Druck- und LokalversionFür einen individuellen Ausdruck passen Sie bitte die
Einstellungen in der Druckvorschau Ihres Browsers an.
Regelwerk, Allgemein
Frame öffnen

HSVVollzG - Hessisches Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz
-Hessen-

Vom 5. März 2013
(GVBl. I vom 11.03.2013 S. 46; 30.11.2015 S. 498 15; 05.10.2017 S. 294 17; 03.05.2018 S. 82 18; 05.09.2019 S. 225 19; 12.11.2020 S. 778 20)
Gl.-Nr.: 24-46



Erster Abschnitt
Anwendungsbereich

§ 1 Anwendungsbereich

Dieses Gesetz regelt den Vollzug der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung.

Zweiter Abschnitt
Grundsätze

§ 2 Ziele des Vollzugs

(1) Der Vollzug der Sicherungsverwahrung dient dem Ziel, die Gefährlichkeit der Untergebrachten für die Allgemeinheit so zu mindern, dass die Vollstreckung der Unterbringung möglichst bald zur Bewährung ausgesetzt oder für erledigt erklärt werden kann. Die Untergebrachten sollen befähigt werden, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen.

(2) Der Vollzug der Sicherungsverwahrung bezweckt zugleich den Schutz der Allgemeinheit vor erheblichen Straftaten.

§ 3 Gestaltung des Vollzugs 20

(1) Der Vollzug der Sicherungsverwahrung ist behandlungs- und therapiegerichtet auszugestalten und unter Berücksichtigung notwendiger Sicherheitsbelange freiheitsorientiert auszurichten.

(2) Das Leben im Vollzug ist den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit wie möglich anzugleichen. Es soll auch bei langer Dauer der Unterbringung den Bezug zum Leben außerhalb des Vollzugs erhalten, die Untergebrachten in ihrer Eigenverantwortung stärken und ihnen helfen, sich in das Leben in Freiheit einzugliedern. Schädlichen Folgen des Freiheitentzugs ist entgegenzuwirken.

(3) Die unterschiedlichen Lebenslagen und Bedürfnisse der Untergebrachten, insbesondere im Hinblick auf Alter, Behinderungen einschließlich seelischer und psychischer Beeinträchtigungen, Geschlecht und Herkunft, werden bei der Gestaltung des Vollzugs und bei allen Einzelmaßnahmen berücksichtigt.

§ 4 Grundsätze der Behandlung und Betreuung

(1) Den Untergebrachten sind die zur Erreichung der Vollzugsziele erforderlichen Behandlungs- und Betreuungsmaßnahmen anzubieten. Die Behandlungsmaßnahmen haben wissenschaftlichen Erkenntnissen zu entsprechen. Soweit bestehende Angebote nicht ausreichen oder keinen Erfolg versprechen, sind individuell zugeschnittene Behandlungsangebote zu unterbreiten.

(2) Bei der Behandlung und Betreuung wirken Bedienstete der verschiedenen Fachrichtungen in enger Abstimmung zusammen. Soweit dies erforderlich ist, sind externe Fachkräfte einzubeziehen. Den Untergebrachten sollen feste Ansprechpersonen zur Verfügung stehen.

§ 5 Mitwirkung und Motivierung 20

(1) Die Erreichung der Vollzugsziele nach § 2 Abs. 1 erfordert die Mitwirkung der Untergebrachten. Ihre Bereitschaft zur Mitwirkung ist fortwährend zu wecken und zu fördern; insbesondere sollen Untergebrachte, die über keine oder nur geringe Kenntnisse der deutschen Sprache verfügen, zur Sicherstellung der Durchführung notwendiger vollzuglicher Maßnahmen an angebotenen Deutschkursen teilnehmen. Dazu gehören insbesondere wiederkehrende Gesprächsangebote, die Beziehungsfähigkeit fördernde Maßnahmen und die Vermittlung des therapeutischen Konzepts. Die Motivationsmaßnahmen sind zu dokumentieren.

(2) Die Motivation kann durch Maßnahmen der Anerkennung gefördert werden. Dabei sind die Beteiligung an Maßnahmen wie auch besonderer Einsatz oder erreichte Fortschritte angemessen zu berücksichtigen.

§ 6 Stellung der Untergebrachten

(1) Die Untergebrachten unterliegen den in diesem Gesetz vorgesehenen Freiheitsbeschränkungen. Soweit das Gesetz eine besondere Regelung nicht enthält, dürfen nur Beschränkungen auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der Ordnung der Einrichtung oder zum Schutz der Allgemeinheit vor erheblichen Straftaten unerlässlich sind.

(2) Die Pflichten und Beschränkungen, die den Untergebrachten zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung auferlegt werden, sind so zu wählen, dass sie in einem angemessenen Verhältnis zu ihrem Zweck stehen und die Untergebrachten nicht mehr und nicht länger als notwendig beeinträchtigen; von mehreren gleich geeigneten Maßnahmen ist diejenige zu wählen, die die Untergebrachten voraussichtlich am Wenigsten belastet.

(3) Vollzugliche Maßnahmen sollen den Untergebrachten erläutert werden.

§ 7 Einbeziehung Dritter

(1) Die Einrichtungen arbeiten mit öffentlichen Stellen sowie privaten Organisationen und Personen, die der Eingliederung der Untergebrachten förderlich sein können, zusammen.

(2) Die Unterstützung der Untergebrachten durch geeignete ehrenamtlich tätige Personen ist zu fördern.

Dritter Abschnitt
Aufnahme und Behandlung der Untergebrachten

§ 8 Aufnahme

(1) Mit den Untergebrachten wird unverzüglich ein Aufnahmegespräch geführt, bei dem andere Untergebrachte nicht zugegen sein dürfen. Dabei werden sie auch über ihre Rechte und Pflichten sowie über die Ausgestaltung der Unterbringung informiert. Ihnen ist ein Exemplar dieses Gesetzes zugänglich zu machen.

(2) Die Untergebrachten werden alsbald ärztlich untersucht.

§ 9 Behandlungsuntersuchung

(1) An das Aufnahmeverfahren schließt sich zur Vorbereitung der Vollzugsplanung unverzüglich eine umfassende, wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechende Behandlungsuntersuchung an.

(2) Die Behandlungsuntersuchung erstreckt sich auf alle Umstände, die für die Beurteilung der Gefährlichkeit der Untergebrachten maßgeblich sind. Im Rahmen der Behandlungsuntersuchung sind die Ursachen der Straftaten, die individuellen Risikofaktoren sowie der Behandlungsbedarf und die Behandlungsfähigkeit und -motivation der Untergebrachten festzustellen. Gleichzeitig sollen die Fähigkeiten der Untergebrachten ermittelt werden, deren Stärkung der Gefährlichkeit der Untergebrachten entgegenwirken. Erkenntnisse aus vorangegangenen Freiheitsentziehungen sind einzubeziehen.

§ 10 Vollzugsplan

(1) Auf der Grundlage der in der Behandlungsuntersuchung gewonnenen Erkenntnisse wird alsbald ein Betreuungs- und Behandlungsplan (Vollzugsplan) aufgestellt, der unter Berücksichtigung auch des Alters, der Persönlichkeit und des Entwicklungsstands, der Lebensverhältnisse und der Gefährlichkeit der oder des Untergebrachten die individuell anzustrebenden Behandlungsziele festlegt und die zu ihrer Erreichung geeigneten und erforderlichen Maßnahmen benennt. Er enthält insbesondere Angaben über

  1. psychiatrische, psychotherapeutische oder sozialtherapeutische Behandlungsmaßnahmen,
  2. andere Einzel- oder Gruppenbehandlungsmaßnahmen,
  3. Maßnahmen zur Förderung der Behandlungsbereitschaft,
  4. die Zuweisung zu Wohngruppen (§ 19 Abs. 3 und 4),
  5. Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Anstalt oder Abteilung (§ 11 Abs. 2 Satz 1 und 2),
  6. Art und Umfang der Beschäftigung,
  7. Maßnahmen zur strukturierten Gestaltung der Freizeit,
  8. Maßnahmen zur Ordnung der finanziellen Verhältnisse,
  9. Maßnahmen zur Ordnung der familiären Verhältnisse,
  10. Maßnahmen der Gesundheitsfürsorge und zur Förderung der Suchtmittelfreiheit,
  11. Maßnahmen zur Förderung von Außenkontakten,
  12. Maßnahmen zur Vorbereitung eines sozialen Empfangsraums,
  13. vollzugsöffnende Maßnahmen,
  14. Entlassungsvorbereitung und Nachsorge.

(2) Der Vollzugsplan ist unter Berücksichtigung der Entwicklung der Untergebrachten und weiterer für die Behandlung bedeutsamer Erkenntnisse fortzuschreiben. Hierfür ist im Vollzugsplan eine angemessene Frist vorzusehen, die sechs Monate nicht übersteigen soll.

(3) Ist abzusehen, dass die Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird oder die Unterbringung für erledigt erklärt wird, sind in den Vollzugsplan konkrete Angaben über die notwendigen vorbereitenden Maßnahmen aufzunehmen.

(4) Der Vollzugsplan und seine Fortschreibungen werden in einer Konferenz nach § 70 Abs. 3 beraten und mit den Untergebrachten erörtert. Deren Anregungen und Vorschläge werden angemessen berücksichtigt.

(5) An der Behandlung mitwirkende Personen außerhalb des Vollzugs sollen in die Planung einbezogen werden. Sie können mit Zustimmung der Untergebrachten auch an der Konferenz beteiligt werden.

(6) Den Untergebrachten werden der Vollzugsplan und seine Fortschreibungen ausgehändigt.

§ 11 Verlegung, Überstellung und Ausantwortung

(1) Die Untergebrachten können in eine andere Einrichtung verlegt oder überstellt werden, wenn die Erreichung der

Vollzugsziele hierdurch gefördert wird oder wenn zwingende Gründe der Vollzugsorganisation oder andere wichtige Gründe dies erfordern, insbesondere ihr Verhalten oder ihr Zustand eine erhebliche Gefahr für die Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung darstellt.

(2) Wenn es die Behandlung nach § 66c Abs. 1 Nr. 1 des Strafgesetzbuchs erfordert, dürfen Untergebrachte ausnahmsweise in eine Anstalt des Justizvollzugs verlegt oder überstellt werden. Dies gilt insbesondere für eine Behandlung in einer sozialtherapeutischen Anstalt oder Abteilung des Strafvollzugs oder zur Entlassungsvorbereitung im offenen Vollzug. Auf Antrag können Untergebrachte aus wichtigem Grund, insbesondere zum Zwecke einer erleichterten Besuchsdurchführung in eine Anstalt des Justizvollzugs überstellt werden, wenn dies die Behandlung nicht beeinträchtigt und sie sich mit den dortigen Unterbringungsbedingungen einverstanden erklären.

(3) Verlegungen und Überstellungen sollen unmittelbar in die aufnehmende Einrichtung erfolgen.

(4) Untergebrachte dürfen befristet dem Gewahrsam einer Strafverfolgungsbehörde überlassen werden, wenn dies zur Erfüllung der Aufgaben dieser Behörde erforderlich ist (Ausantwortung).

§ 12 Sozialtherapeutische Behandlung

Den Untergebrachten sind sozialtherapeutische Maßnahmen anzubieten, wenn dies aus Gründen der Behandlung angezeigt ist. Die Behandlung soll in der Einrichtung erfolgen.

§ 13 Geschlossener Vollzug und vollzugsöffnende Maßnahmen 15

(1) Die Unterbringung erfolgt in geschlossenen Einrichtungen.

(2) Zur Erreichung der Vollzugsziele nach § 2 Abs. 1 werden den Untergebrachten nach Anhörung der Strafvollstreckungskammer vollzugsöffnende Maß - nahmen gewährt, soweit nicht zwingende Gründe entgegenstehen, insbesondere konkrete Anhaltspunkte die Gefahr begründen, dass die Untergebrachten sich dem Vollzug der Sicherungsverwahrung entziehen oder die vollzugsöffnenden Maßnahmen zur Begehung erheblicher Straftaten missbrauchen werden.

(3) Als vollzugsöffnende Maßnahmen kommen insbesondere in Betracht:

  1. regelmäßige Beschäftigung außerhalb der Einrichtung unter Aufsicht von Vollzugsbediensteten (Außenbeschäftigung),
  2. Verlassen der Einrichtung für eine bestimmte Zeit ohne Aufsicht von Vollzugsbediensteten (Ausgang), gegebenenfalls jedoch in Begleitung einer von der Einrichtung bestimmten Person (Ausgang in Begleitung),
  3. tageweise Freistellung aus der Unterbringung.

(4) Werden vollzugsöffnende Maßnahmen nach Abs. 3 nicht gewährt, ist den Untergebrachten das Verlassen der Einrichtung unter ständiger und unmittelbarer Aufsicht für eine bestimmte Tageszeit (Ausführung) mindestens vier Mal im Jahr zu gestatten. Die Ausführung dient der Erhaltung der Lebenstüchtigkeit, der Förderung der Mitwirkung an der Behandlung oder der Vorbereitung weiterer vollzugsöffnender Maßnahmen. Sie darf nur versagt werden, wenn

  1. konkrete Anhaltspunkte die Gefahr begründen, dass die Untergebrachten sich trotz Sicherungsmaßnahmen dem Vollzug entziehen oder die Ausführung zu erheblichen Straftaten missbrauchen werden oder
  2. die zur Sicherung erforderlichen Maßnahmen den Zweck der Ausführung gefährden.

(5) Wenn die Einrichtung erwägt, vollzugsöffnende Maßnahmen nach Abs. 3 zu gewähren, sind der Entscheidung in der Regel zwei Gutachten von Sachverständigen zugrunde zu legen; dabei kann auf vorhandene aktuelle Gutachten, die zur Frage der Eignung für vollzugsöffnende Maßnahmen Stellung nehmen, zurückgegriffen werden. Gutachten sind gegebenenfalls so rechtzeitig einzuholen, dass die Entscheidung über die vollzugsöffnende Maßnahme zum vorgesehenen Zeitpunkt getroffen werden kann.

(6) Durch vollzugsöffnende Maßnahmen wird die Vollstreckung der Sicherungsverwahrung nicht unterbrochen.

§ 14 Weisungen, Rücknahme und Widerruf 17

(1) Für vollzugsöffnende Maßnahmen, mit Ausnahme der Ausführung nach § 13 Abs. 4 und der Unterbringung im offenen Vollzug nach § 16 Abs. 2, sollen Untergebrachten Weisungen erteilt werden. Insbesondere können sie angewiesen werden,

  1. den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis zu verlassen,
  2. sich nicht an bestimmten Orten aufzuhalten,
  3. Kontakt mit bestimmten Personen oder Gruppen zu meiden,
  4. sich zu festgesetzten Zeiten bei einer bestimmten Stelle oder Person zu melden,
  5. sich einer bestimmten Betreuungsperson zu unterstellen,
  6. bestimmte Gegenstände nicht zu besitzen,
  7. Alkohol oder andere berauschende Stoffe zu meiden,
  8. in regelmäßigen Abständen Proben zur Überwachung einer Weisung nach Nr. 7 abzugeben,
  9. die für eine elektronische Überwachung ihres Aufenthaltsortes nach Abs. 2 erforderlichen technischen Mittel ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen.

Abweichend von Satz 1 kann bei der Ausführung nach § 13 Abs. 4 eine Weisung nach Satz 2 Nr. 9 erteilt werden.

(2) Die Leiterin oder der Leiter der Einrichtung (Leitung der Einrichtung) kann eine elektronische Überwachung anordnen und eine Weisung nach Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 erteilen, wenn dies erforderlich erscheint, um Untergebrachte davon abzuhalten,

  1. gegen Weisungen nach Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 zu verstoßen,
  2. sich dem Vollzug der Sicherungsverwahrung zu entziehen oder
  3. weitere Straftaten der in § 66 Abs. 3 Satz 1 des Strafgesetzbuchs genannten Art zu begehen.

(3) Bei der Ausgestaltung der vollzugsöffnenden Maßnahmen ist den Belangen des Opferschutzes Rechnung zu tragen.

(4) Vollzugsöffnende Maßnahmen können zurückgenommen werden, wenn die Voraussetzungen für ihre Bewilligung nicht vorgelegen haben.

(5) Vollzugsöffnende Maßnahmen können widerrufen werden, wenn

  1. aufgrund nachträglich eingetretener Umstände die Maßnahmen hätten versagt werden können,
  2. die Maßnahmen missbraucht werden oder
  3. Weisungen nicht befolgt werden.

