Regelwerk |
ThürSVVollzG - Thüringer Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz
- Thüringen -
Vom 23. Mai 2013
(GVBl. Nr. 4 vom 30.05.2013 S. 121; 27.02.2014 S. 46 14; 16.11.2023 S. 291 23; 02.07.2024 S. 277 24 i.K.)
Erster Abschnitt
Anwendungsbereich
Dieses Gesetz regelt den Vollzug der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung in Thüringen. In den Fällen der Überweisung einer Person, gegen die Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist, in den Vollzug einer anderen Maßregel nach § 67a Abs. 2 des Strafgesetzbuchs (StGB) in der Fassung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322) in der jeweils geltenden Fassung findet dieses Gesetz keine Anwendung. Es gilt vielmehr das für die aufnehmende Maßregel geltende Vollzugsrecht, insbesondere das Thüringer Maßregelvollzugsgesetz vom 8. August 2014 (GVBl. S. 545) in der jeweils geltenden Fassung.
Zweiter Abschnitt
Grundsätze
§ 2 Ziele des Vollzugs
(1) Der Vollzug der Sicherungsverwahrung dient dem Ziel, die Gefährlichkeit der Untergebrachten für die Allgemeinheit so zu mindern, dass die Vollstreckung der Unterbringung möglichst bald zur Bewährung ausgesetzt oder für erledigt erklärt werden kann. Die Untergebrachten sollen befähigt werden, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen.
(2) Der Vollzug der Sicherungsverwahrung bezweckt zugleich den Schutz der Allgemeinheit vor erheblichen Straftaten.
§ 3 Gestaltung des Vollzugs
(1) Der Vollzug der Sicherungsverwahrung ist behandlungs- und therapiegerichtet auszugestalten und unter Berücksichtigung notwendiger Sicherheitsbelange freiheitsorientiert auszurichten.
(2) Das Leben im Vollzug ist den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit wie möglich anzugleichen. Es soll auch bei langer Dauer der Unterbringung den Bezug zum Leben außerhalb des Vollzugs erhalten, die Untergebrachten in ihrer Eigenverantwortung stärken und ihnen helfen, sich in das Leben in Freiheit einzugliedern. Schädlichen Folgen des Freiheitsentzugs ist entgegenzuwirken.
(3) Die unterschiedlichen Lebenslagen und Bedürfnisse der Untergebrachten, insbesondere im Hinblick auf Alter, Geschlecht und Herkunft, werden bei der Gestaltung des Vollzugs und bei allen Einzelmaßnahmen berücksichtigt.
§ 4 Grundsätze der Behandlung und Betreuung
(1) Den Untergebrachten sind die zur Erreichung der Vollzugsziele erforderlichen Behandlungs- und Betreuungsmaßnahmen anzubieten. Die Behandlungsmaßnahmen haben wissenschaftlichen Erkenntnissen zu entsprechen. Soweit bestehende Angebote nicht ausreichen oder keinen Erfolg versprechen, sind individuell zugeschnittene Behandlungsangebote zu unterbreiten.
(2) Bei der Behandlung und Betreuung wirken Bedienstete der verschiedenen Fachrichtungen in enger Abstimmung zusammen. Soweit dies erforderlich ist, sind externe Fachkräfte einzubeziehen. Den Untergebrachten sollen feste Ansprechpersonen zur Verfügung stehen.
§ 5 Mitwirkung und Motivierung
(1) Die Erreichung des Vollzugsziels nach § 2 Abs. 1 erfordert die Mitwirkung der Untergebrachten. Ihre Bereitschaft hierzu ist fortwährend zu wecken und zu fördern. Dazu gehören insbesondere wiederkehrende Gesprächsangebote, die Beziehungsfähigkeit fördernde Maßnahmen und die Vermittlung des therapeutischen Konzepts. Die Motivationsmaßnahmen sind zu dokumentieren.
(2) Die Motivation kann durch Maßnahmen der Anerkennung gefördert werden. Dabei sind die Beteiligung an Maßnahmen wie auch besonderer Einsatz oder erreichte Fortschritte angemessen zu berücksichtigen.
§ 6 Stellung der Untergebrachten
(1) Die Untergebrachten unterliegen den in diesem Gesetz vorgesehenen Freiheitsbeschränkungen. Soweit das Gesetz eine besondere Regelung nicht enthält, dürfen nur Beschränkungen auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der Ordnung der Einrichtung oder zum Schutz der Allgemeinheit vor erheblichen Straftaten unerlässlich sind.
(2) Die Pflichten und Beschränkungen, die den Untergebrachten zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung auferlegt werden, sind so zu wählen, dass sie in einem angemessenen Verhältnis zu ihrem Zweck stehen und die Untergebrachten nicht mehr und nicht länger als notwendig beeinträchtigen; von mehreren gleich geeigneten Maßnahmen ist diejenige zu wählen, die die Untergebrachten voraussichtlich am wenigsten belastet.
(3) Vollzugliche Maßnahmen sollen den Untergebrachten erläutert werden.
§ 7 Einbeziehung Dritter
(1) Die Einrichtungen arbeiten mit öffentlichen Stellen sowie privaten Organisationen und Personen, die der Eingliederung der Untergebrachten förderlich sein können, zusammen.
(2) Die Unterstützung der Untergebrachten durch geeignete ehrenamtlich tätige Personen ist zu fördern.
Dritter Abschnitt
Aufnahme und Behandlung der Untergebrachten
§ 8 Aufnahme
(1) Mit den Untergebrachten wird unverzüglich ein Aufnahmegespräch geführt, bei dem andere Untergebrachte nicht zugegen sein dürfen. Dabei werden sie auch über ihre Rechte und Pflichten sowie über die Ausgestaltung der Unterbringung informiert. Ihnen ist ein Exemplar dieses Gesetzes zugänglich zu machen.
(2) Die Untergebrachten werden alsbald ärztlich untersucht.
§ 9 Behandlungsuntersuchung
(1) An das Aufnahmeverfahren schließt sich zur Vorbereitung der Vollzugsplanung unverzüglich eine umfassende, wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechende Behandlungsuntersuchung an.
(2) Die Behandlungsuntersuchung erstreckt sich auf alle Umstände, die für die Beurteilung der Gefährlichkeit der Untergebrachten maßgeblich sind. Im Rahmen der Behandlungsuntersuchung sind die Ursachen der Straftaten, die individuellen Risikofaktoren sowie der Behandlungsbedarf und die Behandlungsfähigkeit und -motivation der Untergebrachten festzustellen. Gleichzeitig sollen die Fähigkeiten der Untergebrachten ermittelt werden, deren Stärkung der Gefährlichkeit der Untergebrachten entgegenwirken. Erkenntnisse aus vorangegangenen Freiheitsentziehungen sind einzubeziehen.
§ 10 Vollzugsplan
(1) Auf der Grundlage der in der Behandlungsuntersuchung gewonnenen Erkenntnisse wird alsbald ein Betreuungs- und Behandlungsplan (Vollzugsplan) aufgestellt, der unter Berücksichtigung auch des Alters, der Persönlichkeit und des Entwicklungsstands, der Lebensverhältnisse und der Gefährlichkeit des Untergebrachten die individuell anzustrebenden Behandlungsziele festlegt und die zu ihrer Erreichung geeigneten und erforderlichen Maßnahmen benennt. Er enthält insbesondere Angaben über
(2) Der Vollzugsplan ist unter Berücksichtigung der Entwicklung der Untergebrachten und weiterer für die Behandlung bedeutsamer Erkenntnisse fortzuschreiben. Hierfür ist im Vollzugsplan eine angemessene Frist vorzusehen, die sechs Monate nicht überschreiten soll.
(3) Ist abzusehen, dass die Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird oder die Unterbringung für erledigt erklärt wird, sind in den Vollzugsplan konkrete Angaben über die notwendigen vorbereitenden Maßnahmen aufzunehmen.
(4) Der Vollzugsplan und seine Fortschreibungen werden in einer Konferenz nach § 64 Abs. 3 beraten und mit den Untergebrachten erörtert. Deren Anregungen und Vorschläge werden angemessen berücksichtigt.
(5) An der Behandlung mitwirkende Personen außerhalb des Vollzugs sollen in die Planung einbezogen werden. Sie können mit Zustimmung der Untergebrachten auch an der Konferenz beteiligt werden.
(6) Den Untergebrachten werden der Vollzugsplan und seine Fortschreibungen ausgehändigt.
§ 11 Verlegung, Überstellung und Ausantwortung 23
(1) Die Untergebrachten können in eine andere Einrichtung verlegt oder überstellt werden, wenn die Erreichung der Vollzugsziele hierdurch gefördert wird oder wenn zwingende Gründe der Vollzugsorganisation oder andere wichtige Gründe dies erfordern, insbesondere ihr Verhalten oder ihr Zustand eine erhebliche Gefahr für die Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung darstellt.
(2) Wenn es die Behandlung nach § 66c Abs. 1 Nr. 1 StGB erfordert, dürfen Untergebrachte ausnahmsweise in eine Anstalt des Justizvollzugs verlegt oder überstellt werden. Dies gilt insbesondere für eine Behandlung in einer sozialtherapeutischen Anstalt oder Abteilung des Strafvollzugs oder zur Entlassungsvorbereitung im offenen Vollzug. Auf Antrag können Untergebrachte aus wichtigem Grund, insbesondere zum Zwecke einer erleichterten Besuchsdurchführung in eine Anstalt des Justizvollzugs überstellt werden, wenn dies die Behandlung nicht beeinträchtigt und sie sich mit den dortigen Unterbringungsbedingungen einverstanden erklären.
(3) Verlegungen und Überstellungen sollen unmittelbar in die aufnehmende Einrichtung erfolgen.
(4) Untergebrachte dürfen befristet dem Gewahrsam einer Strafverfolgungsbehörde überlassen werden, wenn dies zur Erfüllung der Aufgaben dieser Behörde erforderlich ist (Ausantwortung).
§ 12 Sozialtherapeutische Behandlung
Den Untergebrachten sind sozialtherapeutische Maßnahmen anzubieten, wenn dies aus Gründen der Behandlung angezeigt ist. Die Behandlung soll in der Einrichtung erfolgen.
§ 13 Geschlossener Vollzug und vollzugsöffnende Maßnahmen
(1) Die Unterbringung erfolgt in geschlossenen Einrichtungen.
