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MSC.1/Circ.1329 11. Juni 2009
Richtlinien für einheitliche Betriebsbeschränkungen von Hochgeschwindigkeitsfahrzeugen

Vom 21. September 2012
(VkBl. Nr. 19 vom 15.10.2012 S. 759)



Siehe Fn. *

1 Der Schiffssicherheitsausschuss genehmigte auf seiner sechsundachtzigsten Sitzung (27. Mai bis 5. Juni 2009), in der Erkenntnis, dass Hochgeschwindigkeitsfahrzeuge nicht für einen uneingeschränkten Betrieb geeignet und deshalb Betriebsbeschränkungen notwendig sind, die vom Unterausschuss Schiffsentwurf und Ausrüstung auf seiner zweiundfünfzigsten Sitzung ausgearbeiteten Richtlinien für einheitliche Betriebsbeschränkungen von Hochgeschwindigkeitsfahrzeugen, wie sie in der Anlage niedergelegt sind.

2 Die Mitgliedsregierungen sind aufgefordert, die anliegenden Richtlinien bei der Anwendung der Bestimmungen des HSC-Code 2000 über die Erlaubnis zum Betrieb von Hochgeschwindigkeitsfahrzeugen zu nutzen und alle betroffenen Parteien darauf aufmerksam zu machen.

Richtlinien für einheitliche Betriebsbeschränkungen von Hochgeschwindigkeitsfahrzeugen

1 Einleitung

1.1 Ein ausdrückliches Element des Internationalen Codes von 2000 für die Sicherheit von Hochgeschwindigkeitsfahrzeugen (HSC-Code 2000 - "der Code") ist es, dass Hochgeschwindigkeitsfahrzeuge nicht für einen uneingeschränkten Betrieb geeignet und Betriebsbeschränkungen notwendig sind. Diesbezüglich verdienen die Absätze 1.2, 1.3.4 und 1.4.61 des Codes Beachtung.

1.2 Diese Richtlinien für einheitliche Betriebsbeschränkungen von Hochgeschwindigkeitsfahrzeugen wurden ausgearbeitet, um die einheitliche Umsetzung des Codes in der 2007 geänderten Fassung, insbesondere des Absatzes 1.9.7 und der Anlage 12, zu unterstützen und um über die Gründe zu informieren, die solche Betriebsbeschränkungen rechtfertigen.

1.3 Es muss beachtet werden, dass den in Anlage 12 des Codes aufgeführten Faktoren das Wort "mindestens" vorangestellt ist und dass diese, falls erforderlich, durch weitere Faktoren ergänzt werden können, sofern die Flaggenstaats- und/oder Hafenstaatsverwaltungen der Ansicht sind, dass solche zusätzlichen Faktoren für den zufriedenstellenden Betrieb des Fahrzeugs laut der Erlaubnis zum Betrieb anzuwenden sind.

1.4 In diesen Richtlinien dargelegte Sachverhalte, die bestimmend sind für die in der Erlaubnis zum Betrieb des Fahrzeugs niedergelegten Betriebsbeschränkungen, können sich auf einen oder mehrere der folgenden drei Sektoren beziehen:

  1. solche, die die Sicherheit des Fahrzeugs als ganzes berühren;
  2. solche, die speziell die Sicherheit der einzelnen Fahrgäste und Besatzungsmitglieder berühren; und
  3. solche, die die Sicherheit von Personen außerhalb des Fahrzeugs berühren.

1.5 Die Betriebsbeschränkungen, die laut diesen Richtlinien aufgestellt werden, müssen sich auf den Normalbetrieb des Fahrzeugs beziehen. Falls zum Beispiel eine selbsttätige Fahrtkontrollanlage üblicherweise bei Bedingungen eingesetzt wird, die den ungünstigsten Betriebsbedingungen nahe kommen, so muss die Anlage für die Aufstellung der Betriebsbeschränkungen als in Betrieb befindlich angenommen werden, muss aber auch in die im Code spezifizierte FMEA Analyse (Fehlermöglichkeits- und Einfluss-Analyse) einbezogen werden.

1.6 Die Gesamtheit der Betriebsbeschränkungen, die das Ergebnis der Erwägung aller in den folgenden Abschnitten dargelegten relevanten Faktoren bilden, muss die für den Betrieb des Fahrzeugs zulässigen Randbedingungen festlegen. Diese Beschränkungen müssen in klaren aber prägnanten Begriffen in der Erlaubnis zum Betrieb und im Fahrzeug-Betriebshandbuch beschrieben werden und dem Betriebspersonal des Fahrzeugs klar mitgeteilt werden.

2 Höchstabstand von einer Zuflucht

2.1 Absatz 1.3.4 des Codes gibt zeitliche Beschränkungen an für die Fahrt von Fahrgastfahrzeugen (4 Stunden) und Frachtfahrzeugen (8 Stunden) zu einem Zufluchtsort (definiert in Absatz 1.4.48 des Codes), und zwar bei Fahrt mit 90 v. H. der Höchstgeschwindigkeit (definiert in Absatz 1.4.38 des Codes). Dies dient dazu, dem Fahrzeug einen Betrieb nur in solchen Gebieten zu erlauben, in denen die notwendige landseitige Infrastruktur verfügbar ist und ihm im Falle von Änderungen des Wetters und Seegangs zu erlauben, sich sicher in geschützte Gewässer zurückzuziehen.

2.2 Diese Beschränkung wird durch die angeführten Bestimmungen des Codes allgemein festgesetzt, muss in der Dokumentation des Fahrzeugs aber klar angegeben und auf der Erlaubnis zum Betrieb dargestellt werden, soweit sie nicht mittelbar abgedeckt wird, (z.B. durch Koordinaten der Grenzen des Einsatzgebietes).

2.3 Der Höchstabstand vom Basishafen oder Zufluchtsort muss gemäß Absatz 18.1.4 des Codes und unter Berücksichtigung der in Absatz 1.3.4 des Codes spezifizierten Grenzen festgesetzt werden.

3 Verfügbare Ressourcen für Rettung und betrieblich Unterstützung

3.1 In manchen Fällen sind die Betriebsbeschränkungen abhängig von den an der Fahrtroute verfügbaren Ressourcen und nicht von den Beschränkungen des Fahrzeugs. Insbesondere ist der Code darauf gegründet, dass angemessene Kommunikationseinrichtungen, Wettervorhersagen und Wartungseinrichtungen innerhalb des Einsatzgebietes des Fahrzeugs verfügbar sind. In Verbindung mit der Forderung nach Nähe zu einem Zufluchtsort soll die Forderung nach dem Wetterbericht eine rechtzeitige Entscheidung hinsichtlich des Aufsuchens einer Zuflucht ermöglichen.

3.2 Bei der Festsetzung von Betriebsbeschränkungen müssen Verwaltungen erwägen, ob die den ungünstigsten vorgesehenen Bedingungen entsprechende Wellenhöhe so festgesetzt werden muss, dass sie dem Fahrzeug die Beendigung der Passage erlaubt, ohne dass es dafür auf eine drastische Geschwindigkeitsreduzierung angewiesen ist, durch welche die Fahrgäste und Besatzung zunehmend härteren Bedingungen ausgesetzt würden. Solche Erwägung steht im Zusammenhang damit, dass das Fahrzeug bei sich verschlechternden Bedingungen als sein eigenes bestes Rettungsfahrzeug angesehen wird.

3.3 Absatz 1.2.7 des Codes stellt fest: "im vorgesehenen Einsatzbereich sind jederzeit geeignete Rettungsvorrichtungen verfügbar". Des Weiteren stellt Absatz 1.4.12.1 fest, dass ein Hochgeschwindigkeitsfahrzeug der Kategorie A eines ist, das "auf einer Route eingesetzt ist, auf der den Flaggen- und Hafenstaaten der Nachweis erbracht wurde, dass im Falle einer Evakuierung an jeder beliebigen Stelle der Fahrtroute sämtliche Fahrgäste und Besatzungsmitglieder mit hoher Wahrscheinlichkeit innerhalb mindestens folgender Zeiträume gerettet werden können:

3.4 Die Worte "mit hoher Wahrscheinlichkeit" müssen in diesem Text so verstanden werden, dass die Wahrscheinlichkeit für eine nicht erfolgreiche Evakuierung gemäß der Definition in Anlage 3 des Codes "selten" ist.