(6) Im Übrigen gelten für den Widerruf oder die Rücknahme von vollzuglichen Maßnahmen nach diesem Gesetz die Vorschriften der §§ 48 bis 49a des Hessischen Verwaltungsverfahrensgesetzes entsprechend, soweit dieses Gesetz keine abweichende Regelung enthält.

§ 15 Vollzugsöffnende Maßnahmen aus wichtigem Anlass

(1) Vollzugsöffnende Maßnahmen können auch aus wichtigem Anlass gewährt werden. Wichtige Anlässe sind insbesondere die Teilnahme an gerichtlichen Terminen, die medizinische Behandlung sowie eine akute lebensgefährliche Erkrankung oder der Tod naher Angehöriger der Untergebrachten.

(2) § 13 Abs. 2, 4 und 5 sowie § 14 gelten entsprechend.

(3) Ausführungen, insbesondere aus medizinischen Gründen oder zur Beschaffung von Ausweisdokumenten, sind auch ohne Zustimmung der Untergebrachten zulässig, wenn dies aus besonderem Grund notwendig ist. Auf Ersuchen eines Gerichts erfolgt eine Vorführung.

§ 16 Entlassungsvorbereitung

(1) Die Einrichtung arbeitet frühzeitig, spätestens sechs Monate vor dem voraussichtlichen Entlassungszeitpunkt, darauf hin, dass die Untergebrachten über eine geeignete Unterkunft und eine Arbeits- oder Ausbildungsstelle verfügen sowie bei Bedarf in therapeutische oder andere nachsorgende Maßnahmen vermittelt werden. Hierbei arbeitet sie mit Dritten nach § 7, insbesondere der Bewährungshilfe, den Führungsaufsichtsstellen und der freien Straffälligenhilfe zur Eingliederung der Untergebrachten, eng zusammen. Die Bewährungshilfe ist zu einer solchen Zusammenarbeit schon während des Vollzugs verpflichtet, um einen bestmöglichen Übergang der Betreuung zu gewährleisten.

(2) Zur Vorbereitung der Entlassung können zusätzlich zu Maßnahmen nach § 13 weitere vollzugsöffnende Maßnahmen gewährt werden, insbesondere

  1. die Unterbringung in einer Anstalt oder Abteilung des offenen Vollzugs,
  2. eine regelmäßige Beschäftigung außerhalb der Einrichtung ohne Aufsicht (Freigang),
  3. nach Anhörung der Vollstreckungsbehörde die Freistellung aus der Unterbringung bis zu sechs Monaten.

§ 13 Abs. 2 und 5 sowie § 14 gelten entsprechend.

§ 17 Entlassung und nachgehende Betreuung

(1) Untergebrachte sollen am Tag ihrer Entlassung möglichst frühzeitig entlassen werden. Bei Bedarf soll die Einrichtung den Transport zur Unterkunft sicherstellen. Der Entlassungszeitpunkt kann bis zu fünf Tage vorverlegt werden, wenn Untergebrachte zu ihrer Eingliederung oder aus anderen dringenden Gründen hierauf angewiesen sind.

(2) Bedürftigen Untergebrachten kann eine Entlassungsbeihilfe, insbesondere ein Reisekostenzuschuss oder angemessene Kleidung, gewährt werden.

(3) Die Einrichtung kann früheren Untergebrachten auf Antrag nach der Entlassung Hilfestellung gewähren, soweit diese nicht anderweitig sichergestellt werden kann und der Erfolg der Behandlung gefährdet erscheint.

§ 18 Verbleib und Aufnahme auf freiwilliger Grundlage

(1) Frühere Untergebrachte können auf ihren Antrag hin vorübergehend in einer Einrichtung des Justizvollzugs verbleiben oder wieder aufgenommen werden, wenn die Eingliederung gefährdet ist. Der Verbleib und die Aufnahme sind jederzeit widerruflich.

(2) Für diese Personen gelten die Vorschriften dieses Gesetzes entsprechend mit der Maßgabe, dass Maßnahmen des Vollzugs nicht mit unmittelbarem Zwang durchgesetzt werden können. Das Hausrecht bleibt hiervon unberührt.

(3) Auf ihren Antrag sind nach Abs. 1 verbliebene oder wieder aufgenommene Personen unverzüglich zu entlassen.

Vierter Abschnitt
Unterbringung und Versorgung der Untergebrachten

§ 19 Unterbringung, Wohngruppen

(1) Untergebrachte erhalten einen Wohn- und Schlafbereich (Zimmer) zur alleinigen Nutzung.

(2) Sofern Untergebrachte hilfsbedürftig sind oder eine Gefahr für Leben oder Gesundheit besteht, können sie mit einer oder einem anderen Untergebrachten gemeinsam untergebracht werden, wenn diese oder dieser zustimmt. Bei Hilfsbedürftigkeit bedarf es der Zustimmung beider Untergebrachter.

(3) Geeignete Untergebrachte sollen in Wohngruppen untergebracht werden. Der Wohngruppenvollzug dient der Vermittlung eines sozialverträglichen Zusammenlebens, insbesondere von gegenseitiger Toleranz sowie der Übernahme von Verantwortung für sich und andere.

(4) Eine Eignung im Sinne des Abs. 3 Satz 1 liegt insbesondere nicht vor, wenn Untergebrachte aufgrund ihres Verhaltens nicht gruppenfähig sind, eine Gefahr für die Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung oder für die anderen Untergebrachten darstellen oder die Freiräume der Wohngruppe wiederholt oder schwerwiegend missbraucht haben.

§ 20 Ausstattung des Zimmers, persönlicher Besitz 15

(1) Die Untergebrachten dürfen ihr Zimmer in angemessenem Umfang mit eigenen Gegenständen ausstatten. Gegenstände, die die Sicherheit beeinträchtigen oder die in schwerwiegender Weise die Ordnung oder die Erreichung der Vollzugsziele nach § 2 Abs. 1 gefährden, sind ausgeschlossen.

(2) Untergebrachte dürfen Gegenstände nur mit Erlaubnis der jeweiligen Einrichtung in diese einbringen, einbringen lassen, annehmen, in Besitz haben oder abgeben. Die Erlaubnis ist, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, bei Gegenständen im Sinne Abs. 1 Satz 2 zu versagen, zurückzunehmen oder zu widerrufen. Sie erlischt, wenn Untergebrachte an Gegenständen Veränderungen vornehmen, die geeignet sind, die Sicherheit oder in schwerwiegender Weise die Ordnung der Einrichtung zu gefährden. Die Erlaubnis kann auf bestimmte Bereiche der Einrichtung beschränkt werden. Die Erteilung oder das Fortbestehen einer Erlaubnis kann insbesondere bei Elektrogeräten von auf Kosten der Untergebrachten vorzunehmenden Sicherheitsmaßnahmen abhängig gemacht werden. Ohne Erlaubnis dürfen sie Gegenstände von geringem Wert von anderen Untergebrachten annehmen; die Einrichtung kann Annahme und Besitz auch dieser Gegenstände von ihrer Erlaubnis abhängig machen oder weitere Ausnahmen zulassen.

(3) Eingebrachte Gegenstände, die Untergebrachte nicht in Besitz haben dürfen, sind für sie aufzubewahren, sofern dies nach Art und Umfang möglich ist. Andernfalls ist den Untergebrachten Gelegenheit zu geben, die Gegenstände außerhalb der Einrichtung aufbewahren zu lassen. Das Gleiche gilt für Gegenstände, die die Untergebrachten während des Vollzugs und für ihre Entlassung nicht benötigen.

(4) Werden Gegenstände, deren Aufbewahrung nach Art oder Umfang nicht zumutbar ist, von den Untergebrachten trotz Aufforderung nicht aus der Einrichtung verbracht, so darf die Einrichtung diese Gegenstände auf Kosten der Untergebrachten außerhalb der Einrichtung verwahren, verwerten oder vernichten. Für die Voraussetzungen und das Verfahren der Verwertung und Vernichtung gilt § 42 des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung, für die Inanspruchnahme der Kosten gilt § 52 Abs. 2 und 3 entsprechend.

§ 21 Kleidung

Die Untergebrachten dürfen eigene Kleidung tragen und eigene Bettwäsche benutzen, soweit sie für Reinigung und Instandsetzung auf eigene Kosten sowie für regelmäßigen Wechsel sorgen. Bei Bedarf oder auf Antrag der Untergebrachten stellt die Einrichtung Kleidung und Bettwäsche zur Verfügung und ordnet diese persönlich zu.

§ 22 Verpflegung und Einkauf

(1) Die Untergebrachten erhalten Verpflegung durch die Einrichtung. Zusammensetzung und Nährwert müssen den Anforderungen an eine gesunde Ernährung entsprechen und ärztlich überwacht werden. Auf ärztliche Anordnung wird besondere Verpflegung gewährt. Den Untergebrachten ist zu ermöglichen, Speisevorschriften ihrer Religionsgemeinschaft zu befolgen.

(2) Den Untergebrachten soll gestattet werden, sich selbst zu verpflegen, soweit Gründe der Sicherheit oder schwerwiegende Gründe der Ordnung der Einrichtung nicht entgegenstehen. Die Untergebrachten sollen angeleitet werden, sich ges- und zu ernähren.

(3) Soweit sich die Untergebrachten selbst verpflegen, tragen sie hierfür die Kosten und werden von der Gemeinschaftsverpflegung ausgenommen. Die Einrichtung unterstützt die Untergebrachten durch einen zweckgebundenen Zuschuss mindestens in Höhe der ersparten Aufwendungen. Die Einrichtung kann stattdessen Lebensmittel zur Verfügung stellen.

(4) Die Untergebrachten erhalten die Möglichkeit, mindestens einmal wöchent lich unter Vermittlung der Einrichtung in angemessenen Umfang einzukaufen. Die Einrichtung wirkt auf ein Angebot hin, das auf die Wünsche und Bedürfnisse der Untergebrachten Rücksicht nimmt. Für den Ausschluss von Gegenständen gilt § 20 Abs. 1 Satz 2 entsprechend. Für den Einkauf können die Untergebrachten die ihnen frei zur Verfügung stehenden Gelder verwenden.

§ 23 Gesundheitsvorsorge

(1) Die Einrichtung unterstützt die Untergebrachten bei der Wiederherstellung und Erhaltung ihrer körperlichen, geistigen und seelischen Gesundheit. Die Bedeutung einer gesunden Lebensführung ist den Untergebrachten in geeigneter Form zu vermitteln. Die Untergebrachten haben an Maßnahmen zum allgemeinen Gesundheitsschutz und zur Hygiene mitzuwirken.

(2) Die Einrichtung kann Anordnungen zum Gesundheitsschutz und zur Hygiene treffen. Sofern dies zu den vorgenannten Zwecken unerlässlich ist, kann den Untergebrachten auch ein Mundschutz angelegt werden.

(3) Den Untergebrachten wird ein Aufenthalt im Freien von mindestens einer Stunde täglich ermöglicht. An arbeitsfreien Tagen soll ihnen ermöglicht werden, sich mindestens zwei Stunden im Freien aufzuhalten. § 27 Abs. 2 bleibt unberührt.

§ 24 Medizinische Versorgung 18

(1) Untergebrachte haben einen Anspruch auf notwendige, ausreichende und zweckmäßige medizinische Versorgung unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit. Der Anspruch umfasst auch Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten und Vorsorgeleistungen. Die Beurteilung der Notwendigkeit orientiert sich an der Versorgung der gesetzlich Versicherten.

(2) Der Anspruch umfasst weiter die Versorgung mit Hilfsmitteln nach § 33 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch.

(3) An den Kosten für Leistungen nach den Abs. 1 und 2 können Untergebrachte in angemessenem Umfang beteiligt werden, höchstens jedoch bis zum Umfang der Beteiligung vergleichbarer gesetzlich Versicherter. Für die Beteiligung an den Kosten gilt § 52 Abs. 2 Satz 2 entsprechend.

(4) Erkrankte Untergebrachte können in ein Krankenhaus des Justizvollzugs überstellt werden, wenn dies aus medizinischen Gründen notwendig ist. Können Krankheiten von Untergebrachten in einem Krankenhaus des Justizvollzuges nicht erkannt oder behandelt werden oder ist es nicht möglich, die Untergebrachten rechtzeitig dorthin zu überstellen, sind sie in ein Krankenhaus außerhalb des Vollzugs zu bringen.

(5) Die Leitung der Einrichtung kann nach Anhörung des ärztlichen Dienstes der Einrichtung den Untergebrachten auf ihren Antrag hin gestatten, auf ihre Kosten externen ärztlichen Rat einzuholen, wenn Gründe der Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung nicht entgegenstehen. Die hierzu erforderlichen Untersuchungen sollen in der Einrichtung stattfinden. Die Untergebrachten haben die gewählte ärztliche Vertrauensperson und den ärztlichen Dienst der Einrichtung wechselseitig von der Schweigepflicht zu entbinden, um der Einrichtung die weitere Erfüllung ihrer Aufgaben nach Abs. 1 bis 4 zu ermöglichen.

(6) Während eines Ausgangs nach § 13 Abs. 3 Nr. 2 oder einer Freistellung nach § 13 Abs. 3 Nr. 3 oder § 16 Abs. 2 Nr. 3 haben Untergebrachte nur einen Anspruch auf medizinische Versorgung in der für sie zuständigen Einrichtung.

(7) Der Anspruch auf medizinische Versorgung ruht, solange Untergebrachte aufgrund eines freien Beschäftigungsverhältnisses krankenversichert sind.

(8) Wird die Sicherungsverwahrung während einer Behandlung von Untergebrachten außerhalb einer Einrichtung des Justizvollzugs unterbrochen oder beendet, so hat die Einrichtung nur die Kosten zu tragen, die bis zu diesem Zeitpunkt angefallen sind.

(9) Bei schwerer Erkrankung oder Tod von Untergebrachten werden die der Einrichtung bekannten nächsten Angehörigen unverzüglich benachrichtigt, im Falle der schweren Erkrankung nur, wenn die Untergebrachten hierin eingewilligt haben. Dem Wunsch der Untergebrachten, auch andere Personen zu benachrichtigen, soll nach Möglichkeit entsprochen werden. Die Untergebrachten sind bei Aufnahme über die Möglichkeit einer Einwilligung zu belehren.

§ 25 Zwangsmaßnahmen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge

(1) Medizinische Untersuchung und Behandlung sowie Ernährung sind zwangsweise gegen den natürlichen Willen Untergebrachter nur zulässig bei

  1. Lebensgefahr,
  2. erheblicher Gefahr einer schwerwiegenden Schädigung der Gesundheit der Untergebrachten oder
  3. erheblicher Gefahr einer schwerwiegenden Schädigung der Gesundheit anderer Personen.

(2) Zwangsmaßnahmen nach Abs. 1 dürfen nur angeordnet werden, wenn

  1. erfolglos versucht worden ist, die auf Vertrauen gegründete Zustimmung der Untergebrachten zu der Untersuchung, Behandlung oder Ernährung zu erwirken,
  2. deren Anordnung den Untergebrachten angekündigt wurde und sie über Art, Umfang und Dauer der Maßnahmen durch eine Ärztin oder einen Arzt aufgeklärt wurden,
  3. die Maßnahme zur Abwendung der Lebens- oder Gesundheitsgefahr geeignet, erforderlich, für die Betroffenen nicht mit unverhältnismäßigen Belastungen und Folgen verbunden ist und mildere Mittel keinen Erfolg versprechen und
  4. der zu erwartende Nutzen der Maßnahmen den möglichen Schaden der Nichtbehandlung deutlich überwiegt.

(3) Zur Durchführung von Zwangsmaßnahmen in den Fällen des Abs. 1 Nr. 1 und 2 ist die Einrichtung nicht berechtigt, solange von einer freien Willensbestimmung der Untergebrachten ausgegangen werden kann. Liegen Anhaltspunkte vor, dass Untergebrachte zur Einsicht in die Notwendigkeit von medizinischen Behandlungsmaßnahmen oder zum Handeln gemäß solcher Einsicht krankheitsbedingt nicht fähig sind, hat die Leitung der Einrichtung bei dem zuständigen Gericht unverzüglich die Bestellung einer Betreuung von Amts wegen anzuregen. Die Entscheidung des Gerichts ist abzuwarten.

(4) Zwangsmaßnahmen nach Abs. 1 werden durch eine Ärztin oder einen Arzt angeordnet, geleitet und überwacht. Die Anordnung bedarf der Zustimmung der Leitung der Einrichtung. Die Gründe für die Anordnung der Maßnahmen nach Abs. 1, das Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 2 sowie die ergriffenen Maßnahmen, einschließlich ihres Zwangscharakters, der Durchsetzungsweise, der Wirkungsüberwachung sowie der Untersuchungs- und Behandlungsverlauf sind zu dokumentieren.

