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5.7.3 Erhöhte Schwermetallgehalte von Böden
(zu § 9 Abs. 4)
Die Ausnahmeregelung des § 9 Abs. 4 bezieht sich ausschließlich auf Böden, bei denen aufgrund einer geogenen Vorbelastung Überschreitungen der in § 9 Abs. 2 festgelegten Schwermetall-Bodenwerte bestehen. Damit ist zunächst im Einzelfall als Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Ausnahmeregelung zu beurteilen, ob eine geogene Vorbelastung gegeben ist oder eine Bodenbelastung andere Ursachen hat.
Von einer geogenen Vorbelastung ist insbesondere dann auszugehen, wenn die zu beurteilende Fläche innerhalb eines unter Bezug auf § 9 Abs. 2 BBodSchV festgelegten "Gebietes mit naturbedingt erhöhten Schadstoff gehalten" gelegen ist. Im Übrigen ist eine Entscheidung anhand geeigneter Datengrundlagen (vorzugsweise digitale Bodenbelastungskarten) im Einzelfall zu treffen.
Ist die Voraussetzung zur Anwendbarkeit der Ausnahmeregelung des § 9 Abs. 4 gegeben, kann wie folgt weiter verfahren werden:
Die in der BioAbfV festgelegten Schwermetallhöchstwerte für Aufbringungsflächen sind sowohl in der Höhe und in der Abstufung hinsichtlich Bodenart und pH-Wert als auch in ihrer Funktion nahezu identisch mit den Vorsorgewerten der BBodSchV. Bei deren Überschreitung besteht in der Regel die Besorgnis, dass bei weiteren Schwermetalleinträgen "schädliche Bodenveränderungen" im Sinne des BBodSchG entstehen. Diese Regelannahme bei Überschreitung der Vorsorgewerte gilt bei Böden mit geogen bedingt erhöhten Schwermetallgehalten u. a. jedoch nur, wenn eine erhebliche Freisetzung von Schadstoffen nachteilige Auswirkungen auf die Bodenfunktionen erwarten lassen (§ 9 Abs. 2 BBodSchV). Umgekehrt bedeutet dies, dass eine Überschreitung der Vorsorgewerte dann unbedenklich ist und somit Maßnahmen zur stärkeren Begrenzung weiterer Schadstoffeinträge nicht erforderlich sind, wenn die Schadstofffreisetzung nachweislich geringer ist als sonst in Böden allgemein gegeben und daher nachteilige Auswirkungen auf die Bodenfunktionen nicht zu erwarten sind.
In Übertragung auf den Anwendungsbereich der BioAbfV folgt daraus, dass eine Aufbringung von Bioabfällen, die die Kriterien nach § 4 erfüllen, auf geogen vorbelastete Böden, die die Bodenwerte nach § 9 Abs. 2 überschreiten, dann unbedenklich ist, wenn die Schwermetallfreisetzung in diesen Böden nachweislich geringer ist als sonst allgemein üblich.
Im Hinblick auf die Feststellung einer verringerten Schwermetallfreisetzung in geogen vorbelasteten Böden bietet sich unter diesen Gesichtspunkten an, die in diesen Böden gegebene Schwermetallmobilität mittels Ammoniumnitrat-Extraktion nach DIN 19730 zu ermitteln und mit der Schwermetallmobilität in sonstigen Böden zu vergleichen. Als Vergleichsdaten können dabei die Daten zur "Mobilität anorganischer Schadstoffe in Böden Nordrhein-Westfalens" (Materialien zur Altlastensanierung und zum Bodenschutz, Band 2, herausgegeben vom Landesumweltamt NRW) herangezogen werden.
Dabei ist ein solcher Mobilitätsvergleich nicht für jeden einzelnen Boden bzw. jede einzelne Fläche durchzuführen, sondern es genügt ein genereller Vergleich anhand einer ausreichenden Zahl von Bodenproben, die für das geogen vorbelastete Gebiet repräsentativ sind. Selbstverständlich sind dabei die relevanten Elemente einzeln zu beurteilen.
