umwelt-online: Europäisches Übereinkommen zum Schutz der für Versuche und andere wissenschaftliche Zwecke verwendeten Wirbeltiere (5)
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e. Zusätzliche Leitlinien für die Unterbringung und Pflege von Enten und Gänsen zur Vorratshaltung und für Versuche
Für Forschungs- und Versuchszwecke werden in der Regel Hausenten und Hausgänse der Art Anser anser domesticus und Cairina moschata verwendet. Alle Wasservögel sind in erster Linie an die Bewegung und das Fressen im Wasser angepasst. Das Wasser spielt auch in Bezug auf das sog. "Komfortverhalten" wie Baden und Gefiederputzen eine herausragende Rolle. Enten und Gänsen sollte ein Teich mit unterschiedlichen Steinen und Grit auf dem Boden zur Verfügung gestellt werden, um einerseits das Verhaltensrepertoire der Vögel zu erweitern und sie andererseits zu animieren, ihr Federkleid angemessen zu pflegen. Zumindest sollten Wasservögel aber in der Lage sein, ihre Köpfe in Wasser einzutauchen und dann Wasser über ihren Körper zu spritzen. Tränken und Teiche für Wasservögel sollten sich auf Bereichen befinden, die mit Abflüssen versehen sind, um Überschwemmungen zu reduzieren.
Hausgänse und -enten wurden für die Fleisch- und Eierproduktion selektiert, aber alle Rassen haben die meisten Verhaltensmuster ihrer "wilden" Vorfahren behalten und sind im Allgemeinen, vor allem während der Mauser, nervöser und leichter aus der Fassung zu bringen als andere Hausvögel.
Innerhalb der ersten 24 Stunden nach dem Schlupf und während der ersten Lebenswoche sollten die Tiere Wasser zur Verfügung haben, um leichter schwimmen zu lernen. Dabei sollte allerdings darauf geachtet werden, das Risiko des Ertrinkens z.B. durch Auswahl eines flachen Beckens zu verringern. Nach der ersten Woche sollte ein flacher Teich (Abmessungen siehe Tabelle H.6.) mit großen Steinen auf dem Boden und gegebenenfalls zwischen den Steinen verstreutem Futter oder Grit vorhanden sein, um die Tiere zum Gründeln oder Tauchen zu animieren. In Abwesenheit der Elterntiere sollten die Jungvögel kontinuierlich überwacht werden, um zu gewährleisten, dass sie das Wasser wieder verlassen können und sich nicht verkühlen. Diese Überwachung sollte solange fortgeführt werden, bis die Vögel eindeutig in der Lage sind, das Wasser ohne Hilfe zu verlassen und langsam ihre Wasser abweisenden Federn bekommen. Die Wassertemperatur muss nicht unbedingt kontrolliert werden. Die Teiche sollten regelmäßig gereinigt und das Wasser gewechselt werden, um eine gute Wasserqualität zu gewährleisten.
Enten und Gänse sollten auf festen Böden gehalten werden und genügend Raum zur Futtersuche, zum Gehen, Rennen und Flügelschlagen haben. Ihre Umgebung sollte komplex gestaltet sein und beispielsweise auch natürliche oder künstliche Unterschlupfmöglichkeiten, Kästen und Strohballen enthalten. Enten und Gänse sollten stets im Freien gehalten werden oder Zugang zu Außenbereichen haben, sofern keine triftigen wissenschaftlichen oder veterinärmedizinischen Gründe dagegen sprechen. Vögel, die so gehalten werden, dass sie Zugang zu Außenbereichen haben, sollten vor Beutetieren geschützt werden und einen trockenen Unterstand zur Verfügung haben, wo sie sich ausruhen können. Gegebenenfalls sollten Pflanzen als Deckungsschutz und/oder zum Fressen vorhanden sein. Es sollte ernsthaft überlegt werden, welche weiteren Lebensraumbedingungen für die jeweilige Tierart noch von Bedeutung sind, je nachdem ob die Vögel in Innen- oder Außenbereichen gehalten werden. Dazu gehören z.B. flaches Wasser mit Bewuchs für gründelnde Enten, Rasenstücke für Gänse und tieferes Wasser mit großen Steinen für diejenigen Arten, die in freier Natur an Felsküsten leben.
Enten und Gänse sollten möglichst in Gruppen geeigneter Größe gehalten werden und einzelne Tiere so wenig wie möglich alleine gelassen werden. Viele Arten legen allerdings während der Fortpflanzungsperiode territoriales Verhalten an den Tag, so dass es unter Umständen angezeigt ist, die Gruppengröße zu reduzieren und ein ausreichendes Platzangebot sicherzustellen, um das Verletzungsrisiko, vor allem für die Weibchen, zu reduzieren.
Tabelle H.5. Enten und Gänse: Mindestabmessungen und Platzangebot
Körpergewicht (in g) | Mindestfläche der Unterbringung (in m2) | Fläche je Vogel (in m2)*) | Mindesthöhe (in cm) | Mindestlänge des Futtertroges je Vogel (in cm) |
Enten | ||||
< 300 | 2,00 | 0,10 | 50 | 10 |
> 300 bis 1.200**) | 2,00 | 0,20 | 200 | 10 |
> 1.200 bis 3.500 | 2,00 | 0,25 | 200 | 15 |
Über 3.500 | 2,00 | 0,50 | 200 | 15 |
Gänse | ||||
< 500 | 2,00 | 0,20 | 200 | 10 |
> 500 bis 2.000 | 2,00 | 0,33 | 200 | 15 |
Über 2.000 | 2,00 | 0,50 | 200 | 15 |
*) Dazu sollte auch ein mindestens 30 cm tiefes Wasserbecken mit einer Grundfläche von mindestens 0,5 m2 pro 2 m2 Haltungsbereich gehören. Das Wasserbecken kann unter Umständen bis zu 50 % der Mindestmaße der Haltungsbereichs ausmachen. **) Vögel, die noch nicht flügge sind, können gegebenenfalls in Gehegen mit einer Mindesthöhe von 75 cm gehalten werden. |
Können diese Mindestabmessungen aus wissenschaftlichen Gründen nicht eingehalten werden, so sollte die Dauer der beengten Unterbringung vom Versuchsleiter begründet und in Absprache mit dem Zootechniker und dem Tierschutzbeauftragten festgelegt werden. In diesem Fall können die Vögel in kleineren Haltungsbereichen untergebracht werden, die jedoch über geeignete Ausgestaltungselemente und eine Mindestbodenfläche von 0,75 m2 verfügen sollten. Darin können dann, bei Einhaltung der unten aufgeführten Raumabmessungen, kleine Gruppen von Vögeln gehalten werden.
f. Zusätzliche Leitlinien für die Unterbringung und Pflege von Tauben zur Vorratshaltung und für Versuche
Es wird angenommen, dass die Felsentaube (Columbia livia) die Stammform der verschiedenen Haustauben ist. Felsentauben nisten und ruhen auf Felsklippen oder in Höhlen; Wildtauben nutzen hierfür auch geschützte Vorsprünge auf vom Menschen geschaffenen Strukturen. In ihrem natürlichen Lebensraum leben Tauben sowohl in Paaren als auch in großen Schwärmen, wobei sie gemeinsam fressen und ruhen, ihre Schlaf- und Nistplätze aber anderen gegenüber verteidigen. Tauben können in gemischten Gruppen gehalten werden, wo sie eventuell auch Eier legen, diese aber nicht bebrüten, wenn keine Nistkästen zur Verfügung stehen.
Bei der Auswahl einer Rasse zur Verwendung als Versuchstiere sollte man sehr sorgfältig vorgehen, da einige Stämme anomale oder unerwünschte Verhaltensmuster zeigen können und deshalb nicht verwendet werden sollten. Tauben ernähren sich hauptsächlich von Samen, sind aber Allesfresser, weshalb sie auch regelmäßig tierische Eiweiße erhalten sollten.
Tauben sollten möglichst ausreichend Platz zum Fliegen haben und für jeden Vogel sollte ein separater Bereich zum Aufbaumen an mindestens einer Wand des Geheges vorgesehen sein. In Blöcken angeordnete Kästen von ca. 30 cm x 15 cm Größe sollten den Vögeln zum Aufbaumen zur Verfügung stehen. Auch vom Dach oder Gerüst herabhängende Äste können zum Aufbaumen benutzt werden. An Ketten aufgehängtes Spielzeug (z.B. Vogelglocken, Spiegel und handelsübliches Tierspielzeug) sollte ebenfalls vorhanden sein. In jedem Haltungsbereich sollte es flache Wasserbäder geben. Ist ein regelmäßiger Umgang mit den Tauben erforderlich, so können "Nistbereiche" oder Kammern bereitgestellt werden, damit die Vögel darauf trainiert werden können, sich zum Einfangen in diese zurückzuziehen.
Größere, ausgestaltete Gehege mit Etagenbrettern, Sitzstangen und Spielzeug sollten wann immer möglich anstelle der "Standard"-Taubenbereiche verwendet werden. Tauben profitieren von der Möglichkeit zur Futtersuche und sollten ohne triftige wissenschaftliche Gründe nicht auf Gitterböden gehalten werden.
