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BayVSG - Bayerisches Verfassungsschutzgesetz
- Bayern -

Vom 12. Juli 2016
(GVBl. Nr. 10 vom 19.07.2016 S. 145; 15.05.2018 S. 230 18; 12.06.2018 S. 382 18a; 26.03.2019 S. 98 19; 23.07.2021 S. 418 21; 24.07.2023 S. 374 23)
Gl.-Nr.: 12-1-I



Archiv: 1997

Der Landtag des Freistaates Bayern hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit bekannt gemacht wird:

Teil 1
Organisation und Aufgaben

Art. 1 Organisation 19

Die Aufgaben des Verfassungsschutzes nimmt das Landesamt für Verfassungsschutz (Landesamt) als eine dem Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration (Staatsministerium) unmittelbar nachgeordnete Behörde wahr.

Art. 2 Zusammenarbeit

(1) Das Landesamt, Polizei- und sonstige Sicherheitsbehörden sowie Strafverfolgungsbehörden sind zur Zusammenarbeit verpflichtet.

(2) Verfassungsschutzbehörden anderer Länder dürfen in Bayern nur im Einvernehmen mit dem Landesamt und nur nach Maßgabe dieses Gesetzes tätig werden.

Art. 3 Aufgaben 23

Das Landesamt nimmt zum Schutz

  1. der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes, der Länder sowie überstaatlicher und internationaler Organisationen, denen Deutschland angehört,
  2. auswärtiger Belange der Bundesrepublik Deutschland vor einer Gefährdung durch Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen sowie
  3. des Gedankens der Völkerverständigung, insbesondere des friedlichen Zusammenlebens der Völker,

(Verfassungsschutzgüter) die in § 3 des Bundesverfassungsschutzgesetzes (BVerfSchG) bezeichneten Aufgaben wahr. Es beobachtet hierzu ferner Bestrebungen und Tätigkeiten der Organisierten Kriminalität im Geltungsbereich des Grundgesetzes (GG).

Art. 4 Begriffsbestimmungen 23

(1) Die Begriffsbestimmungen des § 4 BVerfSchG finden Anwendung.

(2) Im Sinne dieses Gesetzes sind

  1. beobachtungsbedürftig Bestrebungen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 4 BVerfSchG;
  2. erheblich beobachtungsbedürftig
    1. Bestrebungen und Tätigkeiten der Organisierten Kriminalität im Sinne des Abs. 4,
    2. Tätigkeiten nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 BVerfSchG oder
    3. Bestrebungen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 4 BVerfSchG, die
      1. a) nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Mitglieder den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder sich kämpferischaggressiv gegen die Verfassungsschutzgüter richten,
      2. b) ihre Existenz, Organisation, Ziele oder Tätigkeit in erheblichem Maße zu verschleiern suchen,
      3. c) in erheblichem Maße oder in besonders wirkungsvoller Art Propaganda betreiben oder
      4. d) systematisch Fehlinformationen verbreiten oder Einschüchterung betreiben, um die öffentliche politische Willensbildung zu beeinträchtigen oder den öffentlichen Frieden zu stören;
  3. gesteigert beobachtungsbedürftig Bestrebungen und Tätigkeiten nach Nr. 2, die
    1. mit der Bereitschaft zur Begehung schwerer Straftaten im Sinne des Abs. 3 Nr. 1 einhergehen oder
    2. nach Größe und gesellschaftlichem Einfluss, insbesondere auf Grund des Gesamtbilds von Mitglieder- und Unterstützerzahl, Organisationsstruktur, Mobilisierungsgrad, Aktionsfähigkeit und Finanzkraft, geeignet sind, ein Verfassungsschutzgut zu beeinträchtigen.

(3) Im Sinne dieses Gesetzes sind

  1. schwere Straftaten solche, die
    1. gerichtet sind gegen
      1. a) ein Verfassungsschutzgut,
      2. b) Leib, Leben oder Freiheit von Personen,
      3. c) Sachen, deren Erhaltung im besonderen öffentlichen Interesse liegt,
    2. im Zusammenhang mit der Beteiligung an einer beobachtungsbedürftigen Bestrebung oder in Ausübung einer beobachtungsbedürftigen Tätigkeit begangen werden und
    3. mit einer Höchststrafe von mindestens drei Jahren Freiheitsstrafe bedroht sind;
  2. besonders schwere Straftaten solche, die gegen ein in Nr. 1 Buchst. a genanntes Rechtsgut gerichtet sind, und
    1. mit einer Höchststrafe von mindestens zehn Jahren Freiheitsstrafe bedroht sind oder
    2. mit einer Höchststrafe von mindestens fünf Jahren Freiheitsstrafe bedroht sind und im Zusammenhang mit der Beteiligung an einer beobachtungsbedürftigen Bestrebung oder in Ausübung einer beobachtungsbedürftigen Tätigkeit begangen werden.

(4) Organisierte Kriminalität im Sinne dieses Gesetzes ist die von Gewinn- oder Machtstreben bestimmte planmäßige Begehung von Straftaten, die einzeln oder in ihrer Gesamtheit von erheblicher Bedeutung für die Rechtsordnung sind, durch mehr als zwei Beteiligte, die auf längere oder unbestimmte Dauer arbeitsteilig tätig werden

  1. unter Verwendung gewerblicher oder geschäftsähnlicher Strukturen,
  2. unter Anwendung von Gewalt oder durch entsprechende Drohung oder
  3. unter Einflussnahme auf Politik, Verwaltung, Justiz, Medien oder Wirtschaft.

Teil 2
Befugnisse

Kapitel 1
Allgemeine Bestimmungen

Art. 5 Allgemeine Befugnisse 18 23

(1) Soweit nicht besondere Bestimmungen gelten, darf das Landesamt Informationen einschließlich personenbezogener Daten auch ohne Kenntnis der Betroffenen verarbeiten, soweit dies erforderlich ist

  1. zur Erfüllung seiner Aufgaben nach Art. 3,
  2. zur Erforschung und Bewertung von Bestrebungen und Tätigkeiten sowie der hierfür erforderlichen Nachrichtenzugänge oder
  3. zum Schutz seiner Mitarbeiter, Einrichtungen, Gegenstände und Nachrichtenzugänge gegen sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten.

Informationen, die nach Satz 1 gespeicherte Angaben belegen, dürfen auch gespeichert werden, wenn darin weitere personenbezogene Daten Dritter enthalten sind; die Abfrage dieser Daten ist insoweit unzulässig. Personenbezogene Daten Minderjähriger sind zu kennzeichnen und gegen unberechtigten Zugriff besonders zu sichern. Das Landesamt darf personenbezogene Daten auch für die Vorgangsverwaltung verarbeiten.

(2) Das Landesamt darf personenbezogene Daten über den Anlass und Zweck hinaus, zu dem sie erhoben wurden, für die in Abs. 1 Satz 1 genannten Zwecke weiterverarbeiten, wenn tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass die Daten als konkreter Ansatz hierfür geeignet sind.

(3) Dem Landesamt steht kein Weisungsrecht gegenüber Dienststellen der Polizei zu. Es darf die Dienststellen der Polizei auch nicht im Wege der Amtshilfe um Maßnahmen ersuchen, zu denen es selbst nicht befugt ist.

Art. 5a Beobachtung 23

(1) Voraussetzung für die Sammlung und Auswertung von Informationen ist, dass tatsächliche Anhaltspunkte für beobachtungsbedürftige Bestrebungen oder Tätigkeiten nach Art. 4 Abs. 2 vorliegen.

(2) Das Landesamt darf zur Erforschung, ob die Voraussetzungen des Abs. 1 vorliegen, nur Informationen einschließlich personenbezogener Daten aus allgemein zugänglichen Quellen verarbeiten.

(3) Die Beobachtung ist zu beenden, wenn ihre Dauer zur Einstufung der Beobachtungsbedürftigkeit nach Art. 4 Abs. 2 und dem Gewicht der hierfür gesammelten Informationen außer Verhältnis steht. Sie ist in der Regel spätestens zu beenden, wenn binnen fünf Jahren keine weiteren tatsächlichen Anhaltspunkte hinzugetreten sind. Die Einstufung der Beobachtungsbedürftigkeit nach Art. 4 Abs. 2 ist vor jedem Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel unter Berücksichtigung der Dauer der Beobachtung und des Gewichts der dabei gewonnenen Informationen zu überprüfen.

