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NVwVG - Niedersächsisches Verwaltungsvollstreckungsgesetz
- Niedersachsen -

Vom 2. Juni 1982
(GVBl. 1982 S. 139; ... ; 05.11.2004 S. 394; 13.04.2011 S. 104 11 aufgehoben)



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siehe Fn. 1

Zur aktuellen Fassung

Der Niedersächsische Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:

Erster Teil
Vollstreckung von Leistungsbescheiden

Erster Abschnitt:
Allgemeine Vorschriften

§ 1 Leistungsbescheid

(1) Leistungsbescheide der Behörden des Landes, der Gemeinden, der Landkreise und der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts werden nach den Vorschriften dieses Teils vollstreckt.

(2) Leistungsbescheid ist ein Verwaltungsakt, der zu einer Geldleistung verpflichtet. Ein Bescheid, der zur Duldung der Vollstreckung wegen einer Geldleistung verpflichtet, steht einem Leistungsbescheid gleich.

§ 2 Vollstreckungsschuldner

Als Vollstreckungsschuldner kann derjenige in Anspruch genommen werden, gegen den der Leistungsbescheid gerichtet ist.

§ 3 Voraussetzungen der Vollstreckung

(1) Die Vollstreckung darf erst beginnen, wenn

  1. der Leistungsbescheid unanfechtbar geworden ist oder wenn Rechtsbehelfe gegen ihn keine aufschiebende Wirkung haben,
  2. die Leistung fällig ist,
  3. dem Vollstreckungsschuldner die Vollstreckung durch eine Mahnung angedroht worden war, es sei denn, daß diese nach § 4 nicht erforderlich ist,
  4. die in der Mahnung bestimmte Zahlungsfrist oder im Falle des § 4 Abs. 1 Satz 3 eine Woche, in den Fällen des § 4 Abs. 3 und 4 Nr. 1 drei Tage, gerechnet vom Zeitpunkt der Fälligkeit, verstrichen sind.

(2) Von dem Erlaß eines Leistungsbescheides kann bei Nebenleistungen wie Säumniszuschlägen, Zinsen und Kosten abgesehen werden, wenn die Vollstreckung wegen der Hauptleistung eingeleitet worden ist und im Leistungsbescheid über die Hauptleistung auf diese Nebenleistungen dem Grunde nach hingewiesen wurde.

§ 4 Mahnung

(1) Der Vollstreckungsschuldner ist unter Einräumung einer Zahlungsfrist von mindestens einer Woche schriftlich zu mahnen. Die Mahnung muß die Vollstreckungsbehörde bezeichnen und ist verschlossen zu übermitteln. Als Mahnung gilt auch ein Postnachnahmeauftrag.

(2) Die Mahnung ist erst zulässig nach Ablauf einer Woche seit Bekanntgabe des Leistungsbescheides oder nach Fälligkeit der Leistung, wenn die Leistung erst nach Bekanntgabe des Leistungsbescheides fällig wird.

(3) Einer Mahnung bedarf es nicht, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß

  1. der Erfolg der Vollstreckung durch die Mahnung gefährdet würde oder
  2. die Mahnung infolge eines in der Person des Vollstreckungsschuldners liegenden Grundes diesem nicht zur Kenntnis kommen wird.

(4) Ohne Mahnung können vollstreckt werden

  1. Zwangsgelder und Kosten einer Ersatzvornahme,
  2. Nebenleistungen wie Säumniszuschläge, Zinsen und Kosten, wenn die Vollstreckung wegen der Hauptleistung eingeleitet worden ist.

§ 5 Vertretung des Vollstreckungsgläubigers

Der Vollstreckungsgläubiger wird durch die Behörde vertreten, die den Leistungsbescheid erlassen hat.

§ 6 Vollstreckungsbehörden

(1) Zur Vollstreckung sind die Gemeinden, die Samtgemeinden und die Landkreise befugt.

(2) Die Landesregierung wird ermächtigt, durch Verordnung Landesbehörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des Landes unterliegen, zu weiteren Vollstreckungsbehörden zu bestimmen, wenn sie für die Durchführung von Vollstreckungen geeignet erscheinen.