(2) Zur Erreichung des Vollzugsziels nach § 2 Abs. 1 werden den Untergebrachten nach Anhörung der Strafvollstreckungskammer vollzugsöffnende Maßnahmen gewährt, soweit nicht zwingende Gründe entgegenstehen, insbesondere konkrete Anhaltspunkte die Gefahr begründen, dass die Untergebrachten sich dem Vollzug der Sicherungsverwahrung entziehen oder die vollzugsöffnenden Maßnahmen zur Begehung erheblicher Straftaten missbrauchen werden.
(3) Als vollzugsöffnende Maßnahmen kommen insbesondere in Betracht:
(4) Werden vollzugsöffnende Maßnahmen nach Absatz 3 nicht gewährt, ist den Untergebrachten das Verlassen der Einrichtung unter ständiger und unmittelbarer Aufsicht für eine bestimmte Tageszeit (Ausführung) mindestens viermal im Jahr zu gestatten. Die Ausführung dient der Erhaltung der Lebenstüchtigkeit, der Förderung der Mitwirkung an der Behandlung oder der Vorbereitung weiterer vollzugsöffnender Maßnahmen. Sie darf nur versagt werden, wenn
(5) Der Entscheidung über die Gewährung vollzugsöffnender Maßnahmen nach Absatz 3 sind in der Regel zwei Gutachten von Sachverständigen zugrunde zu legen; dabei kann auf vorhandene aktuelle Gutachten, die zur Frage der Eignung für vollzugsöffnende Maßnahmen Stellung nehmen, zurückgegriffen werden. Gutachten sind gegebenenfalls so rechtzeitig einzuholen, dass die Entscheidung über die vollzugsöffnende Maßnahme zum vorgesehenen Zeitpunkt getroffen werden kann.
(6) Durch vollzugsöffnende Maßnahmen wird die Vollstreckung der Sicherungsverwahrung nicht unterbrochen.
§ 14 Weisungen, Rücknahme und Widerruf 23 24
(1) Für vollzugsöffnende Maßnahmen, mit Ausnahme der Ausführung nach § 13 Abs. 4 und der Unterbringung im offenen Vollzug nach § 16 Abs. 2, sollen Untergebrachten Weisungen erteilt werden. Insbesondere können sie angewiesen werden,
(2) Bei der Ausgestaltung der vollzugsöffnenden Maßnahmen ist den Belangen des Opferschutzes Rechnung zu tragen.
(3) Vollzugsöffnende Maßnahmen können zurückgenommen werden, wenn die Voraussetzungen für ihre Bewilligung nicht vorgelegen haben.
(4) Vollzugsöffnende Maßnahmen können widerrufen werden, wenn
(5) Im Übrigen (gültig bis 31.12.2024 gelten für den Widerruf oder die Rücknahme von vollzuglichen Maßnahmen nach diesem Gesetz die §§ 48 bis 49a des Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetzes in der Fassung vom 1. Dezember 2014 (GVBl. S. 685) in der jeweils geltenden Fassung) (gültig ab 01.01.2025 gilt für den Widerruf oder die Rücknahme von vollzuglichen Maßnahmen nach diesem Gesetz § 1 Abs. 1 Satz 1 des Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetzes in Verbindung mit den §§ 48 bis 49a des Verwaltungsverfahrensgesetzes) entsprechend, soweit dieses Gesetz keine abweichende Regelung enthält.
§ 15 Vollzugsöffnende Maßnahmen aus wichtigem Anlass
(1) Vollzugsöffnende Maßnahmen können auch aus wichtigem Anlass gewährt werden. Wichtige Anlässe sind insbesondere die Teilnahme an gerichtlichen Terminen, die medizinische Behandlung sowie eine akute lebensgefährliche Erkrankung oder der Tod naher Angehöriger der Untergebrachten.
(2) § 13 Abs. 2, 4 und 5 sowie § 14 gelten entsprechend.
(3) Ausführungen, insbesondere aus medizinischen Gründen oder zur Beschaffung von Ausweisdokumenten, sind auch ohne Zustimmung der Untergebrachten zulässig, wenn dies aus besonderem Grund notwendig ist. Auf Ersuchen eines Gerichts erfolgt eine Vorführung.
§ 16 Entlassungsvorbereitung
(1) Die Einrichtung arbeitet frühzeitig, spätestens sechs Monate vor dem voraussichtlichen Entlassungszeitpunkt, darauf hin, dass die Untergebrachten über eine geeignete Unterkunft und eine Arbeits- oder Ausbildungsstelle verfügen sowie bei Bedarf in therapeutische oder andere nachsorgende Maßnahmen vermittelt werden. Hierbei arbeitet sie mit Dritten nach § 7, insbesondere der Bewährungshilfe, den Führungsaufsichtsstellen und der freien Straffälligenhilfe zur Eingliederung der Untergebrachten, eng zusammen. Die Bewährungshilfe ist zu einer solchen Zusammenarbeit schon während des Vollzugs verpflichtet, um einen bestmöglichen Übergang der Betreuung zu gewährleisten.
(2) Zur Vorbereitung der Entlassung können zusätzlich zu Maßnahmen nach § 13 weitere vollzugsöffnende Maßnahmen gewährt werden, insbesondere
§ 17 Entlassung und nachgehende Betreuung
(1) Untergebrachte sollen am Tag ihrer Entlassung möglichst frühzeitig entlassen werden. Bei Bedarf soll die Einrichtung den Transport zur Unterkunft sicherstellen. Der Entlassungszeitpunkt kann bis zu fünf Tage vorverlegt werden, wenn Untergebrachte zu ihrer Eingliederung oder aus anderen dringenden Gründen hierauf angewiesen sind.
(2) Bedürftigen Untergebrachten kann eine Entlassungsbeihilfe, insbesondere ein Reisekostenzuschuss oder angemessene Kleidung, gewährt werden.
(3) Die Einrichtung kann früheren Untergebrachten auf Antrag nach der Entlassung Hilfestellung gewähren, soweit diese nicht anderweitig sichergestellt werden kann und der Erfolg der Behandlung gefährdet erscheint.
§ 18 Verbleib und Aufnahme auf freiwilliger Grundlage
(1) Frühere Untergebrachte können auf ihren Antrag hin vorübergehend in einer Einrichtung des Justizvollzugs verbleiben oder wieder aufgenommen werden, wenn die Eingliederung gefährdet ist. Der Verbleib und die Aufnahme sind jederzeit widerruflich.
(2) Für diese Personen gelten die Bestimmungen dieses Gesetzes entsprechend mit der Maßgabe, dass Maßnahmen des Vollzugs nicht mit unmittelbarem Zwang durchgesetzt werden können. Das Hausrecht bleibt hiervon unberührt.
(3) Auf ihren Antrag sind nach Absatz 1 verbliebene oder wieder aufgenommene Personen unverzüglich zu entlassen.
Vierter Abschnitt
Unterbringung und Versorgung der Untergebrachten
§ 19 Unterbringung, Wohngruppen
(1) Untergebrachte erhalten einen Wohn- und Schlafbereich (Zimmer) zur alleinigen Nutzung.
(2) Sofern Untergebrachte hilfsbedürftig sind oder eine Gefahr für Leben oder Gesundheit besteht, können sie mit einer oder einem anderen Untergebrachten gemeinsam untergebracht werden, wenn diese oder dieser zustimmt. Bei Hilfsbedürftigkeit bedarf es der Zustimmung beider Untergebrachter.
(3) Geeignete Untergebrachte sollen in Wohngruppen untergebracht werden. Der Wohngruppenvollzug dient der Vermittlung eines sozialverträglichen Zusammenlebens, insbesondere von gegenseitiger Toleranz sowie der Übernahme von Verantwortung für sich und andere.
(4) Eine Eignung im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 liegt insbesondere nicht vor, wenn Untergebrachte aufgrund ihres Verhaltens nicht gruppenfähig sind, eine Gefahr für die Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung oder für die anderen Untergebrachten darstellen oder die Freiräume der Wohngruppe wiederholt oder schwerwiegend missbraucht haben.
§ 20 Ausstattung des Zimmers, persönlicher Besitz
(1) Die Untergebrachten dürfen ihr Zimmer in angemessenem Umfang mit eigenen Gegenständen ausstatten. Gegenstände, die die Sicherheit beeinträchtigen oder die in schwerwiegender Weise die Ordnung oder die Erreichung der Vollzugsziele nach § 2 Abs. 1 gefährden, sind ausgeschlossen.
(2) Untergebrachte dürfen Gegenstände nur mit Erlaubnis der Einrichtung besitzen, annehmen oder abgeben. Gegenstände von geringem Wert dürfen sie ohne Erlaubnis an andere Untergebrachte weitergeben und von ihnen annehmen; die Einrichtung kann Annahme und Besitz auch dieser Gegenstände von ihrer Erlaubnis abhängig machen oder weitere Ausnahmen zulassen. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Die Erlaubnis kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 widerrufen werden.
(3) Eingebrachte Gegenstände, die Untergebrachte nicht in Besitz haben dürfen, sind für sie aufzubewahren, sofern dies nach Art und Umfang möglich ist. Andernfalls ist den Untergebrachten Gelegenheit zu geben, die Gegenstände außerhalb der Einrichtung aufbewahren zu lassen. Das Gleiche gilt für Gegenstände, die die Untergebrachten während des Vollzugs und für ihre Entlassung nicht benötigen.
(4) Werden Gegenstände, deren Aufbewahrung nach Art oder Umfang nicht möglich ist, von den Untergebrachten trotz Aufforderung nicht aus der Einrichtung verbracht, so darf die Einrichtung diese Gegenstände auf Kosten der Untergebrachten außerhalb der Einrichtung verwahren, verwerten oder vernichten. Für die Voraussetzungen und das Verfahren der Verwertung und Vernichtung gilt § 29 des Polizeiaufgabengesetzes vom 4. Juni 1992 (GVBl. S. 199) in der jeweils geltenden Fassung, für die Inanspruchnahme der Kosten gilt § 52 Abs. 2 und 3 entsprechend.
§ 21 Kleidung
Die Untergebrachten dürfen eigene Kleidung tragen und eigene Bettwäsche benutzen, soweit sie für Reinigung und Instandsetzung auf eigene Kosten sowie für regelmäßigen Wechsel sorgen. Bei Bedarf oder auf Antrag der Untergebrachten stellt die Einrichtung Kleidung und Bettwäsche zur Verfügung und ordnet diese persönlich zu.
