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Regelwerk, BGR / DGUV-R
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DGUV Regel 113-008 - Pyrotechnik (BGR 211)
Berufsgenossenschaftliche Regeln für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (BGR)
[bisher ZH 1/202]

(Ausgabe 04/2001)




Vorbemerkung

BG-Regeln richten sich in erster Linie an den Unternehmer und sollen ihm Hilfestellung bei der Umsetzung seiner Pflichten aus staatlichen Arbeitsschutzvorschriften und/oder Unfallverhütungsvorschriften geben sowie Wege aufzeigen, wie Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten und arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren vermieden werden können.

Der Unternehmer kann bei Beachtung der in den BG-Regeln enthaltenen Empfehlungen davon ausgehen, dass er die in Unfallverhütungsvorschriften geforderten Schutzziele erreicht. Andere Lösungen sind möglich, wenn Sicherheit und Gesundheitsschutz in gleicher Weise gewährleistet sind. Sind zur Konkretisierung staatlicher Arbeitsschutzvorschriften von den dafür eingerichteten Ausschüssen technische Regeln ermittelt worden, sind diese vorrangig zu beachten.

Werden verbindliche Inhalte aus staatlichen Arbeitsschutzvorschriften und/oder aus Unfallverhütungsvorschriften wiedergegeben, sind sie durch Fettdruck kenntlich gemacht oder im Anhang zusammengestellt. Erläuterungen, insbesondere beispielhafte Lösungsmöglichkeiten, sind durch entsprechende Hinweise in kleinerer Schrift gegeben.

1 Anwendungsbereich

UVV "Explosivstoffe - Allgemeine Vorschrift" (BGV B5) § 1

1.1 Diese BG-Regel findet Anwendung auf die Betriebsteile eines Betriebes, in denen pyrotechnische Sätze oder pyrotechnische Gegenstände hergestellt, verarbeitet, bearbeitet, wiedergewonnen oder vernichtet oder im Zusammenhang mit den genannten Tätigkeiten untersucht, erprobt, innerbetrieblich befördert oder aufbewahrt werden.

1.2 Diese BG-Regel findet keine Anwendung auf die Betriebsteile eines Betriebes, in denen mit Zündstoffen oder mit pyrotechnischen Sätzen, die diese enthalten, umgegangen wird.

2 Begriffsbestimmungen

UVV "Explosivstoffe - Allgemeine Vorschrift" (BGV B5) § 2 Nr. 31a, 36a und 36b

Im Sinne dieser BG-Regel werden folgende Begriffe bestimmt:

  1. Lose Sätze sind pulverförmige, granulierte oder pastöse Sätze.

    Abb. 1: Loser Satz ("Feuerwerkssterne")

    Abb. 2: Offener Satz ("Treibstoff- Pellets")

    Abb. 3: Offener Satz ("Anzündschnüre, Stoppinen")

