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Dritter Titel
Die Weiterbildung der Zahnärztinnen und Zahnärzte

§ 40 16

(1) Die Weiterbildung setzt voraus, dass eine zahnärztliche Grundausbildung nach den Vorgaben der Richtlinie 2005/36/EG abgeschlossen und nach den bundesrechtlichen Vorschriften anerkannt wurde.

(2) Für Zahnärztinnen und Zahnärzte ist § 26 sinngemäß mit der Maßgabe anzuwenden, dass sie neben ihrer Berufsbezeichnung weitere Bezeichnungen führen dürfen, die auf besondere Kenntnisse in einem bestimmten Gebiet der Zahnheilkunde (Gebietsbezeichnung) hinweisen.

(3) Gebietsbezeichnungen bestimmt die Landeszahnärztekammer in den Fachrichtungen

  1. Konservative Zahnheilkunde,
  2. Operative Zahnheilkunde,
  3. Präventive Zahnheilkunde

und in Verbindung dieser Fachrichtungen.

(4) Gebietsbezeichnung ist unbeschadet des Abs. 3 auch die Bezeichnung "Öffentliches Gesundheitswesen".

(5) Die Landeszahnärztekammer wird ermächtigt, abweichend von § 34 Abs. 1 in der Weiterbildungsordnung festzulegen, dass in Ausnahmefällen Befreiung von der Beschränkung auf das Gebiet erteilt werden kann, wenn anderenfalls eine ausreichende Existenzgrundlage für die Zahnärztin oder den Zahnarzt entfiele oder die ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung nicht gesichert wäre. Die Befreiung ist widerruflich und in der Regel befristet zu erteilen. Sie kann verlängert und wiederholt erteilt werden.

§ 41 11

(1) Die Weiterbildung nach § 29 Abs. 7 umfasst für Zahnärztinnen oder Zahnärzte in den jeweiligen Gebieten insbesondere die Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten einschließlich der Wechselbeziehungen zwischen Mensch und Umwelt sowie die notwendigen Maßnahmen der Rehabilitation.

(2) Unbeschadet der §§ 29 bis 32 gelten für die Weiterbildung in dem Gebiet "Öffentliches Gesundheitswesen" die dafür maßgeblichen Bestimmungen. Die für das Gesundheitswesen zuständige Ministerin oder der für das Gesundheitswesen zuständige Minister wird ermächtigt, das Nähere, insbesondere Inhalt und Dauer der praktischen Berufstätigkeit und der theoretischen Unterweisung, die Ermächtigung von Zahnärztinnen oder Zahnärzten und die Zulassung von Weiterbildungsstätten sowie das Prüfungs- und Anerkennungsverfahren, durch Rechtsverordnung zu regeln.

(3) Abweichend von § 30 Abs. 1 kann die Weiterbildung auch in zugelassenen Kliniken oder bei einer Zahnärztin oder einem Zahnarzt, die ermächtigt sind und eine Niederlassung haben, durchgeführt werden. Die Weiterbildung im Gebiet "Öffentliches Gesundheitswesen" wird in dafür besonders zugelassenen Einrichtungen durchgeführt.

(4) Die Zulassung einer Krankenhausabteilung oder Klinik als Weiterbildungsstätte setzt voraus, dass

  1. Zahl der Patienten und Art der vorkommenden Erkrankungen der weiterzubildenden Zahnärztin oder dem weiterzubildenden Zahnarzt die Möglichkeit geben, sich mit der Feststellung und Behandlung der für das Gebiet typischen Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten vertraut zu machen,
  2. Personal und Ausstattung vorhanden sind, die den Erfordernissen der Entwicklung der Zahnheilkunde Rechnung tragen.

Dies gilt sinngemäß für alle Weiterbildungsstätten. § 30 Abs. 5 und § 38 Abs. 3 Satz 3 und 4 gelten entsprechend.

§ 42 11 16a (aufgehoben)

Vierter Titel
Die Weiterbildung der Tierärztinnen und Tierärzte

§ 43 06 16a

(1) Die Landestierärztekammer regelt die Weiterbildung in Gebieten, Teilgebieten und Bereichen, auf die sich die Bezeichnungen nach § 26 beziehen.

(2) Abweichend von § 29 Abs. 2 und 6 können niedergelassene Berufsangehörige im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 die Voraussetzungen der Weiterbildung in Gebieten erfüllen, wenn sie eine mindestens fünfjährige Tätigkeit als Tierärztin oder Tierarzt im jeweiligen Gebiet nachweisen. Für Zusatzbezeichnungen gilt eine mindestens zweijährige Tätigkeit als Voraussetzung. Die weiteren Voraussetzungen für die Weiterbildung niedergelassener Berufsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 regelt die Weiterbildungsordnung. § 34 Abs. 1 findet auf Tierärztinnen und Tierärzte keine Anwendung.

§ 44 06 11 16a

(1) Die Weiterbildung nach § 29 Abs. 7 umfasst für Tierärztinnen und Tierärzte insbesondere die Vertiefung der Kenntnisse und Fähigkeiten

  1. in Verhütung, Erkennung und Behandlung von Krankheiten und Leiden der Tiere,
  2. im Schutz des Menschen vor Gefahren und Schädigungen durch vom Tier übertragbare Krankheiten,
  3. im Tierschutz,
  4. in der Qualität und Sicherheit sowohl von Tieren als auch nicht von Tieren stammender Lebensmittel und Bedarfsgegenstände,
  5. in der Qualität und Sicherheit von Arznei- und Futtermitteln,
  6. in veterinärmedizinischen Belangen der Umwelthygiene und
  7. in der Entwicklung und Erhaltung gesunder Tiere in allen Haltungsformen.

(2) Abweichend von den § § 29 bis 32 erfolgt die Anerkennung als "Fachtierärztin für das Öffentliche Veterinärwesen" oder "Fachtierarzt für das Öffentliche Veterinärwesen", wenn die antragstellende Person die Prüfung für den höheren Dienst der Fachrichtung ärztlicher Dienst, Laufbahnzweig tierärztlicher Dienst bestanden hat und danach mindestens drei Jahre in einer Behörde der Veterinärverwaltung tätig gewesen ist.

(3) Die Zulassung einer tierärztlichen Praxis als Weiterbildungsstätte setzt voraus, dass

  1. Zahl der Tiere und Art der vorkommenden Erkrankungen der weiterzubildenden Tierärztin oder dem weiterzubildenden Tierarzt die Möglichkeit geben, sich mit den typischen Krankheiten des Gebiets oder Teilgebiets, auf das sich die Bezeichnung nach § 26 bezieht, vertraut zu machen,
  2. Personal und Ausstattung vorhanden sind, die den Erfordernissen der veterinärmedizinischen Entwicklung Rechnung tragen.

§ 45 (aufgehoben) 11 16a

Fünfter Titel
Die Weiterbildung der Apothekerinnen und Apotheker

§ 46

(1) Gebiets- und Teilgebietsbezeichnungen bestimmt die Landesapothekerkammer in den Fachrichtungen

  1. Arzneimittelabgabe, -versorgung und -information,
  2. Arzneimittelentwicklung, -herstellung und -kontrolle,
  3. Theoretische Pharmazie,
  4. Ökologie und in Verbindung dieser Fachrichtungen.

(2) Gebietsbezeichnung ist unbeschadet des Abs. 1 auch die Bezeichnung "Öffentliches Gesundheitswesen".

(3) Die Landesapothekerkammer wird ermächtigt, abweichend von § 34 Abs. 1 in der Weiterbildungsordnung festzulegen, dass in Ausnahmefällen Befreiung von der Beschränkung auf das Gebiet erteilt werden kann, wenn andernfalls eine ausreichende Existenzgrundlage für die Apothekerin oder den Apotheker entfiele oder die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung der Bevölkerung nicht gesichert wäre. Die Befreiung ist widerruflich und in der Regel befristet zu erteilen. Sie kann verlängert und wiederholt erteilt werden.

