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Regelwerk, Allgemeines, Sanktionen
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BayStVollzG - Bayerisches Strafvollzugsgesetz
Gesetz über den Vollzug der Freiheitsstrafe und der Jugendstrafe

- Bayern -

Vom 10. Dezember 2007
(GVBl. Nr. 28 vom 14.12.2007 S. 866; 10.06.2008 S. 315 08; 27.07.2009 09; 20.12.2011 S. 689 11; 22.05.2013 S. 275 13; 22.07.2014 S. 286 14; 13.12.2016 S. 335 16; 26.06.2018 S. 438 18 Inkrafttreten; 24.07.2018 S. 574 18a; 24.06.2019 S. 318 19; 08.07.2020 S. 330 20; 21.10.2022 S. 642 22; 23.12.2022 S. 718 22a)
Gl.-Nr.: 312-2-1-J



Teil 1
Anwendungsbereich

Art. 1 Anwendungsbereich 13

Dieses Gesetz regelt den Vollzug der Freiheitsstrafe, der Jugendstrafe und des Strafarrests in Justizvollzugsanstalten.

Teil 2
Vollzug der Freiheitsstrafe

Abschnitt 1
Grundsätze

Art. 2 Aufgaben des Vollzugs

Der Vollzug der Freiheitsstrafe dient dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten. Er soll die Gefangenen befähigen, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen (Behandlungsauftrag).

Art. 3 Behandlung im Vollzug

Die Behandlung umfasst alle Maßnahmen, die geeignet sind, auf eine künftige deliktfreie Lebensführung hinzuwirken. Sie dient der Verhütung weiterer Straftaten und dem Opferschutz. Die Behandlung beinhaltet insbesondere schulische und berufliche Bildung, Arbeit, psychologische und sozialpädagogische Maßnahmen, seelsorgerische Betreuung und Freizeitgestaltung. Art und Umfang der Behandlung orientieren sich an den für die Tat ursächlichen Defiziten der Gefangenen.

Art. 4 Schutz der Allgemeinheit

Der Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten wird durch eine sichere Unterbringung und sorgfältige Beaufsichtigung der Gefangenen, eine gründliche Prüfung vollzugsöffnender Maßnahmen sowie geeignete Behandlungsmaßnahmen gewährleistet.

Art. 5 Gestaltung des Vollzugs

(1) Das Leben im Vollzug soll den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit als möglich angeglichen werden.

(2) Schädlichen Folgen des Freiheitsentzugs ist entgegenzuwirken.

(3) Der Vollzug ist darauf auszurichten, dass er den Gefangenen hilft, sich in das Leben in Freiheit einzugliedern.

Art. 5a Opferbezogene Vollzugsgestaltung 18

(1) Die Belange der Opfer sind bei der Gestaltung des Vollzugs, insbesondere bei vollzugsöffnenden Maßnahmen sowie bei der Eingliederung und Entlassung der Gefangenen, zu berücksichtigen. Dem Schutzinteresse gefährdeter Dritter ist Rechnung zu tragen.

(2) Die Einsicht der Gefangenen in ihre Verantwortung für die Tat, insbesondere für die beim Opfer verschuldeten Tatfolgen, soll geweckt werden. Die Gefangenen sind anzuhalten, den durch die Straftat verursachten Schaden wiedergutzumachen. Die Durchführung eines Täter-Opfer-Ausgleichs ist in geeigneten Fällen anzustreben.

Art. 6 Stellung der Gefangenen

(1) Die Gefangenen sollen an der Gestaltung ihrer Behandlung und an der Erfüllung des Behandlungsauftrags mitwirken. Ihre Bereitschaft hierzu ist zu wecken und zu fördern.

(2) Die Gefangenen unterliegen den in diesem Gesetz vorgesehenen Beschränkungen ihrer Freiheit. Soweit das Gesetz eine besondere Regelung nicht enthält, dürfen ihnen nur Beschränkungen auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der Ordnung der Anstalt unerlässlich sind.

Abschnitt 2
Planung des Vollzugs

Art. 7 Aufnahmeverfahren

(1) Beim Aufnahmeverfahren ist das Persönlichkeitsrecht der Gefangenen in besonderem Maße zu wahren.

(2) Die Gefangenen werden über ihre Rechte und Pflichten unterrichtet. Mit den Gefangenen wird ein Zugangsgespräch geführt.

(3) Nach der Aufnahme werden die Gefangenen alsbald ärztlich untersucht.

Art. 8 Behandlungsuntersuchung 18

(1) Nach dem Aufnahmeverfahren wird damit begonnen, die Persönlichkeit und die Lebensverhältnisse der Gefangenen zu erforschen. Hiervon kann abgesehen werden, wenn dies mit Rücksicht auf die Vollzugsdauer nicht geboten erscheint.

(2) Die Behandlungsuntersuchung erstreckt sich auf die Umstände, deren Kenntnis für eine planvolle Behandlung der Gefangenen im Vollzug und für die Eingliederung nach ihrer Entlassung notwendig ist. Es ist zu prüfen, ob eine Verlegung in eine sozialtherapeutische Einrichtung nach Art. 11 Abs. 1 oder 2 oder andere therapeutische Maßnahmen angezeigt sind.

Art. 9 Vollzugsplan, Beteiligung der Gefangenen 13 14 18

(1) Auf Grund der Behandlungsuntersuchung gemäß Art. 8 wird ein Vollzugsplan erstellt. Er enthält insbesondere Angaben über vollzugliche, pädagogische und sozialpädagogische sowie therapeutische Maßnahmen. Das Nähere regelt das Staatsministerium der Justiz durch Verwaltungsvorschrift.

(2) Der Vollzugsplan ist jeweils nach Ablauf eines Jahres an die Entwicklung der Gefangenen und die weiteren Ergebnisse der Persönlichkeitserforschung anzupassen.

(3) Über eine Verlegung in eine sozialtherapeutische Einrichtung gemäß Art. 11 Abs. 1 oder 2 ist jeweils nach Ablauf von sechs Monaten neu zu entscheiden.

(4) Die Planung der Behandlung wird mit den Gefangenen erörtert.

Art. 10 Verlegung, Überstellung, Ausantwortung

(1) Gefangene können abweichend vom Vollstreckungsplan in eine andere für den Vollzug der Freiheitsstrafe zuständige Anstalt verlegt werden, wenn

  1. die Behandlung der Gefangenen oder ihre Eingliederung nach der Entlassung hierdurch gefördert wird oder
  2. dies aus Gründen der Vollzugsorganisation oder aus anderen wichtigen Gründen erforderlich ist.

(2) Gefangene dürfen aus wichtigem Grund in eine andere Anstalt überstellt werden.

(3) Gefangene dürfen befristet dem Gewahrsam einer Polizei-, Zoll- oder Finanzbehörde überlassen werden.

Art. 11 Verlegung in eine sozialtherapeutische Einrichtung

(1) Gefangene sind in eine sozialtherapeutische Einrichtung zu verlegen, wenn sie wegen einer Straftat nach den §§ 174 bis 180 oder § 182 des Strafgesetzbuchs (StGB) zu Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren verurteilt worden sind und die Behandlung in einer sozialtherapeutischen Einrichtung angezeigt ist.

(2) Andere Gefangene, von denen schwerwiegende Straftaten gegen Leib oder Leben oder gegen die sexuelle Selbstbestimmung zu erwarten sind, sollen in eine sozialtherapeutische Einrichtung verlegt werden, wenn deren besondere therapeutische Mittel und soziale Hilfen zu ihrer Resozialisierung angezeigt sind.

(3) Vor einer Verlegung nach Abs. 1 oder 2 ist die Bereitschaft der Gefangenen zur Teilnahme an therapeutischen Maßnahmen zu wecken und zu fördern.

(4) Wenn der Zweck der Behandlung aus Gründen, die in der Person der Gefangenen liegen, nicht erreicht werden kann, unterbleibt die Verlegung nach Abs. 1 oder 2; nach einer bereits erfolgten Verlegung sind sie zurückzuverlegen.

(5) Art. 10 und 92 bleiben unberührt.

Art. 12 Geschlossener und offener Vollzug

(1) Gefangene sind im geschlossenen Vollzug unterzubringen.

(2) Gefangene sollen mit ihrer Zustimmung in einer Einrichtung des offenen Vollzugs untergebracht werden, wenn sie den besonderen Anforderungen des offenen Vollzugs genügen und insbesondere nicht zu befürchten ist, dass sie sich dem Vollzug der Freiheitsstrafe entziehen oder die Möglichkeiten des offenen Vollzugs zu Straftaten missbrauchen werden.

(3) Gefangene sollen in den geschlossenen Vollzug zurückverlegt werden, wenn dies zu ihrer Behandlung notwendig ist; sie sind zurückzuverlegen, wenn sie den Anforderungen nach Abs. 2 nicht entsprechen.

Art. 13 Lockerungen des Vollzugs

(1) Als Lockerung des Vollzugs kann insbesondere angeordnet werden, dass Gefangene

  1. außerhalb der Anstalt regelmäßig einer Beschäftigung unter Aufsicht (Außenbeschäftigung) oder ohne Aufsicht Vollzugsbediensteter (Freigang) nachgehen dürfen oder
  2. für eine bestimmte Tageszeit die Anstalt unter Aufsicht (Ausführung) oder ohne Aufsicht Vollzugsbediensteter (Ausgang) verlassen dürfen.

(2) Diese Lockerungen dürfen mit Zustimmung der Gefangenen angeordnet werden, wenn nicht zu befürchten ist, dass die Gefangenen sich dem Vollzug der

Freiheitsstrafe entziehen oder die Lockerungen des Vollzugs zu Straftaten missbrauchen werden.

Art. 14 Urlaub aus der Haft

(1) Den Gefangenen kann Urlaub aus der Haft bis zu 21 Kalendertagen im Vollstreckungsjahr gewährt werden. Art. 13 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) Der Urlaub soll in der Regel erst gewährt werden, wenn die Gefangenen sich mindestens sechs Monate im Strafvollzug befunden haben.

(3) Zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilte Gefangene können beurlaubt werden, wenn sie sich einschließlich einer vorhergehenden Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung zwölf Jahre im Vollzug befunden haben oder wenn sie in den offenen Vollzug überwiesen oder hierfür geeignet sind.