  2. Offene Sätze sind lose oder geformte Sätze, die sich nicht in den für die pyrotechnischen Gegenstände vorgesehenen Umhüllungen befinden und Stoppinen.
  3. Umhüllte Sätze sind Sätze, die sich bereits in den für die pyrotechnischen Gegenstände vorgesehenen Umhüllungen befinden, aber nicht abgedeckt sind.
  4. Abgedeckte Sätze sind umhüllte Sätze, die bis auf die Anzündöffnung oder Anzündstelle abgedeckt sind.
  5. Umgebung ist der Bereich außerhalb eines gefährlichen Raumes oder bei einem gefährlichen Gebäude mit nur einem Raum der Bereich außerhalb des Gebäudes, so weit nicht Abstände oder bauliche Maßnahmen eine gefährliche Wirkung verhindern.
  6. Konditionieren ist ein Verfahren zum Einstellen der für die Weiterverarbeitung erforderlichen chemischen und physikalischen Parameter von Ausgangsstoffen und Sätzen, Halberzeugnissen und Gegenständen.
    Konditionieren ist kein Trocknen, sondern dient z.B. zur Optimierung des Verfahrensablaufes.
  7. Laborieren ist das Einbringen von Sätzen und Halberzeugnissen in Gegenstände sowie das Komplettieren.
  8. Anzündeinheiten sind pyrotechnische Baugruppen mit elektrischer oder mechanischer Auslösung, die zur Anzündung von z.B. Gasgeneratoren, Schnellschalteinrichtungen, Kraftelementen und anderen pyrotechnischen Artikeln, insbesondere Rauchkörpern, Nebelkörpern, Darstellungsmitteln dienen. Sie enthalten pyrotechnische Anzündsätze und/oder Anzündmittel und können zusätzlich mit Verstärkerladung oder pyrotechnischem Verzögerungsstück ausgerüstet sein. Zu deren Anzündeinheiten zählen z.B. nicht: Reibköpfe, Anzündlichter, Anzündschnüre, Anzünder für Anzündschnüre, Stoppinen, elektrische Brückenanzünder (Anzündpillen) und Anzündhütchen. Pyrotechnische Anzündsätze enthalten keine Zündstoffe. Synonyme des Begriffes Anzündeinheiten sind: Anzünder, Anzündelemente.
  9. Gasgeneratoren sind pyrotechnische Gegenstände für technische Zwecke, die eine definierte Menge Treibgas für Arbeitsvorgänge erzeugen.
    Gasgeneratoren werden z.B. für Personenrückhaltesysteme in Kraftfahrzeugen, Gurtstraffer und Aerosolgeneratoren verwendet.

3 Maßnahmen zur Verhütung von Gefahren für Leben und Gesundheit bei der Arbeit in pyrotechnischen Betrieben

A. Übergreifende Bestimmungen

3.1 Allgemeines

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) § 21 Abs. 1

Der Unternehmer hat zur Verhütung von Arbeitsunfällen und zum Gesundheitsschutz der Versicherten Vorkehrungen nach den geltenden Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsvorschriften zu treffen. Die Einrichtungen, Anordnungen und Maßnahmen müssen im Übrigen den allgemein anerkannten sicherheitstechnischen, arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechen. Der Unternehmer hat die getroffenen Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und erforderlichenfalls sich ändernden Gegebenheiten anzupassen. Dabei hat er eine Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Versicherten anzustreben.

Siehe § 3 Abs. 1 Arbeitsschutzgesetz und § 2 Abs. 1 der Unfallverhütungsvorschrift "Grundsätze der Prävention" (ab 1/2004) (BGV A1).

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) § 21 Abs. 3

Arbeitsschutzgesetz § 5 Abs. 1 und 3

Die BG-Regel "Pyrotechnik" behandelt insbesondere die in der Pyrotechnik spezifischen Brand- und Explosionsgefährdungen, die es zu minimieren gilt. Für weitere Gefährdungsarten werden die folgenden Hinweise gegeben.

3.2 Gefährdungen im Zusammenhang mit der Arbeitsstätte

Der Unternehmer hat gemäß der Arbeitsstättenverordnung und der Unfallverhütungsvorschrift "Grundsätze der Prävention" (ab 1/2004) (BGV A1) den in der Arbeitsstätte beschäftigten Versicherten Räume und Einrichtungen zur Verfügung zu stellen, wie sie in der Verordnung über Arbeitsstätten gefordert werden.

Siehe § 3 Abs. 1 Arbeitsstättenverordnung und Abschnitt III der Unfallverhütungsvorschrift "Grundsätze der Prävention" (ab 1/2004) (BGV A1). Siehe auch § § 5, 7, 15, 16, 18, 21, 22, 24, 25 der UVV "Explosivstoffe - Allgemeine Vorschrift" (BGV B5).

Zusätzlich werden in den Abschnitten 3.6 bis 3.19 dieser BG-Regel weiter gehende Anforderungen beschrieben, um dem besonderen Aspekt der in der pyrotechnischen Industrie gegebenen Brand- und Explosionsgefährdungen zu begegnen.

3.3 Gefährdungen im Zusammenhang mit Maschinen

Maschinen müssen so gestaltet und ausgerüstet sein, dass bei bestimmungsgemäßem Gebrauch von ihnen insbesondere keine mechanischen, elektrischen, physikalischen (Lärm, Vibration), chemischen (Gefahrstoffemissionen) und weitere Gefährdungen ausgehen.

