Bundesministerium Berlin, den 14. Dezember 2004
für Wirtschaft und Arbeit
An den
Präsidenten des Bundesrates Herrn Ministerpräsidenten Matthias Platzeck
Sehr geehrter Herr Bundesratspräsident,
beigefügt übersende ich Ihnen die Stellungnahme der Bundesregierung zum Tätigkeitsbericht der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post 2002/2003 und zum Sondergutachten der Monopolkommission "Wettbewerbintensivierung in der Telekommunikation - Zementierung des Postmonopols" mit der Bitte um Kenntnisnahme.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Clement
Stellungnahme der Bundesregierung
zum Tätigkeitsbericht der Regulierungsbehörde
für
Telekommunikation und Post 2002/2003 und zum
Sondergutachten der Monopolkommission
"Wettbewerbintensivierung in der Telekommunikation -
Zementierung des Postmonopols"
Dezember 2004
A. Allgemeines
1. Die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) hat im Dezember 2003 ihren dritten Tätigkeitsbericht gemäß § 81 Abs. 1 des Telekommunikationsgesetzes von 1996 (TKG) und § 47 Abs. 1 des Postgesetzes (PostG) veröffentlicht. Gleichzeitig ist gemäß § 81 Abs. 3 TKG und § 44 PostG der Bericht der Monopolkommission zu der Frage vorgelegt worden, ob auf den Märkten der Telekommunikation und Post funktionsfähiger Wettbewerb besteht und demzufolge die Regelungen der Entgeltregulierung weiterhin erforderlich sind. Die Bundesregierung hat zu dem Bericht der Monopolkommission gemäß § 81 Abs. 3 TKG und § 44 PostG sowie gemäß § 47 Abs. 1 PostG zu dem Tätigkeitsbericht der Reg TP gegenüber den gesetzgebenden Körperschaften des Bundes in angemessener Frist Stellung zu nehmen.
B. Stellungnahme zum Kapitel Telekommunikation
Vorbemerkungen
2. In ihrem Sondergutachten bewertet die Monopolkommission, inwieweit auf einzelnen Telekommunikationsmärkten bereits funktionsfähiger Wettbewerb vorliegt und zeigt auf, welche Konsequenzen sich daraus für die Regulierung der einzelnen Märkte ergeben. Außerdem äußert sich die Monopolkommission zur Regulierungspraxis. Letzteres ist nicht Gegenstand dieser Stellungnahme.
3. Die Monopolkommission legte das Sondergutachten in der Zeit vor, in der das TKG von 1996 einer umfassenden Novellierung unterzogen wurde. Von daher sind viele Themen dargestellt, die bereits im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens ausführlich erörtert wurden. Zugleich haben sich durch die TKG-Novelle materielle Änderungen der gesetzlichen Grundlagen ergeben, die für die Relevanz einiger Vorschläge des Monopolkommissionsgutachtens von Bedeutung sind (hierzu wird im einzelnen Stellung genommen).
4. Hervorzuheben ist, dass anders als bislang künftig nicht mehr der nationale Gesetzgeber darüber zu entscheiden hat, welche Märkte aus der sektorspezifischen Regulierung entlassen werden können. Diese Aufgabe wurde mit der TKG-Novelle auf die Regulierungsbehörde übertragen. Diese prüft nunmehr, in welchen Bereichen die Voraussetzungen für die Entwicklung nachhaltig wettbewerbsorientierter Märkte gegeben sind. Auch die Frage, welche regulatorischen Instrumente zum Einsatz kommen sollen, konnte aufgrund EU-rechtlicher Vorgaben im Gesetz selbst nicht eindeutig festgelegt werden. Vielmehr mussten im neuen Telekommunikationsgesetz große Ermessenspielräume für den Regulierer sowohl hinsichtlich der Festlegung des Geltungsbereichs der sektorspezifischen Regulierung wie auch hinsichtlich des Instrumenteneinsatzes vorgesehen werden. Künftig trifft die Regulierungsbehörde im Einvernehmen mit dem Bundeskartellamt und - sofern Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten bestehen - mit Zustimmung der Europäischen Kommission die Entscheidung darüber, welche Märkte für eine Regulierung in Betracht kommen. Bei der Bestimmung der Märkte ist die Empfehlung der Europäischen Kommission vom 11. Februar 2003 über relevante Produkt- und Dienstmärkte des elektronischen Kommunikationssektors (Empfehlung) weitestgehend zu berücksichtigen. Ein Markt unterliegt künftig der Regulierung, wenn
- dieser durch beträchtliche und anhaltende strukturell oder rechtlich bedingte Marktzutrittsschranken gekennzeichnet ist,
- dieser längerfristig nicht zu wirksamem Wettbewerb tendiert und
- die Anwendung des allgemeinen Wettbewerbsrechts allein nicht ausreicht, um auf diesem Markt einem gegebenen Marktversagen entgegenzuwirken.