Art. 6 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

(1) Von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen hat das Landesamt diejenige zu treffen, die den Einzelnen und die Allgemeinheit am wenigsten beeinträchtigt.

(2) Eine Maßnahme darf nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht.

(3) Eine Maßnahme ist nur zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist oder sich zeigt, dass er nicht erreicht werden kann.

Art. 7 Nachvollziehbarkeit 18 18a 23

(1) Die beim Landesamt geführten Dateien und Akten lassen die Verarbeitung personenbezogener Daten in ihrer zeitlichen Reihenfolge nachvollziehbar, vollständig und dauerhaft erkennen.

(2) Die nach Abs. 1 über die Verarbeitung gespeicherten Daten werden ausschließlich verwendet zur Datenschutzkontrolle, zur Eigenüberwachung und um die Integrität und Sicherheit der personenbezogenen Daten sicherzustellen. Sie sind nach Abschluss der Kontrolle nach Art. 32 Abs. 2, spätestens nach drei Jahren zu löschen, es sei denn, dass besondere Gründe der Geheimhaltung oder des Geheimschutzes eine längere Aufbewahrung gebieten.

Kapitel 2
Nachrichtendienstliche Mittel

Art. 8 Anwendung nachrichtendienstlicher Mittel 18a 21 23

(1) Das Landesamt darf bei der Erhebung von Informationen nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Methoden, Gegenstände und Instrumente zur verdeckten Informationsbeschaffung (nachrichtendienstliche Mittel), insbesondere Observationen, Bild- und Tonaufzeichnungen, Tarnpapiere und -kennzeichen, anwenden, soweit dies zur Aufklärung einer beobachtungsbedürftigen Bestrebung oder Tätigkeit erforderlich ist und nicht die Art. 9 bis 19a die Anwendung besonders regeln. Es darf die Mittel im Sinne von Satz 1 auch zum Schutz seiner Mitarbeiter, Einrichtungen, Gegenstände und Nachrichtenzugänge gegen sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten anwenden. Nachrichtendienstliche Mittel dürfen auch angewendet werden, wenn Dritte hierdurch unvermeidbar betroffen werden. Bei Sicherheitsüberprüfungen (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BVerfSchG) darf das Landesamt nur das Mittel der Tarnung von Mitarbeitern anwenden.

(2) Die zulässigen nachrichtendienstlichen Mittel sind in einer Dienstvorschrift zu benennen, die auch die Zuständigkeit für die Anordnung solcher Informationsbeschaffungen regelt. Die Dienstvorschrift bedarf der Zustimmung des Staatsministeriums, das das Parlamentarische Kontrollgremium unterrichtet.

(3) Ein nachrichtendienstliches Mittel darf sich nur gezielt gegen eine bestimmte Person richten, wenn auf Grund tatsächlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist, dass sie

  1. an der Bestrebung oder Tätigkeit beteiligt ist oder
  2. mit einer Person nach Nr. 1 in Kontakt steht und
    1. von der Bestrebung oder Tätigkeit Kenntnis hat oder
    2. die Person nach Nr. 1 sich ihrer zur Förderung der Bestrebung oder Tätigkeit bedient
      und eine Maßnahme gegen die Person nach Nr. 1 allein nicht zur Erforschung des Sachverhalts ausreicht.

Art. 8a Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung und der Berufsgeheimnisträger 18a 23
(Entscheidung BVerfG vom 26.04.2022 siehe =>)

(1) Die Anwendung nachrichtendienstlicher Mittel ist unzulässig, soweit hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass durch sie allein Erkenntnisse gewonnen werden würden

  1. aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung oder
  2. bei einem Geistlichen, Verteidiger, Rechtsanwalt, Kammerrechtsbeistand oder einem der in § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 der Strafprozeßordnung (StPO) genannten Berufsgeheimnisträger oder einer diesen nach § 53a Abs. 1 Satz 1 StPO gleich stehenden Person, über die der Berufsgeheimnisträger das Zeugnis verweigern dürfte.

Treten die Voraussetzungen des Satzes 1 während der Anwendung nachrichtendienstlicher Mittel ein, ist die Maßnahme zu unterbrechen, sobald dies ohne Gefährdung von Leib und Leben oder Enttarnung eingesetzter Personen möglich ist und solange anzunehmen ist, dass diese Voraussetzungen vorliegen. Bestehen Zweifel, ob oder wie lange die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen, darf ausschließlich eine automatische Aufzeichnung durchgeführt werden. Soweit bei der Anwendung nachrichtendienstlicher Mittel Erkenntnisse im Sinne von Satz 1 gewonnen wurden, sind sie unverzüglich zu löschen. In Zweifelsfällen sind sie unverzüglich zur richterlichen Entscheidung über die Verwertbarkeit vorzulegen. Eine Fortsetzung der Maßnahme in Fällen des Satzes 2 und die Löschung der Erkenntnisse nach Satz 4 sind nach Maßgabe von Art. 7 aktenkundig zu machen.

(2) Erfolgen Maßnahmen bei einem anderen der in § 53 Abs. 1 Satz 1 StPO genannten Berufsgeheimnisträger oder einer diesen nach § 53a Abs. 1 Satz 1 gleich stehenden Person nicht zur Aufklärung von deren eigenen Bestrebungen oder Tätigkeiten, sind das öffentliche Interesse an den von dem Berufsgeheimnisträger wahrgenommenen Aufgaben und das Interesse an der Geheimhaltung der diesem anvertrauten oder bekannt gewordenen Tatsachen besonders zu berücksichtigen. Soweit hiernach geboten, ist die Maßnahme zu unterlassen oder, soweit dies nach der Art der Maßnahme möglich ist, zu beschränken.

Art. 8b Mitteilung an Betroffene 18a 23
(Entscheidung BVerfG vom 26.04.2022 siehe =>)

(1) Die Anwendung nachrichtendienstlicher Mittel teilt das Landesamt nach Beendigung den Betroffenen mit, soweit dies in den Art. 9 bis 19a bestimmt ist. Wurden personenbezogene Daten, die durch die Maßnahme gewonnen wurden, an eine andere Stelle übermittelt, erfolgt die Mitteilung im Benehmen mit der Stelle, an die die Übermittlung erfolgt ist.

(2) Die Mitteilung unterbleibt, wenn

  1. überwiegende schutzwürdige Interessen eines anderen Betroffenen entgegenstehen,
  2. die Betroffenheit einer Person, gegen die sich die Maßnahme nicht gerichtet hat, unerheblich und anzunehmen ist, dass kein Interesse an einer Mitteilung besteht oder
  3. die Identität oder der Aufenthaltsort des Betroffenen nur mit unverhältnismäßigem Aufwand zu ermitteln ist.

(3) Die Mitteilung ist zurückzustellen, solange eine Gefährdung zu besorgen ist für den Zweck der Maßnahme, ein Verfassungsschutzgut, Leib, Leben, Freiheit einer Person oder Sachen von bedeutendem Wert, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten ist. Die Mitteilung unterbleibt, wenn frühestens fünf Jahre nach Beendigung der Maßnahme festgestellt wird, dass die Voraussetzungen für die Mitteilung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft nicht eintreten werden, eine weitere Verwendung der Daten gegen den Betroffenen ausgeschlossen ist und die Daten gelöscht werden. Über die Dauer einer Zurückstellung nach Satz 1 über ein Jahr nach Beendigung der Maßnahme hinaus und über das Unterbleiben nach Satz 2 wird nach dem Verfahren entschieden, das für die Anordnung der Maßnahme galt.