3.5 Obwohl der Code keine Anleitung dafür gibt, was "geeignete Rettungsvorrichtungen" sind, darf die Erlaubnis zum Betrieb nur dann ausgestellt werden, wenn sich die Verwaltungen des Flaggenstaates und der betroffenen Küstenstaaten vergewissert haben, dass angemessene Vorkehrungen getroffen wurden und dass eine vorgenommene angemessene Beurteilung zu ihrer Zufriedenheit nachweist, dass die Anforderungen des Codes im gesamten Einsatzgebiet gemäß Absatz 18.2.2.4 des Codes erfüllt sind. Zu diesem Zweck dürfen Verwaltungen verlangen, dass dem Antrag auf die Erlaubnis zum Betrieb eine Analyse des Schiffsverkehrs und sonstiger, im Einsatzgebiet für den Fall einer Evakuierung des Fahrzeugs und einer erforderlichen Rettung wahrscheinlich verfügbarer Ressourcen beigefügt wird. Eine Beurteilung geeigneter Rettungsvorrichtungen durch eine Probeevakuierung oder Rettungsübung kann für die Ermittlung von Lücken und Schwächen und für eine Verbesserung der Gesamtleistung bei der Vorbereitung auf einen tatsächlichen Rettungseinsatz sehr nützlich sein, muss aber im Allgemeinen nicht gefordert werden.

3.6 Die saisonale Verfügbarkeit von Ressourcen muss angemessen berücksichtigt werden. Zum Beispiel kann das Auftreten von Eis aufgrund von jahreszeitlichen Schwankungen einen vorgesehenen Zufluchtsort aufgrund von navigatorischen Sicherheitsaspekten unbenutzbar machen.

4 Windstärke, Mindestlufttemperatur, Sicht und Wassertiefe

4.1 Absatz 1.4.61 des Codes verweist bei der Definition des Begriffes "Ungünstigste vorgesehene Bedingungen" speziell auf die folgenden Parameter, die deshalb in der Erlaubnis zum Betrieb erscheinen müssen, wo dies angebracht ist:

  1. signifikante Wellenhöhe (verwiesen wird auf Abschnitt 5 dieser Richtlinien);
  2. Windstärke (verwiesen wird auf Kapitel 2, Absatz 1.1.4 von Anlage 6, Absätze 1.3 und 2.2 von Anlage 7 und Absätze 1.1 und 2.1.4.3 von Anlage 8 des Codes. Zum Beispiel darf der größte Winddruck bei den ungünstigsten vorgesehenen Bedingungen weder denjenigen übersteigen, der in den Stabilitätsberechnungen für das Fahrzeug verwendet wurde, noch darf er einen größeren aerodynamischen Auftrieb erzeugen als den, der mit dem normalen Betriebsverhalten des Fahrzeugs einhergeht);
  3. Mindestlufttemperatur (zum Beispiel im Hinblick auf die Sprödbrucheigenschaften von Werkstoffen, die Anfälligkeit für Vereisung und die daraus folgende Auswirkung auf die Stabilität, usw.);
  4. Sicht (z.B. können beeinträchtigte Sichtverhältnisse und Nachtfahrt verbesserte Navigationsausrüstung oder Nachtsichtgeräte erforderlich machen); und
  5. Geringste sichere Wassertiefe (z.B. sicheres Navigieren, Beschaffenheit des Meeresbodens, nachteilige Auswirkungen auf die Pflanzen- und Tierwelt am Meeresboden, Wellenschlag (siehe Absatz 7.2 unten)).

4.2 Die im vorstehenden Absatz dargelegten Sachverhalte sollen nur eine beispielhafte und unvollständige Liste bilden. Sie können von Verwaltungen ergänzt werden, zum Beispiel um die Auswirkung von Meereis auf die Struktur des Fahrzeugs und auf seine Propeller, Ruder und Seekästen, sowie auf seine Fähigkeit, sicher zu navigieren und einen Zufluchtsort zu erreichen.

5 Seegangsbeschränkungen - signifikante Wellenhöhe

5.1 Allgemeines

5.1.1 Die ungünstigsten vorgesehenen Seegangsbedingungen werden üblicherweise durch den Wert der signifikanten Wellenhöhe ausgedrückt, wie sie in Absatz 1.4.54 des Codes definiert ist. Diese Richtlinien sind unter der Annahme ausgearbeitet worden, dass dieser Parameter verwendet wird, aber die zugrunde liegenden Prinzipien bleiben auch dann anwendbar, wenn ein anderer Parameter verwendet wird. Bei der Anwendung dieser Richtlinien muss beachtet werden, dass die Bewegungen des Fahrzeugs sowohl von der Periode als auch von der signifikanten Höhe der Wellen abhängen.

5.1.2 Für betriebliche Zwecke wird die signifikante Wellenhöhe am zuverlässigsten entweder durch Satelliten gemessen oder durch ein System, das die Höhe zwischen der Wasseroberfläche und einem Punkt am Fahrzeug im Zusammenwirken mit einer gyroskopischen Beschleunigungsmessung an diesem Punkt in Echtzeit misst. Alternativ könnten Messwerte der signifikanten Wellenhöhe durch Seegangsmessbojen mit Sender geliefert werden, die entlang der Fahrtroute ausgelegt sind. Beim Fehlen derartiger Systeme sind optische Beobachtungen der signifikanten Wellenhöhe notwendig, für die die im Anhang 1 gegebene Anleitung genutzt werden kann.

5.1.3 Die für ein Fahrzeug geltenden Seegangsbeschränkungen können in Abhängigkeit von der Fahrtrichtung des Fahrzeugs relativ zu den Wellen variieren, dürfen aber bei keiner Fahrtrichtung einen größeren Seegang erlauben als den niedrigsten, der sich aus der Berücksichtigung der im weiteren Verlauf dieses Abschnitts aufgeführten Faktoren ergibt.

5.2 Leckstabilität

In Absatz 2.6.11 1 des Codes ist der geforderte Mindestrestfreibord von Öffnungen, durch die eine Überflutung erfolgen kann, abhängig von der den ungünstigsten vorgesehenen Bedingungen entsprechenden signifikanten Wellenhöhe.

5.3 Bauliche Sicherheit

5.3.1 Für die bauliche Unversehrtheit eines Hochgeschwindigkeitsfahrzeugs ist es offensichtlich unerlässlich, dass das Fahrzeug nicht jenseits der Beschränkungen betrieben wird, für die die Struktur ausgelegt wurde.

5.3.2 In dieser Hinsicht, und eingedenk der Gleichwertigkeit der Sicherheitsstandards der vom Code behandelten Fahrzeuge mit denen des SOLAS Übereinkommens gemäß SOLAS Kapitel X, muss beachtet werden, dass SOLAS Regel II-1/3-1 verlangt:

"... müssen Schiffe in Übereinstimmung mit den baulichen, mechanischen und elektrischen Vorschriften einer von der Verwaltung nach Regel XI-1/1 anerkannten Klassifikationsgesellschaft oder mit geltenden innerstaatlichen Normen der Verwaltung, die ein gleichwertiges Sicherheitsniveau gewährleisten, entworfen, gebaut und instand gehalten werden."

5.3.3 Einige Vorschriften von Klassifikationsgesellschaften gründen ihre Lastannahmen auf einer beschränkenden vertikalen Beschleunigung am Längenschwerpunkt des Fahrzeugs. Zur Vermeidung einer Überschreitung dieser baulichen Beschränkung können die Gesellschaften für das Fahrzeug ein aus dieser Annahme abgeleitetes Schaubild ausstellen, das die zulässige Höchstgeschwindigkeit des Fahrzeugs zur vorherrschenden signifikanten Wellenhöhe in Beziehung setzt. Hinsichtlich der Darstellung der sich ergebenden Betriebsbeschränkungen, die durch andere Faktoren gemäß Absatz 1.6 bestimmt werden können, wird auf Absatz 8.2 dieser Richtlinien verwiesen.

5.3.4 Mitunter kann eine Geschwindigkeitsreduzierung in Wellen ungewollt, aufgrund einer Widerstandszunahme erfolgen. Jedoch ist im Allgemeinen eine absichtliche Geschwindigkeitsreduzierung notwendig, um bei starken Seegängen innerhalb sicherer Grenzen zu bleiben.

