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POG - Polizei- und Ordnungsbehördengesetz
- Rheinland-Pfalz -
Vom 10. November 1993
(GVBl. 1993 S. 595;...; 02.03.2004 S. 202; 25.07.2005 S. 320 05; 28.09.2010 S. 280 10; 20.10.2010 S. 319 10a; 15.02.2011 S. 26 11; 20.12.2011 S. 427 11a; 20.12.2013 S. 537 13; 19.12.2014 S. 332; 30.06.2017 S. 123 17; 22.09.2017 S. 237 17a; 11.02.2020 S. 43 20; 23.09.2020 S. 516 20a)
Gl.-Nr.: 2012-1
Erster Teil
Allgemeines
Erster Abschnitt
Aufgaben und allgemeine Bestimmungen
§ 1 Aufgaben der allgemeinen Ordnungsbehörden und der Polizei 11 20a
(1) Die allgemeinen Ordnungsbehörden und die Polizei haben die Aufgabe, Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren. Sie haben Vorbereitungen zu treffen, um künftige Gefahren abwehren zu können (Vorbereitung auf die Gefahrenabwehr). Die Polizei hat im Rahmen der Gefahrenabwehr auch Straftaten zu verhüten (vorbeugende Bekämpfung von Straftaten).
(2) Die allgemeinen Ordnungsbehörden und die Polizei haben ferner die Aufgaben zu erfüllen, die ihnen durch andere Rechtsvorschriften übertragen sind.
(3) Der Schutz privater Rechte obliegt den allgemeinen Ordnungsbehörden und der Polizei nach diesem Gesetz nur dann, wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und wenn ohne ordnungsbehördliche oder polizeiliche Hilfe die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde.
(4) Die Polizei leistet anderen Behörden Vollzugshilfe (§§ 111 bis 113).
(5) Die Polizei ist zuständig für die Abwehr von Gefahren durch den Straßenverkehr; das fachlich zuständige Ministerium kann diese Zuständigkeit im Einvernehmen mit dem für die Angelegenheiten des Straßenverkehrs zuständigen Ministerium durch Rechtsverordnung auf die örtlichen Ordnungsbehörden und die Kreisordnungsbehörden übertragen.
(6) Die Polizei ist für Anordnungen zum Schutz vor Gewalt in engen sozialen Beziehungen zuständig.
(7) Die Polizei ist zuständig für die Sicherstellung von Sachen, sofern deren Beschlagnahme zur Sicherung der Einziehung oder Unbrauchbarmachung in einem Strafverfahren aufgehoben worden ist.
(8) Im Übrigen wird die Polizei tätig, soweit die Abwehr der Gefahr durch eine andere Behörde nicht oder nicht rechtzeitig möglich erscheint. Sie unterrichtet die anderen Behörden unverzüglich von allen Vorgängen, deren Kenntnis für die Aufgabenerfüllung dieser Behörden bedeutsam ist; die Befugnis zur Übermittlung personenbezogener Daten bleibt davon unberührt. Die zuständige Behörde kann die getroffenen Maßnahmen aufheben oder abändern.
(9) Alle Träger öffentlicher Aufgaben sollen im Rahmen ihrer Zuständigkeit zur Vermeidung strafbarer Verhaltensweisen (Kriminalprävention) beitragen und zusammenwirken. Die allgemeinen Ordnungsbehörden können kriminalpräventive Gremien unter Beteiligung der Polizei einrichten.
§ 1a Geltungsbereich des Gesetzes 20a
Die Vorschriften dieses Gesetzes finden keine Anwendung, soweit die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. EU Nr. L 119 S. 1) in der jeweils geltenden Fassung unmittelbar gilt. Das Landesdatenschutzgesetz findet nur Anwendung, soweit dieses Gesetz keine abschließenden Regelungen enthält und soweit nicht die Datenschutz-Grundverordnung unmittelbar gilt.
§ 2 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
(1) Von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen haben die allgemeinen Ordnungsbehörden und die Polizei diejenige zu treffen, die den Einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt.
(2) Eine Maßnahme darf nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht.
(3) Eine Maßnahme ist nur solange zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist oder sich zeigt, dass er nicht erreicht werden kann.
§ 3 Ermessen, Wahl der Mittel
(1) Die allgemeinen Ordnungsbehörden und die Polizei treffen ihre Maßnahmen nach pflichtgemäßem Ermessen.
(2) Kommen zur Abwehr einer Gefahr mehrere Mittel in Betracht, so genügt es, wenn eines davon bestimmt wird. Dem Betroffenen ist auf Antrag zu gestatten, ein anderes ebenso wirksames Mittel anzuwenden, sofern die Allgemeinheit dadurch nicht stärker beeinträchtigt wird.
§ 4 Verantwortlichkeit für das Verhalten von Personen
(1) Verursacht eine Person eine Gefahr, so sind die Maßnahmen gegen sie zu richten.
(2) Ist die Person noch nicht 14 Jahre alt, können Maßnahmen auch gegen die aufsichtspflichtige Person gerichtet werden.
(3) Verursacht eine Person, die zu einer Verrichtung bestellt ist, die Gefahr in Ausführung der Verrichtung, so können Maßnahmen auch gegen die Person gerichtet werden, die die andere zu der Verrichtung bestellt hat.
