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6 Vorsorgemaßnahmen
6.1 Allgemeine sicherheitstechnische Maßnahmen für Stoffe und Zubereitungen der Gruppen A, B und C
6.1.1 Schutz gegen Witterungseinflüsse
(1) Die Stoffe und Zubereitungen sind zur Vermeidung von Verhärtungen und Kornzerfall gegen Witterungseinflüsse und Verunreinigungen geschützt zu lagern.
(2) Erforderlich ist ein Schutz gegen Witterungseinflüsse, welche die Eigenschaften der Stoffe und Zubereitungen verändern können. Hierzu gehören u.a. Sonneneinstrahlung, Einwirkung von Wasser in Form von Regen, Nebel und Schnee.
(3) Um ein Zusammenbacken zu verhindern und die Streu- bzw. Rieselfähigkeit zu erhalten, sind die Stoffe und Zubereitungen stets trocken zu lagern.
(4) Ammoniumnitrat unterliegt bei 32 °C - durch Zusätze ggf. auch bei anderen Temperaturen - der Umwandlung seiner Kristallphasen. Ein mehrmaliges Durchschreiten des Kristallumwandlungspunktes führt zu einer Veränderung der physikalischen Form (z.B. Volumenänderung oder Kornzerfall von ammoniumnitrathaltigen Granulaten) und der Eigenschaften (z.B. Zunahme der Sensibilität gegen Einwirkung von Detonationen). Durch die Volumenänderungen kann das Verpackungsmaterial beschädigt werden (z.B. Aufplatzen der Säcke). Aus diesen Gründen sind die Stoffe und Zubereitungen vor Aufheizung z.B. durch Sonneneinstrahlung zu schützen.
6.1.2 Schutz gegen Verunreinigung und gefährliche Zusammenlagerung
(1) Die Stoffe und Zubereitungen sind getrennt von brennbaren Stoffen und von solchen Materialien zu lagern, die mit Ammoniumnitrat gefährliche chemische Reaktionen eingehen können. (s. auch Tab. 1).
(2) Im Lagerraum dürfen z.B. nicht gelagert werden
(3) Für die Zusammenlagerung im Freien gilt Absatz 2 entsprechend, soweit ein Mindestabstand von 5 m zwischen den gelagerten Gütern nicht eingehalten ist oder eine feuerbeständige Abtrennung nicht gegeben ist.
(4) Verpackte brennbare Stäube oder Granulate und andere feste brennbare Stoffe dürfen mit Zubereitungen der Gruppe B oder C im selben Raum gelagert werden, wenn die Zubereitungen der Gruppe B und C verpackt sind und von den brennbaren Stoffen ausreichend getrennt sind. Ausreichende Trennung ist gewährleistet durch einen Abstand von mindestens 2,50 m oder durch Lagern anderer, nicht reagierender Stoffe zwischen die zu trennenden Produkte. Die Abtrennung kann durch feuerbeständige Trennwände der Feuerwiderstandsklasse F 90-A nach DIN 4102 vorgenommen werden.
Tabelle 1 Lagerung von Ammoniumnitrat und Zubereitungen
Gruppe | A | B | C | |
Beispiele: | Ammoniumnitrat | NK- oder NPK-Dünger, die Ammoniumsalze und Nitrate enthalten 1 | Kalkammonsalpeter bis 28 % N Ammonsulfatsalpeter bis 26 % N Di- und Monoammonphosphat | |
sind getrennt zu lagern von | ||||
alkalisch reagierenden Stoffen, wie z.B. | Laugen, Branntkalk, Kalkhydrat, Kalkstickstoff, Zement | |||
sauer reagierenden Stoffen, wie z.B. | alle Säuren | |||
mit Düngemitteln gefährliche chem. Reaktionen eingehenden | Chlorate, Chlorite, Hypochlorite, Nitrite, chlorathaltige Unkrautvertilgungsmittel | |||
Stoffen, wie z.B. | brennbaren Stoffen, wie z.B. Kohlenstaub, Schwefel, Öl, Treibstoff, Getreide, Putzwolle, Metallpulver | |||
Zusammenlagerung zulässig mit | ||||
anderen, mit Düngemitteln nicht reagierenden Stoffen, wie z.B. | Ammoniumsulfat, Harnstoff, Kali-Dünger, kohlensaurer Kalk (Calciumcarbonat), Magnesiumsulfat, PK-Dünger | |||
1) Sofern nicht durch Gutachten der BAM in Gruppe C oder aufgrund der Zusammensetzung in Gruppe A eingestuft (zu erfragen bei Hersteller oder Einführer). Die Einstufung der in der Bundesrepublik Deutschland hergestellten NK- und NPK-Dünger ist aus dem Ladezettel oder aus dem "Merkblatt für die Lagerung von ammoniumnitrathaltigen Düngemitteln der deutschen Stickstoffindustrie" ersichtlich. |
(5) Brennbare Bauteile als Bestandteil von Lagereinrichtungen (z.B. hölzerne Wände, Decken oder Stützen) sind keine brennbaren Stoffe im Sinne von Absatz 1. Satz 1 gilt nicht, sofern an anderer Stelle der TRGS (Nummer 6.1.2 Abs. 4, Nummer 6.2.2.1 Abs. 1, Nummer 6.6.4.2 Absätze 1, 2 und 5) die Verwendung unbrennbarer, feuerhemmender oder feuerbeständiger Bauteile vorgeschrieben ist.