5.4 Dynamische Stabilität

5.4.1 Der sichere Betrieb der meisten Hochgeschwindigkeitsfahrzeuge wird maßgeblich durch den Seegang berührt. Die Beschränkungen für ein sicheres Seeverhalten können das Ergebnis von einigen der in den Absätzen 2.1.5 2 und 17.5.4.1 des Codes aufgeführten Beispiele sein, einschließlich insbesondere: Neigung zum Eintauchen des Decks oder Querschlagen; häufiges Aufschlagen des Rumpfes oder der freiliegenden Decks; Durchpflügen der See, Gieren und Drehen. Verwiesen wird auf die in Anhang 2 gegebene Information zur Anleitung bezüglich des Betriebes in mitlaufendem Seegang und in Seegang aus den achterlichen Quadranten.

5.4.2 Diese Beschränkungen müssen implizit, wenn auch nicht ausdrücklich, übermäßig heftige Bewegungen einbeziehen, die Fahrgäste und Besatzung beeinträchtigen (siehe auch Abschnitt 5.6 dieser Richtlinien).

5.4.3 Absatz 18.1.3.2 des Codes verlangt, dass sich die Verwaltung davon überzeugt, dass die Betriebsbedingungen auf der vorgesehenen Fahrtroute die Fähigkeiten des Fahrzeugs nicht überfordern. Dies muss während der gemäß Anlage 9 und aufgrund der Forderung des Absatzes 17.2.1 des Codes durchgeführten Probefahrten nachgewiesen werden.

5.4.4 Verwaltungen müssen beachten, dass Absatz 3.1.2 von Anlage 9 des Codes ausdrücklich feststellt, dass die in 1.4.57 3 dieses Codes angesprochenen "Ungünstigsten vorgesehenen Bedingungen" diejenigen sind, unter denen ohne außergewöhnliche Geschicklichkeit beim Steuern sichere Fahrt beibehalten werden kann. Möglicherweise sind jedoch Manöver in allen Richtungen gegen Wind und Seegang nicht durchführbar". Diese Bestimmung muss bei der Festsetzung von Betriebsbeschränkungen im Zusammenhang mit dynamischer Stabilität berücksichtigt werden.

5.5 Sichere Ausbringung von Evakuierungssystemen und Überlebensfahrzeugen

5.5.1 Der Code legt großen Wert auf die Fähigkeit, ein Hochgeschwindigkeitsfahrzeug schnell und sicher zu evakuieren, wobei die längste Evakuierungszeit (in Absatz 4.8.1) an die bauliche Brandschutzzeit gekoppelt ist. Hierfür verlangt Absatz 8.6.5 des Codes: "Das Aussetzen und nachfolgende Bemannen der Überlebensfahrzeuge ... muss unter allen Betriebsbedingungen sowie unter allen Flutungszuständen ... möglich sein".

5.5.2 "Alle Betriebsbedingungen" schließen alle Ladefälle des unbeschädigten Fahrzeugs ein, ungeachtet der Umgebungsbedingungen. "Alle Flutungszustände" wurden einbezogen, um der Notwendigkeit Rechnung zu tragen, eine Evakuierung des Fahrzeugs beim Vorliegen der in Kapitel 2 des Codes festgelegten Leckfälle zu ermöglichen.

5.5.3 Sofern das Fahrzeug mittels eines Schiffsevakuierungssystems (MES) zu evakuieren ist, das den Anforderungen des Codes entspricht, setzt der Code voraus, dass die für die Probefahrt in schwerem Wetter (gemäß Absatz 12.6 der überarbeiteten Empfehlung zur Prüfung von Rettungsmitteln (Entschließung MSC.81(70) in ihrer geänderten Fassung)) geforderten Umgebungsbedingungen eine Gewähr für die Einsatzbereitschaft des MES in schwerem Wetter bieten. Die Erfahrung hat gezeigt, dass Probefahrten in schwerem Wetter bei schwereren Bedingungen, als den für die Typzulassung von MES spezifizierten, eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben des beteiligten Personals bedeuten.

5.5.4 Sofern das Fahrzeug gemäß Absatz 8.7.5 des Codes ohne die Verwendung eines MES unmittelbar in Rettungsfahrzeuge zu evakuieren ist, dürfen Verwaltungen Evakuierungserprobungen mit dem Fahrzeug oder einem identischen Schwester Hochgeschwindigkeitsfahrzeug verlangen, die unter Wetter-. und Seegangsbedingungen bis zu den in der Erlaubnis zum Betrieb spezifizierten ungünstigsten vorgesehenen Bedingungen durchzuführen sind, um sich zu vergewissern, dass eine solche Evakuierung unter solchen Bedingungen sicher durchgeführt werden kann.

5.6 Beschränkungen in der sicheren Handhabung

5.6.1 Der Code erwähnt drei Sicherheitsniveaus (siehe Tabelle 1 in Anlage 3) und schreibt die akzeptable Wahrscheinlichkeit vor, mit der jedes Sicherheitsniveau eintreten darf. Auf dem Niveau 1 wird erwartet, dass ein Ereignis mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 10-5 eintritt, d. h. häufig oder relativ wahrscheinlich. Tabelle 1 in Anlage 3 zeigt, dass für das Sicherheitsniveau 1 (geringfügige Auswirkung) lediglich vorgeschrieben ist, dass horizontale Beschleunigungen 0,2 g nicht übersteigen dürfen.

5.6.2 Bei der Anwendung dieser Standards muss beachtet werden, dass Absatz 4.3.1 des Codes vorgibt, dass überlagerte vertikale Beschleunigungen von mehr als 1 g am Längenschwerpunkt des Fahrzeugs vermieden werden müssen, "sofern nicht mit Rücksicht auf die Sicherheit der Fahrgäste besondere Vorkehrungen getroffen werden". Aus vertikalen Beschleunigungen von mehr als 1 g ergeben sich Gefahren für ein sicheres Sitzen von Fahrgästen und Besatzung.

5.6.3 In ähnlicher Weise setzt Tabelle 1 in Anlage 3 des Codes akzeptable Höchstwerte für horizontale Beschleunigungen für schwere und für extreme Betriebsbedingungen fest.

5.6.4 Tabelle 2 in Anlage 3 des Codes macht deutlich, dass das Sicherheitsniveau 2 Bedingungen beschreibt, bei denen Notfallmaßnahmen erforderlich sind und Fahrgäste verletzt werden können, und Niveau 3 Bedingungen, bei denen eine starke Verringerung der Sicherheitsspannen eintritt und eine kleine Zahl von Insassen schwere Verletzungen erleiden kann.

5.6.5 Die Obergrenze von Niveau 2 entspricht den ungünstigsten vorgesehenen Bedingungen - siehe Absatz 3.3.2 von Anlage 9 des Codes. Gemäß den Code-Bestimmungen in Absatz 4.2.4 und Anlage 9, Absatz 3.3.2 müssen Fahrgäste sitzen, bevor das Niveau 2 erreicht wird.

5.6.6 Viele Bauformen von Hochgeschwindigkeitsfahrzeugen können Beschränkungen in der sicheren Handhabung unterliegen, wie sie in Absatz 17.5.4.1 des Codes angeregt werden, zum Beispiel:

  1. Amphibische Luftkissenfahrzeuge müssen möglicherweise bestimmte Kombinationen von Geschwindigkeit und Driftwinkel vermeiden, damit ein Durchpflügen der See oder eine Verfaltung der Schürzen und eine mögliche Kenterung nicht eintreten.
  2. Viele Bauformen von Hochgeschwindigkeitsfahrzeugen müssen möglicherweise einen übermäßigen vorlastigen Trimm vermeiden, um ein sicheres Manövrierverhalten zu gewährleisten, so dass z.B. das Unterschneiden des Bugs oder das Querschlagen vermieden wird (siehe Absatz 17.2.1 des Codes).
  3. Eine Anleitung für diese sichere Handhabung kann, je nach Zweckmäßigkeit, dem Anhang 2 und der überarbeiteten Anleitung für den Kapitän zur Vermeidung gefährlicher Situationen unter ungünstigen Wetter- und Seegangsbedingungen (MSC.1/Circ.1228) entnommen werden, wobei zu bedenken ist, dass im letztgenannten Dokument größtenteils konventionelle Schiffe behandelt werden.

