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Regelwerk; Störfall, Immissionsschutz

Seveso-II-Umsetzungsgesetz - Saarland
Gesetz Nr. 1470 zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfallen mit gefährlichen Stoffen

- Saarland -

Vom 4. April 2001
(Amtsbl. Nr. 26 vom 22.06.2001 S. 1031; 05.02.2003 S. 490; 15.02.2006 S. 474; 13.06.2018 S. 632 18 aufgehoben)



 Zur aktuellen Fassung

Der Landtag des Saarlandes hat folgendes Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:

§ 1 Zweck des Gesetzes

Dieses Gesetz dient der Umsetzung der "Richtlinie 96/82/EG des Rates vom 9. Dezember 1996 zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen" (ABl. EG 1997 Nr. L 10 S. 13).

§ 2 Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen

(1) Dieses Gesetz gilt für Betriebsbereiche, die nicht gewerblichen Zwecken dienen oder die nicht im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden und für die die Vorschriften der Zwölften Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Störfall-Verordnung - 12. BImSchV) vom 26. April 2000 (BGBl. I S. 603) nicht gelten. Es gilt nicht für die in Artikel 4 Buchstaben a bis f der Richtlinie 96/82/EG angeführten Einrichtungen, Gefahren, Tätigkeiten und Anlagen.

(2) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe in den in Artikel 2 der Richtlinie 96/82/EG bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden, vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, weil sie bei einem außer Kontrolle geratenen Verfahren anfallen können.. Der Betriebsbereich kann mehrere Anlagen, damit verbundene Infrastrukturen und Tätigkeiten einschließlich Lagerung im Sinne des Artikel 3 Nr. 8 der Richtlinie 96/82/EG umfassen. Bei der Berechnung der vorhandenen Gesamtmenge an gefährlichen Stoffen bleiben solche gefährlichen Stoffe unberücksichtigt, die nur in einer Menge von 2 Prozent der relevanten Grenzmenge vorhanden sind und sich an einem Ort befinden, an dem sie nicht als Auslöser eines schweren Unfalles an einem anderen Ort des Betriebes wirken können.

(3) Gefährliche Stoffe sind Stoffe, Gemische und Zubereitungen im Sinne des Artikel 3 Nr. 4 der Richtlinie 96/82/EG.

(4) Schwerer Unfall ist ein Ereignis im Sinne des Artikel 3 Nr. 5 der Richtlinie 96/82/EG.

(5) Anlage ist eine technische Einheit im Sinne des Artikel 3 Nr. 2 der Richtlinie 96/82/EG.

§ 3 Betreiberpflichten

(1) Für Betriebsbereiche, die die in Anhang I, Teil 1, Spalte 2 und Teil 2, Spalte 2 der Richtlinie 96/82/EG genannten Mengen erreichen oder überschreiten, gelten folgende Grundpflichten gemäß den §§ 3 bis 8 der Störfall-Verordnung entsprechend:

(2) Für Betriebsbereiche, die die in Anhang I Spalte 3 der Richtlinie 96/82/EG genannten Mengen erreichen oder überschreiten, gelten die folgenden erweiterten Pflichten gemäß den §§ 9 bis 12 der Störfall-Verordnung entsprechend:

Berichte oder Teile von Berichten, die nach anderen Rechtsvorschriften erstellt worden sind, können im Sicherheitsbericht berücksichtigt werden.

(3) Die zuständige Behörde kann im Einzelfall dem Betreiber eines Betriebsbereiches die erweiterten Pflichten auch dann auferlegen, wenn die in dem Betriebsbereich vorhandenen gefährlichen Stoffe nicht die in Absatz 2 genannten Mengenschwellen erreichen. Die zuständige Behörde kann im Einzelfall von Anforderungen an den Sicherheitsbericht befreien, wenn nachgewiesen wird, dass von den vorhandenen gefährlichen Stoffen keine Gefahr eines schweren Unfalles ausgehen kann.

§ 9 Abs. 6 der Störfall-Verordnung gilt entsprechend.

§ 4 Überwachung

(1) Die zuständige Behörde hat die Durchführung dieses Gesetzes planmäßig und systematisch zu überwachen. Ihr Überwachungssystem muss den Anforderungen des § 16 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Nr. 1 und 3 der Störfall-Verordnung entsprechen. Für Betriebsbereiche nach § 3 Abs. 2 ist von der zuständigen Behörde ein Überwachungsprogramm mit einem Überprüfungsintervall von längstens zwölf Monaten vorzusehen, es sei denn, sie erstellt auf Grund einer systematischen Bewertung der Gefahren von Störfällen ein Überwachungsprogramm mit anderen Inspektionsintervallen für den jeweiligen Betriebsbereich. Im Übrigen gilt § 52 Abs. 2, 5 bis 7 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Mai 1990 (BGBl. I S. 880), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. Oktober 1998 (BGBl. I S. 3178), in der jeweils geltenden Fassung entsprechend.

