zurück |
Kapitel 1.4
Vorschriften für die Sicherung (Gefahrenabwehr)
1.4.0 Anwendungsbereich
1.4.0.1 Dieses Kapitel enthält Vorschriften, die sich mit der Sicherung gefährlicher Güter bei der Beförderung auf See befassen. Die zuständigen nationalen Behörden können zusätzliche Vorschriften für die Sicherung anwenden, die beachtet werden sollten, wenn gefährliche Güter angeboten oder befördert werden. Die Vorschriften dieses Kapitels bleiben Empfehlungen mit Ausnahme von 1.4.1.1 (siehe 1.1.1.5).
1.4.0.2 Die Vorschriften in 1.4.2 und 1.4.3 gelten nicht für:
1.4.1 Allgemeine Vorschriften für Unternehmen, Schiffe und Hafenanlagen 1)
1.4.1.1 Die einschlägigen Vorschriften des Kapitels XI-2 von SOLAS 74, in der jeweils geltenden Fassung, und des Teils A des Internationalen Codes für die Gefahrenabwehr auf Schiffen und in Hafenanlagen (ISPS-Code) finden Anwendung auf Unternehmen, Schiffe und Hafenanlagen, die an der Beförderung gefährlicher Güter beteiligt sind und auf die Regel XI-2 von SOLAS 74, in der jeweils geltenden Fassung, unter Berücksichtigung der in Teil B des ISPS-Codes aufgeführten Richtlinien Anwendung findet.
1.4.1.2 Für Frachtschiffe mit einer Bruttoraumzahl von weniger als 500, mit denen gefährliche Güter befördert werden, wird empfohlen, dass die Vertragsregierungen von SOLAS 74, in der jeweils geltenden Fassung, für diese Frachtschiffe Vorschriften für die Gefahrenabwehr berücksichtigen.
1.4.1.3 Alle an der Beförderung gefährlicher Güter beteiligten Unternehmensangehörigen an Land, Mitglieder der Schiffsbesatzung und Bediensteten der Hafenanlage sollten sich - neben den im ISPS-Code festgelegten Anforderungen - der Anforderungen an die Sicherung bezüglich dieser Güter bewusst sein, die ihren Verantwortlichkeiten entsprechen.
1.4.1.4 Die Schulung der an der Beförderung gefährlicher Güter beteiligten Beauftragten für die Gefahrenabwehr im Unternehmen, Unternehmensangehörigen an Land mit besonderen Sicherungsaufgaben, Beauftragten für die Gefahrenabwehr in der Hafenanlage und Bediensteten der Hafenanlage mit besonderen Sicherungsaufgaben, sollte auch Elemente enthalten, die die Sensibilisierung für die Sicherung dieser Güter betreffen.
1.4.1.5 Alle nicht unter 1.4.1.4 genannten und an der Beförderung gefährlicher Güter beteiligten Mitglieder der Schiffsbesatzung und Bediensteten der Hafenanlage sollten mit den Bestimmungen der jeweiligen Gefahrenabwehrpläne für diese Güter entsprechend ihren Verantwortlichkeiten vertraut sein.
1.4.2 Allgemeine Vorschriften für das Landpersonal
1.4.2.1 Im Sinne dieses Unterabschnitts deckt der Begriff "Landpersonal" die in 1.3.1.2 genannten Personen ab. Die Vorschriften von 1.4.2 gelten jedoch nicht für:
Informationen zur Schulung dieser Beauftragten und Beschäftigten befinden sich im Internationalen Code für die Gefahrenabwehr auf Schiffen und in Hafenanlagen (ISPS-Code).
1.4.2.2 Landpersonal, das an der Beförderung gefährlicher Güter über See beteiligt ist, sollte die Vorschriften für die Sicherung bei der Beförderung gefährlicher Güter entsprechend seinen Verantwortlichkeiten berücksichtigen.
1.4.2.3 Unterweisung im Bereich der Sicherung
1.4.2.3.1 Die Unterweisung von Landpersonal gemäß Kapitel 1.3 muss auch Elemente enthalten, die der Sensibilisierung für die Sicherung dienen.
1.4.2.3.2 Die Unterweisung zur Sensibilisierung für die Sicherung soll sich auf die Art der Sicherungsrisiken, deren Erkennung und die Verfahren zur Verringerung dieser Risiken sowie die bei Beeinträchtigung der Sicherung zu ergreifenden Maßnahmen beziehen. Sie soll Kenntnisse über eventuelle Sicherungspläne (siehe gegebenenfalls 1.4.3) entsprechend den Verantwortlichkeiten des Einzelnen und dessen Rolle bei der Umsetzung dieser Pläne vermitteln.
1.4.2.3.3 Diese Unterweisung sollte bei Beginn einer Beschäftigung, welche die Beförderung gefährlicher Güter umfasst, stattfinden oder überprüft werden und in regelmäßigen Abständen durch weitere Unterweisungen ergänzt werden.