Mit der CE- Kennzeichnung dokumentiert der Hersteller und - falls eine Bauartprüfung erforderlich ist - die zugelassene Stelle, dass die grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen der einschlägigen Gemeinschaftsrichtlinien eingehalten sind. Ein GS-Zeichen zeigt an, dass die Maschine oder Anlage von einer zugelassenen neutralen Prüfstelle überprüft wurde und sowohl den geltenden Sicherheitsvorschriften als auch den anzuwendenden europäischen Richtlinien und Normen entspricht.

Siehe Gerätesicherheitsgesetz und Maschinenverordnung.

3.4 Gefährdungen durch Arbeitsmittel

Arbeitsmittelbenutzungsverordnung (jetzt BetrSichV) § 3)

Anforderungen an Arbeitsmittel bzw. den Umgang damit, die speziell den Brand- und Explosionsgefahren entgegenwirken, sind in Abschnitt 3.6.4 dieser BG-Regel behandelt.

3.5 Chemische Gefährdungen

Beim Umgang mit gefährlichen Stoffen, Zubereitungen und bestimmten Erzeugnissen hat der Unternehmer nach der Gefahrstoffverordnung und der UVV "Umgang mit Gefahrstoffen" (BGV B1) Vorkehrungen zu treffen, um Versicherte vor Gesundheitsgefahren zu schützen. Es sind alle dem Stand der Technik entsprechenden technischen und organisatorischen Maßnahmen zu treffen. Lassen sich dadurch nicht alle Gefährdungen vermeiden, sind wirksame persönliche Schutzausrüstungen, die den Anforderungen der Verordnung über das Inverkehrbringen von persönlichen Schutzausrüstungen entsprechen, bereitzustellen und in Übereinstimmung mit der PSA-Benutzungsverordnung zu verwenden.

Siehe insbesondere § 17 Gefahrstoffverordnung. Gefährdungen durch den sehr giftigen Stoff Natriumazid werden in Abschnitt C. "Zusätzliche Bestimmungen für spezielle Gegenstände" behandelt.

3.6 Brand- und Explosionsgefährdungen

3.6.1 Allgemeines zu Explosivstoffen

Sprengstoffgesetz § 24

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) § 15

Die UVV "Explosivstoffe - Allgemeine Vorschrift" (BGV B5) legt als grundlegende Vorschrift für das Herstellen explosionsgefährlicher Stoffe Schutzziele und konkrete Sicherheitsabstände, Bauarten von Gebäuden, Raumbelegungen mit Explosivstoffmassen und bestimmte Arbeitsweisen fest, damit Gefährdungen durch Brände und Explosionen minimiert werden.

Diese BG-Regel konkretisiert im wesentlichen Anforderungen der UVV "Explosivstoffe - Allgemeine Vorschrift" (BGV B5) und berücksichtigt auch die vorgenannten Anforderungen des Sprengstoffgesetzes. Sie beschreibt den Stand der Sicherheitstechnik bei der Herstellung pyrotechnischer Sätze, Halberzeugnisse und Gegenstände mit der Zielsetzung, Brand- und Explosionsgefährdungen zu minimieren.

Grundsätzlich müssen für die einzelnen Verfahrensschritte zur Herstellung pyrotechnischer Sätze, Halberzeugnisse und Gegenstände bewährte oder sicherheitstechnisch mindestens gleichwertige Arbeitstechniken benutzt werden. Der Unternehmer hat für das Herstellen, Verarbeiten, Aufbewahren und Lagern Höchstmassen von Ausgangsstoffen, Sätzen, Halberzeugnissen und Gegenständen sowie Räume und Personenzahlen festzulegen und diese Angaben in die Betriebsanweisung aufzunehmen.

 Erforderliche Prüfungen für Einrichtungen und Arbeitsmittel ergeben sich aus den Bestimmungen der UVV "Explosivstoffe - Allgemeine Vorschrift" (BGV B5); siehe Anhang 1 dieser BG-Regel.
 Die Verpflichtung bei wesentlichen Instandsetzungs- oder Änderungsarbeiten an Einrichtungen, Arbeitsmaschinen und elektrischen Anlagen in gefährlichen Räumen eine schriftliche Erlaubnis zu erteilen, ergibt sich aus § 72 UVV "Explosivstoffe - Allgemeine Vorschrift" (BGV B5). Muster einer schriftlichen Erlaubnis siehe Anhang 2 dieser BG-Regel.