(5) Anordnungen nach Abs. 4 sind den Untergebrachten unverzüglich bekannt zu geben. Sie sind darüber zu belehren, dass sie gegen die Anordnung Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen und bei Gericht um einstweiligen Rechtsschutz ersuchen können. Mit dem Vollzug einer Anordnung ist zuzuwarten, bis die Untergebrachten Gelegenheit hatten, eine gerichtliche Entscheidung herbeizuführen.

(6) Von den Anforderungen nach Abs. 2 Nr. 1 und 2, Abs. 3 Satz 3 und Abs. 5 Satz 3 kann abgesehen werden, wenn Gefahr im Verzug besteht.

(7) Zur Gewährleistung des Gesundheitsschutzes und der Hygiene ist die zwangsweise körperliche Untersuchung der Untergebrachten zulässig, wenn sie nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden ist.

§ 26 Soziale Hilfe 20

Die Untergebrachten werden darin unterstützt, ihre persönlichen, wirtschaftlichen und sozialen Schwierigkeiten zu beheben; dabei ist der Pflege familiärer Beziehungen besonderes Gewicht beizumessen. Sie sollen dazu angeregt und in die Lage versetzt werden, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln. Untergebrachte sind hinsichtlich der Mitgliedschaft in einer Sozialversicherung und deren Leistungen für die Zeit während der Sicherungsverwahrung und nach der Sicherungsverwahrung zu beraten.

Fünfter Abschnitt
Tageseinteilung, Beschäftigung, Freizeit und Sport

§ 27 Tageseinteilung und Bewegungsfreiheit

(1) Die Untergebrachten sollen durch die Tageseinteilung an eine eigenverantwortliche Lebensführung herangeführt werden. Die Tageseinteilung umfasst insbesondere Zeiten der Behandlung und Betreuung, Beschäftigung und Freizeit sowie der Nachtruhe.

(2) Außerhalb der Nachtruhe dürfen sich die Untergebrachten in den für sie vorgesehenen Bereichen innerhalb der Einrichtung frei bewegen. Einschränkungen sind zulässig, wenn es die Sicherheit oder schwerwiegende Gründe der Ordnung der Einrichtung erfordern oder ein schädlicher Einfluss auf andere Untergebrachte zu befürchten ist.

§ 28 Beschäftigung 20

(1) Untergebrachte sind nicht zur Arbeit verpflichtet.

(2) Ihnen sollen Arbeit, arbeitstherapeutische Maßnahmen sowie schulische oder berufliche Bildung (Beschäftigung) angeboten werden, die ihre Fähigkeiten, Fertigkeiten und Neigungen berücksichtigen.

(3) Beschäftigung soll insbesondere dazu dienen, die Fähigkeiten und Fertigkeiten für eine regelmäßige Erwerbstätigkeit zur Sicherung des Lebensunterhalts nach der Entlassung und eine geordnete Tagesstruktur zu vermitteln, zu fördern oder zu erhalten.

(4) Den Untergebrachten ist zu gestatten, sich selbst zu beschäftigen, soweit nicht die Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung oder die Erreichung der Vollzugsziele gefährdet werden.

(5) Zur Entlassungsvorbereitung kann ihnen gestattet werden, im Rahmen einer Maßnahme nach § 16 Abs. 2 Nr. 2 einem Beschäftigungsverhältnis außerhalb der Einrichtung nachzugehen.

(6) Die Zeugnisse oder Nachweise über eine Bildungsmaßnahme dürfen keinen Hinweis auf die Unterbringung enthalten.

(7) Haben die Untergebrachten sechs Monate lang zusammenhängend eine Beschäftigung ausgeübt, werden sie hiervon auf Antrag zehn Arbeitstage freigestellt. Dabei werden Zeiten, in denen die Untergebrachten infolge Krankheit verhindert waren, bis zur Dauer von drei Wochen im halben Jahr als Beschäftigungszeiten angerechnet. Sonstige Fehlzeiten hemmen den Ablauf des Zeitraums nach Satz 1. Untergebrachte erhalten für die Zeit der Freistellung nach Satz 1 die zuletzt gezahlten Bezüge weiter. Der Anspruch auf Freistellung ver fällt, wenn die Freistellung nicht innerhalb eines halben Jahres nach seiner Entstehung in Anspruch genommen wurde.

§ 29 Ablösung

(1) Untergebrachte können von der Beschäftigung abgelöst werden, wenn

  1. sie den Anforderungen nicht gewachsen sind,
  2. sie die Aufnahme oder Ausübung der Beschäftigung verweigern,
  3. dies zur Erreichung des Vollzugsziels nach § 2 Abs.1 unerlässlich ist oder
  4. dies aus Gründen der Sicherheit oder schwerwiegenden Gründen der Ordnung der Einrichtung unerlässlich ist.

(2) Werden Untergebrachte nach Abs. 1 Nr. 2 oder aufgrund ihres Verhaltens nach Abs. 1 Nr. 4 abgelöst, beginnt bei erneuter Aufnahme einer Beschäftigung die Frist nach § 28 Abs. 7 Satz 1 neu.

§ 30 Freizeit

(1) Die Untergebrachten erhalten Gelegenheit und Anregungen, ihre Freizeit sinnvoll zu gestalten. Die Einrichtung hat insbesondere Angebote zur kulturellen Betätigung sowie Bildungsangebote vorzuhalten. Die Benutzung einer Bücherei ist zu ermöglichen.

(2) Die Untergebrachten sind zur Teilnahme und Mitwirkung an Angeboten der Freizeitgestaltung zu motivieren und anzuleiten. Die Gestaltung der Freizeit kann auch dazu dienen, die Untergebrachten an die Behandlung heranzuführen.

(3) Die Untergebrachten dürfen auf eigene Kosten Zeitungen und Zeitschriften in angemessenem Umfang durch Vermittlung der Einrichtung beziehen. Ausgeschlossen sind Zeitungen und Zeitschriften, deren Verbreitung mit Strafe oder Geldbuße bedroht ist. Einzelne Ausgaben oder Teile von Zeitungen oder Zeitschriften können den Untergebrachten vorenthalten werden, wenn sie die Vollzugsziele nach § 2 Abs. 1 oder die Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung erheblich gefährden.

(4) Den Untergebrachten ist Gelegenheit zu geben, am Fernseh- und Hörfunkempfang teilzunehmen.

(5) Die Untergebrachten dürfen eigene Hörfunk- und Fernsehgeräte sowie in angemessenem Umfang Bücher und andere Gegenstände zur Fortbildung oder zur Freizeitbeschäftigung besitzen. Das Einbringen der Gegenstände wird durch die Einrichtung geregelt. § 20 Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(6) Der Hörfunk- und Fernsehempfang kann vorübergehend ausgesetzt oder einzelnen Untergebrachten untersagt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung unerlässlich ist.

§ 31 Sport

Die Untergebrachten erhalten Gelegenheit, in ihrer Freizeit Sport zu treiben. Hierfür sind ausreichende Angebote vorzuhalten. § 30 Abs. 2 gilt entsprechend.

Sechster Abschnitt
Religionsausübung und Seelsorge

§ 32 Religionsausübung und Seelsorge

(1) Den Untergebrachten ist eine seelsorgerische und religiöse Betreuung durch ihre Religionsgemeinschaft zu ermöglichen. Auf ihren Wunsch ist ihnen zu helfen, mit der Seelsorge ihrer Religionsgemeinschaft in Verbindung zu treten.

(2) Den Untergebrachten sind Gegenstände des religiösen Gebrauchs in angemessenem Umfang zu belassen. § 20 Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend. Grundlegende religiöse Schriften dürfen ihnen nur bei grobem Missbrauch entzogen werden.

(3) Die Untergebrachten haben das Recht, am Gottesdienst und an anderen religiösen Veranstaltungen ihres Bekenntnisses teilzunehmen. Zu religiösen Veranstaltungen einer anderen Religionsgemeinschaft werden Untergebrachte zugelassen, wenn deren Seelsorgerin oder Seelsorger einwilligt. Untergebrachte können von der Teilnahme ausgeschlossen werden, wenn dies aus überwiegenden Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung geboten ist; die Seelsorgerin oder der Seelsorger soll vorher gehört werden.

(4) Für Angehörige weltanschaulicher Bekenntnisse gelten die Abs. 1 bis 3 entsprechend.

Siebter Abschnitt
Außenkontakte der Untergebrachten

§ 33 Grundsätze 15 20

(1) Die Untergebrachten haben das Recht, Kontakte mit Personen außerhalb der Einrichtung im Rahmen der Bestimmungen dieses Gesetzes zu pflegen. Der Verkehr mit der Außenwelt sowie die Erhaltung und Schaffung des sozialen Empfangsraumes sind zu fördern. Insbesondere gilt dies für den Kontakt der Untergebrachten zu ihren Angehörigen im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 1 des Strafgesetzbuchs.

(2) Die Leitung der Einrichtung kann im Einzelfall den Kontakt untersagen

  1. zu bestimmten Personen, wenn die Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung gefährdet würde,
  2. wenn zu befürchten ist, dass der Kontakt geeignet ist, Bestrebungen im Sinne von § 2 Abs. 2 des Hessischen Verfassungsschutzgesetzes in seiner jeweils geltenden Fassung oder entsprechende Verhaltensweisen zu fördern,
  3. zu Opfern der Straftat, wenn zu befürchten ist, dass der Kontakt schädliche Auswirkungen auf diese hat, oder wenn die Untersagung eines Kontakts sonst aus Gründen des Opferschutzes geboten erscheint,
  4. im Übrigen zu Personen, die nicht Angehörige der oder des Untergebrachten im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 1 des Strafgesetzbuchs sind, wenn zu befürchten ist, dass sie einen schädlichen Einfluss auf die Untergebrachte oder den Untergebrachten haben, die Erreichung der Vollzugsziele gefährdet würde haben oder der Kontakt geeignet ist, auf eine extremistische Verhaltensweise hinzuwirken.

(3) Kontakte mit Verteidigerinnen und Verteidigern sind zu gewährleisten und dürfen nicht überwacht werden. § 148 Abs. 2 und § 148a der Strafprozessordnung gelten entsprechend. Satz 1 gilt entsprechend für bevollmächtigte Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sowie Notarinnen und Notare in die Untergebrachten betreffenden Rechtssachen.

(4) Nicht überwacht werden auch Kontakte mit den in § 119 Abs. 4 Satz 2 der Strafprozessordnung genannten Personen und Stellen, soweit

  1. bei mündlicher Kommunikation die Identität der Kontaktperson zweifelsfrei feststeht,
  2. ausgehende Schreiben an den jeweiligen Dienstsitz gerichtet sind und der Absender zutreffend angeben ist oder
  3. bei eingehenden Schreiben begründete Zweifel an der Identität des Absenders nicht vorliegen oder auf andere Weise als durch Überwachung ausgeräumt werden können.

(5) Die Kosten für Telekommunikation sowie abgehende Schreiben und Pakete tragen die Untergebrachten. Sind sie hierzu nicht in der Lage, kann die Einrichtung die Kosten in begründeten Fällen in angemessenem Umfang übernehmen.

§ 34 Besuch 18 20

(1) Den Untergebrachten ist Gelegenheit zu geben, mindestens zehn Stunden im Monat Besuch zu empfangen, auf die auch Zeiten der Videotelekommunikation angerechnet werden. Besuche von Kindern der Untergebrachten sind besonders zu fördern.

(2) Den Untergebrachten sollen über Abs. 1 hinaus mehrstündige unbeaufsichtigte Besuche (Langzeitbesuche) ermöglicht werden, wenn dies zur Förderung familiärer, partnerschaftlicher oder ihnen gleichzusetzender Kontakte geboten erscheint und die Untergebrachten hierfür geeignet sind.

(3) Aus Gründen der Sicherheit kann ein Besuch, auch in den Fällen des § 33 Abs. 3 und 4, davon abhängig gemacht werden, dass sich die Besucherin oder der Besucher absuchen oder durchsuchen lässt. § 46 Abs. 1 gilt entsprechend.

(4) Abgesehen von den Fällen des § 33 Abs. 3 und 4 dürfen Besuche aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung oder aus Gründen der Behandlung offen überwacht werden; die Überwachung erstreckt sich hierbei sowohl auf die Untergebrachten als auch auf deren Besuch. Die Unterhaltung darf nur überwacht werden, soweit dies im Einzelfall aus den in Satz 1 genannten Gründen erforderlich ist, und, soweit sie besondere Kategorien personenbezogener Daten nach § 41 Nr. 15 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes vom 3. Mai 2018 (GVBl. S. 82), geändert durch Gesetz vom 12. September 2018 (GVBl. S. 570), zum Gegenstand hat, unbedingt erforderlich ist. Ein Besuch darf abgebrochen werden, wenn Beteiligte gegen die Vorschriften dieses Gesetzes oder die aufgrund dieses Gesetzes getroffenen Anordnungen trotz Ermahnung verstoßen. Dies gilt auch, wenn Verhaltensweisen von Besuchspersonen geeignet sind, einen schädlichen Einfluss auf die Untergebrachten auszuüben. Einer Ermahnung bedarf es nicht, wenn es unerlässlich ist, den Besuch sofort abzubrechen. Gegenstände dürfen beim Besuch nur mit Erlaubnis übergeben werden. Dies gilt nicht für die bei dem Besuch von Personen nach § 33 Abs. 3 und 4 übergebenen Schriftstücke und sonstigen Unterlagen.

(5) Die optische Überwachung eines Besuchs kann auch durch technische Hilfsmittel erfolgen, insbesondere durch optischelektronische Einrichtungen (Videoüberwachung). Die Aufzeichnung und Speicherung von nach Satz 1 erhobenen Daten ist zulässig, wenn sie zum Erreichen des verfolgten Zwecks unbedingt erforderlich ist. Die betroffenen Personen sind auf Maßnahmen nach Satz 1 und 2 vorher hinzuweisen. Die Leitung der Einrichtung kann die Nutzung einer Trennvorrichtung anordnen, wenn dies zum Schutz von Personen oder zur Verhinderung einer Übergabe von Gegenständen erforderlich ist. Eine Erforderlichkeit ist insbesondere in der Regel anzunehmen, wenn ein Fall des § 47 Abs. 3 vorliegt oder Untergebrachte aus anderen Gründen im Verdacht stehen, unerlaubt Suchtmittel zu besitzen oder solche konsumiert zu haben oder bei den Untergebrachten Gegenstände gefunden wurden, die zu nicht gestatteten Außenkontakten genutzt werden können.

§ 35 Schriftwechsel 15 18

(1) Die Untergebrachten haben das Recht, Schreiben abzusenden und zu empfangen. Sie haben Absendung und Empfang ihrer Schreiben durch die Einrichtung vermitteln zu lassen, soweit nichts anderes gestattet ist.

(2) Abgesehen von den Fällen des § 33 Abs. 3 und 4 darf der Schriftwechsel überwacht werden, soweit zur Erfüllung von Ziel und Aufgaben des Vollzugs der Sicherungsverwahrung nach § 2, insbesondere aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung oder aus Gründen der Behandlung unbedingt erforderlich ist; die Untergebrachten sind auf entsprechende Maßnahmen bei Aufnahme hinzuweisen. Besteht der Verdacht, dass ein Schreiben, das nach § 33 Abs. 3 und 4 keiner Überwachung unterliegt, unzulässige Einlagen enthält, so wird dieses mit Einverständnis und im Beisein der oder des Untergebrachten einer Sichtkontrolle ohne Kenntnisnahme des gedanklichen Inhalts unterzogen, andernfalls an den Absender zurückgesandt oder der oder dem Untergebrachten zurückgegeben.

(3) Eingehende und ausgehende Schreiben sind umgehend, fristgebundene unverzüglich weiterzuleiten. Davon abweichend soll die Leitung der Einrichtung Schreiben anhalten, wenn

  1. einer der in § 33 Abs. 2 genannten Gründe vorliegt,
  2. der Inhalt des Schreibens einen Strafoder Bußgeldtatbestand erfüllt oder im Falle der Weiterleitung erfüllen würde,
  3. sie grob unrichtige oder erheblich entstellende Darstellungen von Einrichtungsverhältnissen enthalten,
  4. sie in Geheimschrift, unlesbar, unverständlich oder ohne zwingenden Grund in einer fremden Sprache abgefasst sind.