5.6.7 Kapitel 17 des Codes verlangt zur Festlegung von Betriebsbeschränkungen und von Verfahren für den Betrieb des Fahrzeugs innerhalb der Beschränkungen eine Prüfung in Originalgröße. Anlage 9 legt die zur Entwicklung dieser Betriebsbeschränkungen benötigten Prüfverfahren fest. Insbesondere Abschnitt 3 von Anlage 9 und Tabelle 1 von Anlage 3 legen die Höhe der horizontalen und der vertikalen Beschleunigungen fest, die zur Gewährleistung der Fahrgastsicherheit nicht überschritten werden dürfen. Unter normalen Betriebsbedingungen dürfen Fahrzeuge bei der höchsten Betriebsgeschwindigkeit nach Absatz 3.3 von Anlage 9 des Codes das Sicherheitsniveau 1 (0,2 g in der horizontalen Ebene) nicht überschreiten. Unter den ungünstigsten vorgesehenen Bedingungen dürfen Fahrzeuge das Sicherheitsniveau 2 (0,35 g in der horizontalen Ebene) nicht überschreiten. Auch Messungen der vertikalen Beschleunigung werden von Anlage 9 verlangt, und deren Grenzwerte sind Ausdruck baulicher Beschränkungen, derentwegen Fahrzeuge die beschränkende vertikale Beschleunigung am Längenschwerpunkt nach Absatz 4.3.1 des Codes und Absatz 5.3.3 dieser Richtlinien nicht überschreiten dürfen. Die obigen Grenzwerte, Probefahrtsergebnisse und die Tabelle der signifikanten Wellenhöhen für verschiedene Geschwindigkeiten prägen den Vorgang der Festlegung von Betriebsbeschränkungen. Es muss beachtet werden, dass Absatz 17.4 des Codes verlangt, dass bei den laut Anlage 9 durchgeführten Erprobungen die Auswirkungen von (einem oder mehreren) als kritisch erkannten Ausfällen nachgewiesen werden müssen.

5.6.8 Obwohl der Absatz 17.1 des Codes die Nutzung von Modellversuchsdaten vorsieht, wo dies angebracht ist, muss die Nutzung solcher Daten soweit wie möglich durch geeignete Erprobungen mit dem betreffenden oder einem identischen Fahrzeug untermauert werden. Modellversuche müssen zur Festsetzung sicherer Grenzwerte in Situationen genutzt werden, deren Untersuchung bei Probefahrten gefährlich wäre. Für diese Zwecke müssen Modellversuche gewählt werden, die sowohl mathematische Modelle umfassen, als auch die Prüfung eines maßstäblichen Modells.

5.6.9 Die in Absatz 4.3.1 und Tabelle 1 von Anlage 3 des Codes angesprochenen vertikalen Beschleunigungen müssen als der Mittelwert des höchsten Hundertstels der Beschleunigungen (nicht die Quadratwurzel RMS) verstanden werden, die unter Verwendung der Kriterien der Fußnote 1 von Tabelle 1 der Anlage 3 gemessen werden müssen.

6 Erprobungen zum Leistungsnachweis im Zusammenhang mit Betriebsbeschränkungen

6.1 Die ungünstigsten vorgesehenen Bedingungen bezüglich Wind und Seegang sind möglicherweise für die Durchführung der von Kapitel 17 des Codes geforderten Nachweiserprobungen nicht verfügbar, wobei dann eine gewisse Extrapolation aussagefähiger Erprobungsergebnisse notwendig sein kann. Jede Extrapolation muss die Nichtlinearität des Seeverhaltens und die Schwankung von Wellenperiode (Frequenz) und -höhe (Amplitude) berücksichtigen. In solchen Fällen dürfen die in der Erlaubnis zum Betrieb spezifizierten ungünstigsten vorgesehenen Bedingungen nicht mehr als 130 v. H. derjenigen signifikanten Wellenhöhe entsprechen, bei der die Nachweiserprobungen durchgeführt wurden. Die Extrapolation der Wellenperiode muss getrennt von derjenigen der Wellenhöhe durchgeführt werden. Wenn mit einem Fahrzeug zufriedenstellende Erprobungen abgeschlossen wurden, werden solche Erprobungen für nachfolgende identische Schwesterfahrzeuge nicht gefordert, sofern sich die Randbedingungen für den Betrieb bezüglich Wellenhöhe und Wellenperiode nicht signifikant ändern. Jede Extrapolation, die auf Erprobungsergebnissen eines anderen, weitgehend ähnlichen Entwurfs von ähnlicher Größe beruht (Länge und Breite weichen beide nicht mehr als 5 v. H. von denen des betreffenden Fahrzeugs ab), muss durch Erprobungen mit dem neuen Fahrzeug bestätigt werden. Für Erprobungen, die laut Abschnitt 5.5 dieser Richtlinien durchgeführt werden, ist eine Extrapolation nicht zulässig.

6.2 Damit die Extrapolation der Wellenhöhe in konsistenter Weise durchgeführt werden kann, muss eine Mindestwellenperiode mit jeder signifikanten Wellenhöhe verknüpft werden, die zur Aufstellung der ungünstigsten vorgesehenen Bedingungen benutzt wird.

7 Navigatorische Aspekte

7.1 Unfälle von Hochgeschwindigkeitsfahrzeugen haben gezeigt, dass es eine Anzahl navigatorischer Umstände gibt, die bei der Aufstellung der Betriebsbeschränkungen laut Erlaubnis zum Betrieb berücksichtigt werden müssen. Diese beinhalten:

  1. Angemessenheit fester Navigationshilfen an der Fahrtroute;
  2. Nachtsicht im Hinblick auf unbeleuchtete Hindernisse; und
  3. sonstige Sichtbehinderungen.

7.2 Verwaltungen müssen beachten, dass Absatz 3.1.2 von Anlage 9 des Codes ausdrücklich feststellt: "ungünstigste vorgesehene Bedingungen entsprechend Absatz 1.4.57 4 des Code sind Bedingungen, unter denen ohne außergewöhnliches Geschicklichkeit beim Steuern sichere Fahrt beibehalten werden kann. Möglicherweise sind jedoch Manöver in allen Richtungen gegen Wind und Seegang nicht durchführbar." Diese Bestimmung kann von Verwaltungen berücksichtigt werden bei der Festsetzung von Betriebsbeschränkungen im Zusammenhang mit Kursstabilität und mit der Fähigkeit, alternative Kurse zu fahren, wenn sich Wetter- und Seegangsbedingungen verschlechtern.

7.3 Die geringste sichere Wassertiefe kann sich, außer aus den navigatorischen Sicherheitsanforderungen, zusätzlich auch aus örtlichen Umweltschutzregeln oder aus Gefährdungen anderer Fahrzeuge, Personen oder Sachwerte im Einsatzgebiet ergeben. Zum Beispiel dürfen Verwaltungen die Untersuchung des vom Fahrzeug erzeugten Wellenschlags verlangen, der für in der Nähe befindliche Kleinfahrzeuge und Personen an der Küstenlinie gefährlich ist, wie auch die Untersuchung von Umweltgefährdungen durch Erosion, und jegliche für das Fahrzeug zur Vermeidung dieser Gefahren in Abhängigkeit von der Wassertiefe 5 auf der betreffenden Fahrtroute festgesetzten Geschwindigkeitsbeschränkungen müssen in der Erlaubnis zum Betrieb festgeschrieben werden.

7.4 Sofern eine Fahrtroute als besonders anfällig für ein auf Grund laufen oder Stranden betrachtet wird, dürfen Verwaltungen eine Risikobeurteilung zu diesen Gefahren verlangen, wobei die Anwendbarkeit von zum Beispiel folgenden Möglichkeiten in Erwägung gezogen wird:

  1. Mindestsicherheitsabstände im Umkreis von besonderen Gefahrenstellen auf der Fahrtroute;
  2. eine Geschwindigkeitsreduzierung während kritischer Abschnitte der Fahrtroute; oder
  3. die geforderte Anwesenheit von zwei Nautikern im Kommandostand während kritischer Abschnitte der Fahrtroute.