3.6.2 Gefahrgruppen

UVV "Explosivstoffe - Allgemeine Vorschrift" (BGV B5) Anlage 3

UVV "Explosivstoffe - Allgemeine Vorschrift" (BGV B5) Anlage 2

Grundlage für die Festlegung von Sicherheitsabständen, Höchstmassen der verwendeten Explosivstoffe und zulässigen Personenzahlen in Räumen ist die Gefahrgruppe des jeweiligen Explosivstoffes. Sie ergibt sich aus der Wirkung des Explosivstoffes und der Auslösewahrscheinlichkeit (Empfindlichkeit) im jeweiligen Verfahrensgang.

Der Unternehmer hat Sätze, Halberzeugnisse und Gegenstände einer der oben zitierten Gefahrgruppen zuzuordnen. Maßgebend für diese Zuordnung sind die Wirkungen der Sätze, Halberzeugnisse und Gegenstände bei der Auslösung durch die möglichen Beanspruchungen in den jeweiligen Arbeitsgängen.

Die Wirkung kann unter anderem anhand des Abbrandverhaltens, der Masse und der Verdämmung, die Auslösewahrscheinlichkeit auf Grund der thermischen und mechanischen Empfindlichkeit beurteilt werden.

Zur Zuordnung hat der Unternehmer praxisnahe Versuche durchzuführen, die den tatsächlichen Gegebenheiten und Beanspruchungen der pyrotechnischen Sätze, Halberzeugnisse und Gegenstände am Arbeitsplatz entsprechen. Insbesondere sind z.B. Masse/Menge, Einschluss, Verdämmung, spezifische Verfahrensparameter, zu berücksichtigen. Die Ergebnisse der Versuche sind zu dokumentieren.

Bestehen hinsichtlich der Zuordnung zu einer Gefahrgruppe Zweifel, so entscheidet die Berufsgenossenschaft nach Anhörung der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) oder des Wehrwissenschaftlichen Instituts für Werk-, Explosiv- und Betriebsstoffe (WIWEB vormals BICT). Bis zu dieser Entscheidung sind die betreffenden Sätze, Halberzeugnisse oder Gegenstände der gefährlicheren Gefahrgruppe zuzuordnen.

Da die Wirkung und die Auslösewahrscheinlichkeit unter anderem von den unterschiedlichen betrieblichen und arbeitsplatzbezogenen Gegebenheiten abhängig sind, können die bei der Gefahrgruppenbestimmung anzuwendenden Prüfmethoden hier nur beispielhaft angeführt werden.

Bei der Zuordnung zu den Gefahrgruppen für pyrotechnische Sätze sollte zur Ermittlung der Wirkungen das Abbrandverhalten von Sätzen bei unterschiedlichen Einschlussbedingungen geprüft werden. Dabei kann der Abbrand in loser Schüttung, in lose verschlossenen Pappbehältern oder auch in verschlossenen Stahlrohren zur Bewertung herangezogen werden. Hierbei ist es sinnvoll, diese Untersuchungen mit unterschiedlichen Satzmassen bis hin zur tatsächlich am Arbeitsplatz vorgesehenen Satzmasse durchzuführen. Bei den Abbrandversuchen in Pappbehältern sollte die Anzündung vorrangig am Boden gewählt werden. Ist eine Auslösung durch Detonationsstoß auszuschließen, sind z.B. Satzauslöser, Wärmekapseln, Stoppinen, als geeignete Anzündmittel anzusehen. Das Verhalten von Sätzen gegenüber Detonationsstoß wird üblicherweise in 1" bzw. 2" Stahlrohren geprüft.

Über die Fähigkeit eines Satzes bereits in kleiner Menge explodieren zu können, gibt der Stahlhülsentest Aufschluss.

