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TRGS 907 - Verzeichnis sensibilisierender Stoffe und von Tätigkeiten mit sensibilisierenden Stoffen
Technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS)
Vom 8. November 2011
(GMBl. Nr. 49-51 vom 19.12.2011 S. 1019)
Archivfassung 1999
Die Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) geben den Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Arbeitshygiene sowie sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen, einschließlich deren Einstufung und Kennzeichnung, wieder. Sie werden vom
Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS)
ermittelt bzw. angepasst und vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Gemeinsamen Ministerialblatt bekannt gegeben.
Diese TRGS konkretisiert im Rahmen ihres Anwendungsbereichs Anforderungen der Gefahrstoffverordnung. Bei Einhaltung der Technischen Regeln kann der Arbeitgeber insoweit davon ausgehen, dass die entsprechenden Anforderungen der Verordnung erfüllt sind. Wählt der Arbeitgeber eine andere Lösung, muss er damit mindestens die gleiche Sicherheit und den gleichen Gesundheitsschutz für die Beschäftigten erreichen.
1 Begriffsbestimmungen und Erläuterungen
(1) Diese TRGS enthält ein Verzeichnis von Stoffen und Tätigkeiten, bei denen davon auszugehen ist, dass sie nach gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen als sensibilisierend gemäß den Kriterien der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) in Verbindung mit Anhang VI der Richtlinie 67/548/EWG ("Stoffrichtlinie"), der Richtlinie 1999/45/EG ("Zubereitungsrichtlinie") sowie der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 ("CLP-Verordnung") einzuordnen sind, die jedoch nicht in Anhang VI, Teil 3, Tabellen 3.1 und 3.2 der CLP-Verordnung mit R42 (bzw. mit H334) als sensibilisierend für die Atemwege oder mit R43 (bzw. mit H317) als sensibilisierend für die Haut aufgeführt sind. Die unterschiedlichen Kennzeichnungen hautsensibilisierender und atemwegssensibilisierender Stoffe nach Stoffrichtlinie und CLP-Verordnung sind folgender Tabelle zu entnehmen:
Kennzeichnung nach Stoffrichtlinie | Kennzeichnung nach CLP-Verordnung | ||||
Gefahrensymbol und -bezeichnung | Bezeichnung der besonderen Gefahren | Gefahrenklasse und -kategorie | GHS- Piktogramm | Signal- wort | Gefahrenhinweis |
| R42 Sensibilisierung durch Einatmen möglich. | Sensibilisierung der Atemwege, Kategorie 1 | Gefahr | H334 Kann bei Einatmen Allergie, asthmaartige Symptome oder Atembeschwerden verursachen. | |
| R43 Sensibilisierung durch Hautkontakt möglich. | Sensibilisierung der Haut, Kategorie 1 | Achtung | H317 Kann allergische Hautreaktionen verursachen. |
(2) Stoffe und Zubereitungen/Gemische sind sensibilisierend, wenn sie bei Einatmen oder Aufnahme über die Haut Überempfindlichkeitsreaktionen hervorrufen können, so dass bei künftiger Exposition gegenüber dem Stoff oder der Zubereitung/dem Gemisch charakteristische Störungen (allergische Erkrankungen wie z.B. Bindehautentzündung (Konjunktivitis), Heuschnupfen (Rhinitis allergica), Asthma bronchiale, Nesselsucht (Urtikaria), allergisches Kontaktekzem) auftreten.
(3) Für Tätigkeiten mit sensibilisierenden Stoffen sind insbesondere der dritte und vierte Abschnitt der GefStoffV zu beachten. Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten bei Tätigkeiten mit sensibilisierenden Stoffen sind auch der TRGS 401 "Gefährdung durch Hautkontakt - Ermittlung, Beurteilung, Maßnahmen" und der TRBA/TRGS 406 "Sensibilisierende Stoffe für Atemwege" zu entnehmen.
