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HVTG - Hessisches Vergabe- und Tariftreuegesetz
- Hessen -

Vom 19. Dezember 2014
(GVBl. Nr. 25 vom 30.12.2014 S. 354 Übergangsregelungen; 05.10.2017 S. 294 17; 12.07.2021 S. 338 aufgehoben)
Gl.-Nr.: 360-22



Zur aktuellen Fassung

Archiv HVTG 2013


Erster Teil
Allgemeine Vorschriften

§ 1 Anwendungsbereich 17

(1) Dieses Gesetz gilt für die Vergabe und Ausführung öffentlicher Aufträge des Landes Hessen sowie der Gemeinden und Gemeindeverbände und ihrer Eigenbetriebe, ihrer Anstalten des öffentlichen Rechts nach § 2c des Hessischen OFFENSIV-Gesetzes vom 20. Dezember 2004 (GVBl. I S. 488, 491), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. Juli 2015 (GVBl. S. 318), sowie kommunale Arbeitsgemeinschaften und Zweckverbände (öffentliche Auftraggeber) und von Auftraggebern im öffentlichen Personennahverkehr nach Abs. 2 (Besteller).

(2) Auftraggeber im öffentlichen Personennahverkehr sind

  1. die Aufgabenträger nach § 5 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr in Hessen vom 1. Dezember 2005 (GVBl. I S. 786), zuletzt geändert durch Gesetz vom 29. November 2012 (GVBl. S. 466),
  2. die kreisangehörigen Gemeinden nach § 5 Abs. 3 Satz 1 des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr in Hessen, die keine Aufgabenträger sind, aber nach § 14 des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr in Hessen freiwillig Aufgaben des öffentlichen Personennahverkehrs in eigener Verantwortung wahrnehmen,
  3. die Aufgabenträgerorganisationen nach § 2 Abs. 6 des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr in Hessen.

(3) Soweit nach diesem Gesetz Verpflichtungen bei der Angebotsabgabe und Durchführung von Leistungen nach Maßgabe des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr in Hessen begründet werden, gelten diese auch für selbst erbrachte Leistungen im öffentlichen Personennahverkehr und bei Direktvergaben nach Art. 5 Abs. 2, 4 und 6 sowie für wettbewerbliche Vergabeverfahren nach Art. 5 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates (ABl. EU Nr. L 315, S. 1).

(4) Für Vergaben von Bestellern nach Abs. 2 gelten nur Abs. 3 und die § § 4 bis 9, 18 sowie 22.

(5) Der Schwellenwert für Aufträge, ab welchem die Vergabeverfahren von diesem Gesetz erfasst werden, beträgt 10.000 Euro ohne Umsatzsteuer. Werden die Schwellenwerte für die Vergabe von Aufträgen nach § 106 Abs. 1 Satz 1des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Juni 2013 (BGBl. I S. 1750, 3245), zuletzt geändert durch Gesetz vom 27. August 2017 (BGBl. I S. 3295), erreicht oder überschritten, finden § 10 Abs. 1 bis 6, § 11 Abs. 2 und 3 sowie die § § 15 und 20 keine Anwendung.

(6) Liegt der Schwellenwert eines Auftrags unterhalb von 10.000 Euro, sind die in den § § 4 und 6 genannten Verpflichtungen bezüglich Tariftreue und Mindestlohn einzuhalten. Auf die entsprechenden Nachweise kann verzichtet werden. Die Vergabe und Ausführung öffentlicher Aufträge unterhalb von 10.000 Euro können unbeschadet des Haushaltsrechtes durch Verwaltungsvorschrift gesondert geregelt werden.

(7) Diesem Gesetz entgegenstehende Vorgaben für Vergabeverfahren nach dem Recht der Europäischen Union, nach Bundesrecht sowie für im Auftrag des Bundes, der Stationierungsstreitkräfte sowie internationaler und supranationaler Stellen durchzuführende Vergabeverfahren bleiben unberührt.

(8) Die durch Verwaltungsvorschriften zum Haushaltsrecht des Landes und Bekanntmachungen nach dem Gemeindehaushaltsrecht eingeführten Ausführungsvorschriften und Vergabe- und Vertragsordnungen, Teil A, Abschnitt 1, bleiben unberührt, soweit deren Vorschriften diesem Gesetz nicht widersprechen.

§ 2 Allgemeine Grundsätze, Verfahren 17

(1) Öffentliche Aufträge sind in transparenten und wettbewerblich fairen Verfahren durchzuführen. Sie sind nur an fachkundige, leistungsfähige, gesetzestreue und zuverlässige (geeignete) Unternehmen zu angemessenen Preisen in nicht diskriminierenden, gleichbehandelnden Verfahren zu vergeben.

(2) Bei den Beschaffungen des Landes sind grundsätzlich die Aspekte einer nachhaltigen Entwicklung in Bezug auf den Beschaffungsgegenstand und dessen Auswirkungen auf das ökologische, soziale und wirtschaftliche Gefüge zu berücksichtigen. Die Gemeinden und Gemeindeverbände und ihre Eigenbetriebe können eine nachhaltige Entwicklung bei ihren Beschaffungsmaßnahmen und die dazu erlassenen Richtlinien berücksichtigen.

(3) Den Unternehmen steht es frei, sich an Teilnahmewettbewerben, Interessenbekundungsverfahren oder Vergabeverfahren zu beteiligen. Eine Nichtbeteiligung trotz Aufforderung zur Abgabe einer Bewerbung oder eines Angebots rechtfertigt keine Nichtberücksichtigung bei weiteren Vergabeverfahren.

(4) Die Bevorzugung ortsansässiger oder in der Region ansässiger Unternehmen ist unzulässig.

(5) Die Berechnung der Auftragswerte bestimmt sich in allen Vergabeverfahren nach § 3 der Vergabeverordnung vom 12. April 2016 (BGBl. I S. 624), geändert durch Gesetz vom 18. Juli 2017 (BGBl. I S. 2745), in der jeweils geltenden Fassung und erfolgt ohne Berücksichtigung der Umsatzsteuer.

(6) Die Vergabeverfahren sind fortlaufend und vollständig zu dokumentieren. Entscheidungen sind zu begründen. Die Berücksichtigung mittelständischer Interessen ist besonders aktenkundig zu machen.