§ 47 06

(1) Die Weiterbildung nach § 29 Abs. 7 umfasst für Apothekerinnen und Apotheker insbesondere die Vertiefung der Kenntnisse und Fähigkeiten in der Herstellung, Prüfung, Abgabe und Wirkungsweise der Arzneimittel einschließlich der Wechselbeziehungen zwischen Mensch und Umwelt.

(2) Unbeschadet der § § 29 bis 32 gelten für die Weiterbildung in dem Gebiet "Öffentliches Gesundheitswesen" die dafür maßgeblichen Bestimmungen. Die Aufsichtsbehörde wird ermächtigt, das Nähere, insbesondere Inhalt und Dauer der praktischen Berufstätigkeit und der theoretischen Unterweisung, die Ermächtigung von Apothekerinnen und Apothekern und die Zulassung von Weiterbildungsstätten sowie das Prüfungs- und Anerkennungsverfahren, durch Rechtsverordnung zu regeln.

(3) Unbeschadet des § 30 Abs. 1 kann die Weiterbildung auch in zugelassenen Apotheken, Krankenhausapotheken und Betrieben der pharmazeutischen Industrie durchgeführt werden. Die Zulassung einer Apotheke, einer Krankenhausapotheke oder eines Betriebes der pharmazeutischen Industrie als Weiterbildungsstätte setzt voraus, dass

  1. die dort zu verrichtenden Tätigkeiten nach Inhalt und Umfang der weiterzubildenden Apothekerin oder dem weiterzubildenden Apotheker die Möglichkeit geben, die beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten des Gebietes oder Teilgebietes zu erwerben, auf das sich die Bezeichnung nach § 26 bezieht,
  2. Personal und Ausstattung vorhanden sind, die den Erfordernissen der Entwicklung in der Pharmazie Rechnung tragen.

Satz 2 gilt entsprechend auch für die anderen Weiterbildungsstätten.

(4) Abweichend von § 29 Abs. 2 und 6 können niedergelassene Berufsangehörige im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 die Voraussetzungen der Weiterbildung in Gebieten und Teilgebieten oder Schwerpunkten erfüllen, wenn sie eine dreijährige Tätigkeit als niedergelassene Apothekerin oder als niedergelassener Apotheker nachweisen. Die weiteren Voraussetzungen für die Weiterbildung niedergelassener Berufsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 regelt die Weiterbildungsordnung der zuständigen Kammer.

§ 48 (aufgehoben) 11 16a

Sechster Titel
Psychotherapeutische Weiterbildung

§ 48a 06 22

(1) Die Psychotherapeutenkammer Hessen bestimmt Bezeichnungen nach § 26 insbesondere in folgenden Fachrichtungen:

  1. Heilkunde bei Störungen mit Krankheitswert, bei denen Psychotherapie indiziert ist in der kurativen Versorgung,
  2. Heilkunde bei Störungen mit Krankheitswert, bei denen Psychotherapie indiziert ist in der Rehabilitation,
  3. Heilkunde bei Störungen mit Krankheitswert, bei denen Psychotherapie indiziert ist in der Prävention und Gesundheitsförderung,
  4. Öffentliches Gesundheitswesen,
  5. Verbindungen dieser Fachrichtungen.

(2) § 34 Abs. 1 und 2 findet keine Anwendung.

§ 48b 06 22

Die Weiterbildung wird in von der Psychotherapeutenkammer Hessen zugelassenen Weiterbildungsstätten durchgeführt. Die Leitung der Weiterbildung obliegt den durch die Kammer ermächtigten Kammerangehörigen. Das Nähere über die Zulassung einer Einrichtung als Weiterbildungsstätte regelt die Kammer in einer Weiterbildungsordnung.

§ 48c

Zur Erprobung neuer Weiterbildungsgänge kann die zuständige Kammer für einen Zeitraum von zehn Jahren nach In-Kraft-Treten dieses Gesetzes abweichende Bestimmungen von § 29 Abs. 2 bis 6 treffen; dabei darf die Weiterbildung in den Gebieten die Dauer von zwei Jahren nicht unterschreiten.

§ 48d (aufgehoben) 16a

Sechster Abschnitt
Die Berufsgerichtsbarkeit

§ 49 06 16a

(1) Verstöße von Kammerangehörigen gegen ihre Berufspflichten werden im berufsgerichtlichen Verfahren geahndet. Verfahren, die beim Berufsgericht anhängig sind, werden fortgeführt, auch wenn der Beschuldigte seinen Beruf außerhalb Hessens weiter ausübt oder seine Kammermitgliedschaft aufgibt. Es können auch Berufspflichtverletzungen verfolgt werden, die Kammerangehörige während ihrer Zugehörigkeit zu einer vergleichbaren Berufsvertretung im Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland begangen haben

(2) Sind seit einem Verstoß gegen Berufspflichten, der keine schwerere berufsgerichtliche Maßnahme als Warnung, Verweis, zeitweilige Entziehung des Wahlrechts oder Geldbuße gerechtfertigt hätte, mehr als fünf Jahre verstrichen, so ist ein berufsgerichtliches Verfahren nicht mehr zulässig. Die Frist ruht, solange das berufsgerichtliche Verfahren oder wegen desselben Sachverhalts ein Strafverfahren oder ein gerichtliches Bußgeldverfahren anhängig ist, die Frist für die Erfüllung von Auflagen und Weisungen nach § 59 Abs. 6 oder § 66 Abs. 1 läuft oder wegen eines eingeleiteten Disziplinarverfahrens das berufsgerichtliche Verfahren nach § 60 Abs. 1 Satz 2 zurückgestellt ist. Verstößt die Verfehlung auch gegen ein Strafgesetz, so endet die Frist nicht vor der Verjährung der Straftat.

(3) Eintragungen in den bei der Berufsvertretung geführten Personalakten über eine Maßnahme nach § 50 Abs. 1 sind nach zehn Jahren zu tilgen. Die über diese berufsgerichtlichen Maßnahmen entstandenen Vorgänge sind aus den Personalakten zu entfernen und zu vernichten. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem die berufsgerichtliche Maßnahme unanfechtbar geworden ist. Die Frist endet nicht, solange gegen den betroffenen Berufsangehörigen ein Strafverfahren, ein berufsgerichtliches Verfahren oder ein Disziplinarverfahren anhängig ist; eine andere berufsgerichtliche Maßnahme noch nicht zu tilgen ist oder ein auf Geldbuße lautendes Urteil noch nicht vollstreckt ist.

(4) Akten über berufsrechtliche Maßnahmen, die nicht zu einem berufsgerichtlichen Verfahren geführt haben, sind fünf Jahre nach Bestandskraft der Entscheidung, Akten aus berufsgerichtlichen Verfahren zehn Jahre nach Rechtskraft der Entscheidung zu vernichten. Beschlüsse oder Urteile der Berufsgerichte sind auf Dauer aufzubewahren.

§ 50 16a

(1) Im berufsgerichtlichen Verfahren kann erkannt werden auf

  1. Warnung,
  2. Verweis,
  3. zeitweilige Entziehung des Wahlrechts,
  4. Geldbuße bis zu einhunderttausend Euro,
  5. Feststellung, dass eine Berufsangehörige oder ein Berufsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 unwürdig ist, den Beruf auszuüben.

(2) Die Feststellung nach Abs. 1 Nr. 5 hat den gleichzeitigen Verlust des Wahlrechts zur Folge.

(3) Hat ein Gericht oder eine Behörde wegen desselben Verhaltens bereits eine Strafe, Geldbuße, Disziplinarmaßnahme oder ein Ordnungsgeld verhängt, so ist von Maßnahmen nach Abs. 1 abzusehen, es sei denn, dass diese Maßnahme zusätzlich erforderlich ist, um das Mitglied zur Erfüllung seiner Berufspflichten anzuhalten oder das Ansehen des Berufsstandes zu wahren.