2 Kriterien zur Bewertung der sensibilisierenden Wirkung von Gefahrstoffen
(1) Zahlreiche Stoffe können nach wiederholtem Kontakt bei einem Teil der exponierten Beschäftigten zu einer Überempfindlichkeit (Sensibilisierung) führen. Sensibilisierte Beschäftigte können bei erneutem Kontakt eine allergische Erkrankung entwickeln. Eine Sensibilisierung wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst. Dazu gehören das Sensibilisierungsvermögen des Gefahrstoffes bzw. seiner im Organismus entstehenden Stoffwechselprodukte, die Konzentration, Dauer und Art der Einwirkung, die genetisch determinierte Disposition der Exponierten und der aktuelle Zustand der Gewebe, auf die der sensibilisierende Gefahrstoff trifft. Die gleichzeitige oder zeitnah vorausgehende dermale Exposition gegenüber Reizstoffen erhöht das Risiko einer Hautsensibilisierung.
(2) Die Feststellungen zum Sensibilisierungsvermögen eines Stoffes werden abgeleitet aus medizinischen Erfahrungen über Krankheitserscheinungen beim Menschen, aus speziellen Tests im Tierversuch oder aus Struktur-Wirkungs-Betrachtungen über die jeweilige Substanz. Nähere Hinweise zur Entstehung einer Allergie finden sich in Nummer 2 Abs. 5 der TRBA/TRGS 406.
(3) Die in dieser TRGS vorgeschlagenen Bewertungen erfolgen auf der Grundlage der in der EU vereinbarten Kriterien für die Einstufung und Kennzeichnung von Gefahrstoffen mit R42 bzw. R43. Die Einstufungskriterien für die Kennzeichnungen nach CLP-Verordnung (H334 und H317) stimmen mit denen der Stoffrichtlinie (R42 und R43) weitgehend überein.
3 Verzeichnis sensibilisierender Stoffe
(1) Die Liste in Anlage 1 dieser TRGS enthält eine Auswahl von Arbeitsstoffen, die häufig und/oder besonders schnell sensibilisieren und für Berufserkrankungen Bedeutung haben. Die Liste ist nicht abschließend und entbindet die Hersteller und Inverkehrbringer nicht von der Verpflichtung, Stoffe als sensibilisierend zu kennzeichnen, wenn ihnen dazu entsprechende Kenntnisse vorliegen.
(2) In der Spalte Synonyme der Liste in Anlage 1 sind in der Praxis gebrauchte bzw. der präzisen chemischen Charakterisierung dienende Synonyme erwähnt. Orientierend kann hierzu auch die MAK- und BAT-Werte-Liste herangezogen werden.
(3) Sensibilisierende Stoffe mit Arbeitsplatzgrenzwert sind zusätzlich in der TRGS 900 "Arbeitsplatzgrenzwerte" aufgeführt. In der "Liste der Arbeitsplatzgrenzwerte und Kurzzeitwerte" der TRGS 900 sind atemwegssensibilisierende Stoffe mit "Sa", hautsensibilisierende Stoffe mit "Sh" und an beiden Zielorganen Allergien auslösende Stoffe mit "Sah" gekennzeichnet.
4 Verzeichnis von Tätigkeiten mit sensibilisierenden Stoffen
(1) Die Liste in Anlage 2 dieser TRGS enthält eine Auswahl von Tätigkeiten, bei denen zur Vermeidung einer möglichen Sensibilisierung die Anwendung von Schutzmaßnahmen der TRGS 401 und TRBA/TRGS 406 vorzunehmen ist. Die Liste ist nicht abschließend und entbindet die Hersteller und Inverkehrbringer nicht von der Verpflichtung, Stoffe als sensibilisierend zu kennzeichnen, wenn ihnen dazu entsprechende Kenntnisse vorliegen.
(2) In der Spalte "Beispiele" sind bei Gruppenbezeichnungen wie "Holzstaub" und "Zier- und Nutzpflanzen" als Präzisierung zu verstehende Einzelsubstanzen bzw. einzelne Arten aufgelistet. Im Übrigen werden nur ausgewählte, in der Praxis gebrauchte bzw. der präzisen chemischen Charakterisierung dienende Synonyme erwähnt. Orientierend kann hierzu auch die MAK- und BAT-Werte-Liste herangezogen werden.
