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Informationspapier des Ausschusses für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS)
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Gefährdung bei nicht gezielten Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen bei der Lebensmittelherstellung

Vom 1. Mai 2005
(BArbBl. 6/2005 S. 60)



Arbeitskreis:

Dr. V. Zemke (Vorsitz), Bezirksregierung Münster
Dr. T. Glade, Maschinenbau- und Metall-BG
Dr. K. Kiel, Landesanstalt für Arbeitsschutz NRW
Prof. Dr. H. Kolb, Bundesinstitut für Risikobewertung
Priv.-Doz. Dr. N. Kralj, FB Sicherheitstechnik, BUGH Wuppertal J. Merdian, BG Nahrungsmittel und Gaststätten
T. Rabente, Maschinenbau- und Metall-BG
R. Schlieper, Fleischerei-BG
Dr. B. Siebert, AMD TÜV GmbH

Auftrag des Arbeitskreises war die Abfassung eines Berichtes über biologische Arbeitsstoffe bei nicht gezielten Tätigkeiten bei der Lebensmittelherstellung mit dem Ziel festzustellen, ob die Erstellung einer TRBA (Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe) oder anderer zusätzlicher Arbeitsschutzregelungen für diesen Bereich erforderlich ist.

Zu diesem Zwecke wurde vom Arbeitskreis zunächst eine umfangreiche Recherche zu den bei der Lebensmittelherstellung relevanten biologischen Arbeitsstoffen durchgeführt und diese im Bericht umfassend aufgelistet.

Herangezogen wurde dabei im wesentlichen Literatur, welche den Anforderungen der vom ABAS UA 4 verabschiedeten Kriterien an zuverlässige Literaturstellen entsprach und nicht älter als maximal 10 Jahre war.

In einem zweiten Schritt wurden die in der Bundesrepublik bestehenden Regelungen sowohl der Lebensmittelherstellung als auch des Arbeitsschutzes für den Bereich der lebensmittelherstellenden Betriebe auf das Vorhandensein von Arbeitsschutzregelungen bezüglich biologischer Arbeitsstoffe überprüft. Das Ergebnis dieser Überprüfung ist ebenfalls im Arbeitspapier aufgeführt. Aus Gründen der Transparenz und der Nachvollziehbarkeit der Tätigkeit des Arbeitskreises beschränkt sich der Bericht nicht nur auf Aussagen zum Arbeitsschutz, sondern enthält neben der Liste der beurteilten biologischen Arbeitsstoffe auch die Gesamtheit dieser geprüften Regelungen und Normen.

Abschließend wurden den relevanten biologischen Arbeitsstoffen die vorhandenen arbeitsschutzbezogenen Regelungen für biologische Arbeitsstoffe gegenübergestellt, das Ergebnis dieser Gegenüberstellung wurde bewertet und mit einem Votum des Arbeitskreises versehen.

1. Einleitung

Lebensmittel geben nicht nur dem Menschen ein vielfältiges Nährstoffangebot, sie bieten auch einigen biologischen Arbeitsstoffen gute Wachstumsbedingungen. Entsprechend sensibel ist der Bereich der Lebensmittelherstellung in Bezug auf Mikroorganismenwachstum.

Ein wesentliches Ziel der Lebensmittelherstellung ist daher im Sinne des Verbraucherschutzes die Herstellung eines mikrobiologisch und hygienisch einwandfreien Produktes. Um dieses Ziel zu erreichen, werden die eingesetzten Rohstoffe unterschiedlichsten Prozessen (z.B. Reinigung, Kühlung, Erhitzung, Räuchern, Trocknen, Salzen u.a.) unterzogen. An diesen Prozessen sind Beschäftigte beteiligt, um das Produktionsziel zu erreichen. Der Schutz der Gesundheit dieser Beschäftigten ist das Ziel des Arbeitsschutzes.

Neben den geltenden lebensmittelhygienisch bedingten Vorschriften finden somit auch die gesetzlichen Regelungen des Arbeitsschutzes, insbesondere die Biostoffverordnung, bei der Lebensmittelproduktion Anwendung.

Diese Ausarbeitung beschäftigt sich mit der Umsetzung der Anforderungen der Biostoffverordnung in folgenden Bereichen:

Lebensmittelbe- und -verarbeitung einschließlich der Be- und Verarbeitung pflanzlicher Rohprodukte, deren Anlieferung und Lagerung sowie der Hochseefischerei, die Binnenfischerei, Schlachtung und der Herstellungvon Zusatzstoffen, insbesondere biologischer Herkunft.

Nicht berücksichtigt werden:

2. Nicht gezielte Tätigkeiten

Die Biostoffverordnung unterscheidet grundsätzlich zwischen gezielten und nicht gezielten Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen.

Bei gezielten Tätigkeiten nach der Biostoffverordnung ist der biologische Arbeitsstoff der Spezies nach bekannt, die Tätigkeit ist auf den biologischen Arbeitsstoff unmittelbar ausgerichtet und die Exposition der Beschäftigten ist im Normalbetrieb hinreichend bekannt.

Nicht gezielte Tätigkeiten im Sinne der Biostoffverordnung liegen vor, wenn mindestens eine dieser drei Voraussetzungen des § 2 (5) nicht erfüllt ist. Bei der Lebensmittelherstellung wird in der Regel die zweite der genannten Voraussetzungen für gezielte Tätigkeiten fehlen: die Tätigkeit ist nicht auf den biologischen Arbeitsstoff unmittelbar ausgerichtet.

Neben den eigentlichen Be- und Verarbeitungsprozessen (einschließlich der Schlachtung) gehören zu den nicht gezielten Tätigkeiten bei der Lebensmittelherstellung insbesondere nachfolgende Tätigkeiten:

Eine Wareneingangskontrolle bzw. Probennahme erfolgt in der Regel unmittelbar bei der Anlieferung der Roh- oder Vorprodukte für die Lebensmittelherstellung. Nicht den Anforderungen entsprechende Lieferungen werden zum Teil erst gar nicht entladen, sondern zurückgewiesen.

Durchgeführt wird die Probennahme sowohl vom eigentlichen Laborpersonal, als auch von anderen entsprechend ausgebildeten Beschäftigten. In der Regel werden die angelieferten Waren stichprobenartig auf bestimmte Leitparameter hin untersucht (z.B. der pH-Wert bei Zwiebelwürfeln, der aw-Wert bei Gewürzen oder der Ochratoxin-A-Gehalt bei Nüssen).

Der Probennehmer ist in der Regel auch derjenige, der zuerst Kontakt mit mikrobiologisch kontaminierten Lieferungen hat. Welche Qualität dieser Kontakt hat, kann offensichtlich (z.B. bei sichtbarem Schimmelpilzbefall), aber auch erst im Nachhinein anhand der Laborergebnisse belegbar sein. Letzteres ist zumindest dann der Fall, wenn es sich um biologische Arbeitsstoffe handelt, die anhand der Prüfparameter erfasst bzw. nachgewiesen werden können.

Schutzmaßnahmen für Probennehmer müssen sich daher an den möglicherweise in der Lieferung vorkommenden biologischen Arbeitsstoffen orientieren.

Je nach Branche/Produkt werden Rohstoffe, Zwischen- oder Endprodukte oder auch Abfälle offen gelagert und innerbetrieblich transportiert (z.B. Wurst, Fleisch, Käse, Gemüse, Getreide). Dabei kann es zu einer Exposition der Beschäftigten gegenüber biologischen Arbeitsstoffen kommen.

Die Be- und Verarbeitungsprozesse in der Lebensmittelherstellung sind in vielen Bereichen weitgehend automatisiert. Daher fallen Instandhaltungsarbeiten an Apparaten, Anlagen, Geräten und baulichen Einrichtungen an. Insbesondere Apparate und Geräte können mit Rohstoffen, Zwischen- oder Endprodukten sowie mit Abfällen der Lebensmittelherstellung behaftet sein.

Soweit es sich nicht um sterilisierte Rohstoffe, Zwischen- oder Endprodukte handelt, enthalten diese i.d.R. Mikroorganismen und ggf. weitere biologische Arbeitsstoffe. Insbesondere wenn Apparate, Anlagen und Geräte vor Instandhaltungsarbeiten nicht gereinigt werden (z.B. ein Defekt im Produktionsgang), ist mit einer Exposition der Beschäftigten gegenüber biologischen Arbeitsstoffen zu rechnen.

Reinigungsarbeiten in der Lebensmittelherstellung können den Kontakt mit kontaminierten Apparaten, Anlagen, Geräten und baulichen Einrichtungen umfassen.