1.4.2.3.4 Die Aufzeichnungen über alle Unterweisungen im Bereich der Sicherung sollten vom Arbeitgeber aufbewahrt und dem Arbeitnehmer oder der zuständigen Behörde auf Verlangen zugänglich gemacht werden. Die Aufzeichnungen sollen vom Arbeitgeber für den von der zuständigen Behörde festgelegten Zeitraum aufbewahrt werden.
1.4.3 Vorschriften für gefährliche Güter mit hohem Gefahrenpotenzial
1.4.3.1 Begriffsbestimmung gefährlicher Güter mit hohem Gefahrenpotenzial
1.4.3.1.1 Gefährliche Güter mit hohem Gefahrenpotential sind solche, bei denen die Möglichkeit eines Missbrauchs zu terroristischen Zwecken und damit die Gefahr schwerwiegender Folgen, wie der Verlust zahlreicher Menschenleben, massive Zerstörungen oder, insbesondere im Fall der Klasse 7, tiefgreifende sozioökonomische Veränderungen, besteht.
1.4.3.1.2 Die nachstehende Tabelle 1.4.1 enthält eine nicht abschließende Liste gefährlicher Güter mit hohem Gefahrenpotenzial der verschiedenen Klassen und Unterklassen mit Ausnahme der Klasse 7.
Tabelle 1.4.1: Nicht abschließende Liste gefährlicher Güter mit hohem Gefahrenpotenzial
Klasse 1, Unterklasse 1.1 | explosive Stoffe und Gegenstände mit Explosivstoff |
Klasse 1, Unterklasse 1.2 | explosive Stoffe und Gegenstände mit Explosivstoff |
Klasse 1, Unterklasse 1.3 | explosive Stoffe und Gegenstände mit Explosivstoff, Verträglichkeitsgruppe C |
Klasse 1, Unterklasse 1.4 | UN-Nummern 0104, 0237, 0255, 0267, 0289, 0361, 0365, 0366, 0440, 0441, 0455, 0456, 0500, 512 und 513 |
Klasse 1, Unterklasse 1.5 | explosive Stoffe und Gegenstände mit Explosivstoff |
Klasse 1, Unterklasse 1.6 | explosive Stoffe und Gegenstände mit Explosivstoff |
Klasse 2.1 | entzündbare Gase in Mengen von mehr als 3000 Litern in einem Straßentankfahrzeug, Eisenbahnkesselwagen oder ortsbeweglichen Tank |
Klasse 2.3 | giftige Gase |
Klasse 3 | entzündbare flüssige Stoffe der Verpackungsgruppen I und II in Mengen von mehr als 3000 Litern in einem Straßentankfahrzeug, Eisenbahnkesselwagen oder ortsbeweglichen Tank |
Klasse 3 | desensibilisierte explosive flüssige Stoffe |
Klasse 4.1 | desensibilisierte explosive feste Stoffe |
Klasse 4.2 | Güter der Verpackungsgruppe I in Mengen von mehr als 3000 kg oder 3000 Liter in einem Straßentankfahrzeug, Eisenbahnkesselwagen, ortsbeweglichen Tank oder Schüttgut-Container |
Klasse 4.3 | Güter der Verpackungsgruppe I in Mengen von mehr als 3000 kg oder 3000 Litern in einem Straßentankfahrzeug, Eisenbahnkesselwagen, ortsbeweglichen Tank oder Schüttgut-Container |
Klasse 5.1 | entzündend (oxidierend) wirkende flüssige Stoffe der Verpackungsgruppe I in Mengen von mehr als 3000 Litern in einem Straßentankfahrzeug, Eisenbahnkesselwagen oder ortsbeweglichen Tank |
Klasse 5.1 | Perchlorate, Ammoniumnitrat, ammoniumnitrathaltige Düngemittel und Ammoniumnitrat-Emulsionen oder -Suspensionen oder -Gele in Mengen von mehr als 3000 kg oder 3000 Litern in einem Straßentankfahrzeug, Eisenbahnkesselwagen, ortsbeweglichen Tank oder Schüttgut-Container |
Klasse 6.1 | giftige Stoffe der Verpackungsgruppe I |
Klasse 6.2 | ansteckungsgefährliche Stoffe der Kategorie A (UN-Nummern 2814 und 2900) und medizinische Abfälle der Kategorie A (UN-Nummer 3549) |
Klasse 8 | ätzende Stoffe der Verpackungsgruppe I in Mengen von mehr als 3000 kg oder 3000 Liter in einem Straßentankfahrzeug, Eisenbahnkesselwagen, ortsbeweglichen Tank oder Schüttgut-Container |
1.4.3.1.3 Bei gefährlichen Gütern der Klasse 7 sind radioaktive Stoffe mit hohem Gefahrenpotenzial solche mit einer Aktivität, die je Versandstück mindestens so hoch ist wie der Grenzwert für die Beförderungssicherung von 3.000 A2 (siehe auch 2.7.2.2.1), ausgenommen jedoch folgende Radionuklide, für die der Grenzwert für die Beförderungssicherung in nachstehener Tabelle 1.4.2 angegeben ist.
