Regelwerk, Allgemeines, Sanktionen |
NJAVollzG - Niedersächsisches Jugendarrestvollzugsgesetz
Gesetz über den Vollzug des Jugendarrestes in Niedersachsen
- Niedersachsen -
Vom 17. Februar 2016
(Nds.GVBl. Nr. 2 vom 25.02.2016 S. 38, ber. S. 75; 15.06.2017 S. 172 17, ber. S. 319; 20.05.2019 S. 88 19; 17.05.2022 S. 336 22)
Gl.-Nr. 34210
Der Niedersächsische Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Erster Teil
Gemeinsame Bestimmungen
§ 1 Anwendungsbereich
Dieses Gesetz regelt den Vollzug des Jugendarrestes in den dafür bestimmten Anstalten des Landes Niedersachsen.
§ 2 Vollzugsziel
Der Vollzug des Jugendarrestes soll einen Beitrag dazu leisten, die Arrestantinnen und Arrestanten zu einem Leben in sozialer Verantwortung ohne Straftaten zu befähigen.
§ 3 Rechtsstellung der Arrestantinnen und Arrestanten
Die Arrestantin oder der Arrestant unterliegt den in diesem Gesetz vorgesehenen Beschränkungen ihrer oder seiner Freiheit. Soweit das Gesetz eine besondere Regelung nicht enthält, können ihr oder ihm die Beschränkungen auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwehr einer Störung der Ordnung der Anstalt unerlässlich sind.
§ 4 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
Von mehreren geeigneten Maßnahmen ist diejenige zu treffen, die die Arrestantin oder den Arrestanten voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. Eine Maßnahme darf nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht. Sie ist nur solange zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist oder nicht mehr erreicht werden kann.
§ 5 Ermessen und Beurteilungsspielräume
Bei der Ausübung von Ermessen und dem Ausfüllen von Beurteilungsspielräumen sind namentlich das Vollzugsziel, die allgemeinen Gestaltungsgrundsätze sowie die Besonderheiten der Arrestformen (Dauer-, Kurz- und Freizeitarrest) und der Arrestarten zu beachten.
Zweiter Teil
Vollzug des Dauerarrestes
Erstes Kapitel
Allgemeine Vorschriften, Grundsätze
§ 6 Allgemeine Gestaltungsgrundsätze
(1) Der Jugendarrest ist erzieherisch auszugestalten und dabei auf Förderung und Unterstützung der Arrestantinnen und Arrestanten, insbesondere für die Zeit nach der Entlassung, auszurichten. Er soll den Arrestantinnen und Arrestanten das von ihnen begangene Unrecht, dessen Folgen und ihre Verantwortung hierfür bewusst machen. Er dient auch der Vermittlung eines an den verfassungsrechtlichen Grundsätzen ausgerichteten Werteverständnisses.
(2) Das Leben im Vollzug soll den allgemeinen Lebensverhältnissen so weit wie möglich angepasst werden. Die Arrestantinnen und Arrestanten sind insbesondere an einen geregelten Tagesablauf heranzuführen.
(3) Schädlichen Folgen der Freiheitsentziehung ist entgegenzuwirken. Der Vollzug ist insbesondere so zu gestalten, dass die Arrestantinnen und Arrestanten vor wechselseitigen Übergriffen geschützt werden.
(4) Die unterschiedlichen Lebenslagen und Bedürfnisse der Arrestantinnen und Arrestanten, insbesondere im Hinblick auf Alter, Geschlecht und Herkunft, werden bei der Gestaltung des Vollzuges und bei Maßnahmen zur Regelung einzelner Angelegenheiten berücksichtigt.
(5) Die Rechte der Personensorgeberechtigten sind bei der Planung und Gestaltung des Vollzuges zu berücksichtigen.
§ 7 Zusammenarbeit
Im Vollzug des Jugendarrestes arbeiten die Vollzugsbehörden insbesondere mit den Behörden und Stellen der Bewährungshilfe, Schulen und Schulbehörden, Trägern der öffentlichen und freien Jugendhilfe, insbesondere der Jugendgerichtshilfe, den Agenturen für Arbeit, den Einrichtungen für berufliche Bildung, den Trägern der Sozialversicherung und der Sozialhilfe, Gesundheits-, Ausländer- und Polizeibehörden, Sucht- und Schuldnerberatungsstellen, Ausländer- und Integrationsbeauftragten sowie Hilfeeinrichtungen anderer Behörden und den Verbänden der freien Wohlfahrtspflege eng zusammen. Sie sollen mit Personen und Vereinen, deren Einfluss die Erreichung des Vollzugszieles fördern kann, zusammenarbeiten.
§ 8 Mitwirkung
Die Bereitschaft der Arrestantin oder des Arrestanten, an der Erreichung des Vollzugszieles mitzuwirken, ist zu wecken und zu fördern.
§ 9 Fördermaßnahmen
Zur Erreichung des Vollzugszieles sind Fördermaßnahmen durchzuführen, die sich insbesondere auf die Auseinandersetzung mit dem begangenen Unrecht und den Ursachen und Folgen der Straftat, auf die Verbesserung der sozialen oder persönlichen Kompetenzen, die Unterstützung bei der schulischen und beruflichen Entwicklung sowie die verantwortliche Gestaltung des alltäglichen Zusammenlebens und des Freizeitverhaltens richten. Der Arrestantin oder dem Arrestanten ist in geeigneter Weise aufzuzeigen, dass sie oder er Verantwortung für ihr oder sein Verhalten übernehmen und die notwendigen Konsequenzen für ihr oder sein künftiges Leben ziehen muss. Ihr oder sein Bewusstsein für den zugefügten Schaden bei der oder dem durch die Straftat Verletzten soll geweckt und gefördert werden.
§ 10 Unterstützungsmaßnahmen
Die Arrestantin oder der Arrestant wird darin unterstützt, ihre oder seine persönlichen, wirtschaftlichen und sozialen Angelegenheiten zu ordnen und zu regeln; sie oder er wird dabei zur selbständigen und eigenverantwortlichen Lebensführung angeleitet. Der Arrestantin oder dem Arrestanten werden Förder- und Hilfsangebote auch außerhalb des Vollzuges aufgezeigt und sie oder er wird in ihren oder seinen Bemühungen zur Kontaktaufnahme mit den Trägern solcher Angebote unterstützt. In geeigneten Fällen werden der Arrestantin oder dem Arrestanten Stellen und Einrichtungen zur Durchführung eines Täter-Opfer-Ausgleichs benannt.
§ 11 Verstoß gegen Weisungen, Auflagen oder Anordnungen
(1) Ist Jugendarrest wegen des Nichtbefolgens von Weisungen oder der Nichterfüllung von Auflagen (§ 11 Abs. 3, § 15 Abs. 3 Satz 2, § 23 Abs. 1 Satz 4 und § 88 Abs. 6 Satz 1 des Jugendgerichtsgesetzes - JGG -) verhängt, so sind mit der Arrestantin oder dem Arrestanten die Gründe und Ursachen für den Verstoß gegen die Weisungen oder Auflagen zu erörtern.
(2) Die Bereitschaft der Arrestantin oder des Arrestanten, den ihr oder ihm erteilten Weisungen nachzukommen oder ihre oder seine Auflagen zu erfüllen, ist zu wecken und zu fördern.
(3) Ist Jugendarrest wegen des Nichtbefolgens von Anordnungen nach § 98 Abs. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) verhängt (§ 98 Abs. 2 OWiG), so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.
§ 12 Vorbereitung auf die Bewährungszeit
Wird Jugendarrest neben Jugendstrafe verhängt (§ 16a JGG), so dient der Vollzug des Jugendarrestes auch dazu, die Arrestantinnen und Arrestanten auf die Bewährungszeit vorzubereiten.
Zweites Kapitel
Planung und Verlauf des Vollzuges
§ 13 Aufnahme in die Anstalt
(1) Bei der Aufnahme in die Anstalt wird mit der Arrestantin oder dem Arrestanten unverzüglich ein Zugangsgespräch geführt. Dabei wird sie oder er über ihre oder seine Rechte und Pflichten und grundlegende Fragen der Vollzugsgestaltung unterrichtet.