§ 3 Soziale, ökologische und innovative Anforderungen, Nachhaltigkeit

(1) Den öffentlichen Auftraggebern steht es bei der Auftragsvergabe frei, soziale, ökologische, umweltbezogene und innovative Anforderungen zu berücksichtigen, wenn diese mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung stehen oder Aspekte des Produktionsprozesses betreffen und sich aus der Leistungsbeschreibung ergeben. Diese Anforderungen sowie alle anderen Zuschlagskriterien und deren Gewichtung müssen in der Bekanntmachung und in den Vergabeunterlagen genannt werden.

(2) Als soziale, ökologische, umweltbezogene und innovative Anforderungen im Sinne des Abs. 1 können von den Unternehmen gefordert werden:

  1. die Berücksichtigung der Erstausbildung,
  2. die Berücksichtigung der Chancengleichheit bei Aus- und Fortbildung sowie im beruflichen Aufstieg,
  3. die Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen,
  4. die besondere Förderung von Frauen,
  5. die besondere Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf,
  6. die besondere Förderung von Menschen mit Behinderung,
  7. die Verwendung von fair gehandelten Produkten,
  8. ökologisch nachhaltige Produkte und
  9. innovativ orientierte Produkte und Dienstleistungen.

(3) Als ökologische Anforderungen im Sinne des Abs. 2 Nr. 7 und 8 kann die Einhaltung von Bedingungen bezüglich des Umweltmanagements und bezüglich der Umwelteigenschaften der zu beschaffenden Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen gefordert werden, wenn

  1. das Umweltmanagement nach dem europäischen Umweltmanagement (EMAS) oder vergleichbaren, von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union anzuerkennenden Normen oder Umweltmanagementsystemen zertifiziert ist,
  2. die zu beschaffenden Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen mit geeigneten Umweltgütezeichen ausgezeichnet sind (Umwelteigenschaft).

(4) Geeignet sind Gütezeichen im Sinne des Abs. 3 Nr. 2,

  1. die lediglich Kriterien betreffen, die mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung stehen,
  2. die auf objektiv nachprüfbaren und nicht diskriminierenden Kriterien basieren,
  3. die im Rahmen eines offenen und transparenten Verfahrens eingeführt wurden, an dem alle relevanten interessierten Kreise teilnehmen durften,
  4. die für alle Betroffenen zugänglich sind und
  5. deren Anforderungen von einem Dritten festgelegt wurden, auf den das Unternehmen, welches das Gütezeichen beantragt, keinen maßgeblichen Einfluss ausüben konnte.

(5) Andere Gütezeichen oder Nachweise, die bestätigen, dass die Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen die Anforderungen des geforderten Gütezeichens erfüllen, sind dem Gütezeichen gleichgestellt.

(6) Hatte ein Unternehmen aus Gründen, die ihm nicht angelastet werden können, nachweislich keine Möglichkeit, das vom öffentlichen Auftraggeber oder Besteller angegebene oder ein gleichwertiges Gütezeichen innerhalb der einschlägigen Fristen zu erlangen, so muss der öffentliche Auftraggeber oder Besteller andere geeignete Nachweise akzeptieren, zu denen auch ein technisches Dossier des Herstellers gehören kann, sofern das betreffende Unternehmen nachweist, dass die von ihm zu erbringenden Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen die Anforderungen des spezifischen Gütezeichens oder die vom öffentlichen Auftraggeber oder Besteller angegebenen spezifischen Anforderungen erfüllen.

Zweiter Teil
Tariftreue, Mindestentgelte

§ 4 Tariftreuepflicht 17

(1) Unternehmen sind verpflichtet, die für sie geltenden gesetzlichen, aufgrund eines Gesetzes festgesetzten und unmittelbar geltenden tarifvertraglichen Leistungen zu gewähren. Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass gegen diese Regelung verstoßen wird, ist auf Anforderung dem öffentlichen Auftraggeber oder dem Besteller die Einhaltung dieser Verpflichtung nachzuweisen.

(2) Leistungen, die vom Arbeitnehmer-Entsendegesetz vom 20. April 2009 (BGBl. I S. 799), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Juli 2017 (BGBl. I S. 2739), erfasst werden, dürfen insbesondere nur an Unternehmen vergeben werden, die sich bei Angebotsabgabe in Textform verpflichten, ihren Beschäftigten bei der Ausführung der Leistung diejenigen Arbeitsbedingungen einschließlich des Entgelts zu gewähren, die nach Art und Höhe mindestens den Vorgaben desjenigen Tarifvertrages entsprechen, an den das Unternehmen aufgrund des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes gebunden ist.

(3) Leistungen, die von dem Mindestlohngesetz vom 11. August 2014 (BGBl. I S. 1348), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Juli 2017 (BGBl. I S. 2739), erfasst werden, dürfen nur an Unternehmen vergeben werden, die sich bei Angebotsabgabe in Textform verpflichten, ihren Beschäftigten bei der Ausführung der Leistung ein Entgelt zu zahlen, das den Vorgaben des Mindestlohngesetzes entspricht.

(4) Öffentliche Aufträge über Verkehrsdienstleistungen und freigestellte Schülerverkehre von Bestellern nach § 1 Abs. 2 dürfen nur an Unternehmen vergeben werden, die sich bei der Angebotsabgabe in Textform verpflichten,

  1. ihren Beschäftigten (ohne Auszubildende) das bei Angebotsabgabe maßgebliche Entgelt zu zahlen, das insgesamt mindestens dem in Hessen für diese Leistungen in einem der einschlägigen und repräsentativen mit einer tariffähigen Gewerkschaft vereinbarten Tarifverträge vorgesehenen Entgelt nach den tarifvertraglich festgelegten Vorschriften, einschließlich der Aufwendungen für die Altersversorgung und der für entgeltrelevant erklärten Bestandteile dieser Tarifverträge, entspricht, und
  2. während der Ausführung der Leistung Erhöhungen der Entgelte und der entgeltrelevanten Bestandteile entsprechend dem Tarifvertrag nach Nr. 1 vorzunehmen.

(5) Bei Ausschreibungen von Verkehrsdienstleistungen, die die Grenze des Landes Hessen überschreiten, können die Tarifverträge nach Abs. 4 Nr. 1 oder vergleichbare Tarifverträge des betroffenen Landes zugrunde gelegt werden.

