74-87-3 CH3Cl | 75-09-2 CH2Cl2 | 67-66-3 CHCl3 | 56-23-5 CCl4 |
Molekulargewicht (90) | 50,5 | 84,9 | 119,3 | 153,8 |
Siedepunkt bei 1013 hPa2 (°C) (90) | - 23,76 (108) | 39,7 (108) | 61,3 | 76,7 |
Dichte bei 20 °C (g/ml) (90) | 0,920 1 | 1,33 (108) | 1,489 | 1,594 (99) |
Dampfdruck (hPa) (90) | ||||
bei 20 °C | 4890 | 465 | 212,7 | 119 |
bei 30 °C | k. A. | k. A. | 328 (99) | 186,1 (101) |
bei 50 °C | 10500 * | k. A. | k. A. | 412 (99) |
Sättigungskonzentration [berechnet *] | ||||
bei 20 °C in Vol. - % bzw. g/m3 | Gas / 483 (Dampfgewicht) | 3,4 / 1534 | 21,0 / 1043 | 11,7 / 752 |
bei 30 °C in Vol. - % bzw. g/m3 | k. A. | k. A. | 32,4 / 1554 | k. A. |
bei 50 °C in Vol.- % bzw. g/m3 | k. A. | k. A. | k. A. | 40,7 / 2360 |
Dampfdichte (Luft = 1) (108) | 1,785 | 2,93 | 4,1 * | 5,3 * |
Zersetzungsbeginn (°C) | k. A. | 120 (99) | k. A. | siehe Fußnote 3 |
Zündtemperatur (°C) (90) | 625 (108) | 605 (108) | keine | keine |
Flammpunkt (°C) (89) | - 46 (berechnet) * | - (108) | keiner (99) | keiner (99) |
Mindestzündenergie (mJ) (108) | k. A. | 9300 | k. A. | k. A. |
Explosionsgrenzen (Zündgrenzen) (108) in Luft bei 25 °C, 1013 hPa | ||||
untere (Vol.- %) | 7,6 | 13 | keine expl.
Gemische
in Luft (99) | keine expl.
Gemische
in Luft (99) |
obere (Vol. -%) | 19 | 22 | ||
Umrechnungsfaktor ppm in mg/m3 (20 °C) (99) | k. A. | 3,524 | 4,96 | 6,5 |
1 | bei 500 hPa | 3 | bei >300 °C in Luft deutliche Phosgenbildung, in feuchter Luft Weiterreaktion zu CO2 und HCI |
2 | 1 hPa entspricht 1 mbar | k.A. = | Keine validierte Angabe gefunden |
* | Herstellerangabe |
weiter. |