(2) Die Arrestantin oder der Arrestant und ihre oder seine Sachen werden durchsucht. Sie oder er wird alsbald ärztlich untersucht.
(3) Während des Aufnahmeverfahrens dürfen andere Arrestantinnen oder Arrestanten nicht anwesend sein. Erfordert die Verständigung mit der Arrestantin oder dem Arrestanten die Zuziehung einer Dolmetscherin oder eines Dolmetschers, so ist diese unverzüglich zu veranlassen.
(4) Von der Aufnahme werden die Personensorgeberechtigten, die Vollstreckungsleiterin oder der Vollstreckungsleiter und die Träger der öffentlichen und freien Jugendhilfe, insbesondere die Jugendgerichtshilfe, unterrichtet. Steht die Arrestantin oder der Arrestant unter Bewährung, ist auch die Bewährungshilfe zu unterrichten.
§ 14 Förderplanung
(1) Nach der Aufnahme wird unverzüglich ein Förderplan aufgestellt. Hierzu werden Daten insbesondere zur Persönlichkeit und zu den Lebensverhältnissen der Arrestantin oder des Arrestanten sowie zu den Ursachen für das begangene Unrecht oder den Verstoß gegen Weisungen, Auflagen oder Anordnungen erhoben. Erkenntnisse aus dem Zugangsgespräch und den Vollstreckungsunterlagen sind einzubeziehen. Die Arrestantin oder der Arrestant ist an der Förderplanung zu beteiligen; sie oder er ist zu Anregungen und Vorschlägen zu ermutigen. Diese sollen berücksichtigt werden, soweit dies mit dem Vollzugsziel vereinbar ist.
(2) Der Förderplan legt den individuellen Förderbedarf fest und benennt die zur Erreichung des Vollzugszieles erforderlichen Fördermaßnahmen. Die Arrestantin oder der Arrestant ist verpflichtet, an den im Förderplan benannten Fördermaßnahmen teilzunehmen.
(3) Der Förderplan enthält neben Fördermaßnahmen auch Angaben über mindestens folgende Maßnahmen:
(4) Der Förderplan wird mit der Arrestantin oder dem Arrestanten erörtert und ihr oder ihm in schriftlicher Form ausgehändigt. Der Förderplan ist den Personensorgeberechtigten in schriftlicher Form zu übersenden und auf Verlangen mit ihnen zu erörtern.
§ 15 Aufenthalte außerhalb der Anstalt
(1) Zur Erreichung des Vollzugszieles kann der Arrestantin oder dem Arrestanten gestattet werden, die Anstalt für eine bestimmte Zeit eines Tages ohne Begleitung (Ausgang), mit einer von der Vollzugsbehörde zugelassenen Begleitung (Begleitausgang) oder unter Aufsicht Justizvollzugsbediensteter (Ausführung) zu verlassen.
(2) Der Arrestantin oder dem Arrestanten können auf Antrag auch aus wichtigem Anlass Maßnahmen nach Absatz 1 gewährt werden. Wichtige Anlässe sind insbesondere die lebensgefährliche Erkrankung oder der Tod einer oder eines Angehörigen sowie die Teilnahme an einem gerichtlichen Termin. Auf Ersuchen eines Gerichts oder einer Staatsanwaltschaft wird die Arrestantin oder der Arrestant vorgeführt; § 16 Abs. 2 gilt entsprechend.
(3) Die Arrestantin oder der Arrestant darf auch ohne ihre oder seine Zustimmung ausgeführt werden, wenn dies aus besonderem Grund notwendig ist.
(4) Der Arrestantin oder dem Arrestanten können für Aufenthalte außerhalb der Anstalt Weisungen erteilt werden.
§ 16 Verlegung, Überstellung, Ausantwortung
(1) Die Arrestantin oder der Arrestant kann abweichend vom Vollstreckungsplan aus Gründen der Vollzugsorganisation oder aus anderen wichtigen Gründen in eine andere Anstalt verlegt oder überstellt werden.
(2) Der Transport findet nicht zusammen mit Personen statt, an denen andere Freiheitsentziehungen vollzogen werden.
(3) Die Arrestantin oder der Arrestant kann mit ihrer oder seiner Zustimmung befristet dem Gewahrsam einer anderen Behörde überlassen werden, wenn diese zur Erfüllung ihrer Aufgaben darum ersucht (Ausantwortung). Die Ausantwortung ist auch ohne Zustimmung der Arrestantin oder des Arrestanten zulässig, wenn die ersuchende Behörde aufgrund einer Rechtsvorschrift das Erscheinen der Arrestantin oder des Arrestanten zwangsweise durchsetzen könnte. Die Verantwortung für die Sicherung des Gewahrsams und für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 2 trägt die ersuchende Behörde.
(4) Die in § 13 Abs. 4 genannten Personen oder Stellen werden über die Verlegung der Arrestantin oder des Arrestanten unterrichtet. Dies gilt auch für Überstellungen, soweit dies mit Rücksicht auf die Dauer der Maßnahme angezeigt ist.
Drittes Kapitel
Aufenthalt, Unterbringung, Kleidung und Verpflegung
§ 17 Aufenthalt während der Freizeit
Die Arrestantin oder der Arrestant kann sich während der Freizeit in Gemeinschaft mit anderen aufhalten. Der gemeinsame Aufenthalt kann eingeschränkt werden, wenn
§ 18 Unterbringung während der Ruhezeit
Die Arrestantin oder der Arrestant wird während der Ruhezeit allein in ihrem oder seinem Arrestraum untergebracht. Wenn eine schädliche Beeinflussung nicht zu befürchten ist, können mit ihrer Zustimmung zwei Personen gleichen Geschlechts gemeinsam untergebracht werden.
§ 19 Kleidung
Die Arrestantin oder der Arrestant darf eigene Kleidung, eigene Wäsche und eigenes Bettzeug benutzen, soweit hierdurch die Erreichung des Vollzugszieles oder die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt nicht beeinträchtigt wird. Auf Antrag erhält sie oder er Kleidung, Wäsche und Bettzeug von der Vollzugsbehörde.
§ 20 Verpflegung, Einkauf
(1) Die Arrestantin oder der Arrestant ist gesund zu ernähren. Auf ärztliche Anordnung wird besondere Verpflegung gewährt. Der Arrestantin oder dem Arrestanten ist es zu er-möglichen, Speisevorschriften ihrer oder seiner Religionsgemeinschaft zu befolgen.
(2) Die Arrestantin oder der Arrestant kann aus einem von der Vollzugsbehörde vermittelten Angebot auf eigene Kosten einkaufen.
Viertes Kapitel
Besuche, Schriftwechsel, Telekommunikation und Pakete
§ 21 Besuche
(1) Die Arrestantin oder der Arrestant darf nach vorheriger Anmeldung Besuch von ihren oder seinen Personensorgeberechtigten empfangen.
(2) Besuche sollen darüber hinaus zugelassen werden, wenn sie die Erreichung des Vollzugszieles fördern oder persönlichen, rechtlichen oder geschäftlichen Angelegenheiten dienen, die nicht von der Arrestantin oder dem Arrestanten schriftlich erledigt, durch Dritte wahrgenommen oder bis zur Entlassung aufgeschoben werden können. Besuche nach Satz 1 sollen nicht am Tag der Aufnahme, den beiden darauffolgenden Tagen und am Tag der Entlassung erfolgen.
(3) Die Gesamtdauer der Besuche soll zwei Stunden in der Woche nicht überschreiten. Die Besuchszeiten regelt die Hausordnung.
(4) Besuche können untersagt werden, wenn die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet würde, die Personensorgeberechtigten es beantragen oder wenn es aus erzieherischen Gründen erforderlich ist.
(5) Zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt kann der Besuch einer Person von ihrer Durchsuchung abhängig gemacht und die Anzahl der gleichzeitig zu einem Besuch zugelassenen Personen beschränkt werden.