Ausgehenden Schreiben, die unrichtige Darstellungen enthalten, kann ein Begleitschreiben beigefügt werden, wenn die Untergebrachten auf der Absendung bestehen. Ist ein Schreiben angehalten worden, wird das den Untergebrachten mitgeteilt. Angehaltene Schreiben werden an die Absender zurückgegeben oder, sofern dies unmöglich oder aus besonderen Gründen untunlich ist, von der Einrichtung verwahrt.

§ 36 Telekommunikation 15 20

(1) Den Untergebrachten ist zu gestatten, Telefongespräche unter Vermittlung der Einrichtung zu führen. Beschränkungen zu Zeiten der Nachtruhe sind zulässig.

(2) Den Untergebrachten soll gestattet werden, andere von der Aufsichtsbehörde zugelassene Telekommunikationsmittel unter Vermittlung der Einrichtung zu nutzen, wenn hierdurch die Sicherheit und Ordnung der Einrichtung nicht gefährdet wird.

(3) Für Telefongespräche und sonstige Kommunikation im Sinne des Abs. 2 gilt § 34 Abs. 4 entsprechend. Findet danach eine Überwachung statt, so sind die Gesprächsbeteiligten vor Beginn der Überwachung hierauf hinzuweisen. Für schriftliche Kommunikation gelten die Vorschriften über den Schriftwechsel entsprechend.

(4) Ist ein Telekommunikationssystem eingerichtet, kann außer in den Fällen des § 33 Abs. 3 und 4 die Teilnahme daran davon abhängig gemacht werden, dass die Untergebrachten und die anderen Gesprächsbeteiligten in eine mögliche stichprobenartige Überwachung der Telekommunikation, auch zur Feststellung der Identität der Gesprächsbeteiligten, einwilligen. Die Gesprächsbeteiligten sind auf die mögliche Überwachung unmittelbar nach Herstellung der Verbindung hinzuweisen.

(5) Untergebrachten ist der Besitz und Betrieb von Mobilfunkendgeräten und sonstigen Telekommunikationsanlagen auf dem Gelände der Einrichtung untersagt. Die Einrichtung darf technische Geräte zur Feststellung, Störung oder Unterdrückung von Frequenzen betreiben, die der Herstellung unerlaubter Telekommunikation auf dem Einrichtungsgelände, insbesondere des Mobilfunkverkehrs, dienen. Frequenznutzungen außerhalb des Geländes der Einrichtungen dürfen nicht erheblich gestört werden.

§ 37 Pakete

(1) Den Untergebrachten ist zu gestatten, in zumutbarem Umfang Pakete zu empfangen. Die Einrichtung kann das zulässige Gewicht und die zulässige Größe von Sendungen und einzelnen Gegenständen festsetzen. Für den Ausschluss von Gegenständen gilt § 20 Abs. 1 Satz 2 entsprechend.

(2) Pakete sind in Gegenwart der Untergebrachten zu öffnen. Ausgeschlossene Gegenstände können zu ihrer Habe genommen oder zurückgesandt werden. Sie dürfen vernichtet werden, wenn bei der Versendung oder Aufbewahrung Personen verletzt oder Sachschäden verursacht werden können oder wenn sie leicht verderblich sind. Die hiernach getroffenen Maßnahmen werden den Untergebrachten eröffnet.

(3) Den Untergebrachten ist zu gestatten, Pakete zu versenden. Die Einrichtung kann ihren Inhalt aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung überprüfen.

Achter Abschnitt
Vergütung, Gelder der Untergebrachten

§ 38 Vergütung von Beschäftigung, Ausfallentschädigung 15

(1) Untergebrachte, die eine angebotene Arbeit oder arbeitstherapeutische Maßnahmen ausüben, erhalten Arbeitsentgelt. Untergebrachte, die während der Arbeitszeit ganz oder teilweise an einer schulischen oder beruflichen Bildungsmaßnahme teilnehmen, erhalten hierfür eine Ausbildungsbeihilfe, soweit kein Anspruch auf andere Leistungen besteht, die freien Personen aus solchem Anlass zustehen.

(2) Nehmen beschäftigte Untergebrachte während der Arbeitszeit an im Vollzugsplan festgelegten Maßnahmen nach § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 oder 2 teil, erhalten sie für deren Dauer ihr Arbeitsentgelt oder die Ausbildungsbeihilfe (Vergütung) nach Abs. 1 weiter.

(3) Der Bemessung der Vergütung nach Abs. 1 sind 16 Prozent der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch zugrunde zu legen (Eckvergütung). Ein Tagessatz ist der zweihundertfünfzigste Teil der Eckvergütung; die Vergütung kann nach einem Stunden- oder Minutensatz bemessen werden.

(4) Die Vergütung kann je nach Art der Maßnahme und der Leistung der Untergebrachten gestuft werden; dabei dürfen 75 Prozent der Eckvergütung nicht unterschritten werden. Die für Justiz zuständige Ministerin oder der hierfür zuständige Minister wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung entsprechende Vergütungsstufen festzusetzen sowie die Vergütung im Zeit- oder Leistungslohn und die Gewährung von Zulagen zu regeln.

(5) Die Höhe der Vergütung wird den Untergebrachten schriftlich bekannt gegeben.

(6) Soweit Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zu entrichten sind, soll von der Vergütung der Betrag einbehalten werden, der dem Anteil der Untergebrachten am Beitrag entsprechen würde, wenn sie die Vergütung als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer erhielten.

§ 39 Zusätzliche Anerkennung von Beschäftigung und Behandlung 15 20

(1) Als zusätzliche Anerkennung neben der Vergütung nach § 38 erwerben Untergebrachte auf Antrag einen Anspruch auf Erlass der von ihnen zu tragenden Kosten des Strafverfahrens im Sinne von § 464a der Strafprozessordnung, soweit diese dem Land Hessen zustehen oder einem Land, mit dem eine Vollzugsgemeinschaft besteht und das eine entsprechende Regelung vorsieht, wenn sie

  1. jeweils sechs Monate zusammenhängend eine Tätigkeit nach § 28 Abs. 2 ausgeübt haben, in Höhe der von ihnen in diesem Zeitraum erzielten Vergütung, höchstens aber 5 Prozent der zu tragenden Kosten, oder
  2. unter Vermittlung der Einrichtung von ihrer Vergütung nach § 38 Schadenswiedergutmachung leisten, in Höhe der Hälfte der geleisteten Zahlungen.

In den Fällen des Satz 1 Nr. 1 gelten § 28 Abs. 7 Satz 2 und 3 und § 29 Abs. 2 entsprechend.

(2) Haben Untergebrachte während der vorangegangenen Vollstreckung einer Freiheitsstrafe Freistellungstage nach § 39 Abs. 2 Satz 1 des Hessischen Strafvollzugsgesetzes vom 28. Juni 2010 (GVBl. I S. 185), zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. November 2020 (GVBl. S. 778), erworben, wird ihnen bei Antritt der Sicherungsverwahrung eine Ausgleichsentschädigung entsprechend § 39 Abs. 4 Satz 1 des Hessischen Strafvollzugsgesetzes zum Eigengeld gutgeschrieben.

(3) Nehmen die Untergebrachten regelmäßig an sämtlichen im Vollzugsplan festgelegten Maßnahmen nach § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 teil, erhalten sie eine zusätzliche Anerkennung, die mit 9 Prozent der Eckvergütung nach § 38 Abs. 3 bemessen wird.

§ 40 Hausgeld

(1) Die Untergebrachten erhalten von der ihnen nach § 38 zustehenden Vergütung fünf Siebtel monatlich als Hausgeld.

(2) Für Untergebrachte, die in einem freien Beschäftigungsverhältnis stehen oder denen gestattet ist, sich selbst zu beschäftigen, wird aus ihren Bezügen oder Einkünften ein angemessenes Hausgeld festgesetzt.

§ 41 Taschengeld

(1) Untergebrachten wird auf Antrag Taschengeld gewährt, soweit sie bedürftig sind.

(2) Das Taschengeld wird mit 24 Prozent der Eckvergütung nach § 38 Abs. 3 bemessen, soweit den Untergebrachten in dem Monat, für den das Taschengeld beantragt wurde, aus Hausgeld und Eigengeld nicht ein Betrag bis zu dieser Höhe zur Verfügung steht. Eine Anerkennung nach § 39 Abs. 3 bleibt unberücksichtigt.

(3) Verweigern Untergebrachte ohne zwingenden Grund die Teilnahme an im Vollzugsplan festgelegten Maßnahmen nach § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2, verringert sich die Höhe des Taschengeldes auf 14 Prozent der Eckvergütung nach § 38 Abs. 3.

§ 42 Überbrückungsgeld

(1) Aus den in diesem Gesetz geregelten Bezügen und aus den Bezügen oder Einkünften der Untergebrachten, die in einem freien Beschäftigungsverhältnis stehen oder denen gestattet ist, sich selbst zu beschäftigen, ist ein Überbrückungsgeld zu bilden, das den notwendigen Lebensunterhalt der Untergebrachten und deren Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach der Entlassung sichern soll.

(2) Das Überbrückungsgeld wird den Untergebrachten bei der Entlassung in die Freiheit ausgezahlt. Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass Untergebrachte das Überbrückungsgeld nicht zweckentsprechend verwenden, kann die Einrichtung es ganz oder teilweise der Bewährungshilfe zur Verwaltung für die Untergebrachten in den ersten vier Wochen nach der Entlassung überlassen.

(3) Die Leitung der Einrichtung kann gestatten, dass das Überbrückungsgeld schon vor der Entlassung für Ausgaben in Anspruch genommen wird, die der Eingliederung der Untergebrachten dienen.

§ 43 Kostenbeteiligung

(1) An den Kosten für Unterbringung und Verpflegung werden die Untergebrachten nicht beteiligt.

(2) Untergebrachte können an den über die Grundversorgung der Einrichtung hinausgehenden Kosten des Vollzugs angemessen beteiligt werden. Sie haben ferner die Kosten zu tragen, die durch die Inanspruchnahme gewünschter Leistungen der Einrichtung oder von ihr vermittelter Leistungen Dritter entstehen.

(3) Von der Erhebung von Kosten nach Abs. 2 Satz 1 ist abzusehen, soweit dies notwendig ist, um die Erreichung der Vollzugsziele nicht zu gefährden.

§ 44 Eigengeld

(1) Vergütung nach § 38 oder Einkünfte aus einem freien Beschäftigungsverhältnis, die nicht als Hausgeld oder Überbrückungsgeld in Anspruch genommen werden, sowie Gelder, die Untergebrachte in die Einrichtung einbringen oder die für sie von Dritten eingebracht werden, sind als Eigengeld gutzuschreiben. Die Untergebrachten können über ihr Eigengeld verfügen, soweit dieses nicht als Überbrückungsgeld notwendig ist.

(2) Die Leitung der Einrichtung kann zweckgebundene Einzahlungen Dritter gestatten, die der medizinischen Versorgung, der Gewährleistung der Informationsfreiheit oder der Eingliederung der Untergebrachten dienen (zweckgebundenes Eigengeld). Sonstige zweckgebundene Einzahlungen können gestattet werden, wenn Sicherheit und Ordnung der Einrichtung nicht entgegenstehen.

Neunter Abschnitt
Sicherheit und Ordnung

§ 45 Grundsätze, Verhaltensvorschriften 18 20

(1) Sicherheit und Ordnung der Einrichtung tragen maßgeblich zu einem an der Erreichung der Ziele der Unterbringung ausgerichteten Leben in der Einrichtung bei. Das Verantwortungsbewusstsein der Untergebrachten für ein geordnetes und gewaltfreies Zusammenleben in der Einrichtung ist zu wecken und zu stärken.

(2) Soweit es zur Gewährleistung von Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung unbedingt erforderlich ist, erfolgt eine offene optische Überwachung der Untergebrachten außerhalb der Zimmer mit technischen Hilfsmitteln, insbesondere Videoüberwachung. § 34 Abs. 5 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(3) Die Untergebrachten dürfen durch ihr Verhalten gegenüber Bediensteten, anderen Untergebrachten oder sonstigen Personen das geordnete Zusammenleben nicht stören.

(4) Die Untergebrachten haben die Anordnungen der Bediensteten zu befolgen. Einen ihnen zugewiesenen Bereich dürfen sie nicht ohne Erlaubnis verlassen.

(5) Die Untergebrachten haben die Zimmer und die ihnen von der Einrichtung überlassenen Sachen in Ordnung zu halten, schonend zu behandeln und zu reinigen.

(6) Die Untergebrachten haben Umstände, die eine erhebliche Gefahr für eine Person oder eine erhebliche Störung der Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung begründen oder darauf hindeuten, unverzüglich zu melden.

(7) Die Einrichtung kann die erforderlichen Maßnahmen treffen, um eine im Einzelfall bestehende Gefahr für die Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung durch andere Personen als Untergebrachte abzuwehren.

§ 46 Absuchung, Durchsuchung und Untersuchung 15 20

(1) Untergebrachte, ihre Sachen und die Zimmer dürfen, auch mit technischen oder sonstigen Hilfsmitteln, abgesucht oder durchsucht werden. Die Durchsuchung Untergebrachter darf nur von Personen gleichen Geschlechts vorgenommen werden; bei Personen, die sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen oder wenn die Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung dies wegen Gefahr im Verzug erfordert, ist eine Durchsuchung auch durch Bedienstete eines anderen Geschlechts unter besonderer Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles zulässig. Auf das Schamgefühl ist Rücksicht zu nehmen.

(2) Nur bei Gefahr im Verzuge oder auf Anordnung der Leitung der Einrichtung im Einzelfall ist es zulässig, eine mit einer Entkleidung verbundene körperliche Durchsuchung vorzunehmen. Abs. 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Die Durchsuchung ist an einem Ort durchzuführen, der einen Sichtkontakt Unbeteiligter nicht zulässt. Andere Untergebrachte dürfen nicht anwesend sein.

(3) Abweichend von Abs. 2 Satz 1 kann die Leitung der Einrichtung anordnen, dass Untergebrachte bei der Aufnahme, vor und nach Kontakten mit Besuchspersonen sowie vor und nach jeder Abwesenheit von der Einrichtung nach Abs. 2 zu durchsuchen sind; im Einzelfall unterbleibt eine Entkleidung, wenn aufgrund besonderer Umstände eine Gefahr für die Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung fernliegend erscheint.

(4) Die mit einem medizinischen Eingriff verbundene Untersuchung von Körperöffnungen ist durch den ärztlichen Dienst vorzunehmen.

(5) Bei der Durchsuchung von Zimmern nach Abs. 1 Satz 1 dürfen Unterlagen, die von Untergebrachten als Schreiben von Personen nach § 33 Abs. 3 und 4 gekennzeichnet sind, einer Sichtkontrolle auf verbotene Gegenstände ohne Kenntnisnahme des Inhalts unterzogen werden.

§ 47 Bekämpfung des Suchtmittelmissbrauchs 15

(1) Zur Bekämpfung des Suchtmittelmissbrauchs werden Kontrollen durchgeführt.

(2) Eine Kontrolle kann allgemein angeordnet werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung oder zur Gesundheitsvorsorge geboten ist. Gegen einzelne Untergebrachte kann eine Kontrolle angeordnet werden, wenn sie im Verdacht stehen, unerlaubt Suchtmittel zu besitzen oder solche konsumiert zu haben.

(3) Bei Untergebrachten, die eine Mitwirkung an der Durchführung der Kontrolle ohne hinreichenden Grund verweigern, ist in der Regel davon auszugehen, dass Suchtmittelfreiheit nicht gegeben ist.

(4) Räumen Untergebrachte bei einem positiven Kontrollergebnis den Suchtmittelmissbrauch oder bei Verdacht der Manipulation der Probe die Manipulation nicht ein, ist eine Kontrolluntersuchung durch ein externes Fachlabor durchzuführen. Bestätigt sich das positive Kontrollergebnis oder die Manipulation der Probe, haben die Untergebrachten die Kosten für die zusätzliche Untersuchung zu tragen.

§ 48 Lichtbildausweise

Die Einrichtung kann Untergebrachte verpflichten, einen Lichtbildausweis mit sich zu führen, wenn dies aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung erforderlich ist. Der Ausweis ist bei der Entlassung oder der Verlegung aus der Einrichtung einzuziehen und zu vernichten.

§ 49 Festnahmerecht

Untergebrachte, die entwichen sind oder sich sonst ohne Erlaubnis außerhalb der Einrichtung aufhalten, können durch die Einrichtung oder auf deren Veranlassung hin im Rahmen der Nacheile festgenommen und in die Einrichtung zurückgeführt werden.

