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Regelwerk, Naturschutz

AAV - Artenschutzrechtliche Ausnahmeverordnung
Verordnung über die Zulassung von Ausnahmen von den Schutzvorschriften für besonders geschützte Tier- und Pflanzenarten

- Bayern -

Vom 3. Juni 2008
(GVBl. Nr. 12 vom 16.06.2008 S. 327;05.06.2013 S. 352 13; 23.05.2017 S. 184 17; BayMBl. Nr. 200 vom 25.04.2023 23; GVBl. vom 04.06.2024 S. 98 24; 30.07.2024 S. 335 24a)
Gl.-Nr.: 327 791-1-11-UG



Auf Grund von § 43 Abs. 8 Sätze 1, 4 und 5 des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG) vom 25. März 2002 (BGBl I S. 1193), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 8. April 2008 (BGBl I S. 686), erlässt die Bayerische Staatsregierung folgende Verordnung:

§ 1 Ausnahmen für Kormorane 13 17

(1) Zur Abwendung erheblicher fischereiwirtschaftlicher Schäden und zum Schutz der heimischen Tierwelt wird nach Maßgabe der Abs. 2 bis 6 abweichend von § 44 Abs.1 Nr. 1 und 2 BNatSchG die Tötung von Kormoranen (Phalacrocorax carbo sinensis) durch Abschuss in einem Umkreis von 200 m um Gewässer erlaubt.

(2) Von der Gestattung ausgenommen sind

  1. befriedete Bezirke gemäß Art. 6 Abs. 1 und 2 des Bayerischen Jagdgesetzes,
  2. Naturschutzgebiete nach § 23 BNatSchG sowie Nationalparke nach § 24 Abs. 1 bis 3 BNatSchG in Verbindung mit Art. 13 des Bayerischen Naturschutzgesetzes (BayNatSchG),
  3. Europäische Vogelschutzgebiete gemäß der Bayerischen Natura 2000-Verordnung.

(3) Der Abschuss ist nur zulässig in der Zeit vom 16. August bis 14. März. In Schonbezirken nach Art. 70 des Bayerischen Fischereigesetzes (BayFiG) sowie in geschlossenen Gewässern nach Art. 2 BayFiG ist der Abschuss vorbehaltlich besonderer Schutzvorschriften in der Zeit vom 16. August bis 31. März zulässig. Nicht zulässig ist der Abschuss von eineinhalb Stunden nach Sonnenuntergang bis eineinhalb Stunden vor Sonnenaufgang. § 11 der Verordnung zur Ausführung des Bayerischen Jagdgesetzes (AVBayJG) gilt entsprechend.

(4) Zum Abschuss berechtigt sind Personen, die zur Ausübung der Jagd befugt sind.

(5) Die höhere Naturschutzbehörde kann die Befugnis entziehen, wenn gegen die Abs. 1 bis 3 verstoßen wird.

(6) Abschussort, wie Jagdrevier, Gewässer oder Gewässerabschnitt sowie Gewässertyp, und Abschussdatum, die Anzahl der jeweils abgeschossenen Kormorane und bei beringten Vögeln die Ringnummer sind der zuständigen Jagdbehörde bis spätestens 10. April jeden Jahres auf einem Einlegeblatt zur jagdlichen Streckenliste (§ 16 AVBayJG) mitzuteilen. Die Jagdbehörde übermittelt die Einlegeblätter bis zum 1. Mai jeden Jahres der zuständigen höheren Naturschutzbehörde.

§ 2 Ausnahmen für Biber 13 17

(1) Zur Abwendung erheblicher wirtschaftlicher Schäden, im Interesse der Gesundheit des Menschen sowie aus Gründen der öffentlichen Sicherheit wird nach Maßgabe der Abs. 2 bis 7 abweichend von § 44 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BNatSchG gestattet, Bibern (Castor fiber) in der Zeit vom 1. September bis 15. März nachzustellen, sie zu fangen und zu töten. Abweichend von § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG dürfen Biberdämme, soweit besetzte Biberburgen nicht beeinträchtigt werden, und nicht besetzte Biberburgen beseitigt werden.

(2) Maßnahmen nach Abs. 1 Satz 1 sind erlaubt

  1. an Kläranlagen, an Triebwerkskanälen von Wasserkraftanlagen sowie an gefährdeten Stau- und Hochwasserschutzanlagen wie Stauwehren, Deichen und Dämmen und
  2. in den gemäß Abs. 3 festgesetzten Bereichen.