§ 22 Besuche von Verteidigerinnen, Verteidigern, Beiständen, Rechtsanwältinnen, Rechtsanwälten, Notarinnen und Notaren
Besuche von Verteidigerinnen und Verteidigern, Beiständen nach § 69 JGG sowie von Rechtsanwältinnen, Rechtsanwälten, Notarinnen und Notaren in einer die Arrestantin oder den Arrestanten betreffenden Rechtssache sind ohne Beschränkungen hinsichtlich ihrer Dauer und Häufigkeit zulässig und können auch am Aufnahmetag, den beiden darauffolgenden Tagen und am Entlassungstag erfolgen. Die regelmäßigen Besuchszeiten legt die Vollzugsbehörde im Benehmen mit der Rechtsanwaltskammer in der Hausordnung fest. § 21 Abs. 5 gilt entsprechend. Eine inhaltliche Überprüfung der mitgeführten Schriftstücke und sonstigen Unterlagen ist nicht zulässig.
§ 23 Überwachung von Besuchen
(1) Besuche dürfen offen überwacht werden. Die Überwachung kann mit technischen Hilfsmitteln erfolgen. Eine Aufzeichnung findet nicht statt. Eine akustische Überwachung von Besuchen ist nicht zulässig.
(2) Ein Besuch darf nach vorheriger Androhung abgebrochen werden, wenn Besucherinnen oder Besucher oder die Arrestantin oder der Arrestant gegen die Vorschriften dieses Gesetzes oder die aufgrund dieses Gesetzes getroffenen Anordnungen verstoßen. Der Besuch kann sofort abgebrochen werden, wenn dies unerlässlich ist, um eine Gefahr für die Sicherheit oder einen schwerwiegenden Verstoß gegen die Ordnung der Anstalt abzuwehren.
(3) Besuche nach § 22 werden nicht überwacht.
(4) Gegenstände dürfen beim Besuch nur mit Erlaubnis übergeben werden. Dies gilt nicht für die bei dem Besuch einer Verteidigerin oder eines Verteidigers, eines Beistandes nach § 69 JGG sowie einer Rechtsanwältin, eines Rechtsanwalts, einer Notarin oder eines Notars zur Erledigung einer die Arrestantin oder den Arrestanten betreffenden Rechtssache übergebenen Schriftstücke und sonstigen Unterlagen.
§ 24 Schriftwechsel
Die Arrestantin oder der Arrestant darf Schreiben absenden und empfangen. In dringenden Fällen kann der Arrestantin oder dem Arrestanten gestattet werden, Schreiben als Telefaxe aufzugeben. Die Vollzugsbehörde kann die Kosten für abgehende Schreiben in angemessenem Umfang übernehmen, wenn die Arrestantin oder der Arrestant dazu nicht in der Lage ist.
§ 25 Kontrolle des Schriftwechsels
(1) Eine inhaltliche Kontrolle des Schriftwechsels der Arrestantin oder des Arrestanten findet nicht statt.
(2) Schreiben werden auf Gegenstände kontrolliert, die die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährden können. Die Kontrolle soll in Gegenwart der Arrestantin oder des Arrestanten stattfinden.
(3) Absatz 2 findet keine Anwendung für den Schriftwechsel der Arrestantin oder des Arrestanten mit der Verteidigerin oder dem Verteidiger. Gleiches gilt für Schreiben an sonstige in § 22 Satz 1 genannte Personen, an Gerichte sowie an die in § 119 Abs. 4 Satz 2 der Strafprozessordnung (StPO) genannten Personen oder Stellen. Schreiben der in Satz 2 genannten Personen und Stellen, die an eine Arrestantin oder einen Arrestanten gerichtet sind, werden nicht auf Gegenstände kontrolliert, wenn die Identität der Absender feststeht.
§ 26 Weiterleitung von Schreiben, Aufbewahrung
(1) Die Arrestantin oder der Arrestant hat Absendung und Empfang ihrer oder seiner Schreiben durch die Vollzugsbehörde vermitteln zu lassen, soweit nicht etwas anderes gestattet ist.
(2) Eingehende und ausgehende Schreiben sind unverzüglich weiterzuleiten.
(3) Der Arrestantin oder dem Arrestanten kann aufgegeben werden, eingehende Schreiben unverschlossen zu verwahren, soweit dies zur Durchführung einer Durchsuchung ihres oder seines Arrestraumes erforderlich ist; sie oder er kann die Schreiben verschlossen zur Habe geben.
§ 27 Telekommunikation
(1) Der Arrestantin oder dem Arrestanten ist zu gestatten, in dringenden Fällen oder zur Förderung der Erreichung des Vollzugszieles Telefongespräche zu führen.
(2) Der Arrestantin oder dem Arrestanten kann allgemein gestattet werden, Telefongespräche zu führen, wenn die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt oder die Erreichung des Vollzugszieles dadurch nicht gefährdet wird.
(3) Für das Verbot und den Abbruch von Telefongesprächen gelten § 21 Abs. 4 und § 23 Abs. 2 entsprechend.
(4) Telefongespräche der Arrestantin oder des Arrestanten werden von der Vollzugsbehörde vermittelt. Die Vollzugsbehörde kann das Nähere in Nutzungsbedingungen regeln. In den Nutzungsbedingungen können auch Regelungen getroffen werden, die zur Durchführung oder Abrechnung der Telefongespräche erforderlich sind. Hat die Vollzugsbehörde Nutzungsbedingungen erlassen, so dürfen Telefongespräche außer in dringenden Fällen nur gestattet werden, wenn sich die Arrestantin oder der Arrestant mit den Nutzungsbedingungen einverstanden erklärt hat.
(5) Andere nach den allgemeinen Lebensverhältnissen übliche Formen der Telekommunikation können vom Fachministerium zugelassen werden. Die Vollzugsbehörde hat der Arrestantin oder dem Arrestanten die Nutzung einer zugelassenen Kommunikationsform zu gestatten, wenn hierdurch die Erreichung des Vollzugszieles oder die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt nicht gefährdet werden. Für Telekommunikationsformen,
Im Übrigen gilt Absatz 4 entsprechend.
(6) Durch den Einsatz technischer Mittel kann verhindert werden, dass mittels einer innerhalb der Anstalt befindlichen Mobilfunkendeinrichtung unerlaubte Telekommunikationsverbindungen hergestellt oder aufrechterhalten werden. Der Telekommunikationsverkehr außerhalb des räumlichen Bereichs der Anstalt darf nicht beeinträchtigt werden.
§ 28 Pakete
(1) Die Arrestantin oder der Arrestant darf in angemessenem Umfang Pakete empfangen. Der Empfang jedes Paketes bedarf der Erlaubnis. Pakete dürfen Nahrungs- und Genussmittel sowie Gegenstände, die die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährden, nicht enthalten. Pakete, für die keine Erlaubnis erteilt worden ist, sollen nicht angenommen werden.
(2) Angenommene Pakete sind in Gegenwart der Arrestantin oder des Arrestanten zu öffnen. Gegenstände nach Absatz 1 Satz 3 sind zur Habe zu nehmen, zurückzusenden oder, wenn es erforderlich ist, zu vernichten. Die Maßnahmen werden der Arrestantin oder dem Arrestanten mitgeteilt.
(3) Der Empfang von Paketen kann allgemein befristet untersagt werden, wenn dies wegen einer Gefährdung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt unerlässlich ist.
(4) Der Arrestantin oder dem Arrestanten kann gestattet werden, Pakete zu versenden. Deren Inhalt kann aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt überprüft werden.
Fünftes Kapitel
Religionsausübung
§ 29 Seelsorge
(1) Der Arrestantin oder dem Arrestanten darf eine religiöse Betreuung durch eine Seelsorgerin oder einen Seelsorger ihrer oder seiner Religionsgemeinschaft nicht versagt werden. Auf ihren oder seinen Wunsch ist ihr oder ihm zu helfen, mit einer Seelsorgerin oder einem Seelsorger ihrer oder seiner Religionsgemeinschaft in Verbindung zu treten.