Erweist sich die Schwermetallmobilität in den geogen vorbelasteten Böden im Vergleich zu sonstigen Böden als relevant niedriger, so kann eine Überschreitung der Bodenwerte nach § 9 Abs. 2 im Hinblick auf eine Ausnahme vom Ausbringungsverbot für Bioabfälle fachlich insoweit als tolerierbar angesehen werden, solange die zu erwartenden mobilen Schadstoffgehalte nicht höher liegen als jene, die auch sonst in Böden zu erwarten sind, die Schwermetallgehalte im Bereich bis zu den Bodenwerten des § 9 Abs. 2 aufweisen.
Für die Elemente Chrom und Quecksilber ist die aufgezeigte Vorgehensweise allerdings nicht zielführend, weil bei diesen bislang kein Zusammenhang zwischen den mobilen, Ammoniumnitratextrahierbaren Gehalten und den Gesamtgehalten nachgewiesen werden konnte. Bei geogenen Vorbelastungen bezüglich dieser Elemente sollte die Schadstofffreisetzung daher im Einzelfall und unter Beteiligung des Landesumweltamtes NRW nach anderen Kriterien beurteilt werden.
5.8 Ausnahmen für die Verwertung von bestimmten Bioabfällen
(zu § 10)
5.8.1 Befreiung von Behandlungs- und Untersuchungspflichten
(zu § 10 Abs. 1)
§ 10 Abs. 1 regelt für bestimmte Bioabfälle eine generelle Befreiung von Behandlungs- und Untersuchungspflichten nach den §§ 3 und 4. Dabei müssen auch diese unbehandelten oder nicht untersuchten Bioabfälle grundsätzlich die Qualitätsanforderungen an die Hygiene gem. § 3 Abs. 2 sowie hinsichtlich der Schad- und Fremdstoffe gem. § 4 Abs. 3 und 4 erfüllen. Des weiteren unterliegen diese Bioabfälle den Aufzeichnungspflichten nach § 11 Abs. l sowie dem Lieferscheinverfahren nach § 11 Abs. 2 (s. jedoch Satz 2 des § 11 Abs. 2).
Eine Befreiung gem. § 11 Abs. 3 für solche Bioabfälle, die einer Gütesicherung i.S.d. BioAbfV unterliegen, bezieht sich zunächst nur auf das Lieferscheinverfahren nach § 11 Abs. 2, da diese Bioabfälle bereits nach § 10 Abs. l von den Behandlungs- und Untersuchungsanforderungen der §§ 3 und 4 ausgenommen sind. Im Rahmen der Gütesicherung ist jedoch zu gewährleisten (durch Eigen- und Fremdüberwachung nach den Bestimmungen der Gütegemeinschaft), dass die Bioabfälle die Qualitätsanforderungen erfüllen, damit ein gütegesicherter Bioabfall gegeben ist.
Eine Möglichkeit für die Behörde, im Einzelfall Einschränkungen hinsichtlich dieser durch § 10 Abs. l geregelten Befreiung - z.B. bei Verdacht auf erhöhte Schadstoffgehalte - aufzugeben (beispielsweise durch Anordnung von Untersuchungen), enthält die BioAbfV nicht.
Die Behörde hat jedoch im Einzelfall die Möglichkeit, nach § 21 KrW-/AbfG Untersuchungen und ein (vorläufiges) Aufbringungsverbot anzuordnen, wenn Anhaltspunkte beispielsweise auf erhöhte Schwermetallgehalte vorhanden sind.
Der Befreiung nach § 10 Abs. l liegt für dieses Beispiel der Regelfall zugrunde, dass die benannten Bioabfälle niedrige Schwermetallgehalte aufweisen. Nach dieser Regelung sind diese Bioabfälle lediglich von den Behandlungs- und Untersuchungspflichten nach den § § 3 und 4 freigestellt, nicht jedoch von den materiellen Anforderungen (Hygiene, Schwermetallgehalte, Fremdstoffanteile).