In Abhängigkeit vom Produktionsprozess müssen in regelmäßigen Intervallen Reinigungs- und ggf. Desinfektionsmaßnahmen durchgeführt werden. Die Reinigung erfolgt zum Teil automatisch, teilweise aber auch manuell.

Ein besonderes Augenmerk sollte der manuellen Reinigung

gelten.

Auch hier ist die Exposition von Beschäftigten gegeben. Als problematisch können sich z.B. Reinigungsverfahren mit starker Aerosolbildung erweisen.

Aus dem Produktionsprozess entstehende Abfälle und Reststoffe werden in besonderen Sammelbehältern zwischengelagert.

Abfälle oder Reststoffe sind z.B.:

Diese Abfälle sind häufig mit biologischen Arbeitsstoffen kontaminiert, wodurch es zu einer Exposition der Beschäftigten kommen kann. Hinzu kommt, dass diese Abfälle/Reststoffe u.U. nicht mehr den (Hygiene-) Regelungen des Lebensmittelrechtes unterliegen, was zu weiteren Problemen führen kann.

3. Vorkommen biologischer Arbeitsstoffe bei der Lebensmittelherstellung

Biologische Arbeitsstoffe können auf verschiedenen Wegen im Rahmen der Lebensmittelherstellung in oder an das Lebensmittel kommen. Zum einen können sie primär, schon bei der Urproduktion in oder auf das Lebensmittel gelangen. Dies ist z.B. bei vom Tier stammenden Lebensmitteln (Fleisch, Milch, Eier und daraus hergestellte Produkte) der Fall, wenn Zoonoseerreger das Tier befallen haben. Probleme können vor allem dann auftreten, wenn die Erreger beim Tier nicht zu Krankheitssymptomen führen.

Ebenfalls zu den primären Quellen gehören von Pflanzen stammende Lebensmittel, welche z.B. eine Pilzbelastung oder eine Belastung infolge Fäkaldüngung aufweisen können.

Diese bereits im Rohstoff vorhandenen biologischen Arbeitsstoffe spielen für den Arbeitsschutz eine Hauptrolle, da die Beschäftigten während des Produktionsprozesses i.R. unterschiedlichster nicht gezielter Tätigkeiten (siehe Kap. 2) mit diesen in Kontakt kommen können.

Eine weitere Rolle spielt der sekundäre Eintrag von biologischen Arbeitsstoffen im Verlauf der Gewinnung, der Be- und Verarbeitung und des Vertriebes. Dieser Eintrag kann durch die mit den Lebensmitteln umgehenden Menschen, aber auch durch kontaminierte Gegenstände, Einrichtungen und Gerätschaften erfolgen (Fb 725 BAUA 1995).

Der sekundäre Eintrag wird im Folgenden nicht ausführlich betrachtet, da diese Mikroorganismen eine allgegenwärtige Gefahr darstellen, die durch den Umgang mit Lebensmitteln nicht spezifisch erhöht wird. Vielmehr zielen die vielfältigen Maßnahmen des Produktschutzes im Rahmen des Produktionsprozesses auf die Verhinderung dieses Eintrages ab. Die erforderlichen einzelnen Maßnahmen sind daher Regelungsgegenstand des Lebensmittelrechtes.

Gesundheitsgefahren drohen den Arbeitnehmern prinzipiell auch durch den Umgang mit weltweit gehandelten Nahrungsmitteln. In vielen Ländern werden Lebensmittel unter weit schlechteren

hygienischen Bedingungen produziert als dies nach deutschen Hygienestandards möglich wäre. Als Beispiel sei hier die (humane) Fäkaldüngung genannt. Ein weiteres Beispiel ist die Kakaobohnenverarbeitung im Herkunftsland, die neben der mehrtägigen Fermentation unter Palmblättern auch das Trocknen auf dem Erdboden in der Sonne (einschließlich tierischer Einflüsse) beinhaltet (Küpper 2002). Entsprechendes gilt für die Fermentation von Weißem Pfeffer im Ursprungsland. Auch kann die Lagerung in tropischen und subtropischen Gegenden einen Einfluss z.B. auf den Schimmelpilzgehalt pflanzlichen Lagergutes haben (Reiß 1997).

Bei der Weiterverarbeitung von Lebensmitteln können auch Allergien auftreten (Fb 725 BAUA 1995). Diese können sowohl durch Hautkontakte, als auch durch Aufnahme von Allergenen mit der Atemluft auftreten (siehe Kap. 4).

Die Kommission Lebensmittelmikrobiologie und -hygiene der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM) veröffentlicht nach dem wissenschaftlichen Stand der Erkenntnis Werte zur Beurteilung von Lebensmitteln. Diese Werte geben laut DGHM "eine Orientierung, welches produktspezifische Mikroorganismenspektrum zu erwarten und welche Mikroorganismengehalte in den jeweiligen Lebensmitteln bei Einhaltung einer guten Hygienepraxis akzeptabel sind" (DGHM 2002). Die Werte der DGHM dienen dem Verbraucherschutz und betreffen das Endprodukt, sie sind demnach für den Arbeitsschutz bei der Herstellung der Lebensmittel nicht anwendbar. Die Tatsache, dass eine Bewertung durch die DGHM vorgenommen wurde, kann aber als Indikator für die Art der zu erwartenden Mikroorganismen herangezogen werden. Auf der Basis dieser Indikatorfunktion wird die Beurteilung durch die DGHM hier als Hinweis berücksichtigt.

Des weiteren fließt der "Aufgabenkatalog Arbeitsmedizin" der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten (BGN) in die Bearbeitung mit ein. Er ist als Orientierungshilfe für Arbeitsmediziner gedacht. Genannt wird jeweils die intensivste Problemausprägung. Der "Aufgabenkatalog Arbeitsmedizin" beschreibt allgemein die für die einzelnen Gewerbezweige typischen Problemfelder und stellt mögliche Ursachen und Maßnahmen dar (AufArb BGN 1995).

Im Rahmen nicht gezielter Tätigkeiten im Sinne der Biostoffverordnung zählen die nachfolgend aufgelisteten Organismen zu den bei der Lebensmittelherstellung für den Arbeitsschutz relevanten biologischen Arbeitsstoffen:

3.1 Bakterien

Die Meldungen über Lebensmittelinfektionen und -intoxikationen nach dem ehemaligen Bundesseuchengesetz und seit 2001 nach dem Infektionsschutzgesetz nahmen bis Mitte der 90er Jahre stark zu und haben sich seither auf hohem Niveau (bei etwa 200.000 Fällen pro Jahr) stabilisiert. Danach steht die Salmonellose an erster Stelle, gefolgt von Campylobacter- und Yersinien-Infektionen, enterohämorrhagischen E. coli (EHEQ, Staphylokokken-Intoxikationen, Listeriosen sowie Shigellosen.

Zu der jeweiligen Erkrankung kommt es, wenn der Erreger bzw. das Toxin in entsprechender Menge oral aufgenommen werden. Bei nicht gezielten Tätigkeiten der Lebensmittelherstellung steht statistisches Material nicht zur Verfügung. Dies liegt auch an der Praxis der Umsetzung der Berufskrankheitenanzeige für diesen Bereich: Es gehört nicht zur allgemein üblichen Vorgehensweise für Durchfallerkrankungen ein BK-Verfahren anzustrengen.

In vielen Fällen ist sogar davon auszugehen, dass bei nur wenige Tage dauernden Durchfallerkrankungen nicht einmal ein Arzt aufgesucht wird (RKI 2002).

Des weiteren mag der Grund für fehlendes statistisches Material auch in der (historisch bedingten) Betitelung der BK-Nr. 3101 liegen: "Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt ist". Diese Formulierung ist nicht dazu geeignet, den untersuchenden Arzt bei einem Beschäftigten aus der Lebensmittelherstellung zu einer BK-Meldung zu veranlassen. (Zoonosen werden durch die BK-Nr. 3102 erfasst.)

Die orale Aufnahme von biologischen Arbeitsstoffen stellt in der Lebensmittelherstellung in der Regel nur dann ein größeres Problem dar, wenn mit der Tätigkeit Abschmeck- oder Verkostungsprozesse verbunden sind. Die nicht gezielten Tätigkeiten bei der Speisenzubereitung z.B. in Großküchen und Gaststätten, wurden von den beschriebenen Betrachtungen ausgenommen, so dass das Hauptpotential der oralen Infektionsmöglichkeiten hier entfällt. Bei den nachfolgend aufgelisteten Bakterien wurden im Rahmen der oralen Aufnahme daher nur solche berücksichtigt, welche entweder eine sehr niedrige Infektionsdosis besitzen (Campylobacter, EHEC, Shigella) oder aufgrund der Häufigkeit ihres Auftretens eine Relevanz besitzen (Salmonella, Yersinia).

