umwelt-online: Verordnung (EG) Nr. 440/2008 zur Festlegung von Prüfmethoden gemäß der VO (EG) Nr. 1907/2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) (8)
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B.5 Akute Augenreizung/-verätzung 17 23
Die vollständige Beschreibung dieser Prüfmethode wurde gestrichen.
Die gleichwertige internationale Prüfmethode ist in Teil 0 Tabelle 2 aufgeführt.
Einleitung
Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie 405 (2012). Die OECD-Prüfrichtlinien für die Prüfung von Chemikalien werden regelmäßig überprüft, um sicherzustellen, dass sie den besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechen. Bei vorangegangenen Überprüfungen dieser Prüfrichtlinien wurde ein besonderes Augenmerk auf mögliche Verbesserungen durch die Auswertung aller vorhandenen Informationen über die Prüfchemikalie gelegt, um unnötige Versuche an Labortieren zu vermeiden und somit auch Belange des Tierschutzes zu berücksichtigen. Die (1981 verabschiedete und 1987, 2002 und 2012 aktualisierte) Prüfrichtlinie 405 beinhaltet die Empfehlung, vor der Durchführung des beschriebenen In-vivo-Tests zur Ermittlung der akuten Reiz-/Ätzwirkung des Stoffs auf die Augen eine evidenzbasierte kritische Analyse (Weight-of-Evidence analysis, WoE-Analyse) (1) der bereits vorhandenen einschlägigen Daten vorzunehmen. Sofern nicht genügend Daten zur Verfügung stehen, können diese mit Hilfe sequenzieller Tests generiert werden (2) (3). Die Prüfstrategie, die ergänzend zu dieser Prüfmethode empfohlen wird, sieht die Durchführung validierter und anerkannter In-vitro-Tests vor. Für die Zwecke der Verordnung EG (Nr.) 1907/2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) 1 wird außerdem eine integrierte Prüfstrategie in die entsprechende ECHA-Leitlinie (21) aufgenommen. Tierversuche sollten nur dann durchgeführt werden, wenn deren Notwendigkeit nach Abwägen verfügbarer alternativer Methoden festgestellt und die Anwendung der so ermittelten Methoden für angemessen befunden wurde. Zum Zeitpunkt der Ausarbeitung dieser aktualisierten Prüfmethode gibt es nach wie vor Fälle, in denen die Anwendung dieser Prüfmethode noch immer notwendig oder gesetzlich vorgeschrieben ist. Bei der letzten Aktualisierung lag Der Schwerpunkt in erster Linie auf der Verwendung von Analgetika und Anästhetika; das grundlegende Konzept und der Aufbau der Prüfrichtlinien blieben unberührt. ICCVAM 2 und eine unabhängige internationale wissenschaftliche Peer-Review-Gruppe überprüften den Nutzen und die Grenzen einer routinemäßigen Verwendung topischer Anästhetika, systemischer Analgetika und humaner Endpunkte bei In-vivo-Sicherheitstests zur Ermittlung von Augenreizungen (12). Die Überprüfung ergab, dass durch die Verwendung topischer Anästhetika und systemischer Analgetika Schmerzen und Leiden ganz oder zu einem Großteil vermieden werden könnten, ohne die Testergebnisse zu beeinträchtigen, und es wurde ein genereller Einsatz dieser Stoffe empfohlen. Bei der vorliegenden Prüfmethode wurde diese Überprüfung berücksichtigt. Topische Anästhetika, systemische Analgetika und humane Endpunkte sollten bei In-vivo-Tests zur Feststellung akuter Augenreizung/-verätzungen routinemäßig eingesetzt werden. Ausnahmen sind zu begründen. Die in dieser Methode beschriebenen Verfeinerungen werden bei den meisten Versuchen, bei denen Sicherheitstests zur Feststellung von Augenreizungen am lebenden Tier nach wie vor erforderlich sind, erheblich zur Verringerung oder Vermeidung von Schmerzen und Leiden bei den Versuchstieren beitragen. Eine ausgewogene präventive Schmerzbehandlung sollte Folgendes umfassen: i) eine routinemäßige Vorbehandlung mit einem topischen Anästhetikum (z.B. Proparacain oder Tetracain) und einem systemischen Analgetikum (z.B. Buprenorphin), ii) eine routinemäßige Nachbehandlung mit systemischen Analgetika (z.B. Buprenorphin und Meloxicam), iii) eine planmäßige Beobachtung und Überwachung von Tieren mit Aufzeichnung klinischer Anzeichen von Schmerzen und/oder Leiden und iv) eine planmäßige Beobachtung, Überwachung und Erfassung der Art, des Schweregrads und des Verlaufs sämtlicher Augenverletzungen. Für weitere Details siehe die nachfolgend beschriebenen aktualisierten Verfahren. Nach Verabreichung der Prüfchemikalie sollten keine zusätzlichen topischen Anästhetika oder Analgetika gegeben werden, um eine Beeinträchtigung der Studie zu vermeiden. Analgetika mit entzündungshemmender Wirkung (z.B. Meloxicam) sollten nicht topisch aufgetragen werden und systemisch verabreichte Dosen sollten nicht mit den Wirkungen auf die Augen interferieren. Definitionen finden sich in der Anlage zur Prüfmethode. Im Interesse wissenschaftlicher Verlässlichkeit und des Tierschutzes sollen In-vivo-Tests erst dann in Erwägung gezogen werden, wenn alle für das Hautverätzungs-/-reizungspotenzial der Chemikalie zur Verfügung stehenden einschlägigen Daten auf Basis ihrer Beweiskraft (weight-of-evidence, WoE) ausgewertet worden sind. Zu diesen Daten gehören unter anderem Erkenntnisse aus bereits durchgeführten Untersuchungen am Menschen und/oder an Labortieren, Hinweise auf Verätzungen/Reizungen durch eine oder mehrere strukturell verwandte Substanzen oder Gemische aus diesen Substanzen, Daten, die eine starke Azidität oder Alkalinität der Substanz belegen (4) (5) und Ergebnisse validierter und anerkannter In-vitro- oder Ex-vivo-Tests auf Hautverätzungen und -reizungen (6) (13) (14) (15) (16) (17). Diese Studien können sowohl vor als auch nach einer WoE-Analyse durchgeführt worden sein. Für bestimmte Chemikalien ergibt eine solche Analyse möglicherweise, dass deren Augenverätzungs-/-reizungspotenzial im Rahmen von In-vivo-Studien untersucht werden muss. In all diesen Fällen sollten zunächst die augenverätzenden Wirkungen der Chemikalie in vitro und/oder in vivo untersucht und nach der sequenziellen Prüfstrategie in Prüfmethode B.4 (7) oder nach der in der ECHA-Leitlinie (21) beschriebenen integrierten Prüfstrategie evaluiert werden, bevor ein In-vivo-Augentest in Erwägung gezogen wird. Ergänzend zu dieser Prüfmethode wird eine sequenzielle Prüfstrategie, die auch validierte In-vitro- oder Ex-vivo-Tests auf Augenverätzungs-/-reizungswirkungen vorsieht, in diese Prüfmethode und, für die Zwecke der REACH-Verordnung, auch in die ECHA-Leitlinie (21) aufgenommen. Es wird empfohlen, dass eine solche sequenzielle Prüfstrategie vor einem In-vivo-Test durchgeführt wird. Für neue Chemikalien wird ein stufenweiser Prüfansatz empfohlen, um wissenschaftliche fundierte Daten über die durch die Chemikalie bedingte Verätzung/Reizung erheben zu können. Bei bereits bekannten Chemikalien, für die nicht genügend Daten zum Hautverätzungs-/-reizungspotenzial bzw. Augenverätzungs-/-reizungspotenzial vorliegen, kann die Strategie genutzt werden, um Datenlücken zu schließen. Die Anwendung einer anderen Prüfstrategie bzw. eines anderen Prüfverfahrens oder die Entscheidung gegen einen stufenweisen Prüfansatz sollten begründet werden. Nach einer Vorbehandlung mit einem systemischen Analgetikum und nach Einleitung einer geeigneten topischen Anästhesie wird die zu prüfende Chemikalie als Einzeldosis in ein Auge des Versuchstiers geträufelt; das unbehandelte Auge dient als Kontrolle. Der Grad der Reizung/Verätzung wird bestimmt, indem in zuvor festgelegten Zeitabständen und anhand einer Punkteskala Schädigungen der Bindehaut, der Hornhaut und der Iris bewertet werden. Es werden auch andere Reaktionen des Auges und systemische Schäden erfasst, um die Wirkungen umfassend beurteilen zu können. Die Beobachtungsdauer sollte lang genug sein, um die Reversibilität bzw. Irreversibilität der Wirkungen evaluieren zu können. Tiere, die zu irgendeinem Zeitpunkt während des Versuchs Anzeichen schweren Leidens und/oder starker Schmerzen oder Läsionen aufweisen, die den in dieser Prüfmethode beschriebenen humanen Endpunkten (siehe Nummer 26) entsprechen, sollten human getötet werden, und die Chemikalie ist entsprechend einzustufen. Kriterien für die Entscheidung über die humane Tötung moribunder Tiere mit starken Leidensanzeichen sind Gegenstand eines OECD-Leitfadens (8). Vorbereitung des In-vivo-Tests Auswahl der Tierart Bevorzugtes Labortier für den Test sind gesunde, junge, geschlechtsreife Albino-Kaninchen. Die Verwendung anderer Stämme oder Arten sollte begründet werden. Vorbereitung der Versuchstiere Innerhalb von 24 Stunden vor dem Versuch werden bei jedem der ausgewählten Versuchstiere beide Augen untersucht. Tiere, bei denen bereits eine Augenreizung, okulare Defekte oder eine Hornhautschädigung vorliegen, sollen nicht verwendet werden. Haltungs- und Fütterungsbedingungen Die Tiere sollen einzeln gehalten werden. Die Temperatur im Versuchstierraum sollte für Kaninchen 201 °C (± 31 °C) betragen. Obwohl die relative Luftfeuchtigkeit mindestens 30 % und außer während der Raumreinigung maximal 70 % betragen sollte, ist ein Wert von 50-60 % anzustreben. Der Raum soll künstlich beleuchtet sein, mit Hell-/Dunkelphasen im 12-Stunden-Rhythmus. Überhöhte Lichtintensität sollte vermieden werden. An die Versuchstiere kann herkömmliches Laborfutter verfüttert werden, wobei eine unbegrenzte Trinkwasserversorgung zu gewährleisten ist. Verwendung topischer Anästhetika und systemischer Analgetika Es wird empfohlen, zur Verringerung oder Vermeidung von Schmerzen und Leiden bei Augensicherheitsprüfungen wie nachstehend beschrieben vorzugehen. Ersatzweise können auch alternative Verfahren angewendet werden, mit denen sich Schmerzen und Leiden nachweislich ebenso gut oder sogar besser vermeiden oder lindern lassen.