(6) Alkalisch reagierende Stoffe (wie z.B. Branntkalk, Kalkhydrat, Kalkstickstoff oder Zement), Säuren, chlorathaltige Unkrautbekämpfungsmittel und technischer Chlorkalk dürfen abweichend von Absatz 2 mit Ammoniumnitrat und ammoniumnitrathaltigen Zubereitungen im selben Raum gelagert werden, wenn sie von diesen ausreichend getrennt sind. Ausreichende Trennung ist gewährleistet durch einen Abstand von mindestens 2,50 m oder durch Lagern anderer, nicht reagierender Stoffe zwischen die zu trennenden Produkte. Der Abstand zu den in Satz 1 genannten Stoffen (ausgenommen Branntkalk) kann bei der Lagerung von Zubereitungen der Gruppe B oder C auf 1,00 m verringert werden, wenn die zu trennenden Stoffe verpackt sind. Mit Ausnahme von Branntkalk kann die Abtrennung der Stoffe von Ammoniumnitrat und ammoniumnitrathaltigen Zubereitungen auch durch Trennwände vorgenommen werden.
(7) Der Ort der Lagerung ist vor der Beschickung sorgfältig zu reinigen.
6.1.3 Schutz vor unbefugtem Zugang
(1) Bei der Lagerung von Zubereitungen der Gruppen B und C in Gebäuden ist Unbefugten der Zutritt zum Ort der Lagerung zu verbieten. Entsprechende Hinweise sind anzubringen. Bei der Lagerung von Stoffen und Zubereitungen der Gruppe A ist der Ort der Lagerung gegen Zutritt Unbefugter zu sichern.
(2) Sichern bedeutet, Unbefugten den Zutritt zum Ort der Lagerung durch Verschluss oder Aufsicht zu verwehren.
(3) Die Hinweise sind in dauerhafter und gut sichtbarer Form nach BGV-A8 "Sicherheits- und Gesundheitsschutz-Kennzeichnung am Arbeitsplatz" Anhang 2, Nr. 1, P06, anzubringen.
(4) Unbefugt sind solche Personen, die keine mit dem Betrieb und der Überwachung in Zusammenhang stehende Tätigkeit ausüben.
(5) Der zuständigen Behörde wird empfohlen, nach GefStoffV eine Ausnahme von der Nummer 6.1.2 Abs. 1 beim Aufbewahren von ammoniumnitrathaltigen Zubereitungen der Gruppe C in Verkaufsräumen zu erteilen, wenn
6.1.4 Brandschutz
6.1.4.1 Verhinderung von Brand- und Feuergefahr
(1) Am Ort der Lagerung darf nicht geraucht oder mit Feuer oder offenem Licht umgegangen werden. Entsprechende dauerhafte und gut sichtbare Hinweise sind anzubringen.
(2) Die Hinweise sind in dauerhafter und gut sichtbarer Form nach BGV-A8 "Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung am Arbeitsplatz" Anlage 2, Nr. 1, P02, anzubringen.
6.1.4.2 Verhinderung von Wärmeeintrag
(1) Anlagen, Einrichtungen und Betriebsmittel, die Wärme abgeben, müssen so angeordnet und abgesichert sein, dass keine Wärmeübertragung stattfinden kann, die eine Zersetzung einleiten könnte.