Der "Aufgabenkatalog Arbeitsmedizin" der BGN beschreibt allgemein das Auftreten von "Mikroorganismen" als Problemfeld in den Bereichen Backgewerbe und Tiefkühlhäuser. Weiterhin wird das Auftreten von "biologisch kontaminiertem Feinstaub" als Problem für die Bereiche Mehl- und Backschrotmühlen, Graupen-, Schäl- und Reismühlen, Mälzereien, Brennereien, Nussröstereien und bei der Gewürzherstellung beschrieben (AufArb BGN).

Bacillus anthracis

Infektionsherde mit Bacillus anthracis sind in Deutschland erloschen, so dass eine Übertragung über einheimische Lebensmittel auszuschließen ist. Durch die Globalisierung des Handels bleibt das Thema jedoch aktuell (Tschäpe 2000). In Mittel- und Nordeuropa sowie in Nordamerika ist der Milzbrand selten. In Südeuropa tritt er auf, häufiger in Afrika, Südamerika und Asien (Köhler 2001). Zu 95 % manifestiert sich die Erkrankung als Hautmilzbrand. Menschen infizieren sich über den direkten Kontakt mit erkrankten oder verstorbenen Tieren sowie indirekt durch tierische Rohstoffe (Wolle, Ziegenhaar, Knochenmehl) (Hahn 2001). Die Infektionsdosis liegt bei 103 Erregern (Tschäpe 2000).

Zu den möglicherweise betroffenen Berufsgruppen gehören die Schlachter (Köhler 2001, RKI 2001) und das Fleischbeschaupersonal.

Bacillus cereus

Bacillus cereus verursacht u.a. invasive Lokalinfektionen. Diese entstehen, wenn die Sporen in Wunden oder in verletzte Augen gelangen und dort auskeimen (Hahn 2001). Die DGHM hat das Vorkommen von Bacillus cereus für folgende Produktgruppen aufgelistet: Teigwaren, Gewürze, Trocken-/Instantprodukte, Tiefkühlwaren, Fruchtpulpen, Getreidemahlerzeugnisse (DGHM 2002). Betroffen können z.B. Beschäftigte bei der Be- und Verarbeitung von Gemüse, Reis, Hülsenfrüchten, Früchten und Gewürzen sein.

Borrelia burgdorferi

Borrelia burgdorferi ist der häufigste durch Zecken übertragene Erreger der nördlichen Hemisphäre. Borrelienreservoire sind in Europa Kaninchen, Rehe und andere Wildtiere (Köhler 2001). Von der Fleischerei-BG wurden in den Jahren 1991-2000 zwei Fälle von Berufskrankheiten durch Borrelia burgdorferi anerkannt (Hilmes 2002).

Brucella melitensis

Die Brucellose des Menschen ist eine von der Gattung Brucella verursachte, durch direkten Kontakt (meist Berufskrankheit) oder durch den Genuss infizierter Milchprodukte übertragene Zoonose, die zu einer langandauernden, mit undulierendem Fieber verlaufenden systemischen Infektion führt (Köhler 2001).

Der Mensch infiziert sich über die verletzte oder intakte Haut sowie über Aerosole durch direkten Kontakt mit erkrankten Tieren oder deren infektiösen Ausscheidungen. Ein weiterer Infektionsweg geht über infizierte Milch oder Milchprodukte (Schaf- oder Ziegenkäse). Durch Pasteurisierung werden Brucellen in der Milch rasch und sicher abgetötet. In Rohmilch können sie bis zu vier Wochen, in Butter bis zu vier Monate, in Käse (Schaf- oder Ziegenkäse) bis zu neun Monate überleben (Köhler 2001).

Betroffene Berufsgruppen können u.a. Fleischer, Beschäftigte in der Fleischverarbeitung sowie Molkereiarbeiter bei der Rohmilchverarbeitung sein (Fb 725 BAUA 1995, Hofmann 2000, Köhler 2001). Als Hinweise für mögliche Übertragungswege kommen Schnittverletzungen, Kratzer und in das Gesicht spritzende (Körper-) Flüssigkeiten (der Tiere) in Betracht (Fb 725 BAUA 1995). Die Infektionsdosis liegt bei 103 Erregern (Tschäpe 2000).

Die Brucellose gehört zu den durch ein Tilgungsprogramm der EU seit 1964 auszurottenden Erkrankungen bei Rindern und Schweinen (RL 64/432/EWG). Brucellen treten in der Bundesrepublik nur noch sporadisch auf (Tschäpe 2000), dementsprechend ist lediglich der Import von Tieren und Tierprodukten (z.B. Ziegen- und Schafkäse aus Bulgarien oder der Türkei) von Bedeutung (Hahn 2001). Betroffene können Berufe bei der Schlachtung und Verarbeitung von infizierten Tieren und Tierprodukten sein (Fb 725 BAUA 1995).

Von der Fleischerei-BG wurde in den Jahren 1991-2000 ein Fall von Berufskrankheiten durch Brucella ssp. anerkannt (Hilmes 2002).

Campylobacterspp., Campylobacter jejuni, Campylobacter coli

Campylobacter jejuni ist weltweit eine der häufigsten Ursachen der bakteriellen Enteritis und Enterokolitis. Bereits eine Infektionsdosis von 500 Erregern kann beim Menschen zu einer Campylobacter-Enterokolitis führen (Köhler 2001, Hahn 2001, Tschäpe 2000). Die Infektionsdosis verringert sich, wenn die Infektion über kontaminierte Lebensmittel, v.a. Milch, geschieht (Hahn 2001). Campylobacter coli verursacht eine akute Enteritis, kommt aber weit seltener vor als C. jejuni (Hahn 2001). Neben Durchfallerkrankungen können nach einer Campylobacter-Infektion reaktive Arthritiden als Spätfolgen einer Erkrankung auftreten (Kist 2001, RKI 2001).

Tiere sind die wichtigste Infektionsquelle der Campylobacter-Infektionen. So wurden die Erreger bei Schlachtgeflügel in 60-100 %, bei Rindern in bis zu 40%, bei Schweinen (C. colr) zwischen 17 und 100 % und bei Schafen in 8-22 % nachgewiesen (Köhler 2001).

Campylobacter spp. sind besonders in Geflügel- und Schweinebeständen weit verbreitet (RKI 2002).

Die Übertragung auf den Menschen erfolgt in erster Linie über tierische Lebensmittel. Schlachtgeflügel, besonders deren Innereien, und Rohmilch sind bedeutende Risikofaktoren; Innereien von Rind und Schaf können ebenfalls kontaminiert sein (Köhler 2001, Tschäpe 2000).

Die Kolonisationsrate im Darm von Warmblütern kann sehr hoch sein (bis 106 KBE/g Kot), ohne dass diese klinische Symptome einer Erkrankung zeigen (RKI 2001).

Betroffene Berufsgruppen können insbesondere Fleischer und Beschäftigte der fleischverarbeitenden Industrie sowie Beschäftigte bei der Be- und Verarbeitung fäkalgedüngten Gemüses sein (Fb 725 BAUA 1995, Ammon 2000).

Chlamydia psittaci (Chlamydophila psittaci)

Die durch Chlamydia psittacihervorgerufene Ornithose (Psittakose) kann durch über 130 Vogelarten, darunter Geflügel, sowie durch 32 Säugetierarten, darunter Schafe, Ziegen, Kühe übertragen werden (Fb 725 BAUA 1995, RKI 2001).

Infizierte Tiere scheiden die Chlamydien mit respiratorischen Sekreten oder Fäkalien aus. Die Übertragung der austrocknungsresistenten Erreger erfolgt aerogen (Köhler 2001, Hahn 2001). C. psittaci kann bei Raumtemperatur selbst bei Austrocknung vier Wochen infektiös bleiben (RKI 2001).

Gefährdet sind vor allem Personen mit beruflichem Vogelkontakt (Köhler 2001, Hahn 2001). Zu den betroffenen Berufsgruppen zählen daher insbesondere Beschäftigte in Geflügelschlachtereien (Fb 725 BAUA 1995, Manke 2000).