§ 50 Besondere Sicherungsmaßnahmen 15 18 19 20

(1) Gegen Untergebrachte können auch außerhalb der Einrichtung, besondere Sicherungsmaßnahmen angeordnet werden, wenn nach deren Verhalten oder aufgrund des seelischen Zustands in erhöhtem Maße die Gefahr der Entweichung, von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen oder der Selbsttötung oder der Selbstverletzung besteht.

(2) Als besondere Sicherungsmaßnahmen sind zulässig:

  1. der Entzug oder die Vorenthaltung von Gegenständen,
  2. die Beobachtung der Untergebrachten, auch durch technische Hilfsmittel, insbesondere Videoüberwachung, soweit dies unbedingt erforderlich ist,
  3. die Trennung von anderen Untergebrachten (Absonderung),
  4. der Entzug oder die Beschränkung des Aufenthalts im Freien,
  5. die Unterbringung in einem besonders gesicherten Raum ohne gefährdende Gegenstände und
  6. die Fesselung bis hin zur vollständigen Aufhebung der Bewegungsfreiheit (Fixierung).

Eine Fixierung ist nur zulässig, soweit und solange dies zur Abwendung einer gegenwärtigen Gefahr der erheblichen Selbstverletzung oder Selbsttötung von Untergebrachten unerlässlich ist.

(3) Maßnahmen nach Abs. 2 Nr. 1 und 3 bis 5 sind auch zulässig, wenn die Gefahr einer Befreiung oder eine sonstige erhebliche Störung der Ordnung der Einrichtung anders nicht abgewendet werden kann. Gleiches gilt für Maßnahmen nach Abs. 2 Nr. 1, 3 und 4, wenn Untergebrachte auf eine extremistische Verhaltensweise hinwirken.

(4) Bei einer Ausführung, Vorführung oder beim Transport von Untergebrachten, deren Eignung für vollzugsöffnende Maßnahmen nach § 13 Abs. 3 nicht festgestellt ist, ist die Fesselung, nicht jedoch die Fixierung, auch dann zulässig, wenn die vorgesehene Bewachung durch Bedienstete nicht ausreicht, die Gefahr einer Entweichung oder eines Angriffs auf Personen zu beseitigen. Eine Bewachung im Sinne des Satz 1 ist in der Regel nicht ausreichend, wenn

  1. aufgrund der Kurzfristigkeit der Notwendigkeit der Maßnahme, insbesondere in Fällen der medizinischen Versorgung, eine Bewertung der Gesamtumstände nicht möglich ist oder
  2. die Maßnahme an einem Ort durchgeführt wird, an dem sich die tatsächlichen Verhältnisse nicht mit der erforderlichen Sicherheit vorher bestimmen lassen,

es sei denn besondere Umstände lassen im Einzelfall die in Satz 1 genannten Gefahren auch ohne Fesselung fernliegend erscheinen. Eine Fesselung ist bei Ausführungen, die der Vorbereitung der Entlassung nach § 16 Abs. 1 dienen, nur zulässig, wenn dies zur Abwehr der in Satz 1 genannten Gefahren unerlässlich ist.

(5) In der Regel dürfen Fesseln, abgesehen von der Fixierung, nur an den Händen oder an den Füßen angelegt werden. Im Interesse der Untergebrachten kann die Leitung der Einrichtung eine andere Art der Fesselung anordnen.

(6) Für die Beobachtung der Untergebrachten durch technische Hilfsmittel nach Abs. 2 Nr. 2 gilt § 34 Abs. 5 Satz 2 und 3 entsprechend. Eine dauerhafte Beobachtung unter Verwendung technischer Hilfsmittel ist nur zulässig, wenn und solange dies zur Abwendung der Gefahr einer Selbsttötung oder Selbstverletzung unbedingt erforderlich ist. Eine Abdunkelung zur Nachtzeit ist zu gewährleisten. Das Schamgefühl ist so weit wie möglich zu schonen.

(7) Eine Absonderung von mehr als 24 Stunden ist nur zulässig, wenn dies unerlässlich ist.

(8) Während der Absonderung oder Unterbringung in einem besonders gesicherten Raum sind die Untergebrachten in besonderem Maße zu betreuen. Sind die Untergebrachten darüber hinaus gefesselt, sind sie ständig zu beobachten; bei einer Fixierung ist eine Sitzwache durch hierfür besonders geschulte Bedienstete durchzuführen. Eine Absonderung von mehr als 30 Tagen Dauer oder mehr als 90 Tagen innerhalb von zwölf Monaten bedarf der Zustimmung der Aufsichtsbehörde.

§ 51 Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen, ärztliche Überwachung 19 20

(1) Besondere Sicherungsmaßnahmen ordnet die Leitung der Einrichtung an. Bei Gefahr im Verzuge können auch andere Bedienstete diese Maßnahmen vorläufig anordnen; die Entscheidung der Leitung der Einrichtung ist unverzüglich einzuholen. Die an der Behandlung maßgeblich beteiligten Personen sind über angeordnete Maßnahmen nach § 50 Abs. 2 alsbald zu unterrichten. Abweichend von Satz 1 ordnet das Gericht eine nicht nur kurzfristige Fixierung auf Antrag der Anstaltsleitung an. Bei Gefahr im Verzug kann die Anordnung einer nicht nur kurzfristigen Fixierung vorläufig durch die Leitung der Einrichtung oder andere Bedienstete der Einrichtung getroffen werden; in diesem Fall ist unverzüglich eine Entscheidung des Gerichts über die Fortdauer oder Aufhebung der Maßnahme herbeizuführen. Eine Fixierung gilt als nicht nur kurzfristig, wenn im Zeitpunkt der Anordnung der Maßnahme davon auszugehen ist, dass ihre Dauer eine halbe Stunde überschreiten wird oder dies im Laufe ihres Vollzuges erkennbar wird.

(2) Vor der Anordnung ist eine Stellungnahme des ärztlichen oder psychologischen Dienstes einzuholen, wenn hierzu begründeter Anlass besteht; vor Anordnung einer Fixierung oder deren Beantragung ist regelmäßig eine ärztliche Stellungnahme zur Unerlässlichkeit der Fixierung einzuholen. Ist dies wegen Gefahr im Verzuge nicht möglich, wird die Stellungnahme unverzüglich nachträglich eingeholt. Wenn Untergebrachten der tägliche Aufenthalt im Freien entzogen wird oder sie länger als vierundzwanzig Stunden abgesondert sind, ist eine Stellungnahme des ärztlichen Dienstes spätestens nach drei Tagen und danach in angemessenen Abständen einzuholen.

(3) Besondere Sicherungsmaßnahmen dürfen nur so weit aufrechterhalten werden, wie es ihr Zweck erfordert. Eine Überprüfung hat in angemessenen Abständen zu erfolgen.

(4) Sind Untergebrachte in einem besonders gesicherten Raum untergebracht oder gefesselt (§ 50 Abs. 2 Nr. 5 und 6), so sucht sie der ärztliche Dienst alsbald und danach in der Regel täglich auf. Dies gilt nicht bei einer Fesselung während einer Ausführung, Vorführung oder eines Transports. Während der Dauer einer nicht nur kurzfristigen Fixierung sucht der ärztliche Dienst die Untergebrachten mindestens täglich auf und gibt eine ärztliche Stellungnahme zur fortdauernden Unerlässlichkeit der Fixierung ab.

(5) Die besonderen Sicherungsmaßnahmen sind den Untergebrachten zu erläutern. Die Anordnung und die Durchführung der Maßnahmen einschließlich der Beteiligung des ärztlichen oder psychologischen Dienstes sind zu dokumentieren. Im Falle einer Fixierung sind auch ihre maßgeblichen Gründe, die Einholung der Anordnung des Gerichts, ihre Durchsetzung, ihre Dauer und die Überwachung durch eine Sitzwache sowie die ärztlichen Stellungnahmen zu dokumentieren. Nach der Beendigung der Fixierung sind die Untergebrachten auf ihr Recht, die Rechtmäßigkeit der Fixierung gerichtlich überprüfen lassen zu können, hinzuweisen; der Hinweis ist aktenkundig zu machen.

(6) Besondere Sicherungsmaßnahmen nach § 50 Abs. 2 Nr. 5 und 6 sind der Aufsichtsbehörde unverzüglich zu berichten, wenn sie länger als drei Tage aufrechterhalten werden.

§ 52 Ersatz von Aufwendungen 15 20

(1) Die Untergebrachten sind verpflichtet, der Einrichtung Aufwendungen zu ersetzen, die sie durch eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Selbstverletzung, Verletzung anderer Personen oder Beschädigung fremder Sachen verursacht haben. Gleiches gilt, wenn Untergebrachte Behandlungsmaßnahmen, mit denen sie sich zuvor einverstanden erklärt haben, mutwillig in Kenntnis der Tatsache verweigern, dass die Einrichtung hierfür bereits nicht mehr rückgängig zu machende Verpflichtungen eingegangen ist. Ansprüche aufgrund anderer Rechtsvorschriften bleiben unberührt.

(2) Die Einrichtung kann den Anspruch durch Bescheid gegen die Untergebrachten geltend machen. Bei der Geltendmachung dieser Forderungen kann auch ein den zweifachen Tagessatz der Eckvergütung (§ 38 Abs. 3 Satz 1) übersteigender Teil des Hausgelds (§ 40) in Anspruch genommen werden.

(3) Von der Aufrechnung oder Vollstreckung wegen der in Abs. 1 genannten Forderungen ist abzusehen, wenn hierdurch die Erreichung der Vollzugsziele nach § 2 Abs. 1 gefährdet würde.

Zehnter Abschnitt
Unmittelbarer Zwang

§ 53 Unmittelbarer Zwang 20

(1) Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch körperliche Gewalt, ihre Hilfsmittel und durch Waffen. Körperliche Gewalt ist jede unmittelbare körperliche Einwirkung auf Personen oder Sachen. Hilfsmittel der körperlichen Gewalt sind namentlich Fesseln. Waffen sind die dienstlich zugelassenen Hieb- und Schusswaffen sowie Reizstoffe.

(2) Bedienstete dürfen unmittelbaren Zwang anwenden, wenn sie Vollzugs- und Sicherungsmaßnahmen rechtmäßig durchführen und der damit verfolgte Zweck auf keine andere Weise erreicht werden kann. Gegen andere Personen als Untergebrachte darf unmittelbarer Zwang angewendet werden, wenn sie es unternehmen, Untergebrachte zu befreien oder, auch mittels technischer Geräte, insbesondere unbemannter Luftfahrtsysteme und Flugmodelle, in den Einrichtungsbereich widerrechtlich einzudringen, unbefugt Gegenstände in den Einrichtungsbereich einzubringen oder wenn sie sich unbefugt im Einrichtungsbereich aufhalten; das Recht zur Ausübung von unmittelbarem Zwang gegen Sachen wird hierdurch nicht eingeschränkt. Das Recht zur Ausübung von unmittelbarem Zwang aufgrund anderer Regelungen bleibt unberührt.

(3) Unter mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs ist diejenige zu wählen, die den Einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. Unmittelbarer Zwang unterbleibt, wenn ein durch ihn zu erwartender Schaden erkennbar außer Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg steht.

(4) Unmittelbarer Zwang ist vorher anzudrohen. Von der Androhung kann abgesehen werden, wenn die Umstände sie nicht zulassen, insbesondere wenn die sofortige Anwendung des Zwangsmittels zur Abwehr einer Gefahr notwendig ist.

§ 54 Schusswaffengebrauch 20

(1) Schusswaffen dürfen gegen Untergebrachte nur

  1. zur Abwehr eines gegenwärtigen rechtswidrigen Angriffs auf Leib oder Leben oder
  2. zur Vereitelung einer Flucht oder zur Wiederergreifung

gebraucht werden, wenn andere Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges bereits erfolglos waren oder keinen Erfolg versprechen. Sie dürfen nur von den dazu bestimmten Bediensteten mit dem Ziel gebraucht werden, angriffs- oder fluchtunfähig zu machen. Ihr Gebrauch hat zu unterbleiben, wenn dadurch erkennbar Unbeteiligte mit hoher Wahrscheinlichkeit gefährdet würden. Der Gebrauch von Schusswaffen ist vorher anzudrohen. Als Androhung gilt auch ein Warnschuss. Ohne Androhung dürfen Schusswaffen nur dann gebraucht werden, wenn das zur Abwehr eines Angriffs nach Satz 1 Nr. 1 unerlässlich ist.

(2) Um die Flucht von Untergebrachten, die im offenen Vollzug untergebracht sind, zu vereiteln, dürfen keine Schusswaffen gebraucht werden.

(3) Gegen andere Personen dürfen Schusswaffen gebraucht werden, wenn sie es unternehmen, Untergebrachte gewaltsam zu befreien oder gewaltsam in eine Einrichtung einzudringen. Abs. 1 Satz 2 bis 6 und Abs. 2 gelten entsprechend.

(4) Gegen Sachen, insbesondere gegen unbemannte Luftfahrtsysteme und Flugmodelle, dürfen Waffen gebraucht werden; Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

Elfter Abschnitt
Disziplinarmaßnahmen

§ 55 Disziplinarmaßnahmen 15 20

(1) Disziplinarmaßnahmen können angeordnet werden, wenn Untergebrachte rechtswidrig und schuldhaft

  1. gegen Strafgesetze verstoßen oder eine Ordnungswidrigkeit begehen,
  2. ohne erforderliche Erlaubnis nach § 20 Abs. 2 Gegenstände in die Einrichtung einbringen, einbringen lassen, annehmen, besitzen oder abgeben,
  3. entweichen oder zu entweichen versuchen,
  4. unerlaubt Betäubungsmittel oder andere berauschende Stoffe herstellen, konsumieren oder eine Kontrolle nach § 47 Abs. 2 verweigern oder manipulieren,
  5. wiederholt oder schwerwiegend gegen sonstige Pflichten verstoßen, die ihnen durch dieses Gesetz oder aufgrund dieses Gesetzes auferlegt sind.

(2) Zulässige Disziplinarmaßnahmen sind

  1. der Verweis,
  2. der Ausschluss von einzelnen Freizeitveranstaltungen bis zu drei Monaten,
  3. die Beschränkung oder der Entzug der Bewegungsfreiheit außerhalb des Zimmers (§ 27 Abs. 2 Satz 2) bis zu einem Monat,
  4. der Entzug des Fernsehgeräts oder die Beschränkung des Fernsehempfangs bis zu drei Monaten,
  5. der Entzug von Geräten der Unterhaltungselektronik bis zu drei Monaten und
  6. Arrest bis zu zwei Wochen.

(3) In geeigneten Fällen kann von Disziplinarmaßnahmen abgesehen werden, wenn andere Maßnahmen ausreichend erscheinen. Zur Abwendung oder Milderung von Disziplinarmaßnahmen können im Wege einvernehmlicher Streitbeilegung Vereinbarungen getroffen werden, insbesondere die Wiedergutmachung des Schadens, die Entschuldigung bei Geschädigten oder die Erbringung von Leistungen für die Gemeinschaft.

(4) Eine Disziplinarmaßnahme ist auch zulässig, wenn wegen derselben Verfehlung ein Straf- oder Bußgeldverfahren eingeleitet wird. Mehrere Disziplinarmaßnahmen können miteinander verbunden werden. Der Verweis kann auch mit der Anordnung, gemeinnützige Arbeit zu leisten, verbunden werden. Arrest darf nur wegen schwerer oder mehrfach wiederholter Verfehlungen verhängt werden.

(5) Unabhängig von einer disziplinarischen Ahndung sollen Pflichtverstöße nach Abs. 1 im Rahmen der Behandlung aufgearbeitet werden.

§ 56 Verfahren und Vollstreckung

(1) Disziplinarmaßnahmen ordnet die Leitung der Einrichtung an. Bei einer Verfehlung, die während der Verlegung in eine andere Einrichtung begangen wird, ist die Leitung dieser Einrichtung zuständig. Wenn sich eine Verfehlung gegen die Leitung der Einrichtung richtet, entscheidet die Aufsichtsbehörde.

(2) Im Rahmen der Sachverhaltsaufklärung sind sowohl die belastenden als auch die entlastenden Umstände zu ermitteln. Die Untergebrachten werden gehört. Sie sind darauf hinzuweisen, dass es ihnen freisteht, sich zu äußern. Die Äußerungen der Untergebrachten und die weiteren Ergebnisse der Ermittlungen sind zu dokumentieren. Die Leitung der Einrichtung soll sich vor der Entscheidung mit Personen besprechen, die maßgeblich an der Behandlung der Untergebrachten mitwirken. § 51 Abs. 2 Satz 1 und 2 gilt entsprechend. Die Entscheidung ist den Untergebrachten mündlich zu eröffnen und schriftlich kurz zu begründen.