(2) Die Arrestantin oder der Arrestant darf religiöse Schriften besitzen. Ihre Anzahl kann begrenzt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung der Sicherheit der Anstalt erforderlich ist. Grundlegende religiöse Schriften dürfen der Arrestantin oder dem Arrestanten nur bei grobem Missbrauch entzogen werden; auf Verlangen der Arrestantin oder des Arrestanten soll ihre oder seine Seelsorgerin oder ihr oder sein Seelsorger über den Entzug unterrichtet werden.
(3) Der Arrestantin oder dem Arrestanten sind sonstige Gegenstände des religiösen Gebrauchs in angemessenem Umfang zu belassen, soweit nicht überwiegende Gründe der Sicherheit der Anstalt entgegenstehen.
§ 30 Religiöse Veranstaltungen
(1) Die Arrestantin oder der Arrestant hat das Recht, am Gottesdienst und an anderen religiösen Veranstaltungen ihres oder seines Bekenntnisses in der Anstalt teilzunehmen.
(2) Die Arrestantin oder der Arrestant wird zu dem Gottesdienst oder zu religiösen Veranstaltungen einer anderen Religionsgemeinschaft zugelassen, wenn deren Seelsorgerin oder Seelsorger zustimmt.
(3) Die Arrestantin oder der Arrestant kann von der Teilnahme am Gottesdienst oder anderen religiösen Veranstaltungen ausgeschlossen werden, wenn dies aus überwiegenden Gründen der Sicherheit der Anstalt oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung des Gottesdienstes oder religiösen Veranstaltung erforderlich ist; die Seelsorgerin oder der Seelsorger soll vorher gehört werden.
§ 31 Weltanschauungsgemeinschaften
Für Angehörige weltanschaulicher Bekenntnisse gelten die §§ 29 und 30 entsprechend.
Sechstes Kapitel
Gesundheitsfürsorge
§ 32 Allgemeine Bestimmungen
(1) Die Vollzugsbehörde sorgt für die Gesundheit der Arrestantin oder des Arrestanten.
(2) Das Bewusstsein der Arrestantin oder des Arrestanten für gesunde Ernährung und Lebensführung ist zu fördern. Insbesondere ist zu verdeutlichen, durch welches Verhalten gesundheitsgefährdende Infektionen oder Abhängigkeiten hervorgerufen werden können.
(3) Die Arrestantin oder der Arrestant hat die notwendigen Maßnahmen zum Gesundheitsschutz und zur Hygiene zu unterstützen.
(4) Die Arrestantin oder der Arrestant, die oder der keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall hat, hat gegen die Vollzugsbehörde einen Anspruch auf Schutzimpfungen, medizinische Vorsorgeleistungen, Gesundheitsuntersuchungen und Krankenbehandlung (medizinische Leistungen), soweit dies nicht mit Rücksicht auf die Kürze des Vollzuges des Jugendarrestes unverhältnismäßig ist. Für Art und Umfang der medizinischen Leistungen gelten die Vorschriften des Fünften Buchs des Sozialgesetzbuchs und die aufgrund dieser Vorschriften getroffenen Regelungen entsprechend, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist. Nach dem Fünften Buch des Sozialgesetzbuchs von der Versorgung ausgeschlossene Arznei-, Heil- und Hilfsmittel können der Arrestantin oder dem Arrestanten zur Verfügung gestellt werden, soweit dies medizinisch angezeigt ist.
§ 33 Aufenthalt im Freien
Den Arrestantinnen und Arrestanten wird ermöglicht, sich täglich mindestens eine Stunde im Freien aufzuhalten, wenn die Witterung dies zur festgesetzten Zeit zulässt.
§ 34 Zwangsmaßnahmen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge
(1) Eine medizinische Untersuchung und Behandlung ist ohne Einwilligung der Arrestantin oder des Arrestanten zulässig, um den Erfolg eines Selbsttötungsversuches zu verhindern.
(2) Maßnahmen nach Absatz 1 dürfen nur auf Anordnung und unter Leitung einer Ärztin oder eines Arztes durchgeführt werden, unbeschadet der Leistung Erster Hilfe für den Fall, dass eine Ärztin oder ein Arzt nicht rechtzeitig erreichbar und mit einem Aufschub Lebensgefahr verbunden ist. Die Gründe für die Anordnung der Maßnahmen sowie die ergriffene Maßnahme, einschließlich ihres Zwangscharakters, der Durchsetzungsweise, der Wirkungsüberwachung sowie der Untersuchungs- und Behandlungsverlauf sind zu dokumentieren. Gleiches gilt für Erklärungen der Arrestantin oder des Arrestanten, die im Zusammenhang mit Zwangsmaßnahmen von Bedeutung sein können.
(3) Die zwangsweise körperliche Untersuchung der Arrestantin oder des Arrestanten zum Gesundheitsschutz und zur Hygiene ist nur zulässig, wenn sie nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden ist. Sie bedarf der Anordnung einer Ärztin oder eines Arztes und ist unter deren oder dessen Leitung durchzuführen.
Siebtes Kapitel
Freizeit
§ 35 Freizeitgestaltung
(1) Die Vollzugsbehörde bietet täglich Angebote zur Freizeitgestaltung an.
(2) Dem Sport kommt im Vollzug des Jugendarrestes besondere Bedeutung zu. Der Arrestantin und dem Arrestanten ist eine sportliche Betätigung von mindestens vier Stunden je Woche zu ermöglichen.
(3) Die Bereitschaft der Arrestantin oder des Arrestanten, an Angeboten zur Freizeitgestaltung teilzunehmen, ist zu wecken und zu fördern.
§ 36 Zeitungen und Zeitschriften
(1) Die Arrestantin oder der Arrestant darf Zeitungen und Zeitschriften in angemessenem Umfang besitzen.
(2) Ausgeschlossen sind Zeitungen und Zeitschriften, deren Verbreitung mit Strafe oder Geldbuße bedroht ist. Einzelne Ausgaben oder Teile von Zeitungen oder Zeitschriften können der Arrestantin oder dem Arrestanten vorenthalten werden, wenn sie das Vollzugsziel oder die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erheblich gefährden.
§ 37 Hörfunk und Fernsehen
(1) Der Arrestantin oder dem Arrestanten wird nach Maßgabe der folgenden Absätze ermöglicht, am Hörfunk- und Fernsehempfang teilzunehmen.
(2) Die Vollzugsbehörde hat den Besitz eines Hörfunkgerätes im Arrestraum zu erlauben, wenn dadurch die Erreichung des Vollzugszieles oder die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt nicht gefährdet wird. In der Erlaubnis kann die Arrestantin oder der Arrestant darauf verwiesen werden, anstelle eines eigenen ein von der Vollzugsbehörde überlassenes Gerät zu verwenden; eine solche Bestimmung kann auch nachträglich getroffen werden.
(3) Soweit der Arrestantin oder dem Arrestanten ein Gerät im Arrestraum nicht zur Verfügung steht, kann sie oder er am gemeinschaftlichen Hörfunkempfang der Anstalt teilnehmen. Die Sendungen sind so auszuwählen, dass Wünsche und Bedürfnisse nach staatsbürgerlichen Informationen, Bildung und Unterhaltung angemessen berücksichtigt werden. Der Hörfunkempfang soll vorübergehend ausgesetzt oder einzelnen Arrestantinnen oder Arrestanten vorübergehend untersagt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt unerlässlich ist.
(4) Der Arrestantin oder dem Arrestanten ist zu ermöglichen, während der Freizeit am gemeinsamen Fernsehempfang der Anstalt teilzunehmen; Absatz 3 Sätze 2 und 3 gilt entsprechend.
(5) Zur Erreichung des Vollzugszieles darf die Dauer des täglichen Hörfunk- und Fernsehempfanges beschränkt werden.
Achtes Kapitel
Sicherheit und geordnetes Zusammenleben
§ 38 Grundsatz
Das Verantwortungsbewusstsein der Arrestantin oder des Arrestanten für ein geordnetes Zusammenleben in der Anstalt ist zu wecken und zu fördern.