(6) Das für das Tarifwesen zuständige Ministerium gibt im Einvernehmen mit dem für den öffentlichen Personennahverkehr zuständigen Ministerium die nach Abs. 4 und 5 anzuwendenden Tarifverträge sowie die für entgeltrelevant erklärten Bestandteile dieser Tarifverträge bekannt. Die anzuwendenden Tarifverträge und Lohnzuschläge sind im Staatsanzeiger für das Land Hessen und der Hessischen Ausschreibungsdatenbank (HAD) bekannt zu machen. Soweit der vollständige maßgebliche Text anderweitig in elektronischer Form allgemein zugänglich ist, ist ein Hinweis mit der Angabe der Internetseite zugelassen.

(7) Die Feststellung der nach Abs. 4 bis 6 maßgeblichen Tarifverträge und deren entgeltrelevanter Bestandteile erfolgt durch den bei dem für das Tarifwesen zuständigen Ministerium einzurichtenden Beirat. Das für das Tarifwesen zuständige Ministerium kann im Einvernehmen mit dem für den öffentlichen Personenverkehr zuständigen Ministerium durch Rechtsverordnung das Nähere über die Mitglieder, die Bestellung, die Amtsdauer, Amtsführung, das Verfahren und die Geschäftsführung des Beirats bestimmen. Die nach Satz 1 festgestellten Tarifverträge und deren entgeltrelevanten Bestandteile sind von den Bestellern bei der Bekanntmachung vorzugeben. Bei mehreren festgestellten Tarifverträgen darf die Wahlmöglichkeit des sich bewerbenden Unternehmens durch den Besteller nicht beschränkt werden.

§ 5 Betreiberwechsel

Wird in einem Vergabeverfahren im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs ein anderes Unternehmen (Betreiber) als das bisherige beauftragt und will der Besteller auf der Grundlage von Art. 4 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1370/ 2007 - unbeschadet des § 613a des Bürgerlichen Gesetzbuches - den neuen Betreiber verpflichten, die Beschäftigten, die zuvor zur Erbringung der Dienste eingestellt worden waren, zu den bisherigen Arbeitsbedingungen zu übernehmen, ist der frühere Betreiber verpflichtet, dem Besteller auf Anforderung innerhalb von sechs Wochen in Textform Informationen zur Verfügung zu stellen, aus denen sich die Bedingungen der Beschäftigungsverhältnisse ergeben.

§ 6 Mindestentgelt

Bewerber und Bieter haben die Einhaltung der nach Bundesrecht oder aufgrund von Bundesrecht für sie geltenden Regelungen von besonders festgesetzten Mindestentgelten (Mindestlohn) als Mindeststandard bei der Bewerbung und im Angebot in Textform besonders zu erklären. Die Erklärung nach Satz 1 kann entfallen, soweit sie in einem Präqualifikationsregister hinterlegt ist. Diese Erklärung ist auch von Nachunternehmen und Verleihunternehmen in Textform abzugeben. Satz 1 gilt nicht, soweit nach § 4 Tariftreue gefordert werden kann und die danach maßgebliche tarifliche Regelung für die Beschäftigten günstiger ist als die für sie nach Bundesrecht geltenden Bestimmungen.

§ 7 Tariftreue- und sonstige Verpflichtungserklärungen

(1) Die öffentlichen Auftraggeber oder Besteller weisen in der Bekanntmachung und in den Vergabeunterlagen darauf hin, dass die Bieter sowie deren Nachunternehmen und Verleihunternehmen (§ 8 Abs. 1), soweit diese bereits bei Angebotsabgabe bekannt sind, die erforderlichen Verpflichtungserklärungen nach § 4 Abs. 1 bis 5 (Tariftreueerklärung), § 6 (Mindestentgelterklärung) und § 8 Abs. 2 abzugeben haben. § 13 ist zu beachten.

(2) In der HAD werden Muster für die Abgabe der Tariftreue- und sonstigen Verpflichtungserklärungen bekannt gegeben. Diese sind zu verwenden. Die Gemeinden und Gemeindeverbände und ihre Eigenbetriebe und die Besteller können die Muster verwenden.

(3) Fehlt eine nach Abs. 1 geforderte Tariftreue- oder sonstige Verpflichtungserklärung bei Angebotsabgabe und wird sie auch nach Aufforderung des öffentlichen Auftraggebers oder Bestellers nicht innerhalb einer von diesem zu bestimmenden angemessenen Frist vorgelegt, so ist das Angebot von der weiteren Wertung auszuschließen.

§ 8 Nachunternehmen, Verleihunternehmen

(1) Die Unternehmen haben ihre Nachunternehmen sowie Unternehmen, die ihnen Arbeitskräfte überlassen (Verleihunternehmen), sorgfältig auszuwählen.

(2) Für den Fall der Ausführung vertraglich übernommener Leistungen durch Nachunternehmen hat sich das Unternehmen zu verpflichten, die Erfüllung der Verpflichtungen nach den § § 4 und 6 durch die Nachunternehmen sicherzustellen und dem öffentlichen Auftraggeber Tariftreue- und sonstige Verpflichtungs- sowie Mindestentgelterklärungen der Nachunternehmen nach Auftragserteilung, spätestens vor Beginn der Ausführung der Leistung durch das Nachunternehmen, vorzulegen. Gleiches gilt, wenn das Unternehmen oder ein beauftragtes Nachunternehmen zur Ausführung des Auftrags Arbeitskräfte eines Verleihunternehmens einsetzt. Satz 1 und 2 gelten entsprechend für alle weiteren Nachunternehmen und Verleihunternehmen. Auf die Verpflichtung zur Vorlage von Tariftreue- und sonstige Verpflichtungs- sowie Mindestentgelterklärungen kann verzichtet werden, wenn das Auftragsvolumen eines Nachunternehmens oder Verleihunternehmens weniger als 10.000 Euro ohne Umsatzsteuer beträgt.

(3) Nachunternehmen und Verleihunternehmen haben die für sie geltenden Pflichten nach Abs. 2 in eigener Verantwortung zu erfüllen. Bei Verstößen ist der öffentliche Auftraggeber oder Besteller berechtigt, unbeschadet anderer Rechte nach Maßgabe des § 18 zu verfahren.