(2) Nach jeder Inspektion hat die zuständige Behörde einen Bericht zu erstellen und die Folgemaßnahmen der Inspektion innerhalb angemessener Frist zu überprüfen. Die Leitung des Betriebsbereiches soll an dieser Überprüfung teilnehmen. Die zuständige Behörde kann einen nach § 29a Abs. 1 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bekannt gegebenen Sachverständigen mit der Inspektion, der Erstellung des Berichts und der Überprüfung erforderlicher Folgemaßnahmen beauftragen.

Im Übrigen gilt § 16 Abs. 3 Satz 2 der Störfall-Verordnung entsprechend.

(3) Vor Inbetriebnahme eines Betriebsbereiches und nach einer Aktualisierung des Sicherheitsberichts gemäß Artikel 9 Abs. 5 der Richtlinie 96/82/EG hat die zuständige Behörde dem Betreiber die Ergebnisse ihrer Prüfung des Sicherheitsberichts, gegebenenfalls nach Anforderung zusätzlicher Informationen, innerhalb einer angemessenen Frist nach Eingang des Sicherheitsberichts mitzuteilen.

(4) Die zuständige Behörde hat gegenüber den Betreibern festzustellen, bei welchen Betriebsbereichen oder Gruppen von Betriebsbereichen auf Grund ihres Standorts, ihres gegenseitigen Abstands und der in ihren Anlagen vorhandenen gefährlichen Stoffe eine erhöhte Wahrscheinlichkeit oder Möglichkeit von schweren Unfällen bestehen kann oder diese schweren Unfälle wegen dem Domino-Effekt folgenschwerer sein können.

§ 5 Anordnungen im Einzelfall und Untersagung

(1) Die zuständige Behörde kann die zur Erfüllung der Betreiberpflichten erforderlichen Anordnungen treffen.

(2) Die zuständige Behörde kann nach Absatz 1 die Inbetriebnahme oder die Weiterführung von Anlagen ganz oder teilweise untersagen, wenn der Betreiber die nach § 3 vorgeschriebenen Mitteilungen, Berichte oder sonstigen Informationen nicht fristgerecht übermittelt.

(3) Die zuständige Behörde hat die Inbetriebnahme oder Weiterführung von Anlagen, die Betriebsbereich oder Teil eines Betriebsbereiches sind, ganz oder teilweise zu untersagen, so weit die von dem Betreiber getroffenen Maßnahmen zur Verhütung schwerer Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nr. 5 der Richtlinie 96/82/EG oder zur Begrenzung der Auswirkungen derartiger Unfälle eindeutig unzureichend sind.

(4) Erhält die zuständige Behörde Kenntnis von einem Ereignis, das die in Anhang VI der Richtlinie 96/82/EG genannten Kriterien erfüllt, hat sie die nach Artikel 14 Abs. 2 dieser Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen zu ergreifen.

§ 6 Meldeverfahren

(1) Wenn das Hoheitsgebiet anderer Staaten von den grenzüberschreitenden Auswirkungen eines schweren Unfalls in einem Betriebsbereich betroffen werden kann, hat die zuständige Behörde die ihr vom Betreiber eines Betriebsbereiches übermittelten Mehrausfertigungen der für die Erstellung externer Alarm- und Gefahrenabwehrpläne erforderlichen Informationen an die zuständigen Behörden der anderen Staaten weiterzuleiten.

(2) Die Mitteilungspflichten des Betreibers eines Betriebsbereiches bei Eintritt eines Ereignisses, das die Kriterien des Anhangs VI Teil 1 der Richtlinie 96/82/EG erfüllt, gemäß § 19 Abs. 1 und 2 der Störfall-Verordnung und die Unterrichtungspflicht gegenüber den Beschäftigten oder deren Personalvertretung gemäß § 19 Abs. 6 der Störfall-Verordnung gelten entsprechend.

(3) Die Mitteilungs- und Berichtspflichten der nach Landesrecht zuständigen Behörde gegenüber dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit gemäß den §§ 14 und 19 Abs. 4 und 5 der Störfall-Verordnung gelten entsprechend. Dies gilt auch für Unfälle oder "Beinaheunfälle", die keines der Kriterien des Anhangs VI Teil 1 der Richtlinie 96/82/EG erfüllen, wenn diese Ereignisse aus technischer Sicht im Hinblick auf die Verhütung und die Begrenzung ihrer Auswirkungen besonders bedeutsam sind.

§ 7 Zuständigkeiten

(1) Das Landesamt für Umwelt- und Arbeitsschutz ist zuständige Behörde im Sinne dieses Gesetzes.

(2) Das Landesamt für Umwelt- und Arbeitsschutz ist zuständige Behörde für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach § 8.