(3) Die durch Verordnung nach Absatz 2 bestimmten Landesbehörden sind im gesamten Landesgebiet zur Vollstreckung befugt.

§ 7 Vollstreckungshilfe

(1) Die Vollstreckungsbehörden leisten Behörden, die nicht selbst Vollstreckungsbehörde sind, auch Bundesbehörden und Behörden in anderen Bundesländern, sowie anderen Vollstreckungsbehörden Vollstreckungshilfe. Die Vorschriften über die Amtshilfe sind anzuwenden. Die ersuchende Behörde hat der Vollstreckungsbehörde zu bescheinigen, daß der Leistungsbescheid vollstreckbar ist.

(2) Die Vollstreckungshilfe ist für juristische Personen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des Landes unterstehen, eine Aufgabe des eigenen Wirkungskreises.

(3) Für die Vollstreckung der Bescheide über rückständige Rundfunkgebühren sind die Gemeinden zuständig.

§ 8 Vollstreckungsbeamte

(1) Die dem Vollstreckungsbeamten zugewiesenen Vollstreckungshandlungen führt die Vollstreckungsbehörde durch besonders bestellte Bedienstete aus.

(2) Der Vollstreckungsbeamte muß bei der Ausübung seiner Tätigkeit einen Dienstausweis mit sich führen und ihn auf Verlangen vorzeigen.

(3) Dem Vollstreckungsschuldner und Dritten gegenüber wird der Vollstreckungsbeamte durch schriftlichen Auftrag der Vollstreckungsbehörde zur Vollstreckung ermächtigt; der Auftrag ist vorzuzeigen.

(4) Der Vollstreckungsbeamte gilt als bevollmächtigt, Zahlungen oder sonstige Leistungen für den Vollstreckungsgläubiger in Empfang zu nehmen.

(5) Der Minister der Justiz kann zulassen, daß bestimmte Vollstreckungsbehörden Vollstreckungshandlungen, die dem Vollstreckungsbeamten zugewiesen sind, auch durch Gerichtsvollzieher ausführen. Der Gerichtsvollzieher führt die Vollstreckungshandlungen nach den Vorschriften über die Zwangsvollstreckung in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und den hierzu geltenden Kostenvorschriften durch; an die Stelle der vollstreckbaren Ausfertigung des Schuldtitels tritt der schriftliche Auftrag der Vollstreckungsbehörde. Der Vollstreckungsauftrag wird nicht zugestellt und ausgehändigt.

§ 9 Befugnisse des Vollstreckungsbeamten

(1) Soweit der Zweck der Vollstreckung es erfordert, darf der Vollstreckungsbeamte die Wohn- und Geschäftsräume und das sonstige Besitztum des Vollstreckungsschuldners betreten und durchsuchen sowie verschlossene Türen und Behältnisse öffnen oder öffnen lassen, wenn

  1. der Vollstreckungsschuldner dies gestattet,
  2. das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Vollstreckung stattfinden soll, dies angeordnet hat oder
  3. Gefahr im Verzuge ist.

(2) Soweit der Zweck der Vollstreckung es erfordert, haben im Beisein des Vollstreckungsbeamten auch hinzugezogene Zeugen, Verwaltungsvollzugsbeamte, Polizeibeamte, Sachverständige und Hilfspersonen das Recht zum Betreten, Sachverständige und Hilfspersonen müssen sich durch einen schriftlichen Auftrag der Vollstreckungsbehörde ausweisen können.

§ 10 Widerstand gegen die Vollstreckung

(1) Soweit der Zweck der Vollstreckung es erfordert, kann der Vollstreckungsbeamte unmittelbaren Zwang anwenden. Bei der Anwendung unmittelbaren Zwanges gegen Personen darf er Waffen (§ 69 Abs. 4 des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung ) nicht gebrauchen. Die Ausübung des unmittelbaren Zwanges richtet sich nach dem Niedersächsischen Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung.

(2) Hat die Vollstreckungsbehörde Verwaltungsvollzugsbeamte (§ 50 des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung ) bestellt, so sind diese berechtigt, den Vollstreckungsbeamten im Rahmen ihrer Befugnisse zu unterstützen.