(4) Auf Verweis, Wahlrechtsentziehung und Geldbuße kann nebeneinander erkannt werden.

(5) Auf einstimmigen Beschluss des Berufsgerichts kann in den Fällen des Abs. 1 Nr. 4 auf Veröffentlichung der rechtskräftigen Entscheidung in dem Mitteilungsblatt der Kammer erkannt werden. In den Fällen des Abs. 1 Nr. 5 ist die rechtskräftige Entscheidung öffentlich bekannt zu machen. Die Art der Bekanntmachung ist in der Entscheidung zu bestimmen.

§ 51 06

(1) Erste Instanz ist das bei dem Verwaltungsgericht Gießen gebildete Berufsgericht für Heilberufe.

(2) Rechtsmittelinstanz ist das Landesberufsgericht für Heilberufe bei dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof.

§ 52

(1) Das Berufsgericht für Heilberufe verhandelt und entscheidet in der Besetzung mit einem Berufsrichter als Vorsitzendem und zwei ehrenamtlichen Richtern aus der Berufsgruppe des Beschuldigten. Bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung wirken die ehrenamtlichen. Richter vorbehaltlich des § 67 nicht mit.

(2) Das Landesberufsgericht für Heilberufe verhandelt und entscheidet in der Besetzung mit einem Berufsrichter als Vorsitzendem, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern aus der Berufsgruppe des Beschuldigten. Bei Beschlüssen außerhalb der Hauptverhandlung wirken die ehrenamtlichen Richter nicht mit.

(3) Die berufsrichterlichen Mitglieder müssen Richter der Gerichte sein, bei denen die Berufsgerichte errichtet sind.

§ 53 06 11 22

(1) Die Ministerin oder der Minister der Justiz ernennt im Benehmen mit der für das Gesundheitswesen zuständigen Ministerin oder dem hierfür zuständigen Minister die Vorsitzenden der Berufsgerichte und ihre Stellvertreter sowie die weiteren berufsrichterlichen Mitglieder auf die Dauer von vier Jahren. Er kann sie nach Ablauf ihrer Amtszeit wieder bestellen. Bis zur Neubestellung bleiben die bisherigen berufsrichterlichen Mitglieder im Amt. Wird während der Amtszeit die Bestellung neuer Mitglieder erforderlich, so werden sie für den Rest der Amtszeit bestellt.

(2) Die Ministerin oder der Minister der Justiz ernennt im Benehmen mit der für das Gesundheitswesen zuständigen Ministerin oder dem hierfür zuständigen Minister ferner die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter aus einer Vorschlagsliste der Landesärztekammer, der Landeszahnärztekammer, der Landestierärztekammer, der Landesapothekerkammer und der Psychotherapeutenkammer Hessen auf die Dauer von vier Jahren. Sie dürfen nicht Mitglieder des Vorstandes, der Delegiertenversammlung, Angestellte der Kammer oder Medizinal-, Veterinärbeamtinnen oder Veterinärbeamte oder beamtete Apothekerinnen oder Apotheker sein. Sie müssen das dreißigste Lebensjahr vollendet haben. Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(3) Das Amt des Mitglieds eines Berufsgerichts (Landesberufsgerichts) endet, wenn das Mitglied im Strafverfahren zu einer Freiheitsstrafe oder an Stelle einer Freiheitsstrafe zu einer Geldstrafe oder im berufsgerichtlichen Verfahren zu einer Geldbuße oder einer schwereren berufsgerichtlichen Maßnahme verurteilt worden ist.

(4) Ein Mitglied des Berufsgerichts oder des Landesberufsgerichts ist auf Antrag der Ministerin oder des Ministers der Justiz im Benehmen mit der für das Gesundheitswesen zuständigen Ministerin oder dem hierfür zuständigen Minister seines Amtes zu entheben, wenn nachträglich ein Umstand eintritt, der seiner Ernennung entgegensteht. Über den Antrag entscheidet das Landesberufsgericht.

(5) Die Ministerin oder der Minister der Justiz kann die Befugnisse nach Abs. 1, 2 und 4 durch Rechtsverordnung auf eine nachgeordnete Behörde übertragen.

§ 54

(1) Ein Kammerangehöriger kann die Übernahme des Richteramtes nur ablehnen, wenn er

  1. das fünfundsechzigste Lebensjahr vollendet hat,
  2. durch Krankheit oder Gebrechen verhindert ist, das Amt ordnungsgemäß zu führen,
  3. durch andere ehrenamtliche Tätigkeit so in Anspruch genommen ist, dass ihm die Übernahme des Amtes nicht zugemutet werden kann, oder
  4. in den vier vorhergehenden Jahren als Richter eines Berufsgerichts oder des Landesberufsgerichts tätig gewesen ist.

(2) Über die Berechtigung zur Ablehnung entscheidet der Kammervorstand.

§ 55

Die Reihenfolge, in der die Richter zu den Sitzungen des Berufsgerichts und des Landesberufsgerichts zugezogen werden, wird von den Vorsitzenden durch das Los im voraus für das Geschäftsjahr bestimmt.

§ 56 (aufgehoben) 16a

§ 57

(1) Werden Tatsachen bekannt, die den Verdacht eines Berufsvergehens rechtfertigen, oder wird ein Antrag nach Abs. 3 gestellt, so stellt der Kammervorstand Ermittlungen an und teilt dies dem Beschuldigten mit. Mit der Durchführung von Ermittlungen kann der Kammervorstand eine Person mit der Befähigung zum Richteramt oder ein von ihm als geeignet befundenes Kammermitglied betrauen.

(2) Bei der Durchführung von Ermittlungen sind nicht nur die belastenden, sondern auch die entlastenden und die für die Bemessung der berufsgerichtlichen Maßnahme bedeutsamen Umstände zu ermitteln.

(3) Ein Kammerangehöriger kann Ermittlungen gegen sich selbst beantragen, um sich von dem Verdacht eines Verstoßes gegen Berufspflichten zu reinigen. In dem Antrag ist der Sachverhalt eingehend darzustellen, die Beweismittel sind anzugeben.

§ 58 06

(1) Der Kammervorstand oder die von ihm mit der Durchführung von Ermittlungen betraute Person (§ 57 Abs. 1) kann Zeugen und Sachverständige vernehmen. Der Kammervorstand kann das für den Wohnsitz des Zeugen oder Sachverständigen zuständige Amtsgericht um eidliche Vernehmung ersuchen, wenn Gefahr im Verzuge ist oder wenn der Eid zur Herbeiführung einer wahren Aussage über einen für das weitere Verfahren erheblichen Punkt erforderlich erscheint; über die Notwendigkeit der Vereidigung entscheidet das ersuchte Amtsgericht endgültig. § 161a der Strafprozessordnung gilt entsprechend.

(2) Zur Aufklärung des Sachverhalts kann der Kammervorstand von allen Behörden Auskunft und Amtshilfe verlangen.

(3) Dem Beschuldigten ist das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen bekannt zu geben. Er ist abschließend über die ihm zur Last gelegten Verfehlungen zu hören; darüber ist eine Niederschrift aufzunehmen. Der Beschuldigte kann sich auch schriftlich äußern. Soweit es ohne Gefährdung der Ermittlungen geschehen kann, ist dem Beschuldigten zu gestatten, die in den Ermittlungen aufgenommenen Niederschriften, beigezogenen Akten und Schriftstücke einzusehen.

(4) Beweisanträgen des Beschuldigten ist stattzugeben, soweit sie für die Schuldfrage oder die Bemessung der Maßnahmen nach § 50 von Bedeutung sein können.

