Regelwerk, Verfassung |
SächsVerfGHG - Sächsisches Verfassungsgerichtshofsgesetz
Gesetz über den Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen
- Sachsen -
Vom 18. Februar 1993
(SächsGVBl. 1993 S. 177; 27.09.1995 S. 321; 14.12.2012 S. 748; 14.02.2013 S. 94 13; 18.12.2013 S. 970 13a;15.11.2017 S. 598 17; 26.02.2021 S. 318 21; 06.07.2023 S. 467 23; 30.04.2024 S. 432 24; 05.07.2024 S. 616 aufgehoben)
Rechtsbereinigt mit Stand vom 14. März 2013
Der Sächsische Landtag hat am 22. Januar 1993 das folgende Gesetz beschlossen:
Erster Teil
Organisatorische Bestimmungen
§ 1 Bezeichnung und Sitz
Der Verfassungsgerichtshof führt die Bezeichnung "Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen". Er hat seinen Sitz in Leipzig.
§ 2 Zusammensetzung, Stellvertreter, Wählbarkeit 24
(1) Der Verfassungsgerichtshof besteht aus fünf Berufsrichterinnen oder Berufsrichtern und vier anderen Mitgliedern. Die Präsidentin oder der Präsident und die Vizepräsidentin oder der Vizepräsident des Verfassungsgerichtshofes müssen Berufsrichter sein.
(2) Für jedes Mitglied wird eine Stellvertreterin oder ein Stellvertreter gewählt. Stellvertretende vertreten das Mitglied bei dessen Verhinderung oder nach Beendigung des Amtes bis zur Ernennung des Nachfolgers, soweit kein Fall des § 6 Abs. 2 vorliegt. Die Stellvertretenden in der Gruppe der Berufsrichterinnen oder Berufsrichter und in der Gruppe der anderen Mitglieder vertreten sich jeweils gegenseitig. Zur Vertretung ist der lebensälteste nicht verhinderte Stellvertretende berufen. Für die Stellvertretenden gelten die Vorschriften dieses Gesetzes, soweit nichts anderes bestimmt ist. Durch die Beendigung des Amtes des Mitglieds, das sie vertreten, wird ihr eigenes Amt nicht berührt.
(3) Zum Mitglied des Verfassungsgerichtshofes kann gewählt werden, wer das 35. Lebensjahr vollendet hat und zum Deutschen Bundestag wählbar ist. Mitglied des Verfassungsgerichtshofes kann nicht sein, wer dem Bundestag, dem Bundesrat, der Bundesregierung, einenn entsprechenden Organ eines Landes oder der Europäischen Gemeinschaft, dem Bundesverfassungsgericht oder dem Europäischen Gerichtshof angehört. Die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes dürfen beruflich weder im Dienst eines Landes oder des Bundes noch einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts unter der Aufsicht eines Landes oder des Bundes stehen; ausgenommen ist der Dienst als Berufsrichterin oder Berufsrichter und als Hochschullehrerin oder Hochschullehrer.
(4) Mitglied des Verfassungsgerichtshofes kann nicht sein, wer
§ 3 Wahl
(1) Die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes sollen frühestens drei Monate und spätestens einen Monat vor Beendigung des Amtes ihrer Vorgänger gewählt werden. Ist der Landtag in dieser Zeit aufgelöst, findet die Wahl innerhalb von drei Monaten nach dem ersten Zusammentritt des neu gewählten Landtages statt.
(2) Vorschlagsberechtigt für die Wahl der Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes sind die Staatsregierung und das Landtagspräsidium.
(3) Der Landtag wählt die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes ohne Aussprache in geheimer Wahl mit der Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder auf die Dauer von neun Jahren. Dasselbe gilt für die Wahl des Präsidenten und des Vizepräsidenten. Eine Anhörung der Vorgeschlagenen findet nicht statt. Wiederwahl ist zulässig.
§ 4 Amtseid
(1) Die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes leisten vor Aufnahme ihres Amtes in öffentlicher Sitzung des Landtages folgenden Eid:
"Ich schwöre, das Richteramt getreu dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, getreu der Verfassung des Freistaates Sachsen und getreu dem Gesetz auszuüben, nach bestem Wissen und Gewissen ohne Ansehen der Person zu urteilen und nur der Wahrheit und Gerechtigkeit zu dienen."
(2) Der Eid kann auch mit der Beteuerung "S. wahr mir Gott helfe" geleistet werden. Bekennt sich ein Mitglied des Verfassungsgerichtshofes zu einer Religionsgemeinschaft, deren Angehörigen das Gesetz die Verwendung einer anderen Beteuerungsformel gestattet, so kann es diese gebrauchen.
(3) Im Falle der Wiederwahl bedarf es keiner erneuten Vereidigung.
§ 5 Rechtsstellung
(1) Die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes sind als Richter unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen.
(2) Die berufsrichterlichen Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes üben die Tätigkeit inn Verfassungsgerichtshof als Nebenamt aus. Die Vorschriften des Deutschen Richtergesetzes und des Richtergesetzes des Freistaates Sachsen gelten auch für ihre Tätigkeit beim Verfassungsgerichtshof, soweit in diesenn Gesetz nichts anderes bestimmt ist. Die anderen Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes sind ehrenamtlich tätig.