8 Darstellung von Betriebsbeschränkungen

8.1 Alle in der Erlaubnis zum Betrieb gezeigten Betriebsbeschränkungen, ungeachtet ob sie sich zum Beispiel auf geographische Grenzen oder Grenzwerte für Wind, Wetter und Seegangsbedingungen beziehen, müssen in einer Weise dargestellt werden, durch die das Personal des Fahrzeugs einfache und klare Anweisung erhält und müssen jederzeit für das fahrzeugführende Besatzungsmitglied im Kommandostand verfügbar sein. Wo immer dies durchführbar ist, muss die Information an einer herausgehobenen Stelle im Kommandostand so angeschlagen werden, dass sie vom Arbeitsplatz (von den Arbeitsplätzen) des fahrzeugführenden Besatzungsmitglieds gut sichtbar ist. Ergänzende und ausführlichere Information kann, je nach Zweckmäßigkeit, im Fahrzeug-Betriebshandbuch oder im Routen-Betriebshandbuch bereitgestellt werden.

8.2 Die dargestellte Information darf nicht über die Grenzen des genehmigten Betriebs hinausgehen, es sei denn, sie ist klar mit dem Zweck der erweiterten Information gekennzeichnet. Sofern Zusatzinformation gegeben wird, zum Beispiel um die Grenzen des Einsatzgebietes in das geographische Umfeld zu stellen, muss die Darstellung derart sein, dass sie das Verbot eines Betriebes außerhalb dieser Grenzen klar anzeigt.

8.3 Beschränkungen hinsichtlich der signifikanten Wellenhöhe dürfen, wenn sie kursabhängig sind, in verschiedener Form dargestellt werden, einschließlich der folgenden:

  1. durch ein Polardiagramm, das die gefahrlos erreichbare Geschwindigkeit in Abhängigkeit von der Wellenhöhe und dem Begegnungswinkel zeigt, da die gefahrlose sichere Geschwindigkeit gegen den Seegang oft geringer ist als die auf anderen Kursen erreichbare (siehe Abbildung 1); oder
  2. durch ein oder mehrere Schaubild(er) mit verschiedenen Linien für Kurswinkel von recht voraus bis recht achteraus in Schritten von nicht mehr als 15 ° (siehe Abbildung 2).

8.4 Zur Orientierung des Fahrzeugpersonals bei der Einhaltung sicherer Betriebsbedingungen, besonders im Hinblick auf die bauliche Sicherheit, dürfen dauerhaft eingebaute Instrumente zur unmittelbaren bordseitigen Überwachung von vertikalen Beschleunigungen und Beschleunigungen in Querrichtung und/oder zur Messung der Wellenhöhe vorgesehen werden. Sofern die Betriebsbeschränkungen beschränkende Seegangsbedingungen beinhalten, die auf anderen Gefahren beruhen als den von den Instrumenten überwachten, dürfen die spezifizierten beschränkenden Seegangsbedingungen, ungeachtet der vom Instrumentensystem zur Orientierung gelieferten Information, nicht überschritten werden. Die Instrumente müssen:

  1. geeicht und von der Flaggenstaatsverwaltung oder in ihrem dafür zugelassen sein, klare, genaue und zuverlässige Informationen zum sicheren Betrieb des Fahrzeugs gemäß Absatz 4.2.4 des Codes an das Betriebspersonal zu liefern;
  2. die Anforderungen von Absatz 17.1 des Codes für die Durchführung von Nachweiserprobungen erfüllen;
  3. durch Seegangsbeschränkungen ergänzt werden, die im Falle des Ausfalls der Instrumente einzuhalten sind, und
  4. Erprobungen, die von Anlage 9 des Codes auf von den Instrumenten überwachten Sachgebieten verlangt werden, müssen auf solche Erprobungen beschränkt werden, die laut dem obigen Unterabsatz .1 auch für die Zulassung des Instrumentensystems notwendig waren.

8.5 Sofern die gemäß Absatz 8.1 bereitgestellte Information nicht dahingehend zusammengeführt wird, dass ein einzelner Bildschirm oder ein einzelnes Dokument alle Gefahrenbereiche erfasst, muss deren Darstellung eindeutig die gleichzeitige Einhaltung aller in der Erlaubnis zum Betrieb aufgeführten Betriebsbeschränkungen ermöglichen, wobei je nach Sachdienlichkeit alle mit dem sicheren Betrieb des Fahrzeugs verbundenen Gefahren behandelt werden, wie diejenigen, die in all den vorherigen Abschnitten dieser Richtlinien erfasst sind.

Abbildung 1

Abbildung 2

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Optische Abschätzung der Signifikanten Wellenhöhe 6Anhang 1

1 Eine typische Aufzeichnung von Wellenverläufen ist in Abbildung 1 unten gezeigt.

2 Die Aufzeichnung ist im Allgemeinen komplex und zeigt sofort alle einer Beobachtung mit dem Auge innewohnenden Schwierigkeiten. Müssen, zum Beispiel, alle Wellen auf gleicher Basis berücksichtigt oder nur die großen Wellen gezählt werden? Welche Durchschnittswerte müssen angesichts der so unterschiedlichen Eigenschaften der Wellen genommen werden? Es ist offensichtlich, dass der Beobachter zur Erzielung vergleichbarer Ergebnisse einem festgelegten Verfahren folgen muss. Die flachen, schlecht ausgeprägten Wellen ("A" in Abbildung 1) zwischen den Wellengruppen können mit dem Auge nicht genau erfasst werden, und unterschiedliche Beobachter würden zweifellos zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangen, falls versucht würde, diese Wellen mitzuerfassen. Die anzuwendende Methode besteht deshalb darin, nur die gut ausgeprägten Wellen im Zentrum der Wellengruppen zu erfassen. Die Wellenbeobachtung erfordert die Messung oder Schätzung der folgenden Merkmale:

Abbildung 1 - Wellenform der Meeresoberfläche

3 Zuverlässige Durchschnittswerte für Periode und Höhe können nur durch Beobachtung von mindestens zwanzig Wellen erzielt werden. Natürlich können dies keine unmittelbar aufeinanderfolgenden Wellen sein, vielmehr müssen aus jeder nachfolgenden Wellengruppe einige wenige ausgewählt werden, bis die erforderliche Anzahl erreicht ist. Nur Messungen oder recht gute Schätzungen werden benötigt. Grobe Schätzungen sind von geringem Wert und dürfen nicht aufgezeichnet werden. Oft wird sich herausstellen, dass Wellen aus mehr als einer Richtung kommen. Zum Beispiel kann es einen Seegang geben, der durch den gerade wehenden Wind verursacht wird und eine Dünung, die durch einen Wind verursacht wurde, der entweder bereits weitergezogen ist oder in einem entfernten Gebiet weht. Oder es können zwei Dünungen (d. h. Kreuzdünungen) auftreten, die durch Winde unterschiedlicher Richtungen in entfernten Gebieten verursacht wurden. In solchen Fällen muss der Beobachter zwischen Windsee und Dünung unterscheiden und diese getrennt angeben, bei Bedarf unter Angabe von zwei Gruppen für Dünung. Die Richtung, Höhe und Periode der Windsee-Welle können stark abweichen von denen der Dünungswelle. Es wird allerdings oft vorkommen - besonders bei Windstärken von 8 Beaufort und mehr -, dass Windsee-Wellen und Dünungswellen aus derselben Richtung kommen. In diesem Fall ist es praktisch unmöglich, zwischen Windsee und Dünung zu unterscheiden und die beste Vorgehensweise ist, die zusammengesetzte Welle als Windsee zu betrachten und sie entsprechend aufzuzeichnen.

Wellenbeobachtung von einem Schiff in Bewegung

4 Es muss sorgfältig darauf geachtet werden, dass die Beobachtung, insbesondere diejenige der Periode, nicht durch die Wellen beeinflusst wird, die durch die Bewegung des Schiffes erzeugt werden.

4.1 Richtung, aus der die Wellen kommen

Diese ist einfach zu ermitteln, entweder unmittelbar in Form der Blickrichtung senkrecht zur Wellenfront oder durch die Blickrichtung entlang der Wellenkämme, wobei zu bedenken ist, dass die benötigte Richtung von dieser Blickrichtung um 90 ° abweicht. Richtungen werden immer rechtweisend aufgezeichnet, nicht missweisend.