§ 39 Verhaltensvorschriften
(1) Die Arrestantin oder der Arrestant hat die rechtmäßigen Anordnungen der Vollzugsbediensteten zu befolgen.
(2) Die Arrestantin oder der Arrestant hat sich nach der Tageseinteilung der Anstalt (§ 73 Abs. 2 Nr. 1) zu richten. Sie oder er darf einen zugewiesenen Bereich nicht ohne Erlaubnis verlassen. Sie oder er darf durch ihr oder sein Verhalten gegenüber anderen Arrestantinnen oder Arrestanten, Vollzugsbediensteten und anderen Personen das geordnete Zusammenleben nicht stören.
(3) Die Arrestantin oder der Arrestant hat ihren oder seinen Arrestraum, sonstige Bereiche zur allgemeinen Nutzung durch Arrestantinnen oder Arrestanten und die von der Vollzugsbehörde überlassenen Sachen in Ordnung zu halten und schonend zu behandeln.
(4) Die Arrestantin oder der Arrestant hat Umstände, die eine Gefahr für das Leben oder eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit einer Person bedeuten, unverzüglich zu melden.
(1) Die Arrestantin oder der Arrestant darf nur mit Erlaubnis der Vollzugsbehörde in angemessenem Umfang Sachen besitzen. Die Erlaubnis ist zu versagen, soweit durch den Besitz die Erreichung des Vollzugszieles oder die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet würde. Für Sachen von geringem Wert kann die Vollzugsbehörde ihre Zustimmung allgemein erteilen.
(2) Eingebrachte Sachen, die die Arrestantin oder der Arrestant nicht in Besitz haben darf, sind zu verwahren, sofern dies nach Art und Umfang möglich ist. Ihr oder ihm wird Gelegenheit gegeben, die Sachen abzusenden, die während des Vollzuges und für die Entlassung nicht benötigt werden.
(3) Weigert sich die Arrestantin oder der Arrestant, eingebrachte Sachen, deren Aufbewahrung nach Art und Umfang nicht möglich ist, aus der Anstalt zu entfernen, so darf die Vollzugsbehörde diese Sachen außerhalb der Anstalt verwahren oder nach Maßgabe des Satzes 2 verwerten oder vernichten. Für die Voraussetzungen und das Verfahren der Verwertung und Vernichtung gilt § 28 des Niedersächsischen Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes entsprechend.
(4) Aufzeichnungen und andere Gegenstände, die Kenntnisse über Sicherheitsvorkehrungen der Anstalt vermitteln, dürfen von der Vollzugsbehörde vernichtet oder unbrauchbar gemacht werden.
§ 41 Durchsuchung
(1) Die Arrestantin oder der Arrestant, ihre oder seine Sachen und ihr oder sein Arrestraum dürfen durchsucht werden. Die Durchsuchung von Arrestantinnen darf nur von Frauen, die Durchsuchung von Arrestanten nur von Männern vorgenommen werden. Satz 2 gilt nicht für das Absuchen mittels technischer Geräte ohne unmittelbaren körperlichen Kontakt. Das Schamgefühl ist zu schonen.
(2) Eine körperliche Durchsuchung nach Absatz 1, die mit einer Entkleidung verbunden ist, ist nur bei Gefahr im Verzug oder auf Anordnung der Anstaltsleiterin oder des Anstaltsleiters im Einzelfall zulässig. Sie darf bei Arrestantinnen nur in Gegenwart von Frauen, bei Arrestanten nur in Gegenwart von Männern erfolgen. Sie ist in einem geschlossenen Raum durchzuführen. Andere Arrestantinnen oder Arrestanten dürfen nicht anwesend sein.
(3) Die Vollzugsbehörde kann allgemein anordnen, dass Arrestantinnen und Arrestanten bei der Aufnahme nach Absatz 2 zu durchsuchen sind.
§ 42 Einschluss
(1) Die Arrestantin oder der Arrestant wird während der Ruhezeit in ihrem oder seinem Arrestraum oder einem anderen für den Aufenthalt während der Ruhezeit bestimmten Raum der Anstalt eingeschlossen. Hiervon kann abgesehen werden, soweit eine Gefahr für die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt nicht besteht.
(2) Die Vollzugsbehörde kann allgemein anordnen, dass die Arrestantinnen oder Arrestanten außerhalb der Ruhezeit vor-übergehend in ihren Arresträumen oder anderen Räumen der Anstalt eingeschlossen werden, soweit dies aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erforderlich ist.
§ 42a Einsatz optischelektronischer Einrichtungen 22
(1) Bestimmte Bereiche der Anstalt dürfen mit Ausnahme von Hafträumen und medizinischen Behandlungsräumen durch Bildübertragungen und -aufzeichnungen mittels optischelektronischer Einrichtungen überwacht werden, soweit und solange dies zur Aufrechterhaltung der Sicherheit der Anstalt erforderlich und verhältnismäßig ist. Die Beobachtung einer bestimmten Arrestantin oder eines bestimmten Arrestanten mittels optischelektronischer Einrichtungen ist nur nach Maßgabe der §§ 43 und 43a zulässig.
(2) Bildübertragungen und -aufzeichnungen des öffentlich frei zugänglichen Raumes außerhalb der Anstalt mittels optischelektronischer Einrichtungen sind zulässig, soweit und solange dies zur Aufrechterhaltung der Sicherheit der Anstalt oder zur Sicherung des Vollzuges, insbesondere um Fluchtversuche sowie Überwürfe von Gegenständen auf das Anstaltsgelände zu verhindern, erforderlich und verhältnismäßig ist und schutzwürdige Interessen der betroffenen Personen nicht entgegenstehen.
(3) Den Einsatz optischelektronischer Einrichtungen nach den Absätzen 1 und 2 ordnet die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter an.
(4) Die Überwachung mittels optischelektronischer Einrichtungen ist durch geeignete Hinweise erkennbar zu machen. Ein verdeckter Einsatz optischelektronischer Einrichtungen ist unzulässig.
(5) Die nach den Absätzen 1 und 2 gefertigten Bildaufzeichnungen sind unverzüglich, spätestens aber eine Woche nach ihrer Erhebung zu löschen. Die Vollzugsbehörde hat durch verfahrensrechtliche Vorkehrungen sicherzustellen, dass diese Frist eingehalten wird.
§ 43 Besondere Sicherungsmaßnahmen 17 22
(1) Gegen eine Arrestantin oder einen Arrestanten kann eine besondere Sicherungsmaßnahme angeordnet werden, wenn nach ihrem oder seinem Verhalten oder aufgrund ihres oder seines seelischen Zustandes die Gefahr von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen oder die Gefahr der Selbsttötung oder der Selbstverletzung besteht und wenn die Maßnahme zur Abwendung der Gefahr unerlässlich ist.
(2) Als besondere Sicherungsmaßnahmen sind zulässig
Eine Fixierung der Arrestantin oder des Arrestanten durch die Befestigung mindestens der Hände und der Füße an einem Gegenstand mittels dafür vorgesehener Gurte oder anderer mechanischer Vorrichtungen ist unzulässig. Zur Durchsetzung einer Maßnahme nach Satz 1 Nr. 3 kann die Arrestantin oder der Arrestant eingeschlossen werden, soweit dies unerlässlich ist.
(3) Bei einer Ausführung zum Zweck einer medizinischen Untersuchung oder Behandlung ist die Fesselung auch dann zulässig, wenn nach dem Verhalten der Arrestantin oder des Arrestanten oder aufgrund ihres oder seines seelischen Zustandes aufgrund konkreter Anhaltspunkte in erhöhtem Maß Fluchtgefahr besteht.
(4) Eine Fesselung darf nur an den Händen oder an den Füßen erfolgen. Eine von Satz 1 abweichende Art der Fesselung ist zulässig, wenn sie für die Arrestantin oder den Arrestanten weniger belastend ist oder wenn eine der in den Absätzen 1 und 3 genannten Gefahren nicht anders abgewendet werden kann. Die Fesselung wird zeitweise gelockert, soweit dies notwendig ist.