(4) Gefangenen, die zum Freigang (Art. 13 Abs. 1 Nr. 1) zugelassen oder hierfür geeignet sind, kann innerhalb von neun Monaten vor der Entlassung weiterer Urlaub bis zu sechs Tagen im Monat gewährt werden. Art. 17 Abs. 3 Satz 1 findet keine Anwendung.

(5) Durch den Urlaub wird die Strafvollstreckung nicht unterbrochen.

Art. 15 Besondere Vorschriften für Gewalt- und Sexualstraftäter

Bei Gefangenen, gegen die während des laufenden Freiheitsentzugs eine Strafe wegen einer schwerwiegenden Straftat gegen Leib oder Leben oder gegen die sexuelle Selbstbestimmung mit Ausnahme der §§ 180a und 181a StGB vollzogen wurde oder zu vollziehen ist, ist eine Unterbringung im offenen Vollzug, eine Lockerung des Vollzugs oder eine Gewährung von Urlaub aus dem Vollzug besonders gründlich zu prüfen. Bei der Entscheidung sind auch die Feststellungen im Urteil und die im Ermittlungs- oder Strafverfahren erstatteten Gutachten zu berücksichtigen.

Art. 16 Weisungen, Aufhebung von Lockerungen und Urlaub

(1) Der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin kann den Gefangenen für Lockerungen und Urlaub Weisungen erteilen.

(2) Er oder sie kann Lockerungen und Urlaub widerrufen, wenn

  1. er oder sie auf Grund nachträglich eingetretener Umstände berechtigt wäre, die Maßnahmen zu versagen,
  2. die Gefangenen die Maßnahmen missbrauchen oder
  3. die Gefangenen einer Weisung nicht nachkommen.

Er oder sie kann Lockerungen und Urlaub mit Wirkung für die Zukunft zurücknehmen, wenn die Voraussetzungen für ihre Bewilligung nicht vorgelegen haben.

Art. 17 Entlassungsvorbereitung

(1) Um die Entlassung vorzubereiten, soll der Vollzug gelockert werden (Art. 13).

(2) Gefangene können in eine Einrichtung des offenen Vollzugs (Art. 12 Abs. 2) verlegt werden, wenn dies der Vorbereitung der Entlassung dient.

(3) Innerhalb von drei Monaten vor der Entlassung kann zu deren Vorbereitung Sonderurlaub bis zu einer Woche gewährt werden. Art. 13 Abs. 2, Art. 14 Abs. 5, Art. 15 und 16 gelten entsprechend.

Art. 18 Entlassungszeitpunkt

(1) Die Gefangenen sollen am letzten Tag der Strafzeit möglichst frühzeitig, jedenfalls noch am Vormittag entlassen werden.

(2) Fällt das Strafende auf einen Samstag oder Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag, den ersten Werktag nach Ostern oder Pfingsten oder in die Zeit vom 22. Dezember bis zum 6. Januar, so können die Gefangenen an dem diesem Tag oder Zeitraum vorhergehenden Werktag entlassen werden, wenn dies nach der Länge der Strafzeit vertretbar ist und fürsorgerische Gründe nicht entgegenstehen.

(3) Der Entlassungszeitpunkt kann bis zu zwei Tage vorverlegt werden, wenn dringende Gründe dafür vorliegen, dass die Gefangenen zu ihrer Eingliederung hierauf angewiesen sind.

Abschnitt 3
Unterbringung und Ernährung der Gefangenen

Art. 19 Unterbringung während der Arbeit und Freizeit

(1) Die Gefangenen arbeiten gemeinsam. Dasselbe gilt für Berufsausbildung, berufliche Weiterbildung sowie arbeitstherapeutische und sonstige Beschäftigung während der Arbeitszeit.

(2) Während der Freizeit können sich die Gefangenen in der Gemeinschaft mit anderen aufhalten. Für die Teilnahme an gemeinschaftlichen Veranstaltungen kann der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin mit Rücksicht auf die räumlichen, personellen und organisatorischen Verhältnisse der Anstalt besondere Regelungen treffen.

(3) Die gemeinschaftliche Unterbringung während der Arbeitszeit und Freizeit kann eingeschränkt werden, wenn

  1. ein schädlicher Einfluss auf andere Gefangene zu befürchten ist,
  2. die Gefangenen nach Art. 8 untersucht werden, aber nicht länger als zwei Monate,
  3. es die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erfordert oder
  4. die Gefangenen zustimmen.

Art. 20 Unterbringung während der Ruhezeit

(1) Gefangene sollen während der Ruhezeit allein in ihren Hafträumen untergebracht werden. Mit ihrer Zustimmung können Gefangene auch während der Ruhezeit gemeinsam untergebracht werden, wenn eine schädliche Beeinflussung nicht zu befürchten ist.

(2) Auch ohne ihre Zustimmung ist eine gemeinsame Unterbringung zulässig, sofern ein Gefangener oder eine Gefangene hilfsbedürftig ist oder eine Gefahr für Leben oder Gesundheit eines oder einer Gefangenen besteht oder die räumlichen Verhältnisse der Anstalt dies erfordern.

(3) Eine gemeinschaftliche Unterbringung von mehr als acht Gefangenen ist nicht zulässig.

Art. 21 Ausstattung des Haftraums und persönlicher Besitz

(1) Gefangene dürfen ihren Haftraum in angemessenem Umfang mit eigenen Sachen ausstatten. Lichtbilder nahestehender Personen und Erinnerungsstücke von persönlichem Wert werden ihnen belassen.

(2) Vorkehrungen und Gegenstände, die die Übersichtlichkeit des Haftraums behindern oder in anderer Weise Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährden, können ausgeschlossen werden.

Art. 22 Kleidung

(1) Gefangene tragen Anstaltskleidung.

(2) Der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin gestattet den Gefangenen, bei einer Ausführung eigene Kleidung zu tragen, wenn zu erwarten ist, dass sie nicht entweichen werden. Er oder sie kann dies auch sonst gestatten, sofern die Gefangenen für Reinigung, Instandsetzung und regelmäßigen Wechsel auf eigene Kosten sorgen.

Art. 23 Anstaltsverpflegung

Zusammensetzung und Nährwert der Anstaltsverpflegung werden ärztlich überwacht. Auf ärztliche Anordnung wird besondere Verpflegung gewährt. Den Gefangenen ist zu ermöglichen, Speisevorschriften ihrer Religionsgemeinschaft zu befolgen.

Art. 24 Einkauf

(1) Die Gefangenen können sich vom Hausgeld (Art. 50) oder Taschengeld (Art. 54) aus einem von der Anstalt vermittelten Angebot Nahrungs- und Genussmittel sowie Mittel zur Körperpflege kaufen. Die Anstalt soll für ein Angebot sorgen, das auf Wünsche und Bedürfnisse der Gefangenen Rücksicht nimmt.

(2) Gegenstände, die die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährden, können vom Einkauf ausgeschlossen werden. Auf ärztliche Anordnung kann den Gefangenen der Einkauf einzelner Nahrungs- und Genussmittel ganz oder teilweise untersagt werden, wenn zu befürchten ist, dass sie ihre Gesundheit ernsthaft gefährden. In Krankenhäusern und Krankenabteilungen kann der Einkauf einzelner Nahrungs- und Genussmittel auf ärztliche Anordnung allgemein untersagt oder eingeschränkt werden.

(3) Verfügen die Gefangenen ohne eigenes Verschulden nicht über Haus- oder Taschengeld, wird ihnen gestattet, in angemessenem Umfang vom Eigengeld einzukaufen.

Art. 25 Sondereinkauf

(1) Sondereinkauf aus einem durch die Anstalt vermittelten Angebot von Nahrungs- und Genussmitteln ist zugelassen zu Weihnachten, Ostern und einem von den Gefangenen zu wählenden weiteren Zeitpunkt.

(2) Gefangenen, die nicht einer christlichen Religionsgemeinschaft angehören, kann anstelle des Weihnachts- und des Ostereinkaufs je ein Sondereinkauf zu einem anderen Zeitpunkt gestattet werden.

(3) Für den Sondereinkauf können die Gefangenen in angemessenem Umfang das zu diesem Zweck nach Art 53 eingezahlte Sondergeld oder ihr Eigengeld (Art. 52) verwenden.

(4) Art. 24 bleibt unberührt.

Abschnitt 4
Besuch, Schriftwechsel, Urlaub, Ausgang und Ausführung aus wichtigem Anlass

Art. 26 Grundsatz

Gefangene haben das Recht, mit Personen außerhalb der Anstalt im Rahmen der Vorschriften dieses Gesetzes zu verkehren. Der Verkehr mit Personen außerhalb der Anstalt ist zu fördern.

Art. 27 Recht auf Besuch

(1) Gefangene dürfen regelmäßig Besuch empfangen. Die Gesamtdauer beträgt mindestens eine Stunde im Monat. Das Weitere regelt die Hausordnung.

(2) Besuche sollen darüber hinaus zugelassen werden, wenn sie die Behandlung oder Eingliederung der Gefangenen fördern oder persönlichen, rechtlichen oder geschäftlichen Angelegenheiten dienen, die nicht von den Gefangenen schriftlich erledigt, durch Dritte wahrgenommen oder bis zur Entlassung aufgeschoben werden können.

(3) Aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt kann ein Besuch davon abhängig gemacht werden, dass sich die Besucher durchsuchen oder mit technischen Mitteln oder sonstigen Hilfsmitteln auf verbotene Gegenstände absuchen lassen.

Art. 28 Besuchsverbot

Der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin kann Besuche untersagen,

  1. wenn die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet würde,
  2. bei Besuchern, die nicht Angehörige des oder der Gefangenen im Sinn des Strafgesetzbuchs sind, wenn zu befürchten ist, dass sie einen schädlichen Einfluss auf den Gefangenen oder die Gefangene haben oder deren Eingliederung behindern würden.

Art. 29 Besuche bestimmter Personen 22

Besuche von Verteidigern, Angehörigen der Gerichtshilfe, der Bewährungshilfe und der Aufsichtsstellen für die Führungsaufsicht sowie von Rechtsanwälten oder Notaren in einer den Gefangenen oder die Gefangene betreffenden Rechtssache sind zu gestatten. Art. 27 Abs. 3 gilt entsprechend. Eine inhaltliche Überprüfung der vom Verteidiger oder der Verteidigerin mitgeführten Schriftstücke und sonstigen Unterlagen ist nicht zulässig. Art. 32 Abs. 1 Satz 2 und 3 bleibt unberührt.