Liegen Anhaltspunkte z.B. auf erhöhte Schwermetallgehalte bei solchen Bioabfällen vor, wird dies von dem § 10 Abs. l zugrundeliegenden Regelfall nicht erfasst; hierbei handelt es sich um einen atypischen Einzelfall. Bei der Prüfung und Bewertung der Anhaltspunkte/des Verdachts, dass von den materiellen Anforderungen an die Bioabfälle abgewichen wird, gelten die gleichen Grundsätze wie hinsichtlich des polizei- und ordnungsrechtlichen Gefahrentatbestands. In solchen Fällen ist eine schadlose Verwertung dieser Bioabfälle gem. § 5 Abs. 3 KrW-/AbfG und der BioAbfV nicht (mehr) gewährleistet, so dass geprüft werden muss, ob sich der Verdacht bestätigt oder nicht. Ob die materiellen Anforderungen (Schwermetallgehalte) eingehalten werden, kann tatsächlich nur durch Untersuchungen dieser Bioabfälle festgestellt werden. Des weiteren ist es zur Vermeidung einer Gefährdung der schadlosen Verwertung erforderlich, die Aufbringung dieser Bioabfälle bis zur Vorlage der Ergebnisse auszuschließen.
Werden durch Untersuchungen erhöhte Schadstoffgehalte festgestellt, ist eine Aufbringung dieser Bioabfälle bereits nach BioAbfV nicht zulässig; ein behördliches Verbot der Aufbringung ist nicht erforderlich. Eine entsprechende Untersagung der Aufbringung auf Grundlage des § 21 KrW-/AbfG kann jedoch zur Durchsetzung des gesetzlichen Verbots zweckmäßig sein.
5.8.2 Ausnahme von den Untersuchungs- und Behandlungspflichten
(zu § 10 Abs. 2)
In § 10 Abs. 2 sind privilegierende Regelungen für unvermischte, homogen zusammengesetzte Bioabfälle enthalten, sofern diese regional verwertet werden. Sofern eine Ausnahme von den Untersuchungs- bzw. Behandlungspflichten gem. § 10 Abs. 2 erteilt wird, ergeben sich folgende Auswirkungen:
Gem. § 10 Abs. 2 Satz l kann die zuständige Behörde Ausnahmen von den Untersuchungspflichten nach § § 3 und 4 zulassen. Auf § 10 Abs. 2 Satz 4 als Voraussetzung für die Befreiung von der Untersuchungspflicht wird hingewiesen.
Soweit unbehandelte Bioabfälle aufgebracht werden sollen, kann nach § 10 Abs. 2 Satz l auch eine Befreiung von der Behandlungspflicht zugelassen werden. Auf § 10 Abs. 2 Satz 2 als Voraussetzung für die Befreiung von der Behandlungspflicht wird hingewiesen. Aus der Befreiung von der Behandlungspflicht resultiert gleichzeitig der Wegfall der Untersuchungspflichten nach den §§ 3 und 4, da diese für den Bioabfallbehandler gelten, welcher bei Ausnahmen von der Behandlung eben nicht vorhanden ist. Nach § 10 Abs. 2 Satz 3 kann die zuständige Behörde vor Erteilung der Befreiung jedoch verlangen, dass die Einhaltung der Schwermetallanforderungen gem. § 4 durch Untersuchungen nachgewiesen wird.
Die Ausnahmen von Untersuchungs- und Behandlungspflichten können nach § 10 Abs. 2 Satz l im Rahmen der regionalen Verwertung zugelassen werden. Mangels näherer Bestimmung in der BioAbfV obliegt es den Vollzugsbehörden, die "Region" im Einzelfall zu bestimmen.
Die nach § 10 Abs. 2 befreiten Bioabfälle unterliegen den Aufzeichnungspflichten nach § 11 Abs. l sowie dem Lieferscheinverfahren nach § 11 Abs. 2 (s. hierbei jedoch Satz 2 des § 11 Abs. 2).