Tabelle H.6. Tauben: Mindestabmessungen und Platzangebot
Gruppengröße | Mindestfläche der Unterbringung (in m2) | Mindesthöhe (in cm) | Mindestlänge des Futtertroges je Vogel (in cm) | Mindestlänge der Sitzstange je Vogel (in cm) |
< 6 | 2 | 200 | 5 | 30 |
7 bis 12 | 3 | 200 | 5 | 30 |
für jeden zusätzlichen Vogel in einer Gruppe > 12 | 0,15 | 5 | 30 |
Haltungsbereiche sollten eher lang und schmal (z.B. 2 m x 1 m) als quadratisch sein, damit die Vögel kurze Flugstrecken zurücklegen können.
g. Zusätzliche Leitlinien für die Unterbringung und Pflege von Zebrafinken zur Vorratshaltung und für Versuche
Zebrafinken (Taeniopygia guttata) kommen fast überall in Australien vor. Sie sind sehr mobil, legen bei der Nahrungssuche weite Strecken zurück und leben in Schwärmen von bis zu mehreren hundert Tieren. Zebrafinken leben monogam und Männchen und Weibchen sind unterschiedlich gefärbt. Das Federkleid der Männchen ist bunter als das der Weibchen. Die Fortpflanzungsperiode ist nicht fest an bestimmte Jahreszeiten gebunden, sondern wird von der Verfügbarkeit der reifenden Grassamen bestimmt. Zebrafinken nutzen sowohl zum Schlafen als auch zum Brüten Nester. Bei Schlafnestern, die häufiger bei kalten Witterungsbedingungen genutzt werden, kann es sich entweder um ehemalige Brutnester oder um speziell zum Schlafen gebaute Nester handeln.
Zebrafinken sind gesellige Tiere und sollten, wenn sie gerade nicht brüten, in Gruppen untergebracht werden. Eine unerwünschte Fortpflanzung kann entweder durch die Unterbringung in gleichgeschlechtlichen Gruppen verhindert oder durch eine Unterbringung in gemischten Gruppen ohne Schlaf- und Brutnester bzw. durch eine Fütterung von mit frischem Grün angereicherten, aber niemals in Wasser aufgeweichten oder vorgekeimten, trockenen Samen unterdrückt werden. Für brütende Vögel sollten Nester (z.B. in Form von Weiden bzw. Plastikkörben oder Holzkästen mit getrocknetem Gras, Papierschnitzeln oder Kokosfasern als Nestbaumaterial) zur Verfügung stehen. Da die Vögel diese aber verteidigen werden, sollte ihr Verhalten unbedingt überwacht werden um sicherzustellen, dass eine ausreichende Anzahl von Nestern vorhanden ist. Panicum-Hirserispen sollten zur Anreicherung der Nahrung immer zur Verfügung stehen. Da Zebrafinken ihr Futter hauptsächlich vom Boden aufpicken, sollten die Vögel auf festen Böden gehalten werden, um ihr natürliches Futtersuchverhalten zu unterstützen.
Zebrafinken profitieren von speziell für Hausvögel entwickeltem Spielzeug, Sitzstangen und Schaukeln, weshalb diese möglichst vorhanden sein sollten. Sitzstangen sind für ihr Wohlbefinden besonders wichtig und sollten in verschiedenen Höhen angebracht werden, um das normale Fress- und Schlafverhalten der Tiere zu unterstützen. Mindestens einmal pro Woche sollte Wasser zum Baden in flachen, ca. 0,5 bis 1 cm hoch gefüllten, Behältern bereitgestellt werden.
Eine Kennzeichnung von Zebrafinken mit bunten Fußbändern kann erhebliche Auswirkungen auf ihr Sozial- und Fortpflanzungsverhalten haben ("Rot" kann z.B. die Dominanz verstärken, "Grün" oder "Blau" diese verringern). Farbe und Muster der Fußbänder sollten deshalb sorgfältig ausgewählt werden.
Die Mindestabmessungen der Haltungsbereiche von Zebrafinken sind in Tabelle H.8. aufgeführt. Die Gehege sollten lang und schmal (z.B. 2 m x 1 m) sein, damit die Vögel kurze Flugstrecken zurücklegen können. Zebrafinken gedeihen in Außenbereichen sehr gut, vorausgesetzt sie haben dort gegebenenfalls auch Zugang zu Unterschlupfmöglichkeiten und Schlafnestern. Werden die Vögel bei kalten Witterungsbedingungen in Außenbereichen gehalten, sollten diese zusätzlich beheizt werden.
Tabelle H.7. Zebrafinken: Mindestabmessungen und Platzangebot
Gruppengröße | Mindestfläche der Unterbringung (in m2) | Mindesthöhe (in cm) | Mindestanzahl an Futterverteilern |
< 6 | 1,0 | 100 | 2 |
7 bis 12 | 1,5 | 200 | 2 |
13 bis 20 | 2,0 | 200 | 3 |
für jeden zusätzlichen Vogel in einer Gruppe > 20 | 0,5 | 1 für jeweils 6 Vögel |
Für Fortpflanzungsstudien sollten die Paare in kleineren Haltungsbereichen mit angemessener Ausgestaltung untergebracht werden. Diese Bereiche sollten aber mindestens 0,5 m2 groß und 40 cm hoch sein. Die Dauer der beengten Unterbringung sollte vom Versuchsleiter begründet und in Absprache mit dem Zootechniker und dem Tierschutzbeauftragten festgelegt werden.
I. Artspezifische Leitlinien für Amphibien
1. Einleitung
Die Amphibien-Systematik umfasst drei Haupt-Ordnungen: Urodela (Caudata), Gymnophiona (Apoda) und Anura (Ecaudata). Die Anuren gehören zur Super-Ordnung Salientia. Für diese Leitlinien sind die Urodela (Salamander, Molche) und die Anura (Frösche, Kröten) von Interesse. Sie unterscheiden sich sehr stark in ihrer geografischen Verbreitung und Lebensweise; sie sind entweder aquatisch (z.B. Xenopus laevis), semiaquatisch (z.B. Rana temporaria), semiterrestrisch (z.B. Bufo marinus) oder arboreal (z.B. Hyla cinerea). Amphibien besiedeln ein großes Habitat von tiefen Süßwasserseen bis zur Wüste. Einige Vertreter verbringen die längste Zeit ihres Lebens im Erdreich oder hoch im Nebelwald. Einige leben nördlich des Polarkreises und können Frost tolerieren, während andere verschiedene Anpassungen entwickelt haben, um der Austrocknung in heißen Klimaten der Welt zu entgehen.
Amphibien sind sehr stark dem Substrat angepasst, auf dem - bzw. in dem - sie leben. Hierbei spielt ihre Körperhaut eine wichtige Funktion hinsichtlich der Durchlässigkeit für Wasser und gelöste Stoffe, einschließlich Sauerstoff und toxischer Substanzen. Sie spielt daher eine Schlüsselrolle für das Überleben der Amphibien, für ihre Interaktionen mit ihrer Umgebung und folglich für ihre Fähigkeit, sich unterschiedlichen Habitaten und ökologischen Bedingungen anzupassen. Die Gesundheit der Amphibien hängt von bestimmten Eigenschaften und Besonderheiten ihrer Körperhaut ab und macht die Amphibien damit zu bedeutsamen Bioindikatoren für die Gesundheit unserer Umwelt.
Amphibien, die für Versuchs- oder andere wissenschaftliche Zwecke verwendet werden, sollten - wenn möglich - in Gefangenschaft gezüchtet und aufgezogen werden. Tiere, die speziell zu diesem Zweck gezüchtet wurden, sollten aus freier Wildbahn eingefangenen Tieren vorgezogen werden.
Tabelle I.1. gibt einen Überblick über die vier Haupthabitate von Amphibien sowie - für jedes Habitat - Beispiele für Spezies, die häufig für Versuchs- oder andere Zwecke verwendet werden. Die nachfolgenden Vorschläge enthalten detaillierte Angaben über grundlegende Unterbringungs- und Pflegebedingungen für Spezies dieser Habitate. Möglicherweise ist für bestimmte wissenschaftliche Untersuchungen die Verwendung einer Spezies erforderlich, die nicht in diese vier Habitatkategorien fällt. Zusätzliche Empfehlungen für die Bedürfnisse dieser und anderer Spezies (oder wenn Verhaltensauffälligkeiten oder Zuchtprobleme auftreten) sollten von speziellen Experten und von entsprechendem Pflegepersonal eingeholt werden. So wird sichergestellt, dass den Bedürfnissen jeder einzelnen Spezies adäquat Rechnung getragen wird. Zusätzliche Informationen über weniger häufig verwendete Spezies und ihre Habitate finden sich in dem von der Expertengruppe erstellten Dokument mit Hintergrundinformation.