Art. 30 Überwachung der Besuche 22

(1) Die Besuche dürfen aus Gründen der Behandlung oder der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt überwacht werden, es sei denn, es liegen im Einzelfall Erkenntnisse dafür vor, dass es der Überwachung nicht bedarf. Die Überwachung und Aufzeichnung mit technischen Mitteln ist zulässig, wenn die Besucher und die Gefangenen vor dem Besuch darauf hingewiesen werden. Die Aufzeichnungen sind spätestens mit Ablauf eines Monats zu löschen.

(2) Die Unterhaltung darf nur überwacht werden, soweit dies im Einzelfall aus den in Abs. 1 genannten Gründen erforderlich ist. Abs. 1 Satz 2 und 3 ist nicht anwendbar.

(3) Zur Verhinderung der Übergabe von unerlaubten Gegenständen kann im Einzelfall angeordnet werden, dass der Besuch unter Verwendung einer Trennvorrichtung abzuwickeln ist.

(4) Ein Besuch darf abgebrochen werden, wenn Besucher oder Gefangene gegen die Vorschriften dieses Gesetzes oder die auf Grund dieses Gesetzes getroffenen Anordnungen trotz Abmahnung verstoßen. Die Abmahnung unterbleibt, wenn es unerlässlich ist, den Besuch sofort abzubrechen.

(5) Besuche von Verteidigern werden nicht überwacht.

(6) Gegenstände dürfen beim Besuch nur mit Erlaubnis übergeben werden. Dies gilt nicht für die bei dem Besuch von Verteidigern übergebenen Schriftstücke und sonstigen Unterlagen sowie für die bei dem Besuch von Rechtsanwälten oder Notaren zur Erledigung einer den Gefangenen oder die Gefangene betreffenden Rechtssache übergebenen Schriftstücke und sonstigen Unterlagen; bei dem Besuch von Rechtsanwälten oder Notaren kann die Übergabe aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt von der Erlaubnis abhängig gemacht werden. Art. 32 Abs. 1 Satz 2 und 3 bleibt unberührt.

Art. 31 Recht auf Schriftwechsel

(1) Gefangene haben das Recht, unbeschränkt Schreiben abzusenden und zu empfangen.

(2) Der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin kann den Schriftwechsel mit bestimmten Personen untersagen,

  1. wenn die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet würde,
  2. bei Personen, die nicht Angehörige des oder der Gefangenen im Sinn des Strafgesetzbuchs sind, wenn zu befürchten ist, dass der Schriftwechsel einen schädlichen Einfluss auf den Gefangenen oder die Gefangene hat oder deren Eingliederung behindern würde.

(3) Die Kosten des Schriftverkehrs tragen die Gefangenen. Sind sie dazu nicht in der Lage, kann die Anstalt die Kosten in begründeten Fällen in angemessenem Umfang übernehmen.

Art. 32 Überwachung des Schriftwechsels 18

(1) Der Schriftwechsel der Gefangenen mit ihren Verteidigern wird nicht überwacht. Liegt dem Vollzug der Freiheitsstrafe eine Straftat nach § 129a StGB, auch in Verbindung 129b Abs. 1 StGB, zugrunde, gelten § 148 Abs. 2, § 148a der Strafprozessordnung (StPO) entsprechend; dies gilt nicht, wenn die Gefangenen sich in einer Einrichtung des offenen Vollzugs befinden oder wenn ihnen Lockerungen des Vollzugs gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 zweite Alternative oder Urlaub gemäß Art. 14 oder Art. 17 Abs. 3 gewährt worden sind und ein Grund, der den Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin nach Art. 16 Abs. 2 zum Widerruf oder zur Rücknahme von Lockerungen und Urlaub ermächtigt, nicht vorliegt. Satz 2 gilt auch, wenn gegen Strafgefangene im Anschluss an die dem Vollzug der Freiheitsstrafe zugrunde liegende Verurteilung eine Freiheitsstrafe wegen einer Straftat nach § 129a StGB, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1 StGB, zu vollstrecken ist.

(2) Nicht überwacht werden Schreiben der Gefangenen an

  1. Volksvertretungen des Bundes und der Länder und ihre Mitglieder,
  2. die Aufsichtsbehörden des Bundes und der Länder im Sinne des Bundesdatenschutzgesetzes,
  3. das Europäische Parlament und seine Mitglieder,
  4. den Europäischen Gerichtshof,
  5. den Europäischen Datenschutzbeauftragten, den Europäischen Bürgerbeauftragten,
  6. die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte,
  7. die Parlamentarische Versammlung des Europarates,
  8. den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte,
  9. den Europäischen Ausschuss zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe,
  10. die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz,
  11. den Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen,
  12. die Ausschüsse der Vereinten Nationen für die Beseitigung der Rassendiskriminierung und für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau,
  13. den Ausschuss der Vereinten Nationen gegen Folter und den zugehörigen Unterausschuss zur Verhütung der Folter und
  14. die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter,

soweit die Schreiben an die Anschrift der jeweiligen Stelle gerichtet sind und den Absender zutreffend angeben. Eingehende Schreiben, die an Gefangene gerichtet sind, werden nur dann nicht überwacht, sofern zweifelsfrei eine der in Satz 1 genannten Stellen Absender ist.

(3) Der übrige Schriftwechsel darf ohne Anwesenheit der Gefangenen überwacht werden, soweit es aus Gründen der Behandlung oder der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erforderlich ist.

Art. 33 Weiterleitung von Schreiben, Aufbewahrung

(1) Gefangene haben Absendung und Empfang ihrer Schreiben durch die Anstalt vermitteln zu lassen, soweit nichts anderes gestattet ist.

(2) Eingehende und ausgehende Schreiben sind unverzüglich weiterzuleiten.

(3) Gefangene haben eingehende Schreiben unverschlossen zu verwahren, sofern nichts anderes gestattet wird; sie können sie verschlossen zur Habe geben.

Art. 34 Anhalten von Schreiben

(1) Der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin kann Schreiben anhalten, wenn

  1. die Erfüllung des Behandlungsauftrags oder die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet würde,
  2. die Weitergabe in Kenntnis ihres Inhalts einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklichen würde,
  3. sie grob unrichtige oder erheblich entstellende Darstellungen von Anstaltsverhältnissen enthalten,
  4. sie grobe Beleidigungen enthalten,
  5. sie die Eingliederung anderer Gefangener gefährden können oder
  6. sie in Geheimschrift, unlesbar, unverständlich oder ohne zwingenden Grund in einer fremden Sprache abgefasst sind; ein zwingender Grund zur Abfassung eines Schreibens in einer fremden Sprache liegt in der Regel nicht vor bei einem Schriftwechsel zwischen deutschen Gefangenen und Dritten, die die deutsche Staatsangehörigkeit oder ihren Lebensmittelpunkt im Geltungsbereich des Grundgesetzes haben.

(2) Ausgehenden Schreiben, die unrichtige Darstellungen enthalten, kann ein Begleitschreiben beigefügt werden, wenn der oder die Gefangene auf der Absendung besteht.

(3) Die Anhaltung der Schreiben wird den Gefangenen mitgeteilt. Angehaltene Schreiben werden behördlich verwahrt oder an den Absender zurückgegeben.

(4) Schreiben, deren Überwachung nach Art. 32 Abs. 1 und 2 ausgeschlossen ist, dürfen nicht angehalten werden.

Art. 35 Telekommunikation 22

(1) Gefangenen kann nach pflichtgemäßem Ermessen, insbesondere unter Berücksichtigung der Sicherheit und Ordnung, der räumlichen, personellen und organisatorischen Verhältnisse der Anstalt sowie der Belange des Opferschutzes, gestattet werden, Telefongespräche zu führen. Die Vorschriften über den Besuch gelten entsprechend. Ist die Überwachung der Telefongespräche erforderlich, ist die beabsichtigte Überwachung den Gesprächspartnern der Gefangenen unmittelbar nach Herstellung der Verbindung durch die Anstalt oder die Gefangenen mitzuteilen. Die Gefangenen sind rechtzeitig vor Beginn der Telefongespräche über die beabsichtigte Überwachung und die Mitteilungspflicht nach Satz 3 zu unterrichten.

(2) Die Aufsichtsbehörde kann andere Formen der Telekommunikation zulassen, soweit die Sicherheit und Ordnung dem nicht entgegenstehen. In der Zulassung legt die Aufsichtsbehörde zugleich fest, inwieweit die Bestimmungen über den Schriftwechsel, den Besuch und über Telefongespräche entsprechende Anwendung finden. Nach Zulassung anderer Formen der Telekommunikation kann der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin den Gefangenen insbesondere unter Berücksichtigung der in Abs. 1 Satz 1 genannten Gesichtspunkte gestatten, diese Formen auf ihre Kosten zu nutzen.

(3) Die Kosten der Telekommunikation tragen die Gefangenen. Sind sie dazu nicht in der Lage, kann die Anstalt die Kosten in begründeten Fällen in angemessenem Umfang übernehmen.

(4) Die Anstalt darf technische Geräte zur Störung von Frequenzen betreiben, die der Herstellung unerlaubter Mobilfunkverbindungen auf dem Anstaltsgelände dienen. Sie hat hierbei die von der Bundesnetzagentur gemäß § 91 Abs. 1 Satz 4 des Telekommunikationsgesetzes festgelegten Rahmenbedingungen zu beachten. Der Mobilfunkverkehr außerhalb des Geländes der Anstalt darf nicht beeinträchtigt werden.

Art. 36 Pakete

(1) Der Empfang von Paketen bedarf der vorherigen Erlaubnis der Anstalt. Für den Ausschluss von Gegenständen gilt Art. 24 Abs. 2 Satz 1 entsprechend. Pakete mit Nahrungs- und Genussmitteln sind ausgeschlossen.

(2) Pakete sind in Gegenwart des oder der Gefangenen zu öffnen. Ausgeschlossene Gegenstände können zur Habe genommen oder dem Absender zurückgesandt werden. Nicht ausgehändigte Gegenstände, durch die bei der Versendung oder Aufbewahrung Personen verletzt oder Sachschäden verursacht werden können, dürfen vernichtet werden. Die hiernach getroffenen Maßnahmen werden dem oder der Gefangenen eröffnet.