Tabelle 1.4.2: Grenzwerte für die Beförderungssicherung für bestimmte Radionuklide
Element | Radionuklid | Grenzwert für die Beförderungssicherung (TBq) |
Americium | Am-241 | 0,6 |
Gold | Au-198 | 2 |
Cadmium | Cd-109 | 200 |
Californium | Cf-252 | 0,2 |
Curium | Cm-244 | 0,5 |
Cobalt | Co-57 | 7 |
Cobalt | Co-60 | 0,3 |
Caesium | Cs-137 | 1 |
Eisen | Fe-55 | 8.000 |
Germanium | Ge-68 | 7 |
Gadolinium | Gd-153 | 10 |
Iridium | Ir-192 | 0,8 |
Nickel | Ni-63 | 600 |
Palladium | Pd-103 | 900 |
Promethium | Pm-147 | 400 |
Polonium | Po-210 | 0,6 |
Plutonium | Pu-238 | 0,6 |
Plutonium | Pu-239 | 0,6 |
Radium | Ra-226 | 0,4 |
Ruthenium | Ru-106 | 3 |
Selenium | Se-75 | 2 |
Strontium | Sr-90 | 10 |
Thallium | Tl-204 | 200 |
Thulium | Tm-170 | 200 |
Ytterbium | Yb-169 | 3 |
1.4.3.1.4 Für Mischungen von Radionukliden kann die Feststellung, ob der Grenzwert für die Beförderungssicherung erreicht oder überschritten wurde, durch Bildung der Summe der Quotienten aus der Aktivität jedes Radionuklids und dem für dieses Radionuklid geltenden Grenzwert für die Beförderungssicherung berechnet werden. Wenn die Summe der Quotienten kleiner als 1 ist, ist der Radioaktivitätsgrenzwert der Mischung weder erreicht noch überschritten.
Diese Berechnung kann mit folgender Formel erfolgen:
wobei | ||
Ai | = Aktivität des im Versandstück enthaltenen Radionuklids i (TBq) | |
Ti | = Grenzwert für die Beförderungssicherung des Radionuklids i (TBq) |
1.4.3.1.5 Wenn radioaktive Stoffe Zusatzgefahren anderer Klassen oder Unterklassen aufweisen, müssen die Kriterien der Tabelle 1.4.1 ebenfalls berücksichtigt werden (siehe auch Abschnitt 1.5.5.1).
1.4.3.2 Besondere Vorschriften für die Sicherung gefährlicher Güter mit hohem Gefahrenpotenzial
1.4.3.2.1 Die Vorschriften dieses Abschnitts finden keine Anwendung auf Schiffe und Hafenanlagen (siehe ISPS-Code für den Plan zur Gefahrenabwehr auf dem Schiff und den Plan zur Gefahrenabwehr in der Hafenanlage).
Bemerkung: Zusätzlich zu den Vorschriften dieses Codes für die Sicherung (Gefahrenabwehr) dürfen die zuständigen Behörden weitere Vorschriften für die Sicherung aus anderen Gründen als denen der Sicherheit gefährlicher Güter während der Beförderung in Kraft setzen. Um die internationale und multimodale Beförderung nicht durch verschiedene Kennzeichen für die Sicherung von Explosivstoffen zu erschweren, wird empfohlen, solche Kennzeichen in Übereinstimmung mit einer international harmonisierten Norm (z.B. Richtlinie der Europäischen Kommission 2008/43/EG) zu gestalten.
1.4.3.2.2 Sicherungspläne
1.4.3.2.2.1 Versender und andere an der Beförderung gefährlicher Güter mit hohem Gefahrenpotential Beteiligte (siehe 1.4.3.1) sollten einen Sicherungsplan beschließen, umsetzen und einhalten, der mindestens die in 1.4.3.2.2.2 festgelegten Elemente beinhaltet.
1.4.3.2.2.2 Der Sicherungsplan sollte mindestens die folgenden Elemente beinhalten:
1.4.3.2.3 Für radioaktive Stoffe gelten die Vorschriften dieses Kapitels als erfüllt, wenn die Vorschriften des Übereinkommens über den physischen Schutz von Kernmaterial (INFCIRC/274/Rev.1, IAEA, Wien (1980)) und des IAEA-Informationsrundschreibens über den physischen Schutz von Kernmaterial und Kernanlagen (INFCIRC/225/Rev.5 (Corrected), IAEA, Wien (2011)) Anwendung finden.
____
1) Siehe MSC.1/Circ.1341 zu "Guidelines on security-related training and familiarization for port facility personnel" und MSC.1/Circ.1188 zu "Guidelines on training and certification for port facility security officers".
weiter. |