Applikation der Prüfchemikalie Die Prüfchemikalie sollte bei jedem Tier in den Bindehautsack eines Auges appliziert werden, indem das untere Lid leicht vom Augapfel weggezogen wird. Die Lider dann etwa eine Sekunde lang leicht zusammendrücken, damit kein Prüfmaterial verloren geht. Das andere, unbehandelte Auge dient als Kontrolle. Die Augen der Versuchstiere sollten frühestens 24 Stunden nach Applikation der Prüfchemikalie ausgewaschen werden; Ausnahmen gelten für Feststoffe (siehe Nummer 18) und bei sofortigem Eintritt einer Ätz- oder Reizwirkung. Nach 24 Stunden kann eine Augenspülung erfolgen, sofern dies für angemessen gehalten wird. Untersuchungen an einer zusätzlichen Versuchstiergruppe (Satellitengruppe) zur Erforschung des Einflusses des Ausspülens wird nicht empfohlen, außer in wissenschaftlich begründeten Fällen. Sollte eine Satellitengruppe tatsächlich benötigt werden, sind zwei Kaninchen vorzusehen. Die Bedingungen, unter denen die Augenspülung erfolgte (Zeitpunkt, Zusammensetzung und Temperatur der Spüllösung, Dauer, Volumen und Geschwindigkeit der Applikation) sollten genau dokumentiert werden. (1) Prüfung von Flüssigkeiten Bei der Prüfung von Flüssigkeiten eine Dosis von 0,1 ml verwenden. Liegt die Prüfchemikalie als Pumpspray vor, sollte sie nicht direkt ins Auge gesprüht, sondern mittels Sprühstoß entnommen und in einem Behälter aufgefangen werden. Anschließend 0,1 ml in das Auge einträufeln. (2) Prüfung von Feststoffen Bei Feststoffen, Pasten und partikelförmigen Chemikalien sollte die Prüfmenge ein Volumen von 0,1 ml oder ein Gewicht von höchstens 100 mg haben. Die Prüfchemikalie sollte zu einem feinen Pulver zermahlen werden. Das Volumen von Feststoffen sollte erst nach vorsichtigem Kompaktieren, z.B. durch Klopfen des Messbehälters, bestimmt werden. Ist die in Form eines Feststoffs vorliegende Prüfchemikalie bis zum ersten Beobachtungszeitpunkt, d. h. 1 Stunde nach der Applikation, nicht aufgrund physiologischer Vorgänge aus dem Auge entfernt worden, kann das Auge mit Kochsalzlösung oder destilliertem Wasser ausgespült werden. (3) Prüfung von Aerosolen Es wird empfohlen, alle als Pumpspray oder Aerosol vorliegenden Prüfchemikalien mittels Sprühstoß zu entnehmen, in einem Behälter aufzufangen und anschließend zu applizieren. Einzige Ausnahme sind Chemikalien in Aerosol-Druckbehältern, die aufgrund der Vaporisierung nicht aufgefangen werden können. In diesen Fällen sollte das Auge offen gehalten und die Prüfchemikalie mit einem einzigen Sprühstoß etwa eine Sekunde lang aus 10 cm Entfernung ins Auge gesprüht werden. In Abhängigkeit vom Druck und vom Behälterinhalt kann dieser Abstand variieren. Es ist darauf zu achten, dass das Auge durch den Sprühdruck nicht verletzt wird. Unter Umständen muss das Risiko "mechanischer" Augenschäden, die auf den Sprühdruck zurückzuführen sind, beurteilt werden. Bei Aerosolen kann die Dosis geschätzt werden, indem der Test folgendermaßen simuliert wird: Die Chemikalie durch eine Öffnung in der Größe eines Kaninchenauges auf Wägepapier sprühen, wobei sich die Öffnung unmittelbar vor dem Papier befindet. Anhand der Gewichtszunahme des Papiers wird ein Näherungswert für die ins Auge gesprühte Menge ermittelt. Bei flüchtigen Chemikalien kann ein Schätzwert für die Dosis ermittelt werden, indem man einen Auffangbehälter vor und nach Entnahme der Prüfchemikalie wiegt. Vorversuch (In-vivo-Test auf Augenreizung/-verätzung an einem einzigen Tier) Es empfiehlt sich dringend, den In-vivo-Test zunächst nur an einem Tier durchzuführen (siehe Ergänzung zu dieser Prüfmethode: Eine sequenzielle Strategie für die Prüfung auf Augenreizung/-verätzung). Die Beobachtungen sollen ausreichen, um den Schweregrad und die Reversibilität der Wirkungen zu bestimmen, bevor ein Bestätigungstest an einem zweiten Tier durchgeführt wird. Sofern das beschriebene Verfahren ergibt, dass der Stoff augenverätzend wirkt oder schwere Augenreizungen auslöst, sollen keine weiteren Prüfungen auf Augenreizung durchgeführt werden. Bestätigungstest (In-vivo-Test auf augenreizende Wirkungen an zusätzlichen Tieren) Wird im Vorversuch keine ätzende oder schwer augenreizende Wirkung beobachtet, sollte die Reizungsreaktion bzw. die negative Reaktion an bis zu zwei weiteren Tieren bestätigt werden. Ergibt der Vorversuch eine Reizwirkung, sollte der Bestätigungstest nach Möglichkeit als sequenzieller Versuch an einem Tier einem bestimmten Zeitpunkt und nicht durch gleichzeitige Exposition der zwei weiteren Tiere erfolgen. Der Test ist abzubrechen, wenn beim zweiten Tier Anzeichen einer Verätzung oder einer schweren Reizung festgestellt werden. Wenn die Ergebnisse beim zweiten Tier eine Bestimmung der Gefahrenklasse zulassen, sollten keine weiteren Tests durchgeführt werden. Die Beobachtungszeit sollte so bemessen sein, dass das Ausmaß und die Reversibilität der festgestellten Wirkungen umfassend bewertet werden können. Allerdings sollte der Versuch abgebrochen werden, sobald das Tier starke Anzeichen von Leiden und Schmerzen zeigt (8). Um feststellen zu können, ob die Wirkungen reversibel sind, sollten die Tiere in der Regel während 21 Tagen nach Applikation der Prüfchemikalie beobachtet werden. Bilden sich die Schäden vor Ablauf dieser 21 Tage zurück, sollte der Versuch zu diesem Zeitpunkt beendet werden. Klinische Beobachtungen und Einstufung von Augenreaktionen Die Augen sollten eine Stunde nach Applikation der Prüfchemikalie umfassend auf vorhandene bzw. nicht vorhandene Augenläsionen untersucht werden; danach mindestens eine Untersuchung täglich durchführen. In den ersten 3 Tagen sollten die Tiere mehrmals täglich untersucht werden, damit Entscheidungen, den Versuch zu beenden, zeitnah getroffen werden können. Versuchstiere sollten während der gesamten Studiendauer routinemäßig mindestens zweimal täglich, falls nötig auch häufiger, auf klinische Anzeichen von Schmerzen und/oder Leiden untersucht werden (z.B. wiederholtes Kratzen und Reiben am Auge, übermäßiges Blinzeln, übermäßig tränende Augen) (9) (10) (11), wobei zwischen den Beobachtungen mindestens 6 Stunden liegen sollten. Dies ist nötig, um i) Tiere angemessen auf Anzeichen von Schmerzen und Leiden zu untersuchen und fundierte Entscheidungen im Hinblick auf eine Erhöhung der Dosis von Analgetika treffen zu können, und ii) Tiere auf Anzeichen vorbestimmter humaner Endpunkte zu untersuchen, damit fundierte Entscheidungen darüber getroffen werden können, ob Tiere human getötet werden sollten, und damit solche Entscheidungen zeitnah getroffen werden können. Eine Anfärbung mit Fluorescein sollte routinemäßig erfolgen und gegebenenfalls sind als Hilfsmittel zum Nachweis und zur Messung von Augenschäden und zur Beurteilung, ob vorbestimmte Endpunktkriterien für ein humanes Töten erfüllt sind, eine Spaltlampe und ein Biomikroskop zu verwenden (z.B. bei der Beurteilung der Tiefe einer Schädigung im Falle einer Hornhautulzeration). Digitale Fotografien von beobachteten Schädigungen können zu Referenzzwecken und zur dauerhaften Dokumentation des Ausmaßes der Augenschädigung erfasst werden. Sobald aussagekräftige Informationen vorliegen, sollte der Versuch nicht länger als nötig fortgesetzt werden. Tiere mit starken Anzeichen von Schmerzen oder Leiden sollen unverzüglich human getötet werden, wobei die Chemikalie entsprechend einzustufen ist. Bei Tieren mit folgenden Augenschädigungen nach Applikation der Prüfchemikalie ist eine humane Tötung angezeigt (siehe Tabelle 1 zur Beschreibung der Schädigungsgrade): Hornhautperforation oder signifikante Hornhautulzeration mit Staphylom; Blut in der vorderen Augenkammer; Hornhauttrübung Grad 4; fehlender Pupillenreflex (Irisreaktion Grad 2) während 72 Stunden; Ulzeration der Bindehaut; Nekrose der Bindehaut oder der Nickhaut oder Gewebsdemarkierung. Diese Schäden sind im Allgemeinen irreversibel. Darüber hinaus wird empfohlen, die folgenden Augenschädigungen als humane Endpunkte zu definieren, bei denen Studien vor Ablauf des planmäßigen 21-tägigen Beobachtungszeitraums beendet werden sollten. Diese Schädigungen gelten als prädiktiv für schwere Reizungen oder Verätzungen und Schädigungen, bei denen davon ausgegangen werden muss, dass sie bis zum Ablauf des 21-tägigen Beobachtungszeitraums nicht vollständig abklingen: sehr tiefe Schädigung (z.B. eine Hornhautulzeration bis in Schichten unterhalb der Stromaoberfläche), Zerstörung des Limbus zu mehr als 50 % (nachgewiesen durch ein Ausbleichen des Bindehautgewebes) und schwere Augeninfektion (eitriger Ausfluss). Eine Kombination von Vaskularisierung der Hornhautoberfläche (d. h. Pannus), sich nicht rückbildender Fluoresceinfärbung (basierend auf einer täglichen Untersuchung) und/oder einer ausbleibenden Reepithelisierung am 5. Tag nach Applikation der Prüfchemikalie könnte ebenfalls als potenziell zweckdienliches Kriterium für die klinische Entscheidung über eine vorzeitige Beendigung der Studie angesehen werden. Einzeln betrachtet sind diese Ergebnisse jedoch nicht ausreichend, um eine vorzeitige Beendigung der Studie zu rechtfertigen. Sobald schwerwiegende Auswirkungen auf die Augen festgestellt werden, sollten ein behandelnder Tierarzt oder ein qualifizierter Labortierarzt oder im Nachweis klinischer Schädigungen geschultes Laborpersonal zur Notwendigkeit einer klinischen Untersuchung zur Feststellung, ob die Kombination dieser Auswirkungen eine vorzeitige Beendigung der Studie rechtfertigt, konsultiert werden. Der jeweilige Grad der Augenreaktion (Bindehaut, Hornhaut und Iris) ist 1, 24, 48 und 72 Stunden nach Applikation der Prüfchemikalie zu ermitteln und zu dokumentieren (Tabelle 1). Tiere, bei denen keine Augenschädigungen auftreten, dürfen frühestens 3 Tage nach der Behandlung getötet werden. Bei leichten bis mäßigen Augenschädigungen sollten die Tiere bis zum Abklingen der Symptome bzw. für die Dauer von 21 Tagen beobachtet werden; erst danach wird die Studie abgeschlossen. Untersuchungen sollen mindestens nach 1 Stunde, 24 Stunden, 48 Stunden, 72 Stunden sowie am 7., 14. und 21. Tag durchgeführt und dokumentiert werden, um den Status der Schädigungen zu ermitteln und zu klären, ob sie reversibel oder irreversibel sind. Erforderlichenfalls sollten häufigere Untersuchungen durchgeführt werden, um zu entscheiden, ob das Versuchstier aus Tierschutzgründen human getötet oder aufgrund von negativen Ergebnissen aus dem Versuch genommen werden sollte. Der jeweilige Grad der Augenschädigung (vgl. Tabelle 1) sollte für jede Untersuchung erfasst werden. Etwaige weitere Augenschädigungen (z.B. Pannus, Verfärbungen, Veränderungen in der vorderen Augenkammer) oder negative systemische Wirkungen sing ebenfalls zu dokumentieren. Als Hilfsmittel können bei den Untersuchungen Binokularlupen, Handspaltlampen, Biomikroskope und andere geeignete Geräte benutzt werden. Nach Aufzeichnung der Beobachtungen nach 24 Stunden können die Augen außerdem mit Fluorescein weiter untersucht werden. Die Bewertung von Augenreaktionen ist zwangsläufig subjektiv. Um die Einstufung von Augenreaktionen stärker zu vereinheitlichen und den Prüflabors und allen an den Versuchen und an der Interpretation der Versuchsergebnisse Beteiligten die Arbeit zu erleichtern, müssen die Prüfer im Umgang mit der Bewertungsskala geschult werden. Die Bewertung der Augenreizung sollte anhand der Art und des Schweregrads der Schädigung und deren Reversibilität bzw. Irreversibilität vorgenommen werden. Die jeweils ermittelten Schweregrade stellen keinen alleingültigen Maßstab für die reizenden Eigenschaften einer Chemikalie dar, denn es werden auch andere Wirkungen der Prüfchemikalie beurteilt. Vielmehr sollten die einzelnen Graduierungswerte als Referenzwerte betrachtet werden, die nur dann sinnvoll sind, wenn sämtliche Beobachtungen genau erfasst und evaluiert werden. Der Prüfbericht muss folgende Angaben enthalten: Begründung für den In-vivo-Test: WoE-Analyse von Daten aus früheren Versuchen unter Einbeziehung von Ergebnissen aus der sequenziellen Prüfstrategie:
Anästhetika und Analgetika
Diskussion der Ergebnisse. Interpretation der Ergebnisse Eine Extrapolation der Ergebnisse von Untersuchungen auf Augenreizungen an Labortieren auf den Menschen ist nur bedingt möglich. Oftmals reagiert das Albino-Kaninchen empfindlicher als der Mensch auf Stoffe mit augenreizenden oder -verätzenden Eigenschaften. Bei der Interpretation von Daten ist darauf zu achten, dass Reizungen aufgrund einer sekundären Infektion nicht berücksichtigt werden. (1) Barratt, M.D., et al. (1995), The Integrated Use of Alternative Approaches for Predicting Toxic Hazard, ECVAM Workshop Report 8, ATLA 23, 410-429. (2) de Silva, O., et al. (1997), Evaluation of Eye Irritation Potential: Statistical Analysis and Tier Testing Strategies, Food Chem. Toxicol 35, 159-164. (3) Worth A.P. and Fentem J.H. (1999), A general approach for evaluating stepwise testing strategies ATLA 27, 161-177. (4) Young, J.R., et al. (1988), Classification as Corrosive or Irritant to Skin of Preparations Containing Acidic or Alkaline Substance Without Testing on Animals, Toxicol. In Vitro, 2, 19-26. (5) Neun, D.J. (1993), Effects of Alkalinity on the Eye Irritation Potential of Solutions Prepared at a Single pH, J. Toxicol. Cut. Ocular Toxicol. 12, 227 - 231. (6) Fentem, J.H., et al. (1998), The ECVAM international validation study on in vitro tests for skin corrosivity. 2. Results and evaluation by the Management Team, Toxicology in vitro 12, 483-524. (7) Kapitel B.4 dieses Anhangs, Akute Hautreizung/-verätzung. (8) OECD (2000), Guidance Document on the Recognition, Assessment and Use of Clinical Signs as Humane Endpoints for Experimental Animals Used in Safety Evaluation. OECD Environmental Health and Safety Publications, Series on Testing and Assessment, Nr. 19. (http://www.oecd.org/ehs/test/monos.htm). (9) Wright EM, Marcella KL, Woodson JF. (1985), Animal pain: evaluation and control, Lab Animal, Mai/Juni, 20-36. (10) National Research Council (NRC) (2008), Recognition and Alleviation of Distress in Laboratory Animals, Washington, DC: The National Academies Press. (11) National Research Council (NRC) (2009), Recognition and Alleviation of Distress in Laboratory Animals, Washington, DC: The National Academies Press. (12) ICCVAM (2010), ICCVAM Test Method Evaluation Report: Recommendations for Routine Use of Topical Anesthetics, Systemic Analgesics, and Humane Endpoints to Avoid or Minimize Pain and Distress in Ocular Safety Testing, NIH Publication No. 10-7514, Research Triangle Park, NC, USA: National Institute of Environmental Health Sciences. http://iccvam.niehs.nih.gov/methods/ocutox/OcuAnest- TMER.htm (13) Kapitel B.40 dieses Anhangs, In-vitro-Prüfung auf hautätzende Wirkung: TER-Test (Transcutaneous Electrical Resistance Test). (14) Kapitel B.40 bis dieses Anhangs, In-vitro-Prüfung auf hautätzende Wirkung: Test mit einem menschlichen Hautmodell. (15) OECD (2006), Test No. 435: In vitro Membrane Barrier Test Method for Skin corrosion, OECD Guidelines for the Testing of Chemicals, Abschnitt 4, OECD Paris. (16) Kapitel B.47 dieses Anhangs, Trübungs- und Durchlässigkeitstest an der Rinderhornhaut zwecks Identifizierung von i) Chemikalien, die schwere Augenschäden verursachen, und ii) Chemikalien, die keine Einstufung als augenreizend oder schwer augenschädigend erfordern. (17) Kapitel B.48 dieses Anhangs, Test am isolierten Hühnerauge zur Identifizierung von i) Chemikalien, die schwere Augenschäden verursachen, und ii) Chemikalien, die keine Einstufung als augenreizend oder schwer augenschädigend erfordern. (18) U.S. EPA (2003), Label Review Manual: 3rd Edition, EPA737-B-96-001, Washington, DC: U.S., Environmental Protection Agency. (19) UN (2011), Globally Harmonized System of Classification and Labelling of Chemicals (GHS), Vierte überarbeitete Ausgabe, New York und Genf: United Nations Publications. (20) Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006. Amtsblatt der Europäischen Union L 353, S. 1-1355. (21) ECHA Guidance on information requirements and chemical safety assessment, Kapitel R.7a: Endpoint specific guidance. http://echa.europa.eu/documents/10162/13632/information_requirements_r7a_en.pdf Tabelle 1 Einstufung von Augenschädigungen
_____ 1) Verordnung EG (Nr.) 1907/2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen Agentur für chemische Stoffe, zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1488/94 der Kommission, der Richtlinie 76/769/EWG des Rates sowie der Richtlinien 91/155/EWG, 93/67/EWG, 93/105/EG und 2000/21/EG der Kommission. ABl. Nr. L 304 vom 22.11.2007 S. 1. 2) Das US-amerikanische Validierungszentrum ("Interagency Coordinating Committee on the Validation of Alternative Methods").