(3) Gefangenen kann gestattet werden, Pakete zu versenden. Der Inhalt kann aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt überprüft werden.

(4) Die Kosten des Paketverkehrs nach Abs. 2 und 3 tragen die Gefangenen. Sind sie dazu nicht in der Lage, kann die Anstalt die Kosten in begründeten Fällen in angemessenem Umfang übernehmen.

Art. 37 Ausgang, Urlaub und Ausführung aus wichtigem Anlass

(1) Aus wichtigem Anlass kann der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin Gefangenen Ausgang gewähren oder sie bis zu sieben Tagen beurlauben; der Urlaub aus anderem wichtigen Anlass als wegen einer lebensgefährlichen Erkrankung oder wegen des Todes Angehöriger darf sieben Tage im Jahr nicht übersteigen. Art. 13 Abs. 2, Art. 14 Abs. 5, Art. 15 und 16 gelten entsprechend.

(2) Der Urlaub nach Abs. 1 wird nicht auf den regelmäßigen Urlaub gemäß Art. 14 Abs. 1 angerechnet.

(3) Kann Ausgang oder Urlaub aus den in Art. 13 Abs. 2 genannten Gründen nicht gewährt werden, kann der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin Gefangene ausführen lassen. Die Kosten tragen die Gefangenen. Der Anspruch ist nicht geltend zu machen, wenn dies die Behandlung oder die Eingliederung behindern würde.

(4) Gefangene dürfen auch ohne ihre Zustimmung ausgeführt werden, wenn dies aus besonderen Gründen notwendig ist.

Art. 38 Gerichtliche Termine

(1) Der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin kann Gefangenen zur Teilnahme an einem gerichtlichen Termin Ausgang oder Urlaub erteilen, wenn anzunehmen ist, dass sie der Ladung folgen und keine Entweichungs- oder Missbrauchsgefahr (Art. 13 Abs. 2) besteht. Art. 14 Abs. 5, Art. 15 und 16 gelten entsprechend.

(2) Wenn Gefangene zu einem gerichtlichen Termin geladen sind und Ausgang oder Urlaub nicht gewährt wird, lässt der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin sie mit ihrer Zustimmung zu dem Termin ausführen, sofern wegen Entweichungs- oder Missbrauchsgefahr (Art. 13 Abs. 2) keine überwiegenden Gründe entgegenstehen. Sind die Gefangenen als Partei oder Beteiligte geladen, ist ihre Ausführung nur zu ermöglichen, wenn ihr persönliches Erscheinen durch das Gericht oder von Gesetzes wegen angeordnet ist. Die Kosten tragen die Gefangenen. Sind sie dazu nicht in der Lage, kann die Anstalt die Kosten in begründeten Fällen in angemessenem Umfang übernehmen.

(3) Auf Ersuchen eines Gerichts lässt der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin Gefangene vorführen, sofern ein Vorführungsbefehl vorliegt.

(4) Die Anstalt unterrichtet das Gericht über das Veranlasste.

Abschnitt 5
Arbeit, Ausbildung, Weiterbildung

Art. 39 Beschäftigung

(1) Arbeit, arbeitstherapeutische Beschäftigung, Ausbildung und Weiterbildung dienen insbesondere dem Ziel, Fähigkeiten für eine Erwerbstätigkeit nach der Entlassung zu vermitteln, zu erhalten oder zu fördern.

(2) Die Anstalt soll den Gefangenen wirtschaftlich ergiebige Arbeit zuweisen und dabei ihre Fähigkeiten, Fertigkeiten und Neigungen berücksichtigen. Sie soll auch im Zusammenwirken mit den Vereinigungen und Stellen des Arbeits- und Wirtschaftslebens dazu beitragen, dass die Gefangenen beruflich gefördert, beraten und vermittelt werden. Die Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsvorschriften sind zu beachten.

(3) Sind Gefangene zu wirtschaftlich ergiebiger Arbeit nicht fähig, sollen sie arbeitstherapeutisch beschäftigt werden.

(4) Geeigneten Gefangenen soll Gelegenheit zur Berufsausbildung, beruflichen Weiterbildung oder Teilnahme an anderen ausbildenden oder weiterbildenden Maßnahmen gegeben werden. Die Teilnahme an einer dieser Maßnahmen bedarf der Zustimmung des oder der Gefangenen. Die Zustimmung darf nicht zur Unzeit widerrufen werden.

(5) Maßnahmen nach Abs. 1 können in von privaten Unternehmen unterhaltenen Betrieben und sonstigen Einrichtungen durchgeführt werden. Hierbei kann die technische und fachliche Leitung Angehörigen dieser Unternehmen übertragen werden.

Art. 40 Unterricht 16 20

(1) Für geeignete Gefangene, die den erfolgreichen Abschluss der Haupt- oder Mittelschule nicht erreicht haben, soll Unterricht in den zum erfolgreichen Abschluss der Mittelschule führenden Fächern oder ein der Förderschule entsprechender Unterricht vorgesehen werden. Bei der beruflichen Ausbildung ist berufsbildender Unterricht vorzusehen; dies gilt auch für die berufliche Weiterbildung, soweit die Art der Maßnahme es erfordert.

(2) Gefangene haben an einem von der Anstalt angebotenen Deutschunterricht teilzunehmen, wenn sie der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig sind, um sich nach ihrer Entlassung im Alltag fließend in deutscher Sprache verständigen zu können, und körperlich sowie geistig dazu in der Lage sind.

(3) Gefangene haben an einem von der Anstalt angebotenen Integrationsunterricht teilzunehmen, wenn sie Integrationsdefizite aufweisen und körperlich sowie geistig dazu in der Lage sind. 2Der Integrationsunterricht dient den in Art. 1 des Bayerischen Integrationsgesetzes genannten Integrationszielen

(4) Unterricht soll während der Arbeitszeit stattfinden.

Art. 41 Zeugnisse über Bildungsmaßnahmen

Aus dem Zeugnis über eine Bildungsmaßnahme darf die Inhaftierung eines Teilnehmers oder einer Teilnehmerin nicht erkennbar sein.

Art. 42 Freies Beschäftigungsverhältnis, Selbstbeschäftigung

(1) Gefangenen soll gestattet werden, einer Arbeit, Berufsausbildung oder beruflichen Weiterbildung auf der Grundlage eines freien Beschäftigungsverhältnisses außerhalb der Anstalt nachzugehen, wenn dies im Rahmen des Vollzugsplans dem Ziel dient, Fähigkeiten für eine Erwerbstätigkeit nach der Entlassung zu vermitteln, zu erhalten oder zu fördern und nicht überwiegende Gründe des Vollzugs entgegenstehen. Art. 13 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, Art. 15 und 16 bleiben unberührt.

(2) Gefangenen kann gestattet werden, sich selbst zu beschäftigen.

(3) Die Anstalt kann verlangen, dass ihr das Entgelt zur Gutschrift für den Gefangenen oder die Gefangene überwiesen wird.

Art. 43 Arbeitspflicht

Gefangene sind verpflichtet, eine ihnen zugewiesene, ihren Fähigkeiten angemessene Arbeit oder arbeitstherapeutische Beschäftigung auszuüben, soweit sie dazu körperlich und geistig in der Lage sind. Sie können zu Hilfstätigkeiten in der Anstalt verpflichtet werden. Diese Tätigkeiten sollen in der Regel nicht über drei Monate jährlich hinausgehen. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Gefangene, die über 65 Jahre alt sind, und nicht für werdende und stillende Mütter, soweit gesetzliche Beschäftigungsverbote zum Schutz erwerbstätiger Mütter bestehen.

Art. 44 Ablösung

Gefangene können von einer Beschäftigung oder einem Unterricht nach Art. 39, 40, 42 oder 43 Satz 2 abgelöst werden, wenn dies aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt oder aus Gründen der Behandlung erforderlich ist oder wenn sich herausstellt, dass sie den Anforderungen nicht genügen.

Art. 45 Freistellung von der Arbeitspflicht

(1) Haben die Gefangenen ein Jahr lang eine Beschäftigung nach Art. 39 oder Hilfstätigkeiten nach Art. 43 Satz 2 ausgeübt, so können sie beanspruchen, 18 Werktage von der Arbeitspflicht freigestellt zu werden. Zeiten, in denen Gefangene infolge Krankheit an ihrer Arbeitsleistung verhindert waren, werden bis zu sechs Wochen jährlich angerechnet.

(2) Auf die Zeit der Freistellung wird Urlaub aus der Haft (Art. 14, 37) angerechnet, soweit er in die Arbeitszeit fällt und nicht wegen einer lebensgefährlichen Erkrankung oder des Todes eines oder einer Angehörigen erteilt worden ist.

(3) Die Gefangenen erhalten für die Zeit der Freistellung ihre zuletzt gezahlten Bezüge weiter.

(4) Urlaubsregelungen der Beschäftigungsverhältnisse außerhalb des Strafvollzugs bleiben unberührt.

Art. 46 Arbeitsentgelt, Arbeitsurlaub, Anrechnung der Freistellung auf den Entlassungszeitpunkt 13
(Entscheidung BVerfG vom 10.07.2023 siehe =>)

(1) Die Arbeit der Gefangenen wird anerkannt durch Arbeitsentgelt und eine Freistellung von der Arbeit, die auch als Urlaub aus der Haft (Arbeitsurlaub) genutzt oder auf den Entlassungszeitpunkt angerechnet werden kann.

(2) 0ben Gefangene eine zugewiesene Arbeit oder eine Hilfstätigkeit nach Art. 43 Satz 2 aus, so erhalten sie ein Arbeitsentgelt. Der Bemessung des Arbeitsentgelts sind 9 v. H. der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) zugrunde zu legen (Eckvergütung). Ein Tagessatz ist der zweihundertfünfzigste Teil der Eckvergütung; das Arbeitsentgelt wird nach einem Stundensatz bemessen.

(3) Das Arbeitsentgelt kann je nach Leistung der Gefangenen und der Art der Arbeit gestuft werden. 275 v. H. der Eckvergütung dürfen nur dann unterschritten werden, wenn die Arbeitsleistungen der Gefangenen den Mindestanforderungen nicht genügen.

(4) Üben Gefangene eine zugewiesene arbeitstherapeutische Beschäftigung aus, erhalten sie ein Arbeitsentgelt, soweit dies der Art ihrer Beschäftigung und ihrer Arbeitsleistung entspricht.