Art. 9 Verdeckter Einsatz technischer Mittel zur Wohnraumüberwachung 18a 23
(Entscheidung BVerfG vom 26.04.2022 siehe =>)

(1) Das Landesamt darf bei der Erhebung personenbezogener Daten im Schutzbereich von Art. 13 GG und Art. 106 Abs. 3 der Verfassung verdeckt technische Mittel einsetzen, um das nichtöffentlich gesprochene Wort abzuhören und aufzuzeichnen sowie Lichtbilder und Bildaufzeichnungen herzustellen, zur Abwehr einer dringenden Gefahr für

  1. ein Verfassungsschutzgut,
  2. Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder
  3. Sachen, deren Erhaltung im besonderen öffentlichen Interesse geboten ist.

Zur Vorbereitung und Durchführung der Maßnahme darf die Wohnung auch ohne Wissen des Inhabers und der Bewohner betreten werden, wenn dies ausdrücklich angeordnet wurde. Die Maßnahme ist nur zulässig, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre und geeignete polizeiliche Hilfe für das bedrohte Rechtsgut ansonsten nicht rechtzeitig erlangt werden kann. Die erhobenen Daten dürfen über den Anlass und Zweck hinaus, zu dem sie erhoben wurden, nur zur Abwehr einer Gefahr im Sinne des Satzes 1 oder zur Verfolgung einer Straftat, auf Grund derer eine entsprechende Maßnahme nach § 100c in Verbindung mit § 100b der Strafprozeßordnung in der am 1. Januar 2023 geltenden Fassung angeordnet werden könnte, weiterverarbeitet werden. Daten, die durch Herstellung von Lichtbildern oder Bildaufzeichnungen erlangt wurden, dürfen nicht zu Strafverfolgungszwecken weiterverarbeitet werden.

(2) Die Maßnahme darf sich nur gegen eine Person richten, von der auf Grund tatsächlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist, dass sie für die Gefahr verantwortlich ist (Zielperson), und nur in deren Wohnung durchgeführt werden. In der Wohnung einer anderen Person ist die Maßnahme zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass

  1. die Zielperson sich dort zur Zeit der Maßnahme aufhält,
  2. sich dort für die Erforschung des Sachverhalts relevante Informationen ergeben werden und
  3. eine Maßnahme in der Räumlichkeit der Zielperson allein nicht zur Erforschung des Sachverhalts ausreicht.

(3) Die Voraussetzungen des Art. 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 liegen insbesondere vor, wenn zu privaten Wohnzwecken genutzte Räumlichkeiten betroffen sind, in denen sich die Zielperson allein oder ausschließlich mit Personen des besonderen persönlichen Vertrauens aufhält, es sei denn, tatsächliche Anhaltspunkte rechtfertigen die Annahme, dass

  1. den Gesprächen insgesamt ein höchstvertraulicher Charakter fehlen wird oder
  2. die Gespräche einen unmittelbaren Bezug zur dringenden Gefahr im Sinne von Abs. 1 Satz 1 haben werden.

In solchen Räumen ist eine ausschließlich automatische Aufzeichnung nur unter den Voraussetzungen des Art. 8a Abs. 1 Satz 3 zulässig.

Art. 10 Verdeckter Zugriff auf informationstechnische Systeme 18a 23
(Entscheidung BVerfG vom 26.04.2022 siehe =>)

(1) Auf informationstechnische Systeme, die der Betroffene in der berechtigten Erwartung von Vertraulichkeit als eigene nutzt und die seiner selbstbestimmten Verfügung unterliegen, darf das Landesamt zur Abwehr einer konkretisierten Gefahr für ein in Art. 9 Abs. 1 Satz 1 genanntes Rechtsgut verdeckt mit technischen Mitteln nur zugreifen, um

  1. Zugangsdaten und verarbeitete Daten zu erheben oder
  2. zur Vorbereitung einer Maßnahme nach Nr. 1 spezifische Kennungen sowie den Standort eines informationstechnischen Systems zu ermitteln.

Art. 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Die erhobenen Daten dürfen über den Anlass und Zweck hinaus, zu dem sie erhoben wurden, nur zur Abwehr einer Gefahr im Sinne des Satzes 1 oder zur Verfolgung einer Straftat, auf Grund derer eine entsprechende Maßnahme nach § 100b der Strafprozessordnung in der am 1. Januar 2023 geltenden Fassung angeordnet werden könnte, weiterverarbeitet werden.

(2) Durch technische Maßnahmen ist sicherzustellen, dass

  1. an dem informationstechnischen System nur Veränderungen vorgenommen werden, die für die Datenerhebung unerlässlich sind,
  2. die vorgenommenen Veränderungen bei Beendigung der Maßnahme soweit technisch möglich automatisiert rückgängig gemacht werden und
  3. Daten, die den Kernbereich privater Lebensgestaltung betreffen, soweit technisch möglich nicht erhoben werden.

Das eingesetzte Mittel ist nach dem Stand der Technik gegen unbefugte Nutzung zu schützen. Kopierte Daten sind nach dem Stand der Technik gegen Veränderung, unbefugte Löschung und unbefugte Kenntnisnahme zu schützen.

(3) Die Maßnahme darf sich nur gegen die Zielperson richten und nur durch Zugriff auf deren informationstechnisches System durchgeführt werden. Der Zugriff auf informationstechnische Systeme anderer ist zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass

  1. die Zielperson deren informationstechnisches System benutzt oder benutzt hat,
  2. sich dadurch für die Abwehr der Gefahr relevante Informationen ergeben werden und
  3. ein Zugriff auf das informationstechnische System der Zielperson allein nicht zur Erforschung des Sachverhalts ausreicht.

Art. 11 Verfahren bei Maßnahmen nach den Art. 9 und 10 18 18a 23

(1) Der Einsatz technischer Mittel nach den Art. 9 und 10 bedarf einer richterlichen Anordnung. Bei Gefahr im Verzug kann die Behördenleitung oder ihre Vertretung die Anordnung treffen; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen.

(2) Die Anordnung ist auf höchstens einen Monat zu befristen. Verlängerungen um jeweils nicht mehr als einen weiteren Monat sind zulässig, soweit die Voraussetzungen der Anordnung fortbestehen. Die erhobenen personenbezogenen Daten sind unverzüglich zur richterlichen Entscheidung über die Verwertbarkeit vorzulegen, soweit sie nicht unmittelbar nach der Erhebung ohne inhaltliche Kenntnisnahme gelöscht wurden. Für die Pflicht des Landesamts zur Prüfung, Kennzeichnung und Löschung ist § 4 Abs. 1, 2 Satz 1 und 2 sowie Abs. 3 des Artikel 10-Gesetzes (G 10) und für die Durchführung § 11 Abs. 1 und 2 G 10 entsprechend anzuwenden; für den Verzicht auf die Kennzeichnung bei der Übermittlung gilt Abs. 1 entsprechend. Die Maßnahme ist den Betroffenen nach Art. 8b mitzuteilen.

(3) Dient der Einsatz technischer Mittel nach den Art. 9 und 10 ausschließlich dem Schutz der für den Verfassungsschutz bei einem Einsatz in Wohnungen tätigen Personen, erfolgt die Anordnung abweichend von Abs. 1 durch die Behördenleitung oder ihre Vertretung. Eine anderweitige Verwendung der hierbei erlangten Erkenntnisse ist nur zulässig, wenn zuvor der Richter festgestellt hat, dass die Maßnahme rechtmäßig ist und die Voraussetzungen des Art. 9 Abs. 1 Satz 1 vorliegen; Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend. Im Übrigen sind die Daten unverzüglich zu löschen.

(4) Dient der Zugriff auf ein informationstechnisches System nach Art. 10 ausschließlich der Aufklärung eines gegenwärtigen elektronischen Angriffs, bei dem hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass er durch, im Auftrag oder zur Unterstützung einer fremden Macht durchgeführt wird, bedarf es abweichend von Abs. 2 Satz 3 keiner richterlichen Entscheidung über die Verwertbarkeit, sofern die Weiterverarbeitung der Daten darauf beschränkt bleibt,

  1. Informationen über den Einsatz von Schadprogrammen oder andere Angriffsmethoden zu sammeln und auszuwerten,
  2. Ziele des Angriffs zu informieren.