(3) Die Kreisverwaltungsbehörde als untere Naturschutzbehörde soll erwerbswirtschaftlich genutzte Fischteichanlagen, Abschnitte von angelegten Be- und Entwässerungsgräben sowie Abschnitte von öffentlichen Straßen festsetzen, bei denen Maßnahmen nach Abs. 1 Satz 1 aus den dort genannten Gründen erforderlich sind. Dies setzt voraus, dass es keine anderweitige zufriedenstellende Lösung gibt und die Populationen des Bibers in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Ausnahmeregelung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen.

(4) Abs. 1 bis 3 gelten nicht in

  1. Naturschutzgebieten nach § 23 BNatSchG sowie Nationalparken nach § 24 Abs. 1 bis 3 BNatSchG in Verbindung mit Art. 13 BayNatSchG,
  2. Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung und in Europäischen Vogelschutzgebieten gemäß der Bayerischen Natura 2000-Verordnung.

(5) Zu Maßnahmen nach Abs. 1 Satz 1 ist berechtigt, wer

  1. die erforderlichen Kenntnisse nachweisen kann und
  2. von der unteren Naturschutzbehörde hierzu bestellt ist.

Ein Abschuss erfolgt im Benehmen mit dem jagdausübungsberechtigten Revierinhaber.

(6) Es dürfen nur für den Fang von Bibern geeignete Fallen verwendet werden. Beim Abschuss müssen Büchsenpatronen verwendet werden, deren Kaliber mindestens 6,5 mm beträgt; im Kaliber 6,5 mm und darüber müssen die Büchsenpatronen eine Auftreffenergie auf 100 m (E 100) von mindestens 2000 Joule haben. Beim Töten von in Fallen gefangenen Bibern mit Pistolen oder Revolvern sowie bei der Abgabe von Fangschüssen mit Pistolen oder Revolvern muss die Mündungsenergie der Geschosse mindestens 200 Joule betragen. Die Bestimmungen über verbotene Fangmethoden, Verfahren und Geräte (§ 4 der Bundesartenschutzverordnung - BArtSchV) bleiben unberührt.

(7) Fang- und Abschussort, wie Gewässer oder Gewässerabschnitt und Gewässertyp, sowie Fang- und Abschussdatum, die Anzahl der jeweils gefangenen und getöteten Biber sowie Informationen über die Entsorgung bzw. den Verbleib der getöteten Tiere sind der unteren Naturschutzbehörde unverzüglich mitzuteilen.

§ 3 Ausnahmen für Fischotter 23 24a

(1) Zur Abwendung ernster fischereiwirtschaftlicher Schäden und zum Schutz der Teich- und Fischereiwirtschaft wird nach Maßgabe der nachfolgenden Absätze gestattet, Fischottern (Lutra lutra) nachzustellen, sie zu fangen, zu vergrämen, zu verletzen, zu stören und zu töten. Maßnahmen nach Satz 1 können in den von der höheren Naturschutzbehörde festgesetzten Gebieten in einem Bereich von 200 m um den jeweiligen Gewässerrand einer Teichanlage, die der Zucht oder Produktion von Fischen dient, vorgenommen werden. Voraussetzung ist, dass es keine zumutbare Alternative gibt, dass sich der Erhaltungszustand der Populationen nicht verschlechtert und die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindert wird.

(2) Die Voraussetzungen des Abs. 1 Satz 1 sind in der Regel gegeben, wenn durch Fischotter

  1. im Zeitraum vom Besatz bis zur Abfischung ein Verlust von mindestens 10 % der erzeugten Fische der Teichanlage bezogen auf die Zahl der eingesetzten Fische oder
  2. ein Verlust von mindestens 5 % am Laichfischbesatz

eingetreten ist. Normalverluste bleiben bei der Schadensermittlung unberücksichtigt.

(3) Die höhere Naturschutzbehörde soll auf Grundlage von Daten zu den Fischotterpopulationen sowie zu den durch den Fischotter verursachten Schäden Gebiete festlegen, in denen zur Abwendung ernster fischereiwirtschaftlicher Schäden und zum Schutz der Teich- und Fischereiwirtschaft eine Maßnahme erforderlich ist; dabei ist für das jeweilige Gebiet unter Berücksichtigung des Erhaltungszustands festzulegen, wie viele Exemplare innerhalb welchen Zeitraums aus der Natur entnommen werden dürfen. Die untere Naturschutzbehörde soll auf Antrag bei Vorliegen der Voraussetzungen nach den Abs. 1 und 2 die erforderlichen Maßnahmen in den nach Satz 1 festgelegten Gebieten bestimmen, wenn die höhere Naturschutzbehörde zuvor die Einhaltung der jeweiligen Höchstentnahmezahl bestätigt hat. Örtlich zuständig ist die Naturschutzbehörde, in deren Gebiet sich die in Abs. 1 Satz 2 genannte Teichanlage befindet; sachlich zuständig für die Bestimmung der erforderlichen Maßnahmen ist abweichend von § 8 Abs. 2 Nr. 1 der Verordnung zur Ausführung des Bayerischen Naturschutzgesetzes die untere Naturschutzbehörde. § 23 BNatSchG, § 24 BNatSchG in Verbindung mit Art. 13 BayNatSchG, § 34 BNatSchG sowie die Vorschriften des Jagdrechts bleiben unberührt.