(1) Die Beobachtung mit optischelektronischen Einrichtungen ist nur in besonders dafür vorgesehenen Arresträumen und in besonders gesicherten Räumen ohne gefährdende Gegenstände zulässig. Dabei dürfen Bildaufzeichnungen angefertigt werden. § 42a Abs. 3 bis 5 gilt entsprechend.
(2) Bei der Beobachtung ist das Schamgefühl der Arrestantin oder des Arrestanten zu schonen. Die Beobachtung des Toilettenbereichs ist unzulässig.
§ 44 Vollzug besonderer Sicherungsmaßnahmen
Während der Unterbringung in einem besonders gesicherten Raum oder einer sonstigen Absonderung ruhen die Befugnisse der Arrestantin oder des Arrestanten aus den §§ 17, 19, 33, 35 und 40 Abs. 1. Soweit das Ruhen zum Erreichen des Zwecks der Absonderung nicht erforderlich ist, ist etwas Abweichendes anzuordnen.
§ 45 Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen 17 22
(1) Besondere Sicherungsmaßnahmen ordnet die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter an. Die Anordnung ist schriftlich zu begründen.
(2) Bei Gefahr im Verzug können auch andere Justizvollzugsbedienstete besondere Sicherungsmaßnahmen vorläufig anordnen; Absatz 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Entscheidung der Anstaltsleiterin oder des Anstaltsleiters ist unverzüglich einzuholen; Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.
(3) Wird eine Arrestantin oder ein Arrestant ärztlich behandelt oder beobachtet oder bildet ihr oder sein seelischer Zustand den Anlass der Maßnahme, so ist vor der Anordnung eine Ärztin oder ein Arzt zu hören. Ist dies wegen Gefahr im Verzug nicht möglich, so wird die ärztliche Stellungnahme unverzüglich eingeholt.
(4) Die Anordnung ist unverzüglich zu widerrufen, wenn die Anordnungsvoraussetzungen nicht mehr vorliegen.
(5) Während einer Maßnahme nach § 43 Abs. Satz 1 Nr. 3 ist die Arrestantin oder der Arrestant in besonderem Maß zu betreuen, um schädlichen Folgen der Maßnahme aufgrund der Trennung von anderen Arrestantinnen oder Arrestanten entgegenzuwirken.
(6) Wird eine Maßnahme nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 mehr als 24 Stunden vollzogen, so ist dies dem Fachministerium unverzüglich mitzuteilen. Die Personensorgeberechtigten sind zu informieren.
(1) Eine Arrestantin oder einen Arrestanten, die oder der in einem besonders gesicherten Raum untergebracht oder in sonstiger Weise von anderen Arrestantinnen oder Arrestanten mehr als 24 Stunden abgesondert (§ 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3) oder gefesselt (§ 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4) ist, sucht eine Ärztin oder ein Arzt alsbald und in der Folge möglichst täglich auf. Dies gilt nicht bei einer Fesselung während einer Ausführung zum Zweck einer medizinischen Untersuchung oder Behandlung (§ 43 Abs. 3).
(2) Eine Ärztin oder ein Arzt oder der Arzt ist regelmäßig zu hören, solange die Befugnis der Arrestantin oder des Arrestanten zum täglichen Aufenthalt im Freien (§ 33) nach § 44 Satz 1 ruht.
Neuntes Kapitel
Unmittelbarer Zwang
§ 47 Begriffsbestimmungen
(1) Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch körperliche Gewalt und ihre Hilfsmittel.
(2) Körperliche Gewalt ist jede unmittelbare körperliche Einwirkung auf Personen oder Sachen.
(3) Hilfsmittel der körperlichen Gewalt sind dienstlich zu-gelassene Fesseln sowie Reiz- und Betäubungsstoffe.
§ 48 Voraussetzungen
(1) Justizvollzugsbedienstete dürfen zur Durchsetzung von rechtmäßigen Vollzugs- und Sicherungsmaßnahmen unmittelbaren Zwang anwenden, wenn der damit verfolgte Zweck nicht auf andere Weise erreicht werden kann.
(2) Gegen andere Personen als Arrestantinnen oder Arrestanten darf unmittelbarer Zwang angewendet werden, wenn sie es unternehmen, Arrestantinnen oder Arrestanten zu befreien oder in den Anstaltsbereich widerrechtlich einzudringen, oder wenn sie sich unbefugt darin aufhalten.
(3) Das Recht zu unmittelbarem Zwang aufgrund anderer Regelungen bleibt unberührt.
§ 49 Handeln auf Anordnung
(1) Wird unmittelbarer Zwang von Vorgesetzten oder einer sonst befugten Person angeordnet, so sind Justizvollzugsbedienstete verpflichtet, ihn anzuwenden, es sei denn, die Anordnung verletzt die Menschenwürde oder ist nicht zu dienstlichen Zwecken erteilt worden.
(2) Die Anordnung darf nicht befolgt werden, wenn dadurch eine Straftat begangen würde. Befolgen Justizvollzugs-bedienstete sie trotzdem, so trifft sie eine Schuld nur, wenn sie erkennen oder wenn es nach den ihnen bekannten Umständen offensichtlich ist, dass dadurch eine Straftat begangen wird.
(3) Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Anordnung haben die Justizvollzugsbediensteten den Anordnenden gegenüber vorzubringen, soweit das nach den Umständen möglich ist. Abweichende Vorschriften des allgemeinen Beamtenrechts über die Mitteilung solcher Bedenken an Vorgesetzte (§ 36 Abs. 2 und 3 des Beamtenstatusgesetzes) sind nicht anzuwenden.
§ 50 Androhung
Unmittelbarer Zwang ist vorher anzudrohen. Die Androhung darf nur dann unterbleiben, wenn die Umstände sie nicht zulassen oder unmittelbarer Zwang sofort angewendet werden muss, um eine rechtswidrige Tat, die den Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllt, zu verhindern oder eine gegenwärtige Gefahr abzuwenden.
Zehntes Kapitel
Disziplinarmaßnahmen
§ 51 Voraussetzungen
(1) Verstößt eine Arrestantin oder ein Arrestant schuldhaft gegen Pflichten, die ihr oder ihm durch dieses Gesetz oder aufgrund dieses Gesetzes auferlegt sind, so können gegen sie oder ihn Disziplinarmaßnahmen angeordnet werden. Ist durch den Pflichtenverstoß eine andere Person verletzt worden, so ist bei Ausübung des Ermessens nach Satz 1 auch zu berücksichtigen, inwieweit die Arrestantin oder der Arrestant sich bemüht, einen Ausgleich mit der verletzten Person zu erreichen, insbesondere einen Schaden wiedergutzumachen oder sich bei ihr zu entschuldigen. Die Vollzugsbehörde soll die Arrestantin oder den Arrestanten bei den Bemühungen nach Satz 2 unterstützen.
(2) Von einer Disziplinarmaßnahme wird abgesehen, wenn es genügt, die Arrestantin oder den Arrestanten zu verwarnen.
(3) Eine Disziplinarmaßnahme ist auch zulässig, wenn wegen derselben Verfehlung ein Straf- oder Bußgeldverfahren eingeleitet wird.
§ 52 Arten der Disziplinarmaßnahmen
(1) Die zulässigen Disziplinarmaßnahmen sind
Der Hörfunk- und Fernsehempfang darf nach Satz 1 Nr. 1 nur nach seinem Missbrauch beschränkt oder entzogen werden. Im Fall einer Maßnahme nach Satz 1 Nr. 4 gilt § 43 Abs. 2 Satz 2 entsprechend. Maßnahmen nach Satz 1 dürfen die Dauer von zwei Tagen nicht überschreiten.
(2) Mehrere Disziplinarmaßnahmen können miteinander verbunden werden. Die Gesamtdauer der Maßnahmen darf zwei Tage nicht überschreiten.
§ 53 Vollstreckung der Disziplinarmaßnahmen, Aussetzung zur Bewährung
(1) Disziplinarmaßnahmen werden in der Regel sofort vollstreckt.
(2) Die Vollstreckung einer Disziplinarmaßnahme kann ganz oder teilweise zur Bewährung ausgesetzt werden.