Definitionen Chemikalie: ein Stoff oder ein Gemisch. Evidenzbasierte Analyse (Weight-of-Evidence, WoE): der Prozess der Prüfung der Stärken und Schwächen einer Datensammlung als Grundlage für eine Schlussfolgerung, zu der es auf Basis von Einzeldaten möglicherweise nicht gekommen wäre. Prüfchemikalie: Stoff oder Gemisch, der bzw. das nach dieser Prüfmethode getestet wird. Saure/alkalische Reserve: Bei sauren Zubereitungen: zum Erreichen eines bestimmten pH-Werts erforderliche Menge (in g) Natronlauge/100 g Zubereitung. Bei alkalischen Zubereitungen: zum Erreichen eines bestimmten pH-Werts erforderliche Menge (in g) Natronlauge, die der Menge (in g) Schwefelsäure/100 g Zubereitung entspricht, (Young et al. 1988). Stoffe ohne Reizwirkung: Stoffe, die nicht als augenreizende Stoffe der EPA-Kategorien I, II oder III eingestuft sind, oder augenreizende Stoffe der GHS-Kategorien 1, 2, 2A oder2B oder der EU-Kategorien 1 oder 2 (17) (18) (19). Stoff mit augenätzender Wirkung: a) eine Chemikalie, die eine irreversible Gewebeschädigung am Auge verursacht; b) Chemikalien, die als augenreizende Stoffe der GHS-Kategorie 1 oder als augenreizende Stoffe der EPA-Kategorie I oder der EU-Kategorie 1 eingestuft sind (17) (18) (19). Stoff mit augenreizender Wirkung: a) eine Chemikalie, die eine reversible Veränderung im Auge hervorruft; b) Chemikalien, die als augenreizende Stoffe der EPA-Kategorien II oder III oder als augenreizende Stoffe der GHS-Kategorien 2, 2A oder2B oder der EU-Kategorie 2 eingestuft sind (17) (18) (19). Stoff mit schwer augenreizender Wirkung: a) eine Chemikalie, die eine Gewebeschädigung im Auge verursacht, die nicht innerhalb von 21 Tagen nach Applikation ausheilt, oder eine massive Verschlechterung des Sehvermögens auslöst; b) Chemikalien, die als augenreizende Stoffe der GHS-Kategorie 1 oder als augenreizende Stoffe der EPA-Kategorie I oder der EU-Kategorie 1 eingestuft sind (17) (18) (19). Stufenweiser Ansatz: eine schrittweise Prüfstrategie, bei der alle vorhandenen Informationen über eine Prüfchemikalie in einer vorgegebenen Reihenfolge überprüft werden, wobei auf jeder Stufe nach dem evidenzbasierten Analyseansatz (Weight-of-Evidence, WoE) vorgegangen wird, um festzustellen, ob genügend Informationen für eine Gefahrenklassifizierung vorliegen, bevor zur nächsten Stufe übergangen wird. Wenn das Reizpotenzial einer Prüfchemikalie auf Basis der vorliegenden Informationen zugeordnet werden kann, sind keine weiteren Testungen erforderlich. Ist dies nicht der Fall, müssen schrittweise sequenzielle Tierversuche durchgeführt werden, bis eine eindeutige Klassifizierung möglich ist. Ergänzung zur Prüfmethode B.5 1 Sequenzielle Strategie für die Prüfung auf Augenreizungen und Augenverätzungen Allgemeine Überlegungen Im Interesse wissenschaftlicher Verlässlichkeit und des Tierschutzes muss die unnötige Verwendung von Versuchstieren verhindert und die Durchführung von Versuchen, die bei den Tieren wahrscheinlich schwere Reaktionen hervorrufen, auf ein Mindestmaß beschränkt werden. Bevor ein In-vivo-Test ins Auge gefasst werden kann, sollten zunächst alle einschlägigen Informationen über die potenziell augenreizenden/-verätzenden Wirkungen einer Chemikalie bewertet werden. Möglicherweise liegen bereits genügend Kriterien (Evidence) für die Einstufung einer Prüfchemikalie aufgrund ihres Augenreizungs-/-verätzungspotenzials vor, sodass sich Versuche an Labortieren erübrigen. Folglich schränken WoE-Analysen bereits vorliegender Daten und die Anwendung einer sequenziellen Prüfstrategie die Notwendigkeit von In-vivo-Tests deutlich ein. Dies gilt umso mehr, wenn davon auszugehen ist, dass die Chemikalie schwere Reaktionen hervorruft. Zur Beurteilung bereits vorhandener Informationen über die augenreizenden/-verätzenden Wirkungen von Chemikalien sollte das Instrument der evidenzbasierten Analyse herangezogen werden. Ausgehend davon ist zu entscheiden, ob als Beitrag zur Charakterisierung dieses Potenzials zusätzliche Studien, bei denen es sich nicht um In-vivo-Augenuntersuchungen handelt, durchgeführt werden sollten. Sofern weitere Studien durchgeführt werden müssen, empfiehlt es sich, zur Generierung sachdienlicher Versuchsdaten die sequenzielle Prüfstrategie anzuwenden. Bei noch nicht geprüften Stoffen soll die sequenzielle Prüfstrategie genutzt werden, um die Datensätze zu generieren, die für die Beurteilung des augenätzenden/-reizenden Potenzials benötigt werden. Die ursprüngliche in dieser Ergänzung beschriebene Prüfstrategie wurde in einem OECD-Workshops (1) entwickelt. Sie wurde im Rahmen des "Harmonised Integrated Hazard Classification System for Human Health and Environmental Effects of Chemical Substances" bestätigt und weiter ausgebaut, das im November 1998 von den Teilnehmern der 28. Gemeinsamen Tagung des Chemikalien-Ausschusses und der Arbeitsgruppe Chemikalien gebilligt (2) und 2011 von einer OECD-Expertengruppe überarbeitet wurde. Diese Prüfstrategie ist zwar nicht integraler Bestandteil der Prüfmethode B.5, wird aber zur Ermittlung augenreizender/-verätzender Merkmale empfohlen. Dieser Ansatz entspricht sowohl der besten Praxis als auch dem ethischen Richtwert für Augenreizungs/-verätzungsprüfungen am lebenden Tier. Die Prüfmethode ist nicht nur eine Anleitung für die Durchführung des In-vivo-Tests, sondern beschreibt auch die Faktoren, die vor der Durchführung eines solchen Versuchs überprüft werden sollten. Die sequenzielle Prüfstrategie liefert einen Ansatz für die Bewertung bereits vorhandener Daten über die augenreizenden/-verätzenden Eigenschaften von Chemikalien und einen stufenweisen Ansatz für die Generierung sachdienlicher Daten über Chemikalien, die im Rahmen zusätzlicher Studien untersucht werden müssen bzw. noch gar nicht untersucht wurden. Die Strategie sieht die Durchführung validierter und anerkannter In-vitro- und Ex-vivo-Tests vor, in bestimmten Fällen gefolgt von Untersuchungen nach Prüfmethode B.4 (3) (4). Beschreibung der stufenweisen Prüfstrategie Alle vorhandenen Informationen sollten vor der Durchführung von Versuchen im Rahmen der sequenziellen Prüfstrategie (Fließbild) bewertet werden, um die Notwendigkeit von In-vivo-Augentests zu klären. Auch wenn wichtige Informationen aus der Beurteilung einzelner Parameter (z.B. extreme pH-Werte) gewonnen werden können, sollten die bereits vorliegenden Angaben in ihrer Gesamtheit betrachtet werden. Alle relevanten Daten über die Wirkungen der betreffenden Chemikalie und Struktur verwandter Verbindungen sollten mittels WoE-Analyse bewertet werden, und die Entscheidung sollte begründet werden. Dabei sollten bereits vorliegende Angaben zur Wirkung der Chemikalie auf Mensch und Tier im Vordergrund stehen, gefolgt von den Ergebnissen von In-vitro- und Ex-vivo-Tests. In-vivo-Untersuchungen mit Chemikalien mit Ätzwirkung sollten nach Möglichkeit immer vermieden werden. Folgende Faktoren werden bei der Prüfstrategie berücksichtigt: Beurteilung bereits vorliegender Daten zur Wirkung der Chemikalie auf Mensch und/oder Tier und/oder mit validierten und international anerkannten Methoden gewonnener In-vitro-Daten (Stufe 1) Zunächst sollten vorhandene Humandaten, z.B. aus klinischen Studien oder Studien zur Exposition am Arbeitsplatz, Fallberichte und/oder Ergebnisse von Tierversuchen (Untersuchungen am Auge) und/oder mit validierten und international anerkannten Methoden gewonnene In-vitro-Daten zu augenreizenden/-verätzenden Wirkungen bewertet werden, denn sie liefern Hinweise, die unmittelbar die Wirkungen auf das Auge betreffen. Danach sollten vorhandene Daten aus Untersuchungen an Menschen und/oder Tieren zu Hautverätzungen/-reizungen und/oder mit validierten und international anerkannten Methoden gewonnene In-vitro-Daten zu hautätzenden Wirkungen bewertet werden. Chemikalien mit bekannter augenverätzender oder schwer augenreizender Wirkung sollen nicht in die Augen von Tieren geträufelt werden. Dies gilt ebenso für Chemikalien, die Hautreizungen oder -verätzungen hervorrufen. Alle diese Chemikalien sollten ebenfalls als augenverätzende und/oder -reizende Stoffe betrachtet werden. Auch mit Chemikalien, bei denen in früheren Augenuntersuchungen hinreichend nachgewiesen wurde, dass sie weder Verätzungen noch Reizungen hervorrufen, sollten keine In-vivo-Studien am Auge durchgeführt werden. Analyse der Struktur-Wirkungs-Beziehungen (Structure-Activity Relationships, SAR) (Stufe 2) Die gegebenenfalls vorhandenen Ergebnisse von Untersuchungen an strukturell verwandten Chemikalien sollten berücksichtigt werden. Liegen genügend Daten über das augenverätzende/-reizende Potenzial von strukturell verwandten Stoffen oder Gemischen aus diesen Stoffen aus Untersuchungen an Menschen und/oder Tieren vor, kann davon ausgegangen werden, dass die zu beurteilende Prüfchemikalie die gleichen Reaktionen hervorrufen wird. In diesen Fällen braucht die Chemikalie nicht getestet zu werden. Für die Zwecke der sequenziellen Prüfstrategie reichen negative Daten aus Untersuchungen an strukturell verwandten Stoffen oder Gemischen als Nachweis für ein Nichtvorhandensein augenverätzender/-reizender Wirkungen nicht aus. Zur Ermittlung des Verätzungs- und Reizungspotenzials in Bezug auf die Haut und die Augen sollten validierte und anerkannte SAR-Verfahren herangezogen werden. Physikalisch-chemische Eigenschaften und chemische Reaktivität (Stufe 3) Stoffe mit extremen pH-Werten (≤ 2,0 bzw. ≥ 11,5) können starke lokale Reaktionen hervorrufen. Gilt ein extremer pH-Wert als Anhaltspunkt für die augenverätzende oder -reizende Wirkung einer Chemikalie, so kann deren saure/alkalische Reserve (Pufferkapazität) ebenfalls berücksichtigt werden (5) (6) (7). Lässt die Pufferkapazität darauf schließen, dass eine Chemikalie möglicherweise keine augenverätzende Wirkung hat (d. h. Chemikalien mit extremem pH-Wert und geringer saurer/alkalischer Reserve), sollten weitere Prüfungen zur Bestätigung dieser Vermutung durchgeführt werden. Dafür eignen sich validierte und anerkannte In-vitro- oder Ex-vivo-Tests (siehe Punkt 10). Einbeziehung anderer vorhandener Informationen (Stufe 4) In dieser Phase sollen alle verfügbaren Informationen über die systemische Toxizität bei Applikation auf die Haut bewertet werden. Die akute dermale Toxizität der Prüfchemikalie sollte ebenfalls beurteilt werden. Hat sich die Prüfchemikalie bei Hautkontakt als sehr giftig erwiesen, braucht sie nicht am Auge getestet zu werden. Auch wenn nicht unbedingt ein Zusammenhang zwischen akuter dermaler Toxizität und Augenreizung/-verätzung besteht, kann