Die Befragung von 191 Mitarbeitern je zweier Hähnchen- und Putenschlachtbetriebe im Rahmen eines BG-Forschungsprojektes (Olten, Merget 2002) ergab bei 53 % der Teilnehmer Hinweise auf Ornithose-typische Beschwerden seit Tätigkeit im Geflügelschlachtbetrieb. 16,2 % der Teilnehmer wiesen serologische Veränderungen einer zurückliegenden Infektion mit Chlamydien auf. In allen vier untersuchten Schlachtbetrieben wurde v.a. an den Arbeitsplätzen "Einhängen", "Entbluten", "Entfedern", "Zerlegung", "Bratfertig" und "Verpackung", d.h. in den Bereichen mit direktem Kontakt zu Lebendgeflügel (Verwirbeln von Staub und Federteilen durch Flügelschlag) bzw. dem Fleisch, eine deutliche Chlamydienbelastung festgestellt (Olten, Merget 2002, Hilmes, Schlieper 2003).

Durch den Gewerbeärztlichen Dienst Nürnberg wurden 1998 in einem Geflügelschlachtbetrieb 15 Ornithoseerkrankungen im Zeitraum März 1997 bis Juni 1998 ermittelt, wobei in sieben dieser Fälle die Berufskrankheitenanzeige versäumt wurde (Manke 2000). Dies kann an den grippeähnlichen Symptomen der Erkrankung liegen, welche bei einer Inkubationszeit von 1-4 Wochen durchaus versehentlich anderen Krankheitsbildern zugeordnet werden kann. Allen erkrankten Personen war gemeinsam, dass sie vor Beginn der Ornithoseerkrankung erst kurz in der Geflügelschlachterei gearbeitet bzw. sich nur kurz dort aufgehalten hatten, was für ein hohes Erkrankungsrisiko bei Erstkontakt spricht. Die veterinärärztliche Untersuchung bestätigte den Verdacht, dass auch klinisch gesund erscheinendes Schlachtgeflügel Chlamydia psittaci übertragen kann. Die gesetzlich vorgeschriebene Schlachtgeflügeluntersuchung beschränkt sich auf das Vorhandensein klinischer Ornithosezeichen beim Geflügel (Manke 2000).

Darüber hinaus ist im "Aufgabenkatalog Arbeitsmedizin" der BGN das Auftreten von Vogelkot für den Bereich der "Rohstoffannahme" und "Reinigung" bei der Kaffee-Ersatzherstellung (Roggen-/ Gerstenmalz) als Problemfeld beschrieben (AufArbBGN 1995). Des weiteren ist das Auftreten von Vogelkot für den Bereich der "Getreideannahme/Vorreinigung" bei Mehl- und Backschrotmühlen und für die Bereiche "Getreideannahme" und "Getreidelagerung" bei Graupen-, Schäl-, und Reismühlen sowie für den Bereich "Lagerung" bei Mälzereien und für den Bereich der "Rohstoffannahme" bei der Öl- und Fettproduktion als Problemfeld beschrieben (AufArb BGN 1995). Von der Fleischerei-BG wurden in den Jahren 1991-2000 zwölf Fälle von Berufskrankheiten durch Chlamydia psittaci anerkannt (Hilmes 2002).

Coxiella bumetii

Coxiella burnetiiverursacht Q-Fieber, eine fieberhafte Pneumonie. Wichtigste Erregerreservoire sind Rinder, Schafe, Ziegen, Zecken, Fische und Vögel. C. burnetii findet sich u.a. in Urin, Kot, Milch, Plazentagewebe inapparent infizierter Tiere.

Der Erreger ist äußerst resistent gegen Austrocknung, Hitze, Kälte, Sonnenlicht (Hahn 2001) und chemische Einflüsse (RKI 2001). Diese Fähigkeit ermöglicht ein jahrelanges Überleben z.B. in Staub (RKI 2001).

C. burnetiiist hoch ansteckend (< 10 Erreger) (Köhler 2001). Die Infektion erfolgt durch Inhalation kontaminierter Staubpartikel oder Aerosole (Hahn 2001, RKI 2001).

Zu den exponierten Berufsgruppen können Fleischer und Beschäftigte in fleischverarbeitenden Betrieben bzw. beim Verarbeiten tierischer Produkte (z.B. Rohmilch) zählen (Fb 725 BAUA 1995, RKI 2001).

Escherichia coli (EHEC)

EHEGInfektionen werden durch Shiga-Toxin- bzw. Verotoxinbildende Escherichia coli (STEC bzw. VTEC) verursacht. Als EHEG ( Enterohämorrhagische E. coll) werden diejenigen STEC/ VTEC bezeichnet, die fähig sind, beim Menschen Krankheitserscheinungen auszulösen (RKI 2001). EHEG-Bakterien sind gegenwärtig weltweit epidemisch auf dem Vormarsch und haben sich offenbar erst in jüngster Zeit aus E. coli durch horizontalen Gentransfer entwickelt (RKI 2002, Tschäpe 2000).

Die EHEG Erreger haben ihr Reservoir in Wiederkäuern (Rinder, Schafe, Ziegen, Rehe, Hirsche), welche i.d.R. inapparent infiziert sind (Tschäpe 2000), und werden über kontaminiertes Fleisch (z.B. frische Rohwürste) und (Roh-)Milchprodukte (z.B. frischer oder kurzgereifter Rohmilchkäse) sowie fäkalgedüngten Salat und Gemüse (z.B. Sprossen) und unpasteurisierte Säfte (z.B. Apfelsaft) oral übertragen (Hahn 2001, Köhler 2001, RKI 2001, RKI 2002, Tschäpe 2000). Aufgrund der Säureresistenz reicht die Aufnahme von 10-100 Erregern für eine akute Infektion aus (Köhler 2001, Tschäpe 2000).

Betroffene Berufsgruppen können Fleischer und Beschäftigte der fleischverarbeitenden Industrie sowie Beschäftigte bei der Be- und Verarbeitung von Rohmilch, getrockneten Früchten, Getreide, Kakaopulver, Gewürzen und fäkalgedüngtem Gemüse sein (Coenen 2000, DGHM 2002, Hahn 2001, Köhler 2001, RKI 2001, RKI 2002).

Erysipelothrix rhusiopathiae

Erysipelothrix rhusiopathiae verursacht den Rotlauf, eine Zoonose, welche sich beim Menschen als Erysipeloid (eine Hautinfektion) manifestiert. Erysipelothrix findet sich in Materialien tierischer Herkunft (Schwein, Geflügel, Schafe, Seefisch), auch in den Fäkalien gesunder Schweine.

Betroffen können u.a. Metzger und Beschäftigte in der Fleisch-, Fischbe- und -verarbeitung sein (Fb 725 BAUA 1995, Hahn 2001, Köhler 2001).

Von der Fleischerei-BG wurden in den Jahren 1991-2000 54 Fälle von Berufskrankheiten durch Erysipelothrix rhusiopathiae anerkannt (Hilmes 2002).

Francisella tularensis

Francisella tularensis ist der Erreger der Tularämie (Hasenpest). Der Erregereintritt kann über die Haut, Schleimhaut, den Mund oder die Lunge erfolgen (Köhler 2001). In Deutschland sind Hasen und Wildkaninchen die häufigsten Infektionsquellen für den Menschen, wobei das Auftreten einer Tularämie eher selten ist (Hahn 2001).

Infektionen können nach direktem Haut- oder Schleimhautkontakt mit infektiösem Tiermaterial (Blut, Organe) oder Inhalation von infektiösem Staub auftreten, z.B. bei der Verarbeitung von Wildtieren (Hahn 2001, Köhler 2001, RKI 2001).

Leptospira interrogans

Leptospira interrogans ist der Erreger der Leptospirose, einer Meningitis in Verbindung mit Leber- und Nierenschäden. Zu den natürlichen Reservoiren von L. interrogans gehören Rinder und Schweine. Der Erreger persistiert in deren Nierentubuli, ohne Krankheitserscheinungen hervorzurufen. Die Infektion erfolgt über Haut- oder Schleimhautkontakt z.B. mit rohem Schweinefleisch oder Urin, Blut (Hahn 2001). Zu den betroffenen Berufsgruppen können Beschäftigte der fleischverarbeitenden Industrie gehören (RKI 2001, Fb 725 BAUA 1995).

Von der Fleischerei-BG wurde in den Jahren 1991-2000 ein Fall von Berufskrankheiten durch Leptospira ssp. anerkannt (Hilmes 2002).