(4) Fang- und Abschussort, Teichanlage, Abschuss- und Fangdatum, das Datum des Aufstellens von Fallen sowie Informationen über die Entsorgung und den Verbleib des getöteten Fischotters sind der unteren Naturschutzbehörde von demjenigen, der eine Entnahme durchgeführt hat, unverzüglich mitzuteilen.

§ 4 Ausnahmen für Zwecke der Forschung, Lehre und Bildung 13 23

(1) Abweichend von § 44 Abs. 1 Nrn. 1, 2 und 4 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG ist es gestattet, Exemplare wild lebender Tier- und Pflanzenarten nach Maßgabe der Abs. 2 bis 4 der Natur zu entnehmen. Die Entnahme ist auf den für die Erreichung des jeweiligen Zwecks zwingend erforderlichen Umfang zu beschränken. Die Exemplare sind, sofern möglich, nach der Zweckerfüllung unverzüglich an ihrem Entnahmeort wieder in die Natur zu entlassen. Die Bestimmungen des § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG sowie des § 7 BArtSchV und weitergehender Schutzvorschriften bleiben unberührt.

(2) Bedienstete und Beauftragte der Naturschutzbehörden sowie des Landesamts für Umwelt, der Landesanstalten für Landwirtschaft sowie Wald und Forstwirtschaft, Leiter und die von diesen beauftragten Mitarbeiter wissenschaftlicher Fakultäten an staatlichen und nicht staatlichen Hochschulen im Sinn des Art. 1 des Bayerischen Hochschulgesetzes, Mitarbeiter der Staatlichen Naturwissenschaftlichen Sammlungen Bayerns dürfen besonders und streng geschützte Tier- und Pflanzenarten im Sinn des § 7 Abs. 2 Nrn. 13 und 14 BNatSchG für Zwecke der Forschung und Lehre der Natur entnehmen. Dies gilt nicht für europäische Vogelarten, Säugetiere sowie Tier- und Pflanzenarten, die in der aktuellen Fassung der Roten Liste der gefährdeten Tiere und Gefäßpflanzen Bayerns in den Gefährdungskategorien "vom Aussterben bedroht" und "stark gefährdet" aufgeführt sind. Die erhobenen Daten sind der örtlich zuständigen höheren Naturschutzbehörde für Zwecke der Arterfassung zur Verfügung zu stellen. Die Entnahme ist der höheren Naturschutzbehörde mindestens vier Wochen vorher unter Angabe der betroffenen Artgruppe, des Entnahmegebiets und des Umfangs der Entnahme anzuzeigen.

(3) Lehrer an öffentlichen oder privaten Unterrichtseinrichtungen im Sinn des Art. 3 des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen, pädagogisches Personal von Kindertageseinrichtungen im Sinn des Art. 2 des Bayerischen Kinderbildungs- und betreuungsgesetzes sowie sonstigen Umweltbildungseinrichtungen dürfen besonders geschützte Tier- und Pflanzenarten im Sinn des § 7 Abs. 2 Nr. 13 BNatSchG aus für Bildungs- und Unterrichtszwecke angelegten Anlagen wie Teichen und Gärten für den Unterricht entnehmen. Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Die höhere Naturschutzbehörde kann die Entnahme ganz oder teilweise untersagen oder mit Nebenbestimmungen versehen, insbesondere um die Einhaltung der Voraussetzungen dieser Regelung, des § 45 Abs. 7 BNatSchG und sonstiger naturschutzrechtlicher Bestimmungen sicherzustellen.

§ 5 Inkrafttreten, Außerkrafttreten 13 17 23

Diese Verordnung tritt am 16. Juli 2008 in Kraft. Sie tritt mit Ablauf des 15. Juli 2027 außer Kraft.


UWS Umweltmanagement GmbHENDE