Druck- und LokalversionFür einen individuellen Ausdruck passen Sie bitte die
Einstellungen in der Druckvorschau Ihres Browsers an.
Regelwerk, Gefahrgut/Transport, Personenbeförderung
Frame öffnen

ÖPNVG - Gesetz über den öffentlichen Personennahverkehr
- Hessen -

Vom 1. Dezember 2005
(GVBl. Nr. 28 vom 07.12.2005 S. 786; 14.12.2009 S. 658 09; 16.09.2011 S. 402 11; 29.11.2012 S. 466 12; 24.05.2018 S. 182 18; 07.05.2020 S. 318 20; 04.09.2020 S. 573 20a)
Gl.-Nr.: 60-37


Erster Teil
Anwendungsbereich, Begriffsbestimmungen

§ 1 Anwendungsbereich

Das Gesetz regelt die Rahmenbedingungen für die Planung, Organisation und Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs in Hessen.

§ 2 Begriffsbestimmungen 09 11 12 18

(1) Öffentlicher Personennahverkehr im Sinne dieses Gesetzes ist die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Eisenbahnen und mit Straßenbahnen, Oberleitungsomnibussen oder Kraftfahrzeugen im Linienverkehr sowie in alternativen Bedienungsformen, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen. Das ist im Zweifel der Fall, wenn in der Mehrzahl der Beförderungsfälle eines Verkehrsmittels die gesamte Reiseweite 50 Kilometer oder die gesamte Reisezeit eine Stunde nicht übersteigt.

(2) Schienenpersonennahverkehr ist der öffentliche Personennahverkehr, der auf einer Eisenbahninfrastruktur im Sinne des Allgemeinen Eisenbahngesetzes vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2378, 2396, 1994 I S. 2439), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Juli 2017 (BGBl. I S. 2808), erbracht wird. Schienenpersonennahverkehr ist auch der öffentliche Personennahverkehr, der sowohl auf einer Eisenbahninfrastruktur im Sinne des Satz 1 als auch auf einer Schieneninfrastruktur im Sinne des § 4 Abs. 1 des Personenbeförderungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. August 1990 (BGBl. I S. 1690), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Juli 2017 (BGBl. I S. 2808), erbracht wird und dessen regionaler Charakter von Bedeutung ist.

(3) Verbundbusverkehr ist der öffentliche Personennahverkehr, der alternativ zum Schienenpersonennahverkehr nach Abs. 2 erbracht wird.

(4) Regionaler Busnahverkehr ist der öffentliche Personennahverkehr, der im Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen im Sinne des Personenbeförderungsgesetzes erbracht wird und der deshalb als regionale Linie in den regionalen Nahverkehrsplan aufgenommen ist. Der übrige öffentliche Personennahverkehr ist lokaler Verkehr.

(5) Das Einnahmeaufteilungsverfahren umfasst die Regeln zur Aufteilung der Einnahmen aus dem Verkauf von Verbundfahrausweisen in einem Verkehrsverbund.

(6) Aufgabenträgerorganisationen sind die Verkehrsverbünde, die lokalen Nahverkehrsorganisationen und die gemeinsamen Nahverkehrsorganisationen (Nahverkehrsorganisationen).

(7) Regiekosten sind die Kosten für Personal- und Sachmittel der Aufgabenträgerorganisationen.

(8) Verkehrsinfrastrukturunternehmen sind Eigentümer oder Besitzer von Verkehrsinfrastruktur und für deren Erhalt, Ausbau und Betriebsfähigkeit verantwortlich.

(9) Flexible Bedienungsformen im Sinne des Abs. 1 Satz 1 sind auch Bürgerbus, Anrufsammeltaxi, Anruflinientaxi, Ruftaxi, Anrufbus und Fahrgemeinschaften, unabhängig davon, ob sie Linienverkehr darstellen.