(3) Die Vollstreckung von Disziplinarmaßnahmen ist auszusetzen oder zu unterbrechen, soweit ansonsten die Erreichung des Vollzugszieles gefährdet würde. Pflichtenverstöße nach § 51 Abs. 1 sollen aufgearbeitet werden.
§ 54 Disziplinarbefugnis
(1) Disziplinarmaßnahmen ordnet die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter an.
(2) Das Fachministerium entscheidet, wenn sich die Verfehlung der Arrestantin oder des Arrestanten gegen die Anstaltsleiterin oder den Anstaltsleiter richtet.
§ 55 Verfahren
(1) Der Sachverhalt ist zu klären. Die Arrestantin oder der Arrestant wird angehört. Vor der Anhörung wird ihr oder ihm eröffnet, welche Verfehlung ihr oder ihm zur Last gelegt wird. Gleichzeitig ist darauf hinzuweisen, dass es ihr oder ihm freisteht, sich zur Sache zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Die Einlassung der Arrestantin oder des Arrestanten und Beweiserhebungen werden schriftlich festgehalten.
(2) Die Entscheidung wird der Arrestantin oder dem Arrestanten von der Anstaltsleiterin oder dem Anstaltsleiter mündlich eröffnet und mit einer kurzen Begründung schriftlich abgefasst. Die schriftliche Begründung wird der Arrestantin oder dem Arrestanten auf Verlangen ausgehändigt.
Elftes Kapitel
Entlassung, Nachsorge
§ 56 Entlassungsbericht, Entlassungsgespräch
(1) Zum Ende des Vollzuges wird ein Entlassungsbericht erstellt. Dieser enthält namentlich folgende Angaben:
Der wesentliche Inhalt wird mit der Arrestantin oder dem Arrestanten in einem Entlassungsgespräch erörtert.
(2) Den Entlassungsbericht erhalten die Arrestantin oder der Arrestant, die Personensorgeberechtigten, die Vollstreckungsleiterin oder der Vollstreckungsleiter und die Träger der öffentlichen und freien Jugendhilfe, insbesondere die Jugendgerichtshilfe. Steht die Arrestantin oder der Arrestant unter Bewährung, erhält auch die Bewährungshilfe den Bericht.
§ 57 Entlassung, Entlassungsbeihilfe
(1) Die Entlassung kann am Tag des Arrestendes vor Ablauf der Arrestzeit erfolgen, wenn die Arrestantin oder der Arrestant aus schulischen oder beruflichen Gründen hierauf angewiesen ist oder die Verkehrsverhältnisse dies erfordern.
(2) Die Arrestantin oder der Arrestant erhält, soweit eigene Mittel nicht ausreichen, eine Beihilfe zu den Reisekosten. Daneben kann für den Tag der Entlassung sonstige notwendige Unterstützung, insbesondere angemessene Kleidung und Verpflegung, gewährt werden.
(3) Der Anspruch auf Beihilfe zu den Reisekosten und die ausgezahlte Reisebeihilfe sind unpfändbar.
§ 58 Freiwilliger Verbleib
(1) Eine frühere Arrestantin oder ein früherer Arrestant darf auf Antrag vorübergehend in der Anstalt verbleiben, wenn ihre oder seine Wohnsituation ungeklärt und ein Aufenthalt in der Anstalt aus diesem Grund gerechtfertigt ist. Dies gilt nicht für Arrestantinnen oder Arrestanten, die zum Zeitpunkt der Entlassung noch minderjährig sind. Der Aufenthalt soll eine Woche nicht überschreiten.
(2) Gegen die verbliebene Person dürfen Maßnahmen des Vollzuges nicht mit unmittelbarem Zwang durchgesetzt werden. Im Übrigen finden die sonstigen Vorschriften dieses Gesetzes entsprechende Anwendung.
(3) Auf ihren Antrag ist die verbliebene Person unverzüglich zu entlassen. Gleiches gilt im Fall des Widerrufs der Zustimmung der Personensorgeberechtigten.
Zwölftes Kapitel
Aufhebung von Verwaltungsakten, Beschwerderecht, gerichtlicher Rechtsschutz
§ 59 Aufhebung von Verwaltungsakten
Für den Widerruf und die Rücknahme von Verwaltungsakten nach diesem Gesetz gelten die Vorschriften des Niedersächsischen Verwaltungsverfahrensgesetzes über den Widerruf und die Rücknahme von Verwaltungsakten entsprechend, soweit dieses Gesetz eine besondere Regelung nicht enthält.
§ 60 Beschwerderecht
(1) Die Arrestantin oder der Arrestant erhält Gelegenheit, schriftlich und mündlich Wünsche, Anregungen und Beschwerden in eigenen Angelegenheiten bei der Vollzugsbehörde vorzubringen.
(2) Es ist zu gewährleisten, dass sich die Arrestantin oder der Arrestant in eigenen Angelegenheiten auch an Bedienstete der Aufsichtsbehörde wenden kann, die die Anstalt besichtigen.
(3) Absatz 1 gilt für Personensorgeberechtigte der Arrestantin oder des Arrestanten entsprechend.
§ 61 Gerichtlicher Rechtsschutz
Gegen eine Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiet des Jugendarrestes kann gerichtliche Entscheidung nach Maßgabe des § 92 JGG beantragt werden.
Dritter Teil
Vollzug des Freizeit- und Kurzarrestes
§ 62 Freizeit- und Kurzarrest
(1) Für den Vollzug des Freizeit- und Kurzarrestes gelten die Bestimmungen des Zweiten Teils über den Vollzug des Dauerarrestes entsprechend, soweit in diesem Teil nichts anderes bestimmt ist.
(2) Im Vollzug des Kurz- und Freizeitarrestes finden § 13 Abs. 2 Satz 2, § 14 Abs. 3 und § 56 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 keine Anwendung. § 35 Abs. 2 Satz 2 gilt mit der Maßgabe, dass der Arrestantin oder dem Arrestanten eine sportliche Betätigung ermöglicht werden soll.
Vierter Teil
Vollzugsorganisation, Beiräte, Datenschutz und Schlussbestimmungen
Erstes Kapitel
Vollzugsorganisation
§ 63 Anstalten für den Vollzug des Jugendarrestes
Jugendarrest wird in Jugendarrestanstalten der Landesjustizverwaltung vollzogen.
§ 64 Gestaltung, Differenzierung und Organisation der Anstalten
Die Anstalten sind vom Fachministerium und von den Vollzugsbehörden so zu gestalten und zu differenzieren, dass das Ziel und die Aufgaben des Vollzuges gewährleistet werden. Dazu muss insbesondere sichergestellt werden, dass die erforderlichen Förder- und Unterstützungsmaßnahmen durchgeführt werden können. Personelle Ausstattung, sachliche Mittel und Organisation der Anstalten sind hieran auszurichten. Die Arresträume sind in nach Geschlechtern getrennten Bereichen einzurichten.
§ 65 Belegungsfähigkeit und Ausgestaltung der Räume
(1) Das Fachministerium setzt die Belegungsfähigkeit sowie die Zahl der Einzel- und Gemeinschaftsarresträume für jede Anstalt fest.
(2) Räume für den Aufenthalt während der Ruhe- und Freizeit sowie Gemeinschafts- und Besuchsräume müssen zweck-entsprechend ausgestaltet und für eine gesunde Lebensführung ausreichend mit Heizung, Lüftung, Boden- und Fensterfläche ausgestattet sein.
§ 66 Vollzugsgemeinschaften
Für den Vollzug des Jugendarrestes können Vollzugsgemeinschaften mit anderen Ländern gebildet werden.
§ 67 Zuständigkeit
(1) Die Anstalt ist als Vollzugsbehörde für die Entscheidungen und sonstigen Maßnahmen nach diesem Gesetz zuständig, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist.
(2) Das Fachministerium kann bestimmte vollzugliche Aufgaben anstaltsübergreifend einer nachgeordneten Stelle übertragen.