4.2 Periode 7

Für Periodenmessungen ist eine Stoppuhr ratsam. Falls eine solche nicht verfügbar ist, kann eine gewöhnliche Uhr mit Sekundenzeiger verwendet werden, oder alternativ kann ein geübter Beobachter die Sekunden zählen. Der Beobachter wählt einen markanten Schaumfleck oder einen kleinen auf dem Wasser treibenden Gegenstand in einigem Abstand vom Schiff und vermerkt die Zeit, zu der er sich auf dem Kamm jeder der aufeinander folgenden Wellen befindet. Das Verfahren wird für die größeren Wellen jeder nachfolgenden Gruppe wiederholt, bis mindestens zwanzig Beobachtungen verfügbar sind. Die Periode wird dann als die durchschnittliche Zeitspanne für eine vollständige Schwingung von Kamm zu Kamm genommen. Bei einem schnellen Schiff wird sich herausstellen, dass die "Schaumfleckmethode" kaum für mehr als eine vollständige Schwingung andauert und dass viele Wellen einzeln beobachtet werden müssen. Mit Übung können geeignete Wellen leicht herausgegriffen werden und die Zeitmessung von Kamm zu Kamm wird ziemlich einfach. Wenn es gewünscht ist, einen Gegenstand zu nutzen (eine leere Bierdose hebt sich gewöhnlich auffällig gegen die See ab und bleibt für den Zweck lange genug an der Oberfläche), sollte er soweit vorne wie möglich geworfen werden. Eine weitere Methode, die für Beobachter mit einer Stoppuhr verfügbar ist, besteht in der Beobachtung von zwei oder mehr aufeinander folgenden "Zentralwellen" einer Wellengruppe, während die Uhr weiterläuft, dann die Uhr zu stoppen, bis die Zentralwellen der nächsten Wellengruppe erscheinen und die Uhr dann wieder zu starten. Dieses Verfahren wird wiederholt, bis mindestens zwanzig vollständige Schwingungen beobachtet worden sind. Die Periode erhält man dann, indem man die Gesamtzeit durch die Anzahl der Schwingungen teilt. Es ist wichtig zu beachten, dass die Perioden zwischen den Zeitpunkten, an denen Wellenkämme einen Punkt am Schiff passieren, nicht diejenigen sind, die benötigt werden.

4.3 Höhe

Obwohl einige wenige Forschungsschiffe mit Wellenaufzeichnungsgeräten ausgestattet sind, gibt es gegenwärtig keine Methode zur Messung der Wellenhöhe, die für eine allgemeine Verwendung auf Handelsschiffen geeignet ist, aber ein geübter Beobachter kann nützliche Schätzungen machen. Das anzuwendende Verfahren hängt von der Länge der Wellen im Verhältnis zur Länge des Schiffes ab. Wenn die Wellenlänge im Vergleich mit der Schiffslänge kurz ist, d. h. wenn sich das Schiff über zwei oder mehr Wellenkämme erstreckt, muss die Höhe aus der Erscheinung der Wellen an oder auf der Schiffsseite zu Zeitpunkten geschätzt werden, wenn Rollen und Stampfen des Schiffes am geringsten sind. Für das beste Ergebnis muss der Beobachter eine Position so tief wie möglich auf dem Schiff einnehmen, vorzugsweise mittschiffs, wo die Wirkung des Stampfens am geringsten ist und an derjenigen Seite des Schiffes, auf die die Wellen zukommen.

4.3.1 Diese Methode versagt, wenn die Länge der Wellen die Länge des Schiffes übersteigt, weil dann der Schiffkörper mit dem Durchgang jedes Wellenkammes angehoben wird. Der Beobachter muss dann eine Position auf dem Schiff einnehmen, in der sein Auge gerade auf der Linie von den herankommenden Wellenkämmen zum Horizont liegt, wenn das Schiff aufrecht im Wellental liegt. Die Höhe des Auges über der Wasserlinie des Schiffes entspricht dann der Höhe der Welle. Je näher der Beobachter dabei an einer Mittschiffsposition ist, desto geringer ist die Möglichkeit einer Verfälschung der Messung durch Stampfen. Falls das Schiff schwer rollt, ist es besonders wichtig, die Beobachtung in dem Augenblick vorzunehmen, wenn es aufrecht im Wellental liegt. Übertriebene Schätzung der Wellenhöhe beruht meistens auf Fehlern, die durch Rollen verursacht werden (siehe Abbildungen 2.1 und 2.2). Wenn das Schiff rollt (Abbildung 2.2) muss der Beobachter bei "0" eine höhere Position einnehmen, um in Linie mit dem Horizont zu kommen, als wenn das Schiff aufrecht liegt (Abbildung 2.1).

Abbildung 2.1

Abbildung 2.2

4.3.2 Die Beobachtung der Höhe von Wellen ist am schwierigsten, wenn deren Länge die Länge des Schiffes übersteigt und deren Höhe gering ist. Die beste Schätzung der Höhe kann man bei größtmöglicher Nähe zur Wasseroberfläche erhalten, aber selbst dann kann die Beobachtung nur grob sein. Für Höhenschätzungen muss man versuchen, einen Maßstab in Form der Größe eines Mannes oder der Höhe eines Schanzkleides, einer Back oder einer sonstigen bekannten Schiffsabmessung festzusetzen. Im Allgemeinen besteht eine Tendenz zur Überschätzung der Höhe kurzer Wellen und zur Unterschätzung der Höhe langer Wellen.

4.3.3 Die Schätzung der Höhe einer Welle von einer hohen Brücke eines schnellen Schiffes ist eine schwierige Aufgabe und viel hängt von der Fähigkeit und Findigkeit des Beobachters ab; in vielen Fällen ist mit nicht mehr als einer sehr groben Schätzung zu rechnen. Alle Schätzungen von Wellenhöhen müssen vorzugsweise durchgeführt werden, wenn das Schiff auf ebenem Kiel liegt, so dass die Augenhöhe des Beobachters gleich bleibt. Die bereits erwähnten dem Schätzen innewohnenden Schwierigkeiten machen es, zusammen mit dessen praktischen Schwierigkeiten, unerlässlich, dass die aufgezeichnete Höhe den Durchschnittswert von ungefähr zwanzig unterschiedlichen Beobachtungen darstellt. Diese Beobachtungen müssen an den Zentralwellen der ausgeprägteren Wellengruppen vorgenommen werden.

Wellenbeobachtungen bei Nacht oder schlechter Sicht

5 Unter diesen Bedingungen kann der Beobachter normalerweise bestenfalls eine Aufzeichnung der Richtung und eine Schätzung der Höhe erwarten, oder vielleicht nur der Richtung, wodurch immerhin das Vorhandensein von Wellen angezeigt würde. Solche Beobachtungen könnten in tropischen Gewässern während der Hurrikansaison von beträchtlichem Wert sein. Nur in sehr hellen Nächten wäre die Beobachtung der Periode durchführbar.

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Anleitung zum Betrieb von Hochgeschwindigkeitsfahrzeugen in mitlaufendem Seegang und in Seegang aus den achterlichen QuadrantenAnhang 2

1 Allgemeines

1.1 Dieser Anhang hat vorrangig zum Ziel, Seefahrern Ratschläge zu liefern, was sie in mitlaufendem Seegang und Seegang aus den achterlichen Quadranten erwartet und wie ein Hochgeschwindigkeitsfahrzeug dann zu handhaben ist. Die hier angebotene Anleitung gründet nicht nur auf der jüngsten Forschung, sondern auch auf den gesammelten praktischen Erfahrungen von Seefahrern.

1.2 Die Hauptgefahren, die einem Hochgeschwindigkeitsfahrzeug in schwerem mitlaufendem Seegang und Seegang aus den achterlichen Quadranten drohen, sind Wellenreiten (Surfen), Unterschneiden des Bugs und Querschlagen.

1.3 Der Kapitän ist besser in der Lage, dynamische Probleme zu vermeiden, wenn er Instrumente hat, die Auskunft über das Verhalten seines Schiffes geben sowie über die auf der Reise wahrscheinlich anzutreffenden Seegänge. Diese Parameter schließen Schiffsgeschwindigkeit, Kurs, vertikale Beschleunigung, Beschleunigung in Längsrichtung, Wellenvorhersagen und aktuellen Seegang ein.