Zweiter Teil
Ziele und allgemeine Anforderungen

§ 3 Ziele 12

Der öffentliche Personennahverkehr ist Teil des Gesamtverkehrssystems und trägt dazu bei, die Mobilitätsnachfrage zu befriedigen. Ziel ist es, den öffentlichen Personennahverkehr als wichtige Komponente zur Bewältigung des Gesamtverkehrsaufkommens zu stärken. Das Angebot des öffentlichen Personennahverkehrs ist daher vorausschauend, nutzerorientiert, attraktiv, leistungsfähig und effizient zu gestalten.

§ 4 Allgemeine Anforderungen 09 12

(1) Eine im öffentlichen Verkehrsinteresse ausreichende Verkehrsbedienung ist als Aufgabe der Daseinsvorsorge nach dem Stand und der Entwicklung der Mobilitätsnachfrage entsprechend den regionalen und örtlichen Gegebenheiten zu gestalten.

(2) Eine regelmäßige Bedienung, möglichst kurze Reisezeiten, Anschluss- und Übergangssicherheit, Pünktlichkeit, Sicherheit, Sauberkeit und aktuelle Fahrgastinformationen, ein leicht zugängliches und transparentes Fahrpreis- und Vertriebssystem sowie ausreichende Kapazitäten sind als wichtigste Leistungsmerkmale des öffentlichen Personennahverkehrs anzustreben.

(3) Die verschiedenen Angebote des öffentlichen Personennahverkehrs sollen untereinander und mit den Angeboten anderer Verkehrssysteme verknüpft werden. Die Umweltverträglichkeit ist als besondere Stärke weiterzuentwickeln, der sozialen Bedeutung des öffentlichen Personennahverkehrs ist besonders Rechnung zu tragen.

(4) Für den Zugang und die Angebotsnutzung sind einheitliche Normen mindestens verbundweit festzulegen, um den Fahrgästen ein einheitliches und durchgängiges Angebot über den lokalen Verkehr hinaus zu bieten.

(5) Das Fahrpreissystem (Beförderungstarife) ist so zu gestalten, dass innerhalb der Verkehrsverbünde mit einem Fahrschein, auch einem solchen in elektronischer Form, alle öffentlichen Nahverkehrsmittel unternehmensübergreifend nutzbar sind (Verbundtarif). Die Verkehrsunternehmen sind verpflichtet, den Verbundtarif anzuwenden. Die Tarifstruktur soll überschaubar und allgemein verständlich sein. An den Grenzen der Verkehrsverbünde sind Übergangstarife oder andere gemeinsame Tarifangebote zu schaffen. Darüber hinaus sind Tarife anzustreben, die landesweit gelten (Hessentarif). Für die Beförderung von bestimmten Personengruppen, insbesondere von Auszubildenden, können Zeitfahrausweise zu ermäßigten Fahrpreisen angeboten werden.

(6) Die Fahrzeuge, die baulichen Anlagen und die Fahrgastinformationen sollen so gestaltet werden, dass sie die Belange behinderter und anderer Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigung berücksichtigen und den Anforderungen an die Barrierefreiheit so weit wie möglich entsprechen.

Dritter Teil
Aufgabenträger und Aufgabenwahrnehmung im öffentlichen Personennahverkehr

§ 5 Aufgabenträger 12 18 20

(1) Aufgabenträger sind die Landkreise sowie die kreisfreien Städte und die Sonderstatus-Städte nach § 4a der Hessischen Gemeindeordnung. Sie nehmen die Aufgabe des öffentlichen Personennahverkehrs als Selbstverwaltungsaufgabe wahr.

(2) Die Aufgabenträger stellen eine ausreichende Bedienung der Bevölkerung mit Verkehrsleistungen im öffentlichen Personennahverkehr im Rahmen des betreffenden Nahverkehrsplanes nach § 14 sicher. Sie sind zuständig für die Planung, Organisation und Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs. Hierzu geben sie den Aufgabenträgerorganisationen nach § 6 verbindliche Vorgaben, die sich insbesondere darauf beziehen, wie

  1. das öffentliche Personennahverkehrsangebot zu entwickeln und zu planen ist,
  2. die Bestellerfunktion auszuüben ist,
  3. die Aufgaben wahrzunehmen sind, die der Erfüllung der allgemeinen Anforderungen nach § 4 dienen.