Listeria monocytogenes

Die Listeriose ist bei immunkompetenten Erwachsenen selten und äußert sich in der Regel als selbstlimitierende, grippeähnliche Symptomatik (Köhler 2001). Ein Risiko kann bei Schwangeren (Fehlgeburt) bestehen (Ekblad 1995).

Listerien kommen im Darm von Haus- und Wildtieren, welche i.d.R. symptomlos erkranken (inapparente Infektion) (Tschäpe 2000), in pflanzlichen Materialien und Milch vor (Coenen 2000, Hahn 2001, RKI 2002, Specker 1996). Sie besitzen eine relativ große Widerstandsfähigkeit (Köhler 2001) und besitzen die Fähigkeit sich auch bei niedrigen Temperaturen zu vermehren (Kälteanreicherung).

Eintrittspforten für eine Infektion stellen Haut, Auge oder die orale Aufnahme dar (Hahn 2001).

Listerien sind häufig auch in lebensmittelverarbeitenden Betrieben zu finden und als sogenannte "Hauskeime" gefürchtet (RKI 2001). Neben einer Vielzahl tierischer Lebensmittel wie Fleisch, Fleischerzeugnisse, Fleischzubereitungen, Wurst, Fisch, Fischerzeugnisse, Milch, Milchprodukte, Käse u.a. werden die Bakterien nicht selten auch auf pflanzlichen Lebensmitten, z.B. vorgeschnittenen Salaten, gefunden (RKI 2001, Sabrowski 2001).

Die DGHM führt das Vorkommen von Listeria monocytogenes in Räucherlachs und Graved Lachs auf (DGHM 2002). Betroffene Berufsgruppen können Fleischer und Beschäftigte in der fleisch-, fisch- und milchverarbeitenden Industrie sein (Fb 725 BAUA 1995).

Mycobacterium bovis

Der natürliche Wirt von Mycobacterium bovis ist das Rind. Die Infektion erfolgt hauptsächlich durch Inhalation erregerhaltiger Tröpfchen oder Staubpartikel (Hahn 2001, RKI 2001) sowie (oraler Aufnahme) nicht pasteurisierter Milch (Köhler 2001, Fb 725 BAUA 1995). Die Infektionsdosis liegt bei weniger als zehn Erregern (Tschäpe 2000).

Seit die Bundesrepublik Deutschland durch die Kommission der Europäischen Gemeinschaft ab 1.1.1997 als frei von Rindertuberkulose erklärt wurde, liegen die jährlichen Neuausbrüche in Deutschland zwischen acht Rindern im Jahre 1997 und vier in den Jahren 1998, 1999 und 2000 (Reinhold 2001). Eine Übertragung durch nicht pasteurisierte Milch infizierter Rinder ist prinzipiell möglich, jedoch nicht mehr von Bedeutung (RKI 2001). Durch die Globalisierung des Handels bleiben Infektionsmöglichkeiten aber weiterhin gegeben.

Im Bereich der Schlachtung ist eine Übertragung durch erregerhaltige Partikel möglich. Von der Fleischerei-BG wurden in den Jahren 1991-2000 drei Fälle von Berufskrankheiten durch Mycobacterium spp. anerkannt (Hilmes 2002) (hiervon ein Fall beim Schlachtpersonal und einer beim Fleischbeschaupersonal).

Salmonella enterica (Enteritis-Salmonellen)

Salmonella-Enteritiden sind Zoonosen, deren tierische Wirte sowohl wild lebende als auch Nutz- und Haustiere darstellen, welche klinisch symptomlos erkranken (Tschäpe 2000). Praktisch bestehen unbegrenzte Infektionsmöglichkeiten, da jedes rohe Lebensmittel mit tierischen Ausscheidungen kontaminiert sein kann und somit als Erregerquelle in Frage kommt (Hahn 2001, Mersmann 2001, RKI 2002). Kontaminiertes Fleisch und Geflügel sowie kontaminierte Roheiprodukte sind für die Aufnahme von Enteritis-Salmonellen besonders gefährlich (Ammon 2000, Hahn 2001). Mit Salmonellen belastet waren z.B. im Jahr 2000 insbesondere Geflügelfleisch aber auch Fleischteilstücke von Rind, Kalb und Schwein (RKI 2002). Die Infektionsdosis für den Erwachsenen liegt bei 104 bis 106 Erregern (RKI 2001). Hauptinfektionsweg ist die orale Aufnahme.

Die Salmonellose ist mit 77.186 Meldungen für das Jahr 2001 weiterhin die am häufigsten registrierte lebensmittelbedingte Erkrankung. Mit ca. 45 % steht S. Enteritidis an der Spitze der Salmonellenmeldungen (RKI 2002).

Es ist nicht bekannt, welcher Anteil der durch Salmonella verursachten Enteritis infectiosa in Deutschland arbeitsbedingte Ursachen hat und auf den Umgang mit Tieren oder deren Ausscheidungen zurückzuführen ist (Fb 725 BAUA 1995). Neben Durchfallerkrankungen können reaktive Arthritiden als Spätfolgen einer Erkrankung auftreten (RKI 2001, Wagner 2001).

Die DGHM hat das Vorkommen von Salmonellen spp. für folgende Produktgruppen aufgelistet: Teigwaren, Gewürze, Trocken-/ Instantprodukte, Tiefkühlwaren, Fruchtpulpen, getrocknete Früchte, Nüsse, Kakaopulver, Räucherlachs, Getreidemahlerzeugnisse (DGHM 2002).

Infrage kommen können Berufsgruppen, die mit rohen tierischen Urprodukten (Fleisch, Eier, Milch) Kontakt haben und Berufsgruppen bei der Bearbeitung fäkalgedüngter (Import-)Gemüse sowie getrockneter Früchte, Nüsse, Kakaopulver und Getreide (DGHM 2002, Köhler 2001, RKI 2002).

Shigella sonnei

Shigellen gehören zur Gruppe der hochinfektiösen Erreger mit einer Infektionsdosis von 10-200 Bakterien (Köhler 2001, RKI 2001, RKI 2002, Tschäpe 2000). Das Shigellen-Reservoir ist im Wesentlichen auf den Menschen begrenzt (Köhler 2001 RKI 2001), die Verbreitung erfolgt durch Schmierinfektion (Hahn 2001). Wegen der niedrigen Infektionsdosis kann eine Gefährdung z.B. bei der Verarbeitung fäkalgedüngten Gemüses bestehen. In Deutschland sind hauptsächlich Infektionen durch Shigella sonnei (Anteil 70-80 %) und Shigella flexneri (Anteil 10-20 %) von Bedeutung (Hahn 2001, RKI 2001).

Staphylococcus aureus

Die Normalbevölkerung ist zu 30-50 % mit S. aureus-Stämmen (z.B. Nase, Haut) besiedelt (Hahn 2001, RKI 2002). Typischerweise wird S. aureus durch Schmierinfektion übertragen (Hahn 2001), wobei die Enterotoxine zu den widerstandsfähigsten humanpathogenen Toxinen überhaupt gehören. Infektionen durch S. aureus treten auf als eitrige Lokalinfektionen, Sepsis und toxinbedingte Syndrome (Hahn 2001).

Es liegen Untersuchungen vor, nach denen z.B. 47 % von 149 Bestandsmilchproben von Milch-ab-Hof-Verkäufen S. aureus-kontaminiert waren (Coenen 2000).

Die DGHM hat das Vorkommen von Staphylococcus aureus für folgende Produktgruppen aufgelistet: Teigwaren, Gewürze, Trocken-/Instantprodukte, Tiefkühlwaren, Räucherlachs, Getreidemahlerzeugnisse (DGHM 2002).

Streptococcus suis Typ 2

Der Erreger ist besonders bei Schweinen weit verbreitet (Fb 725 BAUA 1995). Streptococcus suis Typ-2-Infektionen treten als Zoonose in Form einer meningitisähnlichen Erkrankung beim Menschen auf. Die Erkrankung tritt eher selten auf, da jedoch diese Krankheit selten bakteriologisch nachgewiesen wird, kann von einer Unterschätzung ausgegangen werden (Fb 725 BAUA 1995). Als betroffene Berufsgruppen können Schweineschlachter und Beschäftigte in der Schweinefleischverarbeitung in Betracht kommen.

Yersinia enterocolitica, Yersinia pseudotuberculosis

Yersinia enterocolitica und Yersinia pseudotuberculosis finden sich v.a. im Darm von Säugetieren (Hahn 2001). Die Hauptinfektionsquelle des Menschen für Yersinia enterocolitica stellt wahrscheinlich das Schwein dar, dessen Pharynx stark mit Yersinien besiedelt sein kann (RKI 2001). Das Hauptreservoir für Yersinia pseudotuberculosis sind wilde und domestizierte Vögel sowie verschiedene Säugetiere (RKI 2001).