(3) Die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes können nur nach den für Richter im Landesdienst geltenden Vorschriften vorläufig und endgültig ihres Amtes enthoben werden. Einleitungsbehörde ist die Staatsregierung. Die dienstgerichtliche Entscheidung trifft der Verfassungsgerichtshof. Die Amtsenthebung bedarf der Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes; dabei wirkt anstelle des betroffenen Mitglieds dessen Stellvertreter mit.
§ 6 Beendigung der Amtszeit 24
(1) Vor Ablauf der Amtszeit endet das Amt als Mitglied des Verfassungsgerichtshofes,
(2) Endet das Amt durch Ablauf der Amtszeit oder durch Erreichen der Altersgrenze, so führt das Mitglied die Amtsgeschäfte bis zur Ernennung seiner Nachfolgerin oder seines Nachfolgers fort.
Zweiter Teil
Allgemeine Verfahrensvorschriften
Der Verfassungsgerichtshof entscheidet
§ 8 Vorsitz, Beschlussfähigkeit, Abstimmung 17 24
(1) Die Präsidentin oder der Präsident hat den Vorsitz im Verfassungsgerichtshof und führt die Geschäfte des Verfassungsgerichtshofes. Deren oder dessen ständige Vertretung übt die Vizepräsidentin oder der Vizepräsident aus. Ist auch diese oder dieser verhindert, übernimmt das im Verfassungsgerichtshof dienstälteste, bei gleichem Dienstalter das lebensältere nicht verhinderte berufsrichterliche Mitglied, bei Verhinderung aller berufsrichterlichen Mitglieder der im Verfassungsgerichtshof dienstälteste und bei gleichem Dienstalter der lebensältere nicht verhinderte berufsrichterliche Stellvertretende die Aufgaben der Präsidentin oder des Präsidenten.
(2) Der Verfassungsgerichtshof ist beschlussfähig, wenn mindestens sieben seiner Mitglieder, darunter mindestens vier seiner berufsrichterlichen Mitglieder, mitwirken. § 9 Absatz 1 Satz 2 und § 15 Satz 1 bleiben unberührt.
(3) In den Verfahren gemäß § 7 Nr. 9 bedarf es zu einer dem Mitglied des Landtages oder der Staatsregierung nachteiligen Entscheidung einer Mehrheit von zwei Dritteln der zur Entscheidung berufenen Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes. Im übrigen entscheidet die Mehrheit der mitwirkenden Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes. Bei Stimmengleichheit kann eine Unvereinbarkeit mit der Verfassung des Freistaates Sachsen oder eine Verletzung von Bestimmungen der Verfassung des Freistaates Sachsen oder anderen maßgeblichen Rechts nicht festgestellt werden; ein sonstiger Antrag ist in diesem Fall abgelehnt.
(1) Der Verfassungsgerichtshof beruft für die Dauer eines Geschäftsjahres mehrere Kammern. Jede Kammer besteht aus zwei Berufsrichterinnen oder Berufsrichtern und einem anderen Mitglied.
(2) Der Verfassungsgerichtshof beschließt vor Beginn eines Geschäftsjahres für dessen Dauer die Zahl und Zusammensetzung der Kammern sowie die Verteilung der auf sie zu übertragenden Verfassungsbeschwerden.
§ 10 Anwendbarkeit des Verfahrensrechts des Bundesverfassungsgerichts, Geschäftsordnung 17
(1) Soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof die allgemeinen Verfahrensvorschriften des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl. I S. 1473), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 18. Juli 2017 (BGBl. I S. 2730) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, entsprechend anzuwenden.
(2) Soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, regelt der Verfassungsgerichtshof sein Verfahren und seinen Geschäftsgang durch eine Geschäftsordnung, die im Sächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt zu veröffentlichen ist.
§ 10a Elektronische Kommunikation; Verordnungsermächtigung 17 21 24
(1) Beim Verfassungsgerichtshof können Dokumente nach Maßgabe der Absätze 2 bis 6 in elektronischer Form eingereicht werden.
(2) Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch den Verfassungsgerichtshof geeignet sein. Das Sächsische Staatsministerium der Justiz bestimmt durch Rechtsverordnung technische Rahmenbedingungen für die Übermittlung und die Eignung zur Bearbeitung durch das Gericht.
(3) Das elektronische Dokument muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden. Satz 1 gilt nicht für Anlagen, die dem Dokument beigefügt sind.
(4) Sichere Übermittlungswege sind
Das Nähere zu den Übermittlungswegen gemäß Satz 1 Nummer 3 bis 5 regelt die Rechtsverordnung nach Absatz 2 Satz 2.
(5) Ein elektronisches Dokument ist eingegangen, sobald es auf der für den Empfang bestimmten Einrichtung des Verfassungsgerichtshofes gespeichert ist. Der Absenderin oder dem Absender ist eine automatisierte Bestätigung über den Zeitpunkt des Eingangs zu erteilen.