§ 22 Verpflegung und Einkauf
(1) Die Untergebrachten erhalten Verpflegung durch die Einrichtung. Zusammensetzung und Nährwert müssen den Anforderungen an eine gesunde Ernährung entsprechen und ärztlich überwacht werden. Auf ärztliche Anordnung wird besondere Verpflegung gewährt. Den Untergebrachten ist zu ermöglichen, Speisevorschriften ihrer Religionsgemeinschaft zu befolgen.
(2) Den Untergebrachten soll gestattet werden, sich selbst zu verpflegen, soweit Gründe der Sicherheit oder schwerwiegende Gründe der Ordnung der Einrichtung nicht entgegenstehen. Die Untergebrachten sollen angeleitet werden, sich gesund zu ernähren.
(3) Soweit sich die Untergebrachten selbst verpflegen, tragen sie hierfür die Kosten und werden von der Gemeinschaftsverpflegung ausgenommen. Die Einrichtung unterstützt die Untergebrachten durch einen zweckgebundenen Zuschuss mindestens in Höhe der ersparten Aufwendungen. Die Einrichtung kann stattdessen Lebensmittel zur Verfügung stellen.
(4) Die Untergebrachten erhalten die Möglichkeit, mindestens einmal wöchentlich unter Vermittlung der Einrichtung in angemessenen Umfang einzukaufen. Die Einrichtung wirkt auf ein Angebot hin, das auf die Wünsche und Bedürfnisse der Untergebrachten Rücksicht nimmt. Für den Ausschluss von Gegenständen gilt § 20 Abs. 1 Satz 2 entsprechend. Für den Einkauf können die Untergebrachten die ihnen frei zur Verfügung stehenden Gelder verwenden.
§ 23 Gesundheitsvorsorge
(1) Die Einrichtung unterstützt die Untergebrachten bei der Wiederherstellung und Erhaltung ihrer körperlichen, geistigen und seelischen Gesundheit. Die Bedeutung einer gesunden Lebensführung ist den Untergebrachten in geeigneter Form zu vermitteln. Die Untergebrachten haben an Maßnahmen zum allgemeinen Gesundheitsschutz und zur Hygiene mitzuwirken.
(2) Die Einrichtung kann Anordnungen zum Gesundheitsschutz und zur Hygiene treffen.
(3) Den Untergebrachten wird ein Aufenthalt im Freien von mindestens einer Stunde täglich ermöglicht. An arbeitsfreien Tagen soll ihnen ermöglicht werden, sich mindestens zwei Stunden im Freien aufzuhalten. § 27 Abs. 2 bleibt unberührt.
§ 24 Medizinische Versorgung 23
(1) Untergebrachte haben einen Anspruch auf notwendige, ausreichende und zweckmäßige medizinische Versorgung unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit. Der Anspruch umfasst auch Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten und Vorsorgeleistungen. Die Beurteilung der Notwendigkeit orientiert sich an der Versorgung der gesetzlich Versicherten.
(2) Der Anspruch umfasst weiter die Versorgung mit Hilfsmitteln nach § 33 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch.
(3) An den Kosten für Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 können Untergebrachte in angemessenem Umfang beteiligt werden, höchstens jedoch bis zum Umfang der Beteiligung vergleichbarer gesetzlich Versicherter. Für die Beteiligung an den Kosten gilt § 52 Abs. 2 Satz 2 entsprechend.
(4) Erkrankte Untergebrachte können in ein Krankenhaus des Justizvollzugs überstellt werden, wenn dies aus medizinischen Gründen notwendig ist. Können Krankheiten von Untergebrachten in einem Krankenhaus des Justizvollzuges nicht erkannt oder behandelt werden oder ist es nicht möglich, die Untergebrachten rechtzeitig dorthin zu überstellen, sind sie in ein Krankenhaus außerhalb des Vollzugs zu bringen.
(5) Die Leitung der Einrichtung kann nach Anhörung des ärztlichen Dienstes der Einrichtung den Untergebrachten auf ihren Antrag hin gestatten, auf ihre Kosten externen ärztlichen Rat einzuholen, wenn Gründe der Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung nicht entgegenstehen. Die hierzu erforderlichen Untersuchungen sollen in der Einrichtung stattfinden. Die Untergebrachten haben die gewählte ärztliche Vertrauensperson und den ärztlichen Dienst der Einrichtung wechselseitig von der Schweigepflicht zu entbinden, um der Einrichtung die weitere Erfüllung ihrer Aufgaben nach den Absätzen 1 bis 4 zu ermöglichen.
(6) Während eines Ausgangs nach § 13 Abs. 3 Nr. 2 oder einer Freistellung nach § 13 Abs. 3 Nr. 3 oder § 16 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 haben Untergebrachte nur einen Anspruch auf medizinische Versorgung in der für sie zuständigen Einrichtung.
(7) Der Anspruch auf medizinische Versorgung ruht, solange Untergebrachte aufgrund eines freien Beschäftigungsverhältnisses krankenversichert sind.
(8) Wird die Sicherungsverwahrung während einer Behandlung von Untergebrachten außerhalb einer Einrichtung des Justizvollzugs unterbrochen oder beendet, so hat die Einrichtung nur die Kosten zu tragen, die bis zu diesem Zeitpunkt angefallen sind.
(9) Bei schwerer Erkrankung oder Tod von Untergebrachten werden die der Einrichtung bekannten nächsten Angehörigen unverzüglich benachrichtigt. Dem Wunsch der Untergebrachten, auch andere Personen zu benachrichtigen, soll nach Möglichkeit entsprochen werden.
§ 25 Zwangsmaßnahmen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge
(1) Medizinische Untersuchung und Behandlung sowie Ernährung sind zwangsweise gegen den natürlichen Willen Untergebrachter nur zulässig bei
(2) Zwangsmaßnahmen nach Absatz 1 dürfen nur angeordnet werden, wenn
(3) Zur Durchführung von Zwangsmaßnahmen in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 ist die Einrichtung nicht berechtigt, solange von einer freien Willensbestimmung der Untergebrachten ausgegangen werden kann. Liegen Anhaltspunkte vor, dass Untergebrachte zur Einsicht in die Notwendigkeit von medizinischen Behandlungsmaßnahmen oder zum Handeln gemäß solcher Einsicht krankheitsbedingt nicht fähig sind, hat die Leitung der Einrichtung bei dem zuständigen Gericht unverzüglich die Bestellung einer Betreuung von Amts wegen anzuregen. Die Entscheidung des Gerichts ist abzuwarten.
(4) Zwangsmaßnahmen nach Absatz 1 werden durch einen Arzt angeordnet, geleitet und überwacht. Die Anordnung bedarf der Zustimmung der Leitung der Einrichtung. Die Gründe für die Anordnung der Maßnahmen nach Absatz 1, das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 2 sowie die ergriffenen Maßnahmen, einschließlich ihres Zwangscharakters, der Durchsetzungsweise, der Wirkungsüberwachung sowie der Untersuchungs- und Behandlungsverlauf sind zu dokumentieren.
(5) Anordnungen nach Absatz 4 sind den Untergebrachten unverzüglich bekannt zu geben. Sie sind darüber zu belehren, dass sie gegen die Anordnung Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen und bei Gericht um einstweiligen Rechtsschutz ersuchen können. Mit dem Vollzug einer Anordnung ist zu warten, bis die Untergebrachten Gelegenheit hatten, eine gerichtliche Entscheidung herbeizuführen.
(6) Von den Anforderungen nach Absatz 2 Nr. 1 und 2, Absatz 3 Satz 3 und Absatz 5 Satz 3 kann abgesehen werden, wenn Gefahr im Verzug besteht.
(7) Zur Gewährleistung des Gesundheitsschutzes und der Hygiene ist die zwangsweise körperliche Untersuchung der Untergebrachten zulässig, wenn sie nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden ist.
§ 26 Soziale Hilfe
Die Untergebrachten werden darin unterstützt, ihre persönlichen, wirtschaftlichen und sozialen Schwierigkeiten zu beheben. Sie sollen dazu angeregt und in die Lage versetzt werden, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln.
Fünfter Abschnitt
Tageseinteilung, Beschäftigung, Freizeit und Sport
§ 27 Tageseinteilung und Bewegungsfreiheit
(1) Die Untergebrachten sollen durch die Tageseinteilung an eine eigenverantwortliche Lebensführung herangeführt werden. Die Tageseinteilung umfasst insbesondere Zeiten der Behandlung und Betreuung, Beschäftigung und Freizeit sowie der Nachtruhe.
(2) Außerhalb der Nachtruhe dürfen sich die Untergebrachten in den für sie vorgesehenen Bereichen innerhalb der Einrichtung einschließlich des Außenbereichs frei bewegen. Einschränkungen sind zulässig, wenn es die Sicherheit oder schwerwiegende Gründe der Ordnung der Einrichtung erfordern oder ein schädlicher Einfluss auf andere Untergebrachte zu befürchten ist.
(1) Untergebrachte sind nicht zur Arbeit verpflichtet.
(2) Ihnen sollen Arbeit, arbeitstherapeutische Maßnahmen sowie schulische oder berufliche Bildung (Beschäftigung) angeboten werden, die ihre Fähigkeiten, Fertigkeiten und Neigungen berücksichtigen.
(3) Beschäftigung soll insbesondere dazu dienen, die Fähigkeiten und Fertigkeiten für eine regelmäßige Erwerbstätigkeit zur Sicherung des Lebensunterhalts nach der Entlassung und eine geordnete Tagesstruktur zu vermitteln, zu fördern oder zu erhalten.
(4) Den Untergebrachten ist zu gestatten, sich selbst zu beschäftigen, soweit nicht die Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung oder die Erreichung der Vollzugsziele gefährdet werden.
(5) Zur Entlassungsvorbereitung kann ihnen gestattet werden, im Rahmen einer Maßnahme nach § 16 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 einem Beschäftigungsverhältnis außerhalb der Einrichtung nachzugehen.
(6) Die Zeugnisse oder Nachweise über eine Bildungsmaßnahme dürfen keinen Hinweis auf die Unterbringung enthalten.