§ 59 06 16a

(1) Soweit der Kammervorstand den Verdacht eines Verstoßes gegen Berufspflichten nicht für begründet hält, stellt er das Ermittlungsverfahren ein, Der Kammervorstand kann das Verfahren auch einstellen, wenn die Schuld gering ist und die Folgen der Tat unbedeutend sind und kein öffentliches Interesse an der Ahndung des Berufsvergehens besteht. Das Gleiche gilt, wenn die zu erwartende Maßnahme, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Maßnahme, die gegen den Beschuldigten wegen eines anderen Verstoßes gegen Berufspflichten verhängt worden ist oder die er zu erwarten hat, nicht ins Gewicht fällt.

(2) Stellt der Kammervorstand das Ermittlungsverfahren ein, so teilt er dies dem Beschuldigten und der Aufsichtsbehörde mit. Der Kammervorstand unterrichtet die Aufsichtsbehörde auch von Entscheidungen nach Abs. 6.

(3) In den Fällen des Abs. 1 Satz 2 und 3 kann der Kammervorstand das Verhalten des Kammerangehörigen nach dessen Anhörung schriftlich rügen. Er darf eine Rüge nicht mehr erteilen, wenn seit dem Verstoß gegen Berufspflichten mehr als drei Jahre verstrichen sind. Der Bescheid über die Erteilung der Rüge ist zu begründen und dem Kammerangehörigen zuzustellen; er soll eine Rechtsbehelfsbelehrung erhalten. § 49 Abs. 3 Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Gegen den Bescheid kann der Kammerangehörige binnen eines Monats nach Zustellung Einspruch bei dem Kammervorstand erheben. Dieser entscheidet über den Einspruch. Abs. 3 Satz 3 gilt entsprechend. Wird der Einspruch zurückgewiesen, kann der Kammerangehörige binnen eines Monats nach Zustellung die Entscheidung des Berufsgerichts beantragen. § 57 Abs. 3 Satz 2 gilt entsprechend. Auf das Verfahren sind die Vorschriften der Strafprozessordnung über die Beschwerde sinngemäß anzuwenden. Die Gegenerklärung (§ 308 Abs. 1 der Strafprozessordnung) wird von dem Kammervorstand abgegeben. Eine mündliche Verhandlung findet statt, wenn sie der Kammerangehörige beantragt oder das Berufsgericht für erforderlich hält. Von Zeit und Ort der mündlichen Verhandlung sind der Kammervorstand, der Kammerangehörige und sein Verteidiger zu benachrichtigen. Art und Umfang der Beweisaufnahme bestimmt das Berufsgericht; es hat sie von Amts wegen auf alle entscheidungserheblichen Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken.

(5) Der Rügebescheid kann nicht deshalb aufgehoben werden, weil der Kammervorstand zu Unrecht angenommen hat, die Schuld des Kammerangehörigen sei gering und der Antrag auf Einleitung des berufsgerichtlichen Verfahrens nicht erforderlich. Treten die Voraussetzungen, unter denen nach § 63 Abs. 4 ein berufsgerichtliches Verfahren nicht eingeleitet oder fortgesetzt werden darf, erst ein, nachdem der Kammervorstand die Rüge erteilt hat, so hebt das Berufsgericht den Rügebescheid auf. Der Beschluss ist mit Gründen zu versehen. Er kann nicht angefochten werden.

(6) Wenn die Schwere der Schuld nicht entgegensteht, kann der Kammervorstand mit Zustimmung des Berufsgerichts und des Beschuldigten auch vorläufig von der Einleitung des berufsgerichtlichen Verfahrens absehen und zugleich dem Beschuldigten auferlegen,

  1. zur Wiedergutmachung des durch das Berufsvergehen verursachten Schadens eine bestimmte Leistung zu erbringen,
  2. zugunsten einer als gemeinnützig anerkannten Einrichtung oder einer Hilfsfondseinrichtung der Kammern einen Geldbetrag zu zahlen oder
  3. sonst gemeinnützige Leistungen zu erbringen,

wenn diese Auflagen und Weisungen geeignet sind, das öffentliche Interesse an der Ahndung des Berufsvergehens zu beseitigen. Die Geldauflage nach Satz 1 Nr. 2 darf zehntausend Euro nicht übersteigen. § 153a Abs. 1 Satz 2 bis 5 der Strafprozessordnung gelten entsprechend.

§ 60

(1) Soweit der Kammervorstand nach dem Ergebnis der Ermittlungen den Verdacht eines Verstoßes gegen Berufspflichten für begründet hält, leitet er das berufsgerichtliche Verfahren durch Vorlage einer Anschuldigungsschrift unter Beifügung der Akten beim Berufsgericht ein. Ist wegen des zu beanstandenden Verhaltens bei einer Behörde gegen das Mitglied bereits Antrag auf Einleitung eines Disziplinarverfahrens gestellt worden, so kann der Kammervorstand den Antrag auf Einleitung des berufsgerichtlichen Verfahrens bis zum bestandskräftigen Abschluss des anderen Verfahrens zurückstellen. Nach Abschluss dieses Verfahrens kann er von der Einleitung des berufsgerichtlichen Verfahrens absehen, wenn nicht die Voraussetzung für eine zusätzliche berufsrechtliche Ahndung nach § 50 vorliegt.

(2) Der Anschuldigungsschrift soll die verletzte Rechtsnorm, die Tatsachen, in denen ein Verstoß gegen Berufspflichten erblickt wird, und die Beweismittel geordnet darstellen. Sie darf diese Tatsachen zuungunsten des Beschuldigten nur insoweit verwerten, als ihm im vorangegangenen Ermittlungsverfahren Gelegenheit gegeben worden ist, sich dazu zu äußern.

(3) Mit dem Eingang der Anschuldigungsschrift ist das Verfahren beim Berufsgericht anhängig.

§ 61

Der Beschuldigte kann sich in jeder Lage des Verfahrens des Beistandes eines bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalts oder eines Rechtslehrers an einer deutschen Hochschule als Verteidiger bedienen. Das Berufsgericht kann auch andere geeignete Personen als Verteidiger zulassen. Dem Verteidiger steht das Recht, Einsicht in die Akten zu nehmen, in gleichem Umfange zu wie dem Beschuldigten.

§ 62

Der Kammervorstand kann sich im Verfahren vor dem Berufsgericht durch eine bevollmächtigte, von ihm als geeignet befundene Person, vertreten lassen.

§ 63

(1) Der Vorsitzende des Berufsgerichts entscheidet durch Beschluss über die Eröffnung des Verfahrens vor dem Berufsgericht. Er kann sie ablehnen, wenn er den Verdacht eines Verstoßes gegen Berufspflichten für offensichtlich unbegründet oder das Verfahren für unzulässig hält. Der Beschluss ist zu begründen und dem Kammervorstand sowie dem Beschuldigten zuzustellen. Der Kammervorstand kann binnen eines Monats nach Zustellung gegen den ablehnenden Beschluss Beschwerde an das Landesberufsgericht einlegen, das endgültig entscheidet.

(2) Hält sich das Berufsgericht für örtlich unzuständig, so hat es die Sache an das zuständige Berufsgericht zu verweisen. Bei der Eröffnung trifft der Vorsitzende diese Entscheidung.

(3) Ist gegen den eines Verstoßes gegen Berufspflichten Beschuldigten wegen derselben Tatsachen die öffentliche Klage im strafgerichtlichen Verfahren erhoben, so kann ein berufsgerichtliches Verfahren zwar eröffnet, es muss aber bis zur Beendigung des strafgerichtlichen Verfahrens ausgesetzt werden. Ebenso muss ein bereits eingeleitetes berufsgerichtliches Verfahren ausgesetzt werden, wenn während seines Laufes die öffentliche Klage erhoben wird. Das berufsgerichtliche Verfahren kann fortgesetzt werden, wenn im strafgerichtlichen Verfahren nicht verhandelt wird, weil der Beschuldigte flüchtig ist.