(5) Das Arbeitsentgelt ist den Gefangenen schriftlich bekannt zu geben.

(6) Haben die Gefangenen zwei Monate lang zusammenhängend eine Beschäftigung nach Art. 39 oder eine Hilfstätigkeit nach Art. 43 Satz 2 ausgeübt, so werden sie auf ihren Antrag hin einen Werktag von der Arbeit freigestellt. Die Regelung des Art. 45 bleibt unberührt. Durch Zeiten, in denen die Gefangenen ohne Verschulden durch Krankheit, Ausführung, Ausgang, Urlaub aus der Haft, Freistellung von der Arbeitspflicht oder sonstige nicht von ihnen zu vertretende Gründe an der Arbeitsleistung gehindert sind, wird die Frist nach Satz 1 gehemmt. Beschäftigungszeiträume von weniger als zwei Monaten bleiben unberücksichtigt.

(7) Die Gefangenen können beantragen, dass die Freistellung nach Abs. 6 in Form von Arbeitsurlaub gewährt wird. Art. 13 Abs. 2, Art. 14 Abs. 2, 3 und 5, Art. 15 und 16 gelten entsprechend.

(8) Art. 45 Abs. 3 gilt entsprechend.

(9) Nehmen die Gefangenen nicht innerhalb eines Jahres nach Vorliegen der Voraussetzungen die Freistellung nach Abs. 6 Satz 1 oder Abs. 7 Satz 1 in Anspruch oder kann die Freistellung nach Maßgabe der Regelung des Abs. 7 Satz 2 nicht gewährt werden, so wird die Freistellung nach Abs. 6 Satz 1 von der Anstalt auf den Entlassungszeitpunkt angerechnet.

(10) Eine Anrechnung nach Abs. 9 ist ausgeschlossen,

  1. soweit eine lebenslange Freiheitsstrafe verbüßt wird und ein Entlassungszeitpunkt noch nicht bestimmt ist,
  2. bei einer Aussetzung der Vollstreckung des Restes einer Freiheitsstrafe zur Bewährung, soweit wegen des von der Entscheidung des Gerichts bis zur Entlassung verbleibenden Zeitraums eine Anrechnung nicht mehr möglich ist,
  3. wenn dies vom Gericht angeordnet wird, weil bei einer Aussetzung der Vollstreckung des Restes einer Freiheitsstrafe zur Bewährung die Lebensverhältnisse des oder der Gefangenen oder die Wirkungen, die von der Aussetzung für ihn oder sie zu erwarten sind, die Vollstreckung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt erfordern,
  4. wenn nach § 456a Abs. 1 StPO von der Vollstreckung abgesehen wird,
  5. wenn der oder die Gefangene im Gnadenweg aus der Haft entlassen wird.

(11) Soweit eine Anrechnung nach Abs. 10 ausgeschlossen ist, erhalten die Gefangenen bei Entlassung für ihre Tätigkeit nach Abs. 2 als Ausgleichsentschädigung zusätzlich 15 v. H. des ihnen nach den Abs. 2 und 3 gewährten Entgelts oder der ihnen nach Art. 47 gewährten Ausbildungsbeihilfe. Der Anspruch entsteht erst mit der Entlassung. Gefangenen, bei denen eine Anrechnung nach Abs. 10 Nr. 1 ausgeschlossen ist, wird die Ausgleichszahlung bereits nach Verbüßung von jeweils zehn Jahren der lebenslangen Freiheitsstrafe zum Eigengeld (Art. 52) gutgeschrieben, soweit sie nicht vor diesem Zeitpunkt entlassen werden; § 57 Abs. 4 StGB gilt entsprechend.

Art. 47 Ausbildungsbeihilfe 22

(1) Nehmen Gefangene an einer Berufsausbildung, beruflichen Weiterbildung oder an einem Unterricht teil und sind sie zu diesem Zweck von der Arbeitspflicht freigestellt, so erhalten sie eine Ausbildungsbeihilfe, soweit ihnen keine Leistungen zum Lebensunterhalt zustehen, die freien Personen aus solchem Anlass gewährt werden. Der Nachrang der Sozialhilfe nach § 2 Abs. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch wird nicht berührt.

(2) Für die Bemessung der Ausbildungsbeihilfe gilt Art. 46 Abs. 2 und 3 entsprechend.

(3) Nehmen Gefangene während der Arbeitszeit stunden- oder tageweise am Unterricht oder an anderen zugewiesenen Maßnahmen gemäß Art. 39 Abs. 4 teil, so erhalten sie in Höhe des ihnen dadurch entgehenden Arbeitsentgelts eine Ausbildungsbeihilfe.

Art. 48 Rechtsverordnung 13 14

Das Staatsministerium der Justiz wird ermächtigt, zur Durchführung der Art. 46 und 47 eine Rechtsverordnung über die Vergütungsstufen zu erlassen.

Art. 49 Haftkostenbeitrag 18

(1) Als Teil der Kosten der Vollstreckung der Rechtsfolgen einer Tat (§ 464a Abs. 1 Satz 2 StPO) erhebt die Anstalt von den Gefangenen einen Haftkostenbeitrag. Ein Haftkostenbeitrag wird nicht erhoben, wenn der oder die Gefangene

  1. Bezüge nach diesem Gesetz erhält oder
  2. ohne Verschulden nicht arbeiten kann oder
  3. nicht arbeitet, weil er oder sie nicht zur Arbeit verpflichtet ist.

Haben Gefangene, die ohne Verschulden während eines zusammenhängenden Zeitraums von mehr als einem Monat nicht arbeiten können oder nicht arbeiten, weil sie nicht zur Arbeit verpflichtet sind, auf diese Zeit entfallende Einkünfte, so haben sie den Haftkostenbeitrag für diese Zeit bis zur Höhe der auf sie entfallenden Einkünfte zu entrichten. Den Gefangenen muss ein Betrag verbleiben, der der Eckvergütung (Art. 46 Abs. 2 Satz 2) entspricht. Von der Geltendmachung des Anspruchs ist abzusehen, soweit dies notwendig ist, um die Wiedereingliederung der Gefangenen in die Gemeinschaft nicht zu gefährden.

(2) Der Haftkostenbeitrag wird im Kalenderjahr in Höhe des Betrags erhoben, der nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB IV durchschnittlich zum 1. Oktober des vorhergehenden Jahres zur Bewertung der Sachbezüge festgesetzt ist. Bei Selbstverpflegung entfallen die für die Verpflegung vorgesehenen Beträge. Für den Wert der Unterkunft ist die festgesetzte Belegungsfähigkeit maßgebend.

(3) Die Selbstbeschäftigung (Art. 42 Abs. 2) kann davon abhängig gemacht werden, dass der oder die Gefangene einen Haftkostenbeitrag bis zur Höhe des in Abs. 2 genannten Satzes monatlich im Voraus entrichtet.

Abschnitt 6
Gelder der Gefangenen

Art. 50 Hausgeld

(1) Gefangene dürfen von ihren in diesem Gesetz geregelten Bezügen drei Siebtel monatlich (Hausgeld) für den Einkauf (Art. 24 Abs. 1) oder anderweitig verwenden.

(2) Für Gefangene, die in einem freien Beschäftigungsverhältnis stehen (Art. 42 Abs. 1) oder denen gestattet ist, sich selbst zu beschäftigen (Art. 42 Abs. 2), wird aus ihren Bezügen ein angemessenes Hausgeld festgesetzt.

Art. 51 Überbrückungsgeld

(1) Aus den in diesem Gesetz geregelten Bezügen und aus den Bezügen der Gefangenen, die in einem freien Beschäftigungsverhältnis stehen (Art. 42 Abs. 1) oder denen gestattet ist, sich selbst zu beschäftigen (Art. 42 Abs. 2), ist ein Überbrückungsgeld zu bilden, das den notwendigen Lebensunterhalt der Gefangenen und ihrer Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach der Entlassung sichern soll.

(2) Das Überbrückungsgeld wird den Gefangenen bei der Entlassung in die Freiheit ausgezahlt. Die Anstalt kann es auch ganz oder zum Teil den Bewährungshelfern oder einer mit der Entlassenenbetreuung befassten Stelle überweisen, die darüber entscheiden, wie das Geld innerhalb der ersten vier Wochen nach der Entlassung an die Gefangenen ausgezahlt wird. Die Bewährungshelfer und die mit der Entlassenenbetreuung befasste Stelle sind verpflichtet, das Überbrückungsgeld von ihrem Vermögen gesondert zu halten. Mit Zustimmung der Gefangenen kann das Überbrückungsgeld auch den Unterhaltsberechtigten überwiesen werden.

(3) Der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin kann gestatten, dass das Überbrückungsgeld für Ausgaben in Anspruch genommen wird, die der Eingliederung der Gefangenen dienen.

Art. 52 Eigengeld

(1) Als Eigengeld wird gutgeschrieben

  1. eingebrachtes Geld,
  2. Bezüge der Gefangenen, die nicht als Hausgeld, Haftkostenbeitrag oder Überbrückungsgeld in Anspruch genommen werden,
  3. Geld, das für die Gefangenen eingezahlt wird.

Art. 53 bleibt unberührt.

(2) Die Gefangenen können über ihr Eigengeld verfügen, soweit dieses nicht als Überbrückungsgeld notwendig ist.

Art. 53 Sondergeld 22

Für die Gefangenen kann zum Zweck des Sondereinkaufs gemäß Art. 25, für die Kosten der Telekommunikation gemäß Art. 35 oder für die Kosten einer Krankenbehandlung Geld einbezahlt werden. Dieses ist als Sondergeld gutzuschreiben. Kann das Geld nicht oder nicht in vollem Umfang für den konkret zu bezeichnenden Zweck eingesetzt werden, ist es zum Eigengeld gutzuschreiben.

Art. 54 Taschengeld

Wenn Gefangene ohne Verschulden kein Arbeitsentgelt und keine Ausbildungsbeihilfe erhalten, wird ihnen auf Antrag ein angemessenes Taschengeld gewährt, falls sie bedürftig sind. Das Taschengeld darf für den Einkauf (Art. 24 Abs. 1) oder anderweitig verwendet werden.

Abschnitt 7
Religionsausübung

Art. 55 Seelsorge

(1) Den Gefangenen darf religiöse Betreuung durch einen Seelsorger oder eine Seelsorgerin ihrer Religionsgemeinschaft nicht versagt werden. Auf ihren Wunsch ist ihnen zu helfen, mit einem Seelsorger oder einer Seelsorgerin ihrer Religionsgemeinschaft in Verbindung zu treten.