davon ausgegangen werden, dass ein Stoff, der bei Hautapplikation sehr giftig ist, auch beim Einträufeln in das Auge eine starke Toxizität aufweist. Diese Daten können auch zwischen den Stufen 2 und 3 bewertet werden. Bewertung des Hautverätzungspotenzials der Chemikalie, sofern auch unter gesetzgeberischen Aspekten erforderlich (Stufe 5) Zunächst sollte das Potenzial zur Hautverätzung und starken Hautreizung nach Prüfmethode B.4 (4) und der zugehörigen Ergänzung (8) bewertet werden, auch anhand der validierten und international anerkannten In-vitro-Tests auf hautverätzende Wirkung (9) (10) (11). Wird der Nachweis erbracht, dass die Chemikalie Verätzungen oder schwere Hautreizungen verursacht, so kann sie auch als Chemikalie mit augenverätzenden oder stark augenreizenden Eigenschaften betrachtet werden. In diesem Falle sind keine weiteren Tests erforderlich. Verursacht die Chemikalie keine Verätzung oder starke Reizung der Haut, sollte ein In-vitro- oder Ex-vivo-Augentest durchgeführt werden. Ergebnisse von In-vitro- oder Ex-vivo-Tests (Stufe 6) Chemikalien, deren verätzende oder stark reizende Eigenschaften in validierten und international anerkannten, auf die Ermittlung der Augenverätzung/-reizung ausgerichteten In-vitro- oder Ex-vivo-Tests (12) (13) nachgewiesen wurden, müssen nicht an Tieren getestet zu werden. Es kann davon ausgegangen werden, dass diese Substanzen in vivo vergleichbar schwere Wirkungen hervorrufen werden. Stehen validierte und anerkannte In-vitro-/Ex-vivo-Tests nicht zur Verfügung, sollte die Stufe 6 übersprungen und es sollte direkt zu Stufe 7 übergegangen werden. In-vivo-Test an Kaninchen (Stufen 7 und 8) Vor dem eigentlichen In-vivo-Augentest sollte zunächst ein Vorversuch an nur einem Tier durchgeführt werden. Es sollten keine weiteren Tests erfolgen, wenn der Vorversuch ergibt, dass die Chemikalie schwere Augenreizungen oder -verätzungen hervorruft. Liefert der Vorversuch keine Anhaltspunkte für eine ätzende Wirkung oder schwere Reizungen, wird ein Bestätigungstest an zwei weiteren Tieren durchgeführt. Abhängig von den Ergebnissen des Bestätigungstests müssen gegebenenfalls weitere Tests durchgeführt werden. [siehe Prüfmethode B.5] Prüf- und Bewertungsstrategie:
Augenreizung/-verätzung
(1) OECD (1996) OECD Test Guidelines Programme: Final Report of the OECD Workshop on Harmonization of Validation and Acceptance Criteria for Alternative Toxicological Test Methods. Solna, Schweden, 22.-24. Januar 1996 (http://www.oecd.org/ehs/test/background.htm). (2) OECD (1998) Harmonized Integrated Hazard Classification System for Human Health and Environmental Effects of Chemical Substances, bestätigt auf der28. Gemeinsamen Tagung des Chemikalien-Ausschusses und der Arbeitsgruppe Chemikalien, November 1998 (http://www.oecd.org/ehs/Class/HCL6.htm). (3) Worth, A.P. and Fentem J.H. 1999. A General Approach for Evaluating Stepwise Testing Strategies. ATLA 27, 161-177. (4) Kapitel B.4 dieses Anhangs, Akute Hautreizung/-verätzung. (5) Young, J.R., How, M.J., Walker, A.P., Worth W.M.H. (1988) Classification as Corrosive or Irritant to Skin of Preparations Containing Acidic or Alkaline Substance Without Testing on Animals. Toxicol. In Vitro, 2, 19-26. (6) Fentem, J.H., Archer, G.E.B., Balls, M., Botham, P.A., Curren, R.D., Earl, L.K., Edsail, D.J., Holzhutter, H.G. and Liebsch, M. (1998) The ECVAM international validation study on in vitro tests for skin corrosivity. 2. Results and evaluation by the Management Team. Toxicology in vitro 12, 483-524. (7) Neun, D.J. (1993) Effects of Alkalinity on the Eye Irritation Potential of Solutions Prepared at a Single pH. J. Toxicol. Cut. Ocular Toxicol. 12, 227-231. (8) Ergänzung zu Kapitel B.4 dieses Anhangs, Sequenzielle Prüfstrategie für Augenreizungen und -verätzungen. (9) Kapitel B.40 dieses Anhangs, In-vitro-Prüfung auf hautätzende Wirkung: TER-Test (Transcutaneous Electrical Resistance Test). (10) Kapitel B.40 dieses Anhangs, In-vitro-Prüfung auf hautätzende Wirkung: Test mit einem menschlichen Hautmodell. (11) OECD (2006), Test No. 435: In vitro Membrane Barrier Test Method for Skin corrosion, OECD-Prüfrichtlinie für Chemikalienprüfungen, Abschnitt 4, OECD, Paris. (12) Kapitel B.47 dieses Anhangs, Trübungs- und Durchlässigkeitstest an der Rinderhornhaut zwecks Identifizierung von i) Chemikalien, die schwere Augenschäden verursachen, und ii) Chemikalien, die keine Einstufung als augenreizend oder schwer augenschädigend erfordern. (13) Kapitel B.48 dieses Anhangs, Test am isolierten Hühnerauge zur Identifizierung von i) Chemikalien, die schwere Augenschäden verursachen, und ii) Chemikalien, die keine Einstufung als augenreizend oder schwer augenschädigend erfordern. _____ 1) Zur Anwendung einer integrierten Strategie für Augenreizungsprüfungen im Rahmen der REACH-Verordnung vgl. auch die ECHA Guidance on information requirements and chemical safety assessment, Kapitel R.7a: Endpoint specific guidance http://echa.europa.eu/documents/10162/13632/information_requirements_r7a_en.pdf |
B.6 Sensibilisierung der Haut 23
Die vollständige Beschreibung dieser Prüfmethode wurde gestrichen.
Die gleichwertige internationale Prüfmethode ist in Teil 0 Tabelle 2 aufgeführt.
1. Methode
1.1 Einleitung Bemerkungen Die Empfindlichkeit und Fähigkeit von Tests, potenzielle Sensibilisatoren der menschlichen Haut zu ermitteln, sind von besonderer Bedeutung für ein Klassifizierungssystem der Toxizität im Bereich des öffentlichen Gesundheitswesens. Es gibt kein alleiniges Prüfverfahren, das geeignet ist, alle Substanzen mit einer potenziellen Sensibilisierungswirkung auf die menschliche Haut hinreichend zu ermitteln, und das zudem für alle Substanzen relevant ist. Bei der Auswahl eines Tests sind Faktoren wie die physikalischen Eigenschaften einer Substanz, einschließlich ihrer Fähigkeit, die Haut zu durchdringen, zu berücksichtigen. Es wurden zwei Arten von Tests mit Meerschweinchen entwickelt: die Adjuvans-Tests, bei denen ein allergischer Zustand durch Auflösung oder Suspension der Prüfsubstanz im kompletten Freundschen Adjuvans (FCA) potenziert wird, und die Tests ohne Adjuvans. Die Adjuvans-Tests haben bei der Bestimmung einer wahrscheinlichen Hautsensibilisierungswirkung einer Substanz beim Menschen voraussichtlich eine größere Vorhersagewahrscheinlichkeit als Methoden ohne das komplette Freundsche Adjuvans. Sie sind daher die bevorzugten Tests. Bei dem Maximierungstest am Meerschweinchen (GPMT) handelt es sich um ein weit verbreitetes Adjuvans-Verfahren. Obwohl es noch zahlreiche andere Verfahren gibt, mit deren Hilfe sich feststellen lässt, ob eine Substanz eine Sensibilisierungsreaktion der Haut hervorzurufen vermag, gilt der GPMT als der bevorzugte Adjuvans-Test. Bei zahlreichen chemischen Substanzklassen gelten die Tests ohne Adjuvans (von denen der Bühler-Test der bevorzugte ist) als weniger empfindlich. In bestimmten Fällen kann es gute Gründe für die Wahl des Bühler-Tests geben, bei dem die äußerliche Applikation Anwendung findet, anstelle der intradermalen Injektion beim Maximierungstest am Meerschweinchen. Die Anwendung des Bühler-Tests sollte wissenschaftlich begründet werden. In der vorliegenden Methode werden der Meerschweinchen-Maximierungstest (GPMT) und der Bühler-Test beschrieben. Andere Tests können verwendet werden, sofern sie gut validiert sind und eine wissenschaftliche Begründung gegeben wird. Wenn ein positives Ergebnis mit einem anerkannten Screening-Test erhalten wird, kann eine Testsubstanz als potenziell sensibilisierend bewertet werden. Somit kann ein weiterer Test mit Meerschweinchen nicht notwendig sein. Wird aber ein negatives Ergebnis mit einem Screening-Test erhalten, ist ein Test mit Meerschweinchen entsprechend dem hier beschriebenen Verfahren durchzuführen. Siehe auch allgemeine Einleitung zu Teil B. 1.2 Definitionen Hautsensibilisierung: (allergische Kontaktdermatitis) immunologisch vermittelte Hautreaktion auf eine Substanz. Beim Menschen kann die Reaktion gekennzeichnet sein durch Pruritus, Erytheme, Ödeme, Papula, Vesiculae, Bullae oder eine Kombination dieser Erscheinungen. Bei anderen Spezies können die Reaktionen anderer Art sein und nur aus Erythemen und Ödemen bestehen. Induktionsexposition: experimentelle Exposition eines Probanden gegenüber einer Prüfsubstanz mit der Absicht, eine Überempfindlichkeit zu induzieren. Induktionsphase: Zeitraum von mindestens einer Woche nach einer Induktionsexposition, während dem sich eine Überempfindlichkeit entwickeln kann. Provokationsexposition: experimentelle Exposition eines zuvor behandelten Tieres gegenüber einer Prüfsubstanz nach einer Induktionsphase, um zu bestimmen, ob das Tier überempfindlich reagiert. 1.3 Bezugssubstanzen Die Empfindlichkeit und Zuverlässigkeit des verwendeten Testverfahrens sollte alle sechs Monate unter Verwendung von Substanzen mit bekannten leichten bis mittelgradigen hautsensibilisierenden Eigenschaften überprüft werden. In einem ordnungsgemäß durchgeführten Test ist bei leichten/mittelgradigen Sensibilisatoren eine Reaktion von mindestens 30 % (Adjuvans-Test) bzw. mindestens 15 % (Test ohne Adjuvans) zu erwarten. Die folgenden Substanzen werden bevorzugt:
Unter bestimmten Umständen können bei entsprechender Begründung andere Kontrollsubstanzen, die die obigen Kriterien erfüllen, verwendet werden. 1.4 Prinzip der Prüfmethode Die Versuchstiere werden zunächst durch intradermale Injektion und/oder epidermale Applikation der Prüfsubstanz ausgesetzt (Induktionsexposition). Nach einer Ruhephase von 10 bis 14 Tagen (Induktionsphase), in deren Verlauf sich eine Immunreaktion entwickeln kann, werden die Tiere einer Provokationsdosis ausgesetzt. Ausmaß und Grad der Hautreaktion auf die Provokationsexposition bei den Versuchstieren wird mit der Reaktion bei Kontrolltieren verglichen, die einer Scheininduktion unterzogen wurden und die Provokationsexposition erhalten. 1.5 Beschreibung der Prüfmethoden Wenn die Entfernung der Prüfsubstanz für notwendig erachtet wird, sollte dies mit Hilfe von Wasser oder einem geeigneten Lösungsmittel geschehen, ohne dass die vorhandene Reaktion bzw. die Unversehrtheit der Epidermis beeinträchtigt wird. 1.5.1 Meerschweinchen-Maximierungstest (GPMT) 1.5.1.1 Vorbereitungen Gesunde junge erwachsene Albino-Meerschweinchen werden vor dem Test für die Dauer von mindestens 5 Tagen an die Laborbedingungen akklimatisiert. Vor Testbeginn werden die Tiere randomisiert und den Behandlungsgruppen zugeteilt. Die Behaarung wird je nach Prüfmethode durch Scheren, Rasieren oder, falls möglich, chemische Enthaarung entfernt. Dabei ist darauf zu achten, dass es nicht zu Hautabschürfungen kommt. Die Tiere werden vor Testbeginn und nach Abschluss des Tests gewogen. 1.5.1.2 Versuchsbedingungen 1.5.1.2.1 Versuchstiere Es werden gängige Laborstämme des Albino-Meerschweinchens verwendet. 1.5.1.2.2 Anzahl und Geschlecht Es können männliche und/oder weibliche Tiere verwendet werden. Die weiblichen Tiere dürfen weder geworfen haben noch trächtig sein. Die behandelte Gruppe besteht aus mindestens 10 Tieren, die Kontrollgruppe aus mindestens 5 Tieren. Wenn weniger als 20 Tiere in der Prüfgruppe und 10 Tiere in der Kontrollgruppe verwendet wurden und es nicht möglich ist, zu entscheiden, ob die Prüfsubstanz sensibilisierend wirkt, sind Prüfungen an weiteren Tieren unbedingt zu empfehlen, bis insgesamt mindestens 20 Tiere in der Prüfgruppe und 10 Kontrolltiere getestet sind. 1.5.1.2.3 Dosierungen Die für jede Induktionsexposition verwendete Konzentration der Prüfsubstanz sollte systemisch gut verträglich sein, und es sollte sich um die höchste Dosis handeln, die noch eine leichte bis mittelgradige Hautreizung hervorruft. Die für die Provokationsexposition verwendete Konzentration sollte die höchste nicht reizende Dosis sein. Wenn notwendig, können die entsprechenden Konzentrationen mit einer Pilotstudie unter Verwendung von zwei bis drei Tieren ermittelt werden. Für diesen Zweck kommt die Verwendung von FCA-behandelten Tieren in Betracht. 1.5.1.3 Versuchsdurchführung 1.5.1.3.1 Induktion Tag 0 - behandelte Gruppe Drei paarweise Injektionen von 0,1 ml werden jeweils rechts und links von der Mittellinie intradermal in die enthaarte Schulterregion injiziert. Injektion 1: 1:1-Mischung (v/v) aus FCA/Wasser oder physiologischer Kochsalzlösung; Injektion 2: Prüfsubstanz in geeignetem Vehikel in der gewählten Konzentration; Injektion 3: Prüfsubstanz in der gewählten Konzentration in einer 1:1-Mischung (v/v) aus FCA/Wasser oder physiologischer Kochsalzlösung. Bei der Injektion 3 werden die wasserlöslichen Substanzen vor der Mischung mit FCA in der wässrigen Phase gelöst. Fettlösliche oder unlösliche Substanzen werden vor der Zugabe der wässrigen Phase in FCA suspendiert. Die Endkonzentration der Prüfsubstanz entspricht der der Injektion 2. Die Injektionen 1 und 2 werden nahe beieinander im kranialen Teil, die Injektion 3 im kaudalen Teil des Applikationsbereichs gesetzt. Tag 0 - Kontrollgruppe Drei paarweise Injektionen von 0,1 ml werden an denselben Stellen wie bei den behandelten Tieren injiziert. Injektion 1: 1:1-Mischung (v/v) aus FCA/Wasser oder physiologischer Kochsalzlösung; Injektion 2: unverdünntes Vehikel; Injektion 3: 50 %ige Zubereitung (w/v) des Vehikels in einer 1:1-Mischung (v/v) aus FCA/Wasser oder physiologischer Kochsalzlösung. Tag 5-7 - behandelte und Kontrollgruppe Etwa 24 Stunden vor der topischen Induktionsapplikation wird, wenn die Substanz nicht hautreizend ist, der kurzgeschorene oder rasierte Applikationsbereich mit 0,5 ml Natriumlaurylsulfat 10 % in Vaseline bestrichen, um eine örtliche Reizung hervorzurufen. Tag 6-8 - behandelte Gruppe Der Applikationsbereich wird erneut enthaart. Ein Filterpapier (2 x 4 cm) wird vollständig mit der Prüfsubstanz in einem geeigneten Vehikel beladen, auf den Applikationsbereich aufgetragen und mit einem Okklusivverband für 48 Stunden fixiert. Die Wahl des Vehikels ist zu begründen. Feststoffe werden fein pulverisiert und in ein geeignetes Vehikel eingebracht. Flüssigkeiten können ggf. unverdünnt appliziert werden. Tag 6-8 - Kontrollgruppe Der Applikationsbereich wird erneut enthaart. Das Vehikel allein wird in entsprechender Weise auf den Applikationsbereich aufgebracht und mit einem Okklusivverband für 48 Stunden fixiert. 1.5.1.3.2 Provokation Tag 20-22 - behandelte und Kontrollgruppe Die Flanken der behandelten Tiere und der Kontrolltiere werden enthaart. Ein Läppchen oder eine Kammer mit der Prüfsubstanz wird auf eine Flanke der Tiere aufgebracht, und ein Läppchen oder eine Kammer mit dem Vehikel allein kann ggf. auf die andere Flanke aufgetragen werden. Die Läppchen werden mit einem Okklusivverband für 24 Stunden in Kontakt mit der Haut gehalten. 1.5.1.3.3 Beobachtung und Bewertung: behandelte Gruppe und Kontrollgruppe
Es empfiehlt sich eine Blindablesung der behandelten Tiere und der Kontrolltiere. Falls eine Klärung der Ergebnisse der ersten Provokation erforderlich ist, sollte eine zweite Provokation (d. h. eine Reprovokation), ggf. mit einer neuen Kontrollgruppe, etwa eine Woche nach der ersten in Betracht gezogen werden. Eine Reprovokation kann auch mit der ursprünglichen Kontrollgruppe durchgeführt werden. Alle Hautreaktionen und auffälligen Befunde, einschließlich systemischer Reaktionen, infolge der Induktion und der Provokation sollten beobachtet und entsprechend der Bewertungsskala nach Magnusson/Kligman (siehe Anlage) dokumentiert werden. Weitere Verfahren, wie z.B. die histopathologische Untersuchung oder die Messung der Hautfaltendicke, können verwendet werden, um zweifelhafte Reaktionen zu klären. 1.5.2 Bühler-Test 1.5.2.1 Vorbereitungen Gesunde junge erwachsene Albino-Meerschweinchen werden vor dem Test für die Dauer von mindestens 5 Tagen an die Laborbedingungen akklimatisiert. Vor Testbeginn werden die Tiere randomisiert und den Behandlungsgruppen zugeteilt Die Behaarung wird je nach Prüfmethode durch Scheren, Rasieren oder, falls möglich, chemische Enthaarung, entfernt. Dabei ist darauf zu achten, dass die Haut nicht verletzt wird. Die Tiere werden vor Testbeginn und nach Abschluss des Tests gewogen. 1.5.2.2 Versuchsbedingungen 1.5.2.2.1 Versuchstiere Es werden gängige Laborstämme des Albino-Meerschweinchens verwendet. 1.5.2.2.2 Anzahl und Geschlecht Es können männliche und/oder weibliche Tiere verwendet werden. Die weiblichen Tiere dürfen weder geworfen haben noch trächtig sein. Die behandelte Gruppe besteht aus mindestens 20 Tieren, die Kontrollgruppe aus mindestens 10 Tieren. 1.5.2.2.3 Dosierungen Die für jede Induktionsexposition verwendete Konzentration der Prüfsubstanz sollte die höchstmögliche Dosis sein, die noch eine leichte, aber nicht zu starke Hautreizung hervorruft. Die für die Provokationsexposition verwendete Konzentration sollte die höchste nicht reizende Dosis sein. Wenn notwendig, können die entsprechenden Konzentrationen mit einer Pilotstudie unter Verwendung von zwei bis drei Tieren ermittelt werden. Bei wasserlöslichen Prüfsubstanzen ist es zweckmäßig, Wasser oder eine verdünnte, nicht reizende Surfactant-Lösung als Vehikel zu verwenden. Bei sonstigen Prüfsubstanzen wird 80 % Ethanol/Wasser für die Induktion und Azeton für die Provokation bevorzugt. 1.5.2.3 Versuchsdurchführung 1.5.2.3.1 Induktion Tag 0 - behandelte Gruppe Eine Flanke wird enthaart (kurzgeschoren). Das Testläppchensystem sollte vollständig mit der Prüfsubstanz in einem geeigneten Vehikel beladen sein (die Auswahl des Vehikels muss begründet sein; flüssige Prüfsubstanzen können ggf. unverdünnt aufgetragen werden). Das Testläppchen wird auf den Applikationsbereich aufgetragen und durch ein Okklusivpflaster oder eine Okklusivkammer und einen geeigneten Verband für 6 Stunden in Kontakt mit der Haut gehalten. Das Testläppchensystem muss okklusiv sein. Eine runde oder quadratische Wattekompresse ist geeignet, sollte aber mindestens 4-6 cm2 groß sein. Die Fixierung der Tiere mit einem geeigneten Fixator wird jedoch zur Okklusion bevorzugt. Bei Verwendung einer Umhüllung sind unter Umständen weitere Expositionen erforderlich. Tag 0 - Kontrollgruppe Eine Flanke wird enthaart (kurzgeschoren). Das Vehikel allein wird auf die gleiche Weise wie bei der behandelten Gruppe aufgebracht. Das Testläppchensystem wird durch ein Okklusivpflaster bzw. eine Okklusivkammer und einen geeigneten Verband für 6 Stunden in Kontakt mit der Haut gehalten. Wenn nachweisbar ist, dass eine scheinbehandelte Kontrollgruppe nicht erforderlich ist, kann eine unbehandelte Kontrollgruppe verwendet werden. Tage 6-8 und 13-15 - behandelte Gruppe und Kontrollgruppe Dieselbe Applikation wie am Tag 0 erfolgt am Tag 6-8 sowie erneut am Tag 13-15 auf demselben Applikationsbereich (bei Bedarf enthaart) derselben Flanke. 1.5.2.3.2 Provokation Tag 27-29 - behandelte Gruppe und Kontrollgruppe Die unbehandelte Flanke der behandelten Tiere und der Kontrolltiere wird enthaart (kurz geschoren). Ein Okklusivpflaster bzw. eine Okklusivkammer mit der entsprechenden Menge an Prüfsubstanz wird in der maximalen nicht hautreizenden Konzentration auf die hintere unbehandelte Flanke der behandelten Tiere und der Kontrolltiere aufgetragen. Gegebenenfalls kann ein Okklusivpflaster bzw. eine Okklusivkammer mit dem Vehikel allein auf die vordere unbehandelte Flanke der behandelten Tiere und der Kontrolltiere aufgetragen werden. Die Läppchen bzw. Kammern werden mit einem geeigneten Verband für 6 Stunden in Kontakt mit der Haut gehalten. 1.5.2.3.3 Beobachtung und Bewertung
Es empfiehlt sich eine Blindablesung der behandelten Tiere und der Kontrolltiere. Falls eine Klärung der Ergebnisse der ersten Provokation erforderlich ist, sollte eine zweite Provokation (d. h. eine Reprovokation), ggf. mit einer neuen Kontrollgruppe, etwa eine Woche nach der ersten in Betracht gezogen werden. Eine Reprovokation kann auch mit der ursprünglichen Kontrollgruppe durchgeführt werden. Alle Hautreaktionen und auffälligen Befunde, einschließlich systemischer Reaktionen, infolge der Induktion und der Provokation sollten beobachtet und entsprechend der Bewertungsskala nach Magnusson/Kligman (siehe Anlage) dokumentiert werden. Weitere Verfahren, wie z.B. die histopathologische Untersuchung oder die Messung der Hautfaltendicke, können verwendet werden, um zweifelhafte Reaktionen zu klären. 2. Daten (GPMT und Bühlertest) Die Daten sind in tabellarischer Form zusammenzufassen. Aus den Daten müssen für jedes Versuchstier die Hautreaktionen zu jedem Beobachtungszeitpunkt hervorgehen. 3. Abschlussbericht (GPMT und Bühlertest) Wenn ein Screening-Test (z.B. Lokaler Lymphknotentest [LLNA], Maus-Ohrschwellungstest [MEST]) vor dem Meerschweinchentest durchgeführt wird, muss die Beschreibung oder Literaturstelle des Tests mit Angaben zum Verfahren neben den mit den Prüf- und Referenzsubstanzen gewonnenen Ergebnissen angegeben werden. Prüfbericht (GPMT und Bühler-Test) Der Prüfbericht soll nach Möglichkeit folgende Angaben enthalten: Versuchstiere:
Prüfbedingungen:
Ergebnisse:
Diskussion der Ergebnisse. Schlussfolgerungen. 4. Literatur Diese Methode entspricht der OECD TG 406.