(4) Ist der Beschuldigte im strafgerichtlichen Verfahren freigesprochen, so kann wegen der Tatsachen, die Gegenstand der strafgerichtlichen Untersuchung waren, ein berufsgerichtliches Verfahren nur dann eingeleitet oder fortgesetzt werden, wenn diese Tatsachen, ohne den Tatbestand eines Strafgesetzes zu erfüllen, einen Verstoß gegen Berufspflichten enthalten.

(5) Für die Entscheidung im berufsgerichtlichen Verfahren sind die tatsächlichen Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils bindend, wenn nicht das Berufsgericht einstimmig die Nachprüfung beschließt.

§ 64

(1) Wird die Eröffnung des Verfahrens nicht gemäß § 63 abgelehnt, so stellt der Vorsitzende des Berufsgerichts dem Beschuldigten die Anschuldigungsschrift und etwaige Nachträge zu und bestimmt eine Frist, innerhalb der der Beschuldigte sich schriftlich äußern kann.

(2) Der Beschuldigte kann nach Zustellung der Anschuldigungsschrift die dem Berufsgericht vorliegenden Akten einsehen und daraus Abschriften nehmen,

§ 65

(1) Nach Ablauf der in § 64 genannten Frist setzt der Vorsitzende den Termin zur Hauptverhandlung an und lädt hierzu den Kammervorstand und den Beschuldigten. Der Vorsitzende lädt ferner die Zeugen und Sachverständigen, deren persönliches Erscheinen er für erforderlich hält; ihre Namen sollen in den Ladungen des Kammervorstandes und des Beschuldigten angegeben werden. Ebenso ordnet er die Herbeischaffung anderer Beweismittel an, die er für erforderlich hält.

(2) Zwischen der Zustellung der Ladung und der Hauptverhandlung muss eine Frist von mindestens einer Woche liegen, wenn der Beschuldigte nicht auf die Einhaltung der Frist verzichtet.

(3) Verlangt der Beschuldigte die Ladung von Zeugen oder Sachverständigen oder die Herbeischaffung anderer Beweismittel zur Hauptverhandlung, so hat er unter Angaben der Tatsachen, über die der Beweis erhoben werden soll, seine Anträge bei dem Vorsitzenden zu stellen. Die hierauf ergehende Verfügung ist ihm bekannt zu machen. Beweisanträge des Beschuldigten und die Verfügung sind dem Kammervorstand mitzuteilen. Lehnt der Vorsitzende den Antrag auf Ladung einer Person ab, so kann der Beschuldigte sie unmittelbar laden lassen.

(4) Der Kammervorstand kann Zeugen und Sachverständige zur Hauptverhandlung unmittelbar laden; er hat den Vorsitzenden und den Beschuldigten hiervon zu benachrichtigen.

(5) Der Vorsitzende teilt der Aufsichtsbehörde den Termin zur Hauptverhandlung rechtzeitig mit.

§ 66

(1) Das Berufsgericht kann bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 59 Abs. 6 mit Zustimmung des Kammervorstandes und des Beschuldigten das Verfahren bis zum Ende der Hauptverhandlung durch Beschluss vorläufig einstellen und dem Beschuldigten zugleich die in § 59 Abs. 6 Satz 1 bezeichneten Auflagen und Weisungen erteilen. § 59 Abs. 6 Satz 2 und § 153a Abs. 1 Satz 2 bis 5 der Strafprozessordnung gelten entsprechend. Der Beschluss ist nicht anfechtbar.

(2) Entscheidungen nach Abs. 1 Satz 1 und 2 teilt das Berufsgericht dem Kammervorstand und der Aufsichtsbehörde mit.

§ 67 16a

(1) Hält der Vorsitzende des Berufsgerichts eine Warnung, einen Verweis oder eine Geldbuße bis zu zweitausend Euro für ausreichend, so kann er ohne Hauptverhandlung einen Beschluss des Berufsgerichtsherbeiführen. In dem Beschluss kann nur auf Warnung, Verweis oder Geldbuße bis zu zweitausend Euro erkannt werden. Vor der Entscheidung sind der Beschuldigte und der Kammervorstand zu hören.

(2) Gegen den Beschluss können der Kammervorstand, die Aufsichtsbehörde und der Beschuldigte binnen zwei Wochen nach Zustellung schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle des Berufsgerichts Einspruch erheben. Bei rechtzeitigem Einspruch wird zur Hauptverhandlung geschritten, sofern nicht bis zu ihrem Beginn der Einspruch zurückgenommen wird. Das Berufsgericht ist an seine Entscheidung im Beschlussverfahren nicht gebunden.

(3) Wird gegen den Beschluss nicht rechtzeitig Einspruch erhoben, so erlangt er die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils.

§ 68

(1) Die Hauptverhandlung findet statt, auch wenn der Beschuldigte nicht erschienen ist. Ist der Beschuldigte aus zwingenden Gründen am Erscheinen verhindert, hat er dies rechtzeitig mitgeteilt und lässt er sich auch nicht durch einen Verteidiger vertreten, so ist ein neuer Termin zur Hauptverhandlung anzuberaumen.

(2) Ist der Beschuldigte verhandlungsunfähig, so ist das Verfahren bis zur Wiederherstellung der Verhandlungsfähigkeit des Beschuldigten auszusetzen. Der Vorsitzende kann jederzeit vom Beschuldigten zum Nachweis seiner Verhandlungsunfähigkeit die Vorlage eines amtsärztlichen Zeugnisses verlangen.

§ 69 11 16a 20 22

(1) Die Hauptverhandlung ist unbeschadet der Vorschrift des § 45 Abs. 2 Satz 1 des Deutschen Richtergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. April 1972 (BGBl. I S. 713), zuletzt geändert durch Gesetz vom 25. Juni 2021 (BGBl. I S. 2154), nicht öffentlich. Vertretern der Aufsichtsbehörde und Mitgliedern des Kammervorstandes sowie von ihm beauftragten Personen ist die Teilnahme gestattet; ihnen ist auf Antrag Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

(2) Das Berufsgericht kann durch Beschluss anderen als den in Satz 2 genannten Personen die Anwesenheit in der Hauptverhandlung gestatten.

§ 70

(1) In der Hauptverhandlung trägt der Vorsitzende, beim Landesberufsgericht ein von ihm zum Berichterstatter ernanntes berufsrichterliches Mitglied in Abwesenheit der Zeugen das Ergebnis des bisherigen Verfahrens vor. Dabei können Niederschriften über Beweiserhebungen aus dem vorangegangenen Ermittlungsverfahren oder einem anderen gesetzlich geordneten Verfahren durch Verlesen zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht werden; das gilt nicht, soweit der Beweis auf der Wahrnehmung einer Person beruht, die als Zeuge oder Sachverständiger geladen und erschienen ist, Ist der Beschuldigte erschienen, so wird er gehört.

(2) Sodann werden die Zeugen und Sachverständigen vernommen, soweit nicht der Beschuldigte, das Gericht und der Kammervorstand auf die Vernehmung verzichten.

(3) Das Berufsgericht kann, wenn es weitere Beweiserhebungen für erforderlich hält, neue Zeugen oder Sachverständige vernehmen oder ein Mitglied des Gerichtes damit beauftragen oder im Wege der Rechtshilfe ein anderes Gericht darum ersuchen.

(4) Nach Schluss der Beweisaufnahme ist dem Kammervorstand Gelegenheit zu geben, Anträge zur Schuldfrage und zur Bemessung der Maßnahmen nach § 50 zu stellen. Sodann sind der Beschuldigte und sein Verteidiger zu hören. Der Beschuldigte hat das letzte Wort.

§ 71

(1) Die Hauptverhandlung schließt mit der auf die Beratung folgenden Verkündung des Urteils.