5. Im Anschluss an die Marktdefinition ist der Markt von der Reg TP daraufhin zu analysieren, ob wirksamer Wettbewerb besteht. Wirksamer Wettbewerb besteht nicht, wenn ein oder mehrere Unternehmen auf diesem Markt über beträchtliche Marktmacht verfügt. Ihre Entscheidung trifft die Regulierungsbehörde im Einvernehmen mit dem Bundeskartellamt.
6. Aufgrund der Verlagerung der Entscheidungskompetenz über Regulierungsumfang und -intensität vom Gesetzgeber auf die Regulierungsbehörde wurde auch der gesetzliche Auftrag der Monopolkommission modifiziert. Die Monopolkommission erstellt künftig alle zwei Jahre ein Gutachten, in dem sie den Stand und die absehbare Entwicklung des Wettbewerbs und die Frage, ob nachhaltig wettbewerbsorientierte Telekommunikationsmärkte in der Bundesrepublik Deutschland bestehen, beurteilt, die Anwendung der Vorschriften dieses Gesetzes über die Regulierung und Wettbewerbsaufsicht würdigt und zu sonstigen aktuellen wettbewerbspolitischen Fragen Stellung nimmt, insbesondere zu der Frage, ob die Regelung in § 21 Abs. 2 Nr. 3 im Hinblick auf die Wettbewerbsentwicklung anzupassen ist. Das Gutachten soll bis zum 30. November eines Jahres abgeschlossen sein, in dem kein Hauptgutachten nach § 44 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vorgelegt wird.
Bewertung im Einzelnen
7. Die Monopolkommission differenziert bei der Marktbeurteilung nach Vorleistungen, Endkundenleistungen und Mobilfunkmärkten. Bezüglich des Vorleistungsmarktes hält die Monopolkommission eine präventive Regulierung von Vorleistungen solange für unverzichtbar, wie das Angebot der Wettbewerber auf den Festnetz-Endkundenmärkten "nur unter Rückgriff auf die Infrastruktur der DT AG bestehen kann". Dazu gehörten der entbündelte Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung, lokale und regionale Zusammenschaltungsleistungen sowie Fakturierungs- und Inkassoleistungen.
8. Die Bundesregierung teilt weitestgehend die Auffassung der Monopolkommission zur Vorleistungsregulierung. Sie sieht gegenwärtig keinen Anlass, die Vorleistungsregulierung spürbar zu lockern. Dies spiegelt sich auch im novellierten TKG bei der Zugangs- und Entgeltregulierung wider.
9. Bei Mietleitungen bleibt die Monopolkommission bei ihrer Auffassung, dass auf Fernnetzebene funktionsfähiger Wettbewerb bestehe und eine Rückführung der präventiven Entgeltregulierung möglich sei.
10. Hierzu ist festzustellen, dass der bisherige gesetzliche Automatismus, wonach Marktbeherrschung im Mietleitungsbereich zwingend Exante-Preiskontrollen zur Folge hatte, im neuen Gesetz nicht mehr enthalten ist. Von der Regulierungsbehörde ist allerdings auf Basis der o.g. Kriterien zu prüfen, ob und in welchem Umfang Teile des Mietleitungsbereichs im Zuge des Marktdefinitionsverfahren möglicherweise aus der Regulierung herausgenommen werden sollten. Die Bereiche, die weiterhin der Regulierung unterliegen, können je nach Marktstellung des Unternehmens mit beträchtlicher Marktmacht einer Missbrauchsaufsicht oder auch einer Exante-Genehmigung unterworfen werden. Für den Mietleitungsbereich ist weiter festzustellen, dass § 41 TKG neu in Umsetzung entsprechender Vorgaben der Universaldienstrichtlinie gewisse Angebotsverpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht vorsieht (einschl. Entgeltregulierung).