Zur Bestimmung von Auslösewahrscheinlichkeiten sollten vorrangig die Werte der Schlagempfindlichkeit (BAM- Fallhammer) und der Reibempfindlichkeit (BAM- Reibapparat) herangezogen werden. Zusätzlich wird empfohlen, Zersetzungstemperaturen (z.B. im Woodschen Metallbad, durch DTA oder DSC) und die Auslösbarkeit durch Funken, Flammen (Schwarzpulveranzündschnur, Bunsenbrenner) bzw. glühende Metallgegenstände (Stahlstab, Stahlschale) zu ermitteln.

Insbesondere dann, wenn die oben benannten Prüfungen die tatsächlichen Verhältnisse des Arbeitsplatzes, z.B. hinsichtlich Einschlussbedingungen, Maßstabseffekte, nur unzureichend widerspiegeln, ist eine Untersuchung in der vorgesehenen Apparatur/Vorrichtung unerlässlich.

Abb. 4: Fallhammer (BAM)

Untersuchungen zur Bestimmung der Wirkung von pyrotechnischen Halberzeugnissen und Gegenständen sind ebenfalls arbeitsplatzbezogen durchzuführen. Diese können sein: Abbrennen in modifizierten Presswerkzeugen (Simulation der Auslösung beim Pressvorgang), Abbrand von Halberzeugnissen in offenen und geschlossenen Stellagen, Abbrand von Halberzeugnissen oder Gegenständen mit offenen Anzündstellen in Bevorratungsmagazinen usw.

Abb. 5: Reibapparat (BAM)

Da sich in der Regel Sätze, Halberzeugnisse oder Gegenstände an mehreren Stellen im Arbeitsgang befinden oder bereitgehalten werden, sollten auch Übertragungsversuche durchgeführt werden.

3.6.3 Beispiele für Gefahrgruppen pyrotechnischer Sätze, Halberzeugnisse und Gegenstände

3.6.3.1 Abhängigkeit der Gefahrgruppe vom Arbeitsgang

Während der Herstellung pyrotechnischer Sätze und Gegenstände ändert sich häufig die Gefahrgruppe eines Satzes, Halberzeugnisses oder Gegenstandes in Abhängigkeit von seinem jeweiligen Zustand. Die Gefahrgruppe wird durch verschiedene Parameter, z.B. Masse, Durchmischungsgrad, Feuchtigkeitsgehalt, Verdichtungsgrad und Konfektionierungszustand, bestimmt. Bei der Herstellung von Sätzen oder Baugruppen spielt außerdem die jeweilige Verdämmung (auch Eigenverdämmung) des Satzes eine entscheidende Rolle.

Diese Gefahrgruppenbetrachtung ist streng arbeitsplatzbezogen und benutzt die Gefahrgruppen 1.1 bis 1.4 zur besseren Beschreibung der Gefahr.

Die ermittelten Gefahrgruppen sind in der Regel nicht identisch mit der Klassifizierung nach den Gefahrguttransportvorschriften bzw. den Lagergruppen nach der Zweiten Sprengverordnung, da diese nach anderen Prüfkriterien festgelegt werden und nicht die Gegebenheiten im jeweiligen Arbeitsgang berücksichtigen.

Die Herstellung von Feuerwerkssternen auf der Basis von Chlorat oder Perchlorat als Hauptoxidationsmittel zusammen mit Naturharzen und farbgebenden Komponenten oder im Falle von Perchlorat, auch unter Verwendung von Leichtmetallpulver, kann für den vorstehend genannten Zusammenhang als Beispiel dienen:

Bei der Satzherstellung im trockenen Zustand liegt je nach Zusammensetzung eine der Gefahrgruppen 1.1-1 bis 1.1-3 vor. Beim Dragieren mit Wasser oder organischen Lösemitteln liegt Gefahrgruppe 1.3 oder 1.4 vor. Angefeuert und getrocknet sind die Sterne dann in kleiner Masse oder in geringer Schichtdicke Gefahrgruppe 1.3 und müssen unter Umständen beim Abstellen in z.B. 10 kg-Trommeln wieder einer der Gefahrgruppen 1.1-1 bis 1.1-3 zugeordnet werden.