(6) Ist ein elektronisches Dokument für den Verfassungsgerichtshof zur Bearbeitung nicht geeignet, ist dies der Absenderin oder dem Absender unter Hinweis auf die Unwirksamkeit des Eingangs unverzüglich mitzuteilen. Das Dokument gilt als zum Zeitpunkt der früheren Einreichung eingegangen, sofern der Absender es unverzüglich in einer für den Verfassungsgerichtshof zur Bearbeitung geeigneten Form nachreicht und glaubhaft macht, dass es mit dem zuerst eingereichten Dokument inhaltlich übereinstimmt.
(7) Soweit eine handschriftliche Unterzeichnung durch ein Mitglied des Verfassungsgerichtshofes vorgeschrieben ist, genügt dieser Form die Aufzeichnung als elektronisches Dokument, wenn die verantwortenden Personen am Ende des Dokuments ihren Namen hinzufügen und das Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen.
(8) Vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingereicht werden, sind als elektronisches Dokument zu übermitteln. Gleiches gilt für vertretungsberechtigte Personen, für die ein sicherer Übermittlungsweg nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 oder 3 zur Verfügung steht. Ist eine Übermittlung aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig. Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen; auf Anforderung ist ein elektronisches Dokument nachzureichen.
§ 11 Ablehnung einer Richterin oder eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit 17 24
(1) Wird ein Mitglied des Verfassungsgerichtshofes wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, so entscheidet der Verfassungsgerichtshof hierüber unter Ausschluss der oder des Abgelehnten. Eine Vertretung der oder des Abgelehnten findet insoweit nicht statt. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme der oder des Vorsitzenden den Ausschlag.
(2) Die Ablehnung ist zu begründen. Das abgelehnte Mitglied des Verfassungsgerichtshofes hat sich dazu zu äußern. Eine Beteiligte oder ein Beteiligter kann ein Mitglied des Verfassungsgerichtshofes nicht mehr wegen Besorgnis der Befangenheit ablehnen, wenn sie oder er sich in eine Verhandlung eingelassen hat, ohne den ihm bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen.
(3) Erklärt sich ein Mitglied des Verfassungsgerichtshofes, das nicht abgelehnt worden ist, selbst für befangen, so gilt Absatz 1 entsprechend.
(4) Nach erfolgreicher Ablehnung (Absätze 1 und 3) wirkt an der Entscheidung in der Sache selbst anstatt des abgelehnten Mitglieds sein Stellvertreter (§ 2 Abs. 2) mit.
§ 12 Zeuginnen oder Zeugen und Sachverständige 17 24
Für die Vernehmung von Zeuginnen und Zeugen und Sachverständigen gelten in den Fällen des § 7 Nr. 9 die Vorschriften der Strafprozessordnung, in den übrigen Fällen die Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend.
§ 13 Kein Sondervotum 17 17
[zu § 30 Abs. 2 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgerichtsgesetz]
§ 30 Abs. 2 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgerichtsgesetz findet keine Anwendung.
§ 14 Verbindlichkeit der Entscheidungen 17 17 24
[anstatt § 31 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgerichtsgesetz]
(1) Die Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes binden alle Verfassungsorgane, Behörden und Gerichte.
(2) In den Fällen des § 7 Nr. 2, 3 und 8 hat die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes Gesetzeskraft. Dasselbe gilt in den Fällen des § 7 Nr. 4, wenn der Verfassungsgerichtshof ein Gesetz als mit der Verfassung des Freistaates Sachsen vereinbar oder unvereinbar oder für nichtig erklärt.
(3) Soweit ein Gesetz als mit der Verfassung des Freistaates Sachsen vereinbar oder unvereinbar oder für nichtig erklärt wird, ist die Entscheidungsformel durch die Staatsministerin oder den Staatsminister der Justiz im Sächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt zu veröffentlichen.
§ 15 Einstweilige Anordnungen 17 21 24
[anstatt § 32 Absatz 7 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgerichtsgesetz]
Bei besonderer Dringlichkeit kann die einstweilige Anordnung erlassen werden, wenn mindestens drei berufsrichterliche Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes mitwirken und der Beschluss einstimmig gefasst wird. Sie tritt nach einem Monat außer Kraft. Wird sie durch den Verfassungsgerichtshof in der Besetzung nach § 8 Abs. 2 bestätigt, so tritt sie sechs Monate nach ihrem Erlass außer Kraft.
§ 16 Kosten und Auslagenerstattung 17 17 21 24
[anstatt § § 34 und 34a des Gesetzes über das Bundesverfassungsgerichtsgesetz]
(1) Das Verfahren des Verfassungsgerichtshofes ist kostenfrei. § 34 Absatz 2 und 3 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgerichtsgesetz findet keine Anwendung.
(2) Erweist sich im Verfahren nach § 7 Nr. 9 der Antrag auf Aberkennung des Mandats oder Amtes als unbegründet, so sind der Angeklagten oder dem Angeklagten die notwendigen Auslagen einschließlich der Kosten der Verteidigung zu erstatten.
(3) Erweist sich eine Verfassungsbeschwerde als begründet, so sind der Beschwerdeführerin oder dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen ganz oder teilweise zu erstatten.