(3) Disziplinarmaßnahmen sollen in der Regel sofort vollstreckt werden. Die Vollstreckung ist auszusetzen, soweit es zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes erforderlich ist. Die Vollstreckung hat zu unterbleiben oder ist aufzuschieben oder zu unterbrechen, wenn ansonsten der Erfolg der Behandlung nachhaltig gefährdet wäre.

(4) Eine Disziplinarmaßnahme kann ganz oder teilweise bis zu sechs Monaten zur Bewährung ausgesetzt werden. Die Aussetzung zur Bewährung kann widerrufen werden, wenn die Untergebrachten erneut gegen Pflichten verstoßen. Disziplinarmaßnahmen, die gegen Untergebrachte in einer anderen Einrichtung oder während des Strafvollzugs angeordnet worden sind, werden auf Ersuchen vollstreckt. Die Befugnis nach Satz 1 steht auch der ersuchten Einrichtung zu.

(5) Für die Dauer des Arrests werden die Untergebrachten abgesondert. Sie können in einem besonderen Raum untergebracht werden, der den Anforderungen entsprechen muss, die an ein zum Aufenthalt bei Tag und Nacht bestimmtes Zimmer gestellt werden. Soweit nichts anderes angeordnet wird, ruhen die Befugnisse der Untergebrachten zur Teilnahme an Maßnahmen außerhalb des Raumes, in dem Arrest vollstreckt wird, sowie die Befugnisse zur Ausstattung des Zimmers mit eigenen Gegenständen, zum Fernsehempfang und Einkauf. Gegenstände für die Freizeitbeschäftigung mit Ausnahme des Lesestoffs sind nicht zugelassen. Bevor der Arrest vollzogen wird, ist eine ärztliche Stellungnahme einzuholen. Während des Arrests stehen die Untergebrachten unter ärztlicher Aufsicht. Der Vollzug des Arrests hat zu unterbleiben oder ist zu unterbrechen, wenn die Gesundheit der Untergebrachten gefährdet würde.

(6) Die Rechte zur Teilnahme an unaufschiebbaren Behandlungsmaßnahmen und zur Teilnahme am Gottesdienst sowie auf einen täglichen einstündigen Aufenthalt im Freien bleiben unberührt.

Zwölfter Abschnitt
Beschwerde

§ 57 Beschwerderecht

(1) Untergebrachte können sich mit Wünschen, Anregungen und Beschwerden (Eingaben) in Angelegenheiten, die sie selbst betreffen, an die Leitung der Einrichtung wenden. Eingaben, die beleidigenden Charakter haben oder bloße Wiederholungen enthalten, brauchen nicht in der Sache beschieden zu werden. Untergebrachte sind über die Gründe zu unterrichten.

(2) Es ist zu gewährleisten, dass sich Untergebrachte in eigenen Angelegenheiten an hierfür zuständige Bedienstete der Aufsichtsbehörde, die die Einrichtung aufsuchen, wenden können.

(3) Die Möglichkeit der Dienstaufsichtsbeschwerde bleibt unberührt.

Dreizehnter Abschnitt
Datenschutz

§ 58 Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten 18 20

(1) Die Einrichtung und die Aufsichtsbehörde dürfen personenbezogene Daten nur verarbeiten, wenn eine Rechtsvorschrift dies vorsieht oder zwingend voraussetzt oder soweit dies für den Vollzug der Unterbringung erforderlich und im Falle der Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener nach § 41 Nr. 15 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes unbedingt erforderlich ist. Soweit in den folgenden Vorschriften nichts Abweichendes geregelt ist, findet das Hessische Datenschutzgesetz in der jeweils geltenden Fassung Anwendung; dabei finden insbesondere die Vorschriften von Teil 3 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes auf die Datenverarbeitung durch die Einrichtung oder Aufsichtsbehörde Anwendung, soweit die Datenverarbeitung zu den in § 40 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes genannten Zwecken erfolgt. Bei der Verarbeitung personenbezogener Daten sind schutzwürdige Interessen der Betroffenen in jedem Fall der Verarbeitung zu berücksichtigen; sofern der Kernbereich privater Lebensgestaltung betroffen ist, darf keine Verarbeitung erfolgen.

(2) Zur Sicherung von Ziel und Aufgabe des Vollzugs der Sicherungsverwahrung nach § 2, insbesondere zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung, zur Identitätsfeststellung oder zur Aufrechterhaltung der medizinischen Versorgung und Gesundheitsfürsorge ist, soweit hierfür unbedingt erforderlich, die Verarbeitung folgender Daten von Untergebrachten mit deren Kenntnis zulässig:

  1. biometrische Daten von Fingern und Händen,
  2. Lichtbilder,
  3. Feststellungen äußerlicher körperlicher Merkmale,
  4. Körpermessungen und
  5. Gesundheitsdaten.

(3) Alle zur Person der Untergebrachten erhobenen und für den Vollzug der Unterbringung erforderlichen Daten einschließlich derjenigen, die nach Abs. 2 Nr. 1 bis 4 erhoben worden sind, sind in eine Untergebrachtenpersonalakte aufzunehmen, die auch elektronisch geführt werden kann. Gesundheitsdaten und die sonstigen in § 61 Abs. 2 und 3 aufgeführten personenbezogenen Daten sind getrennt von der Untergebrachtenpersonalakte zu führen.

(4) Die einzelnen Vollzugsbediensteten sowie die in § 61 Abs. 3, § 71 Abs. 1 Satz 2 und 3, § 72 Abs. 1 und § 76 genannten Personen dürfen von personenbezogenen Daten nur Kenntnis erhalten, soweit dies zur Erfüllung der ihnen obliegenden Aufgabe oder für die Zusammenarbeit nach § 4 Abs. 2 und § 71 Abs. 5 erforderlich ist. Bei personenbezogenen Daten im Sinne von Abs. 2 ist über Satz 1 hinaus erforderlich, dass dies zur Erfüllung der ihnen obliegenden Aufgabe oder für die Zusammenarbeit nach § 4 Abs. 2 und § 71 Abs. 5 unbedingt erforderlich ist.

(5) Die Einrichtung ist befugt, zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung die Identität aller Personen festzustellen, die Zugang zur Einrichtung begehren. Sofern unbedingt erforderlich, nimmt die Einrichtung den Abgleich biometrischer Daten vor.

(6) Soweit dies zur Aufrechterhaltung von Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung oder zur Abwendung von Gefahren hierfür erforderlich ist, werden Außenbereiche der Einrichtung mit technischen Hilfsmitteln, insbesondere Videoüberwachung, offen überwacht, sofern keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Der Umstand der Überwachung und der Name und die Kontaktdaten der Verantwortlichen sind den Betroffenen durch geeignete Maßnahmen zum frühestmöglichen Zeitpunkt kenntlich zu machen. § 34 Abs. 5 Satz 2 gilt entsprechend; darüber hinaus ist eine Speicherung nur zulässig, wenn keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen.

§ 58a Überprüfung einrichtungsfremder Personen 15 18 20

(1) Personen, die in der Einrichtung tätig werden sollen und die zur Einrichtung oder Aufsichtsbehörde nicht in einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis stehen und nicht im Auftrag einer anderen Behörde Zugang begehren, können zu diesen Tätigkeiten nur zugelassen werden, wenn keine Sicherheitsbedenken bestehen. Die Einrichtung nimmt zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung und zur Abwendung von Gefahren hierfür mit Einwilligung der betroffenen Person eine Zuverlässigkeitsüberprüfung
vor. Sie darf dazu

  1. eine Auskunft nach § 41 Abs. 1 Nr. 1 des Bundeszentralregistergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. September 1984 (BGBl. I S. 1229, 1985 I S. 195), zuletzt geändert durch Gesetz vom 9. Oktober 2020 (BGBl. I S. 2075), einholen,
  2. sicherheitsrelevante Erkenntnisse der Polizeibehörden und, soweit im Einzelfall erforderlich, des Landesamts für Verfassungsschutz abfragen; soweit möglich übermittelt die Einrichtung den angefragten Behörden bei Maßnahmen nach Abs. 1 Satz 3 den Nachnamen, den Geburtsnamen, die Vornamen, das Geburtsdatum, das Geschlecht, den Geburtsort, das Geburtsland und die Staatsangehörigkeit der zu überprüfenden Personen sowie bekannt gewordene Aliasnamen.

Ist eine Überprüfung in Eilfällen, beispielsweise bei kurzfristig notwendigen Reparaturarbeiten, nicht möglich, hat eine entsprechende Beaufsichtigung der Person bei der Tätigkeit in der Einrichtung zu erfolgen. Die Vorschriften des Hessischen Sicherheitsüberprüfungs- und Verschlusssachengesetzes vom 19. Dezember 2014 (GVBl. S. 364), geändert durch Gesetz vom 11. Dezember 2019 (GVBl. S. 406) in seiner jeweils geltenden Fassung bleiben unberührt.

(2) Abgesehen von den Fällen des § 33 Abs. 3 und 4 darf die Einrichtung auch bei Personen, die die Kontaktaufnahme zu Untergebrachten oder zum Besuch der Einrichtung begehren, zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung mit ihrer Einwilligung eine Zuverlässigkeitsüberprüfung vornehmen. Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend; hierbei teilt die Einrichtung den in Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 genannten Behörden auch mit, dass und zu welchen Untergebrachten die Person die Kontaktaufnahme begehrt.

(3) Werden der Einrichtung sicherheitsrelevante Erkenntnisse bekannt, wird die betroffene Person nicht oder nur unter Beschränkungen zu der Tätigkeit oder dem Besuch zugelassen. Gleiches gilt, wenn die betroffene Person eine Einwilligung in eine Zuverlässigkeitsüberprüfung verweigert. Sicherheitsrelevant sind insbesondere Erkenntnisse über

  1. strafrechtliche Verurteilungen,
  2. Vorinhaftierungen oder früher vollzogene Sicherungsverwahrung,
  3. eine bestehende Suchtproblematik,
  4. extremistische oder gewaltorientierte Einstellungen oder Verhaltensweisen sowie
  5. Kontakte zu extremistischen oder gewaltorientierten Organisationen, Gruppierungen oder Personen oder zur organisierten Kriminalität.

(4) Personen nach Abs. 1 und 2 sind über die Benachrichtigung nach § 51 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes hinaus über den Anlass der Zuverlässigkeitsprüfung, ihren möglichen Umfang nach Abs. 1 und 2 und über die Rechtsfolgen nach Abs. 3 mit der Einwilligungsanfrage zu belehren.

(5) Im Rahmen der Überprüfung bekannt gewordene Daten dürfen, soweit nicht aufgrund einer anderen gesetzlichen Vorschrift ihre Übermittlung gestattet oder vorgeschrieben ist, mit Ausnahme des für die Überprüfung einer Entscheidung nach Abs. 3 zuständigen Gerichts nicht an Dritte übermittelt werden.

(6) Die Zuverlässigkeitsüberprüfung ist in der Regel nach Ablauf einer Frist von einem Jahr zu wiederholen, sofern ihre Erforderlichkeit nach Abs. 1 Satz 1 weiter besteht. Sie kann zudem wiederholt werden, wenn neue sicherheitsrelevante Erkenntnisse dies nahelegen.

§ 58b Überprüfung von Untergebrachten, Fallkonferenzen 20

(1) Wenn dies zur Abwehr einer von Untergebrachten ausgehenden Gefährdung für die Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung erforderlich ist, prüft die Vollzugsbehörde im Einzelfall, ob sicherheitsrelevante Erkenntnisse im Sinne von § 58a Abs. 3 Satz 3 über Untergebrachte vorliegen, sofern tatsächliche Anhaltspunkte für solche Erkenntnisse und eine entsprechende Gefährdung vorhanden sind. Hierzu darf sie neben den in § 58a Abs. 1 Satz 3 genannten Maßnahmen auch sicherheitsrelevante Erkenntnisse anderer Justizvollzugsbehörden in Hessen und den übrigen Ländern abfragen.

(2) Über § 58a Abs. 1 Satz 3 hinaus sollen die voraussichtliche Vollzugsdauer sowie das Aktenzeichen der der Vollstreckung zugrundeliegenden Entscheidung mitgeteilt werden.

(3) Im Rahmen der Anfrage mitgeteilte sicherheitsrelevante Erkenntnisse sind als gesonderter Teil der Personalakte der Untergebrachten zu führen.

(4) Die Verarbeitungs- und Übermittlungsbefugnis für personenbezogene Daten über Gefangene zur Aufrechterhaltung der Sicherheit der Einrichtung schließt die Verarbeitungsbefugnis zum Zwecke der Vollzugs- und Eingliederungsplanung der Untergebrachten ein.

(5) Die Einrichtung und die Aufsichtsbehörde dürfen personenbezogene Daten, die sie zulässig erhoben haben, im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften zur Übermittlung personenbezogener Daten und der Zuständigkeit der jeweiligen Behörden

  1. mit den Justiz- und Polizeibehörden des Bundes und der Länder in Fallkonferenzen austauschen, wenn
    1. tatsächliche Anhaltspunkte für die nach einer Entlassung fortdauernde erhebliche Gefährlichkeit von Untergebrachten für die Allgemeinheit vorliegen oder Führungsaufsicht angeordnet wurde und
    2. dies zur Bekämpfung von Straftaten von erheblicher Bedeutung im Sinne von § 13 Abs. 3 Satz 1 des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in seiner jeweils geltenden Fassung erforderlich ist,
  2. mit den Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder in Fallkonferenzen austauschen, wenn
    1. bestimmte Tatsachen den Verdacht für Bestrebungen im Sinne von § 2 Abs. 2 des Hessischen Verfassungsschutzgesetzes in seiner jeweils geltenden Fassung begründen und
    2. eine damit im Zusammenhang stehende Gefahr für die Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung oder die Erreichung des Vollzugsziels in einem übersehbaren Zeitraum einzutreten droht und dies zur Verhütung dieser Gefahren erforderlich ist oder
  3. behördenübergreifend mit den Justiz-, Polizei- und Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder in Fallkonferenzen austauschen, wenn
    1. bestimmte Tatsachen den Verdacht für Bestrebungen im Sinne von § 2 Abs. 2 des Hessischen Verfassungsschutzgesetzes in seiner jeweils geltenden Fassung begründen und
    2. bestimmte Tatsachen die Annahme einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben, Gesundheit oder Freiheit von Personen oder für Sachen von bedeutendem Wert, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten ist, begründen und die Durchführung von Fallkonferenzen zur Verhütung dieser Gefahren erforderlich ist.

Besondere Kategorien personenbezogener Daten dürfen nur übermittelt werden, wenn dies unbedingt erforderlich ist. Der Datenaustausch nach anderen Bestimmungen dieses Gesetzes bleibt unberührt.

§ 59 Auslesen von Datenspeichern 18

Elektronische Datenspeicher sowie elektronische Geräte mit Datenspeicher, die ohne Erlaubnis in die Einrichtung eingebracht wurden, dürfen auf schriftliche Anordnung der Einrichtungsleitung ausgelesen werden, soweit konkrete Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass dies für die Erfüllung von Ziel und Aufgabe des Vollzugs der Sicherungsverwahrung nach § 2, insbesondere zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung, unbedingt erforderlich ist. Die Gründe sind in der Anordnung festzuhalten. Sind die Betroffenen bekannt, sind ihnen die Gründe vor dem Auslesen mitzuteilen. Die Untergebrachten sind bei der Aufnahme über die Möglichkeit des Auslesens von nicht gestatteten Datenspeichern zu belehren.

§ 60 Zweckbindung und Übermittlung 15 18 20

(1) Personenbezogene Daten dürfen zu Zwecken, für die sie nicht erhoben oder gespeichert worden sind, nur verarbeitet, insbesondere übermittelt werden, wenn ein Fall der §§ 20 bis 27 und 44 bis 45 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes vorliegt, insbesondere soweit dies

  1. zu den in § 40 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes genannten Zwecken,
  2. in gerichtlichen Verfahren wegen Maßnahmen nach diesem Gesetz,
  3. für Maßnahmen der Gerichtshilfe, Bewährungshilfe oder Führungsaufsicht,
  4. zur Vorbereitung und Durchführung von Maßnahmen der Entlassungsvorbereitung und Nachsorge,
  5. für Entscheidungen in Gnadensachen,
  6. für sozialrechtliche Maßnahmen,
  7. für die Einleitung von Hilfsmaßnahmen für Angehörige der Untergebrachten (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 des Strafgesetzbuchs),
  8. für ausländerrechtliche Maßnahmen,
  9. für die Durchführung der Besteuerung,
  10. zur Ausübung von Aufsichts- und Kontrollbefugnissen sowie zu Ausbildungs- und Prüfungszwecken oder
  11. für gesetzlich angeordnete Statistiken der Rechtspflege

erforderlich und bei besonderen Kategorien personenbezogener Daten nach § 41 Nr. 15 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes unbedingt erforderlich ist.