(3) Kreisangehörige Gemeinden, die keine Aufgabenträger sind, können im Einverständnis mit dem Landkreis und nach Maßgabe des Nahverkehrsplanes nach § 14 freiwillig Aufgaben des öffentlichen Personennahverkehrs in eigener Verantwortung wahrnehmen. Die Landkreise haben diese Verkehre bei ihrer Planung zu berücksichtigen. Hieraus erwächst jedoch keine Verpflichtung der Aufgabenträger, diese Verkehre zu übernehmen oder zu finanzieren.

(4) Der Aufgabenträger ist zuständige Behörde im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates (ABl. EU Nr. L 315 S. 1), zuletzt geändert durch Verordnung (EU) 2016/2338 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2016 (ABl. EU Nr. L 354 S. 22). Die zuständige Behörde ist insbesondere befugt, nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 ausschließliche Rechte und Ausgleichsleistungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen im Rahmen öffentlicher Dienstleistungsaufträge zu vergeben und allgemeine Vorschriften zu erlassen. Im Falle des § 5 Abs. 3 Satz 1 ist die kreisangehörige Gemeinde zuständige Behörde nach Satz 1.

§ 6 Aufgabenträgerorganisationen 09 11 12 18

(1) Die Aufgabenträger können zur Wahrnehmung der Aufgaben nach § 7 Abs. 2 Nahverkehrsorganisationen einrichten und die Zuständigkeit nach § 5 Abs. 4 ganz oder teilweise durch Beleihung auf diese übertragen. Benachbarte Aufgabenträger eines Verbundes können gemeinsame Nahverkehrsorganisationen einrichten. Kreisangehörige Gemeinden, die keine Aufgabenträger sind, können mit ihrer Zustimmung an der Nahverkehrsorganisation beteiligt werden.

(2) Die Aufgabenträger nehmen die Aufgaben nach § 7 Abs. 1 gemeinsam in Verkehrsverbünden wahr und sind auf einen Ausgleich der unterschiedlichen Anforderungen an den öffentlichen Personennahverkehr in den unterschiedlichen Räumen bedacht. Verkehrsverbünde sind der Nordhessische Verkehrsverbund (NVV) und der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV). Der Kreis Bergstraße kann dem Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN) angehören. Im Verkehrsverbund Rhein-Neckar gelten im Übrigen die zwischen den beteiligten Bundesländern vereinbarten Regelungen. Das Land ist aufgrund vertraglicher Regelungen Mitglied oder Gesellschafter in den Verkehrsverbünden und Mitglied im Zweckverband des Verkehrsverbundes Rhein-Neckar.

(3) Die Aufgabenträger können den Verkehrsverbund mit Aufgaben der Nahverkehrsorganisationen betrauen, wenn die Aufgabenträger neben den Kosten für die Aufgaben auch die Regiekosten hierfür übernehmen.

(4) Die Verbünde sind zuständige Behörde im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007. Die zuständige Behörde ist insbesondere befugt, nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 ausschließliche Rechte und Ausgleichsleistungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen im Rahmen öffentlicher Dienstleistungsaufträge zu vergeben und allgemeine Vorschriften zu erlassen.

(5) Die Aufgabenträgerorganisationen sind Träger öffentlicher Belange; bei regional bedeutsamen Vorhaben stimmen sie ihre Stellungnahmen aufeinander ab.

(6) Die Verkehrsverbünde können ihre Aufgaben nach § 7 Abs. 1 gemeinschaftlich wahrnehmen. Zu diesem Zweck schließen sie entsprechende Kooperationsverträge oder gründen gemeinschaftliche Organisationen. Die Verkehrsverbünde können einer gemeinschaftlichen Organisation die Wahrnehmung von Aufgaben übertragen. Die Verbünde können untereinander Aufgaben übertragen, wenn die Aufgabenträger zustimmen. Die Aufgabenwahrnehmung nach Satz 1 soll möglichst unter Einschluss auch des Verkehrsverbundes Rhein-Neckar (VRN) erfolgen, soweit der Kreis Bergstraße diesem angehört.