(4) In den übrigen Fällen kann der Verfassungsgerichtshof volle oder teilweise Erstattung der notwendigen Auslagen anordnen.
Dritter Teil
Besondere Verfahrensvorschriften
Erster Abschnitt
Verfahren in den Fällen des § 7 Nr. 1
(Organstreitverfahren)
§ 17 Antragsteller und Antragsgegner 17
Antragsteller und Antragsgegner können nur der Landtag, die Staatsregierung und die in der Verfassung des Freistaates Sachsen oder in der Geschäftsordnung des Landtages oder der Staatsregierung mit eigener Zuständigkeit ausgestatteten Teile dieser Organe sein.
§ 18 Zulässigkeit des Antrags 17 24
(1) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Antragsteller geltend macht, dass er oder das Organ, dem er angehört, durch eine Handlung oder Unterlassung des Antragsgegners in seinen ihm durch die Verfassung des Freistaates Sachsen übertragenen Rechten und Pflichten verletzt oder unmittelbar gefährdet ist.
(2) Im Antrag ist die Bestimmung der Verfassung des Freistaates Sachsen zu bezeichnen, gegen welche die beanstandete Handlung oder Unterlassung des Antragsgegners verstößt.
(3) Der Antrag muss binnen sechs Monaten, nachdem die beanstandete Handlung oder Unterlassung dem Antragsteller bekannt geworden ist, gestellt werden.
(4) Soweit die Frist bei Inkrafttreten dieses Gesetzes verstrichen ist, kann der Antrag noch binnen drei Monaten nach Inkrafttreten gestellt werden, wenn die beanstandete Handlung oder Unterlassung nach Inkrafttreten der Verfassung des Freistaates Sachsen erfolgt ist.
§ 19 Beitritt zum Verfahren
(1) Dem Antragsteller und dem Antragsgegner können in jeder Lage des Verfahrens andere in § 17 genannte Antragsberechtigte beitreten, wenn die Entscheidung auch für ihre Zuständigkeiten von Bedeutung ist.
(2) Der Verfassungsgerichtshof gibt dem Landtag und der Staatsregierung von der Einleitung des Verfahrens Kenntnis.
(1) Der Verfassungsgerichtshof stellt in seiner Entscheidung fest, ob die beanstandete Handlung oder Unterlassung des Antragsgegners den Antragsteller in seinen ihm durch die Verfassung des Freistaates Sachsen übertragenen Rechten und Pflichten verletzt oder unmittelbar gefährdet und, wenn dies der Fall ist, gegen welche Bestimmung der Verfassung des Freistaates Sachsen dadurch verstoßen wird.
(2) Soweit die Entscheidung von der Auslegung einer Verfassungsbestimmung abhängig ist, kann der Verfassungsgerichtshof in der Entscheidungsformel feststellen, wie diese Verfassungsbestimmung auszulegen ist.
Zweiter Abschnitt
Verfahren in den Fällen des § 7 Nr. 2
(abstrakte Normenkontrolle)
§ 21 Zulässigkeit des Antrags 17 24
Der Antrag der Staatsregierung oder eines Viertels der Mitglieder des Landtages gemäß Artikel 81 Absatz 1 Nr. 2 der Verfassung des Freistaates Sachsen ist nur zulässig, wenn einer der Antragsberechtigten Landesrecht
§ 22 Anhörung der betroffenen Verfassungsorgane
Der Verfassungsgerichtshof gibt dem Landtag und der Staatsregierung Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist.
Kommt der Verfassungsgerichtshof zu der Überzeugung, dass Landesrecht mit der Verfassung des Freistaates Sachsen unvereinbar ist, so erklärt er die zur Prüfung gestellten Bestimmungen für nichtig. Sind weitere Bestimmungen desselben Gesetzes aus denselben Gründen mit der Verfassung des Freistaates Sachsen unvereinbar, so kann der Verfassungsgerichtshof sie gleichfalls für nichtig erklären.
§ 24 Wirkungen der Entscheidung 17
Für die Wirkungen der Entscheidung gilt § 79 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgerichtsgesetz entsprechend.
Dritter Abschnitt
Verfahren in den Fällen des § 7 Nr. 3
(konkrete Normenkontrolle)
(1) Sind die Voraussetzungen des Artikels 81 Absatz 1 Nr. 3 der Verfassung des Freistaates Sachsen gegeben, so holen die Gerichte unmittelbar die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes ein.
(2) Die Begründung muss angeben, inwiefern von der Gültigkeit des Gesetzes die Entscheidung des Gerichts abhängig ist und mit welcher Bestimmung der Verfassung des Freistaates Sachsen das Gesetz unvereinbar sein soll. Die Akten sind beizufügen.
(3) Der Antrag des Gerichts ist unabhängig von der Rüge der Nichtigkeit des Gesetzes durch einen Prozessbeteiligten.
§ 26 Verfahren, Entscheidung 17 24
(1) Die § § 22 bis 24 gelten entsprechend.
(2) Die in § 22 genannten Verfassungsorgane können in jeder Lage des Verfahrens beitreten.