Eine Befreiung gem. § 11 Abs. 3 für solche Bioabfälle, die einer Gütesicherung i.S.d. BioAbfV unterliegen, bezieht sich auf das Lieferscheinverfahren nach § 11 Abs. 2 und auf die Vorlage der Untersuchungsergebnisse, soweit diese Bioabfälle nicht nach § 10 Abs. 2 von den Untersuchungsanforderungen der §§ 3 und 4 ausgenommen sind. Im Rahmen der Gütesicherung ist jedoch zu gewährleisten (durch Eigen- und Fremdüberwachung nach den Bestimmungen der Gütegerneinschaft), dass die Bioabfälle die Qualitätsanforderungen erfüllen, damit ein gütegesicherter Bioabfall gegeben ist.
5.8.3 Aufbringungsmengen und Bodenuntersuchung bei Aufbringung unbehandelter oder nicht untersuchter Bioabfälle
(zu § 10 Abs. 3)
Nach § 10 Abs. 3 Satz l und 2 gelten für die Aufbringung von unbehandelten Bioabfällen i. S. d. Absätze l und 2 die höchstzulässigen Aufbringungsmengen des § 6 Abs. l Satz l, 3 bzw. 4, also in drei Jahren maximal 20 t, maximal 30 t bzw. mehr als 30 t. Mehr als 20 t unbehandelter Bioabfälle (§ 10 Abs. l und 2) dürfen in drei Jahren jedoch nur aufgebracht werden, wenn durch Untersuchungen nachgewiesen wird, dass die entsprechenden Schwermetallgehalte nicht überschritten bzw. deutlich unterschritten werden (§ 10 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 6 Abs. l Satz 3 und 4).
Im Umkehrschluss aus § 10 Abs. 3 Satz 2 ergibt sich, dass behandelte, nicht untersuchte Bioabfälle mit einer Menge von maximal 20 t in drei Jahren aufgebracht werden dürfen. Für die Aufbringung von mehr als 20 t in drei Jahren sind Untersuchungen der Bioabfälle erforderlich (§ 10 Abs. 3 Satz 2 i. V.m. § 6 Abs. l Satz 3 und 4); eine Befreiung von der Untersuchung ist in diesen Fällen von vornherein nicht möglich.
Nach § 10 Abs. 3 Satz l gelten die Vorgaben der Bodenuntersuchung des § 9 Abs. l und 2 auch bei Aufbringen unbehandelter Bioabfälle und behandelter, nicht untersuchter Bioabfälle.
Soweit im Rahmen des § 10 Abs. l und 2 Bioabfälle verwertet werden, die gleichzeitig in Anhang 1 Nr. l Spalte 3 für die Aufbringung auf Dauergrünland besonders gekennzeichnet sind, ist § 9 Abs. 3 (Verzicht von Bodenuntersuchungen bei Verwertung solcher Bioabfälle) ebenfalls anwendbar. Für alle anderen Bioabfälle ist § 9 Abs. 3 mangels der entsprechenden Verweisregelung in § 10 Abs. 3 Satz 1 nicht anwendbar.
Des weiteren kann für alle Bioabfälle i.S.d. § 10 Abs. l und 2 die Möglichkeit des § 9 Abs. 4 mangels der entsprechenden Verweisregelung in § 10 Abs. 3 Satz l nicht angewendet werden.
5.9 Nachweispflichten
(zu § 11)
5.9.1 Lieferscheinverfahren
(zu § 11 Abs. 2)
Nach § 11 Abs. 2 ist jede Abgabe zur Aufbringung mit einem Lieferschein zu dokumentieren. Danach ist das Lieferscheinverfahren bei jeder "letzten Abgabe" vorgeschrieben, d.h. die Abgabe zur unmittelbaren Aufbringung. Bei der Abgabe von Bioabfällen an einen Abnehmer, der beispielsweise Zwischenhändler ist, greift das Lieferscheinverfahren nicht, da der Bioabfall bzw. das Gemisch - noch - nicht "zur Aufbringung" abgegeben wird.