§ 7 Aufgaben der Aufgabenträgerorganisationen 12

(1) Die Verkehrsverbünde haben im Rahmen der Vorgaben der Aufgabenträger die Belange des Schienenpersonennahverkehrs, des Verbundbusverkehrs und des regionalen Busnahverkehrs wahrzunehmen und dazu insbesondere

  1. das öffentliche Personennahverkehrsangebot entsprechend den Mobilitätsbedürfnissen weiterzuentwickeln und dabei flexible Bedienungsformen zu berücksichtigen,
  2. die Erfüllung der allgemeinen Anforderungen nach § 4 sicherzustellen,
  3. die Nahverkehrsleistungen nach Quantität und Qualität festzulegen,
  4. Vergabeverfahren für das Erbringen von Nahverkehrsleistungen vorzubereiten und durchzuführen,
  5. zu überwachen, dass die Leistungserbringung in der vereinbarten Quantität und Qualität erfolgt,
  6. Vereinbarungen mit Verkehrsinfrastrukturunternehmen nach § 10 abzuschließen,
  7. Vereinbarungen mit Verkehrsunternehmen über das Erbringen von Nahverkehrsleistungen nach § 9 abzuschließen,
  8. einen verbundweiten Nahverkehrsplan nach § 14 aufzustellen.

Den Verkehrsverbünden obliegt es darüber hinaus,

  1. den Verbundtarif, herkömmliche und elektronische Fahrscheine und elektronische Fahrscheinsysteme festzulegen,
  2. Standards für Vermarktung und Vertrieb, einschließlich Fahrgastinformationssystemen unter Beteiligung der Nahverkehrsorganisationen und der Verkehrsunternehmen zu planen und zu organisieren,
  3. Vereinbarungen über die Anerkennung von Ver- bundtarifen, Übergangsta- rifen und landesweit gültigen Tarifen sowie über Vertrieb und Vermarktung abzuschließen,
  4. konkrete Regelungen für die Einnahmeaufteilung aufzustellen und die Einnahmeaufteilung für das jeweilige Abrechnungsjahr durchzuführen,
  5. über den öffentlichen Personennahverkehr Verkehrserhebungen durchzuführen und Nachfrageanalysen zu erstellen und diese als gemeinsame Planungsgrundlage für alle Aufgabenträgerorganisationen und andere öffentliche Planungsträger vorzuhalten,
  6. verbundweite Sicherheitskonzepte und Rahmenvorgaben zu erarbeiten und diesbezüglich eine Schnittstellenfunktion zu anderen Planungsträgern zu bilden und
  7. verbundweite Nahverkehrspläne mit Rahmenvorgaben nach § 14 aufzustellen

(2) Die Nahverkehrsorganisationen und Aufgabenträger nehmen alle Aufgaben nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 7 für den lokalen Verkehr wahr, insbesondere die Aufstellung der lokalen Nahverkehrspläne nach § 14. Die von den Aufgabenträgern gemeinsam in den Verkehrsverbünden festgelegten Normen nach § 4 Abs. 4 sind dabei einzuhalten. Zur Umsetzung des Satz 1 und der festgelegten Normen nach § 4 Abs. 4 können die Nahverkehrsorganisationen Kooperationsverträge mit dem Verkehrsverbund schließen, dem sie angehören.

(3) Gründen die Aufgabenträger eine gemeinsame Nahverkehrsorganisation nach § 6 Abs. 1 Satz 2, kann diese abweichend von Abs. 1 Satz 1 als Beliehene die Aufgaben auch für den regionalen Busnahverkehr wahrnehmen. Satz 1 gilt jeweils ab dem 1. Januar des Folgejahres nach Aufnahme der gemeinsamen Aufgabenwahrnehmung und für deren Dauer. Die Belange des Verbundbusverkehrs bleiben unberührt.

(4) Die Verkehrsverbünde beteiligen die Nahverkehrsorganisationen an der Entscheidungsfindung zu wichtigen verkehrlichen und tariflichen Vorhaben.

(5) Bei der Wahrnehmung der Aufgaben sind die verkehrs- und entwicklungspolitischen Ziele des Landes zu beachten.