§ 11 Hinzuziehung von Zeugen

Wird der Vollstreckung Widerstand entgegengesetzt oder ist bei einer Vollstreckungshandlung in den Wohn- oder Geschäftsräumen oder dem sonstigen befriedeten Besitztum des Vollstreckungsschuldners weder der Vollstreckungsschuldner noch eine seinem Haushalt oder Geschäftsbetrieb angehörende erwachsene Person anwesend, so hat der Vollstreckungsbeamte mindestens einen erwachsenen Zeugen hinzuzuziehen.

§ 12 Vollstreckung zur Nachtzeit und an Sonn- und Feiertagen

(1) Zur Nachtzeit sowie an Sonntagen und staatlich anerkannten Feiertagen darf nur mit schriftlicher Erlaubnis der Vollstreckungsbehörde vollstreckt werden. Die Erlaubnis ist vorzuzeigen.

(2) Die Nachtzeit umfaßt in dem Zeitraum vom 1. April bis 30. September die Stunden von 21 Uhr bis 4 Uhr und in dem Zeitraum vom 1. Oktober bis 31. März die Stunden von 21 Uhr bis 6 Uhr.

§ 13 Niederschrift

(1) Der Vollstreckungsbeamte hat über jede Vollstreckungshandlung eine Niederschrift aufzunehmen.

(2) Die Niederschrift muß enthalten:

  1. Ort und Zeit der Aufnahme,
  2. den Gegenstand der Vollstreckung unter Erwähnung der wesentlichen Vorgänge,
  3. die Namen der Personen, mit denen verhandelt worden ist,
  4. die Unterschrift der Personen zu Nummer 3 und die Bemerkung, daß nach Vorlesung oder Vorlegung zur Durchsicht und nach Genehmigung unterzeichnet worden sei,
  5. die Unterschrift des Vollstreckungsbeamten.

(3) Konnte einem der Erfordernisse nach Absatz 2 Nr. 4 nicht genügt werden, so ist der Grund anzugeben.

§ 14 Aufforderungen und Mitteilungen des Vollstreckungsbeamten

Die Aufforderungen und die sonstigen Mitteilungen, die zu den Vollstreckungshandlungen gehören, sind vom Vollstreckungsbeamten mündlich zu erlassen und vollständig in die Niederschrift aufzunehmen; können sie mündlich nicht erlassen werden, so hat die Vollstreckungsbehörde demjenigen, an den die Aufforderung oder Mitteilung zu richten ist, eine Abschrift der Niederschrift zu senden.

§ 15 Vollstreckung gegen Ehegatten

Für die Vollstreckung gegen Ehegatten gelten die §§ 739 , 740 , 741 , 743 und 745 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

§ 16 Vollstreckung gegen Nießbraucher

Für die Vollstreckung in Gegenstände, die dem Nießbrauch an einem Vermögen unterliegen, gilt § 737 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

§ 17 Vollstreckung nach dem Tode des Vollstreckungsschuldners

(1) Eine Vollstreckung, die vor dem Tode des Vollstreckungsschuldners begonnen hatte, kann in den Nachlaß fortgesetzt werden.

(2) Ist bei einer Vollstreckungshandlung die Hinzuziehung des Vollstreckungsschuldners erforderlich, so hat, wenn die Erbschaft noch nicht angenommen worden oder wenn der Erbe unbekannt oder wenn es ungewiß ist, ob er die Erbschaft angenommen hat, die Vollstreckungsbehörde dem Erben einen einstweiligen besonderen Vertreter zu bestellen. Die Bestellung hat zu unterbleiben, wenn ein Nachlaßpfleger bestellt worden ist oder die Verwaltung des Nachlasses einem Testamentsvollstrecker zusteht.

§ 18 Vollstreckung gegen Erben

(1) Für die Vollstreckung gegen Erben gelten die §§ 747 , 748 , 778 und 781 bis 784 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Einwendungen nach den §§ 781 bis 784 der Zivilprozeßordnung kann der Erbe im Streitfall durch Klage gegen den Vollstreckungsgläubiger vor dem ordentlichen Gericht, in dessen Bezirk vollstreckt wird, geltend machen. Das Gericht kann vorläufige Maßnahmen in entsprechender Anwendung der §§ 769 und 770 der Zivilprozeßordnung treffen.