Ein Musterlieferschein ist als Anlage 4 "Lieferschein gemäß § 11 BioAbfV" beigefügt.
Verfügen kleinere Behandlungsanlagen nicht über Wägeeinrichtungen, so können hilfsweise die abgegebene Menge und die maximal zulässige Aufbringungsmenge (§ 11 Abs. 2 Satz l Nrn. 3 u. 8) auch mit folgenden Umrechnungsfaktoren - falls keine Untersuchungsergebnisse zu Volumendichten vorliegen - berechnet werden:
gehäckseltes Grüngut 1 m3 = 0,5 t Grüngutkompost 1 m3 = 0,7 t
Diese Werte beziehen sich auf durchschnittlich zusammengesetztes Material, das sowohl holzige als auch krautige Bestandteile enthält.
Bei Bioabfallkomposten aus Anlagen ohne Wägeeinrichtung soll die Dichte bei der Kompostanalyse mitbestimmt werden (z.B. nach Methodenbuch Bundesgütegemeinschaft Kompost e.V. bzw. VDLUFA). Nur ausnahmsweise kann folgender fester Umrechnungsfaktor herangezogen werden:
Bioabfallkomposte 1 m3 = 0,7 t.
Alle vg. Werte beziehen sich auf einen durchschnittlichen Trockensubstanzgehalt von 60 %.
Zur näherungsweisen Gewichtsbestimmung von Rückständen aus Vergärungsanlagen sollte deren Dichte mit pessimal 1,2 t/m3 abgeschätzt werden. Für die Umrechnung auf Trockensubstanzgehalt kann ein theoretischer TS-Gehalt von maximal 12 % angesetzt werden.
Unter § 11 Abs. 2 Satz l Nr. 7 ist als "Zeitpunkt der Durchführung der Untersuchung" das Datum der Probenahme anzugeben.
Gem. § 11 Abs. 2 Satz 3 ist eine Mehrausfertigung des Lieferscheines u.a. der zuständigen Behörde zu übersenden. Um eine wirksame Kontrolle insbesondere hinsichtlich der Aufbringung der Materialien sicherstellen zu können muss die für die Aufbringungsfläche zuständige Behörde unmittelbar Kenntnis von der Aufbringung erlangen, so dass die Mehrausfertigung des Lieferscheines an diese Behörde zu übersenden ist (wie hinsichtlich der landwirtschaftlichen Fachbehörde).
5.9.2 Befreiung von der Vorlage von Untersuchungsergebnissen und von den Nachweispflichten
(zu § 11 Abs. 3)
Die Befreiungsmöglichkeit gem. § 11 Abs. 3 bezieht sich auf
Die Befreiung bezieht sich nicht auf die Anzeige der Aufbringungsfläche nach § 9 Abs. l, die durch den Bewirtschafter der Fläche vorzunehmen ist. Zu den Auswirkungen der Befreiung nach § 11 Abs. 3 auf die Durchführung der Bodenuntersuchung s. Abschnitt 5.7.2.
Zur Befreiung nach § 11 Abs. 3 hinsichtlich der Vorlage der Untersuchungsergebnisse bei Bioabfällen, die nach § 10 Abs. 1 oder 2 von Untersuchungspflichten ausgenommen sind, siehe Abschnitte 5.8.1 und 5.8.2.
Die Befreiung ist vom Bioabfallbehandler bzw. Gemischhersteller bei der zuständigen Behörde für jede einzelne Anlage zur Behandlung von Bioabfällen bzw. zur Herstellung von Gemischen zu beantragen.