Literatur
Weiterführende Literatur findet sich in den Begründungstexten zu dieser TRGS 907. Diese wurden aktualisiert bzw. neu gefasst. Sie finden sich unter http://www.baua.de/de/Themenvon-A-Z/Gefahrstoffe/TRGS/Begruendungen-907.html
DFG-Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe: MAK- und BAT-Werte Liste, Wiley VCH-Verlag, Weinheim
Stoffe bzw. Stoffgruppen, bei denen nach gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis von einer atemwegs- und/oder hautsensibilisierenden Wirkung auszugehen ist, aber die im Anhang VI der CLP-Verordnung nicht als sensibilisierend eingestuft und mit H317 und/oder mit H334 zu kennzeichnen sind | Anlage 1 zu TRGS 907 |
Stoff | EG-Nr. | CAS-Nr. | Bewertung des AGS | Synonyme/Einzelsubstanzen |
Wasserlösliche Nickelverbindungen, insbesondere Ni-sulfat und Ni-dichlorid 1 | Sa 2 | |||
2-Aminoethanol 3 | 205-483-3 | 141-43-5 | Sh | Monoethanolamin (MEA), Ethanolamin, Aminoethanol |
4-Aminophenol | 204-616-2 | 123-30-8 | Sh | p-Aminophenol |
N-(4-Aminophenyl)anilin | 202-951-9 | 101-54-2 | Sh | p-Aminodiphenylamin, N-Phenyl-p-phenylendiamin |
Ammoniummercaptoacetat | 226-540-9 | 5421-46-5 | Sh | Ammoniumthioglykolat, Mercaptoessigsäure, Ammoniumsalz |
2-Brom-2-(brommethyl)pentandinitril | 252-681-0 | 35691-65-7 | Sh | 1,2-Dibrom-2,4-dicyanbutan (BCB), 2-Brom-2-(brommethyl)glutardinitril, Methyldibromglutarnitril (MDBGN) |
1-Chlor-2,4-dinitrobenzol | 202-551-4 | 97-00-7 | Sh | 2,4-Dinitrochlorbenzol (DNCB) |
Chlorpromazin, Chlorpromazinhydrochlorid | 200-045-8 200-701-3 | 50-53-3 69-09-0 | Sh | 2-Chlor-10-(3-(dimethylamino)propyl)phenothiazin |
N-Cyclohexyl-N'-phenyl-p-phenylendiamin | 202-984-9 | 101-87-1 | Sh | |
Glycerylmonothioglykolat | 30518-84-9 | Sh | Mercaptoessigsäuremonoester mit 1,2,3-Propantriol, Thioglykolsäure-N-monoglycerylester | |
N-Methyl-N,2,4,6-tetranitroanilin | 207-531-9 | 479-45-8 | Sh | N-Methyl-N,2,4,6-tetranitrobenzolamin, N-Pikryl-N-methylnitramin, Nitramin, Tetralit, Tetryl |
2-Nitro-p-phenylendiamin | 226-164-5 | 5307-14-2 | Sh | o-Nitro-p-phenylendiamin |
Phenol-Formaldehydharz (unausgehärtet) | 9003-35-4 | Sh | Novolak, Resol | |
Quecksilberverbindungen, organische | Sh | Thiomersal (Thimerosal, Merthiolat, Ethylmercurithiosalicylat-Natriumsalz) Phenylquecksilbersalze (-acetat, -chlorid, -borat, -nitrat, -propionat) | ||
Triisobutylphosphat | 204-798-3 | 126-71-6 | Sh | Phosphorsäuretriisobutylester |
Zimtaldehyd | 203-213-9 | 104-55-2 | Sh | 3-Phenyl-2-propenal |
Sa = Atemwegssensibilisierender Stoff Sh = Hautsensibilisierender Stoff 1) Nickelsulfat und Nickeldichlorid sind gemäß Anhang VI der CLP-Verordnung 1272/2008 bereits mit R 42/43 bzw. mit H334 und mit H317 gekennzeichnet. |
Tätigkeiten, bei denen Schutzmaßnahmen der TRGS 401 oder der TRBA/TRGS 406 anzuwenden sind, um mögliche Sensibilisierungen zu vermeiden | Anlage 2 zu TRGS 907 |