(2) Das Berufsgericht kann zum Gegenstand der Urteilsfindung nur die Anschuldigungspunkte machen, die in der Anschuldigungsschrift und ihren Nachträgen dem Beschuldigten als Verstoß gegen Berufspflichten zur Last gelegt werden, wie sie sich nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung darstellen. Wird ein Nachtrag zur Anschuldigungsschrift dem Beschuldigten nicht spätestens eine Woche vor der Hauptverhandlung zugestellt, so können die in diesem Nachtrag dem Beschuldigten zur Last gelegten Anschuldigungspunkte nur mit seiner ausdrücklichen Zustimmung zum Gegenstand der Hauptverhandlung und Urteilsfindung gemacht werden. Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Berufsgericht nach seiner freien Überzeugung.

(3) In dem Urteil kann nur auf die in § 50 Abs. 1 und 4 bezeichneten berufsgerichtlichen Maßnahmen erkannt werden, der Kammerangehörige freigesprochen oder das Verfahren eingestellt werden. Das berufsgerichtliche Verfahren ist, abgesehen von dem Fall des § 260 Abs. 3 der Strafprozessordnung, einzustellen,

  1. wenn ein Verfahrenshindernis besteht, insbesondere wenn das Verfahren nicht rechtswirksam eingeleitet ist;
  2. wenn der Beschuldigte durch Verzicht auf die Approbation oder Beendigung der Berufsausübung aus einem anderen Grund endgültig die Kammerzugehörigkeit verliert.

(4) Das Urteil wird durch Verlesen der Urteilsformel und mündliche Mitteilung der wesentlichen Urteilsgründe verkündet. Es ist schriftlich abzufassen und mit Gründen zu versehen. Das Urteil ist von allen Mitgliedern des Gerichts, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert zu unterschreiben, so wird dies unter Angabe des Verhinderungsgrundes von dem Vorsitzenden und bei dessen Verhinderung von dem ältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht,

(5) Das Urteil ist mit Rechtsmittelbelehrung dem Beschuldigten, dem Kammervorstand und der Aufsichtsbehörde zuzustellen. Ist der Beschuldigte durch einen Verteidiger vertreten, so ist diesem das Urteil zuzustellen.

§ 72

(1) Gegen die Urteile der Berufsgerichte ist die Berufung durch den Beschuldigten, den Kammervorstand und die Aufsichtsbehörde zulässig. Legt nur die Aufsichtsbehörde Berufung ein, so führt sie die Berufung im eigenen Namen durch.

(2) Die Berufung hat aufschiebende Wirkung.

(3) Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Berufsgericht schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle einzulegen. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist beim Landesberufsgericht eingeht.

(4) Die Berufungsschrift muss das angefochtene Urteil bezeichnen und soll einen bestimmten Antrag enthalten. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben werden.

(5) Die Kostenentscheidung allein kann nicht angefochten werden.

§ 73

Für das Verfahren vor dem Landesberufsgericht gelten die Vorschriften über das Verfahren vor den Berufsgerichten entsprechend, soweit nichts Abweichendes bestimmt ist. § 67 findet keine Anwendung.

§ 74

(1) Das Landesberufsgericht verwirft die Berufung durch einen mit Gründen versehenen Beschluss, wenn sie nicht frist- oder formgerecht eingelegt ist. Der Beschluss ergeht ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter.

(2) Soweit das Landesberufsgericht die Berufung für zulässig und begründet hält, hebt es das Urteil des Berufsgerichts auf und entscheidet in der Sache selbst, falls es nicht nach § 75 Abs. 1 verfährt. Das Landesberufsgericht ist an die tatsächlichen Feststellungen des Berufsgerichts nicht gebunden.

§ 75

(1) Das Landesberufsgericht kann durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache zurückverweisen, wenn das Verfahren erster Instanz an einem wesentlichen Mangel leidet. Das Berufsgericht ist insoweit an die rechtliche Beurteilung des Landesberufsgerichts gebunden.

(2) Werden vor dem Landesberufsgericht im Wege der Nachtragsanschuldigung neue Beschuldigungen erhoben, so kann darüber nur verhandelt und entschieden werden, wenn der Beschuldigte nach ausdrücklichem Hinweis zustimmt.

§ 76

(1) Gegen nicht endgültige Beschlüsse des Berufsgerichts ist die Beschwerde an das Landesberufsgericht zulässig, gegen Entscheidungen, die der Urteilsfällung vorausgehen, jedoch nur, soweit sie die Verhängung einer berufsgerichtlichen Maßnahme oder eine dritte Person betreffen.

(2) Die Beschwerde ist bei dem Berufsgericht innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntmachung der Entscheidung einzulegen; die Beschwerdefrist wird jedoch auch gewahrt, wenn während ihres Laufes die Beschwerde beim Landesberufsgericht eingelegt wird.

(3) Das Berufsgericht kann der Beschwerde abhelfen. Andernfalls entscheidet das Landesberufsgericht endgültig.

(4) Der Vorsitzende des Berufsgerichts verwirft die Beschwerde als unzulässig, wenn sie verspätet eingelegt ist. Die Entscheidung ist zuzustellen.

§ 77

(1) Ein Verurteilter kann die Wiederaufnahme eines durch endgültige Entscheidung abgeschlossenen berufsgerichtlichen Verfahrens beantragen, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel beigebracht sind, die allein oder in Verbindung mit den früher erhobenen Beweisen geeignet erscheinen, die Freisprechung oder eine mildere Maßnahme nach § 50 zu begründen. Die Wiederaufnahme kann ferner beantragt werden, wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der kraft Gesetzes von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen ist.

(2) Über Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens entscheidet das Landesberufsgericht ohne mündliche Verhandlung.

(3) Ist der Antrag zulässig (Abs. 1), so ordnet der Vorsitzende des Landesberufsgerichts, soweit es nötig ist, die Erhebung der Beweise an.

(4) Nach Schluss der Beweisaufnahme fordert er den Kammervorstand und den Verurteilten auf, sich innerhalb einer Frist zu erklären.

(5) Das Landesberufsgericht verwirft den Antrag als unbegründet, wenn sich die darin aufgestellten Behauptungen nicht hinreichend bestätigt haben; andernfalls hebt es die Verurteilung auf und ordnet die Wiederaufnahme des Verfahrens vor dem Berufsgericht an.

(6) Das Landesberufsgericht kann mit Zustimmung des Kammervorstandes den Verurteilten ohne mündliche Verhandlung sofort freisprechen, wenn genügende Beweise bereits vorliegen.

§ 78 06 11 16a

(1) In jeder Entscheidung, die das Verfahren im Rechtszuge beendet, muss bestimmt werden, wer die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Sie bestehen aus den Gebühren und den notwendigen baren Auslagen des Verfahrens.

(2) Die Gebühr beträgt für jede Instanz 1200 und 2.400 Euro, für das Beschlussverfahren nach § § 67 und 74 zwischen 500 und 1000 Euro, für die Entscheidung des Berufsgerichts im Rügeverfahren nach § 59 Abs. 4 zwischen 750 und 1500 Euro). Das Gericht bestimmt in der Entscheidung die Höhe der Gebühr unter Berücksichtigung der Schwierigkeit der Sache sowie der persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten.

(3) Als bare Auslagen gelten:

  1. Entschädigungen der Zeugen und Sachverständigen,
  2. Tagegelder und Reisekosten sowie Entschädigungen für die Abwesenheit der Mitglieder der Berufsgerichte aus Praxis und Krankenhaus,
  3. Portogebühren für Zustellungen und Ladungen und für die auf Antrag übersandten Ausfertigungen und Abschriften sowie Fernschreib- und Fernsprechgebühren,
  4. Schreibgebühren; § 11 des Gerichtskostengesetzes findet entsprechende Anwendung.

(4) Dem Beschuldigten, der im Berufsgerichtsverfahren verurteilt wird, sind die Kosten ganz oder teilweise aufzuerlegen. Entsprechendes gilt, wenn das Berufsgerichtsverfahren aus den Gründen des § 71 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 eingestellt wird und nach dem Ergebnis der Ermittlungen ein Verstoß gegen Berufspflichten erwiesen ist. Stirbt der Beschuldigte vor Abschluss des Verfahrens, ist § 467 Abs. 3 und 4 der Strafprozessordnung entsprechend anzuwenden.