(3) Der Verfassungsgerichtshof gibt auch den Beteiligten des Verfahrens vor dem Gericht, das den Antrag gestellt hat, Gelegenheit zur Äußerung; er lädt sie zur mündlichen Verhandlung und erteilt den anwesenden Prozessbevollmächtigten das Wort.
(4) § 82 Absatz 4 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgerichtsgesetz findet mit der Maßgabe Anwendung, daß die Ersuchen an oberste Landesgerichte ergehen können.
(5) Der Verfassungsgerichtshof entscheidet nur über die Rechtsfrage.
Vierter Abschnitt
Verfahren in den Fällen des § 7 Nr. 4
(Verfassungsbeschwerde)
§ 27 Rügefähige Rechte, Rechtswegerschöpfung 17 24
(1) Jede Person kann mit der Behauptung, durch die öffentliche Gewalt des Landes in einem ihrer Grundrechte (Artikel 4, 14 bis 38, 41, 78, 91, 102, 105 und 107 der Verfassung des Freistaates Sachsen) verletzt zu sein, die Verfassungsbeschwerde zum Verfassungsgerichtshof erheben.
(2) Ist gegen die Verletzung der Rechtsweg zulässig, so kann die Verfassungsbeschwerde erst nach Erschöpfung des Rechtsweges erhoben werden. Der Verfassungsgerichtshof kann jedoch über eine vor Erschöpfung des Rechtsweges eingelegte Verfassungsbeschwerde sofort entscheiden, wenn sie von allgemeiner Bedeutung ist oder wenn dem Beschwerdeführer ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstünde, falls er zunächst auf den Rechtsweg verwiesen würde.
§ 28 Begründung der Verfassungsbeschwerde 24
In der Begründung der Verfassungsbeschwerde sind das Recht, das verletzt sein soll, und die Handlung oder Unterlassung des Organs oder der Behörde, durch die der Beschwerdeführer sich verletzt fühlt, zu bezeichnen.
(1) Die Verfassungsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat zu erheben und zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung oder formlosen Mitteilung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung, wenn diese nach den maßgebenden verfahrensrechtlichen Vorschriften von Amts wegen vorzunehmen ist. In anderen Fällen beginnt die Frist mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht zu verkünden ist, mit ihrer sonstigen Bekanntgabe an die Beschwerdeführerin oder den Beschwerdeführer; wird dabei der Beschwerdeführerin oder dem Beschwerdeführer eine Abschrift der Entscheidung in vollständiger Form nicht erteilt, so wird die Frist des Satzes 1 dadurch unterbrochen, dass die Beschwerdeführerin oder der Beschwerdeführer schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle die Erteilung einer in vollständiger Form abgefassten Entscheidung beantragt. Die Unterbrechung dauert fort, bis die Entscheidung in vollständiger Form der Beschwerdeführerin oder dem Beschwerdeführer von dem Gericht erteilt oder von Amts wegen oder von einem anderen an dem Verfahren Beteiligten zugestellt wird.
(2) War eine Beschwerdeführerin oder ein Beschwerdeführer ohne Verschulden verhindert, die Frist des Absatzes 1 einzuhalten, so ist ihr oder ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen; ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden. Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig. Das Verschulden von Bevollmächtigten steht dem Verschulden einer Beschwerdeführerin oder eines Beschwerdeführers gleich.
(3) Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz oder gegen einen sonstigen Hoheitsakt, gegen den ein Rechtsweg nicht offensteht, so kann die Verfassungsbeschwerde nur binnen eines Jahres seit dem Inkrafttreten des Gesetzes oder dem Erlaß des Hoheitsaktes erhoben werden.
(4) Ist ein Gesetz vor dem Inkrafttreten des vorliegenden Gesetzes in Kraft getreten, so kann die Verfassungsbeschwerde bis zum Ablauf eines Jahres seit dem Inkrafttreten des vorliegenden Gesetzes erhoben werden. War ein sonstiger Hoheitsakt bei Inkrafttreten der Verfassung des Freistaates Sachsen noch nicht rechtskräftig oder bestandskräftig und der Rechtsweg erschöpft, so kann die Verfassungsbeschwerde bis zum Ablauf eines Monats seit dem Inkrafttreten des Gesetzes erhoben werden.
§ 30 Anhörung Dritter, Entscheidung 24
(1) Der Verfassungsgerichtshof gibt dem Verfassungsorgan, dessen Handlung oder Unterlassung in der Verfassungsbeschwerde beanstandet wird, Gelegenheit, sich binnen einer zu bestimmenden Frist zu äußern.
(2) Ging die Handlung oder Unterlassung von einer Staatsministerin oder einem Staatsminister oder einer Behörde des Landes aus, so ist der zuständigen Staatsministerin oder dem zuständigen Staatsminister Gelegenheit zur Äußerung zu geben.
(3) Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, so gibt der Verfassungsgerichtshof auch der oder dem durch die Entscheidung Begünstigten Gelegenheit zur Äußerung. Er kann hiervon absehen, wenn die Verfassungsbeschwerde als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet erscheint.
(4) Richtet sich die Verfassungsbeschwerde unmittelbar oder mittelbar gegen ein Gesetz, so ist § 22 entsprechend anzuwenden.