1.4 Mitlaufender Seegang bezeichnet Seegang genau von achtern, während Seegang aus den achterlichen Quadranten Wellenrichtungen zwischen recht achteraus und 45 ° seitlich davon bezeichnet.

1.5 Überquerungen von Barren können Verhaltensweisen des Fahrzeugs mit sich bringen, die einigen der in diesem Anhang dargestellten Verhaltensweisen ähnlich sind. Da diese Anleitung allgemein gefasst ist, enthält sie keine spezifischen Angaben zum Überqueren von Barren, für das die Gefahren und Verhaltensweisen stark mit den jeweiligen Umständen variieren. Hierzu müssen im Routen-Betriebshandbuch spezifische, auf das Fahrzeug und seine Fahrtroute bezogene Angaben bereitgestellt werden.

1.6 Es muss beachtet werden, dass die in diesem Anhang gegebenen Ratschläge nur zur Orientierung dienen und das Können und Urteilsvermögen des Seefahrers oder die Grundsätze der guten Seemannschaft untermauern, nicht aber ersetzen sollen.

2 Kritisches Fahrzeugverhalten in achterlicher und schrägachterlicher See

2.1 Einfangen

2.1.1 Das Einfangen kann erfolgen, wenn sich das Schiff direkt die Welle hinunter bewegt, bei Wellen, deren Länge in etwa gleich der Wasserlinien-Länge des Schiffes ist. Beim Erreichen des Wellenbergs wird das Fahrzeug eine Verringerung des Widerstands erfahren, was dazu führt, dass es vorwärts in das Wellental beschleunigt und mit dem Vorschiff in die nächste Welle eintaucht. Führt das nicht zu einem Unterschneiden des Bugs, wird das Fahrzeug ein signifikantes Anwachsen des Widerstands erfahren, was seine Geschwindigkeit auf die der Wellen reduzieren wird. Dies kann eine Vorstufe zum Unterschneiden des Bugs sein.

2.1.2 Warnzeichen:

  1. Bewegung mit der Geschwindigkeit der Welle, siehe Tabelle 1; und
  2. ein Wellenberg am Heck und ein anderer am Bug; und
  3. die Wellenhöhe größer als 4 v. H. der Wasserlinienlänge des Fahrzeugs;
  4. das Fahrzeug wird zwischen zwei aufeinander folgenden Wellen eingefangen.

2.1.3 Gegenmaßnahmen:

  1. Geschwindigkeitsreduzierung und den Wellen erlauben vorbei zu ziehen.

2.2 Brandung und Wellenreiten (Surfen)

2.2.1 Wenn sich ein Hochgeschwindigkeitsfahrzeug in mitlaufendem Seegang bewegt, der genau von achtern kommt und dessen Wellenlänge ungefähr gleich oder größer ist als die Schiffslänge, kann es beim Durchgang der Wellenkämme in Vorausrichtung beschleunigt und abgebremst werden. Solche Brandungsgeschwindigkeiten können, verursacht durch maßgebliche Änderungen des Widerstandes und der Effektivität des Vortriebes beim Durchgang der Wellen, um bis zu 50 v. H. von der Durchschnittsgeschwindigkeit abweichen. Ohne Warnung kann das Fahrzeug schnell auf die Wellengeschwindigkeit beschleunigen und auf der Welle reiten. Wellenreiten (Surfen) ist, wenn irgend möglich, wegen des dabei auftretenden fast vollständigen Kontrollverlustes zu vermeiden. Wellenreiten (Surfen) kann der Vorläufer für ein Unterschneiden des Bugs oder Querschlagen sein.

2.2.2 Warnzeichen:

  1. große Schwankungen der Fahrzeuggeschwindigkeit bei konstanter Fahrthebelstellung;
  2. das Fahrzeug bewegt sich mit der Wellengeschwindigkeit plus oder minus 10 v. H. (1 /10tel), siehe Tabelle 1; und
  3. die Wellenlänge beträgt zwischen einer und 2,5 Wasserlinienlängen des Fahrzeugs; und
  4. das Fahrzeug neigt bei einem Wellenkamm in der hinteren Schiffshälfte dazu, den Bug leicht abwärts zu neigen;
  5. schwache Steuerwirkung;
  6. brechende Wellen verstärken die Neigung zum Wellenreiten (Surfen).

2.2.3 Gegenmaßnahmen:

  1. Vermeidung des Fahrens mit Wellengeschwindigkeit (siehe Tabelle 1) in Wellen gefährlicher Länge;
  2. falls ein Wellenreiten (Surfen) eingetreten ist, Abwarten des Durchgangs der kritischen Welle ohne den Versuch starker Ruderbewegungen;
  3. anschließend Geschwindigkeitsreduzierung.

2.3 Unterschneiden des Bugs

2.3.1 Unterschneiden des Bugs tritt auf, wenn ein Hochgeschwindigkeitsfahrzeug seinen Bug in mitlaufendem Seegang oder Seegang aus den achterlichen Quadranten in eine Welle eingräbt. Dies verursacht den Verlust aller Steuerfähigkeit, das Schiff erfährt ein schwerwiegendes Abwärtsstampfen des Bugs, der dabei untertaucht, was gelegentlich zu Strukturschaden und Verletzungen des Personals führt. Das Unterschneiden des Bugs ist besonders schwerwiegend für Katamarane mit einem Deck zwischen den Rümpfen und beschränktem Reserveauftrieb des Vorschiffs. Es ist anders als das Überfluten des Bugs in von vorne kommenden Wellen, da die nachfolgende Welle das Heck anhebt und die Situation verschlimmert.

Unterschneiden des Bugs kann bei Bewegung mit der Wellengeschwindigkeit langsam einsetzen, kann aber dramatisch sein und ohne Vorwarnung auftreten, wenn sich das Fahrzeug erheblich schneller als die Wellen bewegt.

2.3.2 Warnzeichen:

  1. Im Falle, dass ein Eintauchen des Fahrzeugs vorausgeht (siehe 2.1 oben):
    1. wie für Eintauchen; und
    2. die Wellenhöhe ist größer als ungefähr 75 v. H. (3/4) des bei gestopptem Fahrzeug gemessenen Bugfreibords; und
    3. die Wellen kommen aus Richtungen zwischen recht achteraus und 45° achterlich;
    4. der Bug ist nahezu bis zum Deck oder zur Oberkante des Querträgers eingetaucht.
  2. Im Falle, dass sich das Fahrzeug schneller als die Wellen bewegt:
    1. die Wellen kommen aus Richtungen zwischen recht achteraus und 45° achterlich; und
    2. die Wellenhöhe ist größer als ungefähr 25 v. H. (1/4) des bei gestopptem Fahrzeug gemessenen Bugfreibords; und
    3. die Wellenlänge beträgt 100 v. H. bis 150 v. H. der Wasserlinienlänge des Fahrzeugs.

2.3.3 Gegenmaßnahmen:

  1. Vermeidung durch Beachtung der Warnzeichen;
  2. Vermeidung jeglichen buglastigen Trimms;
  3. Geschwindigkeitsreduzierung auf weniger als ungefähr 70 v. H. der Wellengeschwindigkeit;
  4. alternativ, sofern durchführbar, Kursänderung, selbst bis hin zu einem Kurs gegen die Wellen.

2.4 Querschlagen

2.4.1 Querschlagen ist eine starke und häufig unkontrollierbare Gierbewegung in mitlaufendem Seegang, die das Schiff quer zu den Wellen dreht, mit dem Ergebnis eines gefährlich starken Rollens und einem seitlichen Abgleiten in ein Wellental. Bei Einrumpfschiffen mit unzureichender Stabilität kann es zur Kenterung führen. Dem Querschlagen kann ein Wellenreiten (Surfen) vorausgehen.