Tabelle I.1. Hauptkategorien von Habitaten und Beispiele für häufig verwendete Spezies, aufgeschlüsselt nach Habitaten
Habitat | Amphibienspezies | Größe (in cm) | Ursprüngliche geografische Verteilung/Biotop | Besttemperatur | Relative Luftfeuchtigkeit | Hauptaktivitätsperiode |
Aquatisch Urodelen | Ambystoma mexicanum (Axolotl) | 24 bis 27 | Mexiko/alte Wasserstraßen von Xochimilco | 15 °C - 22 °C | 100% | Dämmerung |
Aquatisch Anuren | Xenopus laevis (Krallenfrosch) | 6 bis 12 | Zentral- und Südafrika/grundwasser- und quellengespeiste Teiche | 18 °C -22 °C | 100% | Dämmerung/ Nacht |
Semiaquatisch Anuren | Rana temporaria (Grasfrosch) | 7 bis 11 | (Mittel- und Nordeuropa) bis Asien (außer Süd-Balkan)/Nähe von Teichen, Seen, Flüssen (Ufer, Wiesen) | 10 °C - 15 °C | 50-80% | Tag/Nacht |
Semiterrestrisch Anuren | Bufo marinus (Agakröte) | 12 bis 22 | Mittel- und Südamerika/Mangroven, Wälder | 23 °C - 27 °C | 50-80% | Nacht |
Arboreal Anuren | Hyla cinerea (Grüner Laubfrosch) | 3 bis 6 | Südöstliche USA/offene Strauchränder von Zypressensümpfen, Flachland, Wald | 18 °C - 25 °C | 50-70% | Tag/Nacht |
2. Das Umfeld und seine Überwachung
2.1 Belüftung
Haltungsbereiche von Amphibien sollten angemessen belüftet sein. Das Wasser in Behältern für aquatische Amphibien sollte gefiltert, umgewälzt und belüftet werden (siehe auch Punkt 4.3.1).
2.2 Temperatur
Amphibien sind ektothermisch. Vorteilhaft sind daher Bereiche unterschiedlicher Temperatur und Luftfeuchtigkeit, die es den Amphibien erlauben, ihre bevorzugte Mikro-Umgebung aufzusuchen. Amphibien, die häufigen Temperatur- und Luftfeuchtigkeitswechseln ausgesetzt sind, unterliegen starkem Stress und neigen häufiger zu Gesundheitsproblemen. Raum- und Wassertemperaturen sollten überwacht werden.
Bei Amphibien kann die Winterruhe durch eine entsprechende Einstellung des Hell/Dunkel-Rhythmus und der Raumtemperatur eingeleitet oder unterbrochen werden. Bevor die Winterruhe bei Amphibien in Gefangenschaft ausgelöst wird, sollten die Tiere in gutem gesundheitlichen und körperlichen Zustand sein. Sofern erforderlich, können zu Zuchtzwecken vorher die Bedingungen für die Winterstarre simuliert werden (z.B. Dämmerlicht bis Dunkelheit bei Raumtemperaturen zwischen 8 ° und 10 °C). Unter solchen Bedingungen können die Tiere vier bis fünf Monate lang ohne Fütterung gehalten werden. Danach fördert eine Wiederherstellung der Umgebungsbedingungen vor der Winterruhe die Verhaltensaktivität und stimuliert das Paarungsverhalten.
Eine Verhinderung der Winterruhe unter Laborbedingungen führt nicht zu größeren Tierschutzproblemen.
2.3 Luftfeuchtigkeit
Amphibien trinken nicht, sondern nehmen Feuchtigkeit durch die Haut auf. Wasserverlust ist ein besonders kritisches Problem bei in Gefangenschaft gehaltenen terrestrischen und semiterrestrischen Amphibien, da ein ausreichend mit Wasser versorgtes Integument für die normalen Funktionen der Amphibienhaut unerlässlich ist. Es ist daher vorteilhaft, die Behälter in Bereiche unterschiedlicher Luftfeuchtigkeit aufzuteilen. Selbst Amphibien, die den Bedingungen der Wüste angepasst sind, sollten in Gefangenschaft Zugang zu einem feuchten Aufenthaltsort haben.
2.4 Beleuchtung
Die Photoperioden sollten den natürlichen Zyklus des Ursprungsgebietes der Tiere widerspiegeln. Die Leuchtdichten in den Behältern sollten jenen entsprechen, die unter natürlichen Bedingungen zu erwarten sind. Sowohl semiterrestrisch als auch aquatisch gehaltene Tiere sollten die Möglichkeit haben, sich in beschattete Abteile ihrer Behausung zurückzuziehen.
2.5 Lärm
Amphibien sind sehr empfindlich für akustische Reize (Luftschall) und Vibration (Substratschall) und werden durch jeden neuen, unerwarteten Reiz gestört. Derartige äußere Beeinträchtigungen sollten daher so gering wie möglich gehalten werden.
2.6 Alarmsysteme
Adäquate Alarmsysteme werden empfohlen, sofern Wasserumwälzungs- und/oder Belüftungssysteme erforderlich sind.
3. Gesundheit
(Siehe Punkt 4.1 des Allgemeinen Teils)
4. Unterbringung, Ausgestaltung und Pflege
4.1 Unterbringung
Bei den meisten Amphibien ist das Sozialverhalten vor allem auf die Paarungszeit beschränkt. Die Gruppenhaltung von Amphibien ist jedoch empfehlenswert, z.B. zur Verbesserung der Futterannahme und zum Abbau von Furcht. Bei Xenopus spp. zum Beispiel führt Gruppenfütterung zu einer Art "Fressrausch", in dem sich die Tiere gegenseitig in ihrer Beutefangmotivation steigern. Bei sehr geringer Besatzdichte fehlt diese gegenseitige Stimulation und das Futter wird oft schlechter angenommen.
Zur Vermeidung von Kannibalismus bei bestimmten Spezies (besonders unter Larven von Ambystoma spp. und Scaphiopus spp.) sollten die Tiere in kleinen Gruppen gehalten werden. Kannibalismus in Gruppen lässt sich durch Sortierung der Tiere nach Größen reduzieren.
4.2 Ausgestaltung
Das Habitat terrestrischer Amphibien sollte strukturiert sein, z.B. durch Äste, Blätter, Borkenstücke, Steine oder andere geeignete künstliche Elemente. Amphibien profitieren von einer solchen Bereicherung ihrer Umgebung auf unterschiedliche Weise: Einerseits erlauben es solche Ausgestaltungen den Tieren, sich zu verstecken; andererseits bilden sie Landmarken zur visuellen und räumlichen Orientierung. Die Seitenwände der Terrarien sollten mit einem Texturmuster angestrichen sein und somit den Tieren den Eindruck einer strukturierten Oberfläche vermitteln.
Es wird empfohlen, geeignete Versteck-/Unterschlupfmöglichkeiten anzubieten, da diese bei Amphibien in Gefangenschaft Stress abbauen können. Für Xenopus spp. eignet sich z.B. eine Röhre aus Steingut oder Kunststoff. Solche Zufluchtsorte sollten regelmäßig auf kranke oder verletzte Tiere hin untersucht werden. Dunkler Boden in einem Wasserbecken erhöht das Sicherheitsempfinden der Tiere.
Das Material, das zur Bereicherung der Umgebung eingebracht wird, darf für die Amphibien nicht gesundheitsschädlich sein. Tierbehälter und Ausgestaltungselemente sollten glatte Oberflächen und runde Kanten haben, damit das Verletzungsrisiko für die Amphibienhaut möglichst gering ist.
4.3 Haltungsbereiche - Abmessungen und Bodenbeschaffenheit
4.3.1 Haltungsbereiche für aquatische Amphibien
Aquatische Amphibien wie Xenopus laevis oder Amphibienlarven werden in Wasserbecken und Aquarien untergebracht. Diese können mit einem leichten Umwälzungssystem zur Zirkulation des nicht verunreinigten (z.B. chlorfreien) Wassers, einer Heizungsvorrichtung zur Aufrechterhaltung geeigneter Temperaturen und einer Belüftungspumpe mit Belüftungssteinen ausgestattet sein. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass die Tiere durch den Belüftungsmechanismus nicht verletzt werden. Falls kein geeignetes Umwälzungssystem vorhanden ist, sollte das Wasser in den Behältern etwa zweimal pro Woche erneuert werden.
Für Xenopus spp. sind Anlagen mit regelmäßigem Wasserwechsel (filland-dump systems) ausreichend, um eine geeignete Wasserqualität zu gewährleisten (z.B. Geringhaltung der Ammoniak-Konzentration). Belüftungssteine sind für Xenopus nicht erforderlich.
Ferner sollten lange schmale Becken vermieden werden, da sie die lokomotorische Aktivität und das Sozialverhalten - z.B. die gegenseitige Steigerung der Beutefangmotivation während der Fütterung - einschränken.