(2) Gefangene dürfen grundlegende religiöse Schriften besitzen. Sie dürfen ihnen nur bei grobem Missbrauch entzogen werden.

(3) Den Gefangenen sind Gegenstände des religiösen Gebrauchs in angemessenem Umfang zu belassen.

Art. 56 Religiöse Veranstaltungen

(1) Gefangene haben das Recht, am Gottesdienst und an anderen religiösen Veranstaltungen ihres Bekenntnisses teilzunehmen.

(2) Zu dem Gottesdienst oder zu religiösen Veranstaltungen einer anderen Religionsgemeinschaft werden Gefangene zugelassen, wenn deren Seelsorger zustimmen.

(3) Gefangene können von der Teilnahme am Gottesdienst oder anderen religiösen Veranstaltungen ausgeschlossen werden, wenn dies aus überwiegenden Gründen der Sicherheit oder Ordnung geboten ist; der Seelsorger oder die Seelsorgerin soll vorher gehört werden.

Art. 57 Weltanschauungsgemeinschaften

Für Angehörige weltanschaulicher Bekenntnisse gelten die Art. 55 und 56 entsprechend.

Abschnitt 8
Gesundheitsfürsorge

Art. 58 Allgemeine Regeln

(1) Für die körperliche und geistige Gesundheit der Gefangenen ist zu sorgen. Art. 108 bleibt unberührt.

(2) Die Gefangenen haben die notwendigen Maßnahmen zum Gesundheitsschutz und zur Hygiene zu unterstützen.

(3) Der Schutz der Nichtraucher ist, soweit es bauliche und organisatorische Maßnahmen ermöglichen, zu gewährleisten.

Art. 59 Gesundheitsuntersuchungen, medizinische Vorsorgeleistungen

(1) Gefangene, die das 35. Lebensjahr vollendet haben, haben jedes zweite Jahr Anspruch auf eine ärztliche Gesundheitsuntersuchung zur Früherkennung von Krankheiten, insbesondere zur Früherkennung von Herz-Kreislauf- und Nierenerkrankungen sowie der Zuckerkrankheit.

(2) Gefangene haben höchstens einmal jährlich Anspruch auf eine Untersuchung zur Früherkennung von Krebserkrankungen, Frauen frühestens vom Beginn des 20. Lebensjahres an, Männer frühestens vom Beginn des 45. Lebensjahres an.

(3) Voraussetzung für die Untersuchungen nach Abs. 1 und 2 ist, dass

  1. es sich um Krankheiten handelt, die wirksam behandelt werden können,
  2. das Vor- oder Frühstadium dieser Krankheiten durch diagnostische Maßnahmen erfassbar ist,
  3. die Krankheitszeichen medizinischtechnisch genügend eindeutig zu erfassen sind.

(4) Weibliche Gefangene haben für ihre Kinder, die mit ihnen in der Anstalt untergebracht sind, Anspruch auf Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten, die die körperliche oder geistige Entwicklung ihrer Kinder in nicht geringfügigem Maße gefährden.

(5) Gefangene haben Anspruch auf ärztliche Behandlung und Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, wenn diese notwendig sind, um

  1. eine Schwächung der Gesundheit, die in absehbarer Zeit voraussichtlich zu einer Krankheit führen würde, zu beseitigen,
  2. einer Gefährdung der gesundheitlichen Entwicklung eines Kindes entgegenzuwirken,
  3. Krankheiten zu verhüten oder deren Verschlimmerung zu vermeiden oder
  4. Pflegebedürftigkeit zu vermeiden.

Art. 60 Krankenbehandlung

Gefangene haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst

  1. ärztliche Behandlung,
  2. zahnärztliche Behandlung,
  3. Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen,
  4. Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln,
  5. Krankenhausbehandlung,
  6. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen, soweit die Belange des Vollzugs dem nicht entgegenstehen.

Art. 61 Versorgung mit Hilfsmitteln 13

(1) Gefangene haben Anspruch auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, sofern dies nicht mit Rücksicht auf die Kürze des noch verbleibenden Freiheitsentzugs ungerechtfertigt ist und soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen sind. Der Anspruch umfasst auch die ohne Verschulden des oder der Gefangenen notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln sowie die Ausbildung in ihrem Gebrauch, soweit die Belange des Vollzugs dem nicht entgegenstehen.

(2) Ein Anspruch auf Sehhilfen besteht nur, wenn der oder die Gefangene auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung im Sinn des § 33 Abs. 2 Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch aufweist. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, können Gefangene Sehhilfen erhalten, wenn sie die Kosten tragen oder wenn sie bedürftig sind. Ein Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen besteht nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien.

Art. 62 Krankenbehandlung im Urlaub

Während eines Urlaubs oder Ausgangs haben Gefangene nur einen Anspruch auf Krankenbehandlung in der für sie zuständigen Anstalt.

Art. 63 Art und Umfang der Leistungen, Kostenbeteiligung

(1) Für die Art der Gesundheitsuntersuchungen und medizinischen Vorsorgeleistungen sowie für den Umfang dieser Leistungen und der Leistungen zur Krankenbehandlung einschließlich der Versorgung mit Hilfsmitteln gelten die entsprechenden Vorschriften des Sozialgesetzbuchs und die auf Grund dieser Vorschriften getroffenen Regelungen.

(2) Gefangene können an den Kosten der Krankenbehandlung im Sinn des Art. 60 in angemessenem Umfang beteiligt werden. Für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel werden in der Regel die vollen Kosten erhoben.

Art. 64 Ruhen der Ansprüche

Der Anspruch auf Leistungen nach den Art. 59 bis 61 ruht, solang die Gefangenen auf Grund eines freien Beschäftigungsverhältnisses (Art. 42 Abs. 1) krankenversichert sind.

Art. 65 Ärztliche Behandlung zur sozialen Eingliederung

Mit Zustimmung des oder der Gefangenen soll die Anstalt ärztliche Behandlungen, insbesondere Operationen oder prothetische Maßnahmen durchführen lassen, die ihre soziale Eingliederung fördern. Die Kosten tragen die Gefangenen. Sind sie dazu nicht in der Lage, kann die Anstalt die Kosten in begründeten Fällen in angemessenem Umfang übernehmen.

Art. 66 Aufenthalt im Freien

Arbeiten Gefangene nicht im Freien, so wird ihnen täglich mindestens eine Stunde Aufenthalt im Freien ermöglicht, wenn die Witterung dies zu der festgesetzten Zeit zulässt.

Art. 67 Überstellung, Verlegung

(1) Kranke Gefangene können in ein Anstaltskrankenhaus oder in eine für die Behandlung ihrer Krankheit besser geeignete Anstalt überstellt oder verlegt werden.

(2) Kann die Krankheit in einer Anstalt oder einem Anstaltskrankenhaus nicht erkannt oder behandelt werden oder ist es nicht möglich, die Gefangenen rechtzeitig in ein Anstaltskrankenhaus zu Oberstellen oder zu verlegen, sind sie in ein Krankenhaus außerhalb des Vollzugs zu bringen.

Art. 68 Benachrichtigung bei Erkrankung oder Todesfall

(1) Werden Gefangene schwer krank, so ist ein Angehöriger, eine Person ihres Vertrauens oder der gesetzliche Vertreter oder die gesetzliche Vertreterin unverzüglich zu benachrichtigen. Dasselbe gilt, wenn Gefangene sterben.

(2) Dem Wunsch der Gefangenen, auch andere Personen zu benachrichtigen, soll nach Möglichkeit entsprochen werden.

Abschnitt 9
Freizeit

Art. 69 Allgemeines

Gefangene erhalten Gelegenheit, sich in ihrer Freizeit sinnvoll zu beschäftigen. Im Rahmen des Behandlungsauftrags sollen die Gefangenen Gelegenheit erhalten, eine Bücherei zu benutzen und an sonstigen Freizeitangeboten der Anstalt teilzunehmen, insbesondere an Unterricht, Lehrgängen, sonstigen Veranstaltungen der Weiterbildung, Sport, Freizeitgruppen, Gruppengesprächen sowie kulturellen Veranstaltungen.

Art. 70 Zeitungen und Zeitschriften

(1) Gefangene dürfen Zeitungen und Zeitschriften in angemessenem Umfang durch Vermittlung der Anstalt beziehen.

(2) Ausgeschlossen sind Zeitungen und Zeitschriften, deren Verbreitung mit Strafe oder Geldbuße bedroht ist. Einzelne Ausgaben oder Teile von Zeitungen oder Zeitschriften können den Gefangenen vorenthalten werden, wenn sie die Erfüllung des Behandlungsauftrags oder die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erheblich gefährden würden.

Art. 71 Hörfunk und Fernsehen

(1) Eigene Hörfunk- und Fernsehgeräte werden unter den Voraussetzungen des Art. 72 zugelassen. Die Betriebskosten können den Gefangenen auferlegt werden.

(2) Der Hörfunk- und Fernsehempfang kann vorübergehend ausgesetzt oder einzelnen Gefangenen untersagt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt unerlässlich ist.

Art. 72 Besitz von Gegenständen für die Freizeitbeschäftigung

(1) Gefangene dürfen in angemessenem Umfang Bücher und andere Gegenstände zur Fortbildung oder zur Freizeitbeschäftigung besitzen.

(2) Dies gilt nicht, wenn der Besitz, die Überlassung oder die Benutzung des Gegenstands

  1. mit Strafe oder Geldbuße bedroht wäre oder
  2. die Erfüllung des Behandlungsauftrags oder die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährden würde; eine solche Gefährdung liegt in der Regel bei elektronischen Unterhaltungsmedien vor.

(3) Die Erlaubnis kann unter den Voraussetzungen des Abs. 2 widerrufen werden.

Art. 73 Kostenbeteiligung

Die Gefangenen können in angemessenem Umfang an den Stromkosten, die durch die Nutzung der in ihrem Besitz befindlichen Gegenstände entstehen, beteiligt werden.

Abschnitt 10
Soziale und psychologische Hilfe

Art. 74 Grundsatz

Die Beratungs-, Betreuungs- und Behandlungsangebote der Anstalt dienen dazu, die für die Tat ursächlichen Defizite des oder der Gefangenen abzubauen, zur Lösung persönlicher Schwierigkeiten beizutragen und die Entlassung vorzubereiten.