§ 5 Verantwortlichkeit für Tiere und den Zustand von Sachen
(1) Geht von einem Tier oder von einer Sache eine Gefahr aus, so sind die Maßnahmen gegen den Inhaber der tatsächlichen Gewalt zu richten. Die für Sachen geltenden Bestimmungen dieses Gesetzes sind auf Tiere entsprechend anzuwenden.
(2) Maßnahmen können auch gegen den Eigentümer oder einen anderen Berechtigten gerichtet werden. Das gilt nicht, wenn der Inhaber der tatsächlichen Gewalt diese ohne den Willen des Eigentümers oder Berechtigten ausübt.
(3) Geht die Gefahr von einer herrenlosen Sache aus, so können die Maßnahmen gegen denjenigen gerichtet werden, der das Eigentum an der Sache aufgegeben hat.
§ 6 Unmittelbare Ausführung einer Maßnahme
(1) Die allgemeinen Ordnungsbehörden und die Polizei können eine Maßnahme selbst oder durch einen Beauftragten unmittelbar ausführen, wenn der Zweck der Maßnahme durch Inanspruchnahme der nach den §§ 4 oder 5 Verantwortlichen nicht oder nicht rechtzeitig erreicht werden kann. Der von der Maßnahme Betroffene ist unverzüglich zu unterrichten.
(2) Entstehen den allgemeinen Ordnungsbehörden oder der Polizei durch die unmittelbare Ausführung einer Maßnahme Kosten, so sind die nach den §§ 4 oder 5 Verantwortlichen zum Ersatz verpflichtet. Mehrere Verantwortliche haften als Gesamtschuldner. Die Kosten können nach dem Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz beigetrieben werden.
§ 7 Inanspruchnahme nicht verantwortlicher Personen
(1) Die allgemeinen Ordnungsbehörden und die Polizei können Maßnahmen gegen andere Personen als die nach den §§ 4 oder 5 Verantwortlichen richten, wenn
(2) Die Maßnahmen nach Absatz 1 dürfen nur aufrechterhalten werden, solange die Abwehr der Gefahr nicht auf andere Weise möglich ist.
§ 8 Einschränkung von Grundrechten 11
Aufgrund dieses Gesetzes können die Grundrechte auf
eingeschränkt werden.
Zweiter Abschnitt
Befugnisse der allgemeinen Ordnungsbehörden und der Polizei
(1) Die allgemeinen Ordnungsbehörden und die Polizei können die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Fall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren, soweit nicht die §§ 9a bis 68 ihre Befugnisse besonders regeln. Die Beschränkung auf die im einzelnen Fall bestehende Gefahr gilt nicht für den Erlass von Gefahrenabwehrverordnungen.
(2) Zur Erfüllung der Aufgaben, die den allgemeinen Ordnungsbehörden oder der Polizei durch andere Rechtsvorschriften übertragen sind (§ 1 Abs. 2), haben diese die dort vorgesehenen Befugnisse. Soweit solche Rechtsvorschriften Befugnisse nicht regeln, haben diese die Befugnisse, die ihnen nach diesem Gesetz zustehen.
§ 9a Befragung und Auskunftspflicht 11
(1) Die allgemeinen Ordnungsbehörden und die Polizei können jede Person befragen, wenn anzunehmen ist, dass sie sachdienliche Angaben machen kann, die für die Erfüllung einer bestimmten ordnungsbehördlichen oder polizeilichen Aufgabe erforderlich sind. Für die Dauer der Befragung kann die Person angehalten werden.
(2) Eine Person, deren Befragung nach Absatz 1 zulässig ist, ist verpflichtet, Namen, Vornamen, Tag und Ort der Geburt, Wohnanschrift, Aufenthaltsort und Staatsangehörigkeit anzugeben. Zu einer Auskunft in der Sache ist sie nur verpflichtet, wenn dies zur Abwehr einer Gefahr erforderlich ist.
(3) Unter den in den §§ 52 bis 55 der Strafprozessordnung genannten Voraussetzungen ist die betroffene Person zur Verweigerung der Auskunft berechtigt. Dies gilt nicht, soweit die Auskunft zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben einer Person unerlässlich ist. Eine in § 53 Abs. 1 oder § 53a Abs. 1 der Strafprozessordnung genannte Person ist auch in den Fällen des Satzes 2 zur Verweigerung der Auskunft berechtigt. Die betroffene Person ist über ihr Recht zur Verweigerung der Auskunft zu belehren. Auskünfte, die gemäß Satz 2 erlangt wurden, dürfen nur für den dort bezeichneten Zweck verwendet werden.
(4) Die Polizei kann im öffentlichen Verkehrsraum angetroffene Personen kurzfristig anhalten, befragen und verlangen, dass mitgeführte Ausweispapiere ausgehändigt werden, sowie mitgeführte Fahrzeuge (§ 19 Abs. 1 Nr. 6) und Sachen in Augenschein nehmen, wenn durch Tatsachen begründete Anhaltspunkte vorliegen, dass dies zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten von erheblicher Bedeutung (§ 34 Abs. 3) oder zur vorbeugenden Bekämpfung grenzüberschreitender Kriminalität oder zur Unterbindung unerlaubten Aufenthalts erforderlich ist.
(5) § 136a der Strafprozessordnung gilt entsprechend.