2.4.2 Warnzeichen:

  1. der beabsichtigte Kurs verläuft leicht oder deutlich quer zu den Wellen, mit bis zu 45° Abweichung vom genau mitlaufenden Seegang;
  2. die Wellenlänge ist ähnlich der Wasserlinienlänge des Fahrzeugs, oder, in seitlichem Seegang aus den achterlichen Quadranten, etwas kürzer;
  3. die Fahrzeuggeschwindigkeit ist gleich der Wellengeschwindigkeit plus oder minus 15 v. H. (1/7tel), siehe Tabelle 1; und
  4. die Wellenhöhe ist größer als 4 v. H. der Wasserlinienlänge des Fahrzeugs; und
  5. es besteht eine Tendenz zum Abwärtsneigen des Bugs und Eingraben desselben in die vorauslaufende Welle;
  6. Strahlantriebe oder Propeller, die über der Wasserlinie liegen, beginnen durchzudrehen;
  7. schwerwiegende Gierbewegungen nach beiden Seiten des beabsichtigten Kurses;
  8. Wellenreiten (Surfen).

2.4.3 Gegenmaßnahmen:

  1. Vermeidung eines Kurses diagonal zu den Wellen, d. h. bis zu 45° Abweichung vom genau mitlaufenden Seegang;
  2. Vermeidung des Fahrens mit einer Geschwindigkeit nahe der Wellengeschwindigkeit (siehe Tabelle 1) in Wellen gefährlicher Länge;
  3. Geschwindigkeitsreduzierung auf weniger als ungefähr 70 v. H. der Wellengeschwindigkeit;
  4. nach einem Querschlagen wird die Steuerfähigkeit am besten durch eine Geschwindigkeitsreduzierung wiedergewonnen.

3 Sonstiges Fahrzeugverhalten, das auftreten kann Kapitäne müssen sich auch sonstiger Verhaltensweisen des Fahrzeugs bewusst sein, die auftreten können, nämlich:

  1. Verlust von Querstabilität aufgrund des Verlustes von Wasserlinienfläche, wenn sich das Fahrzeug oben auf einer Welle befindet;
  2. Aufschlagen des Vorschiffs, das bei Hochgeschwindigkeitsfahrzeugen in mitlaufendem Seegang auftreten kann, wenn ihre Geschwindigkeit mindestens doppelt so hoch ist wie die Wellengeschwindigkeit;
  3. synchrones Rollen, das in Seegang aus den achterlichen Quadranten auftritt, wenn die Periode der Querkomponenten der Wellen mit der natürlichen Rollperiode des Fahrzeugs übereinstimmt;
  4. parametrisches Rollen, das in mitlaufendem Seegang auftreten kann, wenn die Zeitspanne, die jede einzelne Welle zum Passieren des Fahrzeugs benötigt, ungefähr gleich der halben natürlichen Rollperiode ist;
  5. Kombinationen von Verhaltensweisen des Fahrzeugs, wie Wellenreiten (Surfen), das zu einem Querschlagen oder Unterschneiden des Bugs führen kann; wovon beides zu weiteren schwerwiegenden Ereignissen wie Überfluten des Vordecks oder Kentern führen kann.

4 Zusammenfassung

4.1 Fahrzeuggeschwindigkeit

4.1.1 Es ist wichtig, dass die Geschwindigkeit den Seegangsbedingungen angepasst ist. In mitlaufendem Seegang oder Seegang aus den achterlichen Quadranten ist es bei Tageslicht vergleichsweise einfach festzustellen, ob sich das Fahrzeug schneller oder langsamer als die vorherrschenden Wellen bewegt. Nachts aber sind solche Beurteilungen nicht so einfach.

4.1.2 Es wird angenommen, dass die Fahrzeuggeschwindigkeit mit einiger Genauigkeit bekannt ist. Falls dies nicht der Fall ist, werden bei Fahrt mit oder nahe der vorherrschenden Wellengeschwindigkeit (und möglicherweise wenn eingefangen oder bei Gefahr des Wellenreitens (Surfens)), Stampf und Tauchbewegungen beträchtlich reduziert, Bewegungen der Brandung hingegen bedeutend gesteigert.

4.1.3 Eine grobe Vorstellung von der Geschwindigkeit der vorherrschenden Wellen in einem gegebenen Seegang in Abhängigkeit von der Art der Gewässer, in denen das Fahrzeug betrieben wird, kann Tabelle 1 entnommen werden.

Tabelle 1 - Tabellarische typische Wellengeschwindigkeiten (in Knoten)

Signifikante Wellenhöhe
(in Metern)
123456
Küstenwellen
(in Knoten)
15-1817-2319-2720-3021-3323-35
Hochseewellen
(in Knoten)
19-2921-3125-3529-3932-4236-46

4.2 Wellenlänge

Aus den oben gegebenen Ratschlägen ist zu ersehen, dass das Verhältnis der Wellenlänge zur Wasserlinienlänge des Fahrzeugs auch für die Beurteilung der Anfälligkeit für nachteiliges Verhalten wichtig ist. Deshalb ist es wichtig, die Länge der Wellen, in denen das Fahrzeug betrieben wird, zu überwachen.

4.3 Tabellarische Zusammenfassung

Tabelle 2 fasst die in diesem Anhang gegebene Anleitung zusammen.

Tabelle 2 - Zusammenfassung der Anleitung für mitlaufendem Seegang und Seegang aus den achterlichen Quadranten

FahrzeugverhaltenKritische FahrzeuggeschwindigkeitKritische WellenlängeKritische Wellenhöhen
Überrollen≈ VW und≈ LS und> 4 v. H. LS
Wellenreiten
(Surfen)
≈ VW ± 10 v. H. und≈ 1 - 2,5 LS und> 4 v. H. LS
(langsames)
Unterschneiden des Bugs
≈ VW und≈ LS und> 75 v. H. F
(plötzliches)
Unterschneiden des Bugs
≈ VW und≈ 1 → 1,5 LS und> 25 v. H. F
Querschlagen≈ VW ± 15 v. H. und≈ LS und> 4 v. H. LS

Legende:
≈ ist ungefähr gleich
± ist plus oder minus
> ist größer als
VW ist die Wellengeschwindigkeit
LS ist die Schiffslänge
F ist der beim gestoppten Fahrzeug gemessene Bugfreibord

*) Die Bezieher des Verkehrsblattes erhalten vom Verkehrsblatt-Verlag unter Angabe der vollständigen Abonnenten-Nummer auf Anforderung ein Exemplar der CD-R zum Sonderpreis von 12,50 EUR. Weitere Exemplare können zum Preis von 25,- EUR bezogen werden.

1) Nach der neuesten Fassung des HSC-Codes 2000 muss hier 2.6.12 stehen.

2) Nach der neuesten Fassung des HSC-Codes 2000 muss hier 2.1.6 stehen.

3) Nach der neuesten Fassung des HSC-Codes 2000 muss hier 1.4.61 stehen.

4) Im englischen Text steht hier 1.4.57, nach der neuesten Fassung des HSC-Codes 2000 muss hier 1.4.61 stehen.

5) Für den Wellenschlag des Kielwassers beruht dies auf der Froudeschen Tiefenzahl, hängt aber auch vom Tiefenprofil in Ufernähe ab.

6) Nachdruck aus Meteorological Office (Vereinigtes Königreich), The Marine Observers Handbook, Her Majesty's Stationery Office, London, 1969.

7) Es gibt mehrere unterschiedliche Definitionen der Wellenperiode, wie die modale Periode, die Periode der aufwärtsgerichteten Nulldurchgänge usw. Die optische Beobachtung der Wellenperiode ergibt nicht notwendigerweise die für die numerische Weiterverarbeitung erforderlichen Wellenperioden, und soweit zweckdienlich müssen Korrekturen vorgenommen werden.

Bekanntmachung des Rundschreibens des Schiffssicherheitsausschusses MSC der IMO MSC.1/Rundschreiben 1329
"Richtlinien für einheitliche Betriebsbeschränkungen von Hochgeschwindigkeitsfahrzeugen"

Vom 21. September 2012
(VkBl. Nr. 19 vom 15.10.2012 S. 759)

Durch die Dienststelle Schiffssicherheit der BG Verkehr wird hiermit das Rundschreiben des Schiffssicherheitsausschusses MSC der IMO MSC.1/Rundschreiben 1329, "Richtlinien für einheitliche Betriebsbeschränkungen von Hochgeschwindigkeitsfahrzeugen", in deutscher Sprache amtlich bekannt gemacht.

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