Tabelle Bewertungsskala nach Magnusson/Kligman für Reaktionen auf Provokations-Läppentests 0 = keine sichtbare Veränderung 1 = leichtes oder fleckiges Erythem 2 = mittelgradiges und konfluierendes Erythem 3 = starkes Erythem und Schwellung |
B.7 28-Tage-Toxizitätsstudie mit wiederholter oraler Verabreichung an Nagetieren 14
1. Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie 407 (2008). Die ursprüngliche Prüfrichtlinie 407 wurde 1981 angenommen. 1995 wurde eine überarbeitete Fassung angenommen mit dem Ziel, insbesondere in Bezug auf Neurotoxizität und Immunotoxizität zusätzliche Informationen von den in der Studie verwendeten Tieren zu gewinnen.
2. Die OECD leitete 1998 mit hoher Priorität eine Überarbeitung der bestehenden Prüfrichtlinien und die Ausarbeitung neuer Prüfrichtlinien für Screening und Prüfung potenzieller endokriner Disruptoren ein (8). Ein Aspekt dieser Maßnahme war die Aktualisierung der bestehenden OECD-Prüfrichtlinie für eine '28-Tage-Toxizitätsstudie mit wiederholter oraler Verabreichung an Nagetieren' (TG 407) durch Parameter, mit denen eine endokrine Wirkung von Prüfsubstanzen festgestellt werden kann. Dieses Verfahren wurde in einem umfangreichen internationalen Programm auf Relevanz und Praktikabilität der zusätzlichen Parameter, ihre Leistungsfähigkeit in Bezug auf chemische Stoffe mit (anti)östrogener, (anti)androgener und (anti)thyroider Wirkung, die Intra- und Interlabor-Reproduzierbarkeit und die Interferenz der neuen Parameter mit den zuvor nach der TG 407 vorgesehenen Parametern geprüft. Die dabei gewonnene umfangreiche Datenmenge wurde in einem umfassenden OECD-Bericht zusammengestellt und ausführlich bewertet (9). Diese aktualisierte Prüfmethode B.7 (die der TG 407 entspricht) ist das Ergebnis der im internationalen Prüfprogramm gesammelten Erfahrungen und Erkenntnisse. Mithilfe dieser Prüfmethode können bestimmte endokrin vermittelte Wirkungen in einen Gesamtzusammenhang mit anderen toxikologischen Wirkungen gestellt werden.
Ausgangsüberlegungen und Begrenzungen
3. Bei der Beurteilung und Bewertung der toxischen Merkmale eines chemischen Stoffs kann die orale Toxizität nach wiederholter Verabreichung des Stoffs bestimmt werden, nachdem zunächst durch Prüfungen auf akute Toxizität erste Toxizitätsdaten gewonnen wurden. Diese Prüfmethode ist dazu bestimmt, die Wirkungen auf ein sehr breites Spektrum potenzieller Toxizitätsziele zu untersuchen. Sie gibt Aufschluss über die möglichen Gesundheitsgefahren, einschließlich der Wirkungen auf das Nervensystem, das Immunsystem und das endokrine System, die durch wiederholte Exposition über einen relativ begrenzten Zeitraum auftreten können. In Bezug auf diese speziellen Endpunkte sollte die Methode es ermöglichen, chemische Stoffe mit neurotoxischem Potenzial, die in dieser Hinsicht eingehender untersucht werden sollten, und chemische Stoffe, die die Physiologie der Schilddrüse beeinflussen, zu identifizieren. Sie kann auch Daten über Stoffe liefern, die die Fortpflanzungsorgane männlicher und/oder weiblicher junger, adulter Tiere beeinträchtigen, und Hinweise auf immunologische Wirkungen geben.
4. Die Ergebnisse dieser Prüfmethode B.7 sollten für die Identifizierung von Gefahren und zur Risikobewertung verwendet werden. Die Ergebnisse in Bezug auf die endokrinen Parameter sind im Kontext des 'OECD Conceptual Framework for Testing and Assessment of Endocrine Disrupting Chemicals' (11) zu interpretieren. Die Methode umfasst die Basisstudie zur Prüfung auf Toxizität bei wiederholter Verabreichung, die für chemische Stoffe, bei denen eine 90-Tage-Studie nicht gerechtfertigt ist (z.B. wenn das Produktionsvolumen bestimmte Grenzen nicht überschreitet), oder als Vorstudie zu einer Langzeitstudie verwendet werden kann. Die Expositionsdauer sollte 28 Tage betragen.
5. Das internationale Programm für die Validierung der Parameter, die geeignet sind, möglicherweise eine endokrine Wirkung einer Prüfsubstanz nachzuweisen, hat gezeigt, dass die Qualität der mit dieser Prüfmethode B.7 gewonnenen Daten weitgehend von der Erfahrung des Prüflabors abhängt. Dies gilt insbesondere für die histopathologische Bestimmung von zyklischen Veränderungen der weiblichen Fortpflanzungsorgane und für die Gewichtsbestimmung bei den kleinen hormonabhängigen Organen, die schwierig zu sezieren sind. Es wurde ein Leitfaden zur Histopathologie entwickelt (19), der auf der öffentlichen OECD-Website für Prüfrichtlinien abrufbar ist. Er soll Pathologen bei Untersuchungen helfen und die Empfindlichkeit der Prüfungen verbessern. Es wurde festgestellt, dass verschiedene Parameter auf endokrine Toxizität hindeuten; diese wurden in die Prüfrichtlinie aufgenommen. Andere Parameter, deren Nutzen wegen unzureichender Daten nicht erwiesen ist oder deren Fähigkeit zur Feststellung endokriner Disruptoren im Validierungsprogramm nur unzureichend belegt wurde, werden als fakultative Endpunkte vorgeschlagen (siehe Anlage 2).
6. Die Ergebnisse des Validierungsprozesses deuten darauf hin, dass diese Prüfung nicht empfindlich genug ist, um alle Stoffe mit (anti)androgener oder (anti)östrogener Wirkungsweise zu identifizieren (9). Diese Prüfmethode wird nicht in einer für endokrine Störungen sehr empfindlichen Lebensphase durchgeführt. Während des Validierungsprozesses konnten zwar Substanzen mit schwacher oder starker Wirkung auf die Schilddrüsenfunktion und solche, die das endokrine System über östrogene oder androgene Rezeptoren mehr oder weniger stark beeinflussen, identifiziert werden; in den meisten Fällen konnten Stoffe mit endokriner Wirkung, die diese Rezeptoren nur geringfügig beeinträchtigen, mit der Methode aber nicht erkannt werden. Aus diesem Grund kann sie nicht als Screening-Test für endokrine Aktivität bezeichnet werden.
7. Die Tatsache, dass keine mit diesen Wirkungsweisen verbundenen Effekte festgestellt werden, ist daher kein Nachweis dafür, dass es keine Wirkungen auf das endokrine System gibt. Die Charakterisierung der Substanz in Bezug auf endokrin vermittelte Wirkungen darf sich deshalb nicht allein auf die Ergebnisse dieser Prüfmethode stützen; es ist vielmehr ein WoE-Ansatz anzuwenden, der alle vorhandenen Daten über einen chemischen Stoff zur Bestimmung seiner potenziellen endokrinen Aktivität einbezieht. Aus diesem Grund dürfen sich Regulierungsentscheidungen über endokrine Aktivität (Charakterisierung von Substanzen) nicht allein auf die Ergebnisse aus der Anwendung dieser Prüfmethode stützen, sondern müssen auf einer breiten Grundlage basieren.
8. Bei allen Verfahren, bei denen Tiere verwendet werden, sind die örtlichen Standards der Versuchstierpflege einzuhalten. Die nachstehenden Beschreibungen der Tierpflege und -behandlung sind Mindeststandards; wenn örtliche Bestimmungen strenger sind, gehen diese vor. Die OECD hat einen Leitfaden über die humane Behandlung von Versuchstieren herausgegeben (14).
9. Die verwendeten Begriffe sind in Anlage 1 definiert.
10. Die Prüfsubstanz wird mehreren Gruppen von Versuchstieren über einen Zeitraum von 28 Tagen täglich in abgestuften Dosen oral verabreicht, und zwar eine Dosisstufe je Gruppe. Während des Verabreichungszeitraums werden die Tiere täglich sorgfältig auf Toxizitätszeichen beobachtet. Tiere, die im Verlauf der Prüfung sterben, und vorzeitig getötete Tiere werden seziert; die nach Abschluss des Tests überlebenden Tiere werden getötet und ebenfalls seziert. Eine 28-Tage-Studie gibt Aufschluss über die Wirkungen einer wiederholten oralen Exposition und kann Aufschluss darüber geben, ob weitere Studien über längere Zeiträume erforderlich sind. Sie kann auch Informationen über die Wahl der Konzentrationen für Langzeitstudien liefern. Die mit dieser Prüfmethode gewonnenen Daten sollten es ermöglichen, die Toxizität der Prüfsubstanz zu beschreiben, Aufschluss über die Dosis-Wirkungs-Beziehung zu erhalten und den NOAEL (No Observed Adverse Effect Level) zu bestimmen.
Auswahl von Versuchstierarten
11. Die bevorzugte Nagetierart ist die Ratte, aber auch andere Nagetierarten sind geeignet. Wenn die in dieser Prüfmethode B.7 genannten Parameter an einer anderen Nagetierart untersucht werden, ist dies ausführlich zu begründen. Es ist zwar biologisch plausibel, dass andere Arten ähnlich auf toxische Stoffe reagieren dürften wie die Ratte, aber die Verwendung kleinerer Arten kann wegen der technisch schwierigeren Sektion kleinerer Organe zu größeren Schwankungen bei den Ergebnissen führen. Im internationalen Validierungsprogramm für den Nachweis von endokrinen Disruptoren wurde nur die Ratte als Versuchstier verwendet. Es sind junge, gesunde, adulte Tiere aus üblicherweise eingesetzten Laborstämmen zu verwenden. Die weiblichen Tiere dürfen weder bereits geworfen haben noch momentan trächtig sein. Mit der Dosierung sollte möglichst bald nach dem Absetzen begonnen werden, auf jeden Fall jedoch, bevor die Tiere 9 Wochen alt sind. Bei Beginn der Studie sollten die Gewichtsunterschiede der Tiere möglichst gering sein und ± 20 % des geschlechtsspezifischen Durchschnittsgewichts nicht überschreiten. Wenn eine Studie mit wiederholter oraler Gabe als Vorstudie zu einer Langzeitstudie durchgeführt wird, sollten in beiden Studien vorzugsweise Tiere desselben Stamms und derselben Herkunft verwendet werden.
Haltung und Fütterung
12. Bei allen Verfahren sind die örtlichen Standards der Versuchstierpflege einzuhalten. Die Temperatur im Tierversuchsraum sollte 22 °C (± 3 °C) betragen. Die relative Luftfeuchtigkeit sollte mindestens 30 % betragen und - außer beim Reinigen des Raums - 70 % nicht überschreiten. Angestrebt werden sollte eine Luftfeuchtigkeit von 50-60 %. Die Beleuchtung sollte künstlich sein und die Hell- und Dunkelphasen sollten sich im Abstand von 12 Stunden abwechseln. An die Versuchstiere kann herkömmliches Laborfutter verfüttert werden, und eine unbegrenzte Trinkwasserversorgung ist zu gewährleisten. Die Auswahl des Futters wird eventuell dadurch beeinflusst, dass eine geeignete Beimischung der Prüfsubstanz sichergestellt werden muss, wenn die Prüfsubstanz auf diese Art verabreicht werden soll. Die Tiere sollten in kleinen gleichgeschlechtlichen Gruppen untergebracht werden; sie können auch einzeln gehalten werden, wenn dies wissenschaftlich gerechtfertigt ist. Bei Gruppenhaltung sollten maximal fünf Tiere in einem Käfig untergebracht sein.
13. Das Futter ist regelmäßig auf Schadstoffe zu analysieren. Eine Probe des Futters ist bis zur Fertigstellung des Abschlussberichts aufzubewahren.
Vorbereitung der Tiere
14. Gesunde, junge, adulte Tiere werden randomisiert und den einzelnen Kontroll- bzw. Behandlungsgruppen zugeteilt. Die Käfige sollten so angeordnet werden, dass etwaige Einflüsse der Käfigplatzierung minimiert werden. Die Tiere werden eindeutig gekennzeichnet und vor Beginn der Behandlungsstudie in ihren Käfigen über einen Zeitraum von mindestens fünf Tagen unter Laborbedingungen eingewöhnt.
Herstellung der Dosen
15. Die Prüfsubstanz wird über eine Schlundsonde, mit der Nahrung oder dem Trinkwasser verabreicht. Die Methode der oralen Verabreichung hängt vom Zweck der Studie und von den physikalischen / chemischen / toxikokinetischen Eigenschaften der Prüfsubstanz ab.