§ 10 Identitätsfeststellung und Prüfung von Berechtigungsscheinen 11
(1) Die allgemeinen Ordnungsbehörden und die Polizei können die Identität einer Person feststellen, wenn dies zur Abwehr einer Gefahr oder zum Schutz privater Rechte erforderlich ist. Die Polizei kann darüber hinaus die Identität einer Person feststellen,
(2) Die allgemeinen Ordnungsbehörden und die Polizei können zur Feststellung der Identität die erforderlichen Maßnahmen treffen. Sie können den Betroffenen insbesondere anhalten, ihn nach seinen Personalien befragen und verlangen, dass er mitgeführte Ausweispapiere zur Prüfung aushändigt. Der Betroffene kann festgehalten werden, wenn die Identität auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Unter den Voraussetzungen von Satz 3 können der Betroffene sowie die Sachen, auf die er Zugriff hat, durchsucht werden.
(3) Die allgemeinen Ordnungsbehörden und die Polizei können verlangen, dass ein Berechtigungsschein zur Prüfung ausgehändigt wird, wenn der Betroffene aufgrund einer Rechtsvorschrift verpflichtet ist, diesen Berechtigungsschein mitzuführen.
§ 11 Erkennungsdienstliche Maßnahmen 20a
(1) Die Polizei kann erkennungsdienstliche Maßnahmen vornehmen, wenn
(2) Sind die Voraussetzungen nach Absatz 1 entfallen, kann der Betroffene die Vernichtung der erkennungsdienstlichen Unterlagen verlangen. Hierüber ist der Betroffene bei Vornahme der Maßnahmen zu belehren. Wird der Wegfall der Voraussetzungen von Amts wegen festgestellt, so sind sie zu vernichten.
(3) Erkennungsdienstliche Maßnahmen sind insbesondere:
(4) Soweit sich erkennungsdienstliche Maßnahmen auf besondere Kategorien personenbezogener Daten beziehen, ist im Anwendungsbereich der Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates (ABl. EU Nr. L 119 S. 89) in der jeweils geltenden Fassung § 27 Abs. 2 zu beachten. Im Anwendungsbereich der Datenschutz-Grundverordnung sind § 19 des Landesdatenschutzgesetzes und Artikel 9 der Datenschutz-Grundverordnung zu beachten.
§ 11a Medizinische und molekulargenetische Untersuchungen 11 20a
(1) Die Polizei kann medizinische Untersuchungen anordnen, wenn eine nach § 10 zulässige Identitätsfeststellung einer Person, die
auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten möglich ist. § 81a Abs. 1 Satz 2 der Strafprozessordnung gilt entsprechend.
(2) An dem durch Maßnahmen nach Absatz 1 erlangten Material sowie am aufgefundenen Spurenmaterial von Vermissten dürfen zum Zwecke der Identitätsfeststellung molekulargenetische Untersuchungen durchgeführt sowie die gewonnenen DNA-Identifizierungsmuster in einer Datei gespeichert werden. § 81f Abs. 2 und § 81g Abs. 2 Satz 2 der Strafprozessordnung gelten entsprechend. Die entnommenen Körperzellen sind unverzüglich nach der Durchführung der molekulargenetischen Untersuchung zu vernichten; die gewonnenen und gespeicherten DNA-Identifizierungsmuster sind unverzüglich zu löschen, sobald sie zur Identitätsfeststellung nach Absatz 1 nicht mehr benötigt werden.
(3) Molekulargenetische Untersuchungen an dem durch Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 erlangten Material bedürfen der richterlichen Entscheidung. Zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Polizeidienststelle ihren Sitz hat. § 21 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.
(4) § 11 Abs. 4 gilt entsprechend.
(1) Die Polizei kann eine Person schriftlich oder mündlich vorladen, wenn
Die gleiche Befugnis steht den allgemeinen Ordnungsbehörden im Falle des Satzes 1 Nr. 1 zu, soweit dies zur Erfüllung ordnungsbehördlicher Aufgaben erforderlich ist.
(2) Bei der Vorladung soll deren Grund angegeben werden. Bei der Festsetzung des Zeitpunkts soll auf den Beruf und die sonstigen Lebensverhältnisse des Betroffenen Rücksicht genommen werden.
(3) Leistet ein Betroffener der Vorladung ohne hinreichende Gründe keine Folge, so kann sie zwangsweise durchgesetzt werden,
(4) § 136a der Strafprozessordnung gilt entsprechend.
(5) Für die Entschädigung von Personen, die als Zeugen oder als Sachverständige herangezogen werden, gilt das Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz vom 5. Mai 2004 (BGBl. S. 718 -776-) in der jeweils geltenden Fassung entsprechend.
Die Polizei kann gegenüber einer Person anordnen, sich an bestimmten Tagen zu bestimmten Zeiten bei einer bestimmten Polizeidienststelle zu melden (Meldeauflage), wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Person eine Straftat begehen wird und die Meldeauflage zur vorbeugenden Bekämpfung der Straftat erforderlich ist. Die Meldeauflage ist auf höchstens einen Monat zu befristen. Eine Verlängerung um jeweils nicht mehr als denselben Zeitraum ist zulässig, sofern die Voraussetzungen der Anordnung weiterhin vorliegen. Die Verlängerung der Maßnahme bedarf der richterlichen Entscheidung. Zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Polizeidienststelle ihren Sitz hat. § 21 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.
§ 13 Platzverweisung, Aufenthaltsverbot 11 17
(1) Die allgemeinen Ordnungsbehörden und die Polizei können zur Abwehr einer Gefahr eine Person zeitlich befristet von einem Ort verweisen oder ihr zeitlich befristet das Betreten eines Ortes verbieten (Platzverweisung). Die Maßnahme kann insbesondere gegen Personen angeordnet werden, die den Einsatz der Polizei, der Feuerwehr oder von Hilfs- und Rettungsdiensten behindern.