(6) Zusammenhängende Verkehrsangebote, die sich über das Gebiet des Landes Hessen hinaus in ein anderes Bundesland erstrecken, können von dem Aufgabenträger oder der Aufgabenträgerorganisation im Einvernehmen mit der zuständigen Stelle des anderen Bundeslandes bestellt werden.

(7) Durch das Einnahmeaufteilungsverfahren werden die Fahrgeldeinnahmen auf die Aufgabenträger und Aufgabenträgerorganisationen nach der Nutzung der Verkehre aufgeteilt.

§ 8 Erbringen von Verkehrsleistungen (Durchführung des Verkehrs)

(1) Die Durchführung des öffentlichen Personennahverkehrs obliegt den Verkehrsunternehmen nach dem Allgemeinen Eisenbahngesetz und dem Personenbeförderungsgesetz.

(2) Im Interesse eines funktionierenden Wettbewerbs um die Verkehrsleistung (Durchführung des Verkehrs) ist eine Angebotsvielfalt zu fördern, mittelständische Strukturen des Verkehrsgewerbes sind zu unterstützen.

(3) Die Aufgabenträgerorganisation darf nicht Unternehmer im Sinne des Allgemeinen Eisenbahngesetzes oder des Personenbeförderungsgesetzes sein, um Personen im öffentlichen Personennahverkehr zu befördern.

§ 9 Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge ("Besteller-Ersteller-Prinzip") 09 12

Das Verhältnis zwischen den Aufgabenträgerorganisationen und den Aufgabenträgern als Besteller und den Verkehrsunternehmen, die die Verkehrsleistungen als Ersteller erbringen, ist unter Einhaltung der Vorgaben nach Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1330/2003 vertraglich zu regeln ("Besteller-Ersteller-Prinzip"). Der Vertrag ist zu befristen und regelt insbesondere

  1. den Umfang der fahrplanmäßigen Nahverkehrsleistungen und die zu erbringenden Serviceleistungen
    (zum Beispiel Vertrieb und Fahrgastinformationen),
  2. die Qualität der Leistungen und deren Kontrolle, einschließlich Art und Form der Datennachweise,
  3. die Aufteilung der Fahrgeldeinnahmen,
  4. die Höhe des finanziellen Ausgleichs, der für die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen im Sinne des Art. 2 Buchst. e der Verordnung (EG) Nr. 1330/2003 gewährt wird,
  5. die Anreize zur Kundenorientierung und Weiterentwicklung von Leistung und Qualität,
  6. die Angebotsgestaltung auch bei unvorhergesehenen Änderungen,
  7. die Sanktionen bei Nicht- und Schlechterfüllung der vereinbarten Leistungen und
  8. die Art und den Umfang der gegebenenfalls gewährten ausschließlichen Rechte.

§ 9a Ersetzung von Bundes- durch Landesrecht 09 12 18

  1. § 45a des Personenbeförderungsgesetzes und die Verordnung über den Ausgleich gemeinwirtschaftlicher Leistungen im Straßenpersonenverkehr vom 2. August 1933 (BGBl. I S. 1460), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. März 2005 (BGBl. I S. 931), werden aufgrund des § 64a des Personenbeförderungsgesetzes und
  2. die nach Art. 8 § 2 des Gesetzes vom 23. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2338) fortgeltenden §§ 6a, 6c, 6e und 6f des Allgemeinen Eisenbahngesetzes in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 930-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Juli 2017 (BGBl. I S. 2808), und die Verordnung über den Ausgleich gemeinwirtschaftlicher Leistungen im Eisenbahnverkehr vom 2. August 1933 (BGBl. I S. 1465), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. März 2005 (BGBl. I S. 931), werden aufgrund des § 6h des Allgemeinen Eisenbahngesetzes

jeweils durch § 4 Abs. 5 Satz 2 und 6, § 9 Satz 2 Nr. 4 und § 12 Abs. 2 Satz 2 ersetzt.