16. Bei Bedarf wird die Prüfsubstanz in einem geeigneten Vehikel gelöst oder suspendiert. Es empfiehlt sich, nach Möglichkeit zunächst die Verwendung einer wässrigen Lösung/Suspension, dann eine Lösung/Suspension in Öl (z.B. Maisöl) und erst dann eine Lösung in einem anderen Vehikel in Betracht zu ziehen. Bei anderen Vehikeln als Wasser müssen seine toxischen Merkmale bekannt sein. Die Stabilität der Prüfsubstanz im Vehikel sollte bestimmt werden.
Zahl und Geschlecht der Versuchstiere
17. Für jede Dosisstufe sind mindestens zehn Tiere (fünf weibliche und fünf männliche) zu verwenden. Sollen im Verlauf der Prüfung Tiere getötet werden, ist die Zahl der Tiere um die Zahl zu erhöhen, die vor Abschluss der Studie getötet werden sollen. Zur Beobachtung der Reversibilität, der Persistenz oder des verzögerten Auftretens toxischer Wirkungen für mindestens 14 Tage nach der Behandlung ist die Einbeziehung einer zusätzlichen Satellitengruppe von zehn Tieren (fünf je Geschlecht) in der Kontrollgruppe und in der Gruppe mit der höchsten Dosis in Betracht zu ziehen.
18. Im Allgemeinen sind mindestens drei Prüfgruppen und eine Kontrollgruppe zu verwenden; wenn aber angesichts der Beurteilung anderer Daten bei einer Dosis von 1.000 mg pro kg Körpergewicht und Tag keine Wirkungen zu erwarten sind, kann ein Limit-Test durchgeführt werden. Liegen keine entsprechenden Daten vor, kann eine Dosisfindungsstudie (Tiere desselben Stamms und derselben Herkunft) durchgeführt werden, um die zu verwendenden Dosen zu bestimmen. Abgesehen von der Behandlung mit der Prüfsubstanz sollen die Tiere in der Kontrollgruppe unter identischen Bedingungen behandelt werden wie die Versuchstiere in der Prüfgruppe. Wird die Prüfsubstanz mit einem Vehikel verabreicht, muss die Kontrollgruppe das Vehikel im höchsten verwendeten Volumen erhalten.
19. Bei der Wahl der Dosisstufen sind sämtliche für die Prüfsubstanz oder verwandte Stoffe vorliegenden Daten zur Toxizität und (Toxiko-)Kinetik zu berücksichtigen. Die höchste Dosisstufe ist so zu wählen, dass zwar toxische Wirkungen, aber keine Todesfälle oder schweres Leiden hervorgerufen werden. Anschließend ist eine absteigende Folge von Dosisstufen zu wählen, um dosisabhängige Wirkungen und die niedrigste Dosisstufe ohne zu beobachtende unerwünschte Wirkungen (NOAEL) nachzuweisen. Zwei- bis vierfache Abstände erweisen sich häufig als optimale Dosisabstufungen, und meist ist eine zusätzliche vierte Prüfgruppe der Verwendung von sehr großen Dosisabständen (z.B. um mehr als den Faktor 10) vorzuziehen.
20. Bei allgemeiner Toxizität (z.B. vermindertes Körpergewicht, Wirkungen auf Leber, Herz, Lungen oder Nieren usw.) oder anderen Veränderungen, die möglicherweise keine toxischen Reaktionen sind (z.B. verminderte Futteraufnahme, Lebervergrößerung) sind die beobachteten Wirkungen auf immunologische, neurologische oder endokrine Endpunkte mit Vorsicht zu interpretieren.
Limit-Test
21. Verursacht die Prüfung bei einer Dosisstufe von mindestens 1.000 mg/kg Körpergewicht pro Tag bzw. eine entsprechende Konzentration im Futter oder Trinkwasser (in Abhängigkeit vom jeweiligen Körpergewicht) unter Verwendung der für diese Studie beschriebenen Verfahren keine feststellbaren toxischen Wirkungen und ist aufgrund der Daten strukturverwandter Substanzen keine Toxizität zu erwarten, kann auf eine vollständige Studie mit drei Dosisstufen gegebenenfalls verzichtet werden. Der Limit-Test findet allerdings keine Anwendung, wenn die Exposition des Menschen die Prüfung in einer höheren Dosisstufe angezeigt erscheinen lassen.
Verabreichung der Dosen
22. Die Tiere erhalten die Prüfsubstanz an sieben Tagen in der Woche über einen Zeitraum von 28 Tagen. Wird die Prüfsubstanz über eine Sonde verabreicht, so sollte dies in einer einmaligen Dosis unter Verwendung einer Schlundsonde oder einer geeigneten Intubationskanüle erfolgen. Das maximale Flüssigkeitsvolumen, das einem Versuchstier jeweils verabreicht werden kann, hängt von der Größe des Versuchstiers ab. Das Volumen sollte 1 ml/100 g Körpergewicht nicht überschreiten, außer bei wässrigen Lösungen, von denen 2 ml/100 g Körpergewicht gegeben werden können. Abgesehen von reizenden oder ätzenden Stoffen, die in der Regel bei höheren Konzentrationen eine verstärkte Wirkung hervorrufen, ist die Variabilität des Prüfvolumens dadurch auf ein Mindestmaß zu reduzieren, dass eine Konzentration gewählt wird, die auf allen Dosisstufen ein konstantes Volumen gewährleistet.
23. Bei mit dem Futter oder dem Trinkwasser verabreichten Stoffen ist unbedingt sicherzustellen, dass die Mengen der jeweiligen Prüfsubstanz die normale Nahrungsaufnahme oder den Wasserhaushalt nicht beeinträchtigen. Wenn die Prüfsubstanz im Futter verabreicht wird, kann entweder eine konstante Konzentration im Futter (ppm) oder eine konstante Dosis, bezogen auf das Körpergewicht des Tieres, verwendet werden; die jeweils gewählte Verfahrensweise muss angegeben werden. Eine mit einer Schlundsonde verabreichte Dosis sollte jeweils zu denselben Tageszeiten gegeben und so angepasst werden, dass eine konstante Dosis in Relation zum Körpergewicht aufrechterhalten wird. Wenn eine Studie mit wiederholter Gabe als Vorstudie zu einer Langzeitstudie durchgeführt wird, sollten die beiden Studien bezüglich des Futters der Tiere vergleichbar sein.
24. Die Tiere sollten 28 Tage beobachtet werden. Tiere in einer Satellitengruppe, bei denen Nachfolgebeobachtungen vorgesehen sind, sollten für mindestens weitere 14 Tage ohne Behandlung gehalten werden, um ein verzögertes Auftreten, die Persistenz oder die Reversibilität von toxischen Wirkungen festzustellen.
25. Allgemeine klinische Beobachtungen sollten mindestens einmal täglich erfolgen, vorzugsweise jeweils zur gleichen Zeit und unter Berücksichtigung des Zeitraums nach der Verabreichung, in dem voraussichtlich der Wirkungsgipfel zu erwarten ist. Der Gesundheitszustand der Tiere ist zu dokumentieren. Mindestens zweimal täglich werden alle Tiere auf Erkrankungen oder Todesfälle überprüft.
26. Alle Tiere sollten einmal vor der ersten Exposition (um intraindividuelle Vergleiche zu ermöglichen) und danach mindestens einmal wöchentlich eingehend klinisch untersucht werden. Die Beobachtungen sind außerhalb des Käfigs, in dem die Tiere gehalten werden, in stets gleicher Umgebung und vorzugsweise stets zur gleichen Tageszeit vorzunehmen. Sie sind sorgfältig zu dokumentieren, am besten nach einer speziell vom Prüflabor entwickelten Bewertungsskala. Durch geeignete Maßnahmen ist sicherzustellen, dass die Prüfbedingungen möglichst konstant bleiben und dass die Beobachtungen vorzugsweise von Personen vorgenommen werden, denen die Behandlung der Tiere nicht bekannt ist. Zu achten ist insbesondere auf Veränderungen an Haut, Fell, Augen, Schleimhäuten, auf Sekrete und Exkrete sowie autonome Aktivitäten (z.B. Tränensekretion, Piloerektion, Pupillengröße, ungewöhnliche Atemmuster). Gang- und Haltungsstörungen, ferner Reaktionen auf den Umgang mit den Tieren sowie etwaige klonische oder tonische Bewegungen, Stereotypien (z.B. übermäßiges Putzen, wiederholte Kreisbewegungen) oder abnormes Verhalten (z.B. Selbstverstümmelung, Rückwärtsgehen) sollten auch dokumentiert werden (2).
27. In der vierten Expositionswoche sollten die sensorische Reaktivität auf Reize verschiedener Art (2) (z.B. akustische, visuelle und propriozeptive Reize) (3)(4)(5), die Greifkraft (6) und die motorische Aktivität (7) bewertet werden. Weitere Einzelheiten zu den möglichen Untersuchungen finden sich in der Literatur. Allerdings können auch andere als dort genannte Verfahren angewendet werden.
28. Die funktionellen Beobachtungen in der vierten Expositionswoche können entfallen, wenn es sich um eine Vorstudie für eine nachfolgende Prüfung auf subchronische Toxizität (90 Tage) handelt. In diesem Fall sollten die funktionellen Beobachtungen im Rahmen dieser Folgestudie vorgenommen werden. Andererseits könnten die Daten über funktionelle Beobachtungen aus der Studie mit wiederholter Verabreichung aber die Wahl der Dosisstufen für eine nachfolgende Prüfung auf subchronische Toxizität erleichtern.
29. In Ausnahmefällen können funktionelle Beobachtungen auch bei Gruppen entfallen, die so starke sonstige Toxizitätsanzeichen aufweisen, dass die Leistungen in Funktionstests dadurch signifikant beeinträchtigt würden.
30. Bei der Nekropsie kann der Östruszyklus aller weiblichen Tiere (fakultativ) durch Vaginalabstriche bestimmt werden. Diese Beobachtungen geben Aufschluss über die Phase des Östruszyklus zum Zeitpunkt der Tötung und erleichtern die histologische Beurteilung östrogenempfindlicher Gewebe [siehe Leitfaden zur Histopathologie (19)].
Körpergewicht und Futter-/Trinkwasseraufnahme
31. Alle Tiere sind mindestens einmal wöchentlich zu wiegen. Die Futteraufnahme wird mindestens wöchentlich gemessen. Wenn die Prüfsubstanz über das Trinkwasser verabreicht wird, wird auch die Wasseraufnahme mindestens einmal wöchentlich gemessen.
Hämatologische Untersuchung
32. Die folgenden hämatologischen Parameter sind am Ende der Prüfung zu bestimmen: Hämatokrit, Hämoglobinkonzentration, Erythrozytenzahl, Retikulozyten, Gesamt- und Differential-Leukozytenzahl, Thrombozytenzahl und Blutgerinnungszeit/-fähigkeit. Wenn die Prüfsubstanz oder ihre möglichen Metaboliten oxidierende Eigenschaften haben oder diese vermutet werden, sollten zusätzlich die Methämoglobinkonzentration und die Heinz-Körper bestimmt werden.
33. Die Blutproben müssen an einer benannten Stelle unmittelbar vor oder bei der Tötung der Tiere entnommen und fachgerecht gelagert werden. In der Nacht vor der Tötung sollten die Tiere kein Futter erhalten 1.
Klinisch-biochemische Untersuchungen
34. Zur Untersuchung der wesentlichen toxischen Wirkungen in Geweben und insbesondere der Wirkungen auf Leber und Nieren sollten klinisch-biochemische Parameter in Blutproben aller Tiere bestimmt werden, die unmittelbar vor oder bei der Tötung der Tiere (mit Ausnahme von Tieren, die moribund aufgefunden und/oder vor Beendigung der Studie getötet werden) entnommen werden. Die Plasma- oder Serumuntersuchungen umfassen die Parameter Natrium, Kalium, Glucose, Gesamtcholesterin, Harnstoff, Kreatinin, Gesamtprotein und Albumin, mindestens zwei Enzyme, die auf hepatozelluläre Wirkungen schließen lassen (wie Alanin-Aminotransferase, Aspartat-Aminotransferase, alkalische Phosphatase, γ-Glutamyltranspeptidase und Glutamatdehydrogenase) sowie Gallensäuren. Die Bestimmung weiterer Enzyme (aus Leber oder anderen Organen) sowie von Bilirubin kann unter bestimmten Umständen ebenfalls wertvolle Hinweise liefern.
35. Optional können in der letzten Woche der Studie am Urin, der zu festgelegten Zeiten gesammelt wird, folgende Analysebestimmungen durchgeführt werden: Aussehen, Volumen, Osmolalität oder spezifisches Gewicht, pH- Wert, Protein, Glucose und Blut/Blutzellen.
36. Darüber hinaus sollten Untersuchungen zur Bestimmung von Plasma- oder Serummarkern für eine allgemeine Gewebsschädigung erwogen werden. Des Weiteren sollten, wenn die bekannten Eigenschaften der Prüfsubstanz im Verdacht stehen, die entsprechenden Stoffwechselprofile zu beeinflussen, die Parameter Calcium, Phosphat, Triglyzeride, spezifische Hormone und Cholinesterase bestimmt werden. Die jeweiligen Parameter sind je nach Prüfsubstanzklasse bzw. von Fall zu Fall zu bestimmen.