(2) Die allgemeinen Ordnungsbehörden und die Polizei können zur Abwehr einer Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder für bedeutende Sach- oder Vermögenswerte eine Person zeitlich befristet aus ihrer Wohnung verweisen oder ihr zeitlich befristet das Betreten ihrer Wohnung verbieten.
(3) Die Polizei kann einer Person verbieten, einen bestimmten Ort, ein bestimmtes Gebiet innerhalb einer Gemeinde oder ein Gemeindegebiet zu betreten oder sich dort aufzuhalten, soweit Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Person dort eine Straftat begehen wird (Aufenthaltsverbot). Das Aufenthaltsverbot ist zeitlich und örtlich auf den zur Verhütung der Straftat erforderlichen Umfang zu beschränken und darf räumlich nicht den Zugang zur Wohnung der betroffenen Person umfassen.
(4) Die Polizei kann insbesondere in Fällen der Gewalt in engen sozialen Beziehungen zur Abwehr einer dringenden Gefahr anordnen, dass der Verantwortliche es unterlässt,
soweit dies nicht zur Wahrnehmung berechtigter Interessen erforderlich ist. Die Anordnungen sind zu befristen; die Frist kann verlängert werden. Absätze 1 bis 3 bleiben unberührt.
§ 14 Gewahrsam
(1) Die Polizei kann eine Person in Gewahrsam nehmen, wenn
(2) Die Polizei kann Minderjährige, die sich der Obhut der Sorgeberechtigten entzogen haben, in Gewahrsam nehmen, um sie den Sorgeberechtigten oder dem Jugendamt zuzuführen.
(3) Die Polizei kann eine Person, die aus dem Vollzug von Untersuchungshaft, Freiheitsstrafen oder freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung entwichen ist oder sich sonst ohne Erlaubnis außerhalb einer Justizvollzugsanstalt, einer Jugendstrafanstalt oder einer Anstalt des Maßregelvollzugs aufhält, in Gewahrsam nehmen und in die Anstalt zurückbringen.
§ 15 Richterliche Entscheidung 11 13 20a
(1) Wird eine Person aufgrund von § 10 Abs. 2 Satz 3, § 12 Abs. 3 oder § 14 festgehalten, haben die allgemeinen Ordnungsbehörden oder die Polizei unverzüglich eine richterliche Entscheidung über Zulässigkeit und Fortdauer der Freiheitsentziehung herbeizuführen. Der Herbeiführung der richterlichen Entscheidung bedarf es nicht, wenn anzunehmen ist, dass die Entscheidung des Richters erst nach Wegfall des Grundes der Maßnahme ergehen würde.
(2) Für die Entscheidung nach Absatz 1 ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Person festgehalten wird. Das Verfahren richtet sich nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2586 -2587-) in der jeweils geltenden Fassung. Für die Gerichtskosten gelten die Vorschriften über die Kostenerhebung in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der jeweils geltenden Fassung.
§ 16 Behandlung festgehaltener Personen
(1) Wird eine Person aufgrund von § 10 Abs. 2 Satz 3, § 12 Abs. 3 oder § 14 festgehalten, ist ihr unverzüglich der Grund bekannt zu geben.
(2) Der festgehaltenen Person ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, einen Angehörigen oder eine Person ihres Vertrauens zu benachrichtigen. Unberührt bleibt die Benachrichtigungspflicht bei einer richterlichen Freiheitsentziehung. Die allgemeinen Ordnungsbehörden oder die Polizei haben die Benachrichtigung auf Wunsch der festgehaltenen Person zu übernehmen; sie sollen sie übernehmen, wenn die festgehaltene Person nicht in der Lage ist, von dem Recht nach Satz 1 Gebrauch zu machen und die Benachrichtigung ihrem mutmaßlichen Willen nicht widerspricht. Ist die festgehaltene Person minderjährig oder ist für sie ein Betreuer bestellt, so ist der Sorgeberechtigte oder der Betreuer im Rahmen seines Aufgabenkreises unverzüglich zu benachrichtigen.
(3) Die festgehaltene Person soll gesondert, insbesondere ohne ihre Einwilligung nicht in demselben Raum mit Straf- oder Untersuchungsgefangenen untergebracht werden. Männer und Frauen sollen getrennt untergebracht werden. Der festgehaltenen Person dürfen nur solche Beschränkungen auferlegt werden, die der Zweck der Freiheitsentziehung oder die Ordnung im Gewahrsam erfordert.
§ 16a Nicht polizeiliche Gewahrsamseinrichtung 11
Der Gewahrsam nach § 14 kann auch in einer hierfür geeigneten und vom fachlich zuständigen Ministerium bestimmten nicht polizeilichen Einrichtung des Landes vollzogen werden (nicht polizeiliche Gewahrsamseinrichtung). Die nicht polizeiliche Gewahrsamseinrichtung hat die Sicherheit und Ordnung in ihrer Einrichtung, den ordnungsgemäßen Vollzug des Gewahrsams sowie die Rechte der festgehaltenen Person zu gewährleisten.