(7) Haben die Untergebrachten sechs Monate lang zusammenhängend eine Beschäftigung nach Absatz 2 ausgeübt, werden sie hiervon auf Antrag zehn Arbeitstage freigestellt. Dabei werden Zeiten, in denen die Untergebrachten infolge Krankheit verhindert waren, bis zur Dauer von drei Wochen im halben Jahr als Beschäftigungszeiten angerechnet. Sonstige Fehlzeiten hemmen den Ablauf des Zeitraums nach Satz 1. Untergebrachte erhalten für die Zeit der Freistellung nach Satz 1 die zuletzt gezahlten Bezüge weiter. Der Anspruch auf Freistellung verfällt, wenn die Freistellung nicht innerhalb eines halben Jahres nach seiner Entstehung in Anspruch genommen wurde.
§ 29 Ablösung
(1) Untergebrachte können von der Beschäftigung abgelöst werden, wenn
(2) Werden Untergebrachte nach Absatz 1 Nr. 2 oder aufgrund ihres Verhaltens nach Absatz 1 Nr. 4 abgelöst, beginnt bei erneuter Aufnahme einer Beschäftigung die Frist nach § 28 Abs. 7 Satz 1 neu.
§ 30 Freizeit
(1) Die Untergebrachten erhalten Gelegenheit und Anregungen, ihre Freizeit sinnvoll zu gestalten. Die Einrichtung hat insbesondere Angebote zur kulturellen Betätigung sowie Bildungsangebote vorzuhalten. Die Benutzung einer Bücherei ist zu ermöglichen.
(2) Die Untergebrachten sind zur Teilnahme und Mitwirkung an Angeboten der Freizeitgestaltung zu motivieren und anzuleiten. Die Gestaltung der Freizeit kann auch dazu dienen, die Untergebrachten an die Behandlung heranzuführen.
(3) Die Untergebrachten dürfen auf eigene Kosten Zeitungen und Zeitschriften in angemessenem Umfang durch Vermittlung der Einrichtung beziehen. Ausgeschlossen sind Zeitungen und Zeitschriften, deren Verbreitung mit Strafe oder Geldbuße bedroht ist. Einzelne Ausgaben oder Teile von Zeitungen oder Zeitschriften können den Untergebrachten vorenthalten werden, wenn sie die Vollzugsziele nach § 2 Abs. 1 oder die Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung erheblich gefährden.
(4) Den Untergebrachten ist Gelegenheit zu geben, am Fernseh- und Hörfunkempfang teilzunehmen.
(5) Die Untergebrachten dürfen eigene Hörfunk- und Fernsehgeräte sowie in angemessenem Umfang Bücher und andere Gegenstände zur Fortbildung oder zur Freizeitbeschäftigung besitzen. Das Einbringen der Gegenstände wird durch die Einrichtung geregelt. § 20 Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend.
(6) Der Hörfunk- und Fernsehempfang kann vorübergehend ausgesetzt oder einzelnen Untergebrachten untersagt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung unerlässlich ist.
§ 31 Sport
Die Untergebrachten erhalten Gelegenheit, in ihrer Freizeit Sport zu treiben. Hierfür sind ausreichende Angebote vorzuhalten. § 30 Abs. 2 gilt entsprechend.
Sechster Abschnitt
Religionsausübung und Seelsorge
§ 32 Religionsausübung und Seelsorge
(1) Den Untergebrachten ist eine seelsorgerische und religiöse Betreuung durch ihre Religionsgemeinschaft zu ermöglichen. Auf ihren Wunsch ist ihnen zu helfen, mit der Seelsorge ihrer Religionsgemeinschaft in Verbindung zu treten.
(2) Den Untergebrachten sind Gegenstände des religiösen Gebrauchs in angemessenem Umfang zu belassen. § 20 Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend. Grundlegende religiöse Schriften dürfen ihnen nur bei grobem Missbrauch entzogen werden.
(3) Die Untergebrachten haben das Recht, am Gottesdienst und an anderen religiösen Veranstaltungen ihres Bekenntnisses teilzunehmen. Zu religiösen Veranstaltungen einer anderen Religionsgemeinschaft werden Untergebrachte zugelassen, wenn deren Seelsorger einwilligt. Untergebrachte können von der Teilnahme ausgeschlossen werden, wenn dies aus überwiegenden Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung geboten ist; der Seelsorger wird vorher gehört.
(4) Für Angehörige weltanschaulicher Bekenntnisse gelten die Absätze 1 bis 3 entsprechend.
Siebter Abschnitt
Außenkontakte der Untergebrachten
(1) Die Untergebrachten haben das Recht, Kontakte mit Personen außerhalb der Einrichtung im Rahmen der Bestimmungen dieses Gesetzes zu pflegen. Der Verkehr mit der Außenwelt sowie die Erhaltung und Schaffung des sozialen Empfangsraumes sind zu fördern. Insbesondere gilt dies für den Kontakt der Untergebrachten zu ihren Angehörigen im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 1 StGB.
(2) Die Leitung der Einrichtung kann den Kontakt untersagen
(3) Kontakte mit Verteidigern sind zu gewährleisten und dürfen nicht überwacht werden. § 148 Abs. 2 und § 148a der Strafprozessordnung (StPO) gelten entsprechend. Satz 1 gilt entsprechend für bevollmächtigte Rechtsanwälte sowie Notare in die Untergebrachten betreffenden Rechtssachen.
(4) Nicht überwacht werden auch Kontakte mit den in § 119 Abs. 4 Satz 2 StPO genannten Personen und Stellen, soweit
(5) Die Kosten für Telekommunikation sowie abgehende Schreiben und Pakete tragen die Untergebrachten. Sind sie hierzu nicht in der Lage, kann die Einrichtung die Kosten in begründeten Fällen in angemessenem Umfang übernehmen.
§ 34 Besuch
(1) Den Untergebrachten ist Gelegenheit zu geben, mindestens zehn Stunden im Monat Besuch zu empfangen.
(2) Den Untergebrachten sollen über Absatz 1 hinaus mehrstündige unbeaufsichtigte Besuche (Langzeitbesuche) ermöglicht werden, wenn dies zur Förderung familiärer, partnerschaftlicher oder ihnen gleichzusetzender Kontakte geboten erscheint und die Untergebrachten hierfür geeignet sind.
(3) Aus Gründen der Sicherheit kann ein Besuch, auch in den Fällen des § 33 Abs. 3 und 4, davon abhängig gemacht werden, dass sich der Besucher absuchen oder durchsuchen lässt. § 46 Abs. 1 gilt entsprechend.
(4) Abgesehen von den Fällen des § 33 Abs. 3 und 4 dürfen Besuche aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung oder aus Gründen der Behandlung offen überwacht werden. Die Unterhaltung darf nur überwacht werden, soweit dies im Einzelfall aus den in Satz 1 genannten Gründen erforderlich ist. Ein Besuch darf abgebrochen werden, wenn Beteiligte gegen die Bestimmungen dieses Gesetzes oder die aufgrund dieses Gesetzes getroffenen Anordnungen trotz Ermahnung verstoßen. Dies gilt auch, wenn Verhaltensweisen von Besuchspersonen geeignet sind, einen schädlichen Einfluss auf die Untergebrachten auszuüben. Einer Ermahnung bedarf es nicht, wenn es unerlässlich ist, den Besuch sofort abzubrechen. Gegenstände dürfen beim Besuch nur mit Erlaubnis übergeben werden. Dies gilt nicht für die bei dem Besuch von Personen nach § 33 Abs. 3 und 4 übergebenen Schriftstücke und sonstigen Unterlagen.
(5) Die optische Überwachung eines Besuchs kann auch durch technische Hilfsmittel erfolgen. Aufzeichnungen sind zulässig, soweit dies im Einzelfall für die Sicherheit und Ordnung der Einrichtung erforderlich ist. Die betroffenen Personen sind auf Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 vorher hinzuweisen. Die Leitung der Einrichtung kann die Nutzung einer Trennvorrichtung anordnen, wenn dies zum Schutz von Personen oder zur Verhinderung einer Übergabe von Gegenständen erforderlich ist. Eine Erforderlichkeit ist insbesondere in der Regel anzunehmen, wenn ein Fall des § 47 Abs. 3 vorliegt oder Untergebrachte aus anderen Gründen im Verdacht stehen, unerlaubt Suchtmittel zu besitzen oder solche konsumiert zu haben.
§ 35 Schriftwechsel
(1) Die Untergebrachten haben das Recht, Schreiben abzusenden und zu empfangen. Sie haben Absendung und Empfang ihrer Schreiben durch die Einrichtung vermitteln zu lassen, soweit nichts anderes gestattet ist.
(2) Abgesehen von den Fällen des § 33 Abs. 3 und 4 darf der Schriftwechsel überwacht werden, soweit es aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung oder aus Gründen der Behandlung erforderlich ist. Besteht der Verdacht, dass ein Schreiben, das nach § 33 Abs. 3 und 4 keiner Überwachung unterliegt, unzulässige Einlagen enthält, so wird dieses mit Einverständnis und im Beisein des Untergebrachten einer Sichtkontrolle ohne Kenntnisnahme des gedanklichen Inhalts unterzogen, andernfalls an den Absender zurückgesandt oder dem Untergebrachten zurückgegeben.
(3) Eingehende und ausgehende Schreiben sind umgehend, fristgebundene unverzüglich weiterzuleiten. Davon abweichend soll die Leitung der Einrichtung Schreiben anhalten, wenn
Ausgehenden Schreiben, die unrichtige Darstellungen enthalten, kann ein Begleitschreiben beigefügt werden, wenn die Untergebrachten auf der Absendung bestehen. Ist ein Schreiben angehalten worden, wird das den Untergebrachten mitgeteilt. Angehaltene Schreiben werden an die Absender zurückgegeben oder, sofern dies unmöglich oder aus besonderen Gründen untunlich ist, von der Einrichtung verwahrt.
(1) Den Untergebrachten ist zu gestatten, Telefongespräche unter Vermittlung der Einrichtung zu führen. Beschränkungen zu Zeiten der Nachtruhe sind zulässig.
(2) Den Untergebrachten soll gestattet werden, andere von der Aufsichtsbehörde zugelassene Formen der Telekommunikation unter Vermittlung der Einrichtung zu nutzen, wenn hierdurch die Sicherheit und Ordnung der Einrichtung nicht gefährdet wird.
(3) Für Telefongespräche und sonstige mündliche Kommunikation gilt § 34 Abs. 4 entsprechend. Findet danach eine Überwachung statt, so sind die Gesprächsbeteiligten vor Beginn der Überwachung hierauf hinzuweisen. Für schriftliche Kommunikation gelten die Bestimmungen über den Schriftwechsel entsprechend.