§ 9 Nachweise und Kontrollen

(1) Die beauftragten Unternehmen sowie ihre Nachunternehmen und Verleihunternehmen sind verpflichtet, dem öffentlichen Auftraggeber oder dem Besteller die Einhaltung der Verpflichtungen

nach den § § 4 und 6 auf dessen Verlangen jederzeit nachzuweisen. Die öffentlichen Auftraggeber oder Besteller dürfen zu diesem Zweck angekündigt oder unangekündigt in erforderlichem Umfang anlassbezogen Einsicht in die Entgeltabrechnungen und anderen Geschäftsunterlagen der beauftragten Unternehmen sowie aller weiteren Nachunternehmen und Verleihunternehmen nehmen, aus denen Umfang, Art und Dauer von Beschäftigungsverhältnissen sowie die tatsächliche Entlohnung von Beschäftigten hervorgehen oder abgeleitet werden können. Die öffentlichen Auftraggeber oder Besteller können hierzu auch Auskunft verlangen. Die beauftragten Unternehmen sowie alle Nachunternehmen und Verleihunternehmen haben ihre Beschäftigten auf die Möglichkeit solcher Kontrollen hinzuweisen. Die öffentlichen Auftraggeber oder Besteller verpflichten den Auftragnehmer vertraglich, ihnen ein entsprechendes Auskunfts- und Prüfungsrecht auch bei der Beauftragung von Nachunternehmen und Verleihunternehmen einräumen zu lassen.

(2) Die beauftragten Unternehmen sowie alle Nachunternehmen und Verleihunternehmen haben vollständige und prüffähige Unterlagen nach Abs. 1 über die eingesetzten Beschäftigten bereitzuhalten. Auf Verlangen des öffentlichen Auftraggebers oder des Bestellers sind ihm diese Unterlagen vorzulegen und als Kopie oder elektronisch zur Verfügung zu stellen. Die öffentlichen Auftraggeber oder Besteller verpflichten den Auftragnehmer vertraglich, die Einhaltung dieser Pflicht durch alle beauftragten Nachunternehmen und Verleihunternehmen vertraglich sicherzustellen. Der öffentliche Auftraggeber oder Besteller darf die ihm als Kopie oder elektronisch zur Verfügung gestellten Unterlagen nur zu dem Zweck nach Abs. 1 nutzen; er darf sie höchstens bis zu einem Jahr nach Erfüllung des Vertrags mit dem beauftragten Unternehmen aufbewahren.

(3) Die Bestimmungen der Abs. 1 und 2 sind in die Vertragsbedingungen aufzunehmen.

Dritter Teil
Verfahren

§ 10 Vergabearten 17

(1) Beschaffungen unterhalb der nach § 106 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen festgelegten
Schwellenwerte werden in Öffentlicher Ausschreibung oder in Beschränkter Ausschreibung oder Freihändiger Vergabe mit und ohne Interessenbekundungsverfahren durchgeführt.

(2) Die Vergabe von Aufträgen erfolgt in Öffentlicher Ausschreibung. Soweit die Auftragswerte nicht die in § 15 genannten Vergabefreigrenzen erreichen oder über schreiten, oder in begründeten Ausnahmefällen ist eine Beschränkte Ausschreibung oder eine Freihändige Vergabe zulässig. Satz 1 gilt nicht für Aufträge nach § 1 der Sektorenverordnung vom 12. April 2016 (BGBl. I S. 624, 657), geändert durch Gesetz vom 18. Juli 2017 (BGBl. I S. 2745).

(3) Bei Öffentlicher Ausschreibung wird eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmen öffentlich und bei Beschränkter Ausschreibung werden zuvor ausgewählte geeignete Unternehmen zur Abgabe von bindenden Angeboten nach Maßgabe einer Leistungsbeschreibung aufgefordert. Bei Freihändiger Vergabe werden mit mehreren oder wird in besonderen Ausnahmefällen nur mit einem geeigneten Unternehmen über den Gegenstand und die Bedingungen des Auftrags verhandelt.

(4) Interessenbekundungsverfahren sind vereinfachte Teilnahmewettbewerbe zur Auswahl von Bewerbern bei Beschränkter Ausschreibung und Freihändiger Vergabe. Hierzu sind Unternehmen aufzufordern, sich nach Maßgabe der in der Bekanntmachung veröffentlichten Bedingungen um die Berücksichtigung bei der Auswahl der aufzufordernden Unternehmen im Vergabeverfahren formlos zu bewerben. Förmliche Teilnahmewettbewerbe bleiben davon unberührt.

(5) Vor Beschränkter Ausschreibung und Freihändiger Vergabe ist ein Interessenbekundungsverfahren ab einem geschätzten Auftragswert bei

  1. Bauleistungen ab 100000 Euro je Gewerk (Fachlos),
  2. Lieferungen ab 50000 Euro je Auftrag,
  3. und Dienstleistungen ab 50.000 Euro je Auftrag

durchzuführen. Werden mehrere Gewerke (Fachlose) ausnahmsweise nach § 12 Abs. 1 Satz 3 zusammengefasst, erhöht sich der in Satz 1 Nr. 1 genannte Wert nicht. Satz 1 Nr. 3 gilt nicht bei Rechtsdienstleistungen. Von einem Interessenbekundungsverfahren kann abgesehen werden, wenn

  1. die Lieferung oder Leistung aus technischen oder künstlerischen Gründen oder aufgrund des Schutzes von Ausschließlichkeitsrechten nur von einem bestimmten Unternehmen ausgeführt werden kann oder
  2. wegen der Dringlichkeit der Lieferung oder Leistung aus zwingenden Gründen infolge von Ereignissen, die der öffentliche Auftraggeber nicht verursacht hat und nicht voraussehen konnte, die Durchführung des Interessenbekundungsverfahrens unzweckmäßig ist oder
  3. es aus Gründen der Geheimhaltung erforderlich ist.

(6) Beschaffungsmaßnahmen für innovative Produkte und Leistungen, für die vertragliche Spezifikationen nicht hinreichend genau festgelegt werden können, sollen im Rahmen einer Freihändigen Vergabe EU-weit bekannt gemacht werden. Die Verpflichtung nach § 11 Abs. 1 bleibt unberührt.

(7) Die Durchführung der Vergabearten bestimmt sich im Übrigen unbeschadet des Rechts der Europäischen Union und der § § 97 ff. des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen eigenständig nach den für die öffentlichen Auftraggeber nach Haushaltsrecht eingeführten Vergabevorschriften.

(8) Das für das öffentliche Auftragswesen zuständige Ministerium erarbeitet im Einvernehmen mit dem für das Haushaltswesen zuständigen Ministerium und dem für kommunale Angelegenheiten zuständigen Ministerium einheitliche Muster für Vergabeverfahren. Die Muster sind vor der verbindlichen Einführung für die Beschaffungsstellen des Landes mit den übrigen Ressorts zu erörtern. Den Gemeinden und Gemeindeverbänden wird die Einführung der Muster empfohlen.