§ 19 Sonstige Fälle beschränkter Haftung

Auf die nach § 1489 des Bürgerlichen Gesetzbuches eintretende beschränkte Haftung sind die §§ 781 bis 784 der Zivilprozeßordnung , auf die nach § 1480 des Bürgerlichen Gesetzbuches eintretende beschränkte

Haftung ist § 781 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden. § 18 Abs. 2 gilt entsprechend.

§ 20 Vollstreckung gegen Personenvereinigungen

Für die Vollstreckung in das Vermögen nicht rechtsfähiger Personenvereinigungen genügt ein Leistungsbescheid gegen die Personenvereinigung. Entsprechendes gilt für Zweckvermögen und sonstige einer juristischen Person ähnliche Gebilde.

§ 21 Vollstreckung gegen juristische Personen des öffentlichen Rechts

(1) Die Vollstreckung gegen juristische Personen des öffentlichen Rechts ist zulässig, soweit diese dadurch nicht an der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gehindert werden. Die Vollstreckungsmaßnahmen bedürfen einer Zulassungsverfügung der Aufsichtsbehörde, es sei denn, es handele sich um die Verfolgung dinglicher Rechte. In der Zulassungsverfügung sind der Zeitpunkt der Vollstreckung und die Vermögensgegenstände, in die vollstreckt werden darf, zu bestimmen. Die Vollstreckung ist unzulässig in Sachen, deren Veräußerung ein öffentliches Interesse entgegensteht.

(2) Für öffentlich-rechtliche Versicherungsunternehmen, die am Wettbewerb teilnehmen, und für öffentlich-rechtliche Bank- und Kreditinstitute einschließlich der Sparkassen gelten die Beschränkungen des Absatzes 1 nicht.

§ 22 Eidesstattliche Versicherung

(1) Hat die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen des Vollstreckungsschuldners zu einer vollständigen Befriedigung nicht geführt oder ist anzunehmen, daß eine vollständige Befriedigung nicht zu erlangen sein wird, so hat der Vollstreckungsschuldner auf Antrag des Vollstreckungsgläubigers oder der Vollstreckungsbehörde dem Amtsgericht ein Verzeichnis seines Vermögens vorzulegen und für seine Forderungen den Grund und die Beweismittel zu bezeichnen. Aus dem Vermögensverzeichnis müssen auch ersichtlich sein:

  1. die in den letzten zwei Jahren vor dem ersten zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung anberaumten Termin vorgenommenen entgeltlichen Veräußerungen des Schuldners an eine nahe stehende Person (§ 138 der Insolvenzordnung );
  2. die in den letzten vier Jahren vor dem ersten zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung anberaumten Termin von dem Schuldner vorgenommenen unentgeltlichen Leistungen, sofern sie sich nicht auf gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke geringen Werts richteten;

Sachen, die nach § 811 Nrn. 1 und 2 der Zivilprozeßordnung der Pfändung offensichtlich nicht unterworfen sind, brauchen in dem Vermögensverzeichnis nicht angegeben zu werden, es sei denn, daß eine Austauschpfändung in Betracht kommt.

(2) Der Vollstreckungsschuldner hat zu Protokoll an Eides Statt zu versichern, daß er die von ihm verlangten Angaben nach bestem Wissen und Gewissen richtig und vollständig gemacht habe. Die Vorschriften der §§ 478 bis 480 , 483 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend,

(3) Für das Verfahren vor dem Amtsgericht gelten die §§ 899 bis 915 der Zivilprozeßordnung entsprechend. An die Stelle des Vollstreckungstitels nach § 900 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung tritt die schriftliche Erklärung des Antragstellers über Höhe und Grund der Forderung.