§ 16b Datenerhebung durch den Einsatz technischer Mittel in polizeilichen Gewahrsamseinrichtungen 11
(1) Die Polizei kann in polizeilichen Gewahrsamseinrichtungen personenbezogene Daten durch den offenen Einsatz technischer Mittel zur Bildübertragung erheben, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass diese Maßnahme zum Schutz von Personen erforderlich ist. Der Schutz der Intimsphäre der festgehaltenen Person ist, soweit möglich, zu wahren. Die Datenerhebung ist durch ein optisches oder akustisches Signal anzuzeigen.
(2) Die zur Anordnung einer Maßnahme nach Absatz 1 in Gewahrsamsräumen führenden tatsächlichen Anhaltspunkte sowie Beginn und Ende einer solchen Maßnahme sind zu dokumentieren.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten für nicht polizeiliche Gewahrsamseinrichtungen nach § 16a entsprechend.
§ 17 Dauer der Freiheitsentziehung
(1) Die festgehaltene Person ist zu entlassen,
(2) Aufgrund dieses Gesetzes kann nur die Fortdauer einer Freiheitsentziehung nach § 14 Abs. 1 Nr. 2 zur Verhinderung einer unmittelbar bevorstehenden Begehung oder Fortsetzung einer Straftat sowie nach § 14 Abs. 1 Nr. 3 angeordnet werden. In der richterlichen Entscheidung ist die höchstzulässige Dauer der Freiheitsentziehung zu bestimmen; sie darf nicht mehr als sieben Tage betragen.
§ 18 Durchsuchung und Untersuchung von Personen 11 13 17
(1) Die Polizei kann außer in den Fällen des § 10 Abs. 2 Satz 4 eine Person durchsuchen, wenn
(2) Die Polizei kann eine Person, die nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften
werden soll, nach Waffen, anderen gefährlichen Werkzeugen und Explosivmitteln durchsuchen, sofern dies nach den Umständen zum Schutz des Polizeibeamten oder eines Dritten erforderlich erscheint. Unter den Voraussetzungen von Satz 1 Nr. 7 erstreckt sich die Befugnis zur Durchsuchung einer Person auf alle Fahrzeuginsassen.
(3) Die Polizei darf zur Abwehr einer Gefahr für Leib oder Leben eine Person körperlich untersuchen. Zu diesem Zweck sind Entnahmen von Blutproben oder andere körperliche Eingriffe, die von einem Arzt nach den Regeln der ärztlichen Kunst zu Untersuchungszwecken vorgenommen werden, ohne Einwilligung des Betroffenen zulässig, wenn kein Nachteil für seine Gesundheit zu befürchten ist. Die körperliche Untersuchung bedarf der richterlichen Entscheidung; dies gilt nicht, sofern die körperliche Untersuchung der Feststellung der Gewahrsamsfähigkeit dient. In diesen Fällen bedarf es nur dann einer richterlichen Anordnung, wenn zur Feststellung der Gewahrsamsfähigkeit ausnahmsweise ein körperlicher Eingriff erforderlich wird. Zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Polizeidienststelle ihren Sitz hat. § 21 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend. Bei Gefahr im Verzug darf die Maßnahme durch die Behördenleitung oder einen von ihr besonders beauftragten Beamten mit der Befähigung für das vierte Einstiegsamt angeordnet werden; die richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen. Die bei der Untersuchung erhobenen personenbezogenen Daten dürfen für einen anderen Zweck nur zur Abwehr von schwerwiegenden Gesundheitsgefährdungen oder zur Verfolgung von Straftaten von erheblicher Bedeutung (§ 34 Abs. 3) verwendet werden. Sind die durch die Maßnahme erlangten personenbezogenen Daten nicht mehr erforderlich, sind sie unverzüglich zu löschen.
(4) Personen dürfen nur von Personen gleichen Geschlechts oder Ärzten durchsucht oder untersucht werden; dies gilt nicht, wenn die sofortige Durchsuchung oder Untersuchung zum Schutz gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.
(5) Den allgemeinen Ordnungsbehörden stehen zur Erfüllung ihrer Aufgaben zu:
§ 19 Durchsuchung von Sachen
(1) Die Polizei kann außer in Fällen des § 10 Abs. 2 Satz 4 eine Sache durchsuchen, wenn
(2) Bei der Durchsuchung von Sachen hat der Inhaber der tatsächlichen Gewalt das Recht, anwesend zu sein. Ist er abwesend, so sollen sein Vertreter oder ein anderer Zeuge hinzugezogen werden. Dem Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist auf Verlangen eine Bescheinigung über die Durchsuchung und ihren Grund zu erteilen.
(3) Den allgemeinen Ordnungsbehörden stehen zur Erfüllung ihrer Aufgaben die Befugnisse nach Absatz 1 in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 Buchst. b und c und Nr. 3 zu.
§ 20 Betreten und Durchsuchung von Wohnungen
(1) Die Polizei kann eine Wohnung ohne Einwilligung des Inhabers betreten und durchsuchen, wenn
Die Wohnung umfasst die Wohn- und Nebenräume, Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume sowie anderes befriedetes Besitztum.
(2) Während der Nachtzeit (§ 104 Abs. 3 der Strafprozessordnung) ist das Betreten und Durchsuchen einer Wohnung in den Fällen des Absatzes 1 nur zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder für bedeutende Sach- oder Vermögenswerte zulässig.
(3) Wohnungen dürfen jedoch zur Abwehr dringender Gefahren jederzeit betreten werden, wenn die Abwehr der Gefahr nur dadurch ermöglicht wird.