Im Rahmen der Prüfung für die Befreiung ist auch zu prüfen, ob die Standards der Gütegemeinschaft ausreichend sind (vgl. hierzu Abschnitt 4.1). Zur Bewertung sind "Anforderungen an den Träger einer regelmäßigen Güteüberwachung im Sinne der Bioabfallverordnung" (Anlage 1) zugrunde zu legen. Die Standards der Bundesgütegemeinschaft Kompost e.V. (BGK) brauchen nicht geprüft werden, denn für Privilegierungen von Mitgliedern einer Gütegemeinschaft in der BioAbfV hat der Verordnungsgeber als Standard den der BGK im Auge gehabt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass Bioabfallbehandler und Gemischhersteller, die dort Mitglied sind, einen Anspruch auf Befreiung haben oder - ggf. nach Anzeige - automatisch befreit sind. Vielmehr ist auch bei Mitgliedern dieser Gütegemeinschaft erforderlich, dass sie einen Antrag auf Befreiung stellen und sie erst mit entsprechendem Bescheid befreit sind. Geprüft werden muss im Rahmen des § 11 Abs. 3 insbesondere der antragstellende Bioabfallbehandler bzw. Gemischhersteller (z.B. Zuverlässigkeit usw.), ggf. die Materialien, d.h. es ist weiterhin eine - erleichterte - Prüfung erforderlich.
Mit der Befreiung ist der Antragsteller zu verpflichten, den Wegfall der Voraussetzungen unverzüglich der Behörde mitzuteilen (Nebenbestimmung, Auflage). Denkbar ist auch eine auflösende Bedingung, dass die Befreiung bei Wegfall der Voraussetzungen, insbesondere bei Entzug der Berechtigung zur Führung des Gütezeichens, erlischt.
Bei der Befreiung von der Vorlage von Untersuchungsergebnissen und von den Nachweispflichten handelt es sich um eine Regelung, die sich auf die betreffende Anlage, nicht jedoch auf die Aufbringungsfläche bezieht. Daher ist für die Befreiung die Behörde zuständig, in deren räumlichen Zuständigkeitsbereich die Anlage liegt.
Nach Eingang des bei Erteilung der Befreiung von den Nachweispflichten erforderlichen Listennachweises gibt die Behörde eine Durchschrift dieses Listennachweises der für die Aufbringungsfläche zuständigen Behörde und der landwirtschaftlichen Fachbehörde zur Kenntnis.
6 Grundsätzlich geeignete Bioabfälle
(zu Anhang 1 Nr. l der BioAbfV)
Biologisch abbaubare Abfälle (20 02 01)
Als Straßenbegleitgrün gilt der Aufwuchs auf dem Straßenkörper (Mittelstreifen) und der Aufwuchs des der Straße zuzurechnenden Randbereiches (z.B. unmittelbarer Randstreifen, Böschungen, Park- und Rastanlagen, öffentliches Grün). Privates Grün, das an eine Straße heranreicht bzw. angrenzt, ist kein Straßenbegleitgrün.
Straßenbegleitgrün kann in Abhängigkeit von der Verkehrsdichte und dem Fahrbahnabstand unterschiedlich hoch mit Schadstoffen belastet sein. Bei der Verwertung von Straßenbegleitgrün ist darauf hinzuwirken, dass das Mähgut von Straßen an Ort und Stelle verbleibt. Ist dies nicht möglich, ist das Material separat zu kompostieren und herkunftsnah zu verwerten. Alternativ kommt die Verwertung in einer zentralen Kompostierungsanlage in Betracht.
Hinweis zum Düngemittelrecht:
Straßenbegleitgrün wurde als zulässiges Ausgangsmaterial für Sekundärrohstoffdünger aus der DüMV gestrichen und kann somit als Sekundärrohstoffdünger nicht mehr gewerbsmäßig in Verkehr gebracht werden.
Apfeltrub
Der Bioabfall "Apfeltrub" ist in Anhang 1 Nr. l nicht explizit genannt. Hierbei handelt es sich um die Trübstoffe, die bei der Klärung von Apfelsaft durch Zentrifugieren abgeschieden werden. Apfeltrub ist dem EAK-Abfallschlüssel 02 07 04 "Für Verzehr oder Verarbeitung ungeeignete Stoffe" zuzuordnen.