(2) Heizkörper und Heizungsrohre, Dampfleitungen - auch isolierte -, Schornsteine sowie Wände, die durch benachbarte Heizungseinrichtungen oder Schornsteine erwärmt werden, müssen von den eingelagerten Stoffen und Zubereitungen mindestens 0,5 m Abstand haben.
6.1.4.3 Verhinderung von Wärmeeintrag bei Feuer- und Heißarbeiten
(1) Feuer- und Heißarbeiten dürfen nur nach vorheriger schriftlicher Erlaubnis des Arbeitgebers ausgeführt werden.
(2) Die schriftliche Erlaubnis nach Absatz 1 muss enthalten:
(3) Vor Beginn der Arbeiten müssen die Stoffe und Zubereitungen aus und unter dem Arbeitsbereich (Arbeitsstelle und ihre Umgebung) entfernt werden. Ist dies aus betrieblichen Gründen nicht durchführbar, sind geeignete Maßnahmen zu treffen, um das Lagergut vor Erhitzung und der Einwirkung heißer Teile (z.B. Schweißperlen, abgetrennte Metallteile) zu schützen. Dies kann durch Abdecken mit geeigneten Schutzplanen erreicht werden. Die Arbeiten dürfen nur nach Bereitstellung von Löschwasser vorgenommen werden.
(4) Bei Schweiß-, Brennschneid-, Löt- und Trennschleifarbeiten sowie Arbeiten mit offener Flamme ist die BGV-D1 "Schweißen, Schneiden und verwandte Arbeitsverfahren" und die BGV-A1 "Allgemeine Vorschriften" zu beachten. Auf die Pflicht zur Unterweisung nach Nummer 5 wird hingewiesen.
(5) An Bunkern, Schurren, Zwischenwänden und dergleichen dürfen keine Schweiß-, Brennschneid-, Löt- und Trennschleifarbeiten durchgeführt werden, wenn sich auf der anderen Wandseite noch Stoffe oder Zubereitungen oder Reste davon befinden. Kann die Gefahr einer thermischen Zersetzung des Lagergutes im gefährdeten Umkreis um die Arbeitsstelle nicht vollständig ausgeschlossen werden, dürfen die vorgenannten Arbeiten nicht ausgeführt werden. Es sind andere Arbeitsverfahren wie Schrauben, Flanschen, Bohren, Sägen usw. anzuwenden.
(6) Besondere Risiken gehen von verdämmten Räumen aus (z. H. Hohlwellen von Förderschnecken oder Bandrollen, Toträume zwischen verschweißten Apparate- und Behälterwänden). Ausfesten ammoniumnitrathaltigen Zubereitungen kann durch Feuchtigkeit Ammoniumnitrat herausgelöst und durch kleinste Öffnungen oder unsichtbare Risse ins Innere von Hohlkörpern transportiert werden. Beim Erhitzen kann es zur Explosion und zum Zerbersten des Hohlkörpers kommen.
(7) Während der Arbeiten ist das Lagergut auf Brandentwicklung und Zersetzung zu beobachten. Auch nach Beendigung der Arbeiten ist der Arbeitsbereich über einen ausreichenden Zeitraum (mindestens zwei Stunden) darauf zu kontrollieren, ob sich Qualm oder stechender Geruch bemerkbar machen. Bereits im Zweifelsfall ist die Feuerwehr zu alarmieren.
6.1.4.4 Anforderungen an elektrische Anlagen
(1) Elektrische Anlagen in Räumen für die Gruppen A und B müssen gegen Gefahren durch Feuer geschützt werden. Dieser Schutz wird z.B. durch die Einhaltung der Bestimmungen der DIN VDE 0100, Teil 482 "Brandschutz bei besonderen Risiken oder Gefahren", gewährleistet. Elektrische Anlagen in Räumen für die Gruppe C müssen gegen Gefahren durch Feuchte und Nässe geschützt werden. Dieser Schutz wird z.B. durch die Einhaltung der Bestimmungen der DIN VDE 0100, Teil 737 "Feuchte und nasse Bereiche und Räume und Anlagen im Freien", gewährleistet.