§ 10 Vereinbarungen mit den Verkehrsinfrastrukturunternehmen 12

Um das öffentliche Interesse am Erhalt und Ausbau der Verkehrsinfrastruktur zuwahren, können die Aufgabenträger, Aufgabenträgerorganisationen oder das Land mit Verkehrsinfrastrukturunternehmen vertragliche Vereinbarungen schließen. Voraussetzung ist, dass das Verkehrsinfrastrukturunternehmen die diskriminierungsfreie Benutzung der Verkehrsinfrastruktur gewährleistet und Benutzungsentgelte nach einheitlichen Maßstäben berechnet.

Vierter Teil
Finanzierung

§ 11 Finanzierungsgrundsätze 09 11 12 18 20a

(1) Die Aufgabenträger sichern die finanziellen Grundlagen des öffentlichen Personennahverkehrs unter Berücksichtigung der Finanzierungsleistungen des Bundes und des Landes. Sie übernehmen die Verpflichtungen aus Verträgen nach den §§ 9 und 10 und aus allgemeinen Vorschriften nach § 5 Abs. 3 Satz 2 sowie aus Auferlegungen nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 und tragen die Regiekosten der Aufgabenträgerorganisation.

(2) Verpflichtungen aus Verträgen der Verkehrsverbünde nach Abs. 1 werden innerhalb des jeweiligen Verkehrsverbundes solidarisch getragen. Der Anteil an den Regiekosten der Verkehrsverbünde, den ein kreisangehöriger Aufgabenträger zu tragen hat, wird bei der Kreisumlage nach § 50 des Hessischen Finanzausgleichsgesetzes vom 23. Juli 2015 (GVBl. S. 298), zuletzt geändert durch Gesetz vom 4. September 2020 (GVBl. S. 573), mit der Hälfte ihres Ansatzes abgezogen. Ein nach der Einnahmeaufteilung verbleibender Finanzierungsbedarf wird auf die Aufgabenträger umgelegt.

(3) In den Nahverkehrsorganisationen und in den Verkehrsverbünden werden jeweils alle Fahrgeldeinnahmen für alle Leistungen aus den Verträgen nach Abs. 1 eingesetzt.

§ 12 Zuwendungen des Landes 09 11 12 18 20a

(1) Die Zuwendungen des Landes umfassen die vollständigen Fördermittel für den öffentlichen Personennahverkehr nach dem Regionalisierungsgesetz vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2378, 2395), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3234), dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. Januar 1988 (BGBl. I S. 100), zuletzt geändert durch Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474), dem Entflechtungsgesetz vom 5. September 2006 (BGBl. I S. 2098, 2102), zuletzt geändert durch Gesetz vom 1. Dezember 2016 (BGBl. I S. 2755), und dem Hessischen Finanzausgleichsgesetz. Weitere Fördermittel können nach Maßgabe des jeweiligen Haushaltsgesetzes zur Verfügung gestellt werden.

(2) Das Land gewährt aus den Mitteln nach Abs. 1 Zuwendungen zu der Finanzierung der Verpflichtungen der Aufgabenträger nach § 11 Abs. 1. Die Zuwendungen enthalten den Ausgleich für die Verpflichtungen nach § 4 Abs. 5 in Verbindung Satz 6, betreffend den Ausbildungsverkehr, sowie nach § 5 Abs. 4 Satz 2 und § 6 Abs. 4 Satz 2 und im Falle des § 7 Abs. 3 auch für den übernommenen regionalen Busnahverkehr.

(3) Das Land kann für Investitionen in Bau und Ausbau der Infrastruktur den Betreibern und Eigentümerinnen und Eigentümern von Infrastruktur Zuwendungen aus Mitteln nach Abs. 1 gewähren. Dies gilt auch für Maßnahmen nach dem Bundesschienenwegeausbaugesetz vom 15. November 1993 (BGBl. I S. 1874), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3221), die dem Schienenpersonennahverkehr dienen. Für die Förderung von Infrastrukturmaßnahmen gelten die Voraussetzungen nach § 10 Satz 2.

(4) Die Zuwendungen des Landes nach Abs. 2 können mit den Verkehrsverbünden in mehrjährigen Budgets vereinbart werden. Die in diesen Finanzierungsvereinbarungen festzulegenden Ziele richten sich nach den §§ 3 und 4 und sollen von den Verkehrsverbünden durch den effizienten Einsatz der Budgetmittel erreicht werden. Die Ziele sollen so bestimmt sein, dass ihre Erreichung messbar nachvollzogen werden kann. Für die Erfüllung der Zielvorgaben sollen Leistungsanreize gegeben werden.