(5) Die in den Absätzen 1, 2 und 4 genannten Verfassungsorgane können dem Verfahren beitreten.
(6) Der Verfassungsgerichtshof überträgt die Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde durch Beschluss auf die zuständige Kammer, wenn die Verfassungsbeschwerde die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht erfordert und die Angelegenheit nicht von besonderer Bedeutung ist.
(7) Der Verfassungsgerichtshof entscheidet über Verfassungsbeschwerden ohne mündliche Verhandlung, wenn er nichts anderes beschließt. Die Kammern entscheiden über Verfassungsbeschwerden im schriftlichen Verfahren.
§ 31 Entscheidungsinhalt 17 17 24
(1) Wird der Verfassungsbeschwerde stattgegeben, so ist in der Entscheidung festzustellen, welche Vorschrift der Verfassung des Freistaates Sachsen durch welche Handlung oder Unterlassung verletzt wurde. Der Verfassungsgerichtshof kann zugleich aussprechen, dass auch jede Wiederholung der beanstandeten Maßnahme die Verfassung des Freistaates Sachsen verletzt.
(2) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen eine Entscheidung stattgegeben, so hebt der Verfassungsgerichtshof die Entscheidung auf, in den Fällen des § 27 Abs. 2 verweist er die Sache an ein zuständiges Gericht zurück.
(3) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz stattgegeben, so ist das Gesetz für nichtig zu erklären. Das gleiche gilt, wenn der Verfassungsbeschwerde gemäß Absatz 2 stattgegeben wird, weil die aufgehobene Entscheidung auf einem verfassungswidrigen Gesetz beruht. § 79 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgerichtsgesetz gilt entsprechend.
(4) Bleibt die Verfassungsbeschwerde ohne Erfolg, weil sie unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist oder der Verfassungsgerichtshof die für ihre Beurteilung erhebliche verfassungsrechtliche Frage bereits entschieden hat, so genügt zur Begründung des Beschlusses der Hinweis auf den maßgeblichen rechtlichen Gesichtspunkt.
Fünfter Abschnitt 24
Verfahren in den Fällen des § 7 Nummer 5 und 5a
(Wahlprüfungsbeschwerde und Untätigkeit im Wahlprüfungsverfahren)
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Landtages über die Gültigkeit einer Wahl oder den Verlust der Mitgliedschaft im Landtag kann innerhalb eines Monats seit der Beschlussfassung des Landtages beim Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Beschwerdebefugt ist
Eine Gruppe von Wahlberechtigten, für die bei der Wahl ein Wahlvorschlag zugelassen wurde und die beim Landtag Einspruch eingelegt hatte, ist vom Erfordernis des Beitritts weiterer Wahlberechtigter befreit.
§ 32a Untätigkeit im Wahlprüfungsverfahren 24
(1) Hat der Landtag über einen Einspruch ohne zureichenden Grund innerhalb der Frist des § 13 Absatz 1 Satz 2 des Sächsisches Wahlprüfungsgesetzes vom 22. Juni 1994 (SächsGVBl. S. 1249), das durch Artikel 1 des Gesetzes vom 17. April 2024 (SächsGVBl. S. 432) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, nicht entschieden, so kann abweichend von § 32 die Beschwerde über die Gültigkeit der Wahl oder den Verlust der Mitgliedschaft im Landtag erhoben werden.
(2) Liegt ein zureichender Grund dafür vor, dass über den Einspruch noch nicht entschieden worden ist, so setzt der Verfassungsgerichtshof das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus.
(3) Wird dem Einspruch innerhalb der vom Verfassungsgerichtshof gesetzten Frist durch den Landtag stattgegeben, stellt der Verfassungsgerichtshof das Verfahren ein.
(4) Entscheidet der Landtag nicht innerhalb der vom Verfassungsgerichtshof gesetzten Frist nach Absatz 2, entscheidet der Verfassungsgerichtshof über die Gültigkeit der Wahl. Das Wahlprüfungsverfahren gilt als beendet.
Sechster Abschnitt
Verfahren in den Fällen des § 7 Nr. 6
(Entscheidung über die Zulässigkeit eines Volksantrags)
(1) Der Verfassungsgerichtshof entscheidet auf Antrag der Präsidentin oder des Präsidenten des Landtages über die Zulässigkeit eines Volksantrags.
(2) Der Verfassungsgerichtshof gibt den Antragstellern und der Staatsregierung Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist.
Siebter Abschnitt
Verfahren in den Fällen des § 7 Nr. 7
(Prüfung eines Antrags auf Verfassungsänderung)
§ 34 Frist und Inhalt des Antrags 17 24
(1) Der Antrag auf Entscheidung nach Artikel 74 Abs. 1 Satz 3 der Verfassung des Freistaates Sachsen kann nur bis zum Ablauf eines Monats nach Abschluss der ersten Lesung des Gesetzentwurfs, der die Verfassungsänderung enthält, beim Verfassungsgerichtshof gestellt werden. Vor Ablauf dieser Frist darf der Gesetzentwurf nicht abschließend beraten werden. Ist der Entwurf des verfassungsändernden Gesetzes während eines Gesetzgebungsverfahrens eingefügt worden, so ist der Antrag innerhalb eines Monats nach dieser Einfügung zulässig; Satz 2 gilt entsprechend.