11.Bezüglich der Endkundenmärkte zeichnet die Monopolkommission hinsichtlich der Markt- und Wettbewerbsentwicklung weitgehend ein positives Bild: So sei nunmehr klar, dass etwa der vor zwei Jahren noch als bedenklich eingestufte Konsolidierungsprozess auf dem Markt für Anbieter von Fern- und Auslandsverbindungen nicht zu einer Remonopolisierung der Märkte führe. Die Unsicherheit über den Verlauf der Konsolidierung sei überwunden.
12. Aufgrund marktstruktureller Probleme sieht die Monopolkommission funktionsfähigen Wettbewerb auf dem Markt für Fern- und Auslandsverbindungen aber noch nicht mit letzter Sicherheit als gegeben an. Insbesondere die hohe Vorleistungsabhängigkeit der Wettbewerber und die starke Kundenbindung der Deutschen Telekom durch das Angebot von Optionstarifen im Vergleich zu Callby-Call-Anbietern führen zur Einschätzung der Monopolkommission, dass auf diesen Märkten noch nicht mit letzter Sicherheit von funktionsfähigem Wettbewerb gesprochen werden kann. Gleichwohl empfiehlt die Monopolkommission die Rückführung der Exante-Regulierung bei den Fern- und Auslandsgesprächen, sofern die Märkte für Teilnehmeranschlüsse und Ortsgespräche weiterhin ex ante reguliert werden. Dabei müsse sichergestellt sein, dass Quersubventionierung von Monopolmärkten in deregulierte Märkte unterbunden werden könne und die Bündelungsprobleme wirksam kontrolliert werden kann.
13. Die Bundesregierung weist erneut darauf hin, dass eindeutige gesetzliche Vorgaben zur Regulierungsintensität in der TKG-Novelle nicht möglich waren. Um ein Höchstmaß an Planungssicherheit zu gewährleisten, hat der Gesetzgeber aber auf Basis des Artikels 17 der Universaldienstrichtlinie in § 39 des neuen TKG Handlungsempfehlungen zur Regulierung der Endkundenmärkte erarbeitet. Danach ist das Angebot von Telekommunikationsdiensten für Endnutzer durch ein Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht dann zu genehmigen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Verpflichtungen im Zugangsbereich oder zur Betreiber(vor-)auswahl nicht zur Erreichung der Regulierungsziele führen würden. Die Genehmigungspflicht soll dabei auf solche Märkte beschränkt werden, auf denen in absehbarer Zeit nicht mit der Entstehung eines nachhaltig wettbewerbsorientierten Marktes zu rechnen ist. Hieraus folgt, dass das neue TKG im Bereich der Endkundenmärkte die Expost-Entgeltregulierung als Regelfall betrachtet und Exante-Prozeduren nur möglich sind, wenn die o.g. Kriterien erfüllt sind. Den von der Monopolkommission angesprochenen Problemen der Quersubventionierung und der wettbewerbswidrigen Bündelung wurde insbesondere durch die Regelungen des § 28 TKG neu Rechnung getragen.
14. Die Bundesregierung teilt die Auffassung der Monopolkommission, dass der Wettbewerb auf dem Endkundenmarkt Mobilfunk - auf dem Netzbetreiber und Diensteanbieter konkurrieren - funktionsfähig ist und hier derzeit keine regulatorischen Eingriffe erforderlich sind. Auch die Europäische Kommission hat hier keinen Regulierungsbedarf gesehen und konsequenterweise den Markt nicht in ihre Empfehlung aufgenommen.