§ 23 Einstellung der Vollstreckung und Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen

(1) Die Vollstreckung ist einzustellen oder zu beschränken, wenn oder soweit

  1. der Leistungsbescheid, aus dem vollstreckt wird, aufgehoben worden ist,
  2. die Vollstreckung oder eine Vollstreckungsmaßnahme gerichtlich für unzulässig erklärt worden ist,
  3. die Einstellung gerichtlich angeordnet worden ist,
  4. der Anspruch auf die Leistung erloschen ist oder
  5. die Leistung gestundet worden ist.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nrn. 1, 2 und 4 sind bereits getroffene Vollstreckungsmaßnahmen aufzuheben, sobald die Entscheidung unanfechtbar geworden oder die Leistungspflicht in voller Höhe erloschen ist. Im übrigen bleiben die Vollstreckungsmaßnahmen bestehen, soweit nicht ihre Aufhebung ausdrücklich angeordnet worden ist.

(3) Die Vollstreckungsbehörde ist in den Fällen der Vollstreckungshilfe und der Amtshilfe zur Einstellung, Beschränkung oder Aufhebung nur verpflichtet, wenn und soweit ihr Tatsachen nachgewiesen worden sind, aus denen sich die Pflicht dazu ergibt.

§ 24 Einstweilige Einstellung der Vollstreckung

Die Vollstreckungsbehörde kann die Vollstreckung bis zur Entscheidung des Vollstreckungsgläubigers ganz oder teilweise einstellen, wenn die Vollstreckung auch unter Berücksichtigung der öffentlichen Belange wegen besonderer Umstände für den Vollstreckungsschuldner eine unbillige Härte bedeuten würde.

§ 25 Erteilung von Urkunden

Bedarf der Vollstreckungsgläubiger zum Zwecke der Vollstreckung eines Erbscheins oder einer anderen Urkunde, die dem Vollstreckungsschuldner auf Antrag von einer Behörde, einem Beamten oder einem Notar zu erteilen ist, so kann er die Erteilung an Stelle des Vollstreckungsschuldners verlangen.

§ 26 Rechte Dritter

Behauptet ein Dritter, daß ihm an dem Gegenstand der Vollstreckung ein die Veräußerung hinderndes Recht zustehe, so ist § 771 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden. Entsprechendes gilt in den Fällen der §§ 772 bis 774 der Zivilprozeßordnung . Für die Klage ist das ordentliche Gericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk vollstreckt worden ist.

Zweiter Abschnitt:
Vollstreckung in das bewegliche Vermögen

1. Unterabschnitt:
Allgemeine Vorschriften

§ 27 Pfändung

(1) Die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen erfolgt durch Pfändung.

(2) Die Pfändung darf nicht weiter ausgedehnt werden, als es zur Deckung der beizutreibenden Geldbeträge und der Kosten der Vollstreckung erforderlich ist.

(3) Die Pfändung unterbleibt, wenn die Verwertung der pfändbaren Gegenstände einen Überschuß über die Kosten der Vollstreckung nicht erwarten läßt.

§ 28 Wirkung der Pfändung

(1) Durch die Pfändung erwirbt der Vollstreckungsgläubiger ein Pfandrecht an dem gepfändeten Gegenstand.

(2) Das Pfandrecht gewährt ihm im Verhältnis zu anderen Gläubigern dieselben Rechte wie ein Pfandrecht im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches ; es geht Pfand- und Vorzugsrechten vor, die im Insolvenzverfahren diesem Pfandrecht nicht gleichgestellt sind.

(3) Das durch eine frühere Pfändung begründete Pfandrecht, geht demjenigen vor, das durch eine spätere Pfändung begründet wird.

§ 29 Pfand- und Vorzugsrechte Dritter

Macht ein Dritter ein Pfand- oder Vorzugsrecht an einer gepfändeten Sache geltend, ohne in deren Besitz zu sein, so ist § 805 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden. Für die Klage ist das ordentliche Gericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk gepfändet worden ist.

§ 30 Ausschluß von Gewährleistungsansprüchen

Wird ein Gegenstand auf Grund der Pfändung veräußert, so steht dem Erwerber wegen eines Mangels im Recht oder wegen eines Mangels der veräußerten Sache ein Anspruch auf Gewährleistung nicht zu.