(4) Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume sowie andere Räume und Grundstücke, die der Öffentlichkeit zugänglich sind oder zugänglich waren und den Anwesenden zum weiteren Aufenthalt zur Verfügung stehen, dürfen zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung während der Arbeits-, Geschäfts- oder Aufenthaltszeit betreten werden.
(5) Den allgemeinen Ordnungsbehörden stehen zur Erfüllung ihrer Aufgaben die Befugnisse nach Absatz 1 in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 Alternative 1 und Nr. 2 und 3 sowie nach den Absätzen 2 und 3 zu.
§ 21 Verfahren bei der Durchsuchung von Wohnungen 11
(1) Durchsuchungen bedürfen, außer bei Gefahr im Verzug, der richterlichen Entscheidung. Zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Wohnung liegt. Für das Verfahren gelten die Bestimmungen des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.
(2) Bei der Durchsuchung einer Wohnung hat der Wohnungsinhaber das Recht, anwesend zu sein. Ist er abwesend, so ist, wenn möglich, sein Vertreter oder ein erwachsener Angehöriger, Hausgenosse oder Nachbar zuzuziehen.
(3) Dem Wohnungsinhaber oder seinem Vertreter ist der Grund der Durchsuchung unverzüglich bekannt zu geben, soweit dadurch der Zweck der Maßnahmen nicht gefährdet wird.
(4) Über die Durchsuchung ist eine Niederschrift zu fertigen. Sie muss die verantwortliche Dienststelle, Grund, Zeit und Ort der Durchsuchung und das Ergebnis der Durchsuchung enthalten. Die Niederschrift ist von einem durchsuchenden Polizeibeamten und dem Wohnungsinhaber oder der zugezogenen Person zu unterzeichnen. Wird die Unterschrift verweigert, so ist hierüber ein Vermerk aufzunehmen. Dem Wohnungsinhaber oder seinem Vertreter ist auf Verlangen eine Abschrift der Niederschrift auszuhändigen.
(5) Ist die Anfertigung der Niederschrift oder die Aushändigung einer Abschrift nach den besonderen Umständen des Falles nicht möglich oder würde sie den Zweck der Durchsuchung gefährden, so sind dem Betroffenen lediglich die Durchsuchung unter Angabe der verantwortlichen Dienststelle sowie Zeit und Ort der Durchführung schriftlich zu bestätigen.
§ 22 Sicherstellung
Die allgemeinen Ordnungsbehörden und die Polizei können eine Sache sicherstellen,
§ 23 Verwahrung
(1) Sichergestellte Sachen sind in Verwahrung zu nehmen. Lässt die Beschaffenheit der Sachen das nicht zu oder erscheint die Verwahrung bei den allgemeinen Ordnungsbehörden oder der Polizei unzweckmäßig, sind die Sachen auf andere geeignete Weise aufzubewahren oder zu sichern. In diesem Falle kann die Verwahrung auch einem Dritten übertragen werden.
(2) Dem Betroffenen ist eine Bescheinigung auszustellen, die den Grund der Sicherstellung erkennen lässt und die sichergestellten Sachen bezeichnet. Kann nach den Umständen des Falles eine Bescheinigung nicht ausgestellt werden, so ist über die Sicherstellung eine Niederschrift aufzunehmen, die auch erkennen lässt, warum eine Bescheinigung nicht ausgestellt worden ist. Der Eigentümer oder der rechtmäßige Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist unverzüglich zu unterrichten.
(3) Wird eine sichergestellte Sache verwahrt, so ist nach Möglichkeit Wertminderungen vorzubeugen. Das gilt nicht, wenn die Sache durch den Dritten auf Verlangen eines Berechtigten verwahrt wird.
(4) Die verwahrten Sachen sind zu verzeichnen und so zu kennzeichnen, dass Verwechslungen vermieden werden.
§ 24 Verwertung, Vernichtung, Einziehung 13 20a
(1) Die Verwertung einer sichergestellten beweglichen Sache ist zulässig, wenn
(2) Der Betroffene, der Eigentümer und andere Personen, denen ein Recht an der Sache zusteht, sollen vor der Verwertung gehört werden. Die Anordnung sowie Zeit und Ort der Verwertung sind ihnen mitzuteilen, soweit die Umstände und der Zweck der Maßnahmen es erlauben.
(3) Die Sache wird durch öffentliche Versteigerung verwertet; § 979 Abs. 1 und Abs. 1a des Bürgerlichen Gesetzbuches gilt entsprechend. Bleibt die Versteigerung erfolglos, erscheint sie von vornherein aussichtlos oder würden die Kosten der Versteigerung voraussichtlich den zu erwartenden Erlös übersteigen, so kann die Sache freihändig verkauft werden. Der Erlös tritt an die Stelle der verwerteten Sache. Lässt sich innerhalb angemessener Frist kein Käufer finden, so kann die Sache einem gemeinnützigen Zweck zugeführt werden.
(4) Sichergestellte Sachen können unbrauchbar gemacht, vernichtet oder eingezogen werden, wenn
Absatz 2 gilt sinngemäß.
§ 25 Herausgabe sichergestellter Sachen oder des Erlöses, Kosten 11
(1) Sobald die Voraussetzungen für die Sicherstellung weggefallen sind, sind die Sachen an denjenigen herauszugeben, bei dem sie sichergestellt worden sind. Ist die Herausgabe an ihn nicht möglich, können sie an einen anderen herausgegeben werden, der seine Berechtigung glaubhaft macht. Die Herausgabe ist ausgeschlossen, wenn dadurch erneut die Voraussetzungen für eine Sicherstellung eintreten würden.