15. Im Zusammenhang mit der Bewertung der Perspektiven des Mobilfunks trifft die Monopolkommission eine negative Aussage über die Entwicklungsmöglichkeiten des nach Marktanteilen kleinsten Netzbetreibers während der nächsten zehn Jahre.
16. Die Bundesregierung hält es vor dem Hintergrund der Unsicherheit von Prognosen in dynamischen Märkten und insbesondere mit Blick auf den Auftrag der Monopolkommission nicht für angebracht, wenn die Erfolgsaussichten einzelner Unternehmen im Markt durch die Monopolkommission öffentlich bewertet werden.
17. Die Monopolkommission hält an ihrer Auffassung fest, dass Terminierungsentgelte der Mobilfunknetzbetreiber genehmigungspflichtig sein sollten. Ziel müsse eine kostenbasierte Tarifierung sein. Allerdings macht die Monopolkommission deutlich, dass man den Geschäftsmodellen der Unternehmen im Markt nicht von einem auf den anderen Tag die Grundlage entziehen solle. Vielmehr müsse der Übergang zu einer kostenbasierten Regulierung der Terminierungsentgelte allmählich erfolgen, damit sich die Unternehmen darauf einrichten können. Das Price-Cap-Verfahren biete etwa für solch einen Übergang einen geeigneten Rahmen.
18. Gemäß TKG unterliegen Terminierungsentgelte im Mobilfunk grundsätzlich der Missbrauchsaufsicht. Eine Genehmigungspflicht ist aber für den Fall vorgesehen, dass beträchtliche Marktmacht vorliegt und im Rahmen der Marktanalyse festgestellt wird, dass eines der in § 30 Absatz 1, Nr. 1-3 TKG genannten Kriterien nicht erfüllt ist. Dieses gestufte Verfahren entspricht dem den EU-Richtlinien zugrunde liegenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
19. Die Bundesregierung begrüßt die intensive Auseinandersetzung der Monopolkommission mit der Frage einer angemessenen Verzinsung des eingesetzten Kapitals, ohne diese Aussagen inhaltlich zu bewerten. Es wird davon ausgegangen, dass die Regulierungsbehörde sich mit den Vorschlägen der Monopolkommission zur Verzinsung auf Basis der in § 31 Absatz 4 TKG genannten Kriterien auseinandersetzt.
C. Stellungnahme zum Kapitel Post
Vorbemerkungen
Im Postbereich weist der Titel "Zementierung des Postmonopols" weiterhin auf eine negative Einschätzung der Wettbewerbsentwicklung hin. Die Monopolkommission sieht als Hauptgrund hierfür die Verlängerung der Exklusivlizenz der DP AG an. Erneut fällt auf, dass die Monopolkommission in ihrem Bereich juristische Bewertungen vornimmt und u. a. den Beschluss des BVerfG (zur Verlängerung der Exklusivlizenz) als bedenklich ansieht. Sie vertritt den Standpunkt, dass hier der Wettbewerb nach wie vor durch die Exklusivlizenz der DP AG gelähmt wird.
Universaldienst
21. Die Verpflichtung der DP AG zur Erbringung von Universaldienstleistungen sieht sie als Ausdehnung des Postmonopols an und kritisiert, dass der hierfür im Postgesetz vorgesehene strikte Kostenstandard der Entgeltregulierung aufgeweicht wird.
Die RegTP hat - entsprechend ihres gesetzlichen Auftrags - dazu Stellung genommen, ob der Universaldienst gewährleistet ist, und zu der Frage, ob sich eine Änderung am Universaldienstumfang empfiehlt. Sie hat Vorschläge für eine Änderung der Universaldienstleistungen unterbreitet und dabei darauf hingewiesen, dass diese Empfehlungen auf zwischenzeitlichen Erfahrungen mit der Post-Universaldienstleistungsverordnung (PUDLV) und der Auswertung von Bürgereingaben seit 1998 beruhen. Die Empfehlungen zielen insbesondere auf eine Festigung der postalischen Infrastruktur im Hinblick auf das durch die Deutsche Post AG bereitzustellende Poststellen- und Briefkastennetz.