2. Unterabschnitt:
Vollstreckung in Sachen

§ 31 Verfahren bei der Pfändung

(1) Sachen, die im Gewahrsam des Vollstreckungsschuldners sind, pfändet der Vollstreckungsbeamte dadurch, daß er sie in Besitz nimmt.

(2) Andere Sachen als Geld, Kostbarkeiten und Wertpapiere sind im Gewahrsam des Vollstreckungsschuldners zu lassen, wenn die Befriedigung hierdurch nicht gefährdet wird. Bleiben die Sachen im Gewahrsam des Vollstreckungsschuldners, so ist die Pfändung nur wirksam, wenn sie durch Anlegung von Siegeln oder in sonstiger Weise ersichtlich gemacht ist.

(3) Der Vollstreckungsbeamte hat dem Vollstreckungsschuldner die Pfändung mitzuteilen.

(4) Diese Vorschriften gelten auch für die Pfändung von Sachen im Gewahrsam eines Dritten, der zu ihrer Herausgabe bereit ist.

(5) Die §§ 811 bis 812 und § 813 Abs. 1 bis 3 sowie § 813a der Zivilprozeßordnung mit Ausnahme seines Absatzes 5 Satz 4 gelten entsprechend.

§ 32 Ungetrennte Früchte

(1) Früchte, die vom Boden noch nicht getrennt sind, können gepfändet werden, solange sie nicht durch Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen in Beschlag genommen worden sind. Sie dürfen nicht früher als einen Monat vor der gewöhnlichen Zeit der Reife gepfändet werden.

(2) Ein Gläubiger, der ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück hat, kann der Pfändung nach § 26 widersprechen, wenn nicht für einen Anspruch gepfändet ist, der bei der Vollstreckung in das Grundstück vorgeht.

§ 33 Anschlußpfändung

(1) Zur Pfändung bereits gepfändeter Sachen genügt die in die Niederschrift aufzunehmende Erklärung des Vollstreckungsbeamten, daß er die Sache für die zu bezeichnende Forderung pfändet. Dem Vollstreckungsschuldner ist die weitere Pfändung mitzuteilen.

(2) Ist die erste Pfändung für eine andere Vollstreckungsbehörde oder durch einen Gerichtsvollzieher erfolgt, so ist dieser Vollstreckungsbehörde oder dem Gerichtsvollzieher eine Abschrift der Niederschrift zu übersenden. Die gleiche Pflicht hat ein Gerichtsvollzieher, der eine Sache pfändet, die bereits im Auftrag einer Vollstreckungsbehörde gepfändet ist.

§ 34 Verwertung

(1) Die gepfändeten Sachen sind auf schriftliche Anordnung der Vollstreckungsbehörde durch den Vollstreckungsbeamten öffentlich zu versteigern. Kostbarkeiten sind vor der Versteigerung durch einen Sachverständigen abzuschätzen.

(2) Bei Pfändung von Geld gilt die Wegnahme als Zahlung des Vollstreckungsschuldners.

§ 35 Versteigerung

(1) Die gepfändeten Sachen dürfen nicht vor Ablauf einer Woche seit dem Tag der Pfändung versteigert werden, sofern sich nicht der Vollstreckungsschuldner mit einer früheren Versteigerung einverstanden erklärt oder diese erforderlich ist, um die Gefahr einer beträchtlichen Wertverringerung abzuwenden oder unverhältnismäßige Kosten längerer Aufbewahrung zu vermeiden.

(2) Zeit und Ort der Versteigerung sind öffentlich bekanntzumachen; dabei sind die Sachen, die versteigert werden sollen, im allgemeinen zu bezeichnen. Auf Ersuchen der Vollstreckungsbehörde hat ein Gemeindebediensteter der Versteigerung beizuwohnen.

(3) Bei der Versteigerung gilt § 1239 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend.

§ 36 Zuschlag

(1) Dem Zuschlag an den Meistbietenden soll ein dreimaliger Aufruf vorausgehen; die Vorschriften des § 156 des Bürgerlichen Gesetzbuches sind anzuwenden.

(2) Die Aushändigung einer zugeschlagenen Sache darf nur gegen bare Zahlung geschehen.