(4) Untergebrachten ist der Besitz und Betrieb von Mobilfunkendgeräten und sonstigen Telekommunikationsanlagen auf dem Gelände der Einrichtung untersagt. Die Einrichtung darf technische Geräte zur Störung oder Unterdrückung von Frequenzen betreiben, die der Herstellung unerlaubter Telekommunikation auf dem Einrichtungsgelände, insbesondere des Mobilfunkverkehrs, dienen. Sie hat hierbei die von der Bundesnetzagentur nach § 91 Abs. 1 Satz 4 des Telekommunikationsgesetzes vom 23. Juni 2021 (BGBl. I S. 1858) in der jeweils geltenden Fassung festgelegten Rahmenbedingungen zu beachten. Frequenznutzungen außerhalb des Geländes der Einrichtungen dürfen nicht erheblich gestört werden.
§ 37 Pakete
(1) Den Untergebrachten ist zu gestatten, in zumutbarem Umfang Pakete zu empfangen. Die Einrichtung kann das zulässige Gewicht und die zulässige Größe von Sendungen und einzelnen Gegenständen festsetzen. Für den Ausschluss von Gegenständen gilt § 20 Abs. 1 Satz 2 entsprechend.
(2) Pakete sind in Gegenwart der Untergebrachten zu öffnen. Ausgeschlossene Gegenstände können zu ihrer Habe genommen oder zurückgesandt werden. Sie dürfen vernichtet werden, wenn bei der Versendung oder Aufbewahrung Personen verletzt oder Sachschäden verursacht werden können oder wenn sie leicht verderblich sind. Die hiernach getroffenen Maßnahmen werden den Untergebrachten eröffnet.
(3) Den Untergebrachten ist zu gestatten, Pakete zu versenden. Die Einrichtung kann ihren Inhalt aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung überprüfen.
Achter Abschnitt
Vergütung, Gelder der Untergebrachten
§ 38 Vergütung von Beschäftigung, Ausfallentschädigung
(1) Untergebrachte, die eine angebotene Arbeit oder arbeitstherapeutische Maßnahmen ausüben, erhalten Arbeitsentgelt. Untergebrachte, die während der Arbeitszeit ganz oder teilweise an einer schulischen oder beruflichen Bildungsmaßnahme teilnehmen, erhalten hierfür eine Ausbildungsbeihilfe, soweit kein Anspruch auf andere Leistungen besteht, die freien Personen aus solchem Anlass zustehen.
(2) Nehmen beschäftigte Untergebrachte während der Arbeitszeit an im Vollzugsplan festgelegten Maßnahmen nach § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 oder 2 teil, erhalten sie für deren Dauer ihr Arbeitsentgelt oder die Ausbildungsbeihilfe (Vergütung) nach Absatz 1 weiter.
(3) Der Bemessung der Vergütung nach Absatz 1 ist der zweihundertfünfzigste Teil (Tagessatz) von 16 vom Hundert der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch zugrunde zu legen (Eckvergütung).
(4) Die Vergütung kann je nach Art der Maßnahme und der Leistung der Untergebrachten gestuft werden; dabei dürfen 75 vom Hundert der Eckvergütung nicht unterschritten werden. Das für Justiz zuständige Ministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung entsprechende Vergütungsstufen festzusetzen.
(5) Die Höhe der Vergütung wird den Untergebrachten schriftlich bekannt gegeben.
(6) Soweit Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zu entrichten sind, kann von der Vergütung der Betrag einbehalten werden, der dem Anteil der Untergebrachten am Beitrag entsprechen würde, wenn sie die Vergütung als Arbeitnehmer erhielten.
§ 39 Zusätzliche Anerkennung von Beschäftigung und Behandlung 14 23
(1) Haben Untergebrachte während der vorangegangenen Vollstreckung einer Freiheitsstrafe Freistellungstage nach § 43 Abs. 6 des Strafvollzugsgesetzes (StVollzG), § 58 Abs. 2 des Thüringer Jugendstrafvollzugsgesetzes vom 20. Dezember 2007 (GVBl. S. 221) oder § 32 Abs. 2 des Thüringer Justizvollzugsgesetzbuchs (ThürJVollzGB) erworben, wird ihnen bei Antritt der Sicherungsverwahrung eine Ausgleichsentschädigung entsprechend § 32 Abs. 8 ThürJVollzGB zum Eigengeld gutgeschrieben
(2) Nehmen die Untergebrachten regelmäßig an sämtlichen im Vollzugplan festgelegten Maßnahmen nach § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 teil, erhalten sie eine zusätzliche Anerkennung, die mit 9 vom Hundert der Eckvergütung nach § 38 Abs. 3 bemessen wird.
(1) Die Untergebrachten erhalten von der ihnen nach § 38 zustehenden Vergütung fünf Siebtel monatlich als Hausgeld.
(2) Für Untergebrachte, die aus einem freien Beschäftigungsverhältnis, aus einer Selbstbeschäftigung oder anderweitig regelmäßige Einkünfte haben, wird daraus ein angemessenes monatliches Hausgeld festgesetzt.
§ 41 Taschengeld
(1) Untergebrachten wird auf Antrag Taschengeld gewährt, soweit sie bedürftig sind.
(2) Das Taschengeld wird mit 24 vom Hundert der Eckvergütung nach § 38 Abs. 3 bemessen, soweit den Untergebrachten in dem Monat, für den das Taschengeld beantragt wurde, aus Hausgeld und Eigengeld nicht ein Betrag bis zu dieser Höhe zur Verfügung steht. Eine Anerkennung nach § 39 Abs. 2 bleibt unberücksichtigt.
(3) Verweigern Untergebrachte ohne zwingenden Grund die Teilnahme an im Vollzugsplan festgelegten Maßnahmen nach § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2, verringert sich die Höhe des Taschengeldes auf 14 vom Hundert der Eckvergütung nach § 38 Abs. 3.
§ 42 Überbrückungsgeld
(1) Aus den in diesem Gesetz geregelten Bezügen und aus den Bezügen oder Einkünften der Untergebrachten, die in einem freien Beschäftigungsverhältnis stehen oder denen gestattet ist, sich selbst zu beschäftigen, ist ein Überbrückungsgeld zu bilden, das den notwendigen Lebensunterhalt der Untergebrachten und deren Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach der Entlassung sichern soll.
(2) Das Überbrückungsgeld wird den Untergebrachten bei der Entlassung in die Freiheit ausgezahlt. Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass Untergebrachte das Überbrückungsgeld nicht zweckentsprechend verwenden, kann die Einrichtung es ganz oder teilweise der Bewährungshilfe zur Verwaltung für die Untergebrachten in den ersten vier Wochen nach der Entlassung überlassen.
(3) Die Leitung der Einrichtung kann gestatten, dass das Überbrückungsgeld schon vor der Entlassung für Ausgaben in Anspruch genommen wird, die der Eingliederung der Untergebrachten dienen.
§ 43 Kostenbeteiligung
(1) An den Kosten für Unterbringung und Verpflegung werden die Untergebrachten nicht beteiligt.
(2) Untergebrachte können an den über die Grundversorgung der Einrichtung hinausgehenden Kosten des Vollzugs angemessen beteiligt werden. Sie haben ferner die Kosten zu tragen, die durch die Inanspruchnahme gewünschter Leistungen der Einrichtung oder von ihr vermittelter Leistungen Dritter entstehen.
(3) Von der Erhebung von Kosten nach Absatz 2 Satz 1 ist abzusehen, soweit dies notwendig ist, um die Erreichung der Vollzugsziele nicht zu gefährden.
§ 44 Eigengeld
(1) Vergütung nach § 38 oder Einkünfte aus einem freien Beschäftigungsverhältnis, die nicht als Hausgeld oder Überbrückungsgeld in Anspruch genommen werden, sowie Gelder, die Untergebrachte in die Einrichtung einbringen oder die für sie von Dritten eingebracht werden, sind als Eigengeld gutzuschreiben. Die Untergebrachten können über ihr Eigengeld verfügen, soweit dieses nicht als Überbrückungsgeld notwendig ist.
(2) Die Leitung der Einrichtung kann zweckgebundene Einzahlungen Dritter gestatten, die der medizinischen Versorgung, der Gewährleistung der Informationsfreiheit oder der Eingliederung der Untergebrachten dienen (zweckgebundenes Eigengeld). Sonstige zweckgebundene Einzahlungen können gestattet werden, wenn Sicherheit und Ordnung der Einrichtung nicht entgegenstehen. Das Geld darf nur für diese Zwecke verwendet werden. Der Anspruch auf Auszahlung ist nicht übertragbar.
Neunter Abschnitt
Sicherheit und Ordnung
§ 45 Grundsätze, Verhaltensvorschriften
(1) Sicherheit und Ordnung der Einrichtung tragen maßgeblich zu einem an der Erreichung der Ziele der Unterbringung ausgerichteten Leben in der Einrichtung bei. Das Verantwortungsbewusstsein der Untergebrachten für ein geordnetes und gewaltfreies Zusammenleben in der Einrichtung ist zu wecken und zu stärken.
(2) Zur Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung kann eine offene optische Überwachung der Untergebrachten außerhalb der Zimmer mit technischen Hilfsmitteln erfolgen. Aufzeichnungen sind zulässig, soweit dies für die Sicherheit und Ordnung der Einrichtung erforderlich ist. § 34 Abs. 5 Satz 3 gilt entsprechend.
(3) Die Untergebrachten dürfen durch ihr Verhalten gegenüber Bediensteten, anderen Untergebrachten oder sonstigen Personen das geordnete Zusammenleben nicht stören.
(4) Die Untergebrachten haben die Anordnungen der Bediensteten zu befolgen. Einen ihnen zugewiesenen Bereich dürfen sie nicht ohne Erlaubnis verlassen.
(5) Die Untergebrachten haben die Zimmer und die ihnen von der Einrichtung überlassenen Sachen in Ordnung zu halten, schonend zu behandeln und zu reinigen.
(6) Die Untergebrachten haben Umstände, die eine erhebliche Gefahr für eine Person oder eine erhebliche Störung der Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung begründen oder darauf hindeuten, unverzüglich zu melden.
§ 46 Absuchung, Durchsuchung
(1) Untergebrachte, ihre Sachen und die Zimmer dürfen, auch mit technischen oder sonstigen Hilfsmitteln, abgesucht oder durchsucht werden. Die Durchsuchung Untergebrachter darf nur von Personen gleichen Geschlechts vorgenommen werden. Auf das Schamgefühl ist Rücksicht zu nehmen.