Die Herstellung eines Lichtsignalsatzes auf der Basis von Alkalinitrat / Magnesiumpulver / Binder ist ein weiteres typisches Beispiel. Während des Mischens kann die Gefahrgruppe in Abhängigkeit von der Zusammensetzung, der Masse und des Einschlusses bei den Gefahrgruppen 1.1-1 bis 1.1-3 oder 1.3 liegen. Beim Verarbeiten und Vereinzeln des Satzes in Sternhülsen ist sicher 1.3 die zutreffende Gefahrgruppe. Beim maschinellen Verdichten kann kurzfristig Gefahrgruppe 1.1 mit Splitterbildung vorliegen. Nach dem Verdichten ist von Gefahrgruppe 1.3 und nach dem Verschließen (Laborieren) zur fertigen Signalpatrone bis zum Kaliber 26,5 mm von 1.4 als wahrscheinlichste Gefahrgruppe auszugehen.

Abb. 6: Beispiel für Gefahrgruppe 1.4 (Dragieren mit Wasser)

Abb. 7: Beispiel für Gefahrgruppe 1.3 (Trockener angefeuerter Satz in geringer Schutthöhe)

Abb. 8: Beispiel für Gefahrgruppe 1.1.2 (Anfeuerungssatz in 10 kg-Trommel)

3.6.3.2 Beispiele für Gefahrgruppenzuordnungen

Sätze, Halberzeugnisse und Gegenstände gleicher Bezeichnung können unter mehrere Gefahrgruppen fallen, weil sie unterschiedliche Wirkungen aufweisen können. Das ist besonders dann der Fall, wenn Gattungsbezeichnungen, z.B. Leuchtsätze, verwendet werden. Die Bezeichnung ist somit für das Zuordnen zu einer Gefahrgruppe nicht entscheidend.

Tabelle: Beispiele für Gefahrgruppenzuordnungen

Pyrotechnische Sätze, Halberzeugnisse und GegenständeMögliche Zuordnungen *
1.11.21.31.4
Anfeuerungssätze (Zr / KClO4)1.1-1   
Anfeuerungssätze (Schwarzpulver)1.1-2   
Anfeuerungssätze (auf der Basis abgew. Leuchtsätze)1.1-3   
Anzünder für Pulverschnüre   X
Anzünder für Treibladung  XX
AnzündhütchenX XX
Anzündlitze  XX
Blitzsätze (z.B. Kaliumperchlorat / Aluminium)1.1-1   
Feuerwerk der Klasse I und II der 1. SprengV   X
Feuerwerk der Klasse III und IV der 1. SprengVXXXX
Feuerwerkssterne1.1-1 XX
1.1-2   
1.1-3   
Glühsätze  XX
HagelabwehrraketenXX  
Hülsen mit BlitzsatzX   
Knallgeschosse und Knallpatronen der Klasse PM IIX X 
Leinenwurfraketen X X
Leucht- und Signalmunition  XX
Leuchtsätze (z.B. Alkali oder Erdkalinitrat/Magnesium) Bengalsätze1.1-2 X 
1.1-3 XX
Nebelmunition XXX
Nebelsätze1.1-2 XX
1.1-3   
Pulveranzündschnüre   X
Pyrotechnische DarstellungsmunitionX XX
Pyrotechnische Geschoss- und Patronenmunition der Klasse PM I  XX
Pyrotechnische Geschoss- und Patronenmunition der Klasse PM IIXXXX
Pyrotechnische ÜbungsmunitionXXX 
Raketentreiber  X 
Rauchkörper  XX
Rauchsätze(z.B. Farbstoff / Kaliumchlorat / Milchzucker)  XX
Schwarzpulver1.1-2 X 
Sternsätze (Leuchtsätze ohne Metallpulver)1.1-2 XX
1.1-3   
Stoppinen1.1-2 X 
1.1-3   
Thermitsätze und Heizsätze  XX
Treibkartuschen für technische Anwendungen, z.B. für Schussapparate für gewerbliche Zwecke  XX
Trennvorrichtungen mit Explosivstoff   X
Verzögerungssätze, z.B. Mennige / Silicium / Bleichromat / Antimon / Kaliumchlorat1.1-2 XX
1.1-3   


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