§ 11 Bekanntmachung, Wettbewerb

(1) Alle nationalen und EU-weiten Bekanntmachungen im Rahmen von Vergaben öffentlicher Aufträge nach dem Recht der Europäischen Union und Ausschreibungen nach § 9 des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr sind in der HAD zu veröffentlichen (Pflichtbekanntmachung). Die Veröffentlichung und Einsichtnahme in die Bekanntmachungen sind kostenfrei. Eine weitere Bekanntmachung in anderen Medien bleibt unberührt.

(2) Wenn kein Teilnahmewettbewerb durchgeführt wird, ist zur Beschränkten Ausschreibung und Freihändigen Vergabe nur zuzulassen, wessen Eignung vorab festgestellt wurde. Geeignet ist, wer die allgemeinen Anforderungen nach § 2 Abs. 1 und besonders aufgestellte auftragsbezogene Anforderungen erfüllt.

(3) Wenn kein Teilnahmewettbewerb durchgeführt wird, soll bei Beschränkter Ausschreibung und Freihändiger Vergabe die Aufforderung zur Angebotsabgabe nicht auf ein oder immer dieselben Unternehmen beschränkt werden, sondern es ist unter mehreren geeigneten Unternehmen zu streuen. Es sind mindestens fünf geeignete Unternehmen zur Angebotsabgabe aufzufordern; dabei sollen mindestens zwei Unternehmen, bei weniger als vier geeigneten Unternehmen soll möglichst ein Unternehmen nicht am Ort der Ausführung der Beschaffung ansässig sein. Soweit Unternehmen vom öffentlichen Auftraggeber oder vom Besteller bereits ausgewählt sind, sich am Vergabeverfahren zu beteiligen, ist die Anzahl der ausgewählten Unternehmen, nicht aber deren Name und deren Betriebssitz in der Bekanntmachung anzugeben.

§ 12 Fördergrundsätze

(1) Die Interessen der Unternehmen, die nach § 2 Abs. 1 des Hessischen Mittelstandsförderungsgesetzes vom 25. März 2013 (GVBl. S. 119) zur mittelständischen Wirtschaft zählen, sind bei der Angebotsaufforderung vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sollen primär in Losen, in der Menge aufgeteilt (Teillose) und/oder getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose), eigenständig ausgeschrieben und vergeben werden. Lose dürfen in einem Vergabeverfahren nur zusammengefasst werden, soweit wirtschaftliche oder technische Gründe das erfordern. Ausreichende Bewerbungs- und Angebotsfristen sind zu gewähren.

(2) Bieter- und Bewerbergemeinschaften sind zuzulassen, es sei denn, wettbewerbsbeschränkende Gründe stehen dem entgegen. Die Bildung von Bieter- und Bewerbergemeinschaften darf nicht durch Verfahrens- und Vertragsbedingungen behindert werden.

(3) Bietergemeinschaften haben in den Angeboten die Mitglieder sowie eines ihrer Mitglieder als bevollmächtigte Vertreterin oder bevollmächtigten Vertreter für den Abschluss und die Durchführung des Vertrages zu benennen. Fehlen diese Angaben im Angebot, sind sie vor dem Zuschlag beizubringen.

(4) Hauptauftragnehmer sind verpflichtet, auf Verlangen des öffentlichen Auftraggebers oder des Bestellers im Angebot oder spätestens vor Beginn der Auftragsausführung die geeigneten Nachunternehmen und Verleihunternehmen zu benennen und die Zustimmung des öffentlichen Auftraggebers oder Bestellers einzuholen.

§ 13 Nachweis der Eignung, Präqualifikation 17

(1) Eignungsnachweise der Unternehmen dürfen nur gefordert werden, soweit dies durch den Gegenstand des Auftrags gerechtfertigt ist und sie in der Bekanntmachung und den Vergabeunterlagen bezeichnet sind. Eigenerklärungen sind grundsätzlich ausreichend. Eignungsnachweise sind auf begründete Einzelfälle zu beschränken; die Gründe sind aktenkundig zu machen. Die Nachweise können in Textform erbracht werden. Die Möglichkeit, vor Auftragserteilung in Textform ausgestellte Nachweise von den ausgewählten Bietern zu verlangen, kann in den Vergabeunterlagen vorbehalten werden, soweit sie im Einzelnen benannt sind.

(2) Sind zu der Eigenschaft als mittleres oder kleines Unternehmen oder als Kleinstunternehmen nach § 2 Abs. 1 des Hessischen Mittelstandsförderungsgesetzes oder zu der Eignung als auftragnehmendes Unternehmen Nachweise zu führen und sind diese

  1. in einem anerkannten Register eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines nach dem Recht der Europäischen Union gleichgestellten Vertragsstaates oder
  2. in einem Präqualifikationsregister der Auftragsberatungsstelle Hessen e. V., der DIHK Service GmbH, des Vereins für Präqualifikation von Bauunternehmen e. V. oder vergleichbarer Stellen oder
  3. in einem anderen Bundesland oder bei einem öffentlichen Auftraggeber nach § 100 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zugänglichen Register

hinterlegt und nicht älter als ein Jahr, genügt ein Nachweis aus solchen Registern. Soweit Nachweise nach diesem Absatz in dem zugelassenen Register nicht enthalten sind, kann der Nachweis gesondert einzeln oder nach einem anderen Register geführt werden.

§ 14 Öffentlichprivate Partnerschaften

(1) Vergaben in öffentlichprivater Partnerschaft sind nur bei einem nachgewiesenen Wirtschaftlichkeitsvorteil für das Land zulässig. Das gilt auch für die Gemeinden und Gemeindeverbände und ihre Eigenbetriebe nach Maßgabe deren Haushaltsrechts. Vergaben in öffentlichprivater Partnerschaft sind so zu planen, dass mittelständische Unternehmen sich an dem Projekt beteiligen können. Die Zusammenfassung selbstständiger Objekte ist unzulässig, es sei denn, Gründe der Wirtschaftlichkeit erfordern eine Zusammenfassung.

(2) Die Möglichkeiten einer eigenständigen Vergabe städtebaulicher Leistungen und von Architekturleistungen sowie die Beteiligung mittelständischer Unternehmen sind vor Einleitung des Vergabeverfahrens zu prüfen.