(5) Für die Verpflichtungen nach § 11 Abs. 1 im lokalen Verkehr gewährt das Land eine pauschale Zuwendung.

(6) Nicht verbrauchte Mittel sind nach Ablauf einer Budgetperiode an das Land zurückzuzahlen und werden entsprechend Abs. 2 und 3 eingesetzt.

§ 12a Nachweis und Prüfung der Verwendung 12

(1) Die Empfänger von Zuwendungen des Landes nach § 12 Abs. 2 oder 4 weisen dem Land für jedes Kalenderjahr die zweckentsprechende Verwendung ihres Budgets nach (Verwendungsnachweis). Der Verwendungsnachweis ist jeweils bis zum 31. August des Folgejahres vorzulegen.

(2) Der Verwendungsnachweis besteht aus einem Sachbericht und einem zahlenmäßigen Nachweis.

(3) In dem Sachbericht sind die Verwendung der Zuwendungen sowie die erzielten Ergebnisse darzustellen.

(4) Der zahlenmäßige Nachweis besteht aus der Jahresrechnung oder bei kaufmännischer doppelter Buchführung dem Jahresabschluss (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung und auf Verlangen des zuständigen Ministeriums eine Überleitungsrechnung auf Einnahmen und Ausgaben).

(5) Im Verwendungsnachweis ist zu bestätigen, dass die Ausgaben notwendig waren, dass wirtschaftlich und sparsam verfahren worden ist und die Angaben mit den Büchern und Belegen übereinstimmen.

(6) Das für den öffentlichen Personennahverkehr zuständige Ministerium ist berechtigt, Bücher, Belege und sonstige Geschäftsunterlagen anzufordern sowie die Verwendung der Zuwendung und aller mit dem Zuwendungszweck verbundenen Einnahmen (insbesondere Zuwendungen und Leistungen Dritter) und Ausgaben durch Beauftragte prüfen zu lassen. Der Zuwendungsempfänger hat unverzüglich die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen und die notwendigen Auskünfte zu erteilen; er trägt die Kosten einer Prüfung durch Beauftragte des Landes, jedoch für nicht mehr als eine Prüfung im Kalenderjahr.

(7) Eine Finanzierungsvereinbarung nach § 12 Abs. 4 darf keine Regelungen enthalten, die die Nachweispflichten der Zuwendungsempfänger oder die Prüfungsrechte des zuständigen Ministeriums nach Abs. 1 bis 6 und 8 einschränken.

(8) Die Regelungen der Abs. 1 bis 7 gelten im Fall des § 12 Abs. 2 entsprechend

Fünfter Teil
Verkehrsplanung

§ 13 Integrierte Verkehrs- und Siedlungsplanung 12

Landesplanung, Regionalplanung und kommunale Bauleitplanung haben die Erfordernisse der Nahverkehrsplanung zu berücksichtigen; die Wechselwirkungen zwischen Siedlungsstrukturen und Bebauungsdichten sowie Verkehrsinfrastrukturen und Verkehrssystemen sind im Rahmen dieser Planungen abzuwägen.

§ 14 Nahverkehrspläne 12 18

(1) Zur Sicherung und Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs werden durch die Verkehrsverbünde verbundweite Nahverkehrspläne für den Schienenpersonennahverkehr, den Verbundbusverkehr und den regionalen Busnahverkehr erstellt. Die verbundweiten Nahverkehrspläne werden von den Aufsichtsgremien der Verkehrsverbünde beschlossen und bedürfen der Zustimmung des zuständigen Ministeriums.

(2) Die Aufgabenträger stellen die lokalen Nahverkehrspläne für den übrigen öffentlichen Personennahverkehr auf, sofern sie die Aufgabe nicht auf eine Nahverkehrsorganisation übertragen. Im Fall von § 7 Abs. 2 Satz 2 werden die jeweiligen lokalen Nahverkehrspläne abweichend von Satz 1 auch für den regionalen Busnahverkehr erstellt. Die lokalen Nahverkehrspläne werden von den Aufgabenträgern beschlossen.