Art. 75 Soziale Hilfe

Die soziale Hilfe soll darauf gerichtet sein, die Gefangenen in die Lage zu versetzen, ihre Angelegenheiten selbst zu ordnen und zu regeln.

Art. 76 Psychologische Behandlung

(1) Psychologische Behandlungsmaßnahmen setzen eine diagnostische Abklärung und eine Einschätzung des Rückfallrisikos voraus.

(2) Die psychotherapeutischen Behandlungsmethoden haben sich an den nach dem Psychotherapeutengesetz anerkannten Verfahren, die sonstigen psychologischen Behandlungsmaßnahmen an den wissenschaftlichen Erkenntnissen über die Behandlung von Straftätern zu orientieren.

Art. 77 Hilfe bei der Aufnahme

(1) Bei der Aufnahme wird den Gefangenen geholfen, die notwendigen Maßnahmen für hilfsbedürftige Angehörige zu veranlassen und ihre Habe außerhalb der Anstalt sicherzustellen.

(2) Die Gefangenen sind über die Aufrechterhaltung einer Sozialversicherung zu beraten.

Art. 78 Hilfe während des Vollzugs 18

(1) Die Gefangenen werden in dem Bemühen unterstützt, ihre Rechte und Pflichten wahrzunehmen, insbesondere das Wahlrecht auszuüben, sowie für Unterhaltsberechtigte zu sorgen.

(2) Die Einsicht der Gefangenen in ihre Verantwortung für die Tat, insbesondere für die beim Opfer verschuldeten Tatfolgen, soll geweckt werden. Die Gefangenen sind anzuhalten, den durch die Straftat verursachten Schaden zu regeln. Die Durchführung eines Täter-Opfer-Ausgleichs ist in geeigneten Fällen anzustreben.

Art. 79 Hilfe zur Entlassung

Die Gefangenen werden in dem Bemühen unterstützt, ihre Rechte und Pflichten wahrzunehmen, insbesondere das Wahlrecht auszuüben, sowie für Unterhaltsberechtigte zu sorgen.

Art. 80 Entlassungsbeihilfe 22

(1) Die Gefangenen erhalten, soweit ihre eigenen Mittel nicht ausreichen, von der Anstalt eine Beihilfe zu den Reisekosten sowie eine Überbrückungsbeihilfe und erforderlichenfalls ausreichende Kleidung.

(2) Die Überbrückungsbeihilfe soll die Gefangenen in die Lage versetzen, ohne Inanspruchnahme fremder Hilfe ihren notwendigen Lebensunterhalt zu bestreiten, bis sie ihn anderweitig decken können.

(3) Art. 51 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Die Überbrückungsbeihilfe kann ganz oder teilweise auch den Unterhaltsberechtigten überwiesen werden.

Art. 81 Hilfe nach Entlassung

Auf Antrag der Gefangenen kann die Anstalt nach deren Entlassung vorübergehend Hilfestellung im Einzelfall gewähren, soweit diese nicht anderweitig durchgeführt werden kann und der Erfolg der Behandlung der Gefangenen gefährdet ist.

Abschnitt 11
Besondere Vorschriften für den Frauenstrafvollzug

Art. 82 Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft

(1) Bei einer Schwangeren oder einer Gefangenen, die unlängst entbunden hat, ist auf ihren Zustand Rücksicht zu nehmen. Die Vorschriften des Mutterschutzgesetzes über die Gestaltung des Arbeitsplatzes sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die Gefangene hat während der Schwangerschaft, bei und nach der Entbindung Anspruch auf ärztliche Betreuung und auf Hebammenhilfe in der Anstalt. Zur ärztlichen Betreuung während der Schwangerschaft gehören insbesondere Untersuchungen zur Feststellung der Schwangerschaft sowie Vorsorgeuntersuchungen einschließlich der laborärztlichen Untersuchungen.

(3) Zur Entbindung ist die Schwangere in ein Krankenhaus außerhalb des Vollzugs zu bringen. Ist dies aus besonderen Gründen nicht angezeigt, so ist die Entbindung in einer Anstalt mit Entbindungsabteilung vorzunehmen. Bei der Entbindung wird Hilfe durch eine Hebamme und, falls erforderlich, durch einen Arzt oder eine Ärztin gewährt.

Art. 83 Arznei-, Verband- und Heilmittel

Bei Schwangerschaftsbeschwerden und im Zusammenhang mit der Entbindung werden Arznei-, Verband- und Heilmittel geleistet.

Art. 84 Art, Umfang und Ruhen der Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft

Art. 62 , 63 Abs. 1, Art. 64 und 67 gelten für die Leistungen nach Art. 82 und 83 entsprechend.

Art. 85 Geburtsanzeige

In der Anzeige der Geburt an das Standesamt dürfen die Anstalt als Geburtsstätte des Kindes, das Verhältnis der anzeigenden Person zur Anstalt und die Inhaftierung der Mutter nicht vermerkt sein.

Art. 86 Mütter mit Kindern

(1) Ist das Kind einer Gefangenen noch nicht schulpflichtig, so kann es mit Zustimmung der aufenthaltsbestimmungsberechtigten Person in der Anstalt untergebracht werden, in der sich seine Mutter befindet, wenn dies seinem Wohl entspricht. Vor der Unterbringung ist das Jugendamt zu hören.

(2) Die Unterbringung einschließlich der Gesundheitsfürsorge erfolgt auf Kosten der für das Kind unterhaltspflichtigen Person. Von der Geltendmachung des Kostenersatzanspruchs kann abgesehen werden, wenn hierdurch die gemeinsame Unterbringung von Mutter und Kind gefährdet würde.

(3) Kann die Krankheit eines nach Abs. 1 mit der Mutter in der Anstalt untergebrachten Kindes dort nicht erkannt oder behandelt werden, ist das Kind in ein Krankenhaus außerhalb des Vollzugs zu bringen. Soweit die Anwesenheit der Mutter medizinisch erforderlich ist und vollzugliche Gründe nicht entgegenstehen, ist auch die Mutter dorthin zu bringen.

Abschnitt 12
Sicherheit und Ordnung

Art. 87 Grundsatz

(1) Das Verantwortungsbewusstsein der Gefangenen für ein geordnetes Zusammenleben in der Anstalt ist zu wecken und zu fördern.

(2) Die Pflichten und Beschränkungen, die den Gefangenen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt auferlegt werden, sind so zu wählen, dass sie in einem angemessenen Verhältnis zu ihrem Zweck stehen und die Gefangenen nicht mehr und nicht länger als notwendig beeinträchtigen.

Art. 88 Verhaltensvorschriften

(1) Die Gefangenen haben sich nach der Tageseinteilung der Anstalt (Arbeitszeit, Freizeit, Ruhezeit) zu richten. Sie dürfen durch ihr Verhalten gegenüber Vollzugsbediensteten, Mitgefangenen und anderen Personen das geordnete Zusammenleben nicht stören.

(2) Die Gefangenen haben die Anordnungen der Vollzugsbediensteten zu befolgen, auch wenn sie sich durch sie beschwert fühlen. Einen ihnen zugewiesenen Bereich dürfen sie nicht ohne Erlaubnis verlassen.

(3) Ihren Haftraum und die ihnen von der Anstalt überlassenen Sachen haben sie in Ordnung zu halten und schonend zu behandeln.

(4) Die Gefangenen haben Umstände, die eine Gefahr für das Leben oder eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit einer Person bedeuten, unverzüglich zu melden.

Art. 89 Ersatz von Aufwendungen

(1) Die Gefangenen sind verpflichtet, der Anstalt Aufwendungen zu ersetzen, die sie durch eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Selbstverletzung oder Verletzung anderer Gefangener verursacht haben. Ansprüche aus sonstigen Rechtsvorschriften bleiben unberührt.

(2) Bei der Geltendmachung dieser Forderungen kann auch ein den dreifachen Tagessatz der Eckvergütung nach Art. 46 Abs. 2 Satz 2 übersteigender Teil des Hausgeldes in Anspruch genommen werden.

(3) Für die in Abs. 1 genannten Forderungen ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.

(4) Von der Aufrechnung oder Vollstreckung wegen der in Abs. 1 genannten Forderungen ist abzusehen, wenn hierdurch die Behandlung der Gefangenen oder ihre Eingliederung behindert würde.

Art. 90 Eingebrachte Sachen, persönlicher Gewahrsam

(1) Die Gefangenen dürfen nur Sachen in Gewahrsam haben oder annehmen, die ihnen von der Anstalt oder mit ihrer Zustimmung überlassen werden. Ohne Zustimmung dürfen sie Sachen weder abgeben noch annehmen, außer solche von geringem Wert. Die Anstalt kann die Abgabe, Annahme und den Gewahrsam auch dieser Sachen von ihrer Zustimmung abhängig machen.

(2) Eingebrachte Sachen, die die Gefangenen nicht in Gewahrsam haben dürfen, sind für sie aufzubewahren, sofern dies nach Art und Umfang möglich ist. Den Gefangenen wird Gelegenheit gegeben, ihre Sachen, die sie während des Vollzugs und für ihre Entlassung nicht benötigen, abzusenden.

(3) Weigern sich Gefangene, eingebrachtes Gut, dessen Aufbewahrung nach Art und Umfang nicht möglich ist, aus der Anstalt zu verbringen, so ist die Anstalt berechtigt, diese Gegenstände auf Kosten der Gefangenen aus der Anstalt entfernen zu lassen.

(4) Aufzeichnungen und andere Gegenstände, die Kenntnisse über Sicherungsvorkehrungen der Anstalt vermitteln, dürfen von der Anstalt vernichtet oder unbrauchbar gemacht werden.

Art. 91 Durchsuchung 18a

(1) Gefangene, ihre Sachen und die Hafträume dürfen durchsucht werden. Die Durchsuchung männlicher Gefangener darf nur von Männern, die Durchsuchung weiblicher Gefangener darf nur von Frauen vorgenommen werden; dies gilt nicht für das Absuchen der Gefangenen mit technischen Mitteln oder mit sonstigen Hilfsmitteln. Das Schamgefühl ist zu schonen.