Eine anderweitige Verwendung der erhobenen Daten ist nur nach richterlicher Entscheidung zulässig. Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 oder 2 nicht vor, sind die erhobenen Daten unverzüglich ohne inhaltliche Kenntnisnahme unter Aufsicht eines Bediensteten, der die Befähigung zum Richteramt hat, zu löschen; § 4 Abs. 1 Satz 3 bis 7 G 10 ist entsprechend anzuwenden.

Art. 12 Ortung von Mobilfunkendgeräten 23
(Entscheidung BVerfG vom 26.04.2022 siehe =>)

(1) Das Landesamt darf technische Mittel zur punktuellen Ermittlung des Standorts eines aktiv geschalteten Mobilfunkendgeräts oder zur Ermittlung der Geräte- oder Kartennummer einsetzen, soweit dies zur Aufklärung einer beobachtungsbedürftigen Bestrebung oder Tätigkeit erforderlich ist. Eine längerfristige Nachverfolgung der Bewegung im Raum ist nur nach Art. 19a zulässig.

(2) Für Antrag und Anordnung gelten die §§ 9 und 10 Abs. 1 bis 3 G 10 entsprechend.

Art. 13 (aufgehoben) 18a 23

Art. 14 Auskunftsersuchen zu Telekommunikation und Telemedien 23

(1) Soweit dies zur Aufklärung einer beobachtungsbedürftigen Bestrebung oder Tätigkeit erforderlich ist, darf das Landesamt Auskunft einholen

  1. bei denjenigen, die geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringen oder daran mitwirken, über die in § 174 Abs. 1 Satz 1 und 2 des Telekommunikationsgesetzes (TKG) in Bezug genommenen Daten (§ 174 Abs. 2 TKG); für die Auskunft über die in § 174 Abs. 1 Satz 2 TKG genannten Daten müssen die gesetzlichen Voraussetzungen für die konkret beabsichtigte Nutzung der Daten im Zeitpunkt des Ersuchens vorliegen,
  2. bei denjenigen, die Telemedien anbieten oder daran mitwirken, über die in § 2 Abs. 2 Nr. 2 des Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetzes (TTDSG) genannten Bestandsdaten.

(2) Die Auskunft darf bei Unternehmen eingeholt werden, die in Deutschland eine Niederlassung haben, den Dienst erbringen oder hieran mitwirken.

Art. 15 Auskunftsersuchen im Schutzbereich des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses 18a 23
(Entscheidung BVerfG vom 26.04.2022 siehe =>)

(1) Das Landesamt darf Auskünfte nach Art. 14 auch einholen, wenn hierzu anhand einer zu einem bestimmten Zeitpunkt zugewiesenen Internetprotokoll- Adresse automatisiert Verkehrsdaten ausgewertet werden müssen.

(2) Das Landesamt darf Auskunft einholen bei

  1. denjenigen, die geschäftsmäßig Postdienstleistungen erbringen und daran mitwirken, zu den Umständen des Postverkehrs,
  2. denjenigen, die geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringen oder daran mitwirken, zu Verkehrsdaten nach § 9 Abs. 1 Satz 1 TTDSG und
  3. denjenigen, die geschäftsmäßig Telemedien im Sinne des Telemediengesetzes anbieten oder daran mitwirken, über
    1. Merkmale zur Identifikation des Nutzers von Telemedien,
    2. Angaben über Beginn und Ende sowie über den Umfang der jeweiligen Nutzung und
    3. Angaben über die vom Nutzer in Anspruch genommenen Telemedien,

soweit dies zur Aufklärung einer erheblich beobachtungsbedürftigen Bestrebung oder Tätigkeit erforderlich ist.

(3) Art. 14 Abs. 2 findet entsprechende Anwendung. § 3 Abs. 2 G 10 gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass die Auskünfte auch über Personen eingeholt werden dürfen, die die Leistung für den Verdächtigen in Anspruch nehmen.

Art. 16 Weitere Auskunftsersuchen 18 23

(1) Das Landesamt darf Auskunft einholen bei

  1. Luftfahrtunternehmen sowie Betreibern von Computerreservierungssystemen und Globalen Distributionssystemen für Flüge zu Namen und Anschriften von Kunden sowie zu Inanspruchnahme und Umständen von Transportleistungen, insbesondere zum Zeitpunkt von Abfertigung und Abflug und zum Buchungsweg,
  2. Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Finanzunternehmen zu Konten, Konteninhabern und

sonstigen Berechtigten sowie weiteren am Zahlungsverkehr Beteiligten und über Geldbewegungen und Geldanlagen, insbesondere über Kontostand und Zahlungsein- und -ausgänge, dies zur Aufklärung einer erheblich beobachtungsbedürftigen Bestrebung oder Tätigkeit erforderlich ist.

(2) Das Landesamt darf das Bundeszentralamt für Steuern ersuchen, bei den Kreditinstituten die in § 93b Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) bezeichneten Daten abzurufen, soweit dies zur Aufklärung einer beobachtungsbedürftigen Bestrebung oder Tätigkeit erforderlich ist.

(3) Art. 15 Abs. 3 gilt entsprechend.

Art. 17 Verfahren bei Maßnahmen nach den Art. 14 bis 16 18 18a 23

(1) Dem Verpflichteten ist es verboten, allein auf Grund eines Auskunftsersuchens einseitige Handlungen vorzunehmen, die für den Betroffenen nachteilig sind und die über die Erteilung der Auskunft hinausgehen, insbesondere bestehende Verträge oder Geschäftsverbindungen zu beenden, ihren Umfang zu beschränken oder ein Entgelt zu erheben oder zu erhöhen. Die Anordnung ist mit dem ausdrücklichen Hinweis auf dieses Verbot und darauf zu verbinden, dass das Auskunftsersuchen nicht die Aussage beinhaltet, dass sich die betroffene Person rechtswidrig verhalten hat oder ein darauf gerichteter Verdacht bestehen müsse.

(2) Bei Maßnahmen nach Art. 15 Abs. 1 sind die Rechtsgrundlage und die tatsächlichen Anhaltspunkte, die das Auskunftsverlangen veranlassen, nach Maßgabe von Art. 7 aktenkundig zu machen.

(3) Bei Maßnahmen nach Art. 15 Abs. 2 und Art. 16 Abs. 1 sind für die Prüfung, Kennzeichnung und Löschung § 4 Abs. 1, 2 Satz 1, 2 und Abs. 3 G 10 sowie für Antrag, Anordnung und Durchführung die §§ 9, 10, 11 Abs. 1 und 2, § 17 Abs. 3, § 18 G 10, Art. 2 des Ausführungsgesetzes Art. 10-Gesetz (AGG 10) und, soweit dem Verpflichteten keine Entschädigung nach besonderen Bestimmungen zusteht, § 20 G 10 entsprechend anzuwenden. Abweichend von § 10 Abs. 3 G 10 genügt eine räumlich und zeitlich hinreichende Bezeichnung der Telekommunikation, sofern anderenfalls die Erreichung des Zwecks der Maßnahme aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Die Maßnahme ist den Betroffenen nach Art. 8b mitzuteilen.

(4) Auf Auskünfte nach Art. 15 Abs. 2 Nr. 2 sind die Vorgaben des § 8b Abs. 8 Satz 4 und 5 BVerfSchG anzuwenden. Für die Erteilung von Auskünften nach Art. 14 Abs. 1 Nr. 2, Art. 15 Abs. 2 Nr. 3 und Art. 16 Abs. 1 gilt die Nachrichtendienste-Übermittlungsverordnung.