§ 68 Anstaltsleitung
(1) Die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter trägt die Verantwortung für den gesamten Vollzug in der Anstalt, vertritt die Anstalt in den ihr als Vollzugsbehörde obliegenden Angelegenheiten nach außen und regelt die Geschäftsverteilung innerhalb der Anstalt. Die Befugnis, eine Fesselung bei Ausführungen zur Gesundheitsfürsorge, mit einer Entkleidung verbundene körperliche Durchsuchung, besondere Sicherungsmaßnahmen und Disziplinarmaßnahmen anzuordnen, darf sie oder er nur mit Zustimmung des Fachministeriums anderen Justizvollzugsbediensteten übertragen.
(2) Das Fachministerium bestellt
zur Leiterin oder zum Leiter der Anstalt.
(3) Sind am Sitz der Anstalt mehrere Jugendrichterinnen oder Jugendrichter tätig, so erfolgt eine Bestellung nach Absatz 2 Nr. 1 aus deren Kreis. Ist am Sitz der Anstalt eine Jugendrichterin oder ein Jugendrichter nicht tätig, so kann das Fachministerium abweichend von Absatz 2 Nr. 1 eine sonstige Jugendrichterin oder einen sonstigen Jugendrichter bestellen.
(4) Eine Anstaltsleiterin oder ein Anstaltsleiter, die oder der nach Absatz 2 Nr. 2 bestellt worden ist, sowie ihre oder seine Vertreterinnen oder Vertreter müssen hauptamtlich tätig sein und in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis zum Land stehen.
§ 69 Aufgabenwahrnehmung durch Justizvollzugsbedienstete
(1) Die Wahrnehmung der Aufgaben der Vollzugsbehörden wird Justizvollzugsbeamtinnen und Justizvollzugsbeamten übertragen. Aus besonderen Gründen kann die Wahrnehmung der Aufgaben auch anderen Beamtinnen und Beamten, sonstigen Justizvollzugsbediensteten oder nebenamtlich in einer Anstalt beschäftigten Personen übertragen werden.
(2) Es sollen Justizvollzugsbedienstete eingesetzt werden, die für den Umgang mit jungen Menschen besonders geeignet sind. Die Eignung ist durch entsprechende Fortbildungen zu fördern. Praxisberatung und Praxisbegleitung sollen regelmäßig durchgeführt werden.
§ 70 Seelsorgerische Betreuung
(1) Seelsorgerinnen und Seelsorger werden im Einvernehmen mit der jeweiligen Religionsgemeinschaft im Hauptamt bestellt oder vertraglich verpflichtet.
(2) Wenn die geringe Zahl der Angehörigen einer Religionsgemeinschaft eine Seelsorge nach Absatz 1 nicht rechtfertigt, ist die seelsorgerische Betreuung auf andere Weise zuzulassen.
(3) Mit Zustimmung der Vollzugsbehörde dürfen die Anstaltsseelsorgerinnen und Anstaltsseelsorger freie Seelsorgehelferinnen und Seelsorgehelfer und für Gottesdienste sowie für andere religiöse Veranstaltungen Seelsorgerinnen und Seelsorger von außen zuziehen.
§ 71 Ärztliche Versorgung
Die ärztliche Versorgung ist sicherzustellen.
§ 72 Beauftragung
Fachlich geeignete und zuverlässige natürliche Personen, juristische Personen des öffentlichen oder privaten Rechts oder sonstige Stellen können beauftragt werden, Aufgaben für die Vollzugsbehörde wahrzunehmen, soweit dabei keine Entscheidungen oder sonstige in die Rechte der Arrestantinnen, Arrestanten oder anderer Personen eingreifende Maßnahmen zu treffen sind. Eine Übertragung von vollzuglichen Aufgaben zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung ist ausgeschlossen.
§ 73 Hausordnung
(1) Die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter erlässt eine Hausordnung.
(2) In die Hausordnung sind namentlich Regelungen aufzunehmen über
(3) Ein Abdruck der Hausordnung ist allgemein zugänglich auszuhängen und auf Verlangen auszuhändigen.
§ 74 Aufsicht
Das Fachministerium führt die Aufsicht über die Vollzugsbehörden.
§ 75 Vollstreckungsplan
Das Fachministerium regelt die örtliche und sachliche Zuständigkeit der Vollzugsbehörden nach allgemeinen Merkmalen in einem Vollstreckungsplan.
(1) Die im Vollzug eingesetzten Maßnahmen, namentlich Methoden zur Förderung der Arrestantinnen und Arrestanten, sind vom Fachministerium und den Vollzugsbehörden in Zusammenarbeit mit Einrichtungen der Forschung im Hinblick auf ihre Wirksamkeit wissenschaftlich zu überprüfen. Dabei sind geschlechtsspezifische Besonderheiten des Vollzuges zu berücksichtigen, soweit dies für die Aussagekraft der Untersuchung von Bedeutung ist. Die Ergebnisse der Überprüfung sind für die Zwecke der Strafrechtspflege nutzbar zu machen. Auf Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse sind Konzepte für den Einsatz vollzuglicher Maßnahmen zu entwickeln und fortzuschreiben. Auch im Übrigen sind die Erfahrungen mit der Ausgestaltung des Vollzuges durch dieses Gesetz sowie der Art und Weise der Anwendung der Vorschriften dieses Gesetzes zu überprüfen.
(2) Zu diesen Zwecken sind landesweit von den einzelnen Vollzugsbehörden aussagefähige und auf Vergleichbarkeit angelegte Daten zu erheben, die eine Feststellung und Bewertung der Erfolge und Misserfolge des Vollzuges sowie die gezielte Erforschung der hierfür verantwortlichen Faktoren ermöglichen. Entsprechende Daten für Bereiche außerhalb des räumlichen Geltungsbereiches dieses Gesetzes sind einzubeziehen und zu vergleichen, soweit solche Daten für das Fachministerium zugänglich sind.
Zweites Kapitel
Beiräte
§ 77 Bildung der Beiräte
(1) Bei den Jugendarrestanstalten sind Beiräte zu bilden.
(2) Das Nähere regelt das Fachministerium durch Verordnung. Die Verordnung enthält insbesondere Regelungen zur Anzahl der Beiratsmitglieder sowie über deren Berufung und Abberufung. Justizvollzugsbedienstete, Beauftragte sowie Bedienstete des Fachministeriums dürfen nicht Mitglied eines Beirats sein.
§ 78 Aufgaben und Befugnisse der Beiräte
(1) Der Beirat wirkt bei der Gestaltung des Vollzuges durch Anregungen und Verbesserungsvorschläge mit. Er kann Arrestantinnen und Arrestanten unterstützen, soweit dies mit dem Vollzugsziel im Einklang steht.
(2) Der Beirat kann namentlich Wünsche, Anregungen und Beanstandungen entgegennehmen. Er kann sich über die Unterbringung, Verpflegung, Betreuung und Förderung der Arrestantinnen und Arrestanten unterrichten sowie die Anstalt besichtigen.
(3) Der Beirat kann Arrestantinnen und Arrestanten in ihren Räumen aufsuchen. Aussprache und Schriftwechsel werden nicht überwacht.
§ 79 Pflicht zur Verschwiegenheit
Die Mitglieder des Beirats sind verpflichtet, außerhalb ihrer Tätigkeit über alle Angelegenheiten, die ihrer Natur nach vertraulich sind, besonders über Namen und Persönlichkeit der Arrestantinnen und Arrestanten, Verschwiegenheit zu bewahren. Dies gilt auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit.
Drittes Kapitel
Datenschutz
Die §§ 190 bis 207 des Niedersächsischen Justizvollzugsgesetzes gelten entsprechend.
Viertes Kapitel
Schlussbestimmungen
§ 81 Einschränkung von Grundrechten
Durch dieses Gesetz werden die Grundrechte aus Artikel 2 Abs. 2 Sätze 1 und 2 (körperliche Unversehrtheit und Freiheit der Person), Artikel 6 Abs. 3 (Elternrecht) und Artikel 10 Abs. 1 (Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis) des Grundgesetzes eingeschränkt.
ENDE |