(2) Elektrische Anlagen - Beleuchtungskörper, Kabel, Motore usw. - müssen von den eingelagerten Stoffen und Zubereitungen mindestens 0,5 m Abstand haben (auch unbeschädigte Kabel geben beim Stromdurchfluss Wärme ab). Sie dürfen nicht mit den Stoffen und Zubereitungen zugeschüttet oder zugedeckt werden. Bei verpackten Stoffen und Zubereitungen kann der Abstand zu stromdurchflossenen Kabeln auf 0,1 m verringert werden, wenn die Kabel im Verkehrs- und Lagerbereich bis zur maximalen Stapelhöhe gegen mechanische Beanspruchung ausreichend geschützt sind (z.B. durch Stahlrohre oder Stahlpanzerrohre nach DIN EN 50086-1 in Verbindung mit DIN 49 020; die Rohre müssen gegen das Eindringen von Staub geschützt sein).
(3) Motoren und Transformatoren in oder in der Nähe von Lagern müssen gegen Oberlast geschützt werden.
(4) Der Staub der Stoffe und Zubereitungen ist korrosiv und greift Zink und Kupfer an. Die elektrischen Anlagen sind daher entsprechend zu warten.
(5) Die elektrischen Anlagen sind vor der Inbetriebnahme und danach jährlich durch eine Elektrofachkraft auf ihren ordnungsgemäßen Zustand prüfen zu lassen. Mängel sind zu beseitigen. Das Ergebnis der Prüfung sowie die Beseitigung der ggf. aufgetretenen Mängel sind schriftlich zu dokumentieren.
6.1.5 Schutz vor unzulässiger Beanspruchung- Verhinderung der Detonationsübertragung
(1) Verhärtete Massen dürfen nur durch geeignete mechanisch wirkende Verfahren aufgelockert werden. Sprengstoffe oder Munition dürfen zur Auflockerung nicht verwendet werden.
(2) Zu den geeigneten Verfahren der Auflockerung und Zerkleinerung nach Absatz 1 Satz 1 gehört zum Beispiel das Cardox-Verfahren.
6.2 Zusätzliche Maßnahmen für Stoffe und Zubereitungen der Gruppe A
6.2.1 Allgemeine Maßnahmen
6.2.1.1 Schutz gegen Verunreinigung und gefährliche Zusammenlagerung
(1) Ausgelaufene oder verschüttete Stoffe und Zubereitungen müssen unmittelbar verbraucht oder gefahrlos beseitigt werden.
Eine gefahrlose Beseitigung ist z.B. durch Lösen in Wasser möglich. Auf die wasserrechtlichen Bestimmungen wird hingewiesen. Die gefahrlose Beseitigung kann auch durch innige Vermischung mit inerten Stoffen (z.B. Sand, Kalk, Dolomit) mindestens im Verhältnis 1 : 1 erfolgen.
(2) Bei der Lagerung sind Paletten aus Holz zulässig. Die Paletten sind vor der Beladung auf Beschädigungen, hervorstehende Nägel und Verunreinigungen (z.B. durch Öl, Metallpulver) zu untersuchen. Verschmutzte oder fehlerhafte Paletten dürfen nicht beladen werden. Leere Paletten sind außerhalb des Lagerraums zu lagern.
6.2.2 Zusätzliche Maßnahmen für die Lagerung von mehr als 1 t
6.2.2.1 Baulicher Brandschutz
(1) Tragende Wände, Decken und Stützen bei eingeschossigen Gebäuden mindestens feuerhemmend, bei mehrgeschossigen Gebäuden feuerbeständig sein.
(2) Das Brandverhalten der Bauteile ist nach DIN 4102, Teil 4 zu beurteilen.
(3) Trennwände zwischen Lagerräumen und Räumen anderer Nutzungsart müssen feuerbeständig sein.
(4) Die Lagerräume müssen von unmittelbar angrenzenden anderen Gebäuden durch Brandwände getrennt sein.
(5) Die Dachhaut muss gegen Flugfeuer und strahlende Wärme ausreichend widerstandsfähig sein.
(6) Fußböden müssen aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen; dabei ist eine Beschichtung mit Gussasphalt zulässig, andere als die vorgenannten Baustoffe dürfen nur nach Vorliegen eines Gutachtens der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung verwendet werden.
(7) Die Fußböden dürfen keine Abflussöffnungen, Kanäle, Gruben oder Schächte enthalten.
(8) In den Lagerräumen dürfen keine Feuerstätten und sonstigen Zündquellen einschließlich Kaminreinigungsöffnungen vorhanden sein.
(9) Gebäude müssen eine Blitzschutzeinrichtung haben (DIN VDE 0 185-1 "Blitzschutzanlage; Allgemeines für das Errichten" und DIN VDE 0 185-2 "Blitzschutzanlage; Errichten besonderer Anlagen".
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