(2) In dem Antrag ist anzugeben, im Hinblick auf welche Vorschrift der Verfassung des Freistaates Sachsen Zweifel an der Zulässigkeit der Verfassungsänderung bestehen.
§ 35 Verfahren, Entscheidung 17
(1) Der Verfassungsgerichtshof gibt dem Landtag und der Staatsregierung Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist.
(2) Der Verfassungsgerichtshof stellt fest, ob der Antrag auf Verfassungsänderung zulässig ist. Gelangt er zur Unzulässigkeit des Änderungsantrags, so spricht der Verfassungsgerichtshof auch aus, welche Bestimmung der Verfassung des Freistaates Sachsen hierfür maßgeblich ist.
Achter Abschnitt
Verfahren in den Fällen des § 7 Nr. 8
(Normenkontrolle auf kommunalen Antrag)
§ 36 Antragsfrist, Verfahren
(1) Der Antrag ist nur innerhalb eines Jahres seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zulässig. Ist ein Gesetz vor dem Inkrafttreten des vorliegenden Gesetzes in Kraft getreten, so kann der Antrag bis zum Ablauf eines Jahres seit dem Inkrafttreten des vorliegenden Gesetzes gestellt werden.
(2) Für das Verfahren und die Entscheidung gelten die § § 22 bis 24 entsprechend.
Neunter Abschnitt
Verfahren in den Fällen des § 7 Nr. 9
(Aberkennung des Mandats oder der Mitgliedschaft in der Staatsregierung)
(1) Aufgrund eines Beschlusses des Landtages auf Erhebung der Anklage gegen ein Mitglied des Landtages oder der Staatsregierung (Artikel 118 der Verfassung des Freistaates Sachsen) übersendet die Präsidentin oder der Präsident des Landtages dem Verfassungsgerichtshof binnen eines Monats eine von ihm gefertigte Anklageschrift. Mit deren Eingang beim Verfassungsgerichtshof ist die Anklage erhoben.
(2) Die Anklageschrift muss die Handlung oder Unterlassung, auf der die Anklage beruht, und die Beweismittel bezeichnen. Der Anklageschrift ist eine Niederschrift über die Sitzung des Landtages beizufügen, in welcher der Beschluss, Anklage zu erheben, gefasst worden ist.
(1) Die Anklage kann nur innerhalb eines Jahres, nachdem der ihr zugrundeliegende Sachverhalt dem Landtag bekanntgeworden ist, erhoben werden.
(2) Soweit die Frist bei Inkrafttreten dieses Gesetzes verstrichen ist, kann die Anklage noch binnen drei Monaten seit Inkrafttreten erhoben werden, wenn der ihr zugrundeliegende Sachverhalt nach Inkrafttreten der Verfassung des Freistaates Sachsen eingetreten ist.
§ 39 Zurücknahme der Anklage 24
(1) Der Landtag kann die Anklage bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung aufgrund eines Beschlusses zurücknehmen. Ein Antrag auf Rücknahmebeschluss muss von mindestens einem Drittel der Mitglieder des Landtages gestellt werden. Der Beschluss erfordert bei Anwesenheit von mindestens zwei Dritteln der Mitglieder des Landtages eine Zweidrittelmehrheit, die jedoch mehr als die Hälfte der Mitglieder des Landtages betragen muss.
(2) Die Anklage wird von der Präsidentin oder vom Präsidenten des Landtages durch Übersendung einer Ausfertigung des Beschlusses an den Verfassungsgerichtshof zurückgenommen. § 37 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Die Präsidentin oder der Präsident des Verfassungsgerichtshofes teilt der oder dem Angeklagten den Eingang des Rücknahmebeschlusses mit.
(3) Die Zurücknahme der Anklage ist unwirksam, wenn ihr die oder der Angeklagte innerhalb eines Monats nach Erhalt der Mitteilung nach Absatz 2 Satz 3 schriftlich gegenüber der Präsidentin oder dem Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes widerspricht.
§ 40 Vertretung der Anklage 17 21
Der Landtag bestimmt, wer die Anklage vor dem Verfassungsgerichtshof vertritt. § 22 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgerichtsgesetz findet entsprechende Anwendung.
§ 41 Vorbereitung der Verhandlung 24
(1) Die Präsidentin oder der Präsident des Verfassungsgerichtshofes kann nach Anhörung der Berichterstatterin oder des Berichterstatters zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Vorermittlungen anordnen. Sie oder er muss sie in den Grenzen der für Beweiserhebungen geltenden Bestimmungen der Strafprozessordnung anordnen, soweit die Vertretung der Anklage, die oder der Angeklagte sie beantragt. Vorermittlungen sind einem der berufsrichterlichen Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes zu übertragen. Der oder dem Angeklagten ist bei Vorermittlungen Gelegenheit zur Äußerung zu geben.