(2) Nur bei Gefahr im Verzug oder auf Anordnung des Anstaltsleiters oder der Anstaltsleiterin im Einzelfall ist es zulässig, eine mit einer Entkleidung verbundene körperliche Durchsuchung vorzunehmen. Sie darf bei männlichen Gefangenen nur in Gegenwart von Männern, bei weiblichen Gefangenen nur in Gegenwart von Frauen erfolgen. Sie ist in einem geschlossenen Raum durchzuführen. Andere Gefangene dürfen nicht anwesend sein.

(3) Der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin kann allgemein anordnen, dass Gefangene bei der Aufnahme, nach Kontakten mit Besuchern und nach jeder Abwesenheit von der Anstalt nach Abs. 2 zu durchsuchen sind.

(4) Elektronische Datenspeicher sowie elektronische Geräte mit Datenspeichern, die Gefangene ohne Erlaubnis der Anstalt in Gewahrsam haben, dürfen auf schriftliche Anordnung des Anstaltsleiters oder der Anstaltsleiterin im Einzelfall ausgelesen werden, soweit tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass dies zu vollzuglichen Zwecken oder für die in Art. 197 Abs. 2 genannten Zwecke erforderlich ist. Die so erhobenen Daten dürfen nur für die in Satz 1 genannten Zwecke verarbeitet werden.

(5) Nach Abs. 4 erhobene Daten dürfen nicht weiterverarbeitet werden, soweit

  1. sie Inhalte betreffen, über die das Zeugnis nach den §§ 53, 53a StPO verweigert werden könnte, oder sie einem Vertrauensverhältnis mit anderen Berufsgeheimnisträgern zuzuordnen sind oder
  2. sie dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind.

Für Gefangene gilt Satz 1 Nr. 2 nur, soweit die weitere Verarbeitung auch unter Berücksichtigung der verfolgten Verarbeitungszwecke sowie der Unzulässigkeit des Besitzes und der Nutzung des Datenspeichers für die betroffenen Gefangenen unzumutbar ist. Soweit die weitere Verarbeitung nach den Sätzen 1 und 2 unzulässig ist, sind die Daten unverzüglich zu löschen. Die Erfassung und die Löschung der Daten sind zu dokumentieren. Für die Dokumentation gilt Art. 199 Abs. 4 entsprechend.

(6) Die Gefangenen sind bei der Aufnahme über die Möglichkeit des Auslesens von Datenspeichern zu belehren. Die Belehrung ist aktenkundig zu machen.

Art. 92 Sichere Unterbringung

Gefangene können in eine Anstalt verlegt werden, die zu ihrer sicheren Unterbringung besser geeignet ist, wenn in erhöhtem Maß Fluchtgefahr gegeben ist oder sonst ihr Verhalten oder ihr Zustand eine Gefahr für die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt darstellt.

Art. 93 Erkennungsdienstliche Maßnahmen 18a

(1) Zur Sicherung des Vollzugs, zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt oder zur Identitätsfeststellung sind mit Kenntnis der Gefangenen zulässig

  1. die Aufnahme von Lichtbildern,
  2. die Feststellung äußerlicher körperlicher Merkmale,
  3. Messungen,
  4. die Erfassung biometrischer Merkmale von Fingern, Händen, Gesicht und Stimme.

(2) Die hierbei gewonnenen Unterlagen oder Daten werden zu den Gefangenenpersonalakten genommen oder in personenbezogenen Dateien gespeichert. Sie können auch in kriminalpolizeilichen Sammlungen verwahrt werden. Die nach Abs. 1 erhobenen Daten dürfen nur für die in Abs. 1, Art. 95 Abs. 2 und Art. 197 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 genannten Zwecke verarbeitet werden. Art. 201 Abs. 4 Satz 2 bleibt unberührt.

Art. 94 Maßnahmen zur Feststellung von Suchtmittelkonsum

(1) Zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung der Anstalt kann der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin allgemein oder im Einzelfall Maßnahmen anordnen, die geeignet sind, den Missbrauch von Suchtmitteln festzustellen. Diese Maßnahmen dürfen nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sein.

(2) Wird Suchtmittelmissbrauch festgestellt, können die Kosten der Maßnahme den Gefangenen auferlegt werden.

Art. 95 Festnahmerecht

(1) Gefangene, die entwichen sind oder sich sonst ohne Erlaubnis außerhalb der Anstalt aufhalten, können durch die Anstalt oder auf ihre Veranlassung hin festgenommen und in die Anstalt zurückgebracht werden.

(2) Die nach diesem Gesetz erhobenen Daten dürfen den Vollstreckungs- und Strafverfolgungsbehörden übermittelt werden, soweit dies für Zwecke der Fahndung und Festnahme der entwichenen oder sich sonst ohne Erlaubnis außerhalb der Anstalt aufhaltenden Gefangenen erforderlich ist.

Art. 96 Besondere Sicherungsmaßnahmen 22

(1) Gegen Gefangene können besondere Sicherungsmaßnahmen angeordnet werden, wenn nach ihrem Verhalten oder auf Grund ihres seelischen Zustands in erhöhtem Maß Fluchtgefahr oder die Gefahr von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen oder die Gefahr des Selbstmords oder der Selbstverletzung besteht.

(2) Als besondere Sicherungsmaßnahmen sind zulässig:

  1. der Entzug oder die Vorenthaltung von Gegenständen,
  2. die ständige Beobachtung, auch mit technischen Mitteln,
  3. die Absonderung von anderen Gefangenen,
  4. der Entzug oder die Beschränkung des Aufenthalts im Freien,
  5. die Unterbringung in einem besonders gesicherten Haftraum ohne gefährdende Gegenstände und
  6. die Fesselung.

(3) Maßnahmen nach Abs. 2 Nr. 1, 3 bis 5 sind auch zulässig, wenn die Gefahr einer Befreiung oder eine erhebliche Störung der Anstaltsordnung anders nicht vermieden oder behoben werden kann.

(4) Bei einer Ausführung, Vorführung oder beim Transport ist die Fesselung auch dann zulässig, wenn aus anderen Gründen als denen des Abs. 1 in erhöhtem Maß Fluchtgefahr besteht.

(5) Besondere Sicherungsmaßnahmen dürfen nur soweit aufrechterhalten werden, als es ihr Zweck erfordert.

Art. 97 Einzelhaft

(1) Die unausgesetzte Absonderung eines oder einer Gefangenen (Einzelhaft) ist nur zulässig, wenn dies aus Gründen, die in der Person des oder der Gefangenen liegen, unerlässlich ist.

(2) Einzelhaft von mehr als drei Monaten Gesamtdauer in einem Jahr bedarf der Zustimmung der Aufsichtsbehörde.

Art. 98 Fesselung, Fixierung 18 19

(1) Fesseln dürfen nur an den Händen oder an den Füßen, im Ausnahmefall auch an Händen und Füßen angelegt werden; Satz 2 und Abs. 2 bleiben unberührt. Im Interesse des oder der Gefangenen kann der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin eine andere Art der Fesselung anordnen. Die Fesselung wird zeitweise gelockert, soweit dies notwendig ist.

(2) Eine Fesselung der Gefangenen, durch welche die Bewegungsfreiheit an allen Gliedmaßen aufgehoben wird (Fixierung), ist nur zulässig, wenn und solange sie zur Abwendung einer gegenwärtigen erheblichen Gefahr von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder des Selbstmords oder der Selbstverletzung unerlässlich ist. Es sind zu dokumentieren

  1. die Anordnung der Fixierung und deren Gründe,
  2. Entscheidungen zur Fortdauer,
  3. die Durchführung und Überwachung der Maßnahmen einschließlich der Beteiligung des ärztlichen Dienstes und
  4. der Hinweis nach Satz 3.

Nach Beendigung der Fixierung sind die Gefangenen auf die Möglichkeit hinzuweisen, die Zulässigkeit der Fixierung nachträglich gerichtlich überprüfen zu lassen.

Art. 99 Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen, Verfahren 19 20

(1) Besondere Sicherungsmaßnahmen ordnet vorbehaltlich des Abs. 3 der Anstaltsleiter oder die Anstaltsleiterin an. Bei Gefahr im Verzug können auch andere Bedienstete der Anstalt diese Maßnahmen vorläufig anordnen. Die Entscheidung des Anstaltsleiters oder der Anstaltsleiterin ist unverzüglich einzuholen.

(2) Vorher ist der Arzt oder die Ärztin zu hören, wenn

  1. Gefangene ärztlich behandelt oder beobachtet werden,
  2. der seelische Zustand der Gefangenen Anlass der Maßnahme ist oder
  3. eine Fixierung angeordnet werden soll.

Ist dies wegen Gefahr im Verzug nicht möglich, wird die ärztliche Stellungnahme unverzüglich eingeholt.

(3) Die Fixierung bedarf der vorherigen Anordnung des zuständigen Gerichts, es sei denn, es handelt sich um eine kurzfristige Maßnahme. Bei Gefahr im Verzug kann ohne vorherige Anordnung nach Satz 1 mit der Fixierung begonnen werden. Die richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen, es sei denn, es ist absehbar, dass die Fixierung vor Erlangung einer richterlichen Entscheidung beendet sein und eine zeitnahe Wiederholung nicht erforderlich werden wird.

(4) Während der Absonderung von anderen Gefangenen, der Unterbringung in einem besonders gesicherten Haftraum oder der Fixierung sind die Gefangenen in besonderem Maß zu betreuen. Sind die Gefangenen fixiert oder während der Absonderung oder der Unterbringung in einem besonders gesicherten Haftraum sonst gefesselt, sind sie durch geeignete Bedienstete ständig und unmittelbar zu beobachten. Bei der Fixierung dürfen nur Bedienstete zur Beobachtung eingesetzt werden, die ärztlich in solche Aufgaben eingewiesen wurden.

Art. 100 Ärztliche Überwachung 19 22

(1) Gefangene, die in einem besonders gesicherten Haftraum untergebracht oder gefesselt sind (Art. 96 Abs. 2 Nr. 5 und 6), sucht der Arzt oder die Ärztin alsbald und in der Folge möglichst täglich auf. Dies gilt nicht bei einer Fesselung während einer Ausführung, Vorführung oder eines Transports (Art. 96 Abs. 4). Bei einer Fixierung stellt der Arzt oder die Ärztin eine angemessene ärztliche Überwachung sicher.

(2) Der Arzt oder die Ärztin ist regelmäßig zu hören, solang Gefangenen der tägliche Aufenthalt im Freien entzogen wird.

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