(5) Lehnt das Berufsgericht die Eröffnung des Verfahrens gemäß § 63 ab, so werden Gebühren nicht erhoben. Entsprechendes gilt, wenn der Beschuldigte freigesprochen oder das berufsgerichtliche Verfahren in anderen als den in Abs. 4 Satz 2 bezeichneten Fällen eingestellt wird. Die baren Auslagen fallen der Kammer zur Last. Das Berufsgericht kann sie in den Fällen des Satz 2 ganz oder teilweise dem Beschuldigten auferlegen, wenn er sie durch sein Verhalten verursacht hat oder hinreichender Tatverdacht bestand.

(6) Die dem Beschuldigten erwachsenen notwendigen Auslagen können ganz oder zum Teil der Kammer auferlegt werden, wenn das Berufsgericht feststellt, dass ein Verstoß gegen die Berufspflichten nicht erwiesen ist. Im Falle des Abs. 5 sind sie ganz der Kammer aufzuerlegen. Dies gilt nicht bei Einstellung des Verfahrens nach § 66 Abs. 1. Zu den notwendigen Auslagen gehören auch die Kosten der Verteidigung.

(7) Im Falle des § 72 Abs. 1 Satz 2 fallen in entsprechender Anwendung der vorstehenden Abs. 5 und 6 die Kosten der Staatskasse zur Last.

(8) Die Abs. 4 bis 6 gelten für das Verfahren vor dem Landesberufsgericht entsprechend.

§ 79

(1) Wenn die Kostenfolge bei der Entscheidung ganz oder zum Teil übergangen ist, so ist auf Antrag das Urteil durch nachträgliche Entscheidung zu ergänzen.

(2) Die Entscheidung muss binnen zwei Wochen nach Zustellung des Urteils beantragt werden,

§ 80 06

Der Kammervorstand kann die Durchführung von Ermittlungen nach § 57 Abs. 3 von der Erhebung einer Gebühr in Höhe von bis zum 300 Euro abhängig machen. Im Übrigen gilt § 78 entsprechend.

§ 81

Hat ein Kammermitglied durch eine vorsätzliche oder leichtfertig erstattete unwahre Anzeige die Durchführung von Ermittlungen veranlasst, so findet § 469 der Strafprozessordnung sinngemäße Anwendung.

§ 82

(1) Die Kosten werden durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des erstinstanzlichen Gerichts festgesetzt.

(2) Erinnerungen gegen die Kostenfestsetzung sind binnen zwei Wochen seit Zustellung beim Berufsgericht für Heilberufe einzulegen. Gegen dessen Entscheid ist die sofortige Beschwerde binnen zwei Wochen seit Zustellung des Beschlusses an das Landesberufsgericht zulässig.

§ 83

(1) Die Entscheidungen der Berufsgerichte werden mit Ablauf der Rechtsmittelfrist rechtskräftig, wenn kein Rechtsmittel eingelegt ist. Wird auf Rechtsmittel verzichtet oder ein Rechtsmittel zurückgenommen, so tritt die Rechtskraft in dem Zeitpunkt ein, in dem die Erklärung des Verzichts oder der Zurücknahme dem Berufsgericht zugeht. Endgültige Entscheidungen der Berufsgerichte werden mit ihrer Bekanntmachung rechtskräftig.

(2) Entscheidungen der Berufsgerichte werden vollstreckbar, soweit sie rechtskräftig geworden sind.

§ 84

(1) Die Einziehung vom Berufsgericht rechtskräftig auferlegter Geldbußen sowie der Gebühren, die gegen den Verurteilten rechtskräftig festgesetzt sind, obliegt der Kammer, der der Verurteilte angehört oder zur Zeit des Berufsvergehens angehört hat.

(2) Geldbußen und Gebühren werden wie rückständige Beiträge und Ordnungsgelder gemäß § 12 beigetrieben. Vollstreckungstitel sind die mit der Bestätigung der Rechtskraft versehenen Urteilsfertigungen und Kostenfestsetzungsbeschlüsse.

(3) Die Einziehung beim Berufsgericht entstandener barer Auslagen obliegt dem Berufsgericht. Für die Vollstreckung sind die für das Strafverfahren geltenden Vollstreckungsvorschriften sinngemäß anzuwenden.

§ 85 06

Zur Ergänzung der Bestimmungen dieses Abschnitts sind die Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Sitzungspolizei, die Gerichtssprache, die Beratung und die Abstimmung sowie die Vorschriften der Strafprozessordnung anzuwenden, soweit nicht die Eigenart des Berufsgerichtsverfahrens entgegensteht. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts der Hessische Verwatlungsgerichtshof tritt. § 226 Abs. 2 Strafprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass die Vorsitzenden des Berufsgerichts und des Landesberufsgerichts für Heilberufe von der Hinzuziehung eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle absehen können.

§ 86

Die Kammern tragen die sächlichen und die persönlichen Kosten der Berufsgerichte für die Verfahren, die auf ihren Antrag oder auf Antrag eines Kammerangehörigen nach § 59 Abs. 4 Satz 4 durchgeführt worden sind. In gleichem Maße stehen ihnen die Einnahmen an Kosten und Geldbußen zu; Überschüsse sind nach Ablauf des Rechnungsjahres den Fürsorgeeinrichtungen der Kammern zuzuführen.

§ 87 (aufgehoben)

§ 88 11 16a

Dieses Gesetz tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2024 außer Kraft.

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 Prüfraster für die VerhältnismäßigkeitsprüfungAnlage 20 24
(zu § 17 Abs. 5 Satz 1)

I. Begriffsbestimmungen

Im Rahmen dieser Anlage bezeichnen die Begriffe

  1. "reglementierter Beruf" eine berufliche Tätigkeit oder eine Gruppe beruflicher Tätigkeiten, bei der die Aufnahme, die Ausübung oder eine der Arten der Ausübung durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften direkt oder indirekt an den Besitz bestimmter Berufsqualifikationen gebunden ist; eine Art der Ausübung ist insbesondere die Führung einer geschützten Berufsbezeichnung, die durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften auf Personen beschränkt ist, die eine bestimmte Berufsqualifikation besitzen;
  2. "Berufsqualifikation" eine Qualifikation, die durch einen Ausbildungsnachweis, durch einen Befähigungsnachweis im Sinne des Art. 11 Buchst. a Ziffer i der Richtlinie 2005/36/EG oder durch Berufserfahrung nachgewiesen wird;
  3. "geschützte Berufsbezeichnung" eine Form der Reglementierung eines Berufs, bei der die Verwendung einer Bezeichnung bei der Ausübung einer beruflichen Tätigkeit oder einer Gruppe von beruflichen Tätigkeiten aufgrund von Rechts- oder Verwaltungsvorschriften unmittelbar oder mittelbar an den Besitz einer bestimmten Berufsqualifikation gebunden ist und bei der bei einer missbräuchlichen Verwendung der Bezeichnung Sanktionen verhängt werden;
  4. "vorbehaltene Tätigkeit" eine Form der Reglementierung eines Berufs, bei der der Zugang zu einer beruflichen Tätigkeit oder einer Gruppe von beruflichen Tätigkeiten aufgrund von Rechts- oder Verwaltungsvorschriften unmittelbar oder mittelbar Angehörigen eines reglementierten Berufs vorbehalten wird, die eine bestimmte Berufsqualifikation besitzen, und zwar auch dann, wenn diese Tätigkeit mit anderen reglementierten Berufen geteilt wird.