Ein besonderes Kennzeichen der Yersinien ist ihre Fähigkeit, sich auch bei niedrigen Temperaturen, d.h. bei 0-4 °C, zu vermehren (Kälteanreicherung) (Hahn 2001, Köhler 2001). Die Infektion des Menschen erfolgt oralalimentär (Köhler 2001). In Deutschland gehen knapp 1 % aller akuten Durchfallerkrankungen auf Yersinia enterocolitica zurück (Hahn 2001, Tschäpe 2000). Die Infektionsdosis liegt bei 104 Erregern (Tschäpe 2000). Erkrankungen durch Yersinia pseudotuberculosis sind seltener (Hahn 2001).

Betroffene Berufsgruppen können Schlachter und Beschäftigte der Fleischbe- und -verarbeitung sowie der Milchverarbeitung und bei der Verarbeitung fäkalgedüngter Gemüse sowie getrockneter Früchte, Nüsse, Kakaopulver und Getreide sein (DGHM 2002, Köhler 2001, Fb 725 BAUA 1995).

3.2 Pilze

Pilze wachsen bevorzugt aerob auf der Oberfläche der befallenen Substrate. Viele haben sich an bestimmte extreme Milieubedingungen angepasst. So werden Pilze z.B. durch Absenkung des pH-Wertes, des Wassergehaltes oder durch tiefe Temperaturen im Allgemeinen sehr viel weniger im Wachstum gehemmt als die meisten Bakterien (Krämer 1997).

In frischem Getreide dominieren typische Feldpilze z.B. aus den Gattungen Fusarium und Alternaria. Im Lagergetreide verschiebt sich die Zusammensetzung der Pilzflora vermehrt zugunsten austrocknungsresistenter Lagerpilze z.B. aus den Gattungen Aspergillus und Penicillium (Krämer 1997, Weidenbörner 1999).

Bei der Lagerung von Obst bei Raumtemperatur kann eine große Vielzahl von Pilzarten zu Verderbnis führen. Bei der Kühllagerung dominieren Gattungen wie Botrytis oder Gloesporium, in vermindertem Maß auch Sclerotinia, welche noch bei den niedrigen Lagertemperaturen des Obstes (um 0 °C) deutlich zu wachsen vermögen (Krämer 1997, Weidenbörner 1999).

Beim Gemüse können ebenfalls viele Pilzarten Lagerschäden hervorrufen. Dominierend sind die Gattungen Botrytis, Sclerotinia, Rhizopus und Alternaria sowie Fusarium (Krämer 1997, Weidenbörner 1999).

Die DGHM hat das Vorkommen von "Schimmelpilzen" für folgende Produktgruppen aufgelistet: Teigwaren, Gewürze, Trocken-/ Instantprodukte, Tiefkühlwaren, Fruchtpulpen, getrocknete Früchte, Nüsse, Getreidemahlerzeugnisse (DGHM 2002).

Im "Aufgabenkatalog Arbeitsmedizin" der BGN sind irritative, allergische Reaktionen auf "Mehlstaub" für die Bereiche Konditoreien und Backgewerbe als Problemfelder beschrieben (AufArb BGN 1995). Das Auftreten von "biologisch kontaminiertem Feinstaub" ist für Mehl- und Backschrotmühlen, Graupen-, Schäl-, und Reismühlen, Mälzereien und Brennereien als Problemfeld beschrieben; sowie die "Besiedelung durch Schimmelpilze" für Obstmostereien (AufArb BGN 1995).

Aspergillus clavatus, Aspergillusflavus, Aspergillusfumigatus

Aspergillus-Arten (Gießkannenschimmel), sind in der Natur weit verbreitet (Köhler 2001). Für die berufsbedingte Exposition ist insbesondere ihr Vorkommen auf Pflanzen(teilen) wie z.B. Getreide, Nüssen, Kaffeebohnen, Gewürzen, Obst und Gemüse von Bedeutung (Köhler 2001, Reiß 1998, Rieger 2002).

Oberflächliche Infektionen durch Aspergillus-Arten sind z.B. die Pilzinfektion im äußeren Gehörgang (Otomykose), der Befall vorgeschädigter Haut oder die Entzündung der Augeninnenräume (Endophthalmitis) (Köhler 2001).

Der Aspergillus Befall der Lunge nach aerogener Aufnahme kann sich je nach Abwehrlage als allergische Erkrankung, als chronischnekrotisierende Bronchitis oder bei Abwehrschwäche oder nach dem Einatmen großer Sporenmengen als Aspergillom (lokale Infektion in einer Höhle der Lunge) oder als Pneumonie manifestieren (Köhler 2001). Über 90 % der Aspergillosen sind auf Aspergillusfumigatuszurückzuführen (Reiß 1998). Ein Sonderfall der allergischen Erkrankung ist die Allergische Bronchopulmonale Aspergillose (ABPA), die durch Aspergillus fumigatus ausgelöst wird. Daneben kann Aspergillus fumigatus an der Ausbildung des Organic Dust Toxic Syndrome (ODTS) (siehe auch Kap. 4), z.B. dem Getreidefieber und an der Malzarbeiter-Krankheit sowie der Farmerlunge beteiligt sein (Grevers 2001, Reiß 1998, Rieger 2002).

Eine mögliche allergene Wirkung von Aspergillus fumigatus ist auch nach EG-Richtlinie dokumentiert (RL 2000/54/EG).

Aspergillus flavus ist der Produzent des Aflatoxins, eines Pilzgiftes. Das Aflatoxin B1 ist das stärkste natürlich vorkommende Karzinogen (Hahn 2001).

Zu den potentiell betroffenen Berufsgruppen gehören Beschäftigte in der Getreidebearbeitung (Mühlen), in Mälzereien, der Nussverarbeitung, der Kaffee- und Gewürzherstellung sowie bei der Be- und Verarbeitung von Obst und Gemüse (Fb 725 BAUA 1995, Köhler 2001, Reiß 1998, Rieger 2002, Weidenbörner 1999).

Von der Nahrungsmittel-BG wurden in den Jahren 1990-2000 vier Fälle von Berufskrankheiten (Exogen Allergische Alveolitis) durch Malzstaub anerkannt. Durch Schimmelpilze hervorgerufene fibrosierende Alveolitis wurden für je einen Beschäftigten einer Mälzerei und eines Malzwerkes als Berufskrankheit anerkannt. In zwei Getreidemühlen wurden bei jeweils einem Beschäftigten durch Schimmelpilze hervorgerufene chronische obstruktive Atemwegserkrankungen bzw. Exogen Allergische Alveolitis als berufsbedingt anerkannt (Merdian 2002).

Botrytis spp., Botrytis cinerea

Botrytis ssp. kommt bei Gemüse (Kohl, Paprika, Bohnen) sowie Kern- und Steinobst, insbesondere bei Trauben und Erdbeeren als Erreger der Weich- oder Graufäule (bei Trauben auch "Edelfäule") vor (Krämer 1997, Weidenbörner 1999, Rieger 2002). Die Vermehrung erfolgt bei Temperaturen bis -1 °C (Krämer 1997).

Beim Menschen kann Botrytis ssp. eine Exogen Allergische Alveolitis hervorrufen (siehe auch Kap. 4) (Rieger 2002), wobei Botrytis cinerea zu den allergologisch bedeutsamen Pilzarten gehört (Greven 2001).

Im "Aufgabenkatalog Arbeitsmedizin" der BGN ist die "Besiedelung durch Schimmelpilze" für den Bereich des "Obstverlesen" in Obstmostereien als Problemfeld beschrieben (AufArb BGN 1995).

Betroffene Berufsgruppen können Beschäftigte bei der Gemüse- und Obstverarbeitung sowie der Weinproduktion ("Winzerlunge") sein (AufArb BGN 1995, Fb 725 BAUA 1995, Krämer 1997, Weidenbörner 1999, Rieger 2002).

Cryptococcus neoformans var. neoformans

Die durch Cryptococcus neoformans hervorgerufene Kryptokokkose zählt zu den Zoonosen (Fb 725 BAUA 1995). Natürlicher Standort sind Vögel, welche die Hefen mit dem Kot ausscheiden. Die Infektion erfolgt aerogen durch Einatmen kontaminierten Staubes. Die Erkrankung verläuft chronisch über Monate bis Jahre und heilt bei Immunkompetenz meist spontan aus (Hahn 2001). Die Entstehung einer organ-manifestierten Kryptokokkose setzt in der Regel eine Schwäche der zellulären Immunität voraus (Köhler 2001).