Art. 18 Verdeckte Mitarbeiter 23
(Entscheidung BVerfG vom 26.04.2022 siehe =>)

(1) Das Landesamt darf eigene Mitarbeiter unter einer ihnen verliehenen und auf Dauer angelegten Legende (Verdeckte Mitarbeiter) einsetzen. Eine Maßnahme, die

  1. über sechs Monate hinaus,
  2. gezielt gegen eine bestimmte Person oder
  3. gezielt in zu privaten Wohnzwecken genutzten Räumlichkeiten

durchgeführt werden soll, ist nur zur Aufklärung einer erheblich beobachtungsbedürftigen Bestrebung oder Tätigkeit zulässig. Eine Maßnahme im Sinne von Satz 2 Nr. 2, bei der unter Berücksichtigung ihrer voraussichtlichen Dauer und der Umstände ihrer Durchführung zu erwarten ist, dass der persönliche Lebensbereich in besonderem Maße betroffen wird, ist nur zur Aufklärung einer gesteigert beobachtungsbedürftigen Bestrebung oder Tätigkeit zulässig. Verdeckte Mitarbeiter dürfen unter Verwendung ihrer Legende eine Wohnung mit dem Einverständnis des Berechtigten betreten. Das Einverständnis darf nicht durch ein über die Nutzung der Legende hinausgehendes Vortäuschen eines Zutrittsrechts herbeigeführt werden. Verdeckte Mitarbeiter sorgen während des Einsatzes für die Einhaltung des Art. 8a Abs. 1 Satz 2, 4 und 6. 7Intime oder vergleichbar engste persönliche Beziehungen zu Zielpersonen sind unzulässig.

(2) Verdeckte Mitarbeiter dürfen weder zur Gründung von Bestrebungen nach Art. 3 noch zur steuernden Einflussnahme auf derartige Bestrebungen eingesetzt werden. Sie dürfen in Personenzusammenschlüssen oder für diese tätig werden, auch wenn dadurch ein Straftatbestand verwirklicht wird. Im Übrigen dürfen Verdeckte Mitarbeiter im Einsatz bei der Beteiligung an Bestrebungen solche Handlungen vornehmen, die

  1. nicht in Individualrechte eingreifen,
  2. von den an den Bestrebungen Beteiligten derart erwartet werden, dass sie zur Gewinnung und Sicherung der Nachrichtenzugänge unumgänglich sind, und
  3. nicht außer Verhältnis zur Bedeutung des aufzuklärenden Sachverhalts stehen.

Sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein Verdeckter Mitarbeiter rechtswidrig einen Straftatbestand von erheblicher Bedeutung verwirklicht hat, wird sein Einsatz unverzüglich beendet und die Strafverfolgungsbehörde unterrichtet. Über Ausnahmen von Satz 4 entscheidet die Behördenleitung oder ihre Vertretung.

(3) Bei Einsätzen zur Erfüllung der Aufgabe nach Art. 3 Satz 2 gilt § 9a Abs. 3 BVerfSchG entsprechend.

(4) Über die Anordnung entscheidet in den Fällen des

  1. Abs. 1 Satz 1 die Behördenleitung oder ihre Vertretung in entsprechender Anwendung von § 10 Abs. 2 und 3 Satz 1 G 10,
  2. Abs. 1 Satz 2 und 3 das Gericht, das in längstens jährlichem Abstand prüft, ob die Fortsetzung der Maßnahme unter Berücksichtigung ihrer Gesamtdauer und der in dieser Zeit erlangten Informationen gerechtfertigt ist.

Angaben zur Identität der eingesetzten Personen sind geheim zu halten und dürfen dem für die Anordnung zuständigen Gericht nur offengelegt werden, soweit das Gericht dies verlangt, weil die Angaben für die richterliche Entscheidung unerlässlich sind. In den Fällen des Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ist die Maßnahme der Zielperson, in den Fällen des Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 dem Wohnungsinhaber gemäß Art. 8b mitzuteilen, sobald eine Gefährdung der weiteren Verwendbarkeit der eingesetzten Person nicht mehr zu besorgen ist.

(5) Für Mitarbeiter, die verdeckt Informationen in sozialen Netzwerken und sonstigen Kommunikationsplattformen im Internet erheben, gelten die Abs. 2 und 3 sowie § 9a Abs. 3 BVerfSchG entsprechend, auch wenn sie nicht unter einer auf Dauer angelegten Legende tätig werden.

Art. 19 Vertrauensleute 18 23
(Entscheidung BVerfG vom 26.04.2022 siehe =>)

(1) Für den Einsatz von Privatpersonen, deren planmäßige, dauerhafte Zusammenarbeit mit dem Landesamt Dritten nicht bekannt ist (Vertrauensleute), ist Art. 18 Abs. 1 bis 4 entsprechend anzuwenden. Der Anordnung darf eine Anwerbungszeit von neun Monaten vorausgehen, die der vorherigen Anordnung der zuständigen Abteilungsleitung oder ihrer Vertretung bedarf. Eine einmalige Verlängerung um weitere neun Monate ist mit Zustimmung der Behördenleitung oder ihrer Vertretung zulässig, wenn die Eignung der Person noch nicht hinreichend beurteilt werden kann.

(2) Als Vertrauensleute dürfen Personen nicht angeworben und eingesetzt werden, die

  1. nicht voll geschäftsfähig, insbesondere minderjährig sind,
  2. von den Geld- oder Sachzuwendungen für die Tätigkeit auf Dauer als alleinige Lebensgrundlage abhängen würden,
  3. an einem Aussteigerprogramm teilnehmen,
  4. Mitglied des Europäischen Parlaments, des Deutschen Bundestages, eines Landesparlaments oder Mitarbeiter eines solchen Mitglieds sind oder
  5. im Bundeszentralregister mit einer Verurteilung wegen eines Verbrechens oder zu einer Freiheitsstrafe, deren Vollstreckung nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist, eingetragen sind.

Eine Ausnahme von Satz 1 Nr. 5 ist zulässig, wenn die Verurteilung nicht als Täter eines Totschlags (§§ 212, 213 des Strafgesetzbuches) oder einer allein mit lebenslanger Haft bedrohten Straftat erfolgt ist und der Einsatz zur Aufklärung von Bestrebungen unerlässlich ist, die auf die Begehung von schweren oder besonders schweren Straftaten gerichtet sind. Im Falle einer Ausnahme nach Satz 2 ist der Einsatz nach höchstens sechs Monaten zu beenden, wenn er zur Erforschung der in Satz 3 genannten Bestrebungen nicht zureichend gewichtig beigetragen hat. Auch im Weiteren ist die Qualität der gelieferten Informationen fortlaufend zu bewerten.

(3) Informationen von Vertrauenspersonen dürfen vom Landesamt nur verarbeitet werden, wenn zuvor ihre Verwertbarkeit nach Art. 8a Abs. 1 Satz 4 und 5 geprüft wurde.

Art. 19a Längerfristige Observationen 18a 23
(Entscheidung BVerfG vom 26.04.2022 siehe =>)

(1) Das Landesamt darf außerhalb des Schutzbereichs von Art. 13 GG und Art. 106 Abs. 3 der Verfassung eine Person durchgehend länger als 48 Stunden oder an mehr als drei Tagen innerhalb einer Woche verdeckt auch mit technischen Mitteln planmäßig beobachten. Eine Durchführung der Maßnahme

  1. an nicht öffentlich zugänglichen Orten oder
  2. unter verdecktem Einsatz technischer Mittel, um
    1. Lichtbilderfolgen, Ton- oder Bildaufzeichnungen in der Öffentlichkeit herzustellen oder
    2. die Bewegung im Raum nachzuverfolgen,

ist nur zur Aufklärung einer erheblich beobachtungsbedürftigen Bestrebung oder Tätigkeit zulässig. Eine Durchführung der Maßnahme

  1. durchgehend länger als eine Woche oder an mehr als 14 Tagen innerhalb eines Monats oder
  2. unter Einsatz technischer Mittel außerhalb der Öffentlichkeit

ist nur zur Aufklärung einer gesteigert beobachtungsbedürftigen Bestrebung oder Tätigkeit zulässig. Zur Durchführung der Maßnahme kann das Landesamt den Betreiber einer Videoüberwachung nach § 4 Abs. 1 Satz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) verpflichten, die Überwachung auszuleiten und Aufzeichnungen zu übermitteln. Die Vorschriften zum strafbewehrten Mitteilungsverbot nach § 17 Abs. 3 und § 18 G 10 sind entsprechend anzuwenden.

(2) Über die Anordnung entscheidet in den Fällen des

  1. Abs. 1 Satz 1 die Behördenleitung oder ihre Vertretung in entsprechender Anwendung von § 10 Abs. 2 und 3 G 10,
  2. Abs. 1 Satz 2 und 3 das Gericht.