(2) Nur bei Gefahr im Verzuge oder auf Anordnung der Leitung der Einrichtung im Einzelfall ist es zulässig, eine mit einer Entkleidung verbundene körperliche Durchsuchung vorzunehmen. Die Untersuchung von Körperöffnungen darf nur durch den ärztlichen Dienst vorgenommen werden. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Die Durchsuchung ist an einem Ort durchzuführen, der einen Sichtkontakt Unbeteiligter nicht zulässt. Andere Untergebrachte dürfen nicht anwesend sein.
(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 kann die Leitung der Einrichtung anordnen, dass Untergebrachte bei der Aufnahme, nach Kontakten mit Besuchspersonen und nach jeder Abwesenheit von der Einrichtung nach Absatz 2 zu durchsuchen sind.
(4) Bei der Durchsuchung von Zimmern nach Absatz 1 Satz 1 dürfen Unterlagen, die von Untergebrachten als Schreiben von Personen nach § 33 Abs. 3 und 4 gekennzeichnet sind, einer Sichtkontrolle auf verbotene Gegenstände ohne Kenntnisnahme des Inhalts unterzogen werden.
§ 47 Bekämpfung des Suchtmittelmissbrauchs
(1) Zur Bekämpfung des Suchtmittelmissbrauchs werden Kontrollen durchgeführt.
(2) Eine Kontrolle kann allgemein angeordnet werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung oder zur Gesundheitsvorsorge geboten ist. Gegen einzelne Untergebrachte kann eine Kontrolle angeordnet werden, wenn sie im Verdacht stehen, unerlaubt Suchtmittel zu besitzen oder solche konsumiert zu haben.
(3) Bei Untergebrachten, die eine Mitwirkung an der Durchführung der Kontrolle ohne hinreichenden Grund verweigern, ist in der Regel davon auszugehen, dass Suchtmittelfreiheit nicht gegeben ist.
Untergebrachte, die entwichen sind oder sich sonst ohne Erlaubnis außerhalb der Einrichtung aufhalten, können durch die Einrichtung oder auf deren Veranlassung hin im Rahmen der Nacheile festgenommen und in die Einrichtung zurückgeführt werden.
§ 50 Besondere Sicherungsmaßnahmen 23
(1) Gegen Untergebrachte können besondere Sicherungsmaßnahmen angeordnet werden, wenn nach deren Verhalten oder aufgrund des seelischen Zustands in erhöhtem Maße die Gefahr der Entweichung, von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen oder der Selbsttötung oder der Selbstverletzung besteht.
(2) Als besondere Sicherungsmaßnahmen sind zulässig:
(3) Maßnahmen nach Absatz 2 Nr. 1 und 3 bis 5 sind auch zulässig, wenn die Gefahr einer Befreiung oder eine sonstige erhebliche Störung der Ordnung der Einrichtung anders nicht abgewendet werden kann. Eine Maßnahme nach Absatz 2 Nr. 7 ist nur zulässig, soweit und solange eine gegenwärtige erhebliche Gefahr für bedeutende Rechtsgüter Dritter, insbesondere in Form von Gewalttätigkeiten gegen Personen, der Selbsttötung oder der erheblichen Selbstverletzung besteht und die Fixierung zur Abwehr dieser Gefahr unerlässlich ist.
(4) Bei einer Ausführung, Vorführung oder beim Transport ist die Fesselung auch dann zulässig, wenn die vorgesehene Bewachung durch Bedienstete nicht ausreicht, die Gefahr einer Entweichung zu beseitigen.
(5) In der Regel dürfen Fesseln nur an den Händen oder an den Füßen angelegt werden. Im Interesse der Untergebrachten kann die Leitung der Einrichtung eine andere Art der Fesselung anordnen.
(6) Für die Beobachtung der Untergebrachten durch technische Hilfsmittel nach Absatz 2 Nr. 2 gilt § 34 Abs. 5 Satz 2 und 3 entsprechend. Eine dauerhafte Beobachtung unter Verwendung technischer Hilfsmittel ist nur zulässig, wenn und solange dies zur Abwendung der Gefahr einer Selbsttötung oder Selbstverletzung erforderlich ist. Eine Abdunkelung zur Nachtzeit ist zu gewährleisten. Das Schamgefühl ist so weit wie möglich zu schonen.
(7) Eine Absonderung von mehr als 24 Stunden ist nur zulässig, wenn dies aus Gründen, die in der Person der Untergebrachten liegen, unerlässlich ist.
(8) Während der Absonderung, Unterbringung oder Fixierung in einem besonders gesicherten Raum sind die Untergebrachten in besonderem Maße zu betreuen. Sind die Untergebrachten darüber hinaus gefesselt oder fixiert, sind sie ständig und in unmittelbarem Sichtkontakt zu beobachten. Während der Dauer der Fixierung stellt ein Arzt eine angemessene medizinische Überwachung des fixierten Untergebrachten sicher. Geschulte Vollzugsbedienstete stellen durch ständigen Sicht- und Sprechkontakt die Betreuung des fixierten Untergebrachten sicher. Eine Absonderung von mehr als 30 Tagen Dauer oder mehr als drei Monaten innerhalb von zwölf Monaten bedarf der Zustimmung der Aufsichtsbehörde.
§ 51 Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen, ärztliche Überwachung 23
(1) Besondere Sicherungsmaßnahmen nach § 50 Abs. 2 Nr. 1 bis 6 ordnet die Leitung der Einrichtung an. Bei Gefahr im Verzuge können auch andere Bedienstete diese Maßnahmen vorläufig anordnen; die Entscheidung der Leitung der Einrichtung ist unverzüglich einzuholen. Eine nicht nur kurzfristige Fixierung bedarf der Anordnung durch das Gericht. Bei Gefahr im Verzug kann die Anordnung der Fixierung durch die Leitung der Einrichtung oder andere durch die Leitung der Einrichtung zur Anordnung von Fixierungen autorisierte qualifizierte Bedienstete der Einrichtung getroffen werden. Ein Arzt ist unverzüglich hinzuzuziehen. Die richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachträglich herbeizuführen; den Antrag stellt die Einrichtung. Einer richterlichen Entscheidung bedarf es nicht oder nicht mehr, wenn abzusehen ist, dass die Entscheidung erst nach Wegfall des Grundes der Fixierung ergehen wird, oder wenn die Fixierung vor der Herbeiführung der richterlichen Entscheidung tatsächlich beendet und auch keine Wiederholung zeitnah zu erwarten ist. Ist eine richterliche Entscheidung beantragt und die Fixierung vor deren Erlangung beendet worden, so ist dies dem Gericht unverzüglich mitzuteilen. Die an der Behandlung maßgeblich beteiligten Personen sind über angeordnete Maßnahmen nach § 50 Abs. 2 alsbald zu unterrichten.
(2) Vor der Anordnung ist eine Stellungnahme des ärztlichen oder psychologischen Dienstes einzuholen, wenn hierzu begründeter Anlass besteht. Ist dies wegen Gefahr im Verzuge nicht möglich, wird die Stellungnahme unverzüglich nachträglich eingeholt. Wenn Untergebrachten der tägliche Aufenthalt im Freien entzogen wird oder sie länger als 24 Stunden abgesondert sind, ist eine Stellungnahme des ärztlichen Dienstes spätestens nach drei Tagen und danach in angemessenen Abständen einzuholen.
(3) Besondere Sicherungsmaßnahmen dürfen nur so weit aufrechterhalten werden, wie es ihr Zweck erfordert. Eine Überprüfung hat in angemessenen Abständen zu erfolgen.
(4) Sind Untergebrachte in einem besonders gesicherten Raum untergebracht, gefesselt oder fixiert (§ 50 Abs. 2 Nr. 5, 6 oder 7), so sucht sie der ärztliche Dienst alsbald und danach in der Regel täglich auf. Dies gilt nicht bei einer Fesselung während einer Ausführung, Vorführung oder eines Transports.
(5) Die besonderen Sicherungsmaßnahmen sind den Untergebrachten zu erläutern. Die Anordnung und die Durchführung der Maßnahmen einschließlich der Beteiligung des ärztlichen oder psychologischen Dienstes sind zu dokumentieren. Im Fall der Anordnung einer Fixierung sind zudem die maßgeblichen Gründe hierfür, ihre Durchsetzung, Dauer und die Art der Überwachung durch die Einrichtung zu dokumentieren. Nach Beendigung einer Fixierung ohne richterliche Anordnung hat die Einrichtung die Untergebrachten auf ihr Recht hinzuweisen, die Zulässigkeit der durchgeführten Maßnahme durch das zuständige Gericht überprüfen zu lassen. Die Durchführung der Belehrung ist aktenkundig zu machen.
(6) Besondere Sicherungsmaßnahmen nach § 50 Abs. 2 Nr. 5 oder 6 sind der Aufsichtsbehörde unverzüglich zu berichten, wenn sie länger als drei Tage aufrechterhalten werden. Besondere Sicherungsmaßnahmen nach § 50 Abs. 2 Nr. 7 sind der Aufsichtsbehörde unverzüglich zu berichten, wenn sie länger als zwölf Stunden aufrechterhalten werden.
(1) Die Untergebrachten sind verpflichtet, der Einrichtung Schäden zu ersetzen, die sie durch eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Selbstverletzung, Verletzung anderer Personen oder Beschädigung fremder Sachen verursacht haben. Ansprüche aufgrund anderer Rechtsvorschriften bleiben unberührt.
(2) Die Einrichtung kann den Anspruch durch Bescheid gegen die Untergebrachten geltend machen. Bei der Geltendmachung dieser Forderungen kann auch ein den zweifachen Tagessatz der Eckvergütung (§ 38 Abs. 2) übersteigender Teil des Hausgelds (§ 40) in Anspruch genommen werden.
(3) Von der Aufrechnung oder Vollstreckung wegen der in Absatz 1 genannten Forderungen ist abzusehen, wenn hierdurch die Erreichung der Vollzugsziele nach § 2 Abs. 1 gefährdet würde.
Zehnter Abschnitt
Unmittelbarer Zwang
(1) Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch körperliche Gewalt, ihre Hilfsmittel und durch Waffen. Körperliche Gewalt ist jede unmittelbare körperliche Einwirkung auf Personen oder Sachen. Hilfsmittel der körperlichen Gewalt sind namentlich Fesseln und Reizstoffe. Waffen sind die dienstlich zugelassenen Hieb- und Schusswaffen.