Tabelle I.2. Aquatische Urodelen (z.B. Ambystoma spp.): Mindestabmessungen und Platzangebot
Körperlänge*) (in cm) | Minimale Wasseroberfläche (in cm2) | Minimale Wasseroberfläche für jedes zusätzliche Tier bei Gruppenhaltung (in cm2) | Minimale Wassertiefe (in cm) |
< 10 | 262,5 | 50 | 13 |
> 10 bis 15 | 525 | 110 | 13 |
> 15 bis 20 | 875 | 200 | 15 |
> 20 bis 30 | 1.837 | 440 | 15 |
über 30 | 3.150,5 | 800 | 20 |
*) gemessen von der Schnauze bis zum Schwanz |
Tabelle I.3. Aquatische Anuren (z.B. Xenopus spp.): Mindestabmessungen und Platzangebot*)
Körperlänge**) (in cm) | Minimale Wasseroberfläche (in cm2) | Minimale Wasseroberfläche für jedes zusätzliche Tier bei Gruppenhaltung (in cm2) | Minimale Wassertiefe (in cm) |
< 6 | 160 | 40 | 6 |
6 bis 9 | 300 | 75 | 8 |
> 9 bis 12 | 600 | 150 | 10 |
über 12 | 920 | 230 | 12,5 |
*) Diese Empfehlungen gelten für Haltungsbecken, jedoch nicht für Becken für Zuchtzwecke (natürliche Paarung und Eiablage), zumal dazu - aus Gründen der Effizienz - kleinere individuelle Gefäße geeigneter sind.
Der angegebene Raumbedarf ist für adulte Tiere der jeweiligen Größenkategorien bestimmt; juvenile Tiere und Kaulquappen sollten entweder getrennt oder nach Größen sortiert in Gefäßen von geeigneten Abmessungen gehalten werden. **) gemessen von der Schnauze bis zur Kloake |
4.3.2 Haltungsbereiche für semiaquatische und semiterrestrische Amphibien
Semiaquatische und semiterrestrische Amphibien werden in Bereichen gehalten, die aus einem Landbereich und einem Wasserbereich bestehen. Der Wasserbereich des Terrariums sollte den Tieren ein Eintauchen erlauben. Sofern kein Umwälzungssystem verwendet wird, sollte das Wasser mindestens zweimal pro Woche erneuert werden.
Jedes Terrarium sollte abgedeckt sein, um ein Entweichen der Tiere zu verhindern. Es ist empfehlenswert, die Außenseiten von transparenten Seitenwänden mit Farbe zu streichen oder anderweitig zu bedecken, um das Verletzungsrisiko der Tiere so weit wie möglich herabzusetzen. Mögliche Zusatzelemente für das Innere des Terrariums wären: weiches Kunststoffmaterial auf dem Boden in der Nähe des Wasserbereichs, Steine, künstliche Borkenstücke, künstliche Zweige und Blätter sowie Bretter. Feines Sägemehl oder anderes feinkörniges Substrat sollte vermieden werden, da es die empfindliche Körperhaut der Tiere angreift, Pathogene enthält sowie schwer zu reinigen und wiederzuverwenden ist.
Tabelle I.4. Semiaquatische Anuren (z.B. Rana temporaria): Mindestabmessungen und Platzangebot
Körperlänge*) (in cm) | Mindestfläche der Unterbringung**) (in cm2) | Mindestfläche für jedes zusätzliche Tier bei Gruppenhaltung (in cm2) | Mindesthöhe der Unterbringung***) (in cm) | Minimale Wassertiefe (in cm) |
< 5,0 | 1.500 | 200 | 20 | 10 |
> 5,0 bis 7,5 | 3.500 | 500 | 30 | 10 |
über 7,5 | 4.000 | 700 | 30 | 15 |
*)gemessen von der Schnauze bis zur Kloake **)ein Drittel Landbereich, zwei Drittel Wasserbereich ausreichend zum Eintauchen ***)Gemessen von der Oberfläche des Landbereichs bis zur Dachinnenseite des Terrariums; die Höhe der Haltungsbereiche sollte der Innenausstattung angepasst sein. |
Tabelle I.5. Semiterrestrische Anuren (z.B. Bufo marinus): Mindestabmessungen und Platzangebot
Körperlänge*) (in cm) | Mindestfläche der Unterbringung**) (in cm2) | Mindestfläche für jedes zusätzliche Tier bei Gruppenhaltung (in cm2) | Mindesthöhe der Unterbringung***) (in cm) | Minimale Wassertiefe (in cm) |
< 5,0 | 1.500 | 200 | 20 | 10 |
> 5,0 bis 7,5 | 3.500 | 500 | 30 | 10 |
über 7,5 | 4.000 | 700 | 30 | 15 |
*)gemessen von der Schnauze bis zur Kloake **)zwei Drittel Landbereich, ein Drittel Wasserbereich ausreichend für die Tiere zum Eintauchen ***)Gemessen von der Oberfläche des Landbereichs bis zur Dachinnenseite des Terrariums; die Höhe der Haltungsbereiche sollte der Innenausstattung angepasst sein. |
4.3.3 Haltungsbereiche für arboreale Amphibien
Dem Verhalten verschiedener baumlebender Spezies Rechnung tragend sollte passendes Material zum Klettern und Ausruhen geboten werden (siehe Punkt 4.3.2). Zusätzlich ist Wasser bereitzustellen, in dem sich die Tiere anfeuchten oder untertauchen können. Bei Verwendung von Wasserschalen sollten diese so beschaffen sein, dass die Amphibien sie leicht betreten und wieder verlassen können.
Tabelle I.6: Arboreale Anuren (z.B. Hyla cinerea): Mindestabmessungen und Raumbedarf
Körperlänge*) (in cm) | Mindestfläche der Unterbringung**) (in cm2) | Mindestfläche für jedes zusätzliche Tier bei Gruppenhaltung (in cm2) | Mindesthöhe der Unterbringung***) (in cm) |
< 3,0 | 900 | 100 | 30 |
über 3,0 | 1.500 | 200 | 30 |
*)gemessen von der Schnauze bis zur Kloake **)zwei Drittel Landbereich, ein Drittel Wasserbereich ausreichend für die Tiere zum Eintauchen ***)Gemessen von der Oberfläche des Landbereichs bis zur Dachinnenseite des Terrariums; die Höhe der Haltungsbereiche sollte der Innenausstattung angepasst sein. |
4.4 Fütterung
Die meisten Amphibien sind Karnivoren mit Nahrungspräferenzen für lebende kleine Invertebraten (z.B. Larven, Insekten und Würmer). Tiere in Gefangenschaft sollten mit ihrer natürlichen Beute oder mit Futter, das dem natürlichen entspricht, gefüttert werden. Allerdings können aquatische Amphibien in Gefangenschaft auch mit Fischfilet-Stückchen sowie abgeschabten Brocken von gefrorener Leber und gefrorenem Herz erfolgreich ernährt werden. Der Fütterungsturnus sollte den Umgebungsbedingungen, wie z.B. Temperatur und Lichtintensität, angepasst sein. Es ist nicht ratsam, ausgewachsene Tiere täglich zu füttern; jedoch wird ein- bis dreimalige Fütterung - jeweils bis zur Sättigung - pro Woche empfohlen.
4.5 Wasserqualität
Für aquatische und semiaquatische Amphibien sollten die Qualität des Wassers - einschließlich der Ammoniak-Konzentration - sowie der pH-Wert des Wassers regelmäßig kontrolliert werden.
4.6 Substrat, Einstreu-, Lager- und Nestmaterial
(Siehe Punkt 4.8 des Allgemeinen Teils)
4.7 Reinigung
Zur Vermeidung von Krankheiten sollten die Land- und Wasserbereiche der Terrarien sorgfältig von Schmutz-, Kot- und Futterpartikeln gereinigt werden.
4.8 Umgang
Die Haut der Amphibien ist leicht verletzbar. Sorgfalt ist daher bei jeglichem Umgang mit den Tieren geboten, der auf ein Minimum beschränkt werden sollte.
4.9 Betäubung und schmerzfreies Töten
Versuche, die möglicherweise mit schmerzhaften Eingriffen an Amphibien verbunden sind, sollten unter Betäubung und Schmerzausschaltung (Analgesie) erfolgen. Da Amphibien ihren Sauerstoffbedarf zu einem Großteil über ihre Körperhaut abdecken, sollte bei betäubten Tieren - bei denen die Lungenatmung vermindert oder unterbrochen ist - die Körperhaut stets feucht gehalten werden, z.B. mit Hilfe von einem durchnässten Tuch.
4.10 Aufzeichnungen
(Siehe Punkt 4.12 des Allgemeinen Teils)
4.11 Kennzeichnung
Soweit die Tiere individuell gekennzeichnet werden müssen, stehen verschiedene Methoden zur Verfügung, wie beispielsweise Transponder; Beckenbeschriftung, wenn Tiere individuell untergebracht sind; Überwachung von Pigment- oder Warzenkonfigurationen; kleine Markierungen mit Hilfe von farbigen Fäden. Chemische Markierungen sollten nicht verwendet werden, da die Substanzen von der Körperhaut aufgenommen werden und toxisch wirken können. Das Kupieren der Zehen ist schädlich und sollte unterlassen werden.
5. Transport
Beim Transport sind Amphibien mit ausreichend Luft und Feuchtigkeit zu versorgen. Falls notwendig, sollte die erforderliche Temperatur und Luftfeuchtigkeit mit entsprechenden Hilfsmitteln geregelt werden.
J. Artspezifische Leitlinien für Reptilien
1. Einleitung
Die Reptilien-Systematik umfasst die Haupt-Ordnungen Rhynchocephalia (Tuataras), Squamata (Eidechsen, Schlangen), Chelonia (Landschildkröten, Wasserschildkröten, Sumpfschildkröten) und Crocodilia (Alligatoren, Krokodile, Kaimane, Gaviale). Sie unterscheiden sich sehr stark in ihrer geografischen Verteilung und Lebensweise.