(2) Sind die Sachen verwertet worden, ist der Erlös herauszugeben. Ist ein Berechtigter nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln, ist der Erlös nach den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches zu hinterlegen. Der Anspruch auf Herausgabe des Erlöses erlischt drei Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Sache verwertet worden ist.
(3) Die Kosten der Sicherstellung und Verwahrung, Verwahrung, Unbrauchbarmachung und Vernichtung fallen den nach den §§ 4 oder 5 Verantwortlichen zur Last. Mehrere Verantwortliche haften als Gesamtschuldner. Die Herausgabe der Sache kann von der Zahlung der Kosten abhängig gemacht werden. Ist eine Sache verwertet worden, können die Kosten aus dem Erlös gedeckt werden. Die Kosten können nach dem Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz beigetrieben werden.
(4) § 983 des Bürgerlichen Gesetzbuches bleibt unberührt.
§ 26 Gefahrenvorsorge und Gefahrenabwehr bei öffentlichen Veranstaltungen unter freiem Himmel 20a 20a
(1) Der Veranstalter hat die Durchführung einer öffentlichen Veranstaltung unter freiem Himmel, soweit sie nicht dem Versammlungsgesetz oder ausschließlich der Versammlungsstättenverordnung vom 13. März 2018 (GVBl. S. 29, BS 213-1-9) in der jeweils geltenden Fassung unterliegt und an der voraussichtlich mehr als 5.000 Personen zeitgleich teilnehmen werden, bei der örtlichen Ordnungsbehörde unter Angabe der Art, des Orts und der Zeit der Veranstaltung und der Zahl der voraussichtlich zu erwartenden Teilnehmer mindestens drei Monate oder in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 mindestens sechs Monate vorher schriftlich anzuzeigen.
(2) Eine öffentliche Veranstaltung im Sinne des Absatzes 1 ist eine Großveranstaltung, wenn an der Veranstaltung voraussichtlich mehr als 15.000 Personen zeitgleich oder 30.000 Personen täglich teilnehmen. Zuständige Behörde für Maßnahmen der Gefahrenvorsorge und Gefahrenabwehr bei Großveranstaltungen ist die Kreisordnungsbehörde. Die örtliche Ordnungsbehörde leitet die Anzeige einer öffentlichen Veranstaltung nach Absatz 1 unverzüglich an die Kreisordnungsbehörde weiter, wenn die Veranstaltung die Voraussetzungen einer Großveranstaltung nach Satz 1 erfüllt.
(3) Auf Antrag der örtlichen Ordnungsbehörde kann die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion die Zuständigkeit im Benehmen mit der Kreisordnungsbehörde auf die örtliche Ordnungsbehörde übertragen. Soweit die Zuständigkeit auf die örtliche Ordnungsbehörde übertragen wird, gelten Absatz 4 und Absatz 6 Satz 1 bis 4 entsprechend.
(4) Der Veranstalter einer öffentlichen Großveranstaltung hat spätestens drei Monate vor Veranstaltungsbeginn ein Sicherheitskonzept vorzulegen und einen Ordnungsdienst für die Veranstaltung vorzusehen oder Wachpersonen eines gewerblichen Bewacherunternehmens im Sinne des § 34a der Gewerbeordnung zu beauftragen. Im Sicherheitskonzept sind insbesondere die Gefährdungsgrade einschließlich der Sicherheitsmaßnahmen, die Kommunikationswege und die Mindestzahl der Kräfte der Ordnungsdienste oder der Wachpersonen festzulegen. Die Kreisordnungsbehörde hat das von dem Veranstalter vorgelegte Sicherheitskonzept mit den sonstigen für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zuständigen Behörden und Stellen abzustimmen; sie kann den Veranstalter verpflichten, das Sicherheitskonzept zu ändern oder zu ergänzen, soweit dies für die sichere Durchführung der Veranstaltung erforderlich ist. Das für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zuständige Ministerium kann insbesondere zur näheren Ausgestaltung der Verfahrensabwicklung und des Sicherheitskonzepts schriftliche Anwendungshinweise erlassen.
(5) Bei öffentlichen Veranstaltungen im Sinne des Absatzes 1, die keine Großveranstaltungen sind, kann die örtliche Ordnungsbehörde die Vorlage eines Sicherheitskonzepts und die Einrichtung eines Ordnungsdienstes oder die Beauftragung von Wachpersonen eines gewerblichen Bewacherunternehmens im Sinne des § 34a der Gewerbeordnung verlangen, soweit dies nach der Art der Veranstaltung erforderlich erscheint; in diesem Fall gilt Absatz 4 mit der Maßgabe entsprechend, dass das Sicherheitskonzept spätestens zwei Monate vor Veranstaltungsbeginn vorzulegen ist. Satz 1 gilt entsprechend, wenn an der Veranstaltung voraussichtlich weniger als 5.000 Personen zeitgleich teilnehmen; in diesem Fall ist das Sicherheitskonzept spätestens vier Wochen vor Veranstaltungsbeginn vorzulegen. Die Erforderlichkeit für die Erstellung eines Sicherheitskonzepts und die Einrichtung eines Ordnungsdienstes oder die Beauftragung von Wachpersonen eines gewerblichen Bewacherunternehmens im Sinne des § 34a der Gewerbeordnung kann sich insbesondere ergeben aus einer hohen Personendichte, der Zusammensetzung der Besuchergruppen, dem Veranstaltungsgelände oder Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden.