(3) Hat der Meistbietende nicht zu der in den Versteigerungsbedingungen bestimmten Zeit oder in Ermangelung einer solchen Bestimmung nicht vor dem Schluß des Versteigerungstermins die Aushändigung gegen Zahlung des Kaufgeldes verlangt, so wird die Sache anderweitig versteigert. Der Meistbietende wird zu einem weiteren Gebot nicht zugelassen; er haftet für den Ausfall, auf den Mehrerlös hat er keinen Anspruch.

(4) Wird der Zuschlag dem Vollstreckungsgläubiger erteilt, so ist dieser von der Verpflichtung zur baren Zahlung soweit befreit, als der Erlös nach Abzug der Kosten der Vollstreckung zu seiner Befriedigung zu verwenden ist. Soweit der Vollstreckungsgläubiger von der Verpflichtung zur baren Zahlung befreit ist, gilt der Betrag als von dem Vollstreckungsschuldner an den Vollstreckungsgläubiger gezahlt.

§ 37 Mindestgebot

(1) Der Zuschlag darf nur auf ein Gebot erteilt werden, das mindestens die Hälfte des gewöhnlichen Verkaufswertes der Sache erreicht (Mindestgebot). Der gewöhnliche Verkaufswert und das Mindestgebot sollen bei dem Ausbieten bekanntgegeben werden.

(2) Wird der Zuschlag nicht erteilt, weil ein das Mindestgebot erreichendes Gebot nicht abgegeben worden ist, so bleibt das Pfandrecht bestehen. Die Vollstreckungsbehörde kann jederzeit einen neuen Versteigerungstermin bestimmen oder eine anderweitige Verwertung der gepfändeten Sachen nach § 42 anordnen. Wird die anderweitige Verwertung angeordnet, so gilt Absatz 1 entsprechend.

(3) Gold- und Silbersachen dürfen auch nicht unter ihrem Gold- oder Silberwert zugeschlagen werden. Wird ein den Zuschlag gestattendes Gebot nicht abgegeben, so können die Sachen auf Anordnung der Vollstreckungsbehörde aus freier Hand verkauft werden. Der Verkaufspreis darf den Gold- oder Silberwert und die Hälfte des gewöhnlichen Verkaufswertes nicht unterschreiten.

§ 38 Einstellung der Versteigerung

(1) Die Versteigerung wird eingestellt, sobald der Erlös zur Deckung der beizutreibenden Beträge einschließlich der Kosten der Vollstreckung ausreicht.

(2) Die Empfangnahme des Erlöses durch den Vollstreckungsbeamten gilt als Zahlung des Vollstreckungsschuldners, es sei denn, daß der Erlös hinterlegt wird (§ 44 Abs. 4 ).

§ 39 Wertpapiere

Gepfändete Wertpapiere, die einen Börsen- oder Marktpreis haben, sind aus freier Hand zum Tageskurs zu verkaufen; andere Wertpapiere sind nach den allgemeinen Vorschriften zu versteigern.

§ 40 Namenspapiere

Lautet ein gepfändetes Wertpapier auf einen Namen, so ist die Vollstreckungsbehörde berechtigt, die Umschreibung auf den Namen des Käufers oder, wenn es sich um ein auf einen Namen umgeschriebenes Inhaberpapier handelt, die Rückverwandlung in ein Inhaberpapier zu erwirken und die hierzu erforderlichen Erklärungen an Stelle des Vollstreckungsschuldners abzugeben.

§ 41 Versteigerung ungetrennter Früchte

Gepfändete Früchte, die vom Boden noch nicht getrennt sind, dürfen erst nach der Reife versteigert werden. Der Vollstreckungsbeamte hat sie abernten zu lassen, wenn er sie nicht vor der Trennung versteigert.

§ 42 Besondere Verwertung

Auf Antrag des Vollstreckungsschuldners oder aus besonderen Zweckmäßigkeitsgründen kann die Vollstreckungsbehörde anordnen, daß eine gepfändete Sache in anderer Weise, als in den vorstehenden Paragraphen bestimmt ist, zu verwerten oder durch eine andere Person als den Vollstreckungsbeamten zu versteigern sei. Der Vollstreckungsschuldner soll rechtzeitig davon unterrichtet werden.