Bei Gefahr im Verzug kann die zuständige Sachgebietsleitung oder deren Vertretung die Anordnung treffen; die Entscheidung nach Satz 1 ist unverzüglich nachzuholen. In den Fällen des Abs. 1 Satz 2 und 3 gilt für die Befristung der Anordnung § 10 Abs. 5 G 10 entsprechend. In den Fällen des Abs. 1 Satz 3 ist die Maßnahme den Betroffenen nach Art. 8b mitzuteilen.

Art. 20 Parlamentarische Kontrolle 18 18a 23

(1) Das Staatsministerium unterrichtet das Parlamentarische Kontrollgremium nach dem Parlamentarischen Kontrollgremium-Gesetz (PKGG)

  1. im Abstand von höchstens sechs Monaten durch einen Überblick insbesondere zu Anlass, Umfang, Dauer, Ergebnis und Kosten von Auskunftsersuchen nach den Art. 15 und 16 Abs. 1,
  2. in jährlichem Abstand durch einen Lagebericht zu
    1. Maßnahmen nach den Art. 9, 10, 12 und 19a,
    2. dem Einsatz von Verdeckten Mitarbeitern und Vertrauensleuten nach den Art. 18 und 19 und
    3. Übermittlungen nach Art. 26 Abs. 1, soweit die übermittelten Daten der Verfügungsberechtigung des Landesamts unterliegen.

Das Parlamentarische Kontrollgremium erstattet dem Landtag jährlich einen Bericht über die Durchführung sowie Art, Umfang und Anordnungsgründe der Auskunftsersuchen und Maßnahmen nach den Art. 9, 10, 12, 15 und 16 Abs. 1 und Art. 19a. Die Grundsätze des Art. 9 Abs. 1 PKGG sind zu beachten.

(2) Das Staatsministerium erstattet dem Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundes jährlich einen Bericht nach § 8b Abs. 10 Satz 1 BVerfSchG über die Durchführung von Maßnahmen nach Art. 15 Abs. 2 Nr. 2 und 3; dabei ist insbesondere ein Überblick über Anlass, Umfang, Dauer, Ergebnis und Kosten der durchgeführten Maßnahmen zu geben.

Kapitel 3
Datenverarbeitung

Art. 21 Löschung, Verarbeitungseinschränkung und Berichtigung 18 18a

(1) Personenbezogene Daten sind zu löschen, wenn

  1. ihre Speicherung unzulässig ist,
  2. ihre Kenntnis zur Erfüllung der Aufgaben nicht mehr erforderlich ist oder
  3. seit der letzten gespeicherten relevanten Information 15 Jahre vergangen sind, es sei denn, die zuständige Abteilungsleitung oder deren Vertretung trifft im Einzelfall ausnahmsweise eine andere Entscheidung.

Für Informationen über Bestrebungen und Tätigkeiten von Minderjährigen gilt § 63 Abs. 1 des Bundeszentralregistergesetzes entsprechend, es sei denn, dass nach Eintritt der Volljährigkeit weitere Erkenntnisse nach Art. 3 angefallen sind.

(2) Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist einzuschränken, wenn eine Löschung

  1. die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen beeinträchtigen würde,
  2. die Erfüllung des Untersuchungsauftrags eines eingesetzten Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestags oder eines Landesparlaments beeinträchtigen würde oder
  3. wegen der besonderen Art der Speicherung nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich ist.

(3) Unrichtige personenbezogene Daten sind zu berichtigen. Wird bei personenbezogenen Daten in Akten festgestellt, dass sie unrichtig sind, oder wird ihre Richtigkeit vom Betroffenen bestritten, so ist dies in der Akte zu vermerken oder auf sonstige Weise festzuhalten. Erweisen sich personenbezogene Daten nach ihrer Übermittlung als unvollständig oder unrichtig, so sind sie unverzüglich gegenüber dem Empfänger zu berichtigen, es sei denn, dass die Berichtigung sich als unmöglich erweist oder mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden ist.

(4) Das Landesamt prüft bei der Einzelfallbearbeitung und nach festgesetzten Fristen, ob gespeicherte personenbezogene Daten zu berichtigen oder zu löschen sind. Die Frist beträgt längstens fünf Jahre, bei Daten über Minderjährige längstens zwei Jahre.

(5) Unterlagen, die dem Hauptstaatsarchiv zur Übernahme anzubieten sind, dürfen nur noch zu Archivzwecken verarbeitet werden. Sie dürfen erst gelöscht werden,

  1. wenn der gesamte Vorgang, dem sie zugeordnet sind, nach Abs. 1 Satz 1 zu löschen ist und
  2. der Vorgang dem Hauptstaatsarchiv angeboten und von diesem nicht als archivwürdig übernommen worden ist oder über die Übernahme nicht fristgerecht entschieden worden ist.

Durch technische und organisatorische Maßnahmen ist sicherzustellen, dass Unterlagen im Sinne von Satz 1 nicht mehr für die in Art. 5 Abs. 1 genannten Zwecke verarbeitet werden. Eine inhaltliche Kenntnisnahme darf nur durch einen Mitarbeiter des Hauptstaatsarchivs oder eine von ihm beauftragte Person erfolgen.

Art. 22 Errichtungsanordnung 18

(1) Für den erstmaligen Einsatz einer automatisierten Datei, in der personenbezogene Daten verarbeitet werden, trifft das Landesamt in einer Errichtungsanordnung, die der Zustimmung des Staatsministeriums bedarf, die in § 14 Abs. 1 BVerfSchG genannten Festlegungen. Nach der Zustimmung des Staatsministeriums ist die Errichtungsanordnung dem Landesbeauftragten für den Datenschutz mitzuteilen. Werden in der automatisierten Datei personenbezogene Daten verarbeitet, die der Kontrolle der nach Art. 2 AGG 10 gebildeten Kommission unterliegen, ist die Errichtungsanordnung auch der Kommission mitzuteilen. Das Gleiche gilt für wesentliche Änderungen des Verfahrens. Das Landesamt führt ein Verzeichnis der geltenden Errichtungsanordnungen.

(2) Das Landesamt hat in angemessenen Abständen die Notwendigkeit der Weiterführung oder Änderung seiner Dateien zu prüfen.

(3) Im Rahmen des § 1 Abs. 3 BVerfSchG darf die Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 durch das Landesamt nach Maßgabe der Vorschriften dieses Kapitels auch in einer beim Bundesamt für Verfassungsschutz geführten Datei erfolgen. Die näheren Einzelheiten sind in einer schriftlichen Vereinbarung zwischen dem Landesamt und dem Bundesamt für Verfassungsschutz zu regeln.

Art. 23 Auskunft 18a 23

(1) Das Landesamt erteilt dem Betroffenen auf Antrag, in dem ein besonderes Interesse an einer Auskunft dargelegt ist, kostenfrei Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Daten. Legt der Betroffene nach Aufforderung ein besonderes Interesse nicht dar, entscheidet das Landesamt über den Antrag nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Auskunft erstreckt sich nicht auf

  1. die Herkunft der Daten und die Empfänger von Übermittlungen,
  2. Daten, die nicht strukturiert in automatisierten Dateien gespeichert sind, es sei denn, der Betroffene macht Angaben, die das Auffinden der Daten ermöglichen, und der für die Erteilung der Auskunft erforderliche Aufwand steht nicht außer Verhältnis zu dem vom Betroffenen geltend gemachten Informationsinteresse,
  3. Daten, die zur Erfüllung der Aufgaben nicht mehr erforderlich sind und die ausschließlich für eine zukünftige Übergabe an das Hauptstaatsarchiv gespeichert sind und
  4. Daten, die einem Abfrageverbot nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 unterliegen.

Das Landesamt bestimmt das Verfahren, insbesondere die Form der Auskunftserteilung, nach pflichtgemäßem Ermessen.