Im Gegensatz zu der mehr oder weniger weichen und feuchten Haut der Amphibien ist die Haut der Reptilien durch überlappende Schuppen (Schlangen, Eidechsen), schildförmige Schalen (Schildkröten) oder durch Platten der Haut (Alligatoren, Krokodile, Kaimane) geschützt. Die dicke Körperhaut stellt eine Anpassung dar, welche die Reptilien besser vor Wasserverlust schützt als dies die permeable Haut der Amphibien vermag.
Tabelle J.1. gibt einen Überblick über zwei sehr allgemeine Habitatkategorien von Reptilien und - für jedes Habitat - Beispiele für Spezies, die häufig zu Versuchs- oder anderen wissenschaftlichen Zwecken verwendet werden. Die nachfolgend beschriebenen Vorschläge enthalten detaillierte Angaben zu grundlegenden Unterbringungs- und Pflegebedingungen für Spezies dieser Habitate. Möglicherweise ist für spezifische wissenschaftliche Untersuchungen die Verwendung einer bestimmten Spezies erforderlich, die nicht in diese beiden Kategorien fällt, wie z.B. semiaquatische, arboreale oder felskletternde Reptilien. Falls Verhaltensauffälligkeiten oder Zuchtprobleme auftreten oder weitere Informationen über bestimmte Bedürfnisse anderer Spezies notwendig sind, sollten zusätzliche Empfehlungen von Experten für diese Spezies und von entsprechendem Pflegepersonal eingeholt werden. Damit soll sichergestellt werden, dass den Ansprüchen jeder einzelnen Spezies adäquat Rechnung getragen wird. Zusätzliche Informationen über Spezies und ihre Habitate finden sich in dem von der Expertengruppe erstellten Dokument mit Hintergrundinformation.
Sofern möglich, sollten Reptilien für Versuchs- oder andere wissenschaftliche Zwecke von anerkannten Tierhändlern bezogen werden.
Tabelle J.1. Zwei Kategorien von Habitaten und Beispiele für häufig verwendete Reptilienarten, aufgeschlüsselt nach Habitaten
Habitat | Reptilienart | Größe (in cm) | Ursprüngliche geografische Verteilung/Biotop | Besttemperatur | Relative Luftfeuchtigkeit | Hauptaktivitätsperiode |
Aquatisch | Trachemys scripta elegans Rotwangen- | 20 bis 28 | Mississippi-Talentwässerungskanäle/stilles Wasser mit schlammigem Boden | 20°C - 25°C | 80 bis 100 % | Tag |
Terrestrisch | Schmuckschildkröte Thamnophis sirtalis Strumpfbandnatter | 40 bis 70 | Nordamerika/Waldgebiete, feuchte Regionen | 22°C - 27°C | 60 bis 80 % | Tag |
2. Das Umfeld und seine Überwachung
2.1 Belüftung
Die Behälter von Reptilien sollten angemessen belüftet sein. Die Belüftungsöffnungen sollten abgeschirmt sein, um die Tiere am Fliehen zu hindern.
2.2 Temperatur
Reptilien sind ektothermisch. Zur Aufrechterhaltung ihrer Körpertemperatur suchen sie unter natürlichen Bedingungen eine Mikro-Umgebung auf, in der sie Wärme aufnehmen oder abgeben können. Daher sollten den Tieren Bereiche unterschiedlicher Temperatur (Temperaturgradienten) angeboten werden.
Die Temperaturbedürfnisse verschiedener Spezies variieren beträchtlich und können sogar bei derselben Spezies im Jahresverlauf differieren. Im Labor sollten die Raum- und Wassertemperaturen kontrolliert werden. Bei vielen Reptilien sind Geschlechtsbestimmung und Gonadendifferenzierung temperaturabhängig.
Eine Glühlampe, die oberhalb der als Ruheplatz zur Verfügung gestellten Plattform angebracht wird, erlaubt sonnenbadenden Reptilien ihre Körpertemperatur zu erhöhen. Bei ausgeschalteter Lampe kann eine flache Heizvorrichtung diesen Zweck erfüllen. Terrarien für Schlangen oder Eidechsen warmer Biotope sollten mit mindestens einer Wärmeplatte ausgestattet sein. Heizvorrichtungen sollten mit Thermostaten versehen sein, um die Tiere vor Überhitzung und Brandverletzungen zu bewahren.
2.3 Luftfeuchtigkeit
Zur Regulation der Luftfeuchtigkeit wird es auch erforderlich sein, die Ventilationsrate zu regulieren. Eine relative Luftfeuchtigkeit von 70 bis 90 % kann mit Hilfe von verdunstendem Wasser aus einem nahe der Heizung aufgestellten Behälter eingehalten werden. Das Angebot von Zonen unterschiedlicher Luftfeuchtigkeit (Feuchtigkeitsgradient) ist vorteilhaft.
2.4 Beleuchtung
Angemessene Hell/Dunkel-Perioden sollten für jede Spezies entsprechend ihres Lebensstadiums und der Jahreszeit vorgesehen werden. Reptilien sollten die Möglichkeit haben, sich in beschattete Abteile ihrer Behausung zurückzuziehen. Glühlampen und Höhensonnen sollten nicht die einzigen Wärmequellen sein. Das Angebot von UV-Strahlern ist notwendig, um bei den Tieren die Produktion von Vitamin D zu stimulieren.
2.5 Lärm
Reptilien sind sehr empfindlich für akustische Reize (Luftschall) und Vibration (Substratschall). Sie werden durch jeden neuen, unerwarteten Reiz gestört. Derartige äußere Beeinträchtigungen sollten daher so gering wie möglich gehalten werden.
2.6 Alarmsysteme
Adäquate Alarmsysteme sollten installiert sein, soweit Wasserumwälzungs- und/oder Belüftungssysteme erforderlich sind.
3. Gesundheit
Sorgfalt ist geboten, wenn verschiedene Spezies mit möglicherweise unterschiedlichem Gesundheitszustand gehalten werden.
4. Unterbringung, Ausgestaltung und Pflege
4.1 Unterbringung
(Siehe Punkt 4.5.2 des Allgemeinen Teils)
4.2 Ausgestaltung
Das Habitat von Reptilien sollte strukturiert sein, beispielsweise durch Steine sowie natürliche oder künstliche Äste, Blätter und Borkenstücke. Reptilien profitieren von einer solchen Bereicherung ihrer Umgebung auf unterschiedliche Weise: Einerseits erlauben es solche Ausgestaltungen den Tieren, sich zu verstecken; andererseits bilden sie Landmarken zur visuellen und räumlichen Orientierung. Zur Vermeidung von Kollisionen mit durchsichtigem Glas sollten die Seitenwände der Terrarien mit einem Texturmuster angestrichen sein, das den Tieren den Eindruck einer strukturierten Oberfläche vermittelt.
4.3 Haltungsbereiche - Abmessungen und Bodenbeschaffenheit
Die Behälter und ihre Ausstattungselemente sollten glatte Oberflächen und runde Kanten haben, damit das Verletzungsrisiko möglichst gering gehalten wird. Für besonders sensible Spezies sollte blickdichtes Material verwendet werden.
4.3.1 Haltungsbereiche für aquatische Reptilien
Aquatische Reptilien sollten in Bereichen untergebracht werden, deren Wasser umgewälzt, gefiltert und belüftet wird. Das Wasser sollte etwa zweimal pro Woche erneuert werden. Um bakterielle Verunreinigungen des Wassers möglichst gering zu halten, sollten die Wassertemperaturen 25 °C nicht überschreiten. Die Wasserspiegel sollten ausreichend hoch sein, damit die Reptilien untertauchen können.
Als Ruheplatz sollte eine Plattform dienen, auf die sich die Reptilien zurückziehen bzw. unterhalb derer sie Schutz finden können. Solche Plattformen sollten aus geeignetem Material wie z.B. Holz bestehen, so dass sich die Tiere festkrallen können, um sich aus dem Wasser zu ziehen. Diese Plattformen sollten in erforderlichen Zeitintervallen ersetzt werden. Plattformen aus Epoxydharz oder Polyurethan erscheinen hierfür ungeeignet, zumal sie sich unter dauerhaft warmen Bedingungen relativ schnell zersetzen.
Tabelle J.2. Aquatische Schildkröten (z.B. Trachemys spp.): Mindestabmessungen und Platzangebot
Körperlänge*) (in cm) | Minimale Wasseroberfläche (in cm2) | Minimale Wasseroberfläche für jedes zusätzliche Tier bei Gruppenhaltung (in cm2) | Minimale Wassertiefe (in cm) |
< 5 | 600 | 100 | 10 |
> 5 bis 10 | 1.600 | 300 | 15 |
> 10 bis 15 | 3.500 | 600 | 20 |
über 15 bis 20 | 6.000 | 1.200 | 30 |
> 20 bis 30 | 10.000 | 2.000 | 35 |
über 30 | 20.000 | 5.000 | 40 |
*) gemessen in gerader Linie vom vorderen bis zum hinteren Ende des Schildes |
4.3.2 Haltungsbereiche für terrestrische Reptilien
Terrestrische Reptilien sollten in Bereichen gehalten werden, die einen geeigneten Landbereich und einen Wasserbereich enthalten. Der Wasserbereich des Terrariums sollte den Tieren ein Eintauchen erlauben. Sofern kein Umwälzungssystem verwendet wird, sollte das Wasser mindestens zweimal pro Woche erneuert werden.