(6) Nach Anzeige einer öffentlichen Großveranstaltung richtet die Kreisordnungsbehörde ein Koordinierungsgremium ein, in dem alle Behörden oder Stellen, deren fachlichen Belange wesentlich berührt sind, vertreten sein sollen. Die Kreisordnungsbehörde benennt einen zentralen Ansprechpartner, der den Veranstalter über die Verfahrensabwicklung unterrichtet. Das Koordinierungsgremium unterstützt die Zusammenarbeit der an der Veranstaltung beteiligten Behörden und Stellen während der Planung, Durchführung und Nachbereitung der Veranstaltung. Es hat insbesondere folgende Aufgaben:
Die durch die fachlich zuständigen Stellen innerhalb der Kreisverwaltung, in kreisfreien Städten der Stadtverwaltung jeweils getroffenen Entscheidungen werden über das Koordinierungsgremium bei dem zentralen Ansprechpartner zusammengeführt; sie sollen in einen Bescheid der Kreisverwaltung, in kreisfreien Städten der Stadtverwaltung einmünden und in dieser Weise dem Veranstalter bekannt gegeben werden. Die rechtliche Selbstständigkeit der einzelnen Entscheidungen der fachlich zuständigen Stellen bleibt unberührt. Soweit die Erteilung einer Erlaubnis oder eine Anordnungsbefugnis nach bundesrechtlichen oder besonderen landesrechtlichen Vorschriften nicht der Zuständigkeit der Kreisverwaltung, in kreisfreien Städten der Stadtverwaltung unterfällt, prüfen die insoweit zuständigen Behörden in eigener Zuständigkeit, ob die jeweilige Erlaubnis erteilt werden kann oder besondere Anordnungen zu treffen sind.
(7) Die zuständige Behörde kann zur Durchführung einer öffentlichen Veranstaltung im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 oder des Absatzes 5 Satz 1 Anordnungen treffen, soweit dies zur Verhütung einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, insbesondere zum Schutz der Veranstaltungsteilnehmenden vor Gefahren für Leben oder Gesundheit, erforderlich ist (Gefahrenvorsorge). Sie kann bei Veranstaltungen im Sinne des Satzes 1 die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Fall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren, insbesondere die Veranstaltung untersagen, unterbrechen oder abbrechen. Widerspruch und Klage gegen Maßnahmen nach Satz 2 haben keine aufschiebende Wirkung.
(8) Eine öffentliche Veranstaltung im Sinne des Absatzes 1 oder des Absatzes 2 Satz 1 kann auch untersagt oder abgebrochen werden, wenn der Veranstalter
soweit dies zur Verhütung einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung erforderlich ist. Satz 1 Nr. 2 bis 6 gilt für eine öffentliche Veranstaltung im Sinne des Absatzes 5 Satz 2 entsprechend.
(9) Absatz 7 findet keine Anwendung, soweit bundesrechtliche oder besondere landesrechtliche Vorschriften bestehen.
(10) Die Absätze 1 bis 4, 6 und 8 Satz 1 Nr. 1 bis 3 finden keine Anwendung auf Veranstaltungen im Sinne des Absatzes 2 Satz 1, für die vor dem 6. April 2021 zur Vorbereitung der Veranstaltung bereits erforderliche Anzeigen oder Anträge bei den insoweit zuständigen Behörden gestellt worden sind.
Dritter Abschnitt 20a
Datenverarbeitung
§ 27 Grundsätze der Datenverarbeitung 11 17 20a 20a
(1) Vorbehaltlich abweichender Regelungen gelten die Vorschriften dieses Abschnitts für alle Datenverarbeitungen der allgemeinen Ordnungsbehörden und der Polizei nach diesem Gesetz, unabhängig davon, ob diese in Akten, Dateien oder in anderweitigen Informationssystemen erfolgen.
(2) Die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des § 27 Nr. 15 des Landesdatenschutzgesetzes ist nur zulässig, wenn sie unbedingt erforderlich ist, und
Der Zugriff auf solche Daten muss beschränkt werden, es sei denn,
Dies ist zu dokumentieren.
(3) Soweit möglich muss erkennbar werden, ob Daten auf Tatsachen oder persönlichen Einschätzungen beruhen.
(4) Bei einer Datenverarbeitung im Zusammenhang mit einer begangenen oder drohenden Straftat soll nach Möglichkeit unterschieden werden, ob die Daten
betreffen.
(5) Zur Verbesserung des Datenschutzes und der Datensicherheit sollen die Polizeibehörden die von ihnen eingesetzten Verfahren zur automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten sowie die dabei genutzten technischen Einrichtungen durch unabhängiges und fachkundiges Personal prüfen und bewerten lassen (IT-Sicherheits- und Datenschutzaudit). Die Prüfergebnisse sowie deren Unterlagen dürfen bei dienstlichem Interesse Dritten in geeigneter Form zugänglich gemacht oder veröffentlicht werden. Verfahren und technische Einrichtungen, deren Vereinbarkeit mit den Vorschriften über den Datenschutz und die Datensicherheit in einem Verfahren nach Satz 1 geprüft wurde, sollen von den Polizeibehörden vorrangig eingesetzt werden.
Erster Unterabschnitt 20a
Datenerhebung
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