(2) Die Auskunftserteilung unterbleibt, soweit durch sie

  1. eine Gefährdung der Erfüllung der Aufgaben zu besorgen ist,
  2. Nachrichtenzugänge gefährdet sein können oder die Ausforschung des Erkenntnisstandes oder der Arbeitsweise des Landesamts zu befürchten ist,
  3. die öffentliche Sicherheit gefährdet oder sonst dem Wohl des Bundes oder eines Landes ein Nachteil bereitet würde oder
  4. Daten oder die Tatsache ihrer Speicherung preisgegeben werden, die nach einer Rechtsvorschrift oder ihrem Wesen nach, insbesondere wegen der überwiegenden berechtigten Interessen eines Dritten, geheim gehalten werden müssen.

(3) Die Ablehnung der Auskunftserteilung bedarf keiner Begründung. Sie enthält einen Hinweis auf die Rechtsgrundlage für das Fehlen der Begründung und darauf, dass sich der Betroffene an den Landesbeauftragten für den Datenschutz wenden kann. 3Mitteilungen des Landesbeauftragten an den Betroffenen dürfen ohne Zustimmung des Landesamts keine Rückschlüsse auf den Kenntnisstand des Landesamts zulassen.

Kapitel 4
Übermittlungsvorschriften

Art. 24 Informationsübermittlung durch öffentliche Stellen

(1) Die Behörden, Gerichte hinsichtlich ihrer Register, sonstigen öffentlichen Stellen des Freistaates Bayern sowie die Gemeinden, Gemeindeverbände und sonstigen der Aufsicht des Freistaates Bayern unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts haben dem Landesamt die ihnen bei Erfüllung ihrer Aufgaben bekanntgewordenen Informationen einschließlich personenbezogener Daten auch ohne vorheriges Ersuchen des Landesamts zu übermitteln, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Informationen für die Erfüllung der Aufgaben des Landesamts erforderlich sein können. Die Übermittlung kann auch durch Einsichtnahme des Landesamts in Akten und Dateien der jeweiligen öffentlichen Stelle erfolgen, soweit die Übermittlung in sonstiger Weise den Zweck der Maßnahme gefährden oder einen übermäßigen Aufwand erfordern würde. Über die Einsichtnahme in amtlich geführte Dateien führt das Landesamt einen Nachweis, aus dem der Zweck und die eingesehene Datei hervorgehen; die Nachweise sind gesondert aufzubewahren, gegen unberechtigten Zugriff zu sichern und am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr ihrer Erstellung folgt, zu löschen.

(2) Das Landesamt überprüft die übermittelten Informationen nach ihrem Eingang unverzüglich darauf, ob sie für die Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich sind. Er- gibt die Prüfung, dass die Informationen nicht erforderlich sind, werden sie unverzüglich gelöscht. Die Löschung kann unterbleiben, wenn die Trennung von anderen Informationen, die zur Erfüllung der Aufgaben erforderlich sind, nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand erfolgen kann; in diesem Fall dürfen die nicht erforderlichen Informationen nicht verwendet werden.

Art. 25 Übermittlung personenbezogener Daten durch das Landesamt im Inland 18 18a 23
(Entscheidung BVerfG vom 26.04.2022 siehe =>)

(1) Das Landesamt darf personenbezogene Daten an öffentliche Stellen übermitteln, wenn dies erforderlich ist zur

  1. Abwehr einer konkretisierten Gefahr für
    1. ein Verfassungsschutzgut,
    2. Leib, Leben, Gesundheit, Freiheit oder sexuelle Selbstbestimmung einer Person oder
    3. Sachen von bedeutendem Wert, deren Erhaltung im besonderen öffentlichen Interesse geboten ist,

    oder

  2. Verfolgung einer besonders schweren Straftat, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht einer solchen Tat begründen.

(2) Die Übermittlung an öffentliche Stellen ist ferner zum Schutz eines in Abs. 1 Nr. 1 genannten Rechtsguts zulässig, wenn dies erforderlich ist zum Zwecke

  1. einer Maßnahme nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Vereinsgesetzes oder eines Antrags nach Art. 18 Satz 2 oder Art. 21 Abs. 4 GG,
  2. der Strafvollstreckung, des Straf-, Untersuchungshaft-, Sicherungsverwahrungs- und Jugendarrestvollzugs oder der Gnadenverfahren oder
  3. der Erfüllung eigener Aufgaben oder von Aufgaben des Empfängers, sofern eine Verwendung der Daten für Maßnahmen, die unmittelbar mit Zwangswirkung vollzogen werden, ausgeschlossen ist; die Übermittlung ist insbesondere zulässig
    1. zur Durchführung einer gesetzlich vorgesehenen Eignungs- oder Zuverlässigkeitsüberprüfung von Personen, insbesondere im Rahmen des Vollzugs des Waffen-, Jagd- und Sprengstoffrechts, des Atom- und Luftsicherheitsrechts, des Bewachungsgewerberechts, des Aufenthalts- und Staatsangehörigkeitsrechts, der Sicherheitsüberprüfungsgesetze oder in Ordensangelegenheiten,
    2. für eine andere im besonderen öffentlichen Interesse liegende Überprüfung von Personen, insbesondere im Rahmen der
      1. a) Überprüfung der Verfassungstreue von Bewerbern und Beschäftigten des öffentlichen Dienstes oder
      2. b) der Förderung mit Landesmitteln;
        die Herkunft der Daten ist den Betroffenen mitzuteilen, soweit diese nicht bereits vorher über die Anfrage informiert wurden und die Übermittlung zu einem rechtlichen Nachteil führt,
    3. um Bestrebungen und Tätigkeiten durch Information, Aufklärung und Beratung entgegenzuwirken und vorzubeugen (Prävention) oder
    4. zur Erstellung von Lagebildern oder Fallanalysen.

(3) Im Übrigen ist die Übermittlung an öffentliche Stellen zulässig, wenn dies zur Erfüllung eigener Aufgaben oder von Aufgaben des Empfängers erforderlich ist und die Daten nicht mit nachrichtendienstlichen Mitteln erhoben wurden oder allgemein zugänglich sind.

(4) An nichtöffentliche Stellen ist die Übermittlung zum Schutz eines in Abs. 1 Nr. 1 genannten Rechtsguts zulässig,

  1. wenn dies erforderlich ist
    1. zur Verhütung oder Beseitigung sonstiger erheblicher Nachteile für das Gemeinwohl oder
    2. zur Wahrung schutzwürdiger Interessen des Empfängers und der Betroffene kein schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Übermittlung hat und
  2. das Staatsministerium der Übermittlung zugestimmt hat; die Zustimmung kann auch für eine Mehrzahl von gleichartigen Fällen vorweg erteilt werden.

(5) Der Empfänger darf die personenbezogenen Daten ohne Zustimmung des Landesamts nur zu dem Zweck verwenden, zu dem sie ihm übermittelt worden sind. Der Empfänger ist auf die Verwendungsbeschränkung hinzuweisen. Eine Zweckänderung darf nur mit Zustimmung des Landesamts erfolgen. Die Zustimmung zur Verwendung für Maßnahmen, die unmittelbar mit Zwangswirkung vollzogen werden, darf nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen des Abs. 1 oder des Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 vorliegen.

(6) Die Übermittlung ist unter Angabe ihrer Rechtsgrundlage nach Maßgabe von Art. 7 aktenkundig zu machen. Zur Übermittlung ist auch das Staatsministerium befugt. Art. 9 Abs. 1 Satz 4 und 5 und Art. 10 Abs. 1 Satz 3 bleiben unberührt.

Art. 26 Übermittlung personenbezogener Daten durch das Landesamt in das Ausland 23 23

(1) Für die Übermittlung personenbezogener Daten an ausländische öffentliche und nichtöffentliche Stellen sowie an über- und zwischenstaatliche Stellen gilt Art. 25 entsprechend.

(2) Die Übermittlung unterbleibt, wenn im Einzelfall

  1. auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland entgegenstehen oder
  2. ein datenschutzrechtlich angemessener und die elementaren Menschenrechte wahrender Umgang mit den Daten beim Empfänger nicht hinreichend gesichert ist.