Die Terrarien sollten transparent und dicht verfugt sein. Alle Öffnungen sollten sicher abgeschirmt sein und mit passenden Deckeln oder Türen fest verschlossen werden können. Alle Türen und Deckel sollten mit Riegeln, Haken oder anderen Verschlüssen versehen sein. Es ist ratsam, die Deckel und Türen so zu konstruieren, dass sie insgesamt von oben bzw. von einer Seite geöffnet werden können, um die Reinigung des Terrariums zu erleichtern (Ausnahme: giftige Reptilien). Für einige Spezies sollten alle Terrarienwände - mit Ausnahme der Frontwand - einschließlich der Oberseite blickdicht sein. Bei leicht reizbaren oder sehr schreckhaften Reptilien kann die durchsichtige Frontwand mit einer abnehmbaren Abdeckung versehen werden. Für die Unterbringung von Giftschlangen müssen ganz bestimmte Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden.
Für alle terrestrischen Reptilien ist die Einrichtung eines geeigneten Unterschlupfes wichtig, in dem sie sich verstecken und manchmal auch fressen können. Die Dunkelheit einer Höhle kann durch einen Zufluchtsort wie z.B. eine Tonröhre simuliert werden.
Tabelle J.3. Terrestrische Schlangen (z.B. Thamnophis spp.): Mindestabmessungen und Platzangebot
Körperlänge*) (in cm) | Mindestbodenfläche (in cm2) | Mindestfläche für jedes zusätzliche Tier bei Gruppenhaltung (in cm2) | Mindesthöhe der Unterbringung**) (in cm) |
bis 30 | 300 | 150 | 10 |
> 30 bis 40 | 400 | 200 | 12 |
> 40 bis 50 | 600 | 300 | 15 |
> 50 bis 75 | 1.200 | 600 | 20 |
über 75 | 2.500 | 1.200 | 28 |
*) gemessen von der Schnauze bis zum Schwanz **) Gemessen von der Oberfläche des Landbereichs bis zur Innenseite des Terrariumdachs; außerdem sollte die Höhe des Haltungsbereichs der Innenausstattung, z.B. Einbauplatten und große künstliche Zweige, angepasst sein. |
4.4 Fütterung
In Gefangenschaft sollten Reptilien mit natürlichem Futter bzw. Nährstoffen oder kommerziellen Nahrungsmitteln gehalten werden, die ihrer natürlichen Nahrung so weit wie möglich entsprechen. Viele Reptilien sind Karnivoren (alle Schlangen und Krokodile, die meisten Eidechsen und einige Schildkröten); einige ernähren sich jedoch vegetarisch und andere sind Omnivoren. Einige Spezies haben sehr eingeschränkte, spezielle Fressgewohnheiten. Reptilien - mit Ausnahme einiger Schlangen - können trainiert werden, tote Beute anzunehmen. Daher sollte es normalerweise nicht erforderlich sein, Reptilien mit lebenden Wirbeltieren zu füttern. Werden tote Wirbeltiere verfüttert, sollten diese mit einer humanen Methode getötet worden sein, die keine toxische Wirkung bei den Reptilien hinterlässt. Die Fütterung sollte so durchgeführt werden, dass sie der jeweiligen Spezies, dem Entwicklungsstadium und dem Tierhaltungssystem Rechnung trägt.
4.5 Tränken
Alle Reptilien sind mit Trinkwasser zu versorgen.
4.6 Substrat, Einstreu-, Lager- und Nestmaterial
Den Bedürfnissen der Spezies entsprechend kann in die Terrarien verschiedenes Substratmaterial eingebracht werden. Feines Sägemehl und anderes Kleinpartikelsubstrat sollte vermieden werden, da es - besonders bei Schlangen - zu ernsthaften Verletzungen des Mauls oder zu inneren Verletzungen oder Darmverstopfung führen kann.
4.7 Reinigung
(Siehe Punkt 4.9 des Allgemeinen Teils)
4.8 Umgang
Beim Umgang mit Reptilien ist Vorsicht ist geboten, da sie leicht verletzt werden können. Wenn z.B. bestimmte Eidechsen unangemessen behandelt werden, können sie ihren Schwanz abwerfen (Autotomie), während andere Spezies leicht traumatisierbar sind.
4.9 Schmerzfreies Töten
(Siehe auch Punkt 4.11 des Allgemeinen Teils)
Eine angemessene Tötungsmethode besteht z.B. in der Verabreichung einer Überdosis eines geeigneten Betäubungsmittels.
4.10 Aufzeichnungen
(Siehe Punkt 4.12 des Allgemeinen Teils)
4.11 Kennzeichnung
Soweit die Tiere individuell gekennzeichnet werden müssen, stehen verschiedene Methoden zur Verfügung, beispielsweise Transponder; Beschriftung des Haltungsbereichs bei Einzelhaltung; Überwachung individuell typischer Hautmuster (je nach Farbe, Hautverletzungen usw.); Hautbeschriftungen, die jedoch nach der Häutung wiederholt werden müssen; kleine Markierungen an den Zehen mit Hilfe von farbigen Fäden. Das Kupieren der Zehen ist schädlich und sollte unterlassen werden.
5. Transport
Während des Transports sind Reptilien ausreichend mit Luft und Feuchtigkeit zu versorgen. Falls notwendig, sollte die erforderliche Temperatur und Luftfeuchtigkeit mit entsprechenden Hilfsmitteln geregelt werden.
K. Artspezifische Leitlinien für Fische
1. Einleitung
Die Verwendung von Fischen als Versuchstiere hat im letzten Jahrzehnt aus verschiedenen Gründen stark zugenommen, unter anderem aufgrund der starken Ausweitung der Aquakultur. Dies führte zu einer Vielfalt flankierender Basisstudien in Bereichen wie Ernährung, Krankheiten, Physiologie und Genetik, Ökotoxikologie und anderen Bereichen der toxikologischen Forschung, sowie zu Grundsatzstudien in den Bereichen Genetik und Immunologie, deren Ergebnisse für höhere Wirbeltiergruppen, einschließlich Säugetiere, von Bedeutung sind. Eine große Anzahl von Fischarten wird für Versuchszwecke verwendet; diese haben unterschiedliche Habitate, Verhaltensmuster sowie Anforderungen an Umwelt und Haltung.
Fische sind ektothermische Tiere und daher besonders gut an ihre spezielle aquatische Umwelt angepasst. Sie reagieren sehr schnell auf Stress mit umgehenden physiologischen Folgen, die relativ lang anhalten können. Solche Veränderungen haben nicht nur deutliche Auswirkungen auf das Wohlbefinden der Tiere, sondern beeinflussen auch die Versuchsergebnisse.
Forscher und Tierpfleger sollten sich mit den Eigenschaften der für Versuche empfohlenen Fischarten vertraut machen, um sicherzustellen, dass schon vor dem Erwerb der Tiere für geeignete Einrichtungen und Haltungsbedingungen gesorgt ist. Artspezifische Orientierungshilfen für die Regenbogenforelle (Oncorhynchus mykiss), den Atlantischen Lachs (Salmo salar), die Buntbarsche; Cichliden, den Zebrafisch (Danio rerio), den Seebarsch (Dicentrarchus labrax), den Atlantischen Heilbutt (Hippoglossus hippoglossus), den Kabeljau (Gadus morhua), den Steinbutt (Scophthalmus maximus) und den Afrikanischen Raubwels (Clarias gariepinus) sind in dem von der Expertengruppe erstellten Dokument mit Hintergrundinformation zu finden. Zusätzliche Empfehlungen zu den Bedürfnissen dieser und anderer Arten sollten von Fachexperten und vom Pflegepersonal eingeholt werden, um sicherzustellen, dass auf die Bedürfnisse jeder einzelnen Art entsprechend eingegangen wird.
Wenn das Forschungsziel es erforderlich macht, dass die Fische unter ähnlichen Bedingungen wie Nutzfische gehalten werden, sollte die Tierhaltung bei der Aquakulturforschung zumindest den in der Richtlinie 98/58/EG festgelegten Standards entsprechen.
2. Das Umfeld und seine Überwachung
2.1 Wasserversorgung
Es ist wichtig, dass die angemessene Versorgung mit Wasser von ausreichender Qualität jederzeit gewährleistet ist. Der Wasserfluss in Kreislaufanlagen bzw. die Filtration in Aquarien sollte ausreichen, um Schwebstoffe und Abfälle zu beseitigen und sicherzustellen, dass die Wasserqualitätsparameter auf einem akzeptablen Niveau gehalten werden. Die Überwachungssysteme sollten so eingerichtet sein, dass eine Versorgung der Fische mit einer ausreichenden Menge Wasser in ausreichender Qualität gewährleistet ist. Der Wasserfluss sollte es den Fischen auch ermöglichen, richtig zu schwimmen und normale Verwaltensweisen beizubehalten. In den meisten Fällen ist es in Behältern, in denen sich Fische nach dem Larvenstadium befinden, am besten, wenn die Wasserzufuhr schräg auf die Wasseroberfläche gerichtet wird.