(3) Zuzulassen ist, dass mittelständische Unternehmen aus der Projekt- oder Betriebsgesellschaft ausscheiden können. Die Gründe, warum ein vorzeitiges Ausscheiden nicht möglich ist, sind in den Vergabeunterlagen anzugeben.

(4) Zulässig ist die Veräußerung von Vergütungsforderungen des Auftragnehmers gegen den öffentlichen Auftraggeber oder Besteller. Der öffentliche Auftraggeber oder Besteller kann auf Verlangen entweder einen Verzicht auf die Geltendmachung von Einreden wegen Nichterfüllung erklären oder ein schuldbestätigendes oder selbstständiges Anerkenntnis gegenüber dem Erwerber der Forderung abgeben und hat dann das vereinbarte Entgelt bedingungslos an den Erwerber der Forderung zu zahlen.

(5) Für die nach Haushaltsrecht durchzuführende Wirtschaftlichkeitsuntersuchung (Wirtschaftlichkeitsberechnung) sind insbesondere

  1. Beschaffungs-, Investitions- und Finanzierungskosten,
  2. Jahresmiete, Betriebskosten, Unterhaltungskosten,
  3. sonstige Kosten der Nutzungszeit und deren Beendigung und
  4. Kosten technischer und städtebaulicher Leistungen sowie der Architektur

auszuweisen.

(6) Bei der Wertung der Angebote ist als weiteres Bewertungskriterium die regionale Wertschöpfung durch die Beteiligung mittelständischer Unternehmen in den Vergabeunterlagen abzufragen und bei der Wertung angemessen zu gewichten.

(7) Das für das Haushaltswesen zuständige Ministerium hat für die Wirtschaftlichkeitsberechnung nach Abs. 5 einheitliche Standards und Rechenmodelle bekannt zu geben, die für Landesbehörden verbindlich sind. Für kommunale Projekte können diese Standards und Rechenmodelle entsprechend angewendet werden.

§ 15 Vergabefreigrenzen

(1) Eine Beschränkte Ausschreibung oder Freihändige Vergabe ist ohne Vorliegen der nach den Vergabe- und Vertragsordnungen dafür erforderlichen Voraussetzungen zulässig, wenn folgende Auftragswerte (Vergabefreigrenzen) nicht erreicht werden:

  1. Bauleistungen je Gewerk (Fachlos):
    1. bei Beschränkter Ausschreibung 1 Million Euro,
    2. bei Freihändiger Vergabe 100.000 Euro,
  2. Lieferungen und Leistungen je Auftrag:
    1. bei Beschränkter Ausschreibung 207.000 Euro,
    2. bei Freihändiger Vergabe 100.000 Euro,

    soweit das Recht der Europäischen Union dem nicht entgegensteht. Werden mehrere Gewerke (Fachlose) ausnahmsweise nach § 12 Abs. 1 Satz 3 zusammengefasst, erhöhen sich die in Satz 1 Nr. 1 genannten Werte nicht.

(2) Zur Vermeidung und Verfolgung gesetzwidriger Praktiken bei Vergabeverfahren nach Abs. 1 sind eine sorgfältige Überwachung durchzuführen und eine ausführliche und nachvollziehbare Dokumentation vorzunehmen, die mindestens die folgenden Angaben enthält:

  1. Bedarfs- und Beschaffungsstelle,
  2. Auftrag,
  3. Vergabeart,
  4. aufgeforderte Bewerber und Bieter (Name, Firma, Ort),
  5. Auftragnehmer (Name, Firma, Ort) mit Begründung der Zuschlagsentscheidung,
  6. alle Angebote,
  7. Übersicht aller nachgerechneten Angebotspreise (Preisspiegel),
  8. abgeschlossener Vertragspreis,
  9. abgerechnetes Entgelt einschließlich Nachträge,
  10. die für das Vergabeverfahren, die Vergabeentscheidung und Abnahme zuständige Person oder zuständigen Personen.

(3) Bei der Vergabe eines Auftrags ab einem Auftragswert von 15.000 Euro ohne Umsatzsteuer gibt der öffentliche Auftraggeber oder Besteller bei Beschränkten Ausschreibungen ohne Interessenbekundungsverfahren und bei Freihändigen Vergaben ohne Interessenbekundungsverfahren für drei Monate seinen Namen und Anschrift, den Namen des Auftragnehmers, den Auftragsgegenstand und bei Bauleistungen den Ort der Ausführung in der HAD bekannt. Dies gilt nicht bei Vergabeverfahren, die der Geheimhaltung unterliegen. Soweit es sich bei dem beauftragten Unternehmen um eine natürliche Person handelt, ist deren Einwilligung einzuholen oder die Angabe des Namens zu anonymisieren.

(4) Die Beschaffung und anschließende Auftragsausführung sollen durch eine von der Vergabestelle unabhängige Stelle wenigstens stichprobenweise kontrolliert und ausführlich dokumentiert werden. Andere geeignete Kontrollverfahren bleiben freigestellt. Alle Nachweise nach Abs. 2 und der Kontrollmaßnahmen sind mindestens zehn Jahre nach Abschluss der Beschaffung aufzubewahren, um eine nachträgliche Prüfung zu ermöglichen. Personenbezogene Daten sind danach zu löschen.

§ 16 Urkalkulation, Zwei-Umschlagsverfahren

(1) Bei einem geschätzten Auftragswert für

  1. Bauleistungen ab 50.000 Euro,
  2. Lieferungen und Leistungen ab 20.000 Euro

sind Bieter mit einem auffällig niedrigen Angebot, welches den Zuschlag erhalten soll, aufzufordern, in einem gesonderten verschlossenen Umschlag die Urkalkulation des Angebots einzureichen. Dieser Umschlag darf nur zur Ermittlung der Angemessenheit eines auffällig niedrigen Angebots in Anwesenheit des Bieters oder Auftragnehmers geöffnet werden. Die Daten sind vertraulich zu behandeln und danach wieder verschlossen zu den Vergabeakten zu nehmen.

(2) Öffentliche Auftraggeber oder Besteller können unabhängig von Abs. 1 Satz 1 von Bietern verlangen, die Urkalkulation in einem gesonderten verschlossenen Umschlag vor Auftragsvergabe (Zuschlag) einzureichen. Der Umschlag mit der Urkalkulation kann bei einem Nachtrag oder einer Mehrforderung im Rahmen eines abgeschlossenen Vertrags zur Prüfung der Grundlagen der Preise geöffnet werden. Das gilt auch im Falle der nach Abs. 1 Satz 1 eingereichten Urkalkulation. Abs. 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Bieter oder der Auftragnehmer kann in allen Fällen einen Beauftragten bestimmen, der an der Öffnung und Prüfung der Grundlagen der Preise vertretungsberechtigt teilnimmt.