Eine mögliche allergene Wirkung von Cryptococcus neoformans var. neoformans ist auch nach EG-Richtlinie dokumentiert (RL 2000/54/EG).

Betroffen sein können z.B. Beschäftigte in der Geflügelschlachtung.

Epidermophyton jloccosum

Epidermophyton floccosum gehört zu den Dermatophyten, welche Haut- und Nagelmykosen beim Menschen hervorrufen. Der Erreger ist zoophil, er wird von Tieren auf den Menschen übertragen (Köhler 2001).

Eine mögliche allergene Wirkung von Epidermophyton floccosum ist auch nach EG-Richtlinie dokumentiert (RL 2000/54/EG).

Als betroffene Berufsgruppen können Schlachter in Betracht kommen, die Hautkontakt mit erkrankten Tieren (z.B. Rinder, Schweine) haben.

Microsporum spp.

Die Gattung Microsporum gehört zu den Dermatophyten, welche Haut- und Haarmykosen beim Menschen hervorrufen (Köhler 2001).

Durch die geophile Art M gypseum können sich z.B. Gärtner bei Verletzungen infizieren. Bei ihnen wird die Infektion als Berufskrankheit anerkannt (Köhler 2001). Entsprechend könnte ein Infektionsrisiko für Beschäftigte bestehen, welche z.B. Umgang mit erdbehafteten Gemüse (Kartoffeln, Möhren, Rote Beete, Pilze etc.) haben.

Einige Arten sind tier- und menschenpathogen. Als weitere betroffene Berufsgruppen können daher Schlachter in Betracht kommen, die Hautkontakt mit erkrankten Tieren (Rinder, Schweine) haben.

Eine mögliche allergene Wirkung von Microsporum spp. ist nach EG-Richtlinie dokumentiert (RL 2000/54/EG).

Von der Fleischerei-BG wurde in den Jahren 1991-2000 ein Fall von Berufskrankheit durch Microsporum ssp. anerkannt (Hilmes 2002).

Mucor spp., Rhizopus spp.

In der Ordnung Mucorales ("Köpfchenschimmel") kommen Krankheitserreger u.a. in der Gattung Mucor und vor allem Rhizopus vor (Köhler 2001).

Mucorspezies sind auch als Allergieauslöser relevant, wobei die inhalative Aufnahme im Vordergrund steht (Grevers 2001).

Mucorspezies und Rhizopus stolonifer (gemeiner Brotschimmel) treten insbesondere bei Getreide(produkten), Früchten und Gemüse auf (Reiß 1997, Weidenbörner 1999).

Betroffene Berufsgruppen, insbesondere im Sinne einer Exogen Allergischen Alveolitis, können Beschäftigte in der Getreideverarbeitung ("Müllerlunge") und in der Gemüseverarbeitung sein (Rieger 2002).

Penicillium camemberti, Penicillium verrucosum (casei), Penicillium roqueforti

Die Pilze der Gattung Penicillium sind bis auf einige Ausnahmen apathogen (Köhler 2001). Penicilliumspezies sind jedoch als Allergieauslöser insbesondere einer Exogen Allergischen Alveolitis relevant, wobei die inhalative Aufnahme im Vordergrund steht (Grevers 2001, Rieger 2002, ABAS Beschluss 606).

In der Lebensmittelindustrie wird z.B. Penicillium roqueforti zur Herstellung von Blauschimmelkäse, Penicillium camemberti zur Herstellung von Weichschimmelkäse und Rohwurst gezielt eingesetzt.

Penicillium verrucosum findet ebenfalls Verwendung bei der Rohwurst bzw. der Salamiherstellung (Krämer 1997, Reiß 1997). Bei den entsprechenden Herstellungsprozessen finden auch eine Vielzahl nicht gezielter Tätigkeiten statt, welche, vor allem bei kleineren Produktionsbetrieben, durchaus manuell verrichtet werden. Zu nennen sind hier beispielsweise das Besprühen der Käseleiber mit Penicilliumlösung, das Waschen, Umlagern während des Reifungsprozesses oder das Konfektionieren von Käseleibern oder von Rohwurstprodukten.

Im "Aufgabenkatalog Arbeitsmedizin" der BGN ist z.B. die allergische Reaktion auf "Pilzsporen" für den Bereich der "Reifung/ Nachbehandlung" bei der Käseherstellung als Problemfeld beschrieben (AufArb BGN 1995).

Penicillium verrucosum (casei) tritt als Ochratoxin A-Produzent z.B. bei Getreide, Hülsenfrüchten, Gewürzen, Nüssen, Kaffee und Tee in Erscheinung (Krämer 1997, Poschner 2002).

Betroffene Berufsgruppen, insbesondere im Sinne einer Exogen Allergischen Alveolitis, können Beschäftigte in der Milchverarbeitung, Molkerei, Käserei ("Käsewäscherlunge") und bei der Rohwurstherstellung sein (Rieger 2002).

Von der Nahrungsmittel-BG wurde in den Jahren 1990-2000 ein Fall von Berufskrankheit (Exogen Allergische Alveolitis) durch "Schimmelpilze der Käseherstellung" anerkannt (Merdian 2002).

Trichophyton spp. (Trichophyton verrucosum)

Trichophyton verrucosum ist ein zoophiler Dermatophyt, welcher im Tierreich als Erreger der Kälber- oder Rinderflechte vorkommt. Beim Menschen führt die Infektion mit T. verrucosum häufig zur Bartflechte, wobei im wesentlichen behaarte Körperregionen befallen werden (Hahn 2001, Köhler 2001). Die Übertragung erfolgt durch direkten Kontakt mit infizierten Tieren oder durch kontaminierte Gegenstände (Fb 725 BAUA 1995).

Zu den betroffenen Berufsgruppen können daher Schlachter zählen (Fb 725 BAUA 1995, Hilmes 2002).

Von der Fleischerei-BG wurden in den Jahren 1991-2000 7 Fälle von Berufskrankheiten durch Trichophyton spp. anerkannt (Hilmes 2002).

3.3 Viren

Die Bedeutung von lebensmittelassoziierten Infektionen, die durch Viren verursacht werden, wurde aus Mangel an entsprechenden diagnostischen Methoden lange Zeit unterschätzt. Erst durch den Einsatz der Elektronenmikroskopie, gekoppelt mit immunologischen Techniken, Entwicklung von Enzym-Immuno-Assays und vor allem der Entwicklung molekularbiologischer Methoden wie der In-vitro-Amplifizierung viraler Nukleinsäuren wurde die Aufmerksamkeit verstärkt auf Viren als z.B. häufige Ursache von Gastroenteritiden gelenkt. Der Nachweis von Viren in Lebensmitteln bleibt aber nach wie vor schwierig. Die Testung auf Abwesenheit bakterieller Kontaminationen lässt nicht auf Virusfreiheit schließen. Trotz der Weiterentwicklung der Nachweismethoden ist die routinemäßige Untersuchung von Lebensmitteln oder Wasser auf Viren durch ihre darin enthaltene geringe Menge bisher nicht möglich (Höhne 2000).

Ein wesentlicher Aspekt, der einen generellen "Überlebensvorteil" für Viren darstellt, ist deren hohe Mutationsrate. So haben z.B. Picornaviren im Vergleich zu Eukaryonten ca. millionenfach höhere Mutationsraten in der Größenordnung 1:1.000 bis 1:10.000, d.h. bei der Replikation des Genoms durch die RNA-Polymerase kommt es statistisch alle 1.000 bis 10.000 Nukleotide zum Fehl-

einbau eines Nukleotids, einer Mutation. Das bedeutet, dass selbst bei einem kleinen Genom wie dem von Picornaviren mit ca. 7.500 Basen pro Kopie mehrere Mutationen auftreten. Dies hat positive praktische Bedeutung für das "Überleben" des Virus in der Umwelt, da die hohe Mutationsrate die Viren in die Lage versetzt, immer neue Vermehrungsnischen in ihren angestammten oder auch fremden Wirten zu finden (Speziessprung).