2.2 Wasserqualität
Die Wasserqualität ist der wichtigste Faktor für das Wohlbefinden von Fischen und zur Reduzierung von Stress und Krankheitsrisiken. Die Wasserqualitätsparameter sollten immer innerhalb des akzeptablen Bereichs liegen, der die normale Bewegung und Physiologie einer bestimmten Art unterstützt. Die Definition des akzeptablen Bereichs ist insofern schwierig, als optimale Bedingungen für viele Arten nicht genau definiert sind und die Bedürfnisse der einzelnen Arten je nach Lebensabschnitt (z.B. Larven, Jungtiere, ausgewachsene Tiere) oder je nach Physiologie (z.B. während der Metamorphose, beim Laichen, bei der Futteraufnahme) oder je nach Vorgeschichte der Exposition variieren können.
Fische können sich unterschiedlich gut an wechselnde Wasserqualitätsbedingungen anpassen. Ein gewisses Maß an Eingewöhnung kann erforderlich sein und sollte so lange ermöglicht werden, wie es für die betreffende Fischart angemessen ist.
Da die meisten Fischarten in Wasser mit einem hohen Anteil an Schwebstoffen nicht gut leben können, sollte der Schwebstoffanteil in einem akzeptablen Rahmen gehalten werden. Falls erforderlich, sollte das Wasser für die Einrichtungen angemessen gefiltert werden, um Stoffe, die für Fische schädlich sind, zu entfernen und geeignete physikalischchemische Parameter aufrechtzuerhalten.
2.2.1 Sauerstoff
Die Sauerstoffkonzentration sollte der Fischart und dem Zweck, zu dem diese gehalten werden, angemessen sein. Die erforderliche Sauerstoffkonzentration wird je nach Temperatur, Kohlendioxidkonzentration, Salzgehalt, Futtermenge und Häufigkeit des Umgangs mit den Tieren variieren. Falls erforderlich, sollte für eine zusätzliche Belüftung des Wassers gesorgt werden.
2.2.2 Stickstoffverbindungen
Ammoniak ist das Hauptausscheidungsprodukt von Fischen. Gelöster Harnstoff sowie Futter und Fäkalien werden in anorganische Verbindungen wie Ammoniak und Phosphat umgewandelt. Ammoniak wird weiter in Nitrit und Nitrat umgewandelt. Ammoniak und Nitrit sind für Fische sehr giftig, weshalb ihre Ansammlung durch eine erhöhte Flussrate, eine geringere Besatzdichte bzw. Temperatur oder durch Biofiltration vermieden werden sollte.
Die Empfindlichkeit gegenüber Ammoniak schwankt je nach Fischart, und im Allgemeinen sind Meeres- und Jungfische empfindlicher als andere Fische. Die giftige Form von Ammoniak ist nichtionisiertes Ammoniak, dessen Menge nicht nur von der gesamten Ammoniakkonzentration, sondern auch vom pH-Wert, dem Salzgehalt und der Temperatur abhängt.
2.2.3 Kohlendioxid (CO2)
Kohlendioxid wird von Fischen durch die Atmung erzeugt und löst sich im Wasser auf, bildet Kohlensäure und reduziert dadurch den pH-Wert. Die Ansammlung von Kohlendioxid kann bei einer hohen Besatzdichte problematisch sein, wenn reiner Sauerstoff anstelle von Luft verwendet wird, um den Sauerstoffgehalt im Wasser aufrechtzuerhalten. Obwohl hohe Konzentrationen von freiem Kohlendioxid für Fische tödlich sein können, dürfte dies bei normalen Haltungsbedingungen eigentlich kein Problem sein. Es sollte jedoch darauf geachtet werden, dass über die Wasserversorgungssysteme, insbesondere wenn sie vom Grundwasser gespeist werden, keine schädlichen Mengen an Kohlendioxid in die Haltungsbereiche gelangen.
2.2.4 pH-Wert
Die zulässigen pH-Werte hängen von vielen Faktoren der Wasserqualität ab, z.B. Kohlendioxid und Kalzium. Der pH-Wert sollte so weit wie möglich konstant gehalten werden, da jede Veränderung des pH-Wertes andere Wasserqualitätsparameter beeinflusst. Im Allgemeinen kann der pH-Wert in Süßwasser niedriger sein als in Salzwasser. Falls nötig, sollte das Wasser gepuffert werden.
2.2.5 Salzgehalt
Der Salzbedarf der Fische hängt davon ab, ob es sich um ursprüngliche oder angepasste Meeres- bzw. Süßwasserfische handelt. Einige Fischarten können einen breiten Salzgehaltsbereich vertragen. Bei anderen kann die Salzverträglichkeit entsprechend ihres Lebensstadiums variieren. Änderungen des Salzgehaltes sollten schrittweise vorgenommen werden.
2.3 Temperatur
Die Temperatur sollte innerhalb des für die betreffende Fischart optimalen Bereichs gehalten werden und jede Veränderung nur schrittweise erfolgen. Bei hohen Temperaturen kann eine zusätzliche Belüftung des Wassers erforderlich sein.
2.4 Beleuchtung
Viele Fische benötigen Licht für die Futteraufnahme und andere Aktivitäten. Fische sollten nach Möglichkeit mit einer angemessenen Photoperiode gehalten werden, da der Tag-Nacht-Rhythmus die Physiologie und das Verhalten der Fische beeinflusst.
Viele Fischarten sollten nicht bei hellem Licht gehalten werden, obwohl einige tropische Fischarten unter natürlichen Bedingungen durchaus sehr helles Licht vorfinden. Sofern es für die Fischart angebracht ist, sollte die Beleuchtung gedämpft oder die Becken abgedeckt werden. Darüber hinaus sollte für geeignete Versteckmöglichkeiten gesorgt werden. Plötzliche Lichtveränderungen sollten möglichst vermieden werden.
2.5 Lärm
Fische können äußerst geräuschempfindlich sein, sogar bei einem sehr niedrigen Pegel. Lärmpegel in den Versuchseinrichtungen sollten deshalb auf ein Minimum beschränkt werden. Geräte, die Lärm oder Vibrationen verursachen, wie z.B. Stromgeneratoren oder Filteranlagen, sollten möglichst von den Fischanlagen getrennt sein. Fische, die in einer speziellen Umgebung aufgezogen werden, passen sich an die dort vorhandenen Umweltreize an und geraten unter Stress, wenn sie in eine unbekannte Umgebung umgesetzt werden.
2.6 Alarmsysteme
(Siehe Punkt 2.6 des Allgemeinen Teils)
3. Gesundheit
3.1 Allgemeines
In Versuchsanlagen sollten hygienisch einwandfreie Verhältnisse vorherrschen. Die Gesundheit der Fische hängt eng mit ihren Umwelt- und Haltungsbedingungen zusammen. Die meisten Krankheiten stehen im Zusammenhang mit Stresssituationen, die sich aus defizitären Haltungsbedingungen ergeben. Deshalb sollte bei jedem Versuch, die Krankheit zu bekämpfen, auf diese Bereiche eingegangen werden, wenn die Probleme erfolgreich beseitigt werden sollen. Das Fischgesundheitsmanagement beschäftigt sich fast ausschließlich mit Populationen und weniger mit Einzeltieren, weshalb die Kontrollmaßnahmen entsprechend ausgelegt sein sollten.
3.2 Hygiene und Desinfektion
Fischanlagen und die damit verbundenen Rohrsysteme sollten bei Bedarf gereinigt und desinfiziert werden. In geschlossenen Systemen sollten Reinigung und Desinfektion mit der Aufrechterhaltung optimaler mikrobiologischer Bedingungen vereinbar sein. Ausrüstungsgegenstände wie z.B. Netze sollten vor bzw. nach dem Gebrauch gereinigt werden. Das Personal sollte Vorsorge zur Vermeidung einer Kreuzkontamination zwischen den Fischbecken treffen.
3.3 Quarantäne
Neu eingesetzte Bestände, sowohl von Zuchtals auch von Wildfischen, sollten für eine angemessene Dauer in Quarantäne, möglichst weit abseits von den vorhandenen Beständen, gehalten werden. Während der Quarantäne sollten sie aufmerksam beobachtet und jedes auftretende Gesundheitsproblem sollte behandelt bzw. der Bestand vernichtet werden. Zuchtfische sollten von anerkannten Tierhändlern bezogen werden und möglichst einen überprüften Gesundheitsstatus aufweisen.