22. Die Deutsche Post AG hat im April 2004 mit einer Selbstverpflichtungserklärung zur Erbringung bestimmter Postdienstleistungen auf die Empfehlungen der RegTP und damit einhergehende Forderungen aus dem politischen Raum reagiert. Die Selbstverpflichtung begründet eine einseitige Erklärung, freiwillig über den bestehenden Rahmen des rechtlich verpflichtend zu erbringenden Universaldienstes hinaus ergänzend bestimmte Postdienstleistungen anzubieten. Zukünftig soll nunmehr unabhängig vom bisherigen politischen Gemeindebegriff in allen zusammenhängend bebauten Wohngebieten mit mehr als 2.000 Einwohnern eine Poststelle bereitgestellt werden. Diese Regelung beseitigt eine mögliche Ungleichbehandlung von selbständigen Gemeinden und unselbständigen Gemeindenteilen bei der Bereitstellung von Poststellen. Auch wurde zur Vermeidung einer weiteren Reduzierung des Briefkastennetzes die derzeitige Briefkastenanzahl von 108.000 festgeschrieben. Neben anderen klarstellenden und konkretisierenden Regelungen zum Umfang des bereitzustellenden Dienstleistungsangebotes wurden auch Verbesserungen für eine zeitgerechte Kommunikation mit den kommunalen Gebietskörperschaften bei Veränderungen des Poststellen- und Briefkastennetzes eingeführt.
23. Der Inhalt der Selbstverpflichtungserklärung berücksichtigt damit die wesentlichen Empfehlungen der RegTP und die politischen Forderungen zur Verbesserung der postalischen Infrastruktur und wird daher von der Bundesregierung begrüßt. Auch der Deutsche Bundestag hat am 18. Juni 2004 mit einem gemeinsamen Beschluss der Fraktionen die Selbstverpflichtungserklärung der Deutschen Post AG zur Erbringung bestimmter Postdienstleistungen begrüßt. Ebenso hat der Bundesrat in einer Sitzung am 11. Juni 2004, die Selbstverpflichtungserklärung der Deutschen Post AG grundsätzlich positiv aufgenommen; im Falle einer etwaigen Nichteinhaltung von Ziel und Inhalt der Erklärung wurde hier die Einleitung gesetzgeberischer Maßnahmen ausdrücklich benannt.
24. Auch die Bundesregierung behält sich für den Fall einer etwaigen Nichterfüllung die Prüfung von verordnungsrechtlichen Maßnahmen vor. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit hat die RegTP aufgefordert, die Einhaltung der Selbstverpflichtung im gleichen Maße wie die Vorgaben der Post-Universaldienstleistungsverordnung zu überprüfen und auch hier die Entwicklungen und Ergebnisse hinsichtlich der Versorgung mit Postdienstleistungen in den turnusmäßig erscheinenden Jahresberichten und dem Tätigkeitsbericht nach § 47 Postgesetz darzulegen.
25. Insgesamt wird aus Sicht der Bundesregierung der Gewährleistungsauftrag für eine flächendeckend angemessene und ausreichende Versorgung mit Postdienstleistungen in vollem Umfang erfüllt.
Exklusivlizenz
26. Die RegTP hat weiterhin - nicht zuletzt mit Blick auf die gute Positionierung der Deutschen Post AG im Wettbewerbsmarkt - ausgesagt, dass aus ihrer Sicht eine Verlängerung der gesetzlichen Exklusivlizenz über den im Postgesetz genannten Zeitpunkt hinaus (31. Dezember 2007) nicht erforderlich erscheint. Die Bundesregierung teilt diese Auffassung. Mit der nationalen Festlegung eines Enddatums für die Gewährung ausschließlicher Rechte sieht sich die Bundesregierung im Einklang mit einigen anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und sieht keine Veranlassung für eine Änderung dieser Festlegung.