(2) Nach Abschluss von Vorermittlungen gibt die Präsidentin oder der Präsident des Verfassungsgerichtshofes dem Landtag Gelegenheit zur Entscheidung, ob die Anklage zurückgenommen wird.
(1) Der Verfassungsgerichtshof entscheidet aufgrund mündlicher Verhandlung.
(2) Zur Verhandlung ist die oder der Angeklagte zu laden. In der Ladung ist sie oder er darauf hinzuweisen, dass ohne sie oder ihn verhandelt und entschieden werden kann, wenn sie oder er unentschuldigt ausbleibt oder sich ohne ausreichenden Grund vorzeitig entfernt.
(3) In der Verhandlung trägt der Vertreter der Anklage zunächst die Anklage vor. Danach erhält die oder der Angeklagte Gelegenheit, sich zur Anklage zu erklären. Hierauf findet die Beweiserhebung statt. Zum Schluss werden die Vertreterin oder der Vertreter der Anklage mit ihrem oder seinem Antrag und die oder der Angeklagte mit seiner Verteidigung gehört. Die oder der Angeklagte hat das letzte Wort.
(1) Gegenstand der Urteilsfindung ist der in der Anklage bezeichnete Sachverhalt, wie er sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt.
(2) Das Urteil lautet auf Einstellung des Verfahrens, auf Freispruch oder auf Feststellung, dass die fortdauernde Innehabung von Mandat oder Mitgliedschaft in der Staatsregierung durch die oder den Angeklagten aus einem der Gründe des Artikels 118 Absatz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen als untragbar erscheint (Verurteilung).
(3) Die Einstellung des Verfahrens ist auszusprechen, wenn ein Verfahrenshindernis besteht.
(4) Wird die oder der Angeklagte freigesprochen, müssen die Urteilsgründe ergeben, ob sie oder er nicht überführt oder ob ihre oder seine Unschuld erwiesen ist.
(5) Wird die oder der Angeklagte verurteilt, müssen die Urteilsgründe die erwiesenen Tatsachen darlegen, aus denen sich die Erfüllung des Tatbestandes des Artikels 118 Absatz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen ergibt. Der Verfassungsgerichtshof hat der oder dem Angeklagten das Mandat oder das Amt abzuerkennen. Der Verfassungsgerichtshof kann die vollständige oder teilweise Entziehung der als Mitglied des Landtages oder der Staatsregierung erworbenen Versorgungsansprüche aussprechen. Der Verlust des Mandats oder der Mitgliedschaft in der Staatsregierung und die Entziehung von Versorgungsansprüchen treten mit der Verkündung des Urteils ein.
§ 44 Ausfertigungen des Urteils 24
Je eine Ausfertigung des Urteils mit vollständigen Entscheidungsgründen ist der oder dem Angeklagten, dem Landtag und der Staatsregierung zu übersenden.
Vierter Teil
Verzögerungsbeschwerde
§ 45 Anwendbare Vorschriften, Beschwerdekammer 17 24
(1) Soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, gelten die § § 97a bis 97e BVerfGG entsprechend. § 97e BVerfGG ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass in Satz 1 auf das Datum 14. März 2013 und in Satz 2 auf das Datum 14. Juni 2013 abzustellen ist.
(2) Über die Verzögerungsbeschwerde entscheidet die Beschwerdekammer, in die der Verfassungsgerichtshof drei seiner Mitglieder beruft. Die Präsidentin oder der Präsident kann nicht Mitglied der Beschwerdekammer sein.
(3) Die Mitglieder der Beschwerdekammer werden durch die übrigen Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes ohne Berücksichtigung der Stellvertreter vertreten. Das Nähere, insbesondere die Bestimmung des Vorsitzes und die Gewährleistung eines kontinuierlichen Nachrückens für ausscheidende Kammermitglieder sowie die Ausgestaltung der Vertretung, regelt die Geschäftsordnung.
Fünfter Teil
Schlussvorschriften
§ 46 Aufwandsentschädigung, Reisekostenvergütung, Unfallfürsorge 13a 17 23 24
(1) Die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes erhalten eine monatliche Aufwandsentschädigung. Die Präsidentin oder der Präsident und die Vizepräsidentin oder der Vizepräsident erhalten erhöhte Aufwandsentschädigungen. Die stellvertretenden Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes erhalten eine Aufwandsentschädigung für jeden Kalendermonat, in dem sie tätig geworden sind.
(2) Das Nähere über die Aufwandsentschädigungen regelt die Staatsregierung durch Rechtsverordnung.
(3) Die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes erhalten bei Dienstreisen Reisekostenvergütung nach der höchsten Klasse und Stufe des Sächsischen Reisekostengesetzes.
(4) Wird ein nicht berufsrichterliches Mitglied des Verfassungsgerichtshofes durch einen Dienstunfall verletzt, so wird ihm Unfallfürsorge in entsprechender Anwendung des § 32 Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 und der §§ 33 bis 38 des Sächsischen Beamtenversorgungsgesetzes vom 6. Juli 2023 (SächsGVBl. S. 467, 510), in der jeweils geltenden Fassung, gewährt.
§ 47 Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.
Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt und ist zu verkünden.
ENDE |