II. Prüfung der Verhältnismäßigkeit

  1. Vorschriften, die in den Geltungsbereich der Richtlinie 2005/36/EG fallen, dürfen weder eine direkte noch eine indirekte Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit oder des Wohnsitzes darstellen.
  2. Vorschriften im Sinne der Nr. 1 müssen durch Ziele des Allgemeininteresses im Sinne des Art. 6 der Richtlinie (EU) 2018/958 gerechtfertigt sein. Sie müssen für die Verwirklichung des angestrebten Ziels geeignet sein und dürfen nicht über das zur Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinausgehen.

III. Durchführung der Verhältnismäßigkeitsprüfung

  1. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit sind die folgenden Punkte zu berücksichtigen:
    1. die Eigenart der mit den angestrebten Zielen des Allgemeininteresses verbundenen Risiken, insbesondere der Risiken für Dienstleistungsempfänger, einschließlich Verbraucher, Berufsangehörige und Dritte;
    2. die Frage, ob bestehende Regelungen spezifischer oder allgemeiner Art, etwa Regelungen in Rechtsvorschriften auf dem Gebiet der Produktsicherheit oder des Verbraucherschutzes, nicht ausreichen, um das angestrebte Ziel zu erreichen;
    3. die Eignung der Vorschrift zur Erreichung des angestrebten Ziels sowie die Frage, ob sie diesem Ziel tatsächlich in kohärenter und systematischer Weise gerecht wird und somit den Risiken entgegenwirkt, die bei vergleichbaren Tätigkeiten in ähnlicher Weise identifiziert wurden;
    4. die Auswirkungen auf den freien Personen- und Dienstleistungsverkehr innerhalb der Europäischen Union, die Wahlmöglichkeiten für die Verbraucher und die Qualität der bereitgestellten Dienstleistungen;
    5. die Frage, ob zur Erreichung des im Allgemeininteresse liegenden Ziels auch auf mildere Mittel zurückgegriffen werden kann; wenn die Vorschrift nur durch den Verbraucherschutz gerechtfertigt ist und sich die identifizierten Risiken auf das Verhältnis zwischen dem Berufsangehörigen und dem Verbraucher beschränken und sich deshalb nicht negativ auf Dritte auswirken, ist im Sinne dieses Buchstabens insbesondere zu prüfen, ob das Ziel durch Maßnahmen erreicht werden kann, die milder sind als die Maßnahme, die Tätigkeiten vorzubehalten.
  2. Darüber hinaus sind bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit die folgenden Punkte zu berücksichtigen, wenn sie für die Art und den Inhalt der neu eingeführten oder geänderten Vorschrift relevant sind:
    1. der Zusammenhang zwischen dem Umfang der Tätigkeiten, die von einem Beruf erfasst sind oder die einem Beruf Vorbehalten sind, und der erforderlichen Berufsqualifikation;
    2. der Zusammenhang zwischen der Komplexität der betreffenden Aufgaben und der Notwendigkeit, dass diejenigen, die die Aufgaben wahrnehmen, im Besitz einer bestimmten Berufsqualifikation sind, insbesondere in Bezug auf das Niveau, die Eigenart und die Dauer der erforderlichen Ausbildung oder Erfahrung;
    3. die Möglichkeit, die berufliche Qualifikation auf alternativen Wegen zu erlangen;
    4. die Frage, ob und warum die bestimmten Berufen vorbehaltenen Tätigkeiten mit anderen Berufen geteilt oder nicht geteilt werden können;
    5. der Grad an Autonomie bei der Ausübung eines reglementierten Berufs und die Auswirkungen von Organisations- und Überwachungsmodalitäten auf die Erreichung des angestrebten Ziels, insbesondere wenn die mit einem reglementierten Beruf zusammenhängenden Tätigkeiten unter der Kontrolle und Verantwortung einer ordnungsgemäß qualifizierten Fachkraft stehen;
    6. die wissenschaftlichen und technologischen Entwicklungen, die die Informationsasymmetrie zwischen Berufsangehörigen und Verbrauchern tatsächlich abbauen oder verstärken können.
  3. Wird die neue oder geänderte Satzungsvorschrift mit Anforderungen anderer Vorschriften kombiniert, so ist die Auswirkung der neuen oder geänderten Vorschrift zu prüfen; insbesondere ist zu prüfen, wie die neue oder geänderte Vorschrift kombiniert mit anderen Anforderungen zum Erreichen desselben legitimen Zwecks beiträgt und ob sie hierfür notwendig ist; dies gilt insbesondere für folgende Anforderungen:
    1. Tätigkeitsvorbehalte, geschützte Berufsbezeichnung oder jede sonstige Form der Reglementierung im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst, a der Richtlinie 2005/36/EG;
    2. Verpflichtungen zur kontinuierlichen beruflichen Weiterbildung;
    3. Vorschriften in Bezug auf Berufsorganisation, Standesregeln und Überwachung;
    4. Pflichtmitgliedschaft in einer Berufsorganisation, Registrierungs- und Genehmigungsregelungen, insbesondere wenn diese Anforderungen den Besitz einer bestimmten Berufsqualifikation voraussetzen;
    5. quantitative Beschränkungen, insbesondere Anforderungen, die die Zahl der Zulassungen zur Ausübung eines Berufs begrenzen oder die eine Mindest- oder Höchstzahl der Arbeitnehmer, Geschäftsführer oder Vertreter festsetzen, die bestimmte Berufsqualifikationen besitzen;
    6. Anforderungen an bestimmte Rechtsformen oder Anforderungen in Bezug auf die Beteiligungsstruktur oder Geschäftsleitung eines Unternehmens, soweit diese Anforderungen unmittelbar mit der Ausübung des reglementierten Berufs Zusammenhängen;
    7. geografische Beschränkungen, auch dann, wenn der Beruf in Teilen der Bundesrepublik Deutschland in einer Weise reglementiert ist, die sich von der Reglementierung in anderen Teilen unterscheidet;
    8. Anforderungen, die die gemeinschaftliche oder partnerschaftliche Ausübung eines reglementierten Berufs beschränken, sowie Unvereinbarkeitsregeln;
    9. Anforderungen an den Versicherungsschutz oder andere Mittel des persönlichen oder kollektiven Schutzes in Bezug auf die Berufshaftpflicht;
    10. Anforderungen an Sprachkenntnisse, soweit diese für die Ausübung des Berufs erforderlich sind;
    11. festgelegte Mindest- und/oder Höchstpreisanforderungen;
    12. Anforderungen an die Werbung.
  4. Zusätzlich ist sicherzustellen, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eingehalten wird, wenn spezifische Anforderungen im Zusammenhang mit der vorübergehenden oder gelegentlichen Erbringung von Dienstleistungen nach Titel II der Richtlinie 2005/36/EG, einschließlich der folgenden Anforderungen, neu eingeführt oder geändert werden:
    1. eine automatische vorübergehende Eintragung oder eine Pro-Forma-Mitgliedschaft bei einer Berufsorganisation nach Art. 6 Abs. 1 Buchst, a der Richtlinie 2005/36/EG;
    2. eine vorherige Meldung nach Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2005/36/EG, die nach Abs. 2 des genannten Artikels erforderlichen Dokumente oder eine sonstige gleichwertige Anforderung;
    3. die Zahlung einer Gebühr oder von Entgelten, die vom Dienstleistungserbringer für die Verwaltungsverfahren im Zusammenhang mit dem Zugang zu reglementierten Berufen oder im Zusammenhang mit deren Ausübung gefordert werden.

    Die Verpflichtung nach Satz 1 gilt nicht für Maßnahmen, durch die die Einhaltung geltender Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen gewährleistet werden soll, die im Einklang mit dem Recht der Europäischen Union angewendet werden.

  5. Bei Vorschriften, die die Reglementierung von Gesundheitsfachberufen betreffen und die Auswirkungen auf die Patientensicherheit haben, ist das Ziel der Sicherstellung eines hohen Niveaus des Gesundheitsschutzes zu berücksichtigen


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