(3) Angebote für Planungsleistungen, die in Freihändiger Vergabe oder im EU-weiten Verhandlungsverfahren vergeben werden, können getrennt nach Dienstleistung und Entgelt in zwei verschlossenen Umschlägen gefordert werden (Zwei-Umschlagsverfahren). Die Dienstleistung muss eine eigenständige Planungsleistung sein. Allein die Bezugnahme auf die in der Vergabebekanntmachung vorgegebenen oder in einer Honorarordnung enthaltenen Leistungsbilder ist nicht ausreichend für das Zwei-Umschlagsverfahren. Die Umschläge mit den Entgelten sind erst nach vorläufig abschließender Wertung sowie Reihung und Ausschluss der Leistungsangebote für die Planungsleistung zu öffnen und zu werten.

§ 17 Zuschlag, Preise

(1) Der Zuschlag darf nur auf das unter Berücksichtigung aller Umstände wirtschaftlichste Angebot erteilt werden. Der niedrigste Preis allein ist nicht entscheidend.

(2) Auf Angebote mit einem unangemessenen hohen oder niedrigen Preis darf der Zuschlag nicht erteilt werden. Erscheint ein Angebotspreis unangemessen niedrig und ist anhand der vorliegenden Unterlagen über die Preisermittlung die Angemessenheit nicht zu beurteilen, ist in Textform vom Bieter Aufklärung über die Kalkulation der Preise für die Gesamtleistung oder Teilleistung unter Festsetzung einer angemessenen Antwortfrist zu verlangen.

(3) Bei der Beurteilung der Angemessenheit sind die Wirtschaftlichkeit des Angebots, die Nachhaltigkeit, die gewählte technische Lösung und Eigenschaft, der technische Wert, die Ästhetik, die Zweckmäßigkeit, Umwelteigenschaft, Betriebskosten, Lebenszykluskosten, Rentabilität, der Kundendienst und die technische Hilfe sowie die Qualität und andere günstige Ausführungsbedingungen je nach Auftragsgegenstand zu berücksichtigen.

§ 18 Vertragsstrafe, Sperre

(1) Der öffentliche Auftraggeber oder der Besteller sollen mit dem Auftragnehmer für den Fall der nicht vertragsgerechten Erfüllung übernommener Verpflichtungen ein Strafversprechen (Vertragsstrafe) vereinbaren. Dies ist in der Vergabebekanntmachung anzugeben und in den Vertragsbedingungen aufzunehmen.

(2) Unternehmer oder Unternehmen sollen wegen schwerer Verfehlungen, die ihre Zuverlässigkeit infrage stellen, von Aufträgen öffentlicher Auftraggeber ausgeschlossen werden. Näheres regelt hierzu eine Rechtsverordnung der für das Haushaltswesen zuständigen Ministerin oder des hierfür zuständigen Ministers im Einvernehmen mit der für Wirtschaft zuständigen Ministerin oder dem hierfür zuständigen Minister, in welcher die Einrichtung einer Melde- und Informationsstelle für öffentliche Auftraggeber (einschließlich des Informationsaustausches mit beschaffenden Stellen) sowie das Anhörungs- und Sperrverfahren, insbesondere

  1. Verfehlungen von Unternehmern oder Unternehmen, die zum Erlass einer Vergabesperre berechtigen,
  2. Anforderungen an die Nachweisbarkeit solcher Verfehlungen,
  3. Kriterien für die Dauer einer zu verhängenden Sperre,
  4. Möglichkeiten für die Unternehmer oder Unternehmen, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen, und
  5. Anforderungen für die Wiederzulassung zum Wettbewerb

festgelegt werden.

(3) Bewerber, Bieter, Auftragnehmer, Nachunternehmen und Verleihunternehmen, die zu den vom öffentlichen Auftraggeber oder Besteller auferlegten Verpflichtungen eine falsche Erklärung abgeben oder einen unzutreffenden Nachweis vorlegen oder haben vorlegen lassen, soll der öffentliche Auftraggeber oder Besteller wegen mangelnder Zuverlässigkeit wenigstens für sechs Monate bis zu drei Jahren von weiteren Vergabeverfahren ausschließen. Liegt ein entsprechender Verstoß erstmals vor, kann anstelle der Sperre eine schriftliche Verwarnung ausgesprochen werden; bei wiederholtem Verstoß beträgt die Sperre mindestens ein Jahr. Vor einer Verwarnung und dem Ausschluss ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Ein ausgeschlossener Unternehmer oder ein ausgeschlossenes Unternehmen ist auf dessen Antrag hin allgemein oder teilweise wieder zuzulassen, wenn der Grund des Ausschlusses ganz oder teilweise beseitigt ist und mindestens sechs Monate der Sperre abgelaufen sind. Näheres hierzu regelt die Rechtsverordnung nach Abs. 2.

(4) Sind die in einem Präqualifikationsregister nach § 13 Abs. 2 Satz 1 hinterlegten Erklärungen und Nachweise unzutreffend, ist dies dem Register mitzuteilen.

(5) Die Geltendmachung einer Auftragssperre oder Vertragsstrafe aus anderem Grunde sowie sonstige Ansprüche bleiben unberührt.

§ 19 Zahlungen

(1) Fällige Zahlungen sind unverzüglich, spätestens 30 Kalendertage nach Zugang der prüffähigen Rechnung auszuführen.

(2) Abschlagszahlungen sind in der Höhe des Wertes nachgewiesener vertragsgemäßer Leistungen einschließlich ausgewiesener Umsatzsteuer zu gewähren. Bei in sich abgeschlossenen Teilen einer vertragsgemäßen Leistung sind Teilabnahmen ohne Rücksicht auf die Vollendung der übrigen Leistungen durchzuführen, endgültig festzustellen und zu bezahlen (Teilzahlung).

(3) Auftragnehmer sind zu verpflichten, auch gegenüber ihren Nachunternehmen und Verleihunternehmen nach Abs. 1 und 2 zu verfahren.