§ 43 Vollstreckung in Ersatzteile von Luftfahrzeugen

(1) Für die Vollstreckung in Ersatzteile, auf die sich ein Registerpfandrecht an einem Luftfahrzeug nach § 71 des Gesetzes über Rechte an Luftfahrzeugen vom 26. Februar 1959 (Bundesgesetzbl. I S. 57), zuletzt geändert durch Artikel 9 Nr. 4 der Vereinfachungsnovelle vom 3. Dezember 1976 (Bundesgesetzbl. I S. 3281), erstreckt, gilt § 100 des Gesetzes über Rechte an Luftfahrzeugen ; an die Stelle des Gerichtsvollziehers tritt der Vollstreckungsbeamte.

(2) Absatz 1 gilt für die Vollstreckung in Ersatzteile, auf die sich das Recht an einem ausländischen Luftfahrzeug erstreckt, mit der Maßgabe, daß die Vorschriften des § 106 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 4 des Gesetzes über Rechte an Luftfahrzeugen zu berücksichtigen sind.

§ 44 Verwertung bei mehrfacher Pfändung

(1) Wird dieselbe Sache mehrfach durch Vollstreckungsbeamte oder durch Vollstreckungsbeamte und Gerichtsvollzieher gepfändet, so begründet ausschließlich die erste Pfändung die Zuständigkeit zur Versteigerung.

(2) Betreibt ein Gläubiger die Versteigerung, so wird für alle beteiligten Gläubiger versteigert.

(3) Der Erlös wird nach der Reihenfolge der Pfändungen oder nach abweichender Vereinbarung der beteiligten Gläubiger verteilt.

(4) Reicht der Erlös zur Deckung der Forderungen nicht aus und verlangt ein Gläubiger, für den die zweite oder eine spätere Pfändung erfolgt ist, ohne Zustimmung der übrigen beteiligten Gläubiger eine andere Verteilung als nach der Reihenfolge der Pfändungen, so ist die Sachlage unter Hinterlegung des Erlöses dem Amtsgericht, in dessen Bezirk gepfändet ist, anzuzeigen. Der Anzeige sind die Schriftstücke, die sich auf das Verfahren beziehen, beizufügen. Für das Verteilungsverfahren gelten die §§ 873 bis 882 der Zivilprozeßordnung .

(5) Wird für verschiedene Gläubiger gleichzeitig gepfändet, so finden die Vorschriften der Absätze 2 bis 4 mit der Maßgabe Anwendung, daß der Erlös nach dem Verhältnis der Forderungen verteilt wird.

3. Unterabschnitt:
Vollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte

§ 45 Pfändung einer Geldforderung

(1) Soll eine Geldforderung gepfändet werden, so hat die Vollstreckungsbehörde dem Drittschuldner schriftlich zu verbieten, an den Vollstreckungsschuldner zu zahlen, und dem Vollstreckungsschuldner schriftlich zu gebieten, sich jeder Verfügung über die Forderung, insbesondere ihrer Einziehung, zu enthalten (Pfändungsverfügung).

(2) Die Pfändung ist bewirkt, wenn die Pfändungsverfügung dem Drittschuldner zugestellt ist. Die an den Drittschuldner zuzustellende Pfändungsverfügung bezeichnet den beizutreibenden Geldbetrag ohne Angabe des Schuldgrundes. Die Zustellung ist dem Vollstreckungsschuldner mitzuteilen.

(3) Die Vollstreckungsbehörde kann im gesamten Landesgebiet die Pfändungsverfügung ohne Rücksicht auf den Wohnsitz, Sitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort des Vollstreckungsschuldners und Drittschuldners selbst erlassen und ihre Zustellung selbst bewirken.

(4) Absatz 3 gilt entsprechend, wenn

  1. die Vollstreckungsbehörde ihren Sitz in einem anderen Land hat oder
  2. der Schuldner oder Drittschuldner seinen Wohnsitz, Sitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort in einem anderen Land hat und das dort geltende Recht die Vollstreckung zuläßt.
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