Hepatitis A-Virus

Hepatitis-A-Viren (HAVJ gehören zur Familie der Picornaviren. Sie zeichnen sich durch eine hohe Infektiosität und eine ausgeprägte Umweltstabilität, hohe Thermostabilität und hohe Desinfektionsmittelresistenz aus (AK Blut 2001, Hahn 2001, Hofmann 2000, Köhler 2001, Krämer 1997, RKI 2001). Hauptwirt für das HAV ist der Mensch. HAV gehören zu den Viren, welche prinzipiell über Lebensmittel übertragbar sind (RKI 2002). So können HAV im Wasser bis zu 10 Monaten infektiös bleiben (RKI 2002) und damit z.B. durch Muscheln oder andere Schalentiere übertragen werden. Der Hauptübertragungsweg ist fäkal-oral, wobei auf dem Höhepunkt der Ausscheidungen (ca. 14 Tage vor dem Auftreten von Krankheitssymptomen) der Stuhl etwa 109 Viren/g enthält (Hahn 2001, Köhler 2001). Damit können auch fäkalgedüngte Salate und Gemüse für die Übertragung relevant sein (RKI 2001, AK Blut 2001). Auch ist in diesem Zusammenhang die Rolle der Hygiene bei der Ernte (z.B. Vorhandensein sanitärer Anlagen bei der Ernte) nicht zu unterschätzen (Höhne 2000).

Die Hepatitis-A gehört in Deutschland aber auch zu den wichtigsten importierten Viruserkrankungen, da schätzungsweise die Hälfte der gemeldeten Erkrankungen im Ausland erworben wurden (Höhne 2000, RKI 2002).

Die Häufigkeit der Erkrankungen in der Bundesrepublik selbst nimmt aufgrund der verbesserten hygienischen Situation bei der Lebensmittel- und Wasserversorgung ständig ab. Auch tragen Schutzimpfungen zu einer weiteren Zurückdrängung bei. Noch im Jahr 1995 betrug die Zahl der gemeldeten HAV-Fälle 6.452, während sie im Jahr 2001 auf 2.277 zurückgegangen war (Krämer 1997, RKI 2002).

In, fluenza A-Virus Subtyp H5 oder H7

Das Influenza-A-Virus Subtyp H5oder H7ist der Erreger der Klassischen Geflügelpest und gehört zur Familie der Orthomyxoviridae. Es tritt bei allen Geflügelarten auf und ist bezüglich des humanen Infektionsrisikos in Risikogruppe 2 eingestuft (TRBA 462). Infizierte Tiere scheiden das Virus in hohen Konzentrationen mit allen Körperausscheidungen (Kot, Speichel, Tränenflüssigkeit) aus, wobei insbesondere der Kot eine hohe Infektiosität aufweist. Nach derzeitigen Erkenntnissen kann die Übertragung auf den Menschen sowohl aerogen als auch durch Schmierinfektion über die Schleimhäute erfolgen. Ein direkter Kontakt mit den infizierten Tieren, deren Ausscheidungen oder kontaminierten Produkten bzw. Materialien scheint für eine Übertragung erforderlich zu sein. Eine indirekte Übertragung über die Luft ist bei starker Staubentwicklung ebenfalls möglich. (ABAS Beschluss 608)

An der Klassischen Geflügelpest erkranktes Geflügel gelangt in der Europäischen Union nicht in die Schlachtung, sondern der Gesamtgeflügelbestand wird gekeult und der Tierkörperbeseitigung zugeführt. Dementsprechend besteht für den Bereich der Lebensmittelherstellung (Geflügelschlachtung und -verarbeitung) kein Infektionsrisiko. Tätigkeiten, welche mit der Behandlung/Beseitigung infizierter Geflügelbestände in Zusammenhang stehen, betreffen im Wesentlichen die landwirtschaftliche Nutztierhaltung und werden mit dem Beschluss 608 des ABAS "Empfehlungen spezieller Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten vor Infektionen durch den Erreger der Klassischen Geflügelpest" arbeitsschutzrechtlich geregelt (ABAS Beschluss 608).

Newcastle-Disease-Virus

Das Newcastle-Disease-Virus (NDVJ gehört zu den Paramyxoviridae und ist der Erreger der atypischen Geflügelpest. Beim Menschen kann das NDV zu einer follikulären Konjunktivitis führen.

Die Übertragung auf den Menschen erfolgt über Tröpfchen/Aerosole von Nasen-, Rachen- und Augensekret sowie Kot infizierten Geflügels (Geissler 2001). Am weitesten verbreitet ist das Virus bei Hühnern (Fb 725 BAUA 1995).

Betroffene Berufsgruppen können Schlachter und Beschäftigte in der Geflügelverarbeitung sein.

Norwalk-like-Virus

Norwalk-ähnliche Viren gehören zur Familie der Caliciviridae. Die Übertragung erfolgt überwiegend fäkal-oral. Die Infektiosität ist sehr hoch, die minimale Infektionsdosis liegt bei 10-100 Viruspartikeln und ist damit sehr gering (RKI 2001).

Im Jahr 2001 wurden in Deutschland 9.054 Infektionen durch Norwalk-ähnliche Viren (vorläufige Zahlen) gemeldet. Hierzu ist allerdings zu vermerken, dass in Deutschland nicht jede Gastroenteritis diagnostisch abgeklärt wird. Dazu kommt, dass es derzeit noch keinen evaluierten kommerziellen Test für den Nachweis von Infektionen durch Norwalk-ähnliche Viren gibt (RKI 2001).

Wahrscheinlich spielt die direkte Übertragung von Mensch zu Mensch die größte Rolle. Allerdings können Infektionen oder Ausbrüche auch von kontaminierten Speisen (Salate, Krabben, Muscheln u.a.) oder Getränken (verunreinigtes Wasser) ausgehen. Ebenso können kontaminierte Gegenstände eine Übertragung ermöglichen (RKI 2001).

Die sehr rasche Infektionsausbreitung innerhalb von Gemeinschaften lässt darauf schließen, dass neben der fäkal-oralen Übertragung auch andere Übertragungswege möglich sind, z.B. wird eine aerogene Übertragung durch Bildung virushaltiger Aerosole angenommen (RKI 2001).

Neuere Untersuchungen weisen auf nahe Verwandte der Norwalk-ähnlichen Viren bei Kälbern und Schweinen hin. Ob eine zoonotische Transmission tatsächlich stattfindet, ist noch nicht abschließend geklärt (Höhne 2000, Köhler 2001).

Zu den betroffenen Berufsgruppen können die Beschäftigten bei der Verarbeitung von Fisch und Meeresfrüchten sowie von fäkalgedüngten Salaten und Gemüse gehören.

Tollwutvirus

Das Tollwutvirus (Rabies-Virus) gehört zur Familie der Rhabdoviren (Hahn 2001). Es ist empfindlich gegen Umwelteinflüsse und Desinfektionsmittel (Köhler 2001).

Als Eintrittspforte beim Menschen dienen Hautwunden; in Betracht kommen vornehmlich Bisswunden, aber auch oberflächliche Abschürfungen. Das Virus kann auch durch die unverletzte Schleimhaut der Lippen, der Nase und (extrem selten) der Augen eindringen (Hahn 2001, Hofmann 2000, RKI 2001). Die Inkubationszeit variiert stark; in den meisten Fällen kommt es 1-3 Monate nach Exposition zu Krankheitserscheinungen (Köhler 2001).

In Deutschland ist die Tollwut nahezu eliminiert, allerdings bleibt die Tollwut bei Wild- und Haustieren in Osteuropa (Einwanderung von dort) noch ein Problem (RKI 2001).

Eine der betroffenen Berufsgruppen können z.B. Schlachter (Wild- oder Weidetiere) sein (Fb 725 BAUA 1995).

Von der Fleischerei-BG wurden in den Jahren 1991-2000 24 Fälle von Berufskrankheiten durch Tollwutviren anerkannt (Hilmes 2002).

Zentraleuropäisches Zeckenenzephalitis-Virus

Das Zentraleuropäische Zeckenenzephalitis-Virus gehört zur Familie der Flaviviridae (Köhler 2001). Das Virus kommt in Deutschland endemisch vor. Es ruft beim Menschen die Frühsommer-Meningoenzephalitis hervor (FSME). Die Virusübertragung auf den Menschen erfolgt üblicherweise durch den Stich infizierter Zecken, allerdings ist eine Infektion auch durch die orale Aufnahme von nicht pasteurisierter Milch (insbesondere Ziegenmilch, aber auch Schafs- und Kuhmilch) und daraus hergestellten Milchprodukten nicht auszuschließen bzw. möglich (Hahn 2001, Köhler 2001, Schrader 2001).

Eine betroffene Berufsgruppe kann insbesondere die der Schlachter sein (Wild- und Weidetiere).

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