27. Die Deutsche Post AG hat sich bei den bisher erfolgten Liberalisierungsschritten hervorragend im Markt behaupten können. Alle Erfahrungen aus bereits vollständig geöffneten Postmärkten, so etwa in Schweden, zeigen, dass ein leistungsfähig strukturierter Ex-Monopolist keinesfalls dramatische Umsatzeinbrüche durch die Liberalisierung erfahren muss. Es ist davon auszugehen, dass sich auch die Deutsche Post AG angesichts ihrer aktuellen Unternehmensentwicklung bei der von der Bundesregierung verfolgten Politik einer schrittweisen und vollständigen Marktöffnung im Postsektor gut behaupten wird.
Zulassung gewerblicher Postvorbereitung
28. Die Monopolkommission hat ebenso wie der Bundesrat in seiner Sitzung am 11. Juni 2004 die Zulassung sog. Konsolidierer zum Postmarkt gefordert. Derartige Unternehmen erbringen Leistungen (Einsammeln von Briefsendungen bei verschiedenen Absendern, Vorsortierung sowie Einlieferung bei den Briefzentren der Deutschen Post AG) und erwarten hierfür einen Rabatt vergleichbar mit demjenigen, den die Deutsche Post AG einzelnen Großauflieferern gewährt.
29. Anknüpfungspunkt für diese Thematik ist § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 des Postgesetzes. Diese Vorschrift nimmt von der der Deutschen Post AG zugestandenen Exklusivlizenz Unternehmen und Privatpersonen aus, die im Auftrag des Absenders Briefsendungen bei diesem abholen und bei der nächsten Annahmestelle der Deutschen Post AG oder bei einer anderen Annahmestelle der Deutschen Post AG innerhalb derselben Gemeinde einliefern. Auf dieser rechtlichen Grundlage hat die RegTP Beschlüsse gefasst, wonach die Deutsche Post AG nicht verpflichtet ist, in den reservierten Bereich fallende Briefsendungen in den Briefeingangszentren entgegenzunehmen.
30. Die Europäische Kommission vertritt die Auffassung, dass § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 des Postgesetzes gegen EU-Recht verstößt und damit unzulässigerweise auch der Postvorbereitungsdienst für die Deutsche Post AG reserviert werde. Wettbewerbern der Deutschen Post AG sei es nicht erlaubt, von verschiedenen Absendern Briefe zu übernehmen, mit denen anderer Absender zu vermischen, nach Postleitzahlen zu sortieren und bei einer Annahmestelle ihrer Wahl an die Deutsche Post AG weiterzugeben, um so einen Preisnachlass für die Vorbereitungsleistungen zu erhalten; die europäische Postdienste-Richtlinie sehe solche Einschränkungen nicht vor.
31. In der Sache sieht die Europäische Kommission den EG-Vertrag unter zwei Gesichtspunkten als verletzt an. Zum einen würde die zweifelsohne bestehende marktbeherrschende Stellung der Deutschen Post AG im Bereich der postalischen Grundversorgung auf den Markt für Postvorbereitungsleistungen ausgedehnt. Zum anderen verleiteten die gesetzlichen Bestimmungen die Deutsche Post AG zu einer unzulässigen Diskriminierung, da Großkunden, die die gleichen Vorbereitungsleistungen erbringen, wie dies die Postvorbereitungsunternehmen beabsichtigen, ein Rabatt gewährt würde. Eine Rechtfertigungsmöglichkeit könne nur dann greifen, wenn diese Tätigkeiten zulässigerweise für den Universaldienstanbieter gemäß der EU-Postdienste-RL hätten reserviert werden dürfen. Dies sei hier jedoch gerade nicht der Fall. Die Europäische Kommission hat daher am 20. Oktober 2004 auf Basis des Art. 86 des EG-Vertrages entschieden, dass das deutsche Postgesetz eine Diskriminierung der Anbieter von Postvorbereitungsdiensten bewirke.