(2) Bei der Überwachung der Besuche, der Telekommunikation oder des Schriftwechsels sowie bei der Überwachung des Inhalts von Paketen und dem Auslesen von Datenspeichern bekannt gewordene personenbezogene Daten dürfen über ihre Erhebung oder Speicherung hinaus nur verarbeitet, insbesondere übermittelt werden, wenn dies

  1. nach Abs. 1 Nr. 1 oder 2 zulässig ist,
  2. eine Rechtsvorschrift vorsieht, zwingend voraussetzt oder
  3. die Wahrung der Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung oder die Erreichung des Vollzugsziels gebietet

und es unbedingt erforderlich ist. Daten nach Satz 1 sind hinsichtlich des Ursprungs ihrer Erhebung und Speicherung eindeutig zu kennzeichnen. § 4 Abs. 3 Satz 2 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes bleibt unberührt.

(3) Die Einrichtung oder Aufsichtsbehörde kann auf Antrag mitteilen, ob sich jemand in Sicherungsverwahrung befindet sowie ob und wann die Entlassung voraussichtlich ansteht, soweit dies nach Abs. 1 zulässig ist. Weiterhin können unter den Voraussetzungen des Satz 1 auf schriftlichen Antrag Auskünfte auch über die Vermögensverhältnisse der Untergebrachten oder ihre Entlassungsadresse erteilt werden, wenn dies zur Feststellung oder Durchsetzung von Rechtsansprüchen im Zusammenhang mit der Straftat erforderlich ist. Unter den Voraussetzungen von § 406d Abs. 2 und 3 der Strafprozessordnung können Mitteilungen über die erstmalige Gewährung von vollzugsöffnenden Maßnahmen nach den §§ 13 und 16 Abs. 2 auch durch die Einrichtung erfolgen. Die Untergebrachten werden vor Mitteilungen nach Satz 1 bis 3 gehört, es sei denn, es ist zu besorgen, dass dadurch die Verfolgung des Interesses der Antragsteller vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde. Ist die Anhörung unterblieben, werden die betroffenen Untergebrachten über die Mitteilung der Einrichtung oder Aufsichtsbehörde nachträglich unterrichtet.

(4) Akten mit personenbezogenen Daten dürfen nur anderen Einrichtungen, Aufsichtsbehörden, den für strafvollzugs-, strafvollstreckungs- und strafrechtliche Entscheidungen zuständigen Gerichten sowie den Strafvollstreckungs- und Strafverfolgungsbehörden überlassen werden; die Überlassung an andere öffentliche Stellen ist zulässig, soweit die Erteilung einer Auskunft einen unvertretbaren Aufwand erfordert oder nach Darlegung der die Akteneinsicht begehrenden Stellen für die Erfüllung der Aufgabe nicht ausreicht. Entsprechendes gilt für die Überlassung von Akten an die von der Vollzugsbehörde mit Gutachten beauftragten Personen oder Stellen.

(5) Von der Einrichtung oder der Aufsichtsbehörde übermittelte personenbezogene Daten dürfen nur zu dem Zweck verarbeitet werden, zu dessen Erfüllung sie übermittelt worden sind. Der Empfänger darf die Daten für andere Zwecke nur verarbeiten, soweit sie ihm auch für diese Zwecke hätten übermittelt werden dürfen und wenn im Falle einer Übermittlung an nicht öffentliche Stellen die übermittelnde Vollzugsbehörde eingewilligt hat. Die Einrichtung oder Aufsichtsbehörde hat den Empfänger auf die Zweckbindung nach Satz 1 hinzuweisen und für den Fall, dass die übermittelten Daten besondere Kategorien personenbezogener Daten nach § 41 Nr. 15 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes enthalten, auf diese Einstufung.

(6) Die Übermittlung von personenbezogenen Daten unterbleibt, soweit die in § 61 Abs. 2 und § 65 Abs. 4 und 6 geregelten Einschränkungen oder besondere gesetzliche Verwendungsregelungen entgegenstehen. Dies gilt nicht, wenn ein nach Abs. 1 Nr. 1 bis 3 zuständiges Gericht diese Daten anfordert oder dies zur Erfüllung der Aufgaben der in § 119 Abs. 4 Satz 2 Nr. 13 der Strafprozessordnung genannten Stelle im Rahmen eines Besuchs der Einrichtung erforderlich ist.

(7) Die Verantwortung für die Zulässigkeit der Übermittlung trägt die übermittelnde Einrichtung oder Aufsichtsbehörde. Erfolgt die Übermittlung auf Ersuchen einer öffentlichen Stelle, trägt diese die Verantwortung. In diesem Fall prüft die übermittelnde Einrichtung oder Aufsichtsbehörde nur, ob das Übermittlungsersuchen im Rahmen der Aufgaben des Empfängers liegt und die Abs. 2 und 6 der Übermittlung nicht entgegenstehen, es sei denn, dass besonderer Anlass zur Prüfung der Zulässigkeit der Übermittlung besteht.

(8) Für Daten, die im Rahmen einer Maßnahme nach § 14 Abs. 2 erhoben werden, gilt § 463a Abs. 4 der Strafprozessordnung entsprechend mit der Maßgabe, dass

  1. diese Daten ohne Einwilligung der betroffenen Person nur verwendet werden, soweit dies erforderlich ist zur
    1. Feststellung oder Ahndung eines Verstoßes gegen eine Weisung nach § 14 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 9,
    2. Wiederergreifung,
    3. Abwehr einer erheblichen gegenwärtigen Gefahr für das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder sexuelle Selbstbestimmung Dritter oder
    4. Verfolgung einer Straftat der in § 66 Abs. 3 Satz 1 des Strafgesetzbuchs genannten Art, sowie einer Straftat nach § 129a Abs. 5 Satz 2, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1 des Strafgesetzesbuches
  2. sich die Einrichtung zur Verarbeitung der Daten einer öffentlichen Stelle bedienen kann, zu deren Aufgaben die elektronische Überwachung von Weisungen nach § 68b Abs. 1 Nr. 12 des Strafgesetzbuchs gehört.

§ 61 Schutz besonderer Daten 18 20

(1) Besondere Kategorien personenbezogener Daten nach § 41 Nr. 15 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes, insbesondere das religiöse oder weltanschauliche Bekenntnis von Untergebrachten und personenbezogene Daten, die anlässlich ärztlicher Untersuchungen erhoben worden sind, dürfen in der Einrichtung nicht allgemein kenntlich gemacht werden. Andere personenbezogene Daten über die Untergebrachten dürfen innerhalb der Einrichtung allgemein kenntlich gemacht werden, soweit dies für ein geordnetes Zusammenleben in der Einrichtung erforderlich ist.

(2) Personenbezogene Daten, die in der Einrichtung tätigen Personen im Sinne von § 203 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 6 des Strafgesetzbuchs von Untergebrachten als Geheimnis anvertraut oder über Untergebrachte als Geheimnis sonst bekannt geworden sind, unterliegen auch gegenüber der Einrichtung und der Aufsichtsbehörde der Schweigepflicht. Die in Satz 1 genannten Personen sind befugt und verpflichtet, diese Daten gegenüber der Leitung der Einrichtung zu offenbaren, soweit dies für die Sicherheit der Einrichtung, zur Planung vollzuglicher Maßnahmen oder zur Abwehr von erheblichen Gefahren für Leben oder Gesundheit von Untergebrachten oder Dritten unbedingt erforderlich ist; dies gilt insbesondere dann, wenn eine gemeinsame Unterbringung, eine besondere Sicherungsmaßnahme oder eine Zwangsmaßnahme auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge angeordnet oder beantragt werden soll oder ein meldepflichtiger Fall nach § 6 Abs. 1 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen vorliegt. Eine Befugnis zur Offenbarung besteht auch, soweit es die Feststellung betrifft, ob die Untergebrachten fähig sind, an bestimmten vollzuglichen Maßnahmen teilzunehmen oder ob sie an Behandlungsmaßnahmen teilnehmen und daran mitwirken.

(3) In Abs. 2 gelten Satz 2 und 3 entsprechend für die in § 203 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4 und 6 des Strafgesetzbuchs genannten Personen außerhalb des Vollzugs, die mit der Untersuchung, Behandlung oder Betreuung von Untergebrachten beauftragt wurden, mit der Maßgabe, dass die vorgenannten Personen lediglich zu einer Offenbarung befugt sind.

(4) Die Untergebrachten sind bei der Aufnahme über die nach Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 bestehenden Offenbarungsbefugnisse und Offenbarungspflichten zu unterrichten.

(5) Die nach Abs. 2 und 3 offenbarten Daten dürfen nur für den Zweck, für den sie offenbart wurden oder für den eine Offenbarung zulässig gewesen wäre, und in dem hierfür unbedingt erforderlichen Umfang verarbeitet werden.

§ 62 Abruf durch die Aufsichtsbehörde, gemeinsame Datei, Einrichtung automatisierter Übermittlungs- und Abrufverfahren 18 20

(1) Zur Erfüllung ihrer Aufgaben kann die Aufsichtsbehörde Daten, die in der Einrichtung gespeichert sind, abrufen.

(2) Daten über die persönlichen Verhältnisse der Untergebrachten, Vollstreckungsdaten, Daten zum Vollzugsverlauf und sicherheitsrelevante Daten können in einer von der Aufsichtsbehörde eingerichteten und geführten gemeinsamen Datei gespeichert werden. Die Aufsichtsbehörde darf diese Daten, soweit erforderlich, verwenden zur übergeordneten Planung, zur Sicherung der Qualität des Vollzugs oder zur Durchführung von Einzelmaßnahmen. Für die Einrichtungen sind die Daten Teil der jeweiligen Personalakte der Untergebrachten. Eingabe, Änderung und Löschung der Daten erfolgt jeweils durch die Einrichtung, die für die Untergebrachten zuständig ist. Die Übermittlung und der Abruf personenbezogener Daten aus dieser Datei zu den in § 60 Abs. 1 genannten Zwecken sind zulässig, soweit diese Form der Datenübermittlung oder des Datenabrufs unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Belange der betroffenen Personen und der Erfüllung des Zwecks der Übermittlung angemessen ist.

(3) Für die Ausgestaltung des Verfahrens nach Abs. 2 gilt § 58 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes.

(4) Zur Überprüfung von Untergebrachten gem. § 58b Abs. 1 darf zwischen den Justizvollzugsbehörden in Hessen und den übrigen Ländern ein automatisiertes Verfahren zum Abruf von

  1. Nachnamen, Geburtsnamen, Vornamen, Geburtsdatum, Geschlecht, Geburtsort, Geburtsland und Staatsangehörigkeit der zu überprüfenden Untergebrachten sowie bekannt gewordene Aliasnamen der Untergebrachten,
  2. Vorinhaftierungen der Untergebrachten und an diesen früher vollzogenen Sicherungsverwahrungen und
  3. Informationen darüber, ob weitere sicherheitsrelevante Erkenntnisse zu den Untergebrachten vorliegen

für eine anschließende Anfrage und Übermittlung personenbezogener Daten im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften im Einzelfall bei den Justizvollzugsbehörden eingerichtet werden; die oder der Hessische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit ist vor der Einrichtung oder wesentlichen Änderung des automatisierten Verfahrens anzuhören. Durch Staatsvertrag kann im Übrigen mit anderen Ländern und dem Bund ein automatisierter Datenverbund nach Maßgabe der Abs. 2 und 3 eingerichtet werden.

§ 63 Datensicherung 18

(1) Mit der Datenverarbeitung befasste Personen dürfen personenbezogene Daten nicht unbefugt verarbeiten. Sie sind über die bei ihrer Tätigkeit zu beachtenden Vorschriften über den Datenschutz zu unterrichten. Auf die besonderen Anforderungen bei der Verarbeitung von Daten, die aus Videoüberwachung oder aus Maßnahmen nach § 60 Abs. 2 und § 61 Abs. 1 und 2 stammen oder besondere Kategorien personenbezogener Daten nach § 41 Nr. 15 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes oder den Kernbereich privater Lebensgestaltung betreffen, sind sie gesondert hinzuweisen. Das Datengeheimnis besteht auch nach der Beendigung der Tätigkeit fort.

(2) Akten und Dateien mit personenbezogenen Daten sind nach Maßgabe des § 59 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes durch technische und organisatorische Maßnahmen gegen unbefugten Zugriff zu schützen. Untergebrachtenpersonalakten, Gesundheitsakten, Krankenblätter und sonstige in § 61 Abs. 2 und 3 aufgeführte personenbezogene Daten sind getrennt von anderen Unterlagen zu führen und besonders zu sichern.

§ 64 Information und Auskunft an die Betroffenen, Akteneinsicht 18

Die Betroffenen erhalten Auskunft und Information hinsichtlich der zu ihrer Person verarbeiteten Daten nach Maßgabe der §§ 50 bis 52 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes, soweit die Datenverarbeitung zu den in § 40 des Hessischen Datenschutzgesetzes genannten Zwecken erfolgt; im Übrigen nach Maßgabe der §§ 31 bis 33 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes. Soweit dies zur Wahrnehmung rechtlicher Interessen erforderlich ist, wird dem Betroffenen Akteneinsicht gewährt.

§ 65 Berichtigung, Einschränkung der Verarbeitung und Löschung 18 20

(1) Personenbezogene Daten sind nach Maßgabe der §§ 53 und 70 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes zu berichtigen, zu löschen oder in der Verarbeitung einzuschränken, soweit sie zu den in § 40 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes genannten Zwecken verarbeitet wurden und in den nachfolgenden Absätzen keine besonderen Regelungen getroffen sind; im Übrigen gilt § 34 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes.

(2) Personenbezogene Daten, die durch den Einsatz eines elektronischen Überwachungssystems erhoben wurden oder hierbei angefallen sind, sind nach Beendigung der Maßnahme unverzüglich, Videoaufnahmen oder Ergebnisse von Maßnahmen nach § 59 spätestens 72 Stunden nach Ende des Kalendertages, an dem sie angefallen sind, zu löschen, soweit nicht zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Löschung die weitere Aufbewahrung bei Einschränkung der Verarbeitung zu konkreten Beweiszwecken unbedingt erforderlich ist. Sind personenbezogene Daten entgegen § 58 Abs. 1 Satz 3 verarbeitet worden, sind diese unverzüglich, spätestens 24 Stunden nach Ende des Kalendertages, an dem sie angefallen sind, zu löschen. Die Tatsache der Löschung nach Satz 1 und 2 ist zu dokumentieren; die Dokumentation darf ausschließlich zu Zwecken der Datenschutzkontrolle verwendet werden und ist zu löschen, wenn sie für diese Zwecke nicht mehr erforderlich ist, spätestens jedoch am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr der Dokumentation folgt.

(3) Personenbezogene Daten, die in der Untergebrachtenpersonalakte oder in anderen zur Person der Untergebrachten geführten Dateien und Akten gespeichert sind, sind spätestens fünf Jahre nach der Entlassung oder der Verlegung der Untergebrachten in eine andere Einrichtung oder Anstalt zu löschen; personenbezogene Daten, die gemäß § 58b Abs. 3 als besonderer Teil der Personalakte der Untergebrachten geführt werden, sind, sofern ihre Speicherung nicht mehr erforderlich ist, unverzüglich, spätestens nach Ablauf von zwei Jahren ab ihrer Erhebung zu löschen. Sonstige personenbezogene Daten, die in anderen Dateien und Akten gespeichert sind, sind, sofern ihre Speicherung nicht mehr erforderlich ist, unverzüglich, spätestens nach Ablauf von fünf Jahren ab ihrer Erhebung zu löschen.