(3) Bei der Erstellung der Nahverkehrspläne sind die Ziele der Raumordnung und die Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung zu berücksichtigen. Die Nahverkehrspläne müssen den Anforderungen der §§ 3 und 4, des Städtebaus und des Umweltschutzes sowie den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entsprechen.

(4) Die Nahverkehrspläne sollen mindestens enthalten:

  1. eine Bestandsaufnahme, Analyse und Prognose des Gesamtverkehrs einschließlich der Verkehrsinfrastruktur,
  2. eine Bewertung der Feststellungen nach Nr. 1,
  3. das Strecken- und Liniennetz sowie Vorgaben zur Verkehrsabwicklung, insbesondere zu Bedienungs- und Verbindungsstandards sowie zur Beförderungs- und Erschließungsqualität,
  4. Aussagen über Schnittstellen zum regionalen Verkehr und zu den anderen Verkehrsträgern,
  5. Aussagen zur barrierefreien Gestaltung des öffentlichen Personennahverkehrsangebots nach § 8 Abs. 3 Satz 3 des Personenbeförderungsgesetzes,
  6. ein Verkehrsentwicklungsprogramm, aus dem die angestrebten Maßnahmen zur Angebotsentwicklung und -verbesserung ersichtlich sind,
  7. Anforderungen an Fahrzeuge und die sonstige Verkehrsinfrastruktur,
  8. ein Finanzierungskonzept, das auch eine Kostenschätzung geplanter Projekte und Vorhaben enthält, sowie ein Investitionsprogramm mit Prioritätensetzung und ein Organisationskonzept.

(5) Die verbundweiten Nahverkehrspläne können die Bestandsaufnahme, Analyse und Prognose sowie die Bewertung nach Satz 1 Nr. 1 und 2 für die gesamte Nahverkehrsplanung enthalten.

(6) Nach dem Gegenstromprinzip sind lokale Nahverkehrspläne aus den verbundweiten Nahverkehrsplänen zu entwickeln, während diese die Inhalte der lokalen Nahverkehrspläne zu berücksichtigen haben.

(7) Bei der Aufstellung der Nahverkehrspläne sind die nach § 8 Abs. 3 Satz 6 und § 14 Abs. 1 und 2 des Personenbeförderungsgesetzes Beteiligten hinzuzuziehen und das für den öffentlichen Personennahverkehr zuständige Ministerium anzuhören.

(8) Die Nahverkehrspläne sind in geeigneter Weise öffentlich bekannt zu machen. Spätestens alle fünf Jahre ist darüber zu entscheiden, ob ein Nahverkehrsplan neu aufzustellen ist.

Sechster Teil
Schlussbestimmungen

§ 15 Mobilitätsbeauftragter 12

(1) Die für den öffentlichen Personennahverkehr zuständige Ministerin oder der für den öffentlichen Personennahverkehr zuständige Minister kann eine Mobilitätsbeauftragte oder einen Mobilitätsbeauftragten bestellen.

(2) Die oder der Mobilitätsbeauftragte koordiniert die Zusammenarbeit der Aufgabenträgerorganisationen und Aufgabenträger und berät diese bei der Einrichtung gemeinsamer Organisationsstrukturen. Für diese Aufgaben sind durch das für den öffentlichen Personennahverkehr zuständige Ministerium die notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen und eine angemessene Aufwandsentschädigung zu gewähren.

(3) Die für den öffentlichen Personennahverkehr zuständige Ministerin oder der hierfür zuständige Minister kann einen Mobilitäts- und Koordinierungsrat einsetzen. Dieser unterstützt die Mobilitätsbeauftragte oder den Mobilitätsbeauftragten bei der Erfüllung der Aufgaben nach Abs. 2.

§ 16 Inkrafttreten 09 11 12

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.

____________
1) Hebt auf GVBl. II 60-24

UWS Umweltmanagement GmbHENDEFrame öffnen