32. Auch nach Auffassung des Bundeskartellamtes (BkartA) verstößt die derzeitige Praxis bei der Gewährung bzw. Verweigerung des Teilleistungszugangs möglicherweise gegen Bestimmungen des nationalen und europäischen Wettbewerbsrechts. Nach erster Einschätzung geht das BkartA derzeit davon aus, dass die Bestimmungen des PostG nicht als sachlicher Rechtfertigungsgrund im Sinne der Verbotsnormen der §§ 19, 20 GWB geltend gemacht werden können. Um einen möglicherweise rechtswidrigen Zustand so bald als möglich zu beenden, hat das BkartA ein förmliches Missbrauchsverfahren gegen die DP AG gemäß §§ 32, 50 Abs. 1 GWB in Verbindung mit §§ 19 ff. GWB und Art. 82 EG-Vertrag eingeleitet. Mit der EU-Kommission wurde Einvernehmen dahingehend erzielt, dass auch das Verfahren nach Art. 82 EG-Vertrag vom BkartA geführt wird. In dieser Angelegenheit hat das BkartA am 29. Oktober 2004 ein Abmahnschreiben an die Deutsche Post GA gesandt und eine Untersagungsverfügung angekündigt.
33. Die Bundesregierung beabsichtigt, sich gegen die Entscheidung der Europäischen Kommission im Klagewege zur Wehr zu setzen. Die Bundesregierung vertritt die Auffassung, dass das deutsche Postgesetz im Einklang mit der Postdiensterichtlinie und den Wettbewerbsregeln des EG-Vertrages steht. Eine Öffnung der der Deutschen Post AG zugestandenen Exklusivlizenz und ein Teilleistungszugang für sog. Konsolidierer ist europarechtlich nicht gefordert.
34. Ein (mittelbar) der Deutschen Post AG gemachter Diskriminierungsvorwurf kann deshalb nicht erhoben werden, weil das Unternehmen nur dann verpflichtet wäre, Großkunden und Wettbewerber gleich zu behandeln, wenn es für eine Ungleichbehandlung keine sachliche Rechtfertigung gäbe. Die sachliche Rechtfertigung ergibt sich jedoch unmittelbar aus Art. 7 der Postdiensterichtlinie, die es den Mitgliedstaaten erlaubt, für das zum Universaldienst verpflichtete Unternehmen bestimmte ausschließliche Rechte zu reservieren. Zu diesen möglichen reservierbaren Leistungen zählt der gesamte Vorgang der Beförderung bestimmter Postsendungen. Ausnahmen sind nur hinsichtlich der Eigenbeförderung der Absender von Postsendungen verpflichtend vorzusehen, nicht jedoch hinsichtlich wie auch immer gearteter Beförderungsleistungen von Wettbewerbern des universaldienstleistenden Unternehmens.
Price-Cap-Verfahren
35. Die Monopolkommission kritisiert, dass die Monopolmacht im Bereich der Briefbeförderung nach ihrer Auffassung durch die Price-Cap-Entscheidung der Reg TP nicht hinreichend beschränkt wird. Sie bemängelt, dass diese Entscheidung im Rahmen des Price-Cap-Verfahrens erfolgt ist, ohne vorab die (nach ihrer Auffassung notwendige) Kenntnis vom Verhältnis der Preise zu den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung zu gewinnen. Im Postgesetz ist das Price-Cap-Verfahren als ein Verfahren der Entgeltgenehmigung gesetzlich vorgeschrieben. Dazu muss bemerkt werden, dass durch die Entscheidung der RegTP erstmals eine Absenkung des Preisniveaus für Postdienstleistungen erreicht werden konnte.
Quersubventionierung
36. Die Monopolkommission vertritt weiter die Auffassung, dass die von ihr angesprochene Quersubventionsproblematik der DP AG im Paketbereich nur in Brüssel und nicht von der Reg TP verfolgt wird. Sie sieht eine strikte Missbrauchsaufsicht als unerlässlich an, wenn Wettbewerb eine Chance haben soll.
37. Die Monopolkommission sieht für den Bereich der Deutschen Postbank AG eine Quersubventionierung als gegeben an, wenn Gebäude und Personal von der DP AG teilweise umsonst zur Verfügung gestellt würden. Der EuGH hätte in einem vergleichbaren Fall bei der französischen Post hierin eine unzulässige staatliche Beihilfe gesehen.