(3) Der Empfänger ist darauf hinzuweisen, dass die Daten nur mit Zustimmung des Landesamts an Dritte übermittelt werden dürfen und das Landesamt sich eine Auskunft über die Weiterverarbeitung der Daten vorbehält.

Art. 27 Verfassungsschutz durch Aufklärung der Öffentlichkeit 23 23
(Vorherige Änderungen Art. 27 bis 31.07.2023 18 18a)

(1) Um die Öffentlichkeit einschließlich der Wirtschaft bereits im Vorfeld einer Gefährdung der Verfassungsschutzgüter in die Lage zu versetzen, Art und Ausmaß möglicher Bedrohungen zu erkennen und diesen in angemessener Weise entgegenzuwirken, informiert das Landesamt über

  1. Bestrebungen und Tätigkeiten nach Art. 3 , soweit hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte hierfür vorliegen, und
  2. Bedrohungen, die allgemein von Bestrebungen und Tätigkeiten nach Art. 3 ausgehen, sowie dabei zum Einsatz kommende Strategien und Taktiken.

(2) Abs. 1 gilt für das Staatsministerium entsprechend, das mindestens einmal jährlich einen zusammenfassenden Bericht insbesondere zu aktuellen Entwicklungen veröffentlicht.

(3) Bei der Information nach den Abs. 1 und 2 dürfen auch personenbezogene Daten bekanntgegeben werden, wenn die Bekanntgabe für das Verständnis des Zusammenhanges oder der Darstellung von Bestrebungen und Tätigkeiten nach Art. 3 erforderlich ist und die Interessen der Allgemeinheit das schutzwürdige Interesse des Betroffenen überwiegen.

Art. 28 Übermittlungsverbote 18 18a 23 23 23
(Vorherige Änderungen Art. 28 bis 31.07.2023 18 18a)

(1) Die Übermittlung von Informationen nach diesem Kapitel unterbleibt, wenn

  1. erkennbar ist, dass unter Berücksichtigung der Art der Informationen und ihrer Erhebung die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen das Interesse der Allgemeinheit oder des Empfängers an der Übermittlung überwiegen,
  2. überwiegende Sicherheitsinteressen, insbesondere Gründe des Quellenschutzes oder des Schutzes operativer Maßnahmen, dies erfordern oder
  3. besondere gesetzliche Regelungen entgegenstehen; die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleibt unberührt.

(2) Ein Überwiegen im Sinne von Abs. 1 Nr. 1 und 2 liegt nicht vor, soweit die Übermittlung von Informationen erforderlich ist zur

  1. Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder für Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder für Sachen, deren Erhaltung im besonderen öffentlichen Interesse geboten ist, oder
  2. Verfolgung einer besonders schweren Straftat,

es sei denn, dass durch die Übermittlung eine unmittelbare Gefährdung von Leib oder Leben einer Person zu besorgen ist und diese Gefährdung nicht abgewendet werden kann. Die Entscheidung trifft in den Fällen von Satz 1 die Behördenleitung oder ihre Vertretung, die unverzüglich das Staatsministerium unterrichtet. Das Staatsministerium unterrichtet das Parlamentarische Kontrollgremium.

Kapitel 5 23
Richterliche Entscheidung

Art. 29 Zuständigkeit 23 23

Zuständig für richterliche Entscheidungen nach diesem Gesetz ist das Amtsgericht am Sitz des Landesamts. Über Beschwerden entscheidet das in § 120 Abs. 4 Satz 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichnete Gericht.

Art. 29a (aufgehoben) 18

Art. 30 Verfahren 23 23
(Vorherige Änderungen Art. 30 bis 31.07.2023 18)

(1) Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Buches 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) entsprechend. Eine Anhörung nach § 34 Abs. 1 FamFG unterbleibt. Die richterlichen Entscheidungen bedürfen zu ihrer Wirksamkeit nicht der Bekanntgabe an den Betroffenen. Die Rechtsbeschwerde ist ausgeschlossen. Das Landesamt ist in entsprechender Anwendung von § 96 StPO nicht zur Vorlage von Urkunden oder Akten, zur Übermittlung elektronischer Dokumente oder zu Auskünften verpflichtet, wenn das Bekanntwerden des Inhalts dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder wenn die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheim gehalten werden müssen.

(2) Ist eine richterliche Entscheidung nach diesem Gesetz ergangen, so ist die Anfechtungsklage ausgeschlossen.

(3) Entscheidungen des Gerichts und sonstige Unterlagen über Maßnahmen, die nach diesem Gesetz der richterlichen Entscheidung unterliegen, werden nur beim Landesamt verwahrt. Eine Speicherung in den Akten des Gerichts ist unzulässig.

Art. 31 Unterstützende Datenprüfstelle 23

(1) Die Entscheidungsverantwortung über die Verwertung erhobener Daten obliegt allein dem nach Art. 29 zuständigen Gericht. Zur Vorbereitung der Entscheidung über die Verwertbarkeit erhobener Daten kann sich das Gericht der Unterstützung von Beschäftigten des Landesamts bedienen. Zu diesem Zweck wird beim Landesamt eine eigene Organisationseinheit (Unterstützende Datenprüfstelle) eingerichtet. Sie übt ihre Tätigkeit im Rahmen der Weisungen des Gerichts unabhängig und in eigener Verantwortung aus.

(2) Die Unterstützende Datenprüfstelle wird von einem Beamten des Landesamts geleitet, der die Voraussetzungen für den Einstieg in die dritte Qualifikationsebene erfüllt und durch einschlägige Berufserfahrung über die erforderlichen rechtlichen Kenntnisse im Verfassungsschutzrecht verfügt. Die Leitung untersteht der Dienstaufsicht durch das Staatsministerium; Abs. 1 Satz 4 bleibt unberührt. Sie wird für die Dauer von fünf Jahren durch das Staatsministerium bestellt, das das Parlamentarische Kontrollgremium unterrichtet. Die Wiederbestellung ist zulässig. Die Bestellung kann ohne die schriftliche Zustimmung des Beschäftigten nur widerrufen werden, wenn eine entsprechende Anwendung der Vorschriften des Deutschen Richtergesetzes über die Versetzung oder die Amtsenthebung von Richtern auf Lebenszeit dies zulässt.

(3) Die Leitung der Unterstützenden Datenprüfstelle kann sich mit Zustimmung der Behördenleitung im Einzelfall der Unterstützung von Beschäftigten des Landesamts bedienen. Diese sind in ihrer Tätigkeit im Sinne des Abs. 1 nur an die Weisungen der Leitung gebunden.

(4) Die Leitung und die von ihr nach Abs. 2 herangezogenen Beschäftigten nehmen im Rahmen ihrer Tätigkeit für die Unterstützende Datenprüfstelle keine darüber hinausgehenden Aufgaben wahr. Sie sind hinsichtlich der ihnen bekannt gewordenen Umstände auch ihrer Dienststelle gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichtet. Art. 19 Abs. 5 des Bayerischen Datenschutzgesetzes (BayDSG) gilt entsprechend.

Teil 3
Schlussvorschriften

Art. 32 Anwendbarkeit des allgemeinen Datenschutzrechts 18 18a 23 23

(1) Bei der Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben finden die §§ 2, 5 bis 7, 23 Abs. 1 Nr. 6, §§ 42, 46, 51 Abs. 1 bis 4, §§ 52 bis 54, 62, 64, 83 BDSG entsprechende Anwendung.

(2) Der Landesbeauftragte für den Datenschutz kontrolliert die Einhaltung der Vorschriften über den Datenschutz mindestens alle zwei Jahre; die Vorschriften in Teil 2 Kapitel 5 Abschnitt 1 BayDSG finden entsprechende Anwendung.

Art. 33 Einschränkung von Grundrechten 23

Auf Grund dieses Gesetzes können die Grundrechte der Versammlungsfreiheit, auf Unverletzlichkeit der Wohnung und das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis (Art. 8 Abs. 1, Art. 10 und 13 GG, Art. 106 Abs. 3, Art. 112 und 113 der Verfassung) eingeschränkt werden.

Art 34 Inkrafttreten 18 23

Dieses Gesetz tritt am 1. August 2016 in Kraft.

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