7 Seuchen- und phytohygienische Unbedenklichkeit
(zu Anhang 2 der BioAbfV)
7.1 Ausnahmen von den Prüfvorgaben gemäß § 3 Abs. 3 Satz 2
(zu Anhang 2 Nr. 2)
7.1.1 Kompostierungsanlagen
Bei der Prüfung der Zulassung einer Ausnahme von der direkten Prozessprüfung bei Kleinanlagen sind die folgenden Randbedingungen zu berücksichtigen:
Geometrie der Mieten | Höhe ca. 1,50 m (beim Aufsetzen), Breite ca. 3-4 m |
Zu den erweiterten mikrobiologischen Untersuchungen des Kompostes bei Anlagen ohne direkte Prozessprüfung ("Input-/ Outputkontrollen") siehe Anlage 5, Tabelle 1.
7.1.2 Anaerobanlagen
7.1.2.1 Grundsätzliche Problematik in Anaerobanlagen und landwirtschaftlichen Kofermentationsanlagen
Für künftige Anlagen müssen aus hygienischer Sicht generell folgende Anforderungen gestellt werden:
Können diese Minimalforderungen zur direkten Prozessprüfung bei bestehenden Anlagen nicht erfüllt werden, erscheint es im Sinne einer Übergangsregelung vertretbar, dass im Einzelfall auf die Einhaltung der Vorgaben der direkten Prozessprüfung verzichtet werden kann. Dabei sind die Ergebnisse der indirekten Prozessprüfung (Temperaturkontrolle) und der Endprüfungen der behandelten Bioabfälle (Produktprüfung) in Kombination mit einer kontinuierlichen Überprüfung der Materialien solcher Anlagen vor und nach der Behandlung ("Input-/ Outputkontrollen", s. nachstehend) zu berücksichtigen.
In diesem Zusammenhang erlangt die "Indikatorkeimfrage" eine besondere Bedeutung, wobei es zunächst gilt, die nach BioAbfV vorgeschriebenen "Indikatoren" zur Kontrolle des Wirkungsgrades des Anaerobverfahrens in Verbindung mit den in der nachstehenden Tabelle aufgelisteten Parametern zu überprüfen und gegebenenfalls neue bzw. andere zu erarbeiten.
Damit bei Verzicht auf die Einhaltung der Vorgaben der direkten Prozessprüfung gleichwohl Anhaltspunkte auf den Wirkungsgrad der Anlage und des Verfahrens aus hygienischer Sicht vorliegen, wird empfohlen, die Materialien vor und nach der Behandlung zu überprüfen ("Input-/ Outputkontrollen"). Hierbei sind zusätzliche monatliche Substratüberwachungen mit erweiterten mikrobiologischen Parametern (Gesamtbakterienzahl bei 37 °C, "E. coli" und Fäkalstreptokokken mit Einhaltung vorgegebener Richtwerte, s. nachstehende Tabelle) zunächst für die Dauer von zwei Jahren durchzuführen. Generell dürfen wie in der Endprüfung der behandelten Bioabfälle (Produktprüfung) gem. Anhang 2 in 50 Gramm Substrat keine Salmonellen nachweisbar sein. Nach Ablauf von zwei Jahren kann entschieden werden, ob die Substratüberwachungen (Input- und Outputkontrollen) auf zweimonatliche Abstände (6 pro Jahr) reduziert werden können.
Zu den erweiterten mikrobiologischen Untersuchungen des Gärrestes bei Anlagen ohne direkte Prozessprüfung ("Input-/Outputkontrollen") siehe Anlage 5, Tabelle 2.