Umsatzsteuerbefreiung
38. Die Monopolkommission spricht sich in ihrem Sondergutachten dafür aus, die geltende Umsatzsteuerbefreiung für Umsätze der Deutschen Post AG (§ 4 Nr. 11b UStG), die einseitig die Deutschen Post AG begünstige und damit eine Wettbewerbsverzerrung zulasten der Wettbewerber der Deutschen Post AG darstelle, zu beseitigen. Dies erscheine bei einer Reform der Mehrwertsteuerrichtlinie (= 6. EG-Richtlinie) - wie sie von Seiten der Europäischen Kommission im Richtlinienvorschlag in Bezug auf die mehrwertsteuerliche Behandlung von Dienstleistungen im Postsektor vorgeschlagen wurde - möglich.
Nach Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe a der 6. EG-Richtlinie - an die Deutschland gebunden ist - sind die von öffentlichen Posteinrichtungen ausgeführten Dienstleistungen und die dazugehörenden Lieferungen von Gegenständen mit Ausnahme der Personenbeförderung und des Fernmeldewesens von der Umsatzsteuer zu befreien. Zur Umsetzung dieser Vorgabe in nationales Recht ist § 4 Nr. 11b UStG in das Umsatzsteuergesetz eingefügt worden, wobei der Gesetzgeber davon ausging, dass der öffentliche Charakter der Deutschen Post AG trotz der Umstrukturierung der Deutschen Bundespost von einem Monopolunternehmen in drei private Unternehmen noch nicht vollständig aufgegeben ist und dass die Steuerbefreiung für die unmittelbar dem Kernbereich der Postdienstleistungen zuzuordnenden Umsätze solange bestehen bleiben soll, "als wesentliche Marktsegmente den Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost ausschließlich vorbehalten bleiben, diese Unternehmen besondere Infrastrukturlasten zu tragen haben und durch hoheitliche Maßnahmen wie durch Allein- oder Mehrheitsbesitz des Bundes die Einhaltung staatlicher Vorgaben gesichert bleibt". Nach Auffassung der Bundesregierung gilt die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 11b UStG somit für die Leistungen der Deutschen Post AG aus dem Bereich der gesetzlichen Exklusivlizenz und die sonstigen Universaldienstleistungen nach der PUDLV, während alle anderen Leistungen der Deutschen Post AG ebenso wie Dienstleistungen privater Postdienstleister nicht unter die Steuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 11b UStG fallen.
Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass eine unterschiedliche steuerliche Behandlung von Marktteilnehmern zu Wettbewerbsverzerrungen führen kann. Ob sich die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 11b UStG im Einzelnen vorteilhaft oder nachteilig auf die Wettbewerbsposition der Deutschen Post AG auswirkt, kann jedoch nicht pauschal beantwortet werden; dies hängt vielmehr von der umsatzsteuerlichen Stellung ihrer Kunden und von der Höhe der in die Dienstleistungsproduktion eingeflossenen Vorsteuern ab. Um aber etwaige steuerinduzierte Wettbewerbsverzerrungen zu beseitigen, begrüßt die Bundesregierung grundsätzlich die Absicht der Europäischen Kommission im erwähnten Richtlinienvorschlag, eine steuerliche Gleichbehandlung von Postdienstleistern einzuführen.
Der Deutsche Bundestag hat aber in seiner Sitzung am 7. September 2004 die Bundesregierung aufgefordert, den Richtlinienvorschlag auf EU-Ebene abzulehnen. Der Bundesrat hat die Bundesregierung dagegen aufgefordert, sich für eine zeitnahe Verabschiedung der Richtlinie einzusetzen, um zu einer Gleichbehandlung der Deutschen Post AG sowie der privaten Postdienstleister zu kommen (BR-Drs. 457/04 (PDF) - Beschluss). Die Bundesregierung kann das Votum der gesetzgebenden Körperschaften nicht unbeachtet lassen. Eine Umsetzung der Änderungsrichtlinie bedarf sowohl der Zustimmung des Bundestages als auch des Bundesrates. Für die Bundesregierung ist daher die Aufforderung des Bundestages maßgeblich, da diese wesentlich enger ist. Die Bundesregierung, ist deshalb gehalten, den Richtlinienvorschlag auf EU-Ebene abzulehnen.