37. Wenngleich in der internationalen Bewertung der endokrinen Endpunkte kein klarer Vorteil der Bestimmung von Schilddrüsenhormonen (T3, T4) und TSH nachgewiesen werden konnte, kann es hilfreich sein, Plasma- oder Serumproben zur Messung von T3, T4 und TSH (fakultativ) aufzubewahren, wenn es einen Hinweis auf eine Wirkung auf die Hypophysen-Schilddrüsen-Achse gibt. Diese Proben können zur Lagerung bei - 20 °C eingefroren werden. Die folgenden Faktoren können die Variabilität und die absoluten Konzentrationen der Hormonbestimmungen beeinflussen:
Schilddrüsenaktive Substanzen können durch histopathologische Untersuchungen zuverlässiger identifiziert werden als über die Hormonspiegel.
38. Plasmaproben, die speziell zur Hormonbestimmung vorgesehen sind, sollten immer zur gleichen Tageszeit gewonnen werden. Es wird empfohlen, die durch histopathologische Veränderungen der Schilddrüse verursachten T3-, T4- und TSH-Spiegel zu bestimmen. Die verschiedenen im Handel erhältlichen Assay-Kits können bei der Analyse der Hormonkonzentration unterschiedliche numerische Werte ergeben. Aus diesem Grund können möglicherweise keine Leistungskriterien auf der Grundlage einheitlicher historischer Daten angegeben werden. Die Labors sollten stattdessen anstreben, die Variationskoeffizienten für T3 und T4 unter 25 und für TSH unter 35 zu halten. Alle Konzentrationen sind in ng/ml zu protokollieren.
39. Erweisen sich die Daten aus vorangegangenen Versuchen als ungeeignet, sollte eine Bestimmung hämatologischer und klinisch-biochemischer Parameter vor Versuchsbeginn oder vorzugsweise an einer nicht in die Versuchsgruppen einbezogenen Gruppe von Tieren in Betracht gezogen werden.
Makroskopische Untersuchung
40. Alle an der Studie beteiligten Tiere müssen einer vollständigen, eingehenden makroskopischen Untersuchung unterzogen werden, die die sorgfältige Untersuchung der äußeren Körperoberfläche, aller Körperöffnungen sowie der Schädel-, Brust- und Bauchhöhlen und ihres Inhalts umfasst. Leber, Nieren, Nebennieren, Hoden, Nebenhoden, Prostata und Samenbläschen mit Koagulationsdrüsen als Ganzes, Thymus, Milz, Gehirn und Herz aller Tiere (mit Ausnahme von Tieren, die moribund aufgefunden und/oder vor Beendigung der Studie getötet werden) sind in angemessener Form von anhaftendem Gewebe zu befreien, und ihr Nassgewicht ist so rasch wie möglich nach der Sektion festzustellen, um ein Austrocknen zu verhindern. Bei der Entfernung der anhaftenden Gewebe von der Prostata ist sorgfältig darauf zu achten, die mit Flüssigkeit gefüllten Samenbläschen nicht zu perforieren. Alternativ können Samenbläschen und Prostata auch nach der Fixierung von anhaftendem Gewebe befreit und gewogen werden.
41. Darüber hinaus können fakultativ auch zwei weitere Organe baldmöglichst nach der Sektion gewogen werden, um ein Austrocknen zu verhindern: die Ovarien (Nassgewicht) und der Uterus mit Zervix (Anleitung zur Entfernung und Aufbereitung des Uterusgewebes für die Gewichtsbestimmung in OECD TG 440 (18)).
42. Das Gewicht der Schilddrüse (fakultativ) kann nach der Fixierung bestimmt werden. Anhaftendes Gewebe ist sehr vorsichtig und erst nach der Fixierung zu entfernen, um Gewebeschäden zu vermeiden. Eine Gewebeschädigung könnte die histopathologische Analyse beeinträchtigen.
43. Die folgenden Gewebe sind in dem für die betreffende Gewebeart und die vorgesehene anschließende histopathologische Untersuchung am besten geeigneten Fixierungsmittel aufzubewahren (siehe Nummer 47): alle Gewebe mit makroskopischen Veränderungen, Hirn (typische Regionen einschließlich Cerebrum, Cerebellum und Pons), Rückenmark, Auge, Magen, Dünn- und Dickdarm (mit Peyer'schen-Platten), Leber, Nieren, Nebennieren, Milz, Herz, Thymus, Schilddrüse, Trachea und Lungen (konserviert durch Inflation mit Fixierungsmittel und Immersion), Gonaden (Hoden und Ovarien), akzessorische Geschlechtsorgane (Uterus und Zervix, Nebenhoden, Prostata und Samenbläschen mit Koagulationsdrüsen), Vagina, Harnblase, Lymphknoten [je nach Erfahrung des Labors sollte neben dem proximalsten drainierenden Lymphknoten ein weiterer Lymphknoten entnommen werden (15)], periphere Nerven (N. ischiadicus oder N. tibialis) vorzugsweise in der Nähe des Muskels, Skelettmuskel und Knochen mit Knochenmark (Schnitt oder wahlweise ein frisch fixiertes Knochenmarkaspirat). Es wird empfohlen, die Hoden durch Immersion in Bouin'scher Lösung oder modifizierter Davidson-Lösung zu fixieren (16) (17). Damit das Fixierungsmittel rasch eindringen kann, muss die Tunica albuginea an beiden Enden des Organs vorsichtig und flach mit einer Nadel punktiert werden. Die klinischen und sonstigen Befunde können weitere Gewebeuntersuchungen erforderlich machen. Auch Organe, die aufgrund der bekannten Eigenschaften der Prüfsubstanz als mögliche Zielorgane in Frage kommen, sollten aufbewahrt werden.
44. Die folgenden Gewebe können wichtige Hinweise auf endokrine Wirkungen geben: Gonaden (Ovarien und Hoden), akzessorische Geschlechtsorgane (Uterus mit Zervix, Nebenhoden, Samenbläschen mit Koagulationsdrüsen, Prostata dorsolateral und ventral), Vagina, Hypophose, männliche Brustdrüse, Schilddrüse und Nebennieren. Veränderungen der männlichen Brustdrüsen sind nicht ausreichend dokumentiert, aber dieser Parameter kann sehr empfindlich auf Stoffe mit östrogener Wirkung reagieren. Die Beobachtung von nicht unter Nummer 43 genannten Organen/Geweben ist fakultativ (siehe Anlage 2).
45. Der Leitfaden zur Histopathologie (19) enthält zusätzliche Informationen zur Sektion, Fixierung, Schnittherstellung und Histopathologie endokriner Gewebe.
46. Das internationale Prüfprogramm hat Hinweise darauf ergeben, dass subtile endokrine Wirkungen chemischer Stoffe, die die Homöostase der Geschlechtshormone geringfügig beeinträchtigen können, eher durch die Störung der Synchronisation des Östruszyklus als durch deutliche histopathologische Veränderungen in weiblichen Geschlechtsorganen identifiziert werden können. Wenngleich diese Wirkungen nicht eindeutig nachgewiesen werden konnten, wird empfohlen, Hinweise auf eine mögliche Asynchronie des Östruszyklus bei der Auswertung der histopathologischen Untersuchung von Ovarien (Follikelzellen, Theca-Zellen und Granulosazellen), Uterus, Zervix und Vagina zu berücksichtigen. Falls die Phase des Östruszyklus durch Vaginalabstriche bestimmt wird, kann sie auch in diesen Vergleich einbezogen werden.
47. Bei allen Tieren der Kontrollgruppe und der Hochdosisgruppe sind die konservierten Organe und Gewebe umfassend histopathologisch zu untersuchen. Diese Untersuchungen sind auch auf die Tiere aller anderen Dosisgruppen auszudehnen, wenn behandlungsbedingte Veränderungen in der Hochdosisgruppe festgestellt werden.
48. Alle makroskopischen Läsionen sind zu untersuchen.
49. Umfasst eine Prüfung auch eine Satellitengruppe, sind bei den Tieren dieser Gruppe die Gewebe und Organe histopathologisch zu untersuchen, bei denen in den Behandlungsgruppen Wirkungen aufgetreten sind.
50. Es sollten Einzeldaten zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus sollten alle Daten in Form einer Tabelle zusammengefasst werden, aus der für jede Prüfgruppe folgende Angaben hervorgehen: die Zahl der Tiere bei Beginn der Prüfung und die Zahl der während der Prüfung tot aufgefundenen oder aus Tierschutzgründen getöteten Tiere, ferner der Zeitpunkt des Todes oder der Tötung, die Zahl der Tiere, die Toxizitätszeichen aufweisen, eine Beschreibung der beobachteten Toxizitätszeichen, einschließlich des Zeitpunkts, zu dem die toxischen Wirkungen erstmalig aufgetreten sind, ihrer Dauer und ihres Schweregrads, die Zahl der Tiere mit Läsionen, die Art der Läsionen und ihr Schweregrad sowie der Prozentsatz der von jeder Läsion betroffenen Tiere.
51. Wenn möglich, sollen die numerischen Ergebnisse mittels einer geeigneten und allgemein anerkannten statistischen Methode ausgewertet werden. Durch Vergleiche der Wirkungen in einem Dosisbereich sollte die Anwendung multipler t-Tests vermieden werden. Die Statistikmethoden sind bei der Planung der Studie festzulegen.
52. Für die Qualitätskontrolle wird vorgeschlagen, historische Kontrolldaten zu sammeln und Variationskoeffizienten für numerische Daten zu berechnen, insbesondere für die Parameter, die mit dem Nachweis der Störung des endokrinen Systems zusammenhängen. Diese Daten können für Vergleichszwecke verwendet werden, wenn tatsächliche Studien bewertet werden.
53. Der Prüfbericht muss folgende Informationen enthalten:
Prüfsubstanz:
Vehikel (wenn verwendet):
Versuchstiere:
Prüfbedingungen:
Untersuchte fakultative Endpunkte
Ergebnisse:
Erörterung der Ergebnisse.
Schlussfolgerungen.
_____
1) Für eine Reihe von Serum- und Plasmabestimmungen, insbesondere der Glucose, ist eine Futterkarenz der Tiere über Nacht zu empfehlen. Der Hauptgrund dafür ist, dass die bei fehlender Futterkarenz unweigerlich zunehmende Variabilität zu einer Maskierung subtilerer Wirkungen führen und die Interpretation erschweren könnte. Andererseits jedoch kann die nächtliche Futterkarenz den allgemeinen Stoffwechsel der Tiere beeinflussen und, insbesondere in Futterstudien, die tägliche Exposition gegen die Prüfsubstanz beeinträchtigen. Wenn man sich für die nächtliche Futterkarenz entscheidet, sollten die klinisch-biochemischen Parameter nach Durchführung der funktionellen Beobachtungen in Woche 4 der Studie bestimmt werden.
Definitionen | Anlage 1 |
Androgene Wirkung: die Fähigkeit einer Chemikalie, in einem Säugetierorganismus wie ein natürliches androgenes Hormon zu wirken (z.B. Testosteron).
Antiandrogene Wirkung: die Fähigkeit einer Chemikalie, die Wirkung eines natürlichen androgenen Hormons (z.B. Testosteron) in einem Säugetierorganismus zu unterdrücken.
Antiöstrogene Wirkung: die Fähigkeit einer Chemikalie, die Wirkung eines natürlichen östrogenen Hormons (z.B. Östradiol 17ß) in einem Säugetierorganismus zu unterdrücken.
Antithyroide Wirkung: die Fähigkeit einer Chemikalie, die Wirkung eines natürlichen Schilddrüsenhormons (z.B. T 3) in einem Säugetierorganismus zu unterdrücken.
Dosierung: ein allgemeiner Begriff, der die Dosis, ihre Häufigkeit und die Dauer der Verabreichung umfasst.
Dosis: die Menge der verabreichten Prüfsubstanz. Die Dosis wird ausgedrückt als Masse der Prüfsubstanz je Einheit Körpergewicht des Versuchstiers pro Tag (z.B. mg/kg Körpergewicht/Tag) oder als konstante Konzentration im Futter.
Offensichtliche Toxizität: ein allgemeiner Begriff zur Beschreibung deutlicher Toxizitätszeichen nach Verabreichung einer Prüfsubstanz. Diese Zeichen sollten für eine Bewertung der Gefährdung ausreichen und so schwerwiegend sein, dass bei einer Steigerung der verabreichten Dosis die Entwicklung schwerer Toxizitätszeichen und der wahrscheinliche Tod zu erwarten wären.
NOAEL: die Abkürzung für no observed adverse effect level. Dies ist die höchste Dosis, bei der keine schädigenden behandlungsbedingten Wirkungen festgestellt werden.
Östrogene Wirkung: die Fähigkeit einer Chemikalie, in einem Säugetierorganismus wie ein natürliches östrogenes Hormon zu wirken (z.B. Östradiol 17ß).
Prüfsubstanz: jeder Stoff oder jedes Gemisch, der/das mit dieser Prüfmethode getestet wird.
Thyroide Wirkung: die Fähigkeit einer Chemikalie, in einem Säugetierorganismus wie ein natürliches Schilddrüsenhormon (z.B. T3) zu wirken.
Validierung: ein wissenschaftlicher Prozess zur Beschreibung der operationellen Anforderungen und Grenzen einer Prüfmethode und zum Nachweis ihrer Zuverlässigkeit und Eignung für einen bestimmten Zweck.
Empfohlene Endpunkte für den Nachweis endokriner Disruptoren in dieser Prüfmethode b.7 | Anlage 2 |
Obligatorische Endpunkte | Fakultative Endpunkte |
Gewicht | |
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Histopathologie | |
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Hormonbestimmung | |
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