4. Unterbringung, Ausgestaltung und Pflege
4.1 Unterbringung
Die Besatzdichte hängt vom Fischverhalten ab; Schwarm- oder Territorialverhalten sollten berücksichtigt werden. Die Fischbesatzdichte sollte sich an den Gesamtbedürfnissen der Fische in Bezug auf Umgebungsbedingungen, Gesundheit und Wohlbefinden ausrichten. Fische sollten eine für normales Schwimmverhalten ausreichende Wassermenge zur Verfügung haben. Es sollten Maßnahmen getroffen werden, um Aggressionen unter den Artgenossen zu vermeiden oder auf ein Minimum zu beschränken, ohne auf andere Weise das Wohlbefinden der Tiere zu gefährden. Die zulässige Besatzdichte für eine bestimmte Art variiert je nach Wasserfluss und -strömung, Wasserqualität, Fischgröße, Alter, Gesundheit und Fütterungsmethode. Grundsätzlich sollten die Gruppen aus gleich großen Fischen bestehen, um die Gefahr von Verletzungen oder Kannibalismus auf ein Minimum zu reduzieren.
4.2 Ausgestaltung
Bei einigen Arten kann eine Ausgestaltung der Umgebung erforderlich werden, damit ihren Verhaltensmustern, z.B. bei der Fortpflanzung oder beim Jagen, Rechnung getragen wird. Zu diesen Bedürfnissen gehört das Bereitstellen von Verstecken für Lippfische oder von Substrat wie z.B. Sand für einige Plattfischarten. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass die Anreicherung der Umwelt die Wasserqualität nicht nachteilig beeinflusst, wobei dies jedoch nicht die Durchführung geeigneter Maßnahmen zur Verbesserung des Wohlbefindens der Fische beeinträchtigen sollte.
4.3 Haltungsbereiche
4.3.1 Fischanlagen
Fische können entweder in Landbecken in dafür vorgesehenen Gebäuden bzw. Außenbereichen oder in offenen Gewässersystemen gehalten werden. Wenn möglich, sollte der Zugang zu diesen Bereichen kontrolliert werden und sie sollten so beschaffen sein, dass die Fische möglichst wenig gestört werden und die Aufrechterhaltung artgerechter Umgebungsbedingungen erleichtert wird.
4.3.2 Landbecken
Die zum Bau der Becken verwendeten Materialien sollten nichttoxisch und haltbar sein und an der Innenseite eine glatte Oberfläche haben, um Verletzungen der Fische zu vermeiden. Sie sollten groß genug sein, um die benötigte Fischmenge unterbringen und den erforderlichen Wasserfluss aufnehmen zu können. Sie sollten von ihrer Form her den Verhaltensbedürfnissen und Vorlieben der einzelnen Versuchsfischarten gerecht werden; so sind z.B. Rundbecken am besten geeignet für Salmoniden. Die Becken sollten so gestaltet sein, dass die Tiere nicht entweichen können. Sie sollten gegebenenfalls selbstreinigend sein und dadurch die Entfernung von Abfallprodukten und überschüssigem Futter erleichtern.
4.3.3 Offene Systeme
Fische, insbesondere Meeresfischarten, können in großen schwimmenden Systemen gehalten werden. Die Ausmaße dieser Systeme, einschließlich ihrer Tiefe, sollten es den Fischen ermöglichen, aktiv zu schwimmen und Schwärme zu bilden. Die Maschengröße sollte einen guten Wasseraustausch ermöglichen, jedoch ein Entweichen der Fische verhindern. Sie sollten so gestaltet sein, dass die Gefahr von Angriffen durch Beutetiere auf ein Mindestmaß reduziert wird. Die Systeme sollten so befestigt sein, dass sich ihre Form in Gezeitenströmungen oder in Fließgewässern nicht verändert und sich die Fische dann darin verfangen könnten.
4.4 Fütterung
Fische können entweder mit Kunstnahrung oder mit natürlichem frischen/gefrorenen Futter gefüttert werden. Die Kunstnahrung ist vorzuziehen, vorausgesetzt die Ernährungsbedürfnisse der jeweiligen Art werden erfüllt und die Nahrung ist für die Fische verträglich. Von einigen Fischarten bzw. in gewissen Lebensabschnitten wird Kunstnahrung nicht angenommen. Außerdem hat Kunstnahrung eher geringere Auswirkungen auf die Wasserqualität.
Es ist wichtig, dass Fische in ausreichender Menge und Häufigkeit gefüttert werden, was wiederum von mehreren Faktoren wie z.B. Temperatur, Größe und Reife abhängt. Da eine hohe Temperatur den Stoffwechsel erhöht, sollte dann auch die Futtermenge erhöht werden. Es ist nicht immer erforderlich, die Fische täglich zu füttern. Auch die Vorlage der Nahrung ist sehr wichtig für die Sicherstellung einer angemessenen Fütterung. Darüber hinaus sollte auf die Anzahl der täglichen Mahlzeiten, das Alter der Fische, die Wassertemperatur und die Größe der angebotenen Pellets oder Futterstücke geachtet werden. Das Fütterungsregime, die Schmackhaftigkeit und die Vorlage des Futters sollten gewährleisten, dass alle Fische ausreichend Futter erhalten. Besondere Aufmerksamkeit sollte der Fütterung von Fischen im Larvenstadium geschenkt werden, vor allem wenn die Fütterung von natürlicher Nahrung auf Kunstnahrung umgestellt wird.
4.5 Reinigung der Haltungsbereiche
Alle Haltungsbereiche sollten von Abfallprodukten der Fische oder nicht gefressenem Futter freigehalten werden. Können sich diese ansammeln, so wirkt sich dies nachteilig auf die Wasserqualität und somit auf die Gesundheit der Fische aus. Die Bereiche sollten regelmäßig behandelt und gereinigt werden, um Fäulnis und einen verminderten Wasseraustausch zu vermeiden. Es sollte keine Gefahr des Rückflusses bestehen, was zum Faulen des Wassers im Haltungsbereich und zu einem Infektionsrisiko führen würde. Sind die Behälter nicht selbstreinigend, sollten die Abfallstoffe wenn nötig, generell möglichst bald nach der Fütterung, abgesaugt werden. Die Seitenwände und der Boden der Behälter sollten regelmäßig gereinigt werden, um die Ansammlung von Algen und anderen Ablagerungen zu vermeiden. Es sollte darauf geachtet werden, dass der Stress für die Tiere während der Reinigung so gering wie möglich gehalten wird.
4.6 Umgang
Fische werden durch Umgang stark gestresst, weshalb dieser auf ein Minimum reduziert werden sollte. Sie sollten normalerweise mit einem Netz aus ihrem normalen Haltungsbereich und vor dem Umgang in einem kleineren Behälter betäubt werden. Sie sollten dabei nur so kurz wie möglich betäubt bleiben und danach zum Erholen in sauberes, belüftetes Wasser gesetzt werden. Während der gesamten Versuchsdurchführung sollte eine wirksame Anästhetikumkonzentration aufrechterhalten werden.
Beim Einfangen der Fische sollten Netze mit einem entsprechenden Rahmen und geeigneter Maschengröße verwendet werden. Geknotete Netzmaschen sollten vermieden werden. Die Netze sollten vor dem Gebrauch desinfiziert und in sauberem Wasser ausgespült werden.
Außerhalb des Wassers sollten die Fische nur mit nassen Handschuhen oder nassen Händen und auf einer feuchten Oberfläche angefasst werden, um einen Schuppen- und Schleimverlust zu vermeiden. Besondere Aufmerksamkeit sollte auf die Umgangspraxis verwendet werden, um ein Austrocknen, Ersticken oder sonstige Verletzungen zu vermeiden.
4.7 Schmerzfreies Töten
Die meisten Fische sollten getötet werden
Der Tod sollte z.B. durch die physische Zerstörung des Gehirns oder durch Ausbluten bestätigt werden.
4.8 Aufzeichnungen
Es sollten Aufzeichnungen über die Wasserqualitätsparameter aufbewahrt werden.
4.9 Kennzeichnung
Es ist nicht immer erforderlich oder durchführbar, alle Fische innerhalb einer Anlage einzeln zu kennzeichnen.
Ist es jedoch notwendig, Fische zur Identifikation zu kennzeichnen, so ist die subkutane Farbstoffinjektion die am wenigsten invasive Kennzeichnungsmethode. Eine sorgfältige Abwägung ist erforderlich, bevor größere Eingriffe wie z.B. Flossenabtrennung oder eine Markierung mit passiven integrierten Transpondern (PIT) vorgenommen werden. Eine mechanische Markierung sollte nur dann erfolgen, wenn sich keine andere Methode eignet.
Die Kennzeichnung sollte generell unter Narkose vorgenommen werden, um den Umgang mit dem Tier zu erleichtern und die Verletzungs-, Erkrankungs- und Stressgefahr auf ein Mindestmaß zu reduzieren.
5. Transport
Die Fische sollten während einer bestimmten Frist vor dem Transport kein Futter mehr erhalten, damit sich der Darm entleeren kann und die Verunreinigung des Transportsystems durch Fäkalien verringert wird. Es sollte darauf geachtet werden, dass sich die Fische beim Einfangen, Verladen, Transportieren und Ausladen weder verletzen noch Stress erleiden. Plötzliche Temperaturänderungen, Zeiträume mit Sauerstoffunterversorgung und jede Verschlechterung der Wasserqualität durch Ausscheidungsprodukte sollten vermieden werden.
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