(4) Vertraglich ist zu sichern, dass der öffentliche Auftraggeber oder Besteller berechtigt ist, zur Erfüllung der sich aus dem Vertrag ergebenden Verpflichtungen Zahlungen unmittelbar an den Gläubiger des Auftragnehmers (Lieferant, Nachunternehmen, Verleihunternehmen) zu leisten, soweit

  1. diese an der Ausführung der vertraglichen Leistung des Auftragnehmers aufgrund eines mit diesem abgeschlossenen Vertrags beteiligt sind,
  2. diese wegen Zahlungsverzugs des Auftragsnehmers die Fortsetzung ihrer Leistung zu Recht verweigern und
  3. die Direktzahlung die Fortsetzung der Leistungen sicherstellen soll.

(5) Erklärt sich der Auftragnehmer auf Verlangen des öffentlichen Auftraggebers oder Bestellers innerhalb einer von diesem gesetzten angemessenen Frist nicht darüber, ob und inwieweit er die Forderung seines Gläubigers anerkennt, und legt er bei Nichtanerkennung keinen entsprechenden Nachweis vor, so gelten die Voraussetzungen für die Direktzahlung als anerkannt. Entsprechendes gilt bei Teilleistungen.

(6) Der Anspruch auf Verzugszinsen des Auftragnehmers (§ § 286 und 288 des Bürgerlichen Gesetzbuches) ist durch den öffentlichen Auftraggeber oder Besteller nicht einschränkbar oder abdingbar. Auftragnehmer sind zu verpflichten, auch gegenüber ihren Auftragnehmern (Nachunternehmen und Verleihunternehmen) und gegenüber mit Leistungen beauftragten Lieferanten nach Satz 1 zu verfahren.

§ 20 Nachprüfungsstellen 17

(1) Die für das öffentliche Auftragswesen zuständige Ministerin oder der hierfür zuständige Minister kann im Einvernehmen mit der für das Haushaltswesen zuständigen Ministerin oder dem hierfür zuständigen Minister sowie mit der für kommunale Angelegenheiten zuständigen Ministerin oder dem hierfür zuständigen Minister durch Rechtsverordnung eine oder mehrere Nachprüfungsstellen für Bauleistungen (VOB-Stelle) und für Lieferungen und Leistungen (VOL-Stelle) einrichten und deren Verfahren bei Auftragsvergaben unterhalb der nach § 106 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen festgelegten Schwellen-

werte regeln. Als VOB-Stelle und VOL-Stelle sollen Behörden oder Einrichtungen, die nicht unmittelbar für die Vergabeverfahren der Beschaffungsstellen zuständig sind, bestimmt werden.

(2) Aufgabe der VOB-Stelle und der VOL-Stelle sind die Prüfung und Feststellung der von Bewerbern sowie Bietern (Rügeberechtigte) vorgetragenen Verstöße gegen nach diesem Gesetz und nach Haushaltsrecht bestehende bewerber- und bieterschützende Vorschriften durch öffentliche Auftraggeber oder Besteller oder durch diese in Beschaffungsverfahren gleichgestellte zuwendungsnehmende Dritte (Zuwendungsnehmer). Rügeberechtigt sind auch berufsständische Kammern und Verbände.

(3) An einem Verfahren nach Abs. 2 beteiligte öffentliche Auftraggeber, Besteller oder Zuwendungsnehmer haben an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken und der Nachprüfungsstelle angeforderte Vergabeakten vorzulegen. Die Nachprüfungsstelle soll vor einer Entscheidung über einen Verstoß eine gütliche Streitbeilegung anstreben.

(4) In der Rechtsverordnung sollen für die Verfahren nach Abs. 2 bei Bau-, Liefer- und Dienstleistungen einheitliche Verfahrens- und Kostenvorschriften vorgegeben werden. Der Regelungsinhalt des § 160 Abs. 1, 2 und 3 Satz 1, der § § 161 bis 165 Abs. 1 bis 3 sowie der § § 167 und 168 Abs. 1 und 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen gilt entsprechend. Es kann bestimmt werden, dass im Falle eines zugelassenen Verfahrens nach Abs. 2 die Aussetzung des Zuschlags bis zu zehn Kalendertagen, bei besonders tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten bis zu 15 Kalendertagen angeordnet und unter Berücksichtigung des Interesses der Allgemeinheit an einer unverzüglichen oder wirtschaftlichen Erfüllung der Aufgaben des öffentlichen Auftraggebers, Bestellers oder Zuwendungsnehmers auf Antrag das Zuschlagsverbot aufgehoben werden kann.

(5) Von der Nachprüfungsstelle festgestellte Verstöße und geeignete Maßnahmen zur Beseitigung der Rechtsverletzung sind den Beteiligten und der Aufsichtsbehörde des öffentlichen Auftraggebers, des Bestellers oder der zuwendungsgewährenden Stelle in Textform mit Begründung mitzuteilen. Soweit die Aufsichtsbehörde von den Feststellungen der

Nachprüfungsstelle abweicht, hat sie dies den Beteiligten und der Nachprüfungsstelle mitzuteilen und zu begründen.

Vierter Teil
Schlussbestimmungen

§ 21 Überprüfung der Auswirkungen der Tariftreueregelung

(1) Die Auswirkungen der Tariftreueregelung nach § 4 werden nach einem Erfahrungszeitraum von drei Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes durch die Landesregierung überprüft. Die Landesregierung unterrichtet den Landtag zeitnah über das Ergebnis der Überprüfung. Dabei ist darzustellen, inwieweit die Tariftreue Wirkung entfaltet und, soweit notwendig, welche Maßnahmen ergriffen werden können, um die Tariftreue weiter zu stärken.

(2) Das für das Tarifwesen zuständige Ministerium kann im Einvernehmen mit dem für das öffentliche Auftragswesen zuständigen Ministerium und dem für den öffentlichen Personennahverkehr zuständigen Ministerium durch Rechtsverordnung das Nähere über das Verfahren und den Inhalt der Überprüfung regeln.

§ 22 Übergangsbestimmung

Dieses Gesetz findet keine Anwendung auf öffentliche Aufträge von

  1. öffentlichen Auftraggebern, deren Vergabe vor dem 1. März 2015, und
  2. Bestellern, deren Vergabe vor dem 1. September 2015

eingeleitet worden ist.

§ 23 Aufhebung bisherigen Rechts

Das Hessische Vergabegesetz vom 25. März 2013 (GVBl. S. 119, 121) wird aufgehoben.

§ 24 Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am 1. März 2015 in Kraft.

UWS Umweltmanagement GmbHENDE