(3) Das Ministerium für Umwelt ist Fachaufsichtsbehörde.

§ 8 Ordnungswidrigkeiten

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

  1. entgegen § 3 Abs. 1 kein Verzeichnis der gefährlichen Stoffe erstellt, keine Unterlagen mit Informationen bereithält, deren Kenntnis für eine wirksame Gefahrenabwehr und Schadensbekämpfung erforderlich ist, das Verzeichnis nicht wöchentlich fortschreibt oder es nicht gesichert oder nicht kurzfristig verfügbar aufbewahrt,
  2. entgegen § 3 Abs. 1 nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig die Errichtung oder Änderung eines Betriebsbereiches anzeigt,
  3. entgegen § 3 Abs. 1 das Konzept zur Verhinderung von Störfällen nicht oder nicht rechtzeitig ausarbeitet, seine ordnungsgemäße Umsetzung nicht oder nicht rechtzeitig sicherstellt oder es für die zuständigen Behörden nicht verfügbar hält,
  4. entgegen § 3 Abs. 1 das Konzept nach Nummer 3 einschließlich der diesem Konzept zugrunde liegenden Managementsysteme sowie die Verfahren zu dessen Umsetzung nicht überprüft und nicht erforderlichenfalls aktualisiert,
  5. entgegen § 3 Abs. 2 den Sicherheitsbericht nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstellt, vorlegt, nicht überprüft oder erforderlichenfalls nicht aktualisiert,
  6. entgegen § 3 Abs. 2 interne Alarm- und Gefahrenabwehrpläne nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstellt, die Beschäftigten nicht unterrichtet, anhört oder nicht unterweist,
  7. entgegen § 3 Abs. 2 die internen Alarm- und Gefahrenabwehrpläne nicht überprüft, nicht erprobt und erforderlichenfalls nicht überarbeitet und auf den neuesten Stand bringt,
  8. entgegen § 3 Abs. 2 über die Sicherheitsmaßnahmen und das richtige Verhalten im Falle eines Störfalles nicht oder nicht richtig informiert, die Informationen nicht ständig der Öffentlichkeit zugänglich macht oder die Informationen, soweit sie zum Schutze der Öffentlichkeit bestimmt sind, nicht mit den für den Katastrophenschutz und die allgemeine Gefahrenabwehr zuständigen Behörden abstimmt,
  9. entgegen § 3 Abs. 2 die Informationen nach Nummer 8 nicht überprüft und erforderlichenfalls aktualisiert, wiederholt oder den Sicherheitsbericht nicht der Öffentlichkeit zugänglich macht,
  10. entgegen § 3 Abs. 2 nicht mit anderen Betreibern sachdienliche Informationen austauscht, nicht mit anderen Betreibern zwecks Information der Öffentlichkeit und Übermittlung von Angaben zusammenarbeitet oder der zuständigen Behörde nicht die notwendigen zusätzlichen Informationen liefert,
  11. entgegen § 3 Abs. 2 den anlagenbezogenen Sicherheitsbericht nicht, nicht richtig oder nicht vollständig erstellt, ihn nicht anpasst oder ihn nicht ergänzt,
  12. entgegen § 3 Abs. 2 auf Anforderung der zuständigen Behörde nicht eine jederzeit verfügbare und gegen Missbrauch geschützte Verbindung einrichtet, nicht eine Person oder Stelle mit der Begrenzung der Auswirkungen von Störfällen beauftragt oder diese Person oder Stelle nicht der zuständigen Behörde benennt,
  13. einer vollziehbaren Anordnung nach § 5 zuwiderhandelt oder
  14. entgegen § 6 Abs. 2 den Eintritt eines Störfalls oder einer Störung nicht oder nicht rechtzeitig mitteilt, die Mitteilung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig vorlegt oder nicht rechtzeitig ergänzt oder berichtigt.

(2) Die Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 kann mit einer Geldbuße bis zu 50.000 Euro geahndet werden.

§ 9 Verordnungsermächtigungen

(1) Die Landesregierung wird ermächtigt, zur Erfüllung von bindenden Beschlüssen der Europäischen Gemeinschaft durch Rechtsverordnung, abweichend von den Vorschriften des Gesetzes, Anforderungen an die Inbetriebnahme oder Weiterführung eines Betriebsbereiches, betreibereigene Überwachung und behördliche Überwachung zu treffen. Die Anforderungen müssen die Verhütung von schweren Unfällen und die Begrenzung der Auswirkungen derartiger Unfälle für Mensch und Umwelt betreffen.

(2) Die Landesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Betreiberpflichten, die Überwachung und das Meldeverfahren im Falle einer Aufhebung oder Änderung der in Bezug genommenen Vorschriften der Störfall-Verordnung zu regeln.

§ 10 In-Kraft-Treten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.

ENDE