Tätigkeit mit | Beispiele; Erläuterungen siehe auch jeweilige Begründungspapiere | Mögliche Wirkung |
Pflanzlichen Bestandteilen mit möglicher sensibilisierender Wirkung | ||
Getreidemehlstäube | z.B. Weizenmehl, Roggenmehl | Sa |
Getreide- und Futtermittelstäube | Sa | |
Holzstaub | Holzarten (Beispiele): | |
Acacia melanoxylon, tropische Akazie | Sh | |
Brya ebenus, Coccusholz, | Sh | |
Chlorophora excelsa, Iroko, Kambala | Sh | |
Dalbergia latifolia, ostindischer Palisander | Sh | |
Dalbergia melanoxylon, afrikanisches Grenadillholz | Sh | |
Dalbergia nigra, Rio Palisander | Sh | |
Dalbergia retusa, Cocobolo | Sh | |
Dalbergia stevensonii, Honduras Palisander | Sh | |
Distemonanthus benthamianus, Ayan, Movingui | Sh | |
Grevillea robusta, australische Silbereiche | Sh | |
Khaya anthotheca, afrikanisches Mahagoni | Sh | |
Macherium scleroxylon, Santos Palisander | Sh | |
Mansonia altissima, Bété | Sh | |
Paratecoma peroba, Peroba do campo, | Sh | |
Peroba jaune | ||
Tectona grandis, Teak | Sh | |
Terminalia superba, Limba | Sa | |
Thuja plicata, Riesenlebensbaum, Rotzeder | Sah | |
Triplochiton scleroxylon, Abachi, Obeche | Sah | |
Naturgummilatex | Sah | |
Sonstige Pflanzenbestandteile oder -produkte mit möglicher sensibilisierender Wirkung | ||
Beispiele: | ||
Rizinus (Rizinusproteine) | Sa | |
Sojabohne (Sojabohneninhaltsstoffe) | Sa | |
Chrysanthemen, Korbblütler | Sah | |
Tulpen, Alstroemerien | Sah | |
Primula obconica (Primin) | Sh | |
Gewürzstäube | Sa | |
Teestaub | Sa | |
Rohkaffeebohnenstaub (unbehandelt) | Sa | |
Wildpflanzen/Unkraut, z.B. Beifußpollen, Traubenkraut (Ambrosia) | Sa | |
Tierischen Bestandteilen mit möglicher sensibilisierender Wirkung | ||
Haare, Borsten, Hautschuppen, Federn, Horn, Kot, Urin, Speichel | Sa | |
Milben und deren Ausscheidungen | Vorrats-, Hausstaub-, Spinn-, Raubmilben | Sa |
Fische, Schalen- und Krustentiere | Sa | |
Zuckmückenlarven | Sa | |
Sonstigen Stoffe | ||
Antibiotika mit möglicher sensibilisierender Wirkung | Aminoglykoside | Sh |
b-Lactam-Antibiotika (Cephalosporine, Penicilline) | Sah | |
Makrolide | Sah | |
Peptidantibiotika | Sah | |
Tetracycline | Sah | |
Sa = Atemwegssensibilisierender Stoff Sh = Hautsensibilisierender Stoff Sah = Atemwegs- und hautsensibilisierender Stoff |
*) Hinweis: Die Neufassung wurde an die aktuelle Fassung der Gefahrstoffverordnung und die Richtlinien 67/548/EWG (Stoffrichtlinie) und 1999/45/EG (Zubereitungsrichtlinie), sowie die Verordnung über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen (EG) Nr. 1272/2008 (CLP-Verordnung) angepasst. Stoffe, die mittlerweile seitens der EU entsprechend in die Verordnung aufgenommen sind, wurden im Verzeichnis der TRGS 907 gestrichen, neue Einträge vorgenommen. Die Begründungen zur Bewertung von Stoffen als sensibilisierend wurden aktualisiert bzw. neu gefasst (http://www.baua.de/de/Themenvon-A-Z/Gefahrstoffe/TRGS/Begruendungen-907.html)
ENDE |