7.1.2.2 Spezielle Problematik der landwirtschaftlichen Kofermentationsanlagen
Bei Anlagen zur Kovergärung von Bioabfällen besteht entsprechend den Vorgaben der BioAbfV nur für mesophile Anlagen die Pflicht zur Vorbehandlung der Bioabfälle (Pasteurisierung > 70 °C/1 h), nicht jedoch für die Wirtschaftsdünger (s. Anhang 2 Nr. 2.1 Abs. 2 Satz 2). Werden in solchen Fällen im Gärrest im Einzelfall Salmonellen nachgewiesen, ist zu prüfen, ob die positiven Salmonellenbefunde durch die nicht richtig vorbehandelten Bioabfälle oder die unbehandelten Wirtschaftsdünger verursacht wurden. Werden sie eindeutig von Wirtschaftsdüngern beeinflusst (Kontrolle der Gülle vor der Behandlung), können sie nach jetzigem Kenntnisstand nur dann toleriert werden, wenn die Konzentration bei solchen sporadischen Befunden weniger als 102 KBE/g Substrat beträgt. Als geeignete Maßnahmen für Wirtschaftsdünger oder für das gesamte Endprodukt wäre in diesen Fällen folgende Vorgehensweise (Lagerung zur "Selbstentseuchung") zu empfehlen:
Ist die Konzentration an Salmonellen höher als 102 KBE/g Substrat, sind im Einzelfall geeignete Maßnahmen für Wirtschaftsdünger (z.B. Pasteurisierung > 70 °C/1 h) oder für das gesamte Endprodukt zu bestimmen. Darüber hinaus ist zu prüfen, ob tierseuchenrechtliche Konsequenzen resultieren.
Bei wiederholten Salmonellenbefunden im Endprodukt sind zusätzliche Maßnahmen zur keimabtötenden Behandlung anzuordnen oder die technischen und hygienischen Gegebenheiten der Anlage den Erfordernissen der gesetzlichen Vorgaben anzupassen.
Der momentane Kenntnisstand über die Wirksamkeit der Hygienisierungsverfahren (mesophile und thermophile Faulung mit und ohne Vorerhitzung bzw. Nachpasteurisierung) hinsichtlich phytohygienischer Fragen reicht noch nicht aus, um abschließende Aussagen treffen zu können. Dies trifft besonders auf die Problematik des Überlebens von Tabak-Mosaik-Virus (TMV) in der Vorpasteurisierung zu. Daher muss zunächst davon ausgegangen werden, dass eine Bewertung der hygienisierenden Wirkung von Anaerobanlagen gegenüber phytopathogenen Schadorganismen aufgrund nur vereinzelt vorliegender Untersuchungen noch nicht möglich ist. Außerdem sollte die zuständige Behörde prüfen, ob sie unter Berücksichtigung der Eigenschaften der Inputstoffe bei Ausnahmezulassungen die landwirtschaftliche Verwertung von Gärresten nach bestandenen Hygieneprüfungen (Seuchen- und Phytohygiene ohne TMV) vorläufig zulassen kann.
Zur Durchführung der hygienischen Überprüfung bei bestehenden Anaerobanlagen siehe Anlage 5, Tabelle 3.
Bei landwirtschaftlichen Klein-Kofermentationsanlagen und vergleichbaren Anlagen ist ein Verzicht auf die direkte Prozessprüfung bei Berücksichtigung der Ergebnisse der indirekten Prozessprüfung (Temperaturkontrolle im Material) und der Endprüfungen der behandelten Bioabfälle (Produktprüfung) in Kombination mit einer kontinuierlichen Überprüfung der Materialien Input-/Outputkontrolle (s. Abschnitt 7.2.1 in Verbindung mit Tabelle 3) vertretbar. Im Gegensatz zu den Komposten ist die Verwertung der Gärreste aus den Anaerobanlagen bei Beachtung der nachfolgenden Vorschläge lückenlos nachvollziehbar und damit sind mögliche seuchen- und phytohygienische Risiken kalkulierbar, sofern die Überwachung entsprechend den differenzierten aufgelisteten Bedingungen erfolgt.
Zur Durchführung der hygienischen Überprüfung von Klein-Anaerobanlagen siehe Anlage 5, Tabelle 4.
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