(4) Eine Löschung personenbezogener Daten unterbleibt, soweit ihre Speicherung bei Einschränkung ihrer Verarbeitung nach

  1. § 53 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes, insbesondere aufgrund ärztlicher Dokumentationspflichten, oder
  2. § 34 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes

erfolgt. In ihrer Verarbeitung eingeschränkte Daten sind besonders zu kennzeichnen und dürfen außer bei Einwilligung der Betroffenen nur zu dem Zweck verarbeitet, insbesondere übermittelt werden, der ihrer Löschung entgegenstand. Die Einschränkung der Verarbeitung endet, wenn die Untergebrachten erneut zum Vollzug einer Freiheitsentziehung aufgenommen werden oder die Betroffenen eingewilligt haben. Bei den in der Verarbeitung eingeschränkten personenbezogenen Daten können bis zum Ablauf der Aufbewahrungsfrist für die Untergebrachtenpersonalakte oder anderer zur Person der Untergebrachten geführten Dateien oder Akten die Angaben über Familienname, Vorname, Geburtsname, Geburtstag, Geburtsort, Eintritts- und Austrittsdatum gespeichert werden, soweit dies für das Auffinden dieser Dateien oder Akten erforderlich ist.

(5) Die Erforderlichkeit der Löschung, auch bei in der Verarbeitung eingeschränkten personenbezogenen Daten, ist jährlich zu kontrollieren. Die Frist zur Kontrolle personenbezogener Daten, die in der Untergebrachtenpersonalakte oder in anderen zur Person der Untergebrachten geführten Dateien und Akten gespeichert sind, beginnt mit der Entlassung oder Verlegung der Untergebrachten in eine andere Einrichtung oder Anstalt, in sonstigen Fällen mit Erhebung der personenbezogenen Daten.

(6) Bei der Aufbewahrung von Dateien und Akten, soweit diese in der Verarbeitung eingeschränkt sind, dürfen folgende Fristen nicht überschritten werden:

  1. 20 Jahre bei Daten aus Untergebrachtenpersonalakten, Gesundheitsakten und Krankenblättern,
  2. 30 Jahre bei Daten aus Untergebrachtenbüchern.

Dies gilt nicht, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Aufbewahrung für die in Abs. 4 genannten Zwecke weiterhin erforderlich ist. Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem auf das Jahr der Weglegung folgenden Kalenderjahr. Die Vorschriften des Hessischen Archivgesetzes vom 26. November 2012 (GVBl. S. 458), geändert durch Gesetz vom 5. Oktober 2017 (GVBl. S. 294), in seiner jeweils geltenden Fassung bleiben unberührt.

Vierzehnter Abschnitt
Evaluation, kriminologische Forschung

§ 66 Evaluation, kriminologische Forschung 18

(1) Die im Vollzug der Unterbringung eingesetzten Maßnahmen, namentlich Therapien, Behandlungsprogramme und Methoden zur Förderung der Untergebrachten, sind in Zusammenarbeit mit der Forschung, wissenschaftlichen Erkenntnissen Dritter und dem kriminologischen Dienst auf ihre Wirksamkeit wissenschaftlich zu überprüfen. Auf Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse sind Konzepte für den Einsatz vollzuglicher Maßnahmen zu entwickeln und fortzuschreiben.

(2) Der Vollzug der Unterbringung, insbesondere seine Gestaltung, soll regelmäßig wissenschaftlich begleitet und erforscht werden. Die Ergebnisse dienen dem öffentlichen Interesse und sind für die Fortentwicklung des Vollzugs nutzbar zu machen.

(3) Zum Zweck der wissenschaftlichen Forschung können die Einrichtungen und die Aufsichtsbehörde Daten über den Vollzug der Unterbringung und die Untergebrachten verarbeiten, insbesondere erheben und an die in Abs. 1 Satz 1 genannten Stellen übermitteln. Dazu gehören insbesondere Angaben über

  1. die Einrichtungen und deren Personalausstattung einschließlich Dritter nach § 7,
  2. die bei der Behandlungsuntersuchung nach § 9 Abs. 2 ermittelten Umstände,
  3. den Vollstreckungs- und Vollzugsverlauf,
  4. die gutachterlichen Ergebnisse, die Ergebnisse standardisierter Untersuchungen und Befunde sowie
  5. die Ausgestaltung des Vollzugs, insbesondere die Durchführung von Behandlungsmaßnahmen.

(4) Für die Übermittlung personenbezogener Daten gilt § 476 der Strafprozessordnung mit der Maßgabe entsprechend, dass

  1. auch elektronisch gespeicherte personenbezogene Daten übermittelt werden können und
  2. besondere Kategorien personenbezogener Daten nach § 41 Nr. 15 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes nur übermittelt werden, soweit dies für den Zweck nach § 476 Abs. 1 Nr. 1 der Strafprozessordnung unbedingt erforderlich ist .

Fünfzehnter Abschnitt
Aufbau der Einrichtungen

§ 67 Einrichtungen

(1) Der Vollzug der Sicherungsverwahrung erfolgt in Einrichtungen der Landesjustizverwaltung.

(2) Die Einrichtungen werden mit den für die Erreichung der Vollzugsziele und der Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz erforderlichen Personal- und Sachmitteln ausgestattet. Die Gestaltung der Einrichtungen muss therapeutischen Erfordernissen entsprechen und Wohngruppenvollzug ermöglichen.

(3) Es sind eine bedarfsgerechte Anzahl von Plätzen und die erforderliche Ausstattung mit Räumlichkeiten, insbesondere für therapeutische Maßnahmen, Maßnahmen der Beschäftigung, Freizeit, Sport und Seelsorge vorzusehen.

(4) Zimmer sowie Gemeinschafts- und Besuchsräume sind wohnlich und zweckentsprechend auszustatten. Die Zimmer sollen so gestaltet werden, dass den Untergebrachten 18 Quadratmeter zum Wohnen und Schlafen einschließlich Sanitärbereich zur Verfügung stehen.

(5) Die Aufsichtsbehörde setzt die Belegungsfähigkeit der Einrichtungen fest.

§ 68 Trennungsgrundsätze 20

(1) Der Vollzug der Sicherungsverwahrung erfolgt in Einrichtungen, die vom Strafvollzug getrennt sind. Die Unterbringung kann in gesonderten Gebäuden, Abteilungen oder Zweiganstalten einer Justizvollzugsanstalt vollzogen werden.

(2) Bei einer Unterbringung nach Abs. 1 Satz 2 ist neben den in der Einrichtung vorgehaltenen Maßnahmen eine Nutzung von Angeboten der Justizvollzugsanstalt, auf deren Gelände sich die Einrichtung befindet, insbesondere im Bereich der Beschäftigung, der Freizeit, des Sports, des Besuchs und der Religionsausübung, auch gemeinsam mit Strafgefangenen zulässig.

(3) Von einer getrennten Unterbringung nach Abs. 1 darf abgewichen werden, wenn die Voraussetzungen für eine Verlegung oder Überstellung nach § 11 Abs. 2 oder § 24 Abs. 4 vorliegen. In den Fällen des § 11 Abs. 2 Satz 1 und 2 finden die Vorschriften dieses Gesetzes weiter Anwendung, soweit die örtlichen Gegebenheiten oder die Sicherheitsbelange der Anstalt dem nicht entgegenstehen. Die Vollzugsbehörde hat alle zumutbaren Maßnahmen zu treffen, um eine Anwendung der Vorschriften dieses Gesetzes zu ermöglichen.

(4) Weibliche und männliche Untergebrachte sind getrennt voneinander unterzubringen. Bei Personen, die sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen oder wenn die Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung dies erfordern, erfolgt die Unterbringung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles.

(5) Ist die Zahl weiblicher Untergebrachter so gering, dass eine getrennte Unterbringung einer Absonderung gleich käme, können auf Antrag der Untergebrachten in der Einrichtung auch eine oder mehrere Strafgefangene mit deren Zustimmung aufgenommen werden. Im Übrigen gilt § 19 Abs. 2 entsprechend.

§ 69 Vollstreckungsplan, länderübergreifende Zusammenarbeit

(1) Die örtliche und sachliche Zuständigkeit der Einrichtungen wird im Vollstreckungsplan durch die Aufsichtsbehörde nach allgemeinen Merkmalen geregelt.

(2) Für den Vollzug der Sicherungsverwahrung können Vollzugsgemeinschaften mit anderen Ländern gebildet werden. Wird die Sicherungsverwahrung in Hessen vollzogen, findet dieses Gesetz auch für die im Rahmen einer Vollzugsgemeinschaft aufgenommenen Untergebrachten Anwendung.

(3) Untergebrachte können mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde in ein anderes Land verlegt oder überstellt werden, wenn die Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 oder 2 vorliegen und die zuständige Behörde des anderen Landes zustimmt.

§ 70 Leitung der Einrichtung 15

(1) Die Leitung der Einrichtung trägt die Verantwortung für den Vollzug der Sicherungsverwahrung. In den Fällen des § 68 Abs. 1 Satz 2 ist die Leitung der Justizvollzugsanstalt, an die die Einrichtung angegliedert ist, zugleich auch Leitung der Einrichtung. Die Leitung kann bestimmte Entscheidungsbefugnisse auf andere Bedienstete oder andere Vollzugsbehörden übertragen. Die Aufsichtsbehörde kann sich die Zustimmung zur Übertragung vorbehalten. Befindet sich die Einrichtung auf dem Gelände einer anderen Justizvollzugsanstalt, kann die Leitung der Einrichtung die Amtshilfe von Bediensteten dieser Anstalt in Anspruch nehmen.

(2) Die Leitung der Einrichtung obliegt einer Beamtin oder einem Beamten des höheren Dienstes. Zusätzlich kann eine fachliche Leitung durch die Aufsichtsbehörde bestellt werden.

(3) Zur Vorbereitung grundlegender Entscheidungen im Vollzug, insbesondere zur Aufstellung und Fortschreibung des Vollzugsplans und zur Entwicklung und Wahrung einheitlicher Qualitätsstandards, richtet die Leitung der Einrichtung Konferenzen mit den an der Betreuung und Behandlung maßgeblich Beteiligten ein.

§ 71 Bedienstete

(1) Die Aufgaben der Einrichtung werden von Beamtinnen und Beamten wahrgenommen. Aus besonderen Gründen können sie auch anderen Bediensteten sowie nebenamtlich bestellten oder vertraglich verpflichteten Personen übertragen werden. Nicht hoheitliche Aufgaben können vertraglich verpflichteten Personen übertragen werden.

(2) Für die Einrichtung ist die erforderliche Anzahl von Bediensteten, insbesondere des medizinischen, pädagogischen, psychologischen und sozialen Dienstes, des allgemeinen Vollzugsdienstes sowie des Werkdienstes vorzusehen, um eine Betreuung nach § 66c Abs. 1 Nr. 1 des Strafgesetzbuches zu gewährleisten.

(3) Das Personal muss für den Vollzug der Sicherungsverwahrung persönlich geeignet und fachlich qualifiziert sein. Fortbildungen sowie Praxisberatung und Supervision für die Bediensteten werden regelmäßig durchgeführt.

(4) Die Bediensteten des allgemeinen Vollzugsdienstes, des psychologischen und sozialen Dienstes sollen den Wohngruppen zugeordnet werden. Eine Betreuung in den Wohngruppen ist auch in der beschäftigungsfreien Zeit der Untergebrachten, insbesondere am Wochenende, in dem erforderlichen Umfang zu gewährleisten.

(5) Alle im Vollzug Tätigen arbeiten zusammen und wirken daran mit, dessen Ziele zu erreichen.

§ 72 Seelsorgerinnen und Seelsorger

(1) Die Seelsorgerin oder der Seelsorger wird im Einvernehmen mit der jeweiligen Religionsgemeinschaft im Hauptamt bestellt oder vertraglich verpflichtet.

(2) Wenn die geringe Zahl der Angehörigen einer Religionsgemeinschaft eine Seelsorge nach Abs. 1 nicht rechtfertigt, ist die seelsorgerische Betreuung auf andere Weise zu ermöglichen.

(3) Mit Zustimmung der Leitung der Einrichtung kann sich die Seelsorge außenstehender Personen bedienen und sie insbesondere zur Mitwirkung an Gottesdiensten und anderen religiösen Veranstaltungen hinzuziehen.

§ 73 Interessenvertretung der Untergebrachten

(1) Den Untergebrachten ist zu ermöglichen, eine Vertretung in der Einrichtung zu wählen. Diese kann in allgemeinen Angelegenheiten der Untergebrachten, die sich für eine Mitwirkung eignen, Vorschläge und Anregungen an die Leitung der Einrichtung herantragen.

(2) In den Fällen des § 68 Abs. 1 Satz 2 ist der Interessenvertretung zu gestatten, an der Gefangeneninteressenvertretung der Justizvollzugsanstalt, auf deren Gelände sich die Einrichtung befindet, mitzuwirken, soweit Interessen und Belange der Untergebrachten berührt sind.

§ 74 Hausordnung

(1) Die Leitung der Einrichtung erlässt eine Hausordnung. Dazu soll sie die Vertretung der Untergebrachten anhören.

(2) In die Hausordnung sind insbesondere Regelungen aufzunehmen über Besuchszeiten, Häufigkeit und Dauer des Besuchs sowie die Tageseinteilung.

(3) Den Untergebrachten wird die Hausordnung zugänglich gemacht.

Sechzehnter Abschnitt
Aufsicht über die Einrichtungen, Beiräte

§ 75 Aufsichtsbehörde 20

(1) Die Aufsicht über die Einrichtungen führt das Hessische Ministerium der Justiz.

(2) Die Aufsichtsbehörde bestimmt die Leitlinien des Vollzugs und sorgt in Zusammenarbeit mit den Einrichtungen für die Qualitätssicherung.

(3) Soweit sich die Aufsichtsbehörde zur Ausübung der Fachaufsicht fachlicher Beratung bedient, findet § 60 Abs. 6 keine Anwendung, soweit dieser die Weitergabe von Daten nach § 61 Abs. 2 ausschließt.

§ 76 Beirat

(1) Bei der Einrichtung ist ein ehrenamtlicher Beirat zu bilden. Sofern die Einrichtung an eine Justizvollzugsanstalt angebunden ist, kann ein gemeinsamer Beirat gebildet werden. Der gemeinsame Beirat berücksichtigt bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben die besonderen Belange der Untergebrachten.

(2) Bedienstete des Justizvollzugs dürfen nicht Mitglieder des Beirats sein. Die für Justiz zuständige Ministerin oder der hierfür zuständige Minister wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Bestellung, die Amtszeit und die Abberufung der Mitglieder zu regeln.

(3) Der Beirat wirkt beratend bei der Gestaltung des Vollzugs der Sicherungsverwahrung mit. Der Beirat steht der Leitung der Einrichtung, den Bediensteten und den Untergebrachten als Ansprechpartner zur Verfügung.

(4) Der Beirat kann insbesondere Wünsche, Anregungen und Beanstandungen entgegennehmen. Er kann sich über die Unterbringung, Verpflegung, ärztliche Versorgung und Behandlung, schulische und berufliche Bildung sowie Beschäftigung unterrichten. Hierzu können die Mitglieder des Beirats die Einrichtung besichtigen und die Untergebrachten persönlich aufsuchen.

(5) Die Mitglieder des Beirats sind, auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit, verpflichtet, über alle im Rahmen ihrer Tätigkeit bekannt gewordenen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu bewahren. Dies gilt nicht für Mitteilungen, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sind, oder über Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen.

Siebzehnter Abschnitt
Schlussvorschriften

§ 77 Einschränkung von Grundrechten 20

Aufgrund dieses Gesetzes können eingeschränkt werden die Grundrechte auf

  1. die körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes und Art. 3 der Verfassung des Landes Hessen),
  2. die Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes und Art. 5 der Verfassung des Landes Hessen),
  3. das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis (Art. 10 Abs. 1 des Grundgesetzes und Art. 12 der Verfassung des Landes Hessen) sowie
  4. die informationelle Selbstbestimmung (Art. 12a der Verfassung des Landes Hessen).

§ 78 Fortgeltung von Bundesrecht 15 19

Das Strafvollzugsgesetz, findet für den Vollzug der Sicherungsverwahrung keine Anwendung mit Ausnahme der Vorschriften über

  1. den Pfändungsschutz (§ 50 Abs. 2 Satz 5, § 51 Abs. 4 und 5, § 35 Abs. 3),
  2. das Handeln auf Anordnung (§ 93),
  3. das gerichtliche Verfahren (§§ 109 bis 121b).

§ 79 Übergangsbestimmung 20

Bis zum Inkrafttreten einer Verordnung nach § 38 Abs. 4 Satz 3 gilt die Hessische Strafvollzugsvergütungsverordnung vom 23. November 2011(GVBl. I S. 751), geändert durch Verordnung vom 20. Juli 2016 (GVBl. S. 134), entsprechend.

§ 80 Inkrafttreten 15 20

Dieses Gesetz tritt am 1. Juni 2013 in Kraft.

UWS Umweltmanagement GmbHENDE.Frame öffnen