(2) Bedienstete dürfen unmittelbaren Zwang anwenden, wenn sie Vollzugs- und Sicherungsmaßnahmen rechtmäßig durchführen und der damit verfolgte Zweck auf keine andere Weise erreicht werden kann. Gegen andere Personen als Untergebrachte darf unmittelbarer Zwang angewendet werden, wenn sie es unternehmen, Untergebrachte zu befreien oder in den Einrichtungsbereich widerrechtlich einzudringen oder wenn sie sich unbefugt im Einrichtungsbereich aufhalten. Das Recht zu unmittelbarem Zwang aufgrund anderer Regelungen bleibt unberührt.
(3) Unter mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs ist diejenige zu wählen, die den Einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. Unmittelbarer Zwang unterbleibt, wenn ein durch ihn zu erwartender Schaden erkennbar außer Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg steht.
(4) Unmittelbarer Zwang ist vorher anzudrohen. Von der Androhung kann abgesehen werden, wenn die Umstände sie nicht zulassen, insbesondere wenn die sofortige Anwendung des Zwangsmittels zur Abwehr einer Gefahr notwendig ist.
§ 54 Schusswaffengebrauch
(1) Der Gebrauch von Schusswaffen durch Bedienstete innerhalb der Einrichtung ist verboten. Das Recht zum Schusswaffengebrauch aufgrund anderer Vorschriften durch Polizeivollzugsbedienstete bleibt davon unberührt.
(2) Außerhalb der Einrichtung dürfen Schusswaffen durch Bedienstete nach Maßgabe der folgenden Absätze nur gebraucht werden, wenn andere Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs bereits erfolglos waren oder keinen Erfolg versprechen. Gegen Personen ist ihr Gebrauch nur zulässig, wenn der Zweck nicht durch Waffenwirkung gegen Sachen erreicht werden kann.
(3) Schusswaffen dürfen nur die dazu bestimmten Bediensteten gebrauchen und nur, um angriffs- oder fluchtunfähig zu machen. Ihr Gebrauch unterbleibt, wenn dadurch erkennbar Unbeteiligte mit hoher Wahrscheinlichkeit gefährdet würden.
(4) Der Gebrauch von Schusswaffen ist vorher anzudrohen. Als Androhung gilt auch ein Warnschuss. Ohne Androhung dürfen Schusswaffen nur dann gebraucht werden, wenn dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.
(5) Gegen Untergebrachte dürfen Schusswaffen gebraucht werden,
Satz 1 Nr. 3 findet keine Anwendung auf Untergebrachte im offenen Vollzug.
(6) Gegen andere Personen dürfen Schusswaffen gebraucht werden, wenn sie es unternehmen, Untergebrachte gewaltsam zu befreien.
Elfter Abschnitt
Disziplinarmaßnahmen
§ 55 Disziplinarmaßnahmen
(1) Disziplinarmaßnahmen können angeordnet werden, wenn Untergebrachte rechtswidrig und schuldhaft
(2) Zulässige Disziplinarmaßnahmen sind
(3) In geeigneten Fällen kann von Disziplinarmaßnahmen abgesehen werden, wenn andere Maßnahmen ausreichend erscheinen. Zur Abwendung oder Milderung von Disziplinarmaßnahmen können im Wege einvernehmlicher Streitbeilegung Vereinbarungen getroffen werden, insbesondere die Wiedergutmachung des Schadens, die Entschuldigung bei Geschädigten oder die Erbringung von Leistungen für die Gemeinschaft.
(4) Eine Disziplinarmaßnahme ist auch zulässig, wenn wegen derselben Verfehlung ein Straf- oder Bußgeldverfahren eingeleitet wird. Mehrere Disziplinarmaßnahmen können miteinander verbunden werden. Der Verweis kann auch mit der Anordnung, gemeinnützige Arbeit zu leisten, verbunden werden. Arrest darf nur wegen schwerer oder mehrfach wiederholter Verfehlungen verhängt werden.
(5) Unabhängig von einer disziplinarischen Ahndung sollen Pflichtverstöße nach Absatz 1 im Rahmen der Behandlung aufgearbeitet werden.
§ 56 Verfahren und Vollstreckung
(1) Disziplinarmaßnahmen ordnet die Leitung der Einrichtung an. Bei einer Verfehlung, die während der Verlegung in eine andere Einrichtung begangen wird, ist die Leitung dieser Einrichtung zuständig. Wenn sich eine Verfehlung gegen die Leitung der Einrichtung richtet, entscheidet die Aufsichtsbehörde.
(2) Im Rahmen der Sachverhaltsaufklärung sind sowohl die belastenden als auch die entlastenden Umstände zu ermitteln. Die Untergebrachten werden gehört. Sie sind darauf hinzuweisen, dass es ihnen freisteht, sich zu äußern. Die Äußerungen der Untergebrachten und die weiteren Ergebnisse der Ermittlungen sind zu dokumentieren. Die Leitung der Einrichtung soll sich vor der Entscheidung mit Personen besprechen, die maßgeblich an der Behandlung der Untergebrachten mitwirken. § 51 Abs. 2 Satz 1 und 2 gilt entsprechend. Die Entscheidung ist den Untergebrachten mündlich zu eröffnen und schriftlich kurz zu begründen.
(3) Disziplinarmaßnahmen sollen in der Regel sofort vollstreckt werden. Die Vollstreckung ist auszusetzen, soweit es zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes erforderlich ist. Die Vollstreckung hat zu unterbleiben oder ist aufzuschieben oder zu unterbrechen, wenn ansonsten der Erfolg der Behandlung nachhaltig gefährdet wäre.
(4) Eine Disziplinarmaßnahme kann ganz oder teilweise bis zu sechs Monaten zur Bewährung ausgesetzt werden. Die Aussetzung zur Bewährung kann widerrufen werden, wenn die Untergebrachten erneut gegen Pflichten verstoßen. Disziplinarmaßnahmen, die gegen Untergebrachte in einer anderen Einrichtung oder während des Strafvollzugs angeordnet worden sind, werden auf Ersuchen vollstreckt. Die Befugnis nach Satz 1 steht auch der ersuchten Einrichtung zu.
(5) Für die Dauer des Arrests werden die Untergebrachten abgesondert. Sie können in einem besonderen Raum untergebracht werden, der den Anforderungen entsprechen muss, die an ein zum Aufenthalt bei Tag und Nacht bestimmtes Zimmer gestellt werden. Soweit nichts anderes angeordnet wird, ruhen die Befugnisse der Untergebrachten zur Teilnahme an Maßnahmen außerhalb des Raumes, in dem Arrest vollstreckt wird, sowie die Befugnisse zur Ausstattung des Zimmers mit eigenen Gegenständen, zum Fernsehempfang und Einkauf. Gegenstände für die Freizeitbeschäftigung mit Ausnahme des Lesestoffs sind nicht zugelassen. Bevor der Arrest vollzogen wird, ist eine ärztliche Stellungnahme einzuholen. Während des Arrests stehen die Untergebrachten unter ärztlicher Aufsicht. Der Vollzug des Arrests hat zu unterbleiben oder ist zu unterbrechen, wenn die Gesundheit der Untergebrachten gefährdet würde.
(6) Die Rechte zur Teilnahme an unaufschiebbaren Behandlungsmaßnahmen und zur Teilnahme am Gottesdienst sowie auf einen täglichen einstündigen Aufenthalt im Freien bleiben unberührt.
Zwölfter Abschnitt
Beschwerde
§ 57 Beschwerderecht
(1) Untergebrachte können sich mit Wünschen, Anregungen und Beschwerden (Eingaben) in Angelegenheiten, die sie selbst betreffen, an die Leitung der Einrichtung wenden. Eingaben, die beleidigenden Charakter haben oder bloße Wiederholungen enthalten, brauchen nicht in der Sache beschieden zu werden. Untergebrachte sind über die Gründe zu unterrichten.
(2) Es ist zu gewährleisten, dass sich Untergebrachte in eigenen Angelegenheiten an hierfür zuständige Bedienstete der Aufsichtsbehörde, die die Einrichtung aufsuchen, wenden können.
(3) Die Möglichkeit der Dienstaufsichtsbeschwerde bleibt unberührt.
Dreizehnter Abschnitt
Datenschutz
Es gelten die Bestimmungen des Thüringer Justizvollzugsdatenschutzgesetzes.
Vierzehnter Abschnitt
Evaluation, kriminologische Forschung
§ 60 Evaluation, kriminologische Forschung
(1) Die im Vollzug der Unterbringung eingesetzten Maßnahmen, namentlich Therapien, Behandlungsprogramme und Methoden zur Förderung der Untergebrachten, sind in Zusammenarbeit mit der Forschung, wissenschaftlichen Erkenntnissen Dritter und dem kriminologischen Dienst auf ihre Wirksamkeit wissenschaftlich zu überprüfen. Auf Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse sind Konzepte für den Einsatz vollzuglicher Maßnahmen zu entwickeln und fortzuschreiben.
(2) Der Vollzug der Unterbringung, insbesondere seine Gestaltung, soll regelmäßig wissenschaftlich begleitet und erforscht werden.
Fünfzehnter Abschnitt
Aufbau der Einrichtungen
§ 61 Einrichtungen
(1) Der Vollzug der Sicherungsverwahrung erfolgt in Einrichtungen der Landesjustizverwaltung.
(2) Die Einrichtungen werden mit den für die Erreichung der Vollzugsziele und die Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz erforderlichen Personal- und Sachmitteln ausgestattet. Die Gestaltung der Einrichtungen muss therapeutischen Erfordernissen entsprechen und Wohngruppenvollzug ermöglichen.
(3) Es sind eine bedarfsgerechte Anzahl von Plätzen und die erforderliche Ausstattung mit Räumlichkeiten, insbesondere für therapeutische Maßnahmen, Maßnahmen der Beschäftigung, Freizeit, Sport und Seelsorge vorzusehen.
(4) Die Zimmer sind so zu gestalten, dass den Untergebrachten ausreichender Raum zum Wohnen und Schlafen zur Verfügung steht. Ein baulich vollständig abgetrennter Sanitärbereich ist vorzusehen. Die Zimmer befinden sich regelmäßig im Bereich einer Wohngruppe.
(5) Die Aufsichtsbehörde setzt die Belegungsfähigkeit der Einrichtungen fest.
(1) Der Vollzug der Sicherungsverwahrung erfolgt in Einrichtungen, die vom Strafvollzug getrennt sind. Die Unterbringung kann in gesonderten Gebäuden, Abteilungen oder Zweiganstalten einer Justizvollzugsanstalt vollzogen werden.
(2) Bei einer Unterbringung nach Absatz 1 Satz 2 ist neben den in der Einrichtung vorgehaltenen Maßnahmen eine Nutzung von Angeboten der Justizvollzugsanstalt, auf deren Gelände sich die Einrichtung befindet, insbesondere im Bereich der Beschäftigung, der Freizeit, des Sports, des Besuchs und der Religionsausübung, auch gemeinsam mit Strafgefangenen zulässig.
(3) Von einer getrennten Unterbringung nach Absatz 1 darf abgewichen werden, wenn die Voraussetzungen für eine Verlegung oder Überstellung nach § 11 Abs. 2 oder § 24 Abs. 4 vorliegen. In den Fällen des § 11 Abs. 2 Satz 1 und 2 müssen sich die Unterbringungsbedingungen im Rahmen der vorhandenen Gegebenheiten von denen der Strafgefangenen unterscheiden. Im Übrigen bleiben die Rechte der Untergebrachten nach diesem Gesetz unberührt.
(4) Untergebrachte unterschiedlichen Geschlechts sind getrennt voneinander unterzubringen. Von dem Grundsatz der getrennten Unterbringung kann im Einzelfall unter Berücksichtigung der Persönlichkeit und der Bedürfnisse der Untergebrachten, der Erreichung des Vollzugsziels und der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt insbesondere dann abgewichen werden, wenn sich Untergebrachte aufgrund ihrer geschlechtlichen Identität nicht dem in ihrem amtlichen Personenstandseintrag angegebenen, sondern einem anderen Geschlecht oder dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht als zugehörig empfinden.
(5) Würde die getrennte Unterbringung nach Absatz 4 aufgrund der geringen Zahl der Untergebrachten einer Absonderung gleichkommen, können auf Antrag der Untergebrachten in der Einrichtung auch eine oder mehrere Strafgefangene mit deren Zustimmung aufgenommen werden. Im Übrigen gilt § 19 Abs. 2 entsprechend.
§ 63 Vollstreckungsplan, länderübergreifende Zusammenarbeit
(1) Die örtliche und sachliche Zuständigkeit der Einrichtungen wird im Vollstreckungsplan durch die Aufsichtsbehörde nach allgemeinen Merkmalen geregelt.
(2) Für den Vollzug der Sicherungsverwahrung können Vollzugsgemeinschaften mit anderen Ländern gebildet werden. Wird die Sicherungsverwahrung in Thüringen vollzogen, findet dieses Gesetz auch für die im Rahmen einer Vollzugsgemeinschaft aufgenommenen Untergebrachten Anwendung.
(3) Untergebrachte können mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde in ein anderes Land verlegt oder überstellt werden, wenn die Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 oder 2 vorliegen und die zuständige Behörde des anderen Landes zustimmt.
§ 64 Leitung der Einrichtung
(1) Die Leitung der Einrichtung trägt die Verantwortung für den Vollzug der Sicherungsverwahrung. In den Fällen des § 62 Abs. 1 Satz 2 ist die Leitung der Justizvollzugsanstalt, an die die Einrichtung angegliedert ist, zugleich auch Leitung der Einrichtung. Die Leitung kann bestimmte Entscheidungsbefugnisse auf andere Bedienstete übertragen. Die Aufsichtsbehörde kann sich die Zustimmung zur Übertragung vorbehalten. Befindet sich die Einrichtung auf dem Gelände einer anderen Justizvollzugsanstalt, kann die Leitung der Einrichtung die Amtshilfe von Bediensteten dieser Anstalt in Anspruch nehmen.
(2) Die Leitung der Einrichtung obliegt einem Beamten des höheren Dienstes. Zusätzlich kann eine fachliche Leitung durch die Aufsichtsbehörde bestellt werden.
(3) Zur Vorbereitung grundlegender Entscheidungen im Vollzug, insbesondere zur Aufstellung und Fortschreibung des Vollzugsplans und zur Entwicklung und Wahrung einheitlicher Qualitätsstandards, richtet die Leitung der Einrichtung Konferenzen mit den an der Betreuung und Behandlung maßgeblich Beteiligten ein.
§ 65 Bedienstete
(1) Die Aufgaben der Einrichtung werden von Beamten wahrgenommen. Aus besonderen Gründen können sie auch anderen Bediensteten sowie nebenamtlich bestellten oder vertraglich verpflichteten Personen übertragen werden. Nicht hoheitliche Aufgaben können vertraglich verpflichteten Personen übertragen werden.
(2) Für die Einrichtung ist die erforderliche Anzahl von Bediensteten, insbesondere des medizinischen, pädagogischen, psychologischen und sozialen Dienstes, des allgemeinen Vollzugsdienstes und des Werkdienstes sowie von Seelsorgern vorzusehen, um eine Betreuung nach § 66c Abs. 1 Nr. 1 StGB zu gewährleisten.
(3) Das Personal muss für den Vollzug der Sicherungsverwahrung persönlich geeignet und fachlich qualifiziert sein. Fortbildungen sowie Praxisberatung und Supervision für die Bediensteten werden regelmäßig durchgeführt.
(4) Die Bediensteten des allgemeinen Vollzugsdienstes, des psychologischen und sozialen Dienstes sollen den Wohngruppen zugeordnet werden. Eine Betreuung in den Wohngruppen ist auch in der beschäftigungsfreien Zeit der Untergebrachten, insbesondere am Wochenende, in dem erforderlichen Umfang zu gewährleisten.
(5) Alle im Vollzug Tätigen arbeiten zusammen und wirken daran mit, dessen Ziele zu erreichen.
§ 66 Seelsorger
(1) Der Seelsorger wird im Einvernehmen mit der jeweiligen Religionsgemeinschaft im Hauptamt bestellt oder vertraglich verpflichtet.
(2) Wenn die geringe Zahl der Angehörigen einer Religionsgemeinschaft eine Seelsorge nach Absatz 1 nicht rechtfertigt, ist die seelsorgerische Betreuung auf andere Weise zu ermöglichen.
(3) Mit Zustimmung der Leitung der Einrichtung kann sich die Seelsorge außenstehender Personen bedienen und sie insbesondere zur Mitwirkung an Gottesdiensten und anderen religiösen Veranstaltungen hinzuziehen.
§ 67 Interessenvertretung der Untergebrachten
(1) Den Untergebrachten ist zu ermöglichen, eine Vertretung in der Einrichtung zu wählen. Diese kann in allgemeinen Angelegenheiten der Untergebrachten, die sich für eine Mitwirkung eignen, Vorschläge und Anregungen an die Leitung der Einrichtung herantragen.
(2) In den Fällen des § 62 Abs. 1 Satz 2 ist der Interessenvertretung zu gestatten, an der Gefangeneninteressenvertretung der Justizvollzugsanstalt, auf deren Gelände sich die Einrichtung befindet, mitzuwirken, soweit Interessen und Belange der Untergebrachten berührt sind.
§ 68 Hausordnung
(1) Die Leitung der Einrichtung erlässt eine Hausordnung. Dazu soll sie die Vertretung der Untergebrachten anhören.
(2) In die Hausordnung sind insbesondere Regelungen aufzunehmen über Besuchszeiten, Häufigkeit und Dauer des Besuchs sowie die Tageseinteilung.
(3) Den Untergebrachten wird die Hausordnung zugänglich gemacht.
Sechzehnter Abschnitt
Aufsicht über die Einrichtungen, Beirat
§ 69 Aufsichtsbehörde
(1) Die Aufsicht über die Einrichtungen führt das für Justiz zuständige Ministerium.
(2) Die Aufsichtsbehörde bestimmt die Leitlinien des Vollzugs und sorgt in Zusammenarbeit mit den Einrichtungen für die Qualitätssicherung.
§ 70 Beirat
(1) Bei der Einrichtung ist ein ehrenamtlicher Beirat zu bilden. Sofern die Einrichtung an eine Justizvollzugsanstalt angebunden ist, kann ein gemeinsamer Beirat gebildet werden. Der gemeinsame Beirat berücksichtigt bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben die besonderen Belange der Untergebrachten.
(2) Bedienstete des Justizvollzugs dürfen nicht Mitglieder des Beirats sein. Das für Justiz zuständige Ministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Bestellung, die Amtszeit und die Abberufung der Mitglieder zu regeln.
(3) Der Beirat wirkt beratend bei der Gestaltung des Vollzugs der Sicherungsverwahrung mit. Der Beirat steht der Leitung der Einrichtung, den Bediensteten und den Untergebrachten als Ansprechpartner zur Verfügung.
(4) Der Beirat kann insbesondere Wünsche, Anregungen und Beanstandungen entgegennehmen. Er kann sich über die Unterbringung, Verpflegung, ärztliche Versorgung und Behandlung, schulische und berufliche Bildung sowie Beschäftigung unterrichten. Hierzu können die Mitglieder des Beirats die Einrichtung besichtigen und die Untergebrachten persönlich aufsuchen.
(5) Die Mitglieder des Beirats sind, auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit, verpflichtet, über alle im Rahmen ihrer Tätigkeit bekannt gewordenen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu bewahren. Dies gilt nicht für Mitteilungen, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sind, oder über Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen.
Siebzehnter Abschnitt
Übergangs- und Schlussbestimmungen
§ 71 Einschränkung von Grundrechten
Durch dieses Gesetz werden die Rechte auf
eingeschränkt.
§ 72 Fortgeltung von Bundesrecht
Das Strafvollzugsgesetz findet für den Vollzug der Sicherungsverwahrung keine Anwendung mit Ausnahme der Bestimmungen über
§ 73 Übergangsbestimmung
Bis zum Inkrafttreten einer Verordnung nach § 38 Abs. 4 Satz 2 findet die Strafvollzugsvergütungsordnung vom 11. Januar 1977 (BGBl. I S. 57) in der jeweils geltenden Fassung Anwendung.
§ 75 Gleichstellungsbestimmung 23
Status- und Funktionsbezeichnungen in diesem Gesetz